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Schlussbericht zu den Maßnahmen 2004 - 2005 Objekt: Wormser Dom Ausstattungsobjekt: Der barocke Hochaltar von Balthasar Neumann Datierung: 1738 - 1742 Maßnahme: Konservierung und Restaurierung Auftraggeber: Domgemeinde Worms St. Peter Lutherring 9 67547 Worms Fachbehörden: Kirchliche Denkmalpflege der Diözese Mainz Fr. Dr. Gertrud Fels, Hr. Dr. H.-J. Kotzur Domstraße 3 55116 Mainz Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz Abt. Bau- und Kunstdenkmalpflege Herr Dr. Joachim Glatz, Frau Dipl. Rest. Claudia Gerner-Beuerle Erthaler Hof Schillerstraße 44 55116 Mainz Auftragnehmer: K. + R. Bunz Restauratoren Pfarrhofweg 2 88696 Owingen Ausführungszeit: 15.03.2004 – 08.04.2005 Schlussbericht: 55 Seiten mit 86 Abbildungen Anhang 1 Laborbefunde, Gutachten Anhang 2 Bestandsaufnahme Anhang 3 Befundstellen Anhang 4 Materialliste, Lösemitteltests, Technische Merkblätter Anhang 5 Bereichseinteilung, Kartierung Befundstellen, Probeentnahmen, Graffiti, Detailphotos Kartierung von Schäden und Maßnahmen Anlagen zur 1. Fertigung 292 Stück KB-Dia 1 Stück Großformat Dia Vorzustand 2004 1 Stück Großformat Dia Endzustand 2005 Ausdruck 2007-12-12

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Schlussbericht zu den Maßnahmen 2004 - 2005 Objekt: Wormser Dom Ausstattungsobjekt: Der barocke Hochaltar von Balthasar Neumann Datierung: 1738 - 1742 Maßnahme: Konservierung und Restaurierung Auftraggeber: Domgemeinde Worms St. Peter Lutherring 9 67547 Worms Fachbehörden: Kirchliche Denkmalpflege der Diözese Mainz Fr. Dr. Gertrud Fels, Hr. Dr. H.-J. Kotzur Domstraße 3 55116 Mainz Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz Abt. Bau- und Kunstdenkmalpflege Herr Dr. Joachim Glatz, Frau Dipl. Rest. Claudia Gerner-Beuerle Erthaler Hof Schillerstraße 44 55116 Mainz Auftragnehmer: K. + R. Bunz Restauratoren Pfarrhofweg 2 88696 Owingen Ausführungszeit: 15.03.2004 – 08.04.2005 Schlussbericht: 55 Seiten mit 86 Abbildungen Anhang 1 Laborbefunde, Gutachten Anhang 2 Bestandsaufnahme Anhang 3 Befundstellen Anhang 4 Materialliste, Lösemitteltests, Technische Merkblätter Anhang 5 Bereichseinteilung, Kartierung Befundstellen, Probeentnahmen, Graffiti, Detailphotos Kartierung von Schäden und Maßnahmen Anlagen zur 1. Fertigung 292 Stück KB-Dia 1 Stück Großformat Dia Vorzustand 2004 1 Stück Großformat Dia Endzustand 2005

Ausdruck 2007-12-12

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Worms, Dom/ Hochaltar Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen 2004/2005 Schlussbericht Seite 2 von 55

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INHALTSVERZEICHNIS Einführung S. 4 Beschreibung S. 6 Restaurierungsgeschichte S. 8 Zur Herstellung des Altars S. 10 Veränderungen durch Restaurierungen S. 23 Schäden S. 28 Konzept S. 34 Maßnahmen S. 36 Quellen S. 48 Abbildungsnachweise S. 49 Gutachten/ Naturwissenschaftliche Untersuchungen S. 50 Abbildungen Vor- und Endzustand S. 51

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Worms, Dom/ Hochaltar Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen 2004/2005 Schlussbericht Seite 3 von 55

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Abb. 01 Vorzustand am 07. April 2004, vor den Maßnahmen 2004/2005

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Worms, Dom/ Hochaltar Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen 2004/2005 Schlussbericht Seite 4 von 55

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Einführung Der heutige Dombau ist, nach Abriss des Ottonischen Vorgängerbaus, im Wesentlichen ein Neubau des 12. Jh. über den Fundamenten und Grundmauern des Vorläufers. Im Laufe der Jahrhunderte kam es immer wieder zu Kriegszerstörungen. Im Verlauf des Pfälzischen Erbfolgekrieges brannte 1689 mit der Stadt auch der Dom, die drei mittleren Gewölbe stürzten ein, die Ausstattung ging größtenteils verloren. Die Wiederherstellung und Neuausstattung zog sich über Jahrzehnte. Die Geldmittel für einen neuen Hochaltar waren von Franz Ludwig Herzog von Pfalz-Neuburg (1729 - 32 Kurfürst von Mainz) per Testament gestiftet worden, die Planung nahm aber erst 1738 konkretere Formen an. Am 28. November 1738 reiste Neumann zum ersten Mal nach Worms. Er war damals vorrangig als Baumeister für Friedrich Carl von Schönborn, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg tätig. Wie auch bereits im 18. Jahrhundert durchaus üblich, hatten damals andere Meister ebenfalls Entwürfe im Wettbewerb eingereicht, doch entschied man sich für den Entwurf Neumanns, der ein Ciborium mit Flanken in die romanische Chorapside vorschlug. Diesen Altartypus setzte er in Worms zum ersten Mal ein. Später folgten Altäre dieser Form zum Beispiel in der Simultanen Laurentiuskirche Dirmstein, in der Brühler Schlosskirche, St. Peter in Bruchsal und St. Paulin in Trier. Bei der Umsetzung des Vorentwurfs arbeitete Balthasar Neumann eng mit Johann Wolfgang van der Auvera zusammen. Entwurfszeichnungen sowie Skizzenbücher und Bozzetti für die Hauptfiguren sind noch in verschiedenen Bibliotheken und Archiven erhalten1. Indem er selbst bewährte Spezialisten mitbrachte, war es ihm einerseits möglich, seine umfänglichen Aufträge und Aufgaben zu bewältigen, andererseits konnte er sicher gehen, dass seine Entwürfe in der gewünschten Qualität umgesetzt wurden. Meist übertrug er Bauleitung und das Rechnungswesen an geeignete Personen vor Ort; tatsächlich gehen aus dem erhaltenen Rechnungsbuch2 auch relativ wenige Aufenthalte Neumanns in Worms hervor: ein längerer Aufenthalt vom 19. Bis 22. Mai 1740, dann am 20. Juni und 17. Juli 1740 und schließlich am 13. April 1742, als der Altar wohl bereits fertig gestellt war. Ende November 1738 wurden im Beisein von Balthasar Neumann die Handwerkerverträge abgesprochen, im Oktober 1740 war der Aufbau der Altararchitektur abgeschlossen. Im November 1741 lieferte Johann Wolfgang van der Auvera die Skulpturen aus Würzburg, anschließend begann Vergoldermeister Stephan Geibel mit den Fassarbeiten und der Altar war im Frühjahr 1742 fertiggestellt. 1 Hotz: Der Wormsgau. Bd. 6. 1963/64, S. 12: 1. Würzburg, Martin von Wagner Museum (Kupferstichkabinett), Inv. Nr. 463 (Mappe 109): Grundriss des Altars in zwei halbseitigen Varianten, mit angedeutetem Mauergrundriss. Kolorierte Federzeichnung mit Bleistiftskizzen. Ohne Maßstab. 37,5 x 50,6 cm 2. Würzburg, Mainfränkisches Museum, Sammlung Eckert LXIV: Grundriss des Altars (mit zwei halbseitigen Varianten für die Anordnung der Stufen) mit Mauergrundriss der anstoßenden Teile des Ostchors. Kolorierte Federzeichnung, Maßstab unbeschriftet. Ca. 46,3 x 68,8 cm. Verbrannt 1945, Reproduktion nach Photographie im Kunsthistorischen Institut der Universität Würzburg (Taf. 3, 5). 3. Würzburg, Mainfränkisches Museum, Sammlung Eckert LXV; Aufriss der Altarteile vor und zwischen den beiden rückwärtigen Säulen des Ciboriums, Ansicht einer Figurenbrücke mit Anbetungsengel, Seitenansicht einer vorderen Säule, Grundriss des Ciboriums. Kolorierte Federzeichnung; Von J. W. van der Auvera nach Angaben B. Neumanns. Maßstab unbeschriftet. Verbrannt 1945, Reproduktion nach Fotografie im Mainfränkischen Museum Würzburg (Taf. 4, 6). 4. Koblenz, Staatsarchiv, Abt. 702 Nr. 6542 (Mappe der unbestimmten Pläne) Blatt 90: Grundriss des Altars mit schematischem Mauergrundriss der anstoßenden Teile des Ostchors. Grau und rot lavierte Federzeichnung. Maßstab in Zoll und Schuh. 25,9 x 35,5 cm (Taf. 4, 7). 5. Bamberg, Staatl. Bibliothek VIII. D (Plansammlung unbestimmter Provenienz) Nr. 52: Grundriss des Altars mit schematischem Mauergrundriss der anstoßenden Teile des Ostchors. Grau, rosa und gelb lavierte Federezichnung. Maßstab in Schuh. 31,3 x 35 cm. 6. Bozzetti für Hauptfiguren: Würzburg, Mainfränkisches Museum, Inv. Nr. A. 14 402, A. 14 403, von J. W. van der Auvera. 2 „Rechnung über Einnahm- undt Außgab-Geldt auß der Churfürstlichen Frantz Ludwigschen Wormbser Verlassenschafts Cassa, so viel die Erbauung des hohen Altars in der hohen Dhomb-Kirch undt den Altar in der hochfürstlichen Bischöflichen Hof-Capell betrieft. Geführte durch mich Joannem Goswinum Lintz Pfarrern zu Sanct Johann und Dhomb-Vicarium. Von Bartholomaei 1738. Bis ad Generale Paschatis 1746“

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Worms, Dom/ Hochaltar Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen 2004/2005 Schlussbericht Seite 5 von 55

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Abb. 02 Würzburg, Mainfränkisches Museum, Sammlung Eckert LXV: Aufriss der Altarteile vor und zwischen den beiden rückwärtigen Säulen des Ciboriums, Ansicht einer Figurenbrücke mit Anbetungsengel, Seitenansicht einer vorderen Säule, Grundriss des Ciboriums. Kolorierte Federzeichnung von J. W. van der Auvera nach Angaben B. Neumanns. Maßstab unbeschriftet, ca. 177,0 x 68,0 cm. 1945 verbrannt, Reproduktion nach Fotografie im Mainfränkischen Museum Würzburg (Taf. 4, 6)

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Worms, Dom/ Hochaltar Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen 2004/2005 Schlussbericht Seite 6 von 55

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Beschreibung Der Hochaltar nimmt auf filigrane und architektonisch-gestalterische Weise die gesamte Ostapside ein und ragt mit den vier Altarstufen und den Flanken bis in das Chorquadrat. Vier der insgesamt sechs Marmorsäulen auf zweistufigen Postamenten umschließen in trapezförmiger Anordnung den Sarkophagaltartisch mit Tabernakelaufsatz und kleinem Ciborium, darin heute eine Muttergottesfigur, die beiden weiteren Säulen flankieren die zentrale Architektur. Der Entwurf Neumanns zeigt jedoch als Zentralmotiv eine Strahlenmonstranz. Seit wann die Muttergottesfigur darin steht, konnte noch nicht geklärt werden. Eugen Kranzbühler vermutete sie als aus der 1822 abgerissenen Kirche des Wormser Maria-Münsterklosters stammend und ordnete sie stilistisch um 1600 ein. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand, muss aufgrund der technologischen Untersuchungen die Skulptur bereits um 1846 in den Altar gekommen sein3. Der Tabernakelaufbau im Zentrum wurde zum ersten Mal bereits zur Entstehungszeit höher eingebaut als vorgesehen4. Später, um 1922 im Zusammenhang mit der Erneuerung des Tabernakels5 und Hinzufügung eines hölzernen Predellenaufsatzes, wurde das Altarzentrum nochmals höher gesetzt. Ein relativ niedriges, mehrfach verkröpftes Gebälk und brückenartige Figurkonsolen in Postamenthöhe verbinden die sechs Säulen miteinander. Ein baldachinartiger Aufsatz aus vier reich mit Engelsköpfen und Blattranken verzierten Volutenarmen, mit dem Kurhut als Bekrönung schließt den Altar nach oben ab und umfasst das monumentale Wappen mit Insignien des Stifters Franz Ludwig Herzog von Pfalz-Neuburg am Gesims. Über den Flanken hohe Flammenvasen und von Engeln gehaltene Kartuschen und Blütenranken. Auf den Brückenkonsolen links und rechts die beiden überlebensgroßen Darstellungen der Dompatrone Hll. Petrus und Paulus, links und rechts des Tabernakelbaldachins Anbetungsengel, mit Weihrauchgefäß der linke, mit Fackel und Blüten der rechte Engel. Bei der genaueren Ausarbeitung des architektonischen Entwurfs mit Dekor und Skulpturen arbeitete Neumann eng mit Johann Wolfgang van der Auvera zusammen, der zu seinen engsten Vertrauten gehörte und den Stil der Neumannschen Pläne, insbesondere bei den Altarentwürfen prägte. Die aus der Sammlung Eckert noch erhaltenen Bozzetti belegen die detaillegetreue Planung Auveras für die Ausführung der Skulpturen. Für den Entwurf der Säulenarchitektur setzte Neumann den von ihm 1713 entwickelten Proportionalzirkel6 ein, ein zweischenkliges Messwerkzeug aus Messing7. Eine Besonderheit stellt die Fassung des gesamten Zierrats wie auch der Skulpturen, wie damals bezeichnet „ganz in Gold“ dar. Die Goldfassung ist von Neumann konzipiert, am 05. April 1741 legte er dem Domkapitel einen Riss vor, auf dem alle zu vergoldenden Altarteile mit einer gelben Lasur angelegt waren. Das Domkapitel favorisierte damals zunächst eine der damaligen Mode wie auch Anstand mehr entsprechende Polierweißfassung, soviel Gold erschien als zu prunkhaft. Doch wurde Neumanns Intention des überirdischen Glanzes begriffen und die Fassung, wie geplant, durchgeführt.

3 Der Glanzvergoldung der Muttergottesfigur liegen zwei spätere Überzüge auf (Kopal-Sprit-Lack und Schellack), wie dies auch am übrigen Altar der Fall ist. Der Schichtaufbau der einzigen vorliegenden Vergoldung (mit Alterscraquelé) ist ähnlich wie des barocken, es aber wurde aber kein Gummigutt nachgewiesen. 4 Durch Befunde am Altar und Rechnungen (siehe Fritz Arens in »Der Wormsgau«; 1963/64; S. 38) belegt. 5 Rudolf Kautsch: Der Dom zu Worms, Berlin 1938, S. 317, Anm. 3 6 »Instrumentum Architecturae Inv: et fe: Bal: Neümann, 1713.« Würzburg, Mainfränkisches Museum 7 Mit einer Nachbildung aus Karton von den Verfassern nachgestellt

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Worms, Dom/ Hochaltar Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen 2004/2005 Schlussbericht Seite 7 von 55

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Abb. 03 SW-Aufnahme, vor 1922, wahrscheinlich kurz vor den damaligen Maßnahmen aufgenommen. Links unten in der Ecke sieht man einen Teil des Vorgängertabernakels. Goldfassung wie auch Marmoroberflächen weisen einen gleichmäßigen Schmutzbelag auf und scheinbar auch den ersten Überzug aus Kopal-Sprit-Lack. Die Postamentzone ist noch unlackiert, wirkt aber vergraut. Quelle: Stadtarchiv Worms 47 - A Fotoabteilung Hintere Judengasse 6 67547 Worms

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Worms, Dom/ Hochaltar Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen 2004/2005 Schlussbericht Seite 8 von 55

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Restaurierungsgeschichte Fünfzig Jahre nach der Fertigstellung des Hochaltars wird der Dom 1792, nach Eroberung von Speyer, Worms, Mainz und Frankfurt durch die Revolutionstruppen zu Pferdestall und Lager umgenutzt. Nach der Säkularisation 1803 wird er Pfarrkirche, das Bistum Worms bleibt weiterhin aufgehoben. Dadurch fehlen Einkünfte und im Laufe der Zeit werden beschädigte Teile der Domanlage nicht repariert, sondern abgebrochen. Nach Georg Dehio8 sollen erst 1851 Instandsetzungsarbeiten unter Leitung des Mainzer Kreisbaudirektors Ignaz Opfermann begonnen haben. Mehrere Handwerkersignaturen und Inschriften am Altar mit der Jahreszahl 1846 sprechen für einen früheren Beginn: An dem Stuckmarmorsockel für die Volutenstrebe, hinten links v. Betr. aus (Bereich D4.1.3.) findet sich eine Inschrift in schwarzer, grauer und weißer Farbe mit dem Pinsel aufgetragen, mit Kartuschenmalerei »R. Muth 1846/ L. Muth 1846« und auf der Rückseite der nördlichen Flammenvase „…Ph: Gröntreger(?)/ K. Alker./ Math. Klein/1846/ Bollstern/ B. Heninger(?)/ O(?)ochstad“. Ein weiterer Namenszug in grauer Farbe mit der Jahreszahl 1846 findet sich auf der Rückseite der von Engelskindern gehaltenen südlichen Kartusche am Hauptgesims. Diese Inschrift scheint tatsächlich mit Arbeiten am Altar, Gips- und Farbausbesserungen am Stuckmarmor, in Zusammenhang zu stehen, während auch viele andere Handwerker, die an ganz anderer Stelle im Dom tätig waren, wie z. B. Dachdecker oder Glaser sich im Laufe der Jahrhunderte am Altar verewigten. Insgesamt zählten wir 86 verschiedene Inschriften, die älteste stammt von 1807, die jüngste von 1980. Einige Inschriften mit der Jahreszahl 1863, immer mit dem Namenszug G. Rauch verbunden, deuten darauf hin, dass der Altar Mitte des 19. Jahrhunderts lange Jahre für Bautätigkeiten eingerüstet gewesen sein muss. Von 1902 - 1919 fand eine weitere Domrestaurierung statt, in deren Anschluss Veränderungen am Hochaltar im Jahr 1922 belegt sind. Wie Kautsch beschreibt, wurde ein Tabernakel des späten 18. Jahrhunderts, gegen den heute noch vorhandenen, ausgetauscht9. Wahrscheinlich von den ersten Vorplanungen zeugt eine Bleistiftbeschriftung auf der Rückseite der Konsole zur Paulusfigur „Zeichnerische Aufnahme/ des Hochaltares von/ N(?) Brand. Dombauamt/ 4. August 1903“. Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme mit dem rechten Anbetungsengel, die vor 1922 entstanden ist, in der linken Bildecke ist noch der Vorgängertabernakel zu sehen, lässt starke Schmutzbeläge erkennen, der letzte Schellack-Überzug ist eindeutig noch nicht vorhanden. Eine weitere Inschrift belegt eine Renovierung für das Jahr 1932: „Malermeister Wilhelm Deckert renovierte diesen Altar im Januar 1932“10. Der Schellacküberzug ist spätestens zu diesem Zeitpunkt aufgetragen worden, spätere Beschriftungen befanden sich auf dem Lacküberzug, so zum Beispiel die Jahreszahl 1946 auf dem Schild der Kartusche an der linken Seite des Hauptgesimses. Im 2. Weltkrieg wurde die Dachkonstruktion am 21.02.1945 durch einen Luftangriff zerstört und 1946/47 wiederhergestellt. Einer Bleistiftbeschriftung am vorderen, nördlichen Volutenarm nach wurden bereits im Jahr 1945 Baureparaturen durchgeführt. Weiter finden sich Inschriften von Dachdeckern und Glasern aus dem Jahr 194611. In welchem Umfang Maßnahmen am Altar in diesem Zusammenhang ausgeführt worden sind, konnte bei den Untersuchungen nicht geklärt werden. Die Jahreszahl 1956 taucht an vielen Stellen in schwarzer Farbe mit der Nennung der Firma Holzschutz Richter und den Ausführenden Paul Maus und Walter Meurer auf, zum Beispiel auf der Rückseite des Stuckmarmorsockels zum Volutenaufsatz hinten, rechts (Bereich D4.2.4.) „Dieser Altar wurde/ im Februar 1956/ von der Firma / R. Richter/ Oberlahnstein/ Holzschutz/ bearbeitet/ Paul Maus, Walter Meuer“. In deren Zusammenhang findet sich ockergelbe, hochglänzende Lackfarbe auf loser Goldfassung und Ausbruchstellen sowie eine gelb eingefärbte Spachtelmasse über zuvor zugefügte Bohrlöcher von geringer Tiefe. Auch für die damaligen Verhältnisse eine ausgesprochen laienhafte und grobe Ausführung. Die Frage, welches und wie viel Insektizid

8 Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Neubearb. durch d. Dehio-Vereinigung, 2. Bearbeitete und erweiterte Auflage 1984, S. 1160 9 Rudolf Kautzsch, »Der Dom zu Worms«; Berlin, 1938, S. 317, Fußnote 3: „Ein älteres Drehtabernakel, ein dürftiges Werk aus dem späten 18. Jh., das sich bis 1922 am Hochaltar befand, wird zur Zeit auf dem Boden des nördlichen Domschiffs aufbewahrt. An der Tabernakeltür ein Kelch, darüber Ausstellungsnische, bekrönt von einem Lamm auf dem Buch mit den sieben Siegeln“ 10 Inschrift auf der Rückseite des Kapitells, hinten links (Bereich B2.1.1)„WILH: DECKERT/DEK. MALERMSTR/RENOVIERTE DIESEN/ALTASR IM JAN./1932./WORMS“ 11 An der nördlichen Flammenvase verewigte sich „Balthasar/Zoller/Dahlsheim/Dom Verglasung/1946 und in der Schildfläche der nördlichen Kartusche „HEINI KLAG/WORMS/WEHRGASSE „/ am: 11.XI.1946“

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Worms, Dom/ Hochaltar Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen 2004/2005 Schlussbericht Seite 9 von 55

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damals eingesetzt worden sind, könnte vielleicht mit Hilfe des Rechnungsbelegs beantwortet werden12. Ein Kunstharz, nur lokal aufgetragen, auf der Rückseite des Kurhuts, Kurfürstenwappen im Labor nachgewiesen13, dürfte mit dieser Maßnahme in Zusammenhang stehen. Eine weitere Innenrestaurierung im Dom folgte 1979 – 1982, in deren Zusammenhang der Altar gereinigt wurde. Eine undeutliche Kreidebeschriftung „ALTARREINIGUNG/ HERBERT J… 1980“ fand sich auf der Rückseite des fürstbischöflichen Wappens. Den Beobachtungen am Altar nach, scheint es sich tatsächlich im Wesentlichen um eine Reinigung gehandelt zu haben.

Abb. 04 / Vorzustand Zwei Inschriften „R. Muth/ Worms/ 1846“ in Rocaillemalerei, daneben „L(?). Muth/ 1846“, sehr wahrscheinlich von den Malern, die den Altar während der großen Domrestaurierung Mitte des 19. Jahrhunderts restaurierten

Abb. 05/ Vorzustand Abb. 06/ Vorzustand Inschriften auf den rückwärtigen Seiten der nördlichen Flammenvase

12 Laut freundlicher Auskunft von Frau Gisela Manstein, Dom- und Dözesanarchiv Mainz sind in den Pfarrakten der Wormser Dompfarrei 1945-70 (Akz. 8-91 Nr. 2714-2727) keine Hinweise auf Holzschutzmaßnahmen in den 1950-er Jahren vorhanden 13 Probe Nr. 0015, Untersuchungsbericht 11.08.2004, Drs. Jägers, Bornheim

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Zur Herstellung des Altars14 Das Anfang des 20. Jh. bereits von E. Kranzbühler zitierte Rechnungsbuch „über Einnahm- undt Außgab-Geldt auß der Churfürstlichen Frantz Ludwigschen Wormbser Verlassenschafts Cassa, so viel die Erbauung des hohen Altars in der hohen Dhomb-Kirch undt den Altar in der hochfürstlichen Bischöflichen Hof-Capell betrieft. Geführte durch mich Joannem Goswinum Lintz Pfarrern zu Sanct Johann und Dhomb-Vicarium. Von Bartholomaei 1738. Bis ad Generale Paschatis 1746“ gibt Auskunft zum gesamten Bauablauf, zu Bautätigkeiten, Ausführenden und Materialien. Im Folgenden werden aktuelle Befunde und Beobachtungen mit Zitaten aus dem Rechnungsbuch zusammengeführt, um ein möglichst detailliertes Bild über die Errichtung des Altars und Fassarbeiten zu erhalten. Dank der ausführlichen Aufarbeitung sowohl des Rechnungsbuchs als auch weiterer Archivalien und älterer Literatur durch Joachim Hotz und Fritz Arens konnten wir bei der Zusammenstellung auf ausführliche Archivrecherchen zurückgreifen. Zahlreiche Handwerker und Künstler waren an Aufbau und Gestaltung des Altars beteiligt, wie das von Pfarrer Lintz geführte Rechnungsbuch belegt. Einige davon waren Balthasar Neumann vertraute Künstler und Handwerker, so der Bildhauer Johann Wolfgang van der Auvera und die Marmoriere Pedetti und Strahl. Die meisten Teile wurden in den jeweiligen Würzburger Werkstätten bearbeitet oder zumindest vorbereitet und per Schiff über den Rhein transportiert. Für den Aufbau waren örtliche Maurer, Schlosser, Schmiede, Zimmerleute, Schreiner Stuckateure eingesetzt, deren Tätigkeiten im Einzelnen aus dem Rechnungsbuch hervorgehen. Außerdem sind im Zusammenhang mit dem Aufbau der schweren Altarteile auch zahlreiche Posten an Materiallieferungen in Rechnung gestellt worden. Fritz Arens vermutet, wegen eines gleich zu Beginn abgerechneten Postens von 800 Nägeln (weitere folgen für die Montage der hölzernen Altarteile), dass man den Chorraum durch Bretter abgetrennt, als Baustelle einrichtete.15 Bis zum 18. Juni 1740 wurde für insgesamt 32,47 fl. Kalk angeschafft16. Der Kreuzglöckner Bastian Bossert brachte 90 „Kärg“ Sand zu je 11 xr, und 45 Fässer Wasser, die Statt-Baufuhr nochmals etwa die selbe Menge Sand für insgesamt 9,40 fl. Metzgermeister Jakob Giesser brachte mit seinem Fuhrwerk weitere 7 Fuhren Wasser. Maurermeister Endtner führt eine der ersten Tätigkeiten des Altarbaus durch: „im Chor die Quater abzubrechen, das Fundament aufzumauern, wie auch die vordere Treppen undt Quaterstein wiederum zu legen“ .17 Die Witwe des Zimmermeisters Berthold hatte den Auftrag „den Rost in dem Fundament des hohen Altars zu legen“ und erhielt dafür zusammen mit dem „Kalch auf dem Kirchhof zu unterschlagen“ 30,13 fl. Eine weitere Zahlung an sie ist mit der Eintragung vermerkt: „Dieser Wittib undt dem Balier von Würtzburg zahlt das Zimmerholtz zu verschlagen, das Gerüst und Walzen zu machen“ 118,12 fl.18 Zu Sattelwalzen, die man für das Hochziehen und Aufstellen der Altarteile und Skulpturen benötigte, gab für 18 fl. „Dechant Radermacher“ (Dekan Kaspar Radermacher) „3 aichene Bäum und 4 Stück aichene Diehl“. Wagnermeister Joh. Philipp Dietz berechnete 1 fl. „für 3 aichene Heebbäum beim Gerüst“. Seilermeister Engel fertigte „ein Seyl …, mit welchem die Säulen undt übrige schwere Sachen seyndt aufgezogen worden“, sowie „die Seyler zu der Sattelwaltzen“ für 78,46 fl, außerdem berechnete er auch die „Cortel und die Schlepp zum Gerüst“ für 2 fl. und die „Schwenkseyler“ für 3 fl. 19

14 Sämtliche Daten und Regestenzitate sind von Joachim Hotz: »Balthasar Neumanns Hochaltar im Wormser Dom« in »Der Wormsgau« übernommen. Wissenschaftliche Zeitschrift der Stadt Worms u. des Altertumsvereins Worms e.V.; 1963/64, Bd. 6; S. 9 - 25 und Fritz Arens, »Der Wormsgau«, Wissenschaftliche Zeitschrift der Stadt Worms u. des Altertumsvereins Worms e. V.; 1663/64, Bd. 6, S. 25 - 42 15 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 34 16 Aus den Angaben aus den Rechnungen lassen sich etwa 2000 Liter errechnen 17 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 34 18 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 34 19 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 35

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Marmorarbeiten Lahnmarmor ist ein Riffkalkstein, der durch Fossilreste, Kalkspatklüfte und Eisengehalte seine typischen, je nach Bruch wechselnden Färbungen und Strukturen erhalten hat. Wie alle anderen Massenkalkgesteine des Schiefergebirges wurde er durch die im Variscicum (vor 400 – 300 Jahrmillionen) entstandene Faltung stark deformiert, gepresst und gestaucht. Hierdurch entstanden zahlreiche Drucklösungsspuren („Stylolithen“), die vom Steinmetz als „Stiche“ gefürchtet sind und zu eher kleinen Blockgrößen führen. Balthasar Neumann wählte trotz der Schwierigkeiten bei der Bearbeitung sicherlich aufgrund der Vielfalt der Färbungen und der relativen Ortsnähe Material aus der Lahngegend. Geeignete Lieferanten waren ihm bereits von Würzburger Projekten her bekannt. So schreibt Balthasar Neumann von einer Reise 1740 nach Mainz20, dass er „diejenige leithe angetroffen“ habe, „welche die rothe vndt schwartze Marmorbruch selbsten haben vndt die saulen so wohl auf Maintz alß Worms gelifert“ haben. In weiteren Briefen aus den Jahren 1741 bzw. 1743 ist die Rede „von denen rothen Katzen Ehlenboger Marmor“ bzw. den „säulen von Marmor auß den Katzen Ehlenböger marmorbruch“, die über Kostheim bei Mainz nach Würzburg zur Ausstattung des Gartensaals gelangten. Danach könnten auch die Säulen des Wormser Altars aus einem Steinbruch in der Nähe von Katzenelnbogen stammen. Dass es Schwierigkeiten bei der Herstellung der 6 großen Säulen gab, lässt ein Brief des Domdekans Franz Karl von Hoheneck schließen. Der Dekan merkt am 20. November 1739 an: „Die 5 Säulen21 zum hohen Altar sind glücklich angelangt und gehen heute die Schiffe, welche von Coblentz überbracht, wieder dahin zurück und bringen die Fische mit; wan nur solche wegen dem Frost kein Schaden leyden“. Die abschließende Oberflächenbearbeitung der Marmorsteine wurde, da ja bei den langen Transportwegen und dem Aufbau der schweren Steine mit Beschädigungen zu rechnen war, in Worms ausgeführt. An den Säulen finden sich zudem originale kleine Flickungen in Form von Vierungen und Kittungen von Stichen (mit Kalkkasein gebundener Mörtel?). Am Dom wurden Holzverschläge und Hütten für die Lagerung und weitere Bearbeitung geschaffen: Die Leute der Witwe Bertholdt „unterschlugen die Hütten vor der hohen Dhombkirch“ . Der Schreinermeister Bonzelius erhielt 7 fl. für „ den Schoppen, wo die Marmorirer geschafft haben, mit Läden zu versehen“ und „die Fenster mit Papier überziehen“, und „sie auf den anderen Winter wieder reparieren“ 1 fl.22 Die Postamente aus grüngrautonigem Kalkstein, vermutlich aus dem Raum Würzburg23, mit Füllungen aus rötlichem Lahnmarmor24 wurden von Simon Giesshammer gefertigt. „Dem Simon Gießmeyer25 für 6 graulechte Postamenten sambt dem Fuß, Brustgesimbs, auch rotlechten Füllungen, Treppenstein von Marmor und Reyskösten für ihn und seine Gesellen 1775 fl.“ Die in Würzburg gefertigten Teile wurden am Rhein von Maurermeister Johann Georg Endtner und anderen ausgeladen und in den Dom gebracht26. Für den Transport von der Schiffsanlegestelle zum Dom diente ein neuer Wagen, den Wagnermeister Franck für 7,30 fl. fertigte „worauf die Materialien in Chor geführt worden“.27 Die im Kern gemauerten Postamente sind aus vier Platten zusammengefügt, mit eingearbeitetem Akanthusblattfries am Fußsockel, die Stoßfugen sind mit Bleiblech ausgeschlagen. Die vier Platten wurden von Innen mit Klammern gesichert: Schlossermeister Oehlsberg machte „Klammeren in die untere Postamenten vom Pfund accordirt 2 Kreuzer“ für 20,52 fl. Auch wurde „der Oehlbergischen Wittib für Klammern und Haacken zur Mauer Arbeith28 wie auch Schrauben zu den Statuen“ gegeben. Außerdem erhielt Eisenkrämer Wolf 71 fl. „für Eysen, so in die unterste Postamenten gebraucht worden“ sowie Eysen und Bley in die schwartze Postamenten“ für 7 fl. und Blei für die Säulen für 2,16 fl. Von Franz Julian Pedetti aus Mannheim wurden die schwarzen Postamentaufsätze, das Antependium des Sarkophagaltars und die vier Bögen aus schwarzem, vermutlich Schupbacher, Lahnmarmor, mit hellen Füllungen aus Kelheimer bzw. Auer Jura-Kalkstein geliefert, von Stephan Strahl von Balduinstein bei Limburg die Säulen aus rötlichem Lahnmarmor, vermutlich ein Bruch in

20 Frdl. Hinweis auf den Brief Neumanns von Herrn Prof. Dr. rer. nat. Th. Kirnbauer 21 Wann die 6. Säule geliefert wurde ist nicht bekannt. 22 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 35 23 siehe Gutachten Prof. Dr. rer. nat. Kirnbauer/ Becker/ Krämer/ Dr. Schwenzer, 2005 24 Prof. Dr. rer. nat. Kirnbauer vermutet den Katzenelnbogener Marmorbruch mit Verweis auf Brief Neumanns 25 Laut Wormser Domstiftsprotokoll vom 10. April 1741 Gießhammer nicht Gießmeyer (siehe F. Arens in Der Wormsgau; 1963/64, S. 31) 26 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 34 27 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 35 28 Am Altar sind sämtliche Teile mit Eisenbändern und Haken gesichert.

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Katzenelnbogen29. „Denen Marmorirer Frantz Pedetti undt Strahl wurden veraccordirt die schwartze Postamenten mit gelben Füllungen, das Antependium, die vier Bögen und sechs marmorne Säulen ad 5000 fl. Gesellen des Stephan Strahl begleiteten den Transport der Säulen von Würzburg nach Worms zum Dom: „Ahn Discretion wird denene Gesellen des Stephan Strahl, so die Säulen gelieffert, von einem hochwürdigen Dhomb-Capitul gnädig zugedacht 12 fl. Für die Abdeckung der Säulen wurde Holz geliefert: „dem Holtzhändler H. Pistorius für 25 Lochbordt, mit welchen die Säulen zugedeckt worden“ wurden 4,45 fl. bezahlt. Bei der Fertigung der schwarzen Postamentaufsätze wurden die Quader aus schwarzem Marmor U-förmig ausgehauen, die vierte, rückwärtige Seite mit einer Platte verschlossen. Die überschobenen Füllungsfelder aus rotem bzw. gelblichem Marmor von Postamenten und Pfeileraufsätzen sind in entsprechend ausgearbeitete Öffnungen eingesetzt. Bleibleche zwischen Postamenten, Pfeileraufsätzen und in Fugen sollen Schäden durch statisch bedingten Druck verhindern. Die brückenartigen Figurkonsolen sind aus je zwei Lagen des schwarzen Schupbacher Marmorsgearbeitet, auf den Konsolen der Pfeileraufsätze aufliegend. Das von Pedetti gelieferte Antependium aus, vermutlich Schupbacher, Lahnmarmor mit hellen Inkrustationen aus weißem Marmor wurde von Maurermeister Endtner für 11,36 fl. versetzt und gemauert. „Steinhauer von Leystatt Johann Adam Gassner für den gelieferten Altar-Stein“ 9,30 fl.30 Durch Rechnung des Schreinermeisters Bonzelius ist zusätzlich die Anfertigung eines hölzernen Antependiums „nußbaumenes Antependium und eingelegten Altar-Tritt, wie auch andere Arbeith“31 überliefert (nicht mehr erhalten und die Verwendung noch ungeklärt). In den Archivaufarbeitungen von Hotz und Arens sind keine gesonderten Rechnungspositionen und damit Beschreibungen zur Oberflächenbearbeitung des Naturmarmors enthalten, vermutlich war diese in den „Accorden“ der Beauftragten enthalten. Aufgrund der Beobachtungen während der Maßnahmen, nach Abnahme eines jüngeren Lacküberzugs im unteren Bereich, wie auch eines wegen eingelagerter Verunreinigung gedunkelten, jüngeren Paraffinüberzugs32, die freigelegte Oberfläche ließ sich allein durch Polieren mit Schafwolle und Wärmeeinsatz zum Hochglanz polieren, gehen wir davon aus, dass es abgesehen von verbliebenen Paraffinresten eine originale abschließende Behandlung mit einer öl- oder wachshaltigen Substanz33 gegeben haben muss. Zuvor wurden die Steinoberflächen sehr wahrscheinlich auf die übliche Weise durch mehrere Schleifgänge mit unterschiedlichen Schleifmitteln geglättet und verdichtet. Im Rechnungsbuch ist eine abschließende Behandlung aufgeführt: „Dem Stoccador Keippert die Säulen, das Obergesimbs undt übrigen Marmel am hohen Altar, nachdem das Gerüst abgebrochen gewesen, auszubutzen und zu polieren“ wurden 10 fl. bezahlt. Architekturteile aus Stuckmarmor „Jakob Glaß von Würtzburg“ erhielt 835 fl. für die an dem Altar oben befindliche Giebs- und Schreinerarbeith, seine „Marmorierergesellen“ 9,30 fl. Trinkgeld34. Attika, Hauptgesims, die Sockel für die beiden großen Flammenvasen sowie die Sockel für den Volutenaufsatz sind in Stuckmarmortechnik, der Farbigkeit des schwarzen und rosa Naturmarmors entsprechend, gefertigt. Das Hauptgesims ist in transportfähigen Abschnitten auf einer Unterkonstruktion aus Holz vorgefertigt, die Nahtstellen nach Aufbau mit passendem Kittmaterial geschlossen. Die aus Calciumsulfat und Russschwarz bestehende Stuckmasse wurde auf einer recht grobkörnigen Kalkputzunterlage angetragen. Die Abdeckung der Aufsicht des Hauptgesimses bildet eine Schalung aus sägerauen Holzdielen, mit Nägeln von der anderen Seite befestigt (man sieht die umgeschlagenen Nagelspitzen). Die Akanthusblätter am Gesimsfries sind aus Weichholz (wahrscheinlich Linde) geschnitzt mit Stuckmörtel auf der ausgehauenen Rücklage befestigt. Die in Stuckmarmortechnik gefertigten Sockel in der Bekrönung sind mit der Tragfläche des Hauptgesimses über Eisenbänder verschraubt und durch eine Mörtelanböschung fixiert; es handelt sich noch um die originale Befestigung.

29 siehe Gutachten Prof. Dr. rer. nat. Kirnbauer/ Becker/ Krämer/ Dr. Schwenzer, 2005 30 Arens: in Der Wormsgau. 1963/64, S. 37 31 Arens: in Der Wormsgau. 1963/64, S. 38 32 Laborbefund vom 11.08.2004, Labor Drs. Jägers Bornheim. Untersuchung der Probeentnahmen 0010 u. 0011 33 siehe Befund Proben 0012 u. 0013, Laborbefund vom 11.08.2004, Labor Drs. Jägers Bornheim 34 Arens: in Der Wormsgau. 1963/64, S. 36

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Die Oberfläche der in Stuckmarmor hergestellten Architekturteile erschien im angetroffenen Zustand ausgesprochen matt. Jede der an drei verschiedenen Elementen entnommenen Proben, bei denen nur geringe Spuren von Bindemittelüberzügen vorlagen, ergab einen anderen Befund. An einem Sockelaufsatz in schwarzem Stuckmarmor wurde (verseiftes?) Wachs nachgewiesen, am Gegenstück, rechts liegt vermutlich ein Öl vor. Die Probe von einem Sockel in rötlichem Stuckmarmor ergab keinerlei Bindemittelbefund an der Oberfläche. Mit Sicherheit wurden zur Entstehungszeit ein oder mehrere Bindemittel für die Schlusspolitur verwendet, allerdings nicht im Sinne einer Beschichtung, sondern als Poliermittel, für deren Nachweis aufgrund der geringen Mengen ein hoher Analyseaufwand betrieben werden müsste. Ein (späterer) Lacküberzug, wie an den Architekturteilen aus Naturmarmor, liegt auf dem Stuckmarmor, der ja ausschließlich im oberen Altarbereich eingesetzt wurde, an keiner Stelle vor. Architekturteile aus grauem Sandstein In der vorliegenden Literatur fanden sich kaum Hinweise auf Regesten zur Bearbeitung und Lieferung der für die aus statischen Gründen aus Sandstein gefertigten Säulenkapitelle und Basen. Vermutlich handelt es sich bei den „6 Stück Stein zu schafften unter denen sechs Säulen auffm hohen Altar, jedes Stück accordiert ad 4 fl.“ (24 fl.) die Steinhauermeister Barban zu Wattenheim berechnete, um die Steinplatten der Basen. Die Kapitelle sind aus einem Quader gearbeitet, einzelne originale Vierungen waren in Ausbruchstellen der Vergoldung zu erkennen. Die scharrierte Aufsicht der Kapitelle ist ungefasst geblieben. Hier sind geritzte Messpunkte der Steinmetze vorhanden, mit Zirkel geritzte Punkte, geritzte Linien und Pfeilmarken. Die Säulenbasen vorne sind in der Erbauungszeit für den Tabernakelbaldachin abgearbeitet worden (siehe nächster Abschnitt Architekturelemente,… S. 14). Architekturelemente, Dekoration und Skulpturen aus Holz „Dem Bildhauer Auvera von Würtzburg für gemachte Bildhauerarbeith ahn dem oberen Haubtgesimbs, Wappen, Baldachin, Taberacul, Kindler undt Urnen“ 1710 fl. Später: „Dem Bildhauer zu Würtzburg ferners lauth Accord und Zettel wegen denen verfertigten 4 Statuen 320 fl.“ Auvera, der 1736 die Werkstatt seines Vaters übernommen hatte, konnte neben seinen eigenen Erfahrungen in Italien offensichtlich auf virtuose Mitarbeiter zurückgreifen, die solche Dimensionen zu bewältigen. Die Bildhauer fertigten alle Stücke, den reich verzierten Volutenaufsatz mit Kurhut, das Tabernakelciborium, die Flammenvasen, wie auch sämtliche Skulpturen, nach derzeitigem Erkenntnisstand nahezu komplett aus Kiefernholz, das scheiben- und schichtweise zu Werkblöcken verleimt wurde. Leimfugen wurden durch zahlreiche Dübel und teils auch Eisenbänder gesichert. Durch diese Bauweise konnten Rissbildungen und Holzschwund im Hinblick auf die statische Sicherheit der mächtigen Stücke minimiert werden. So konnten auch die Großskulpturen vollrundplastisch, mit inneren, das Gewicht reduzierende Hohlräumen gearbeitet werden, ohne dass gravierende Risse entstanden wären. Der mächtige Volutenaufsatz wurde, soweit aufgrund auf den Bildträger reichende Ausbruchstellen Einblick gewähren, einschließlich des Zierwerks, ausschließlich aus Kiefernholz gefertigt. Für die Großskulpturen wurde bei einer untersuchten Probe ebenfalls Kiefernholz nachgewiesen35. Ausschließlich für feingliedriges Zierwerk, wie die Blüten der Festone oder die Attribute der Großplastiken verwendeten die Bildhauer Lindenholz. Die in der Werkstatt gefertigten Stücke, zu diesem Zeitpunkt waren sie ungefasst, wurden, wie die Marmorteile auf dem Wasserweg von Würzburg nach Worms gebracht. Beim Ausladen halfen die Maurerwerkstatt Endtner und die Zimmerleute der Witwe Berthold. Die Zimmerleute stellten zusammen mit dem Abändern des Gerüsts für den Bildhauer dafür 17,42 fl. in Rechnung. Nachdem

35 Auf Veranlassung von Fr. Dipl. Rest. Claudia Gerner-Beuerle, Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Abt. Bau- und Kunstdenkmalpflege, 55116 Mainz wurden Holzanatomische Untersuchungen von Probeentnahmen 2004-10-12, Ergebnisliste per Mail vom 2005-04-05 unter Leitung von Dipl. Rest. Andreas Krupa, FH Köln Fakultät für Kulturwissenschaften, Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft, 50678 Köln von Studenten durchgeführt. Die Ergebnisse stimmen, bis auf einzelne Ausreißer, mit den augenscheinlichen Einschätzungen vor Ort , genau überein.

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die Skulpturen aufgestellt waren, wurden sie nochmals von Maurermeister Endtner herab genommen.36 Originäre gewichtige Holzanstückungen, wie Arme und Flügel der Großfiguren oder statisch beanspruchte Holzverbindungen der Voluten wurden mittels geformter Eisenbänder, erst vor Ort zusammengefügt und befestigt. Häufig sind sie mit grundiert und gefasst, an einigen Stellen sind sie aber auch erst nach Abschluss der Fassarbeiten angebracht worden. Auch die Festons sind auffallend stabil gearbeitet, auf gelochte Eisenbögen sind Leinenstoffdraperien appliziert und die geschnitzten Blüten einzeln von hinten verschraubt. Schlossermeister Oehlsberg fertigte für insgesamt 31 fl. Eisenbänder und -winkel, die Witwe des Schlossermeisters berechnete „Schrauben zu den Statuen“ und „für gemachte Klammern, Schrauben und Backeysen ahn die 4 Statuen“37. Unterschiedliche, speziell angefertigte Eisenbänder fanden in großer Zahl Verwendung, neben der bereits erwähnten statischen Verstärkung von Holzverbindungen, sind zum Beispiel die Anstückungen der Unterarme der Anbetungsengel mit sorgfältig eingepassten Eisenbögen gesichert, die Flügel mit Eisen befestigt und schwergewichtige Altararchitekturteile wie auch Skulpturen am Altar fixiert. In späterer Zeit fügte man an problematischen Stellen noch zusätzliche Eisenbänder und Klammern hinzu, um Teile zu sichern (diese sind weniger sorgfältig gearbeitet und mit industriell hergestellten Nägeln oder Schrauben befestigt).

Abb. 07/ Vorzustand Originale Eisenbandsicherung der originalen Anstückung am Arm des nördlichen Anbetungsengels

Besonders häufig fand, wie Fritz Arens feststellt38 der Tabernakelaufbau Erwähnung in den damaligen Baurechnungen. Zunächst musste Maurermeister Endtner „die Quaterstein, worauf der Tabernacul gesetzt worden“ hauen. Zieglermeister Stuhlträger erhielt „für 200 Backenstein unter den Tabernakel“ 1,36 fl. Die Leute der Witwe des Zimmermeisters Bertholdt stellten den Tabernakel auf. Schreinermeister Schäfer machte für 8,30 fl. „einen Fuß unter dem Tabernacul“. Dessen Position im Altar wurde offensichtlich nach dem ersten Einbau als zu tief empfunden. Denn es folgen Ausgaben für eine Höhersetzung des Tabernakels, wobei sehr wahrscheinlich darunter auch die nachweislich stattgefundene Höhersetzung des kleinen Ciboriums gehört. Maurermeister Endtner musste für 30 fl. „den Tabernacul erheben, die Quater hauen und ausmauern“. Schreinermeister Schäfer stellte 6,40 fl. „für ein Postament undt andere Arbeith, als der aufm hohen Altar stehende Tabernacul ist erhöhet worden“ in Rechnung. Mitarbeiter der „Oehlsbergischen Wittib“ schraubten laut Rechnung den Tabernakel zweimal an (5,20 fl.). „Dem Schlossergesell Johannes Schorn werden im Nahmen des Meister Stricklin zu Mannheim den Tabernacul zu beschlagen“ 10 fl. bezahlt. Der Bildhauer Wollnöfer berechnete „für Laubwerk und Zierathen ahn den Tabernacul zu machen“ 10fl., Schlossermeister Scholl tapezierte den Tabernakel innwendig für 6 fl. „Judt Isaac zur Pulverflasch“ erhielt 113 fl. für rothen Sammeth, goldene Borden undt anderes Zugehör, den Tabernacul auszutapezieren“. „Dem Nagelschmittmeister Nuschel für 100 gantze Lastnägel undt 200 große Lattnägel“ sind 2,04 fl. und 6,20 fl. bezahlt worden und für allerhand Nägel 9,30 fl. Schreinermeister Kerl verrechnete 2,40 fl. „wegen allerhandt zum hohen Altar verfertigten Kleinigkeiten“. 36 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 36 37 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 36 38 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 38

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Abb. 08/ Vorzustand Die Architektur ist durch Eisenbänder mit den Apsiswänden verankert

Abb. 09/ Vorzustand Die einzelnen Elemente des Volutenaufsatzes sind miteinander durch Eisenbänder und –stäbe verbunden

Abb. 10/ Zwischenzustand Originales Eisenband mit originalen Grundierschichten

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Abb.11/ Endzustand Flügel des nördlichen Anbetungsengels mit originaler Eisenbandbefestigung

Abb. 12/ Zwischenzustand Die Verleimungen der Werkblöcke aus Kiefernholz sind durch Holzdübel gesichert. Augenbrauen, Augenlider und Pupillen sind wie auch der Haaransatz durch Gravuren in der Kreidegrundierung naturalistisch gestaltet

Abb.13 / Zwischenzustand Verbindungsfugen an den großen Volutenarmen weisen originale Einschübe auf

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Fassung „ganz in Gold“ Nachdem sich das Domkapitel im Frühjahr 1741 für das gesamte Schnitzwerk und die Skulpturen zu einer Fassung „ganz in Gold“ entschieden hatte, wie sie von Balthasar Neumann vorgeschlagen worden war, wurden von drei Vergoldermeistern Angebote eingeholt. Meister Franz Ulrich Brandmeyer aus Bruchsal wurde als Gutachter bestellt. Der schließlich nach „langem hartnäckigen Feilschen um den Preis“39 mit einer Summe von 2000 fl. beauftragte Frankfurter Vergoldermeister Johann Stephan Geibel sollte die Goldfassung nach dem Entwurf von Balthasar Neumann ausführen. Wie Fritz Arens bei seinen Archivrecherchen feststellte, sei dieser unter seinen Konkurrenten ausgewählt worden, weil er erklärte, neun- anstatt sechsfachen Grund für die Vergoldung aufzutragen. Für die Vergoldungsarbeiten wurde eigens ein Ofen angeschafft und in der Sakristei aufgestellt, um die Leime und Kreidegründe zu wärmen40. Architekturteile, Zierwerk wie auch Skulpturen sind rundum gefasst, die Grundierungen entsprechend grundsätzlich auf allen Seiten aufgetragen. Verschiedentlich auf die Tragflächen von Architekturflächen getropfte Grundierung und der Abdruck eines heißen Topfes auf dem Tabernakelbaldachin, auf den Rückseiten im Streiflicht erkennbare Laufnasen in den Grundierschichten sowie die mit grundierten originalen Eisenbefestigungen lassen darauf schließen, dass Architektur- und Ornamentteile im aufgebauten Zustand grundiert worden sind. Im ersten Arbeitsgang trugen die Vergolder, Glutinleim, tierischen Warmleim aus Haut und/ Oder Knochen auf, der zur Arbeitserleichterung mit wenig gelbem Eisenoxidpigment eingefärbt war. Darauf folgten mehrere, aufgrund einer Färbung mit wenigen roten und schwarzen Pigmenten hell grau erscheinenden, rein mit tierischem Leim gebundenen Kreidegrundschichten (im Labor-Querschliff lassen sich 3 - 4 Lagen unterscheiden). Verschiedentlich sind auf den Rückseiten Luftbläschen im Kreidegrund sichtbar. Die mehrfach aufgetragenen Grundierungen scheinen möglichst glatt und sorgfältig aufgetragen, gar nicht oder nur lokal geschliffen worden zu sein. Durch Gravuren in der Kreidgrundierung an Haaransatz, Augenbrauen und Augen wurde bei den Skulpturen trotz der Dimensionen eine filigrane Plastizität erzeugt. Zwei hellgelbe, leicht polierbare Lagen aus Kreide, Gips und Ocker bestehend, sind dann ebenfalls ganzflächig aufgetragen. Abschließend folgt großflächig und satt aufgesetzt, aber nicht bis in jede Hinterschneidung, eine Lage einer hell-rotbraunen Schicht des Farbharzes Gummigutt41, Farbmittel und Bindemittel zugleich. Partien, die in Glanzgold vorgesehen waren, erhielten darauf zusätzlich lokale Aufträge von rotem Poliment. Dann konnte die vergleichsweise dünne Blattmetallauflage angeschossen werden. Das Spiel zwischen Matt- und Glanzgold, ist nicht gliedernd, sondern, in scheinbar nahtlosem Übergang, die Glanzgoldpartien zur Verstärkung natürlicher Reflexe auf den Höhen eingesetzt. Die Inkarnate der großen Engel sind in weiten Teilen matt belassen, Wangen, Schultern, Brüste, Muskeln von Armen und Beinen mit rotem Poliment unterlegten polierten Lichtreflexen versehen42.

39 nach Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 37 40 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 37 41 Frdl. Information Kremer-Pigmente: „Gummigutt ist das Harz vom Gambogebaum (Garcinia morella) und einigen anderen Garcinien, die auf Ceylon, in Ostindien und im ostasiatischen Raum wachsen. Es wird, ähnlich wie Kautschuk, gewonnen, indem die Rinde des Baumes zunächst angeritzt wird, damit der Milchsaft herauslaufen kann. In Bambusröhren oder Kokosschalen gerinnt der Milchsaft dann zu einem Harz. Das reinste Gummi heisst Gummi electum und enthält nicht mehr als etwa 20% Sand und andere Stoffe (könnte auch in Worms verwendet worden sein).“ Hermann Kühn in Erhaltung und Pflege von Kunstwerken, S. 366. 3. grundlegend überarbeitete Neuauflage, 2001: „Gummigutt besteht zu etwa 75% aus in Alkohol und Aceton löslichem Harz, den Rest bilden wasserlösliche Polysaccaride (Pflanzengummen). Infolgedessen kann es mit Wasser unmittelbar, d.h. ohne zusätzliches Bindemittel, als Aquarellfarbe benutzt werden. In Ostasien ist Gummigutt als Farbe schon lange bekannt, in Europa wenigstens seit dem 17. Jahrhundert. Gehandelt wird es in goldgelben Stücken oder Klumpen, die an der Oberfläche oft mit gelbem Pulver bedeckt sind. Außer als Aquarellfarbe, in der es sich ziemlich lichtempfindlich erweist, hat man es häufig zum Färben von Weingeistlacken verwendet. Mit Öl angerieben, ergibt es goldgelbe Farben mit verhältnismäßig guter Lichtbeständigkeit. Es ist in zahlreichen Rezepturen für Lacke teils als alleiniger färbender Bestandteil, teils als Zusatz zu anderen färbenden Stoffen erwähnt.“ 42 M. Watin schreibt 1755 (Zitat aus der deutschsprachigen Ausgabe von 1774 in »Der Staffirmahler, oder die Kunst anzustreichen, zu vergolden und zu lackiren wie solche bey Gebäuden, Meublen, Galanteriewaren, Kutschen usw. sowohl den Künstlern als den Liebhabern zum Unterricht gegeben von Watin Maler, Lackirer und Farbenhändler): Nicht nur, dass die »Alten« dickeres Blattmetall gehabt hätten, dass auch ihre Bildhauerey plump und matt gewesen wäre: »Ihre Vergoldung war nichts besser; sie achteten nicht auf den Ausdruck, den die Bildhauerey haben sollte; sie verstanden das Ausputzen nicht; alles war Glanzvergoldung, weil alles ihrer Meinung nach glänzen musste. Man bemerkt fast gar keine Matten Stellen, keinen Widerschein. Der Meißel des

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Das einzelne Goldblatt hatte ein Format von etwa 65 x 65 mm (das heutige Standartmaß beträgt 80 x 80 mm), das die Vergolder zum Anschießen meist nur einmal teilten. Bei der Materialanalyse des Gelbmetalls wurde neben Gold kein weiterer Bestandteil festgestellt, bei einer Nachweisgrenze unter 1% kann man von reinem Blattgold ausgehen. Wie die Vergolder beim Anschießen des Blattgolds vorgingen, wie der Gummiguttfilm wieder zum Kleben gebracht wurde, kann nur spekulativ beurteilt werden. wurde, Sehr wahrscheinlich wurde die für die Glanzvergoldung eingesetzte Alkoholnetze durchgängig verwendet. Nach einer Trocknungszeit konnten die Goldüberstände vorsichtig entfernt („eingekehrt“) werden, zum Beispiel mit Baumwolle, wie Cröker43 beschreibt, wodurch dann die Glanzgoldflächen erkennbar waren, um sie dann mit Poliersteinen zu bearbeiten. An den Übergaängen zwischen Glanz- und Mattgold sind häufig streifig auslaufende Spuren des Poliersteins erkennbar. Die Mattgoldauflagen wurden dann mit einem dünnen, flüchtig aufgetragenen Film aus Gummigutt überzogen. Zuletzt sind orangerote Kontur- und Schattenlinien44 in Tiefen von Gewandfalten, Profilen, Augenlidern gesetzt. Einige Engelsköpfe besitzen eine harzige, bräunliche Pupillenbemalung. An den geschnitzten Architektur- wie auch den Zierteilenteilen wurde das Blattgold nur in der Frontalansicht angeschossen, die Ornament- und Faltentiefen aussparend, während seitlich und rückwärtig durch den lavierenden Auftrag unterschiedlicher Gelbnuancen und Gummiguttlasuren auf den weißen „Kreidegrund“ die Illusion einer Vergoldung malerisch erzeugt wurde. Insgesamt fällt die besondere, malerisch-künstlerische Komposition auf. Die Vergoldung war offensichtlich nicht materiell, sondern immateriell und transzendent zur Verherrlichung des »Allerheiligsten« konzipiert, wie sinngemäß auch wohl vom Urheber Balthasar Neumann formuliert wurde, nachdem der 1741 vorgelegte Entwurf beim Kirchenrat zunächst auf absolutes Unverständnis gestoßen war. Die Verwendung von Gummigutt als wässriges Anlegemittel für Mattgold45 ist bislang in der Fachliteratur explizit46 für die Buchmalerei beschrieben. Die getrocknete Gummiguttanlage wird zum Anschießen des Blattgolds durch Anhauchen zur Klebeschicht. Die Funktion als Sperrschicht und Klebemittel zugleich, also eine geringe Beschichtung, ist für die Vergoldungsarbeit auf Papier optimal, erscheint aber auch bei der Vergoldung von Schnitzwerk als vorteilhaft. Weiter fand Gummigutt als Aquarellfarbe Verwendung, auch hier ist es Binde- und Farbmittel zugleich. Auch als Farbstoff in Goldfirnissen und -lacken wird es in vielen Rezepturen in Malerbüchern erwähnt; zum Beispiel als färbender Zusatz in bereits genuin gelb oder bräunlich farbigen Spritlacken, wie Schellack, Sandarak, Mastix. Die Steinoberflächen wurden, wie die aus Holz gefertigten Architekturteile, grundiert und vergoldet. Dabei wurde das Blattgold keinesfalls bis in die Ornamenttiefen hinein angeschossen, rotes Poliment ist auch hier nur im Bereich der Glanzakzente aufgetragen, so dass die gelbe Grundierung in den Hinterschneidungen zusammen mit der nach Fertigstellung der Vergoldung, gezogenen orangeroten Schattenlinien eine malerische Verstärkung von Tiefe und Plastizität bewirkt. Die Arbeiten der Vergolder dürften im Frühjahr 1742 abgeschlossen gewesen sein. Am 7. April 1742 wurde vom Domkapitel verfügt, dass Meister Geibel die Akkordsumme von 2000 fl. erhalten

künstlichen Bildhauers gibt dem Holze ein Leben und der Vergolder gibt ihm durch die feinen Züge der Politur gleichsam den stärksten Ausdruck und die Sprache«. 43 Johann Melchior Cröker: Der wohl anführende Mahler, welcher curiöse Liebhaber lehrt, wie man sich zur Mahlerey zubereiten .... solle ..., Jena 1713, Nachdruck der Ausgabe von 1736 mit Einführung und Glossar von Ulrich Schießl, Mittenwald 1982. 44 Hierzu liegen keine Materialanalysen vor; es könnte eine Mischung von Zinnober, Mennige und Gummigutt vorliegen, evt. öligen Bindemittelzusatz. 45 Ulrich Schießl in »Techniken der Fassmalerei in Barock und Rokoko«, S. 135 ff.: Man ist versucht, zu sagen, dass man früher als Anlegemittel für matte wässrige Auflagen alles heranzog, was klebte: „In Betracht kommen alle tierischen Leime, u. U. mit Zutaten von Zucker, Pernety empfiehlt Leimwasser mit Honig- und Essigzusatz … vielleicht mit Zusätzen von Venezianer Terpentin zur Erhöhung der Klebekraft… Ein weiteres wichtiges wässriges Anlegemittel wäre Eiweiß.…“ Er führt weiter de Mayernes Empfehlung eines Anlegemittels aus Weizenkleister und Hausenleim für Zinnauflagen an und Cenninis Rezeptur mit Knoblauchsaft mit Zusatz von Bleiweiß und Bolus oder von Gummi ammoniacum im Marciana Manuskript, auch Eidotteremulsionen, Feigenmilch und eingedickter Urin sind wohl in alten Malerbüchern erwähnt. 46 Kurt Wehlte in Werkstoffe und Techniken der Malerei, 1967, S. 106: „Gummigutt … Er war früher eine beleibte Aquarellfarbe, wird jedoch neuerdings wegen seiner geringen Lichtbeständigkeit verworfen, obgleich er schön lasiert wie echtes Indischgelb, In Öl ist Gummigutt löslich und somit unbrauchbar, desgleichen auf der Wand. … Das einzige zulässige Anwendungsgebiet ist die Vergoldung auf Pergament oder Papier zum Anlegen von Blattgold, indem man die zu vergoldenden Formen damit satt malt und trocknen lässt. Beim anhauchen quillt der gelbe Pflanzengummi an und bindet die hauchdünne Metallfolie.“

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solle. „Wegen einiger über seinen Accord hinaus am Hochaltar gemachter Vergoldung“47 meldete Vergoldermeister Geibel eine Nachforderung an. Diese wird ihm, nach Prüfung und Begründung durch Balthasar Neumann, auch gestattet, die Zahlung im Rechnungsbuch vermerkt: „Lauth Accord gebühren dem Vergoldter zu Franckfurth Herrn Geibel 200 fl. und werden ihm nach verfertigt- und besichtigter Arbeith zahlt, ferner demselben vergrößert- und erhöheten Tabernacul, wie auch weilen die Statuen umb ein merckliches größer undt mit mehreren Zierathen verfertigt worden als sie im Ryss wornach der Accord des Vergolders geschlossen worden, abgezeichnet waren, lauth gnädigem Befehl undt Quittung noch zahlt 400 fl. „Umb die Vergoldung des hohen Altars zu taxieren“ wurde abschließend, zusätzlich zur Begutachtung durch Meister Brandmeyer aus Bruchsal, noch der Kurtrierische Factor zu Frankfurt Barba hinzugezogen48. Laut Rechnungsbuch erhielt der „Vergolder zu Bruchsal für zwei auf diesseitiges Ersuchen hieher gethane Reysen pro discretione 25 fl.“ Vergoldermeister Geibel hatte, wie die Laborbefunde belegen, nichts zu fürchten, denn er hatte die im Wettbewerb gemachten Angaben zum Schichtenaufbau, es war von neun Schichten die Rede, tatsächlich erfüllt. Die ursprüngliche „ganz in Gold Fassung“ ist in weiten Teilen erhalten, wenn auch mit deutlichen Restaurierungseingriffen und teils unlöslichen Übermalungen. Im Inneren des Volutenaufsatzes scheinen noch unberührte Vergoldungsoberflächen erhalten. Auftreten und Form des Alterscraquelé sind unterschiedlich, abhängig vom Bildträger.

Abb. 14/ Vorzustand Engelskopf mit der originalen Goldfassung ohne erkennbare spätere Überarbeitungen. Während die Gesichtshälfte zur Schauseite hin eine Blattgoldauflage mit Gummigutt als Anlegemittel besitzt, ist die rechte Seite mit der gelben Grundierung belassen. Die gesamte Oberfläche ist mit Gummigutt überzogen. Dann sind auf beiden Seiten die Augen und die Nasenfalten mit Gummigutt malerisch betont. Im rechten Bereich löst sich die gelbe Grundierung schuppenförmig von der Kreidegrundierung.

47 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 37 48 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 37

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Abb. 15/ Endzustand Eine Besonderheit sind die Glanzhöhen in den Inkarnatflächen, die mit Hilfe der Anlegetechnik mit Gummigutt für die Mattbereiche, auf das die Höhen mit rotem Poliment angelegt werden konnten, ansatzfrei gelangen

Abb. 16/ Vorzustand Von der Schauseite her nicht direkt einsehbare Flächen der Goldfassung wurden mit der gelben Grundierung belassen, malerisch durch eine Gummigutt-Lasur zur Erzeugung von Farbtiefe und rötlichen Akzenten gestaltet

Abb. 17/ Endzustand Originaler Überzug und originale Konturlinien aus Gummigutt

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Uhr über dem Altar Die Anbringung einer im südlichen Teil von Deutschland über dem Hochaltar üblichen Uhr ist durch die Rechnung des Fassmalers belegt „der Mahler Seekatz das Uhrplatt oben im Chor über dem hohen Altar zu vergolden und staffiren“49. Bauliche Veränderungen in der Ostapsis Neumann ordnete, um dem Hochaltar einen entsprechenden Hintergrund zu geben und die Beleuchtung zu verbessern, Veränderungen an Raumschale und Fenstern des Chors an. Am 6. April 1741 bestimmte das Domkapitel, die „gestelle außzuhauen und gleich zu machen“. Balthasar Neumann wird hinzugezogen: „Auf Angeben des H. Obrist Neumann ahn dem hinteren Fenster die Mauer aufzuspitzen, die vor und hinter dem hohen Altar befindliche große Fensteren zu erweitheren und auszuhauen, das Gerüst zu machen, den Chor auszuweißen accordirter maßen“. Für „Bordt und Stämme, als das letzte Gerüst, den Chor auszuweißen gemacht worden“, berechnete der Wormser Holzhändler Pistorius 62 fl. Maurermeister Endtner wird mit den Vorbereitungen für die Fensterverglasung beauftragt, er erhielt Reisekosten „für Bestell- und Besichtigung“. „Für das notwendige Glas“ stellte „Herr Factor Göltz zu Franckfurt für geliefertes Lohrer Glas“ 351,30 fl. in Rechnung; Krahnengeld und Fuhrlohn beliefen sich auf 7,54 fl. Den Einbau besorgte Glasermeister Seibel (Seiboldt) „mit Bley undt Zugehör laut gemachtem Accord“ für 118,36 fl.“50 Am 25. August 1741 wurde vom Domkapitel angeordnet: „Weren die 3. creuzbögen mit rother stainfarb wie auch die gesimbs und begleithungen deren fenstern mit darzwischen gezogenen weißen strichen anzustreichen“.51 Vor die Chorfenster ließ man, wie J. Hotz aus den Rechnungsbelegen recherchierte, 1748 grüne Leinenvorhänge zur Abmilderung des Lichteinfalls anbringen, als Ersatz für Vorhänge, die bereits vor Abschluss der Abrechnung der Arbeiten 1746 angeschafft worden waren: „Für Hessen-Tuch, welches vor die Fensteren undt hinter den hohen Altar gespannet worden, zahlt ahn hiesigen Krämer Lentz“ 21,35 fl. und „einem Juden allhier Fertz Haym für Hessentuch zahlt“ 8,52 fl.52 Aus der Formulierung „undt hinter den hohen Altar gespannet“, kann geschlossen werden, dass der Leinenstoff gleichzeitig auch als Hintergrund dienen sollte. Schlossermeister Oehlsberg erhielt 236,45 fl. für „die große und kleine eyserne Rahmen in die sechs vorm hohen Altar geänderte Fensteren zu machen, nach vorher gemachtem Accord vor das große Eysen 2 1/2 Kreuzer das Pfund“. Die „Oehlsbergische Wittib“53 erhielt weitere 314,46 fl. für die drei großen Fensterrahmen hinter dem Hochaltar. Weitere Rechnungsposten ergaben sich in dem Zusammenhang für die Lieferung von Eisen- und Bleilieferungen. Die Stufenanlage (wohl zuerst mit Bimsstein gefertigt, s. u.) ließ Neumann noch einmal abbrechen und weiter nach vorne setzen. Maurermeister Endtner „warf die marmorsteinerne Treppe am hohen Altar wiederumb ab „Als die marmorsteinerne Treppen am hohen Altar wiederumb abgebrochen und weiter herausgesetzt worden, ist zwar dem Marmorierergesellen, welcher zu dieser Arbeith von Würtzburg geschickt worden, der Tagelohn von dem H. Obrist Neumann guth gethan, die Materialien aber zu Ballierung des Marmors hier angeschafft worden als vor Bintzenstein demselben zahlt 2 fl., für Kohlen den Küth zu machen 1,36 fl. für Schwamm 1,04 fl. und für Zugehör den Kith zu machen 1 fl.54 Schreinermeister Bonzelius verfertigte „ein Modell zu denen Treppen am hohen Altar“.55 Auch der marmorne Plattenbelag im Chor gehört zur Ausstattung Neumanns, um ein einheitliches Bild zu schaffen. Maurermeister Endtner erhielt 160 fl. für „die Platten vom hohen Altar zu schleifen, zu hauen und aufs neu zu legen. Zu Frankfurt werden zahlt die rothe viereckete Platten im Chor ad 49 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 33 Arens erwähnt 2 Glöckchen, „die hoch oben hinter dem Aufzug des Altares in der Apsis angebracht sind“ und bringt sie in Zusammenhang mit der Altaruhr. 50 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 33 51 J. Hotz, »Der Wormsgau«. 1663/64, Bd. 6, S. 20 52 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 33 53 Schlosser Johann Michael Eltzberg starb am 20.12.1741 mit 41 Jahren 54 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 38 55 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 38

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1125 Schuh“ mit 43,52 ½ fl. „Dem Schieffmann Paul Menger selbige hierher zu führen von 100 Schuhe 1 fl., sodann 3 fl., welche der Schieffmann zu Franckfurt und Höchst aufm Zoll zahlen müssen 14 fl. Dem Steinhauermeister Barban zu Wattenheim für 500 viereckete weisse Platten jedes Stück ad 12 Kreuzer zahlt 100 fl. Der Kreuzglöckner Bastian Bossert erhielt 1,36 fl. „für Sandt, die Platten zu legen, 8 Fuhren, jede zu 12 Kreuzer“.56 In der Folge einer Erhöhung des Fußbodenniveaus mussten auch die Türen zu Sakristei und Silberkammer verändert werden. Die Eingänge sollten an alter Stelle bleiben, doch „nach proportion in etwas erhöhet werden“57. Am 25. August 1741 wurde wohl die Tür für die Sakristei aus Eichenholz in Auftrag gegeben58, beide Türen sind aber gleich gestaltet. Aufräumarbeiten Einzelheiten über Arbeiten, die nach der eigentlichen Fertigstellung des Altars stattfanden, sind ebenfalls aus dem Rechnungsbuch zu erfahren. Der Kreuzglöckner Bossert erhielt 13,12 fl. für „132 Kärg Kummer hinwegzuführen“, „so theils aus dem Fundament des Altars theils aus dem Chor getragen“. Am 19. April 1743 erhielt Bossert 1,24 fl. für 14 Fuhren Schutt von der Marmorverarbeitung: „nachdem der Chor von allem Kummer geraumt, auch die Hütten geleeret worden“. Altarweihe Eine zeitnahe feierliche Altarweihe durch den Erzbischof Franz Georg oder den Wormser Weihbischof Christian Albrecht Anton von Merle ist nicht überliefert, so Fritz Arens59. Zwei spätere Weihen, am 2. Juni 1768 durch Kurfürst Emmerich Joseph von Breitbach-Bürresheim, der auch Bischof von Worms war und am 2. Juni 1776 durch dessen Nachfolger Friedrich Karl Joseph von Erthal60 Anmerkung: Auf den Kalotten der großen Figuren wurden dunkle Stellen mit eingelagertem Schmutz eines nicht trocknenden Öls festgestellt, für die noch keine fundierte Erklärung gefunden werden konnte.

56 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 38 57 Joachim Hotz: in »Der Wormsgau«, Bd. 6 1963/64, S. 19 58 Joachim Hotz: in »Der Wormsgau«, Bd. 6 1963/64, S. 19 59 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 39 60 Fritz Arens: in »Der Wormsgau«, Bd. 6. 1963/64, S. 39

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Veränderungen durch Restaurierungen Spätere Überzüge auf den Marmoroberflächen Antependium, Postamente, Sockelaufsätze und Figurenbrücken sowie der untere Teil der Säulenschäfte hatten, soweit vom Boden aus, ohne Gerüst erreichbar, einen gelbbräunlich erscheinenden, glänzenden Lacküberzug. Dem Löseverhalten und der Beschaffenheit nach handelte es sich um einen Kunstharzlack. Dieser partielle Lackauftrag erfolgte erst nach 1922, wie Aufnahmen vor dieser Zeit erkennen lassen, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der „Versiegelung“ von Treppenanlage und Bodenplatten in jüngerer Zeit. Den an den Säulen im oberen Bereich nachgewiesene Paraffinwachsüberzug61, dessen Einsatz ab etwa 1830 möglich ist, hatte man vor dem Lackauftrag nicht entfernt, wie die Lackgrenze schließen ließ.

Abb. 18/ Vorzustand Die untere Altarzone hatte man im späteren 20. Jahrhundert mit Kunstharzlack überzogen

Abb. 19/ Vorzustand Die Säulenschäfte waren, soweit ohne Leiter erreichbar, wie die Postamente mit dem Kunstharzlack überzogen

61 Die mikrochemischen und spektroskopischen Untersuchungen ergaben für Proben Nr. 0010, 0011 reines Paraffinwachs, in Probe 0010 einen Anteil von Calciumsulfat (zufällig, durch Verschmutzung?), die Wachsschicht wies Verunreinigungen in Form von Ruß, Gesteinsabrieb, Fasern auf.

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Spätere Überzüge auf den Stuckmarmorflächen Bei keiner der drei entnommenen Proben wurde ein späterer Bindemittelfilm festgestellt. Die nachgewiesenen geringen Spuren eines Öls sowie eines Wachses bzw. einer Wachsseife können sowohl Materialien aus der Herstellungszeit als auch spätere Zutaten sein. Am Objekt fand sich an den Frontflächen bei Ausleuchtung im Streiflicht ein deutlicher Überzug (Einordnung?).

Abb. 20/ Vorzustand Partieller Überzug auf dem Stuckmarmor des Hauptgesimses

Abb. 21/ Endzustand Allein durch Reinigung und Frottieren der stumpf gewordenen Oberflächen mit Schafwolle, unter Warmlufteinsatz, stellte sich Oberflächenglanz ein. Offenbar liegen polierbare Materialien in die Stuckmarmoroberfläche eingelagert vor.

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Marmor- und Stuckmarmorergänzungen An den Architekturteilen aus Natursteinmarmor wie auch Stuckmarmor fanden sich an den Kanten Reste bereits im Zerfall begriffener Ergänzungen in Gips, farbig retuschiert.

Abb. 22/ Vorzustand Retuschierte Gipsergänzungen am Hauptgesims waren größtenteils wieder verloren

Polychrome Übermalungen auf der Goldfassung Bei vergangenen Restaurierungen hatte man im Bereich der Goldfassung wiederholt Ausbruchstellen und Schäden, die durch Staubbeläge, Wassereinbrüche und auch durch Reinigungen entstanden waren, durch Übermalungen mit gelber und roter Farbe, abgedeckt. Die Staub und Feuchtigkeit ausgesetzten Horizontalflächen, besonders im Bereich des Volutenaufsatzes einschließlich der Flammenvasen feststellbar, sind dabei oft großflächig ausgebessert. Die ältesten Farbausbesserungen zeichnen sich, im Gegensatz zu den späteren Ausbesserungen, durch ein gewisses malerisches Geschick im Farbauftrag aus sowie lokal durch Alterscraquelé und eine alterungsbedingte Unlöslichkeit. Diese Übermalungen scheinen im Zusammenhang mit einem Kopallack-Überzug, der vor 1863 aufgetragen worden sein muss (s. u.), zu stehen. Die Basen der Säulen waren zur Abdeckung umfangreicher Ausbruchstellen mehrfach komplett mit gelber Farbe und Überzügen überarbeitet. Auf den farbig gefassten Rückseiten fanden sich ebenfalls Übermalungen von Ausbruchstellen.

Abb. 23/ Endzustand Unlösliche Übermalung einer Restaurierung (wahrscheinlich 1846) am bekrönenden Engelskopf im Volutenaufsatz, diese wurden belassen

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Retuschen mit Goldbronzen Umfangreichere Bronzeausbesserungen waren vor allem am Tabernakelbaldachin vorhanden, im oberen Bereich nur vereinzelt an den Schauseiten. Sie fanden sich älteren Farbausbesserungen aufliegend, wie auch die Jahreszahl 1946 einer Inschrift im Schild der nördlichen Kartusche teils abdeckend. Die meisten Bronzeretuschen dürften als nach 1946 vorgenommen worden sein. Spätere Überzüge auf der Goldfassung Die augenscheinliche Untersuchung vor Ort, wie auch die Querschliffuntersuchungen von Probeentnahmen ergaben zwei verschiedene spätere Lackaufträge. Bei dem älteren Überzug handelt es sich um einen Kopal-Spirituslack, der den ältesten malerischen Ausbesserungen von Ausbruchstellen, Feuchtigkeits- und Reinigungsschäden aufliegt. Darauf folgte später ein Schellacküberzug, der aufgrund der Auswertung von Archivbildern nicht vor 1922 aufgetragen worden sein kann. Am linken Anbetungsengel konnten beide Überzüge aufgrund von Arbeitsgrenzen belegt werden, in einem Teilbereich lag der ältere Kopal-Spirituslack offen. Eine mit Bleistift ausgeführte Inschrift mit der Jahreszahl 1863 von G. Rauch anlässlich des 10-jährigen Dienstjubiläums des Glöckners fand sich hier auf dem Kopallacküberzug, der demnach älter sein muss. Mit Hilfe der genuin gelblich bzw. bräunlich gefärbten Überzüge, sollten die Vergoldungsoberflächen, durch Staubbeläge und Reinigungen angegriffen und glanzlos erscheinend, wieder mehr Glanz und Tiefe erhalten. Gleichzeitig konnte eine Einbindung der zahlreichen Farbausbesserungen erzielt und eine gewisse Festigung loser Schollen bewirkt werden.

Abb. 24/ Vorzustand Am nördlichen Anbetungsengel ließen sich anhand von Arbeitsgrenzen die beiden späteren Lacküberzüge differenzieren

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Reparaturen am Schnitzwerk Einzelne Ornamentteile, wie auch der rechte Daumen der Paulusfigur waren in Gips ergänzt, mit gelber Farbe gefasst und offensichtlich mit dem brauneren Schellack überzogen. Eine Schwarzweiß-Aufnahme, die vor 1922 angefertigt wurde, zeigt die Paulusfigur mit einem fehlenden Daumen, der dann später, wie beschrieben mit Gips ergänzt worden ist. Von uns wurde, nach Auffindung des originalen Daumens in einer der Sammelkisten, die Gipsergänzung entfernt. Das aufgefundene Original wies der reduzierten Vergoldung aufliegend den helleren Kopallacküberzug auf, jedoch nicht den Schellacküberzug. Sehr wahrscheinlich stammt ein Großteil der Gipsergänzungen von der Restaurierung um 1922. Zusätzlich zu den originalen Eisenbändern scheinen Sicherungen von Altarteilen überwiegend im 19. Jahrhundert angebracht worden zu sein. Verschiedentlich waren lose Ornamentteile mit Draht, Latten oder gelb überstrichenen Gewebepflastern befestigt, meist Reparaturen in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Abb. 25/ Vorzustand Flickungen an einem der Festone

Spätere Veränderungen am Tabernakelbaldachin 1922 wurde der Tabernakelbaldachin höher gesetzt. Ein Teil der damals abgesägten Postamentzone hat sich in einer Fundstücksammlung wieder gefunden (das Teil trägt nicht den bräunlichen Schellacküberzug). Der Altartisch erhielt damals ein Kerzenpodest sowie einen neuen Tabernakel mit Schreinaufsatz. Die Muttergottes im höher gesetzten Baldachin, die in der Literatur um 1600 datiert wird, laut Laborbericht weist sie einen ähnlichen Schichtaufbau wie die Goldfassung am Altar auf, beide Überzüge, der Kopallacküberzug und der Schellacküberzug liegen vor, Gummigutt wurde allerdings nicht nachgewiesen. Keinerlei Hinweise auf ältere Fassungen liegen vor.

Abb. 26/ Zwischenzustand Unterbau zur Erhöhung des Tabernakelbaldachins um 1922, zur Prüfung der Standsicherheit vorübergehend geöffnet

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Schäden Staub- und Schmutzbeläge Ein dichter Staubbelag mit hohem Anteil an Textilfasern hatte sich, seit der letzten Reinigung, die durch eine Kreideinschrift auf der Rückseite des Kurhuts: „Altarreinigung/Herbert J… 1980“ belegt ist, in großem Umfang vor allem auf Horizontalflächen abgelagert, hier war der Schmutz oft in die Oberflächen eingelagert und gebunden. Auch in die spröden Oberflächen der polychrom gefassten Rückseiten hatte sich Staub eingelagert. Im unteren Altarbereich waren in großem Umfang Kerzenwachsbeläge vorhanden.

Abb. 27/ Vorzustand Putto auf dem Hauptgesims (Bereich D4.20.01

Abb. 28/ Vorzustand Staubbelag auf dem Flügel des nördlichen Anbetungsengels

Abb. 29/ Vorzustand Feston im Volutenaufsatz

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Abb. 30/ Vorzustand Wachsbeläge am Tabernakelbaldachin

Schäden am Naturmarmor In Bodennähe waren an den Postamentsockeln aus grüngrautonigen Kalksteins weißliche Beläge in Säumen vorhanden, deren Ursache offensichtlich vom Untergrund aufsteigende Feuchtigkeit war, die zu Lösung und Kristallisation von Salzen führte (Umwandlung von Calciumcarbonat in Gips?). In den oberen Teilen der Säulen und auf den Rückseiten der Pfeileraufsätze, wo der Kunstharzüberzug ausgespart worden war, hatte sich Schmutz in die dicke Paraffinwachsbeschichtung eingelagert, dadurch war eine optische Vergrauung und Mattheit der Oberflächen entstanden. Dieses Phänomen wird vermutlich auch der Anlass für die Lackierung der Sichtflächen gewesen sein. Exponierte Gesimskanten und - ecken wiesen einige Stoßschäden auf. An vielen dieser Stellen, waren ehemals vorhandene farbig retuschierten Gipsergänzungen verloren gegangen, wie aus Resten zu schließen war. Schäden am Stuckmarmor Aufgrund von anhaftendem Staub und Schmutz sahen die Oberflächen vergraut und blind aus. Insbesondere an den exponierten Ecken und Kanten des Hauptgesimses waren zahlreiche Beschädigungen vorhanden und Gipsergänzungen früherer Restaurierungen bis auf Reste wieder verloren.

Abb. 31/ Zwischenzustand (nach der Reinigung) Verlust von Stuckmarmor an einer Konsolvolute

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Schäden am Bildträger Holz An den Volutenarmen waren verschiedentlich Risse zu beobachten, wobei der nördliche, vordere einen klaffenden, statischen Riss unten am Fußpunkt aufwies. Bauzeitliche Keile deuten darauf hin, dass es bereits zu Anfang Probleme an dieser Stelle gab. Zur Prüfung der Ursache und Anordnung notwendiger Maßnahmen wurde ein Statiker hinzugezogen. Dipl. Ing. Janson wies in seinem schriftlichen Gutachten vom 26.06.2004 auf den kritischen Zustand des Volutenfußpunktes der linken Volute hin und die Gefahr eines schlagartigen Versagens. Eine Sicherung durch einen innen liegenden Bolzen erschien angezeigt. Alte Reparaturbefestigungen mit inzwischen korrodierten Drähten, hauptsächlich an den Festons und Palmzweigen auf Höhe des Hauptgesimses, waren instabil und ungenügend. Neben einzelnen ganzen Ornamenten, Engelsflügeln, Fingern von Skulpturen sowie Kettenteilen am Weihrauchgefäß des nördlichen Anbetungsengels, die bei der Bestandsaufnahme als fehlend aufgenommen werden mussten, fehlte eine Vielzahl von kleineren Blatt- und Ornamentenden. Zunächst wurden 196 fehlende Teile registriert, später erhöhte sich die Anzahl auf 220. 58 Fehlteile - Ornamentstücke, zwei Engelsflügel, zwei Lockenteile des südlichen Anbetungsengels und der Finger des Paulus - konnten mit den Originalteilen, die sich meist in mehrere Stücke zerbrochen im Altar und in Sammelkisten fanden, „ergänzt“ werden. Insbesondere bei den Großskulpturen waren klaffende Leimfugen aufgrund von Holzschwund festzustellen, in allen Fällen ohne Gefährdung und nur von ästhetischer Bedeutung. Schlupflöcher von Insekten (verm. Anobium punctatum) finden sich lokal, vor allem an Schnitzteilen aus Lindenholz. Eine der aus Lindenholz gefertigten Schabracken in der Bekrönung weist starke Fraßschäden auf.

Abb. 32/ Vorzustand Drei Haarlocken fehlten am Anbetungsengel rechts, zwei fanden sich in Sammelkisten. Die Leimfuge der originalen Kopfanstückung hatte sich geöffnet

Abb. 33/ Vorzustand Rissbildung am Arm des Anbetungsengels rechts

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Abb. 34/ Zwischenzustand Gipsergänzung an der Hand der Paulusdarstellung

Abb. 35/ Vorzustand In der Altararchitektur fanden sich einige Ornamentteile

Abb. 36 Ein Teil der Fundstücke aus Sammelkiste

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Schäden an der Goldfassung Schichttrennung Kreidegrund vom Bildträger Auf Holz reichende Ausbruchstellen waren in großer Anzahl entstanden, auch im Bereich der rückwärtigen Farbfassung. Die Goldfassung auf Stein zeigte vor allem Ablösungen vom Bildträger, hier waren einige Ausbruchstellen vorhanden. Schichttrennung innerhalb der Kreidegrundierung sowie zwischen Kreidegrund und gelben Grundierungschichten Dieses Schadensbild trat am umfangreichsten auf. Die Schichthaftung innerhalb der Grundierschichten erwies sich insgesamt als problematisch, auch in scheinbar geschlossenen Flächen zeigten sich die Schichten gegenüber mechanischer Belastung als empfindlich (bei Reinigungsverfahren zu berücksichtigen).

Insbesondere in Bereichen, wo ein starkes Alterscraquelé vorlag, gleichzeitig die späteren Überzüge sehr dick im Auftrag waren, lösten sich die Craqueléschollen von ihren Rändern her ab, teils standen Schollen auch dachförmig auf. Die späteren Überzüge hatten offensichtlich zu einer gewissen Oberflächenspannung geführt, die im Zusammenhang mit Holzschwund das beschriebene Schadensbild verursachte. Im Bereich originaler Fassungsoberflächen, ohne die späteren Überzüge, war es lokal eher zu kleinteiligen schuppenartigen Ablösungen gekommen. Bei den Laboruntersuchungen konnten für die gelben Grundierschichten, bis auf eine schwache Verseifungsreaktion, die evt. auf den natürlichen Anteil von Öl im tierischen Leim zurückgeführt werden könnte, keine Auffälligkeiten festgestellt werden, welche die Haftungsprobleme zwischen Kreidgrundierung und gelben Grundierschichten erklären würden. Sehr wahrscheinlich liegt eine unterschiedliche Bindung vor (Bindemittelverhältnisse sind aufgrund des hohen Aufwands nicht analysiert worden).

Abb. 37/ Vorzustand (Staubbelag entfernt) Typisches Schadensbild im Bereich der Goldfassung

Abb. 38/ Vorzustand (Staubbelag entfernt) Wie vor am Bein eines Putto

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Abb. 39/ Vorzustand (Staubbelag entfernt) Ablösung des gesamten Schichtaufbaus

Abb. 40/ Vorzustand Schadensbild an der Muttergottesfigur

Abb. 41/ Vorzustand Ablösungen der Vergoldung am Tabernakelbaldachin

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Konzept Die extrem starken Staub- und Schmutzbeläge auf allen Oberflächen, wie auch die späteren Überarbeitungen der in weiten Teilen noch erhaltenen ursprünglichen Vergoldung in Form von bräunlichen Lacküberzügen, Farb- und Bronzeausbesserungen ließen den Altar glanzlos und ungepflegt erscheinen. Aufgrund der Dimensionen des Altars war eine ganzflächige Voruntersuchung zur genauen Beurteilung des Zustands, herstellungstechnischer Gegebenheiten, Konzeptfindung und Festlegung der Maßnahmen erst nach der aufwändigen und detailliert zu planenden Gerüststellung möglich. Den eigentlichen Maßnahmen ging dann eine monatelange Untersuchungs- und Dokumentationsphase einschließlich ausführlicher Vortests voraus. Begleitend wurden naturwissenschaftliche Materialanalysen von Probeentnahmen, mit gezielter Fragestellung, von Frau Prof. Jägers, Bornheim durchgeführt. Parallel zum jeweiligen Untersuchungsfortschritt wurde über Vorgehensweisen und Methoden bei den regelmäßig stattfindenden Jour fixes mit den Vertretern der Fachbehörden und des Auftraggebers, bei wesentlichen Fragen nach naturwissenschaftlicher Beratung entschieden. Die dichten Staubbeläge behinderten die Untersuchungsarbeiten sehr, Oberflächen, Schäden und insbesondere die zahlreichen Inschriften mit Jahreszahlen konnten kaum eingesehen und beurteilt werden. Deshalb wurde beschlossen im Anschluss an eine erste Schadenserfassung lose aufliegender Staub mit Fehhaarpinseln und feinstaubgefilterten Staubsaugern und abzunehmen. Stark gefährdete Lockerungen der Goldfassung wurden parallel mit Störleim62 gesichert. Nach Abnahme der dicken Staubschicht zeigte sich erst das wirkliche Ausmaß an Lockerungen und Ablösungen der Goldfassung mit unterschiedlichen Schichttrennungen. Zahlreiche absturzgefährdete Zierteile und statische Probleme am vorderen nördlichen Arm des Volutenaufsatzes, mit zu befürchtendem Schadensfortschritt, kamen als weitere Aufgabenstellung hinzu sowie hunderte abgefallene Ornament- und Skulpturteile in Sammelkisten, die über die Jahre in Vergessenheit geraten, im Verlauf der Untersuchungen wiederentdeckt, auf ihre Rückführung warteten. Besonders aufwändig und mühsam war die Untersuchung der originalen Goldfassung und der aufliegenden bräunlichen Überzüge von Restaurierungen, die im Sinne eines Galeriefirnisses aufgetragen worden waren. In erster Linie stellte sich im Hinblick auf die Überlegungen, die ursprünglichen Oberflächen freizulegen, die Frage nach partiellen oder durchgängigen originalen Überzügen. Weiter waren eine zumindest annähernde zeitliche Einordnung der späteren Überzüge sowie technische Vortests erforderlich bevor über eine Freilegung entschieden werden konnte. Einzelne Zierteile fanden sich an verdeckter Stelle im Altar, bei Überarbeitungen zurückgelassen, die als vermutlich unberührt eingestuft werden konnten. Mit bloßem Auge ließen sich in diesen Bereichen keine Überzüge feststellen, für die umfangreichen Mattgoldflächen war allerdings eine Art Leimüberzug aus technischen Gründen vorauszusetzen. Probeentnahmen aus diesen intakten Bereichen sollten zunächst möglichst umgangen werden. Schließlich konnte mit Hilfe von drei Fundteilen aus den im Verlauf der Untersuchungen aufgetauchten Sammelkisten die Frage nach der ursprünglichen Oberfläche endgültig geklärt werden. Diese Stücke waren offensichtlich vor Auftrag der späteren Lacküberzüge abgefallen, eine Locke des rechten Anbetungsengels, die bereits auf einer vor 1922 entstandenen Aufnahme fehlte (siehe Abb. 03), ein Stück vom Tabernakelbaldachin sowie ein Ornamentteil. Mit vorliegen des Laborbefunds Gummigutt als Anlegemittel, Farbmaterial für Konturlinien sowie der später bestätigten Vermutung, dass Gummigutt auch zum Ableimen der Mattvergoldung verwendet worden war, konnte mit ersten Lösemitteltests begonnen, dann ein geeignetes Lösemittelgel hergestellt und die ersten Freilegungsproben angelegt werden. Mit einem Isooctan-Ethanol-Carbopol-Gel in Verbindung mit einem nahezu lösemittelfreien Abnahmen der Gelmasse mit den gelösten Überzügen wurde eine Möglichkeit gefunden, die Vergoldung inklusive der Gummigutt-Konturen ohne ein Anzeichen von Quellwirkung freizulegen. Nach Abwägung der Gegebenheiten wurde von allen Beteiligten entschieden, die beiden, doch sehr flüchtig aufgetragenen, die Goldfassung stark verändernden späteren Überzüge zugunsten der ursprünglichen Aussage aufzugeben. Jeder Arbeitsschritt wurde, nachdem Verfahren und Vorgehensweise in Vortests erarbeitet waren, in mehreren Musterflächen beprobt und bei den Joures fixes mit Fachbehörden und Entscheidungsträgern vorgestellt. 62 Rezeptur nach Restaurator Heiber

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Zur Überprüfung klaffender Risse im überwiegend aus Nadelholz gefertigten Volutenaufsatz wurde ein Statiker63 hinzugezogen. In seinem Gutachten wurde der kritische Zustand des Fußpunkts der linken, vorderen Volute bestätigt. Ein schlagartiges Versagen konnte nicht ausgeschlossen werden, weshalb entsprechende Sicherungsmaßnahmen angeordnet wurden.

Abb. 42/ Zwischenzustand Die Locke des rechten Anbetungsengels, die in einer Sammelkiste aufgefunden wurde, besaß keinen der späteren Überzüge und muss demnach schon bei der ersten Restaurierung abgängig gewesen sein

Abb. 43/ Zwischenzustand Am Tabernakelbaldachin abgesprengtes Profil-/ Rahmenstück aus einer Sammelkiste, ohne die späteren Überzüge

63 Das Gutachten Herr Dipl. Ing. Jansohn, Worms vom 26.06.2004 liegt dem Diözesanbauamt Mainz vor

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Maßnahmen Reinigung Nach dem vorsichtigen Abnehmen der Staubbeläge mit einem Fehhaarpinsel und mit HEPA-Filter ausgestatteten Staubsauger verblieb ein in die Oberflächen eingelagerter, dichter Staubfilm. Die Naturmarmor- und Stuckmarmorflächen wurden deshalb schwach feucht mit Mikroschwämmchen, im lauwarmen Leitungswasser ein Zusatz < 1% von MARLIPAL 1618/25 gereinigt. Im Bereich der Goldfassung konnten die eingelagerten Beläge mit Shellsol T/ demineralisiertem Wasser (50:50) und einem Zusatz des Netzmittels Disponil zur Erhöhung des Reinigungseffekts in Watte abgenommen werden. Abschließend wurde mit reinem Shellsol T nachgereinigt.

Abb. 44/ Arbeitsmuster Reinigung/ Vorzustand Staub- und Schmutzbelag auf der nördlichen Flammenvase

Abb. 45/ Arbeitsmuster Reinigung/ Zwischenzustand Nach der Trockenreinigung mit Fehhaarpinsel und feinstaubgefiltertem Staubsauger

Abb. 46/ Arbeitsmuster Reinigung/ Reinigung mit Shellsol T

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Sicherung von losen, aufstehenden Fassungsschollen Ablösungen von Kreidegrundschollen vom Untergrund und Schichttrennungen innerhalb der Kreidegrundierung wurde mit Saliansky Störleim (nach Restaurator Heiber aufbereitet), hauptsächlich in Randzonen von Ausbruchstellen, unter Minimierung des Wasseranteils durch Austausch von ca. 50 % durch Ethanol, gesichert. Eine Niederlegung von stark oder dachförmig aufstehenden Schollen mit aufliegendem späterem Überzug gelang jedoch wegen der mangelnden thermoplastischen Eigenschaften und der zu festigenden wenig hydrophilen Schichten mit Störleim kaum. Dachförmig und stark aufstehende Schollen, die mit Störleim nicht in ihre ursprüngliche Position gebracht werden konnten, wurden mit Mowiol 4-98 15 % FSA in demineralisiertem Wasser nachbehandelt und unter Einsatz von Warmluft planiert; als Coating kam ein Interimsüberzug aus DEGALAN P550 in Shellsol A gelöst zum Einsatz. Bei vorliegender Schichttrennung zwischen den gelben Grundierungen und dem Kreidegrund, als kleinteilige, splitterige Ablösungen an Craquelérändern, aufgrund der Eigenspannung der späteren Überzüge entstanden und großflächig auftretend, wurde Reinacrylharz, DEGALAN P 550, in Shellsol A gelöst, im Feinsprühverfahren appliziert und die aufstehenden Schollen mit dem Heizspachtel niedergelegt.

Abb. 47/ Vorzustand Kleinteilige Ablösung von Schollen der gelben Grundierschichten vom Kreidegrund

Abb. 48/ Zwischenzustand Nach Verklebung der losen, aufstehenden Schollen mit Degalan P 550 in Shellsol A gelöst

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Kittung von Ausbruchstellen in der Goldfassung Neben der Freilegung war die Kittung von unzähligen Ausbruchstellen der aufwändigste Arbeitsgang. Eine selbst hergestellte Kittmasse aus Hasenleim und Champagnerkreide, mit Siena natur eingefärbt, wurde randexakt mit elastischen Spachteln angetragen und mit feuchtem Mikroschwammtuch vorsichtig, ohne die umgebende Fassung zu tangieren, geglättet.

Abb. 49/ Zwischenzustand Abb. 50/ Zwischenzustand Kittungen am Petruskopf, die späteren Lacküberzüge Kittungen am nördlichen Anbetungsengel sind noch vorhanden

Abb. 51/ Zwischenzustand Kittungen an der Hand des Petrus, die Marmorsäule dahinter ist bereits gereinigt, das Paraffinwachs abgenommen und die Oberfläche unter Einsatz von Warmluft mit Schafwolle frottiert

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Abb. 52/ Zwischenzustand Kittungen am nördlichen Anbetungsengel

Abb. 53/ Zwischenzustand Kittungen am südlichen Anbetungsengel

Abb. 54/ Zwischenzustand Kittungen an der Pauluskonsole

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Freilegung der Goldfassung - Abnahme der bräunlichen Lacküberzüge Bei den Vortests mit unterschiedlichen selbst hergestellten Lösemittelgelen erwies sich ein Carbopolgel mit Isooctan und Ethanol als besonders geeignet, um die barocke Goldfassung schonend freizulegen. Mit Hilfe des Isooctan-Anteils konnte die Lösungswirkung des Alkohols gepuffert und gesteuert werden. Während der Abnahme der späteren Überzüge, zeigte sich, dass aufgrund einer lokal, je nach Auftragsstärke, unterschiedlichen Empfindlichkeit der mit Gummigutt gemalten Konturlinien eine differenzierte Vorgehensweise notwendig war. Auch erwiesen sich Tropfnasen und festgebackene Schmutzablagerungen als hartnäckig. Die Freilegung wurde dann Arbeitsbereich für Arbeitsbereich in drei Phasen durchgeführt. Zunächst wurde unter Aussparung der, bei entsprechender Objektkenntnis, unter den Überzügen wahrnehmbaren Konturbemalung Gel jeweils eine Fläche von maximal ca. 10 x 10 cm freigelegt, dann wurden Konturbemalungen mit einem Gel mit höherem Isooctan-Anteil (60 %) separat bearbeitet. Zuletzt wurden verbliebene Schmutzkrusten und Laufnasen der Überzüge mit einem Carbopol-Methanol-Gel abgenommen.

Abb. 55/ Arbeitsmuster Zur Freilegung der barocken Goldfassung

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Abb. 56/ Zwischenzustand Paulusfigur nach der Entstaubung

Abb. 57/ Endzustand Paulusfigur

Abb. 58/ Endzustand Ausschnitt der Petrusfigur Die in den Faltentiefen offen stehende originale Gummiguttschicht (Anlegemittel) wie auch der aus dem Pflanzenharz bestehenden Überzug sind erhalten

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Abb. 59/ Zwischenzustand Putto auf dem Hauptgesims, ganz links, nach der Reinigung

Abb. 60/ Zwischenzustand Putto auf dem Hauptgesims, ganz links, nach der Freilegung

Abb. 61/ Zwischenzustand Detail aus dem Wappenschild nach der Freilegung

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Freilegung der Naturmarmorflächen und Behandlung der freigelegten Oberflächen Die Vortests zur Abnahme der mit Kunstharzlack überzogenen Flächen, zeigten, dass die meisten Lösemittel, auch bei Einsatz von selbst hergestellten Lösemittelgelen immer zur Veränderung der originalen Oberfläche führten. Mit Propylenglycolmethylether, einem Lösemittel für Lacke und Harze, konnte der Kunstharzlack durch Waschen mit einem Borstenpinsel gelöst und mit Wundvliestüchern abgenommen werden. Die ursprüngliche Oberfläche, die an den Säulen teils später nachgeschliffen schien, konnte dann, wie bereits oben beschrieben, durch Frottieren mit Leinenstoff und Schafwolle unter Einsatz von Warmluft und Frottieren bis zum Hochglanz poliert werden. Ausgebrochene Kanten und Ausbruchstellen im Naturmarmor wie auch an den Stuckmarmorteilen wurden mit einer Stuckmarmormasse aus Alabastergips tierischem Leim und entsprechenden Pigmenten, wie Flammruß im Bereich des schwarzen Marmors, ergänzt.

Abb. 62/ Zwischenzustand Polierprobe mit Schafwolle und Einsatz von Warmluft, nach Feuchtreinigung und Abnahme des Paraffinüberzugs von der Marmoroberfläche mit Aceton

Abb. 63/ Zwischenzustand Wie vor

Abb. 64/ Endzustand Ohne Einsatz von Poliermitteln, allein durch Frottieren unter Warmlufteinsatz, konnte der Oberflächenglanz an den Marmorsäulen wieder hergestellt werden

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Abb. 65/ Zwischenzustand Während der Abnahme des Kunstharzlacks, im Feld rechts noch vorhanden

Abb. 66/ Zwischenzustand Links die mit Schafwolle unter Warmlufteinsatz aufpolierte Oberfläche, rechts noch der Kunstharzlacküberzug

Abb. 67/ Endzustand Die nach der Abnahme des Kunstharzlacküberzugs mit Schafwolle unter Warmlufteinsatz aufpolierte Oberfläche

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Statische Sicherung Um den durch einen klaffenden Riss gespaltenen Volutenfuß zu konsolidieren, wurde eine 80 cm lange M8 Gewindestange aus Edelstahl in eine zuvor mit einem FAMAG Schalungsbohrer aus CV-Stahl vorgenommene präzise Bohrung, die weitestgehend rechtwinklig zum Riss angelegt wurde, eingeführt und ohne Vorspannung mit Hutmuttern und Karosseriescheiben aus Edelstahl befestigt. Um das Bewegungsverhalten kontrollieren zu können, wurden über dem Riss zwei auf Null gesetzte Rissmonitore angebracht.

Abb. 68/ Endzustand Für die mittelfristige Überwachung des nördlichen, vorderen Volutenarms wurden an zwei Stellen Rissmonitore über der klaffenden Fuge montiert

Schutzüberzug für die Goldfassung Ein dünner alterungsbeständiger und elastischer Schutzüberzug aus Acrylharz DEGALAN P550, der sich mit Benzinen wieder lösen ließe, wurde vor dem Retuschieren im Feinsprühverfahren im Bereich der Goldfassung aufgetragen. Die rein polychrom angelegten rückwärtigen Altarbereiche, die aufgrund einer Bindemittelmittelversprödung sehr umfangreiche Fassungsschäden aufgewiesen hatten, erhielten einen Firnis aus demselben Material, jedoch mit höherem Verdünnungsgrad, um eine Verdunkelung der Farbschicht zu vermeiden. Eine künftige Reinigung wäre ohne diese Behandlung kaum noch möglich gewesen. Rückführung von aufgefundenen Ornament- und Skulpturteilen/ Verbesserung von Befestigungen/ Schließen von klaffenden Leimfugen/ Bildhauerische Ergänzungen Für alle Verleimungen, sowohl für die Verklebung der Fundteile als auch der Einsätze in klaffende Fugen sowie für die Verleimung der Holzanstückungen zu den bildhauerischen Ergänzungen wurde Fischleim 64verwendet. Beim Verschließen von Rissen und Fugen wurde jeweils nur eine Seite des Holzeinsatzes mit dem Original verleimt, um Spannungen zu vermeiden. Außerdem wurde darauf geachtet, dass diese im Niveau immer bündig mit der originalen Holzoberfläche eingesetzt wurden.

64 Polypeptide, Gelatine aus Fischen gewonnen, Wasser, Titandioxid, Phenol, Sassafras

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Abb. 69/ Zwischenzustand In eine klaffende Leimfuge wurde, mit einseitiger Verklebung, Holz eingesetzt

Abb. 70/ Zwischenzustand Zur Sicherung labiler Ornamentteile der Festone wurden rückwärtig Holzleisten aufgeschraubt

Abb. 71/ Zwischenzustand Der in einer der Sammelkisten wieder gefundene originale Daumen der Paulusfigur wurde mit feinsten Dübeln aus Bambus und Fischleim befestigt. Der Daumen fehlte bereits auf einer Aufnahme vor 1922, der Kopallacküberzug ist vorhanden.

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Abb. 72/ Zwischenzustand Ornamentergänzung mit Integration von aufgefundenen Fragmenten

Abb. 73/ Zwischenzustand Ergänzung der fehlenden Locke des nördlichen Anbetungsengels durch Bildhauer Vyskocil

Abb. 74/ Zwischenzustand Die nicht zuordenbaren Ornamentteile sind in einer Holzkiste auf dem Altar verwahrt

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Retuschieren der Goldfassung Überlegungen im Hinblick auf das kunstwissenschaftliche Interesse, die Retuschen aus der Nähe aufgrund ihrer Strukturierung oder Farbigkeit lesbar zu halten, wurden zugunsten einer optischen Komplettierung der Fassung durch Vollretuschen aufgegeben. Bei den Retuschierproben hatte sich gezeigt, dass möglichst „dichte“ Retuschen erforderlich sind, um eine optimale Lichtbrechung zu erhalten, damit die Retuschen, egal aus welchem Blickwinkel, nicht als dunkle Flecke auffallen. Die Materialwahl richtete sich nach der für die historischen Oberflächen verträglichen Löslichkeit mit Testbenzin sowie der Alterungsstabilität. Sämtliche Fehlstellen im Sichtbereich wurden zunächst farbig mit Künstleracrylfarben vorgelegt, dann mit Echt-Pudergold, das mit auf einer Schicht aus Acrylharz DEGALAN P550 angelegt worden war, in die Umgebung integriert. Die relativ wenigen, an wesentlichen Stellen durchgeführten Ergänzungen des Schnitzwerks, wie etwa einer fehlenden Locke der rechten großen Engelsfigur, wurden nach einem Kreidegrundauftrag auf die gleiche Weise in den Bestand integriert. Die polychrom gefassten Rückseiten wurden mit den gelb eingefärbten Kittungen belassen.

Abb. 75/ Zwischenzustand Abb. 76/ Endzustand Engelskopf in der Bekrönung nach Freilegung und Retusche Nach Fassungssicherung, Reinigung und Kittung von Ausbruchstellen

Abb. 77/ Endzustand Konsolbrücke der Paulusfigur

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Quellen Arens, Fritz: Die Errichtung des Hochaltars im Wormser Dom. in Der Wormsgau, Wissenschaftliche Zeitschrift der Stadt Worms u. des Altertumsvereins Worms e. V., 1663/64, Bd. 6, S. 25 – 42 Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Neubearb. durch d. Dehio-Vereinigung, 2. Bearbeitete und erweiterte Auflage 1984 Hotz, Joachim: Balthasar Neumanns Hochaltar im Wormser Dom: in Der Wormsgau, Wissenschaftliche Zeitschrift der Stadt Worms u. des Altertumsvereins Worms e.V., 1963/64, Bd. 6, S. 9 – 25 Anmerkung: J. Hotz und F. Arens beziehen sich auf einen kleinen Rechnungsband aus dem Mainzer Diözesanarchiv, den E. Kranzbühler für eine Veröffentlichung (Festschrift »Der Wormser Dom im 18. Jh.) 1906 zum ersten Mal gesichtet hat: »Rechnung über Einnahm- undt Außgab-Geldt auß der Churfürstlichen Frantz Ludwigschen Wormbser Verlassenschafts Cassa, so viel die Erbauung des hohen Altars in der hohen Dhomb-Kirch undt den Altar in der hochfürstlichen Bischöflichen Hof-Capell betrieft. Geführte durch mich Joannem Goswinum Lintz Pfarrern zu Sanct Johann und Dhomb-Vicarium. Von Bartholomaei 1738. Bis ad Generale Paschatis 1746» Hansmann, Wilfried / Monheim, Florian: Balthasar Neumann. DuMont, Köln 1999 Katalog Sammlung Eckert, Plansammlung aus dem Nachlass Balthasar Neumanns im Mainfränkischen Museum Würzburg. Herausgegeben vom Mainfränkischen Museum Würzburg, unter Mitverwendung der Vorarbeiten von Joachim Hotz, bearbeitet von Hanswernfried Muth, Elisabeth Sperzel und Hans-Peter Trenschel. Mainfränkisches Museum Würzburg, Festung Marienberg. Verlag Echter Würzburg 1987 Kautzsch, Rudolf: Der Dom zu Worms. Berlin 1938, S. 316/ 317 Kittel, Hans, Herausgeber: Pigmente: Herstellung, Eigenschaften, Anwendung. 3., völlig neubearbeitete Auflage des Werkes Körperfarben von Prof. Dr. H. Wagner, S. 426. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft MBH. Stuttgart, 1960 Kühn, Hermann: Erhaltung und Pflege von Kunstwerken und Antiquitäten, S. 336. Keysersche Verlagsbuchhandlung GmbH, München, 1774 Kühn, Hermann: Erhaltung und Pflege von Kunstwerken: Material und Technik, Konservierung und Restaurierung, S. 366, 531. Keysersche Verlagsbuchhandlung GmbH München, 1974. 3., grundlegend überarbeitete und erweiterte Neuauflage bei Klinkhardt & Biermann, München 2001 Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken; Bd. 1, S. 30 u. 366; Bd. 3, S. 200. Philipp Reclam jun. GmbH & C., Stuttgart 1986, Druck 1997 (3 Bände in Kassette) Schiessl, Ulrich: Rokokofassung und Materialillusion. Studien und Materialien zur kunsthistorischen Technologie, Band 1. Mäander Kunstverlag, Mittenwald 1979 Schiessl, Ulrich: Techniken der Fassmalerei in Barock und Rokoko: …dass alles von Bronce gemacht zu sein schiene/Ulrich Schiessl. 2. Auflage. Stuttgart, Enke, 1998 (Bücherei des Restaurators; Bd. 3) Trenschel Hans-Peter / von der Mülbe Wolfgang-Christian: Die Bozzetti-Sammlung, Kleinbildwerke des 18. Jahrhunderts im Mainfränkischen Museum Würzburg. Mainfränkisches Museum Würzburg 1987 Wehlte, Kurt: Werkstoffe und Techniken der Malerei. Otto Maier Verlag Ravensburg, 1967

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Abbildungsnachweis Abb. 02: Johann Wolfgang van der Auvera: Riss Worms, Domkirche St. Peter 1741. Reprophoto. Veröffentlichung nur mit Genehmigung des Mainfränkischen Museums und der Standortangabe in der Bildunterschrift »Mainfränkisches Museum Würzburg«. Der Originalentwurf ist im 2. Weltkrieg verbrannt. Wir danken Frau Dr. Frauke van der Wall für die freundliche Zusendung Abb. 01 und 77, Gesamtaufnahmen: Photographiert von Dirk Altenkirch, Karlsruhe Gutachten/ Naturwissenschaftliche Untersuchungen Holzanatomische Untersuchungen, Protokoll 2005-04-05 Probeentnahmen 2004-10-12 Dipl. Rest. Andreas Krupa, FH Köln Fakultät für Kulturwissenschaften, Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft, 50678 Köln; beauftragt durch Fr. Dipl. Rest. Claudia Gerner-Beuerle, Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Abt. Bau- und Kunstdenkmalpflege, 55116 Mainz. Natursteinkundliches Gutachten, Protokoll zur Untersuchung vor Ort am 17.01.2005/ Nachuntersuchung mit Hilfe von Makrophotos Axel Becker, 1. Vorsitzender des Vereins „Lahn-Marmor-Museum e.V.“, Villmar Prof. Dr. rer. nat. Thomas Kirnbauer, Bochum Karlheinz Krämer, Steinmetzmeister, Villmar Dr. Susanne Petra Schwenzer, Diplom-Mineralogin, Mainz (Kommission des Lahnmarmorvereins Villmar) Naturwissenschaftliche Untersuchung an Materialproben 15 Probeentnahmen Mikroanalytisches Labor Drs. Jägers, 53332 Bornheim Laborbericht vom 2004-08-11 Nachuntersuchung von 2 Fragmenten (Ornamentfundstück mit originaler Oberfläche, ohne spätere Überzüge), Protokoll vom 2006-05-17 Die Durchführung der Maßnahmen dauerte von April 2004 bis März 2005. Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr herzlich für das uns entgegen gebrachte Vertrauen und entschuldigen uns für die verzögerte Abgabe der Dokumentation! Karin & Raymond Bunz

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Abb. 78 Zustand nach der Restaurierung 2005

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Abb. 79/ Vorzustand Petrusfigur

Abb. 80/ Endzustand

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Abb. 81/ Vorzustand Paulusfigur

Abb. 82/ Endzustand Paulusfigur

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Abb. 83/ Vorzustand Putto auf dem Hauptgesims

Abb. 84/ Endzustand Putto auf dem Hauptgesims

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Abb. 85/ Vorzustand Linke Flammenvase

Abb. 86/ Endzustand Flammenvase links