1
53 Bruno Grob (50) lernte Mechaniker. Er schloss 1988 das Studium der Systemtechnik am Neuen Techni- kum Buchs (heute: Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs NTB) ab. 1989 machte sich Grob selbstän- dig. Sein Unternehmen, GemDat In- formatik AG, entwickelt Software für die öffentliche Verwaltung und ist in St. Gallen zuhause. Der FH-Ingeni- eur ist Mitglied von G.I.N., einem Netzwerk für geschäftsführende In- genieurinnen und Ingenieure. www.gemdat.ch www.gin-netzwerk.ch Herr Grob, wie haben Sie Ihr Studium am NTB in Erinnerung? Als inspirierend, anspruchsvoll, kamerad- schaftlich. Ich erlebte die Ingenieuraus- bildung als äusserst spannend. Die Infor- matik setzte sich damals langsam durch und wurde für alle erschwinglich. Da- durch entstanden neue Möglichkeiten. Ich war überzeugt, für das Berufsleben hervorragend gerüstet zu sein. Sie entschieden sich bald nach Studien- ende für die Selbständigkeit. Wieso? Mit der Entwicklung kleiner Softwarelö- sungen finanzierte ich einen Teil meines Studiums. Ich wollte immer schon mein eigener Chef sein. Als ich die Chance auf einen einzigen Kunden hatte, wagte ich den Schritt. Im Rückblick war das erfolg- reich, aber natürlich nicht sehr vernünf- tig. Ich wusste nicht, was auf mich zu- kommen würde. (lacht) Aber Sie wussten, dass dies mit viel Arbeit verbunden sein würde? Ja, das wusste ich. Meine Eltern hatten einen sehr kleinen Gewerbebetrieb, da- her war ich mir dessen bewusst. Ich war vier Monate angestellt, bevor ich in die Selbständigkeit wechselte. Während die- ser Zeit wurde der Wunsch, der eigene Chef zu sein, zusätzlich gestärkt. Ich war jung und hatte keine fixen Verpflichtun- gen, die Risikobereitschaft war gross. Erst später lernte ich, dass man als Un- ternehmer weit mehr als Schulwissen braucht. Was braucht es denn? Es braucht eine Problemlösung, viel Ener- gie und einen authentischen Auftritt. Als Unternehmer braucht man sehr rasch Kunden, die an die angebotene Lösung glauben. Man muss deshalb seine Lösung verkaufen können. Am Anfang ist das Chef-Sache. Der authentische Auftritt ist das A und O des Unternehmers. Für mei- nen Weg als Unternehmer war die dama- lige Ingenieurausbildung sehr «technisch- mathematisch». Kunden und Geldgeber sind häufig keine Techniker oder Ingeni- eure. Das «Verkaufen» einer technischen Fähigkeit musste ich also in der Praxis erst noch erlernen. Sie sind ein Unternehmer durch und durch. Sind Sie auch ein guter Chef? Ich glaube, meine Mitarbeitenden wissen stets, woran sie bei mir sind. Ich bin di- rekt, spontan und konfliktfähig. Ich bin fasziniert von der Informatik, das spürt man, wenn man mit mir arbeitet. Meine direkte Art kann andererseits bisweilen als undiplomatisch ausgelegt werden. Ich sage, was ich denke. Das übrigens auch gegenüber Kunden. Was tut GemDat? Der Name kommt von Gemeindedaten. Wir machen Software für die öffentliche Verwaltung, für Gemeinden und Kanto- ne. In den Bereichen Grundstückbewer- tung, Gebäudeversicherung und Bauge- suche oder Baubewilligungen sind wir der Marktführer in der Schweiz. Welche Tipps haben Sie für junge FH-Ingenieurinnen und -Ingenieure? Erstens, verstehe das Problem und suche eine einfache Lösung dazu. Zweitens, bli- cke aus Sicht des Kunden auf das Prob- lem und deine Lösung. Drittens, bleibe geduldig. Der Erfolg ist erst wertvoll, wenn vorher einige Misserfolge überwun- den worden sind. Und viertens, rede mit Freunden und aussenstehenden Personen. Sie unterstützen dich, die ersten drei Tipps umzusetzen. Sie machen aktiv beim Verein «Geschäftsleitung.Ingenieur.Netzwerk G.I.N.» mit. Wieso? Dieses Netzwerk ist für mich wichtig. Je höher man in einer Organisation auf- steigt, desto einsamer wird man. Mitar- beitende, Kunden, Banken: Alle wollen etwas von einem Geschäftsführer. Bei den G.I.N.-Anlässen kann ich mich mit Gleichgesinnten austauschen. Sie befin- den sich in derselben Lage. Man kann emen wie zum Beispiel die Bonusge- staltung diskutieren und von den Erfah- rungen der anderen profitieren. Ich habe wertvolle Kollegen über G.I.N. kennen- gelernt. Rückblickend hätte ich früher G.I.N.-Mitglied werden sollen. Ich hätte wohl einige Fehler als Unternehmer nicht gemacht. Sie lernten andererseits aus diesen Fehlern … … natürlich. Das ist die andere Seite der Medaille. Gespräch: Claudio Moro SCHLUSSPUNKT «Authentisch sein»

SCHLUSSPUNKT «Authentisch sein» - gemdat.ch · am NTB in Erinnerung? A ls ins pir ierend, ans pruch svoll, kamerad-schaftlich. Ich erlebte die Ingenieuraus-bildung a ls äusserst

  • Upload
    lyduong

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

53

Bruno Grob (50) lernte Mechaniker. Er schloss 1988 das Studium der Systemtechnik am Neuen Techni-kum Buchs (heute: Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs NTB) ab. 1989 machte sich Grob selbstän-dig. Sein Unternehmen, GemDat In-formatik AG, entwickelt Software für die öffentliche Verwaltung und ist in St. Gallen zuhause. Der FH-Ingeni-eur ist Mitglied von G.I.N., einem Netzwerk für geschäftsführende In-genieurinnen und Ingenieure.www.gemdat.ch www.gin-netzwerk.ch

Herr Grob, wie haben Sie Ihr Studium am NTB in Erinnerung?Als inspirierend, anspruchsvoll, kamerad-schaftlich. Ich erlebte die Ingenieuraus-bildung als äusserst spannend. Die Infor-matik setzte sich damals langsam durch und wurde für alle erschwinglich. Da-durch entstanden neue Möglichkeiten. Ich war überzeugt, für das Berufsleben hervorragend gerüstet zu sein. Sie entschieden sich bald nach Studien-ende für die Selbständigkeit. Wieso?Mit der Entwicklung kleiner Softwarelö-sungen finanzierte ich einen Teil meines Studiums. Ich wollte immer schon mein eigener Chef sein. Als ich die Chance auf einen einzigen Kunden hatte, wagte ich den Schritt. Im Rückblick war das erfolg-reich, aber natürlich nicht sehr vernünf-tig. Ich wusste nicht, was auf mich zu-kommen würde. (lacht) Aber Sie wussten, dass dies mit viel Arbeit verbunden sein würde?Ja, das wusste ich. Meine Eltern hatten einen sehr kleinen Gewerbebetrieb, da-her war ich mir dessen bewusst. Ich war vier Monate angestellt, bevor ich in die Selbständigkeit wechselte. Während die-ser Zeit wurde der Wunsch, der eigene Chef zu sein, zusätzlich gestärkt. Ich war jung und hatte keine fixen Verpflichtun-gen, die Risikobereitschaft war gross. Erst später lernte ich, dass man als Un-ternehmer weit mehr als Schulwissen braucht.Was braucht es denn?Es braucht eine Problemlösung, viel Ener-gie und einen authentischen Auftritt. Als Unternehmer braucht man sehr rasch Kunden, die an die angebotene Lösung glauben. Man muss deshalb seine Lösung

verkaufen können. Am Anfang ist das Chef-Sache. Der authentische Auftritt ist das A und O des Unternehmers. Für mei-nen Weg als Unternehmer war die dama-lige Ingenieurausbildung sehr «technisch-mathematisch». Kunden und Geldgeber sind häufig keine Techniker oder Ingeni-eure. Das «Verkaufen» einer technischen Fähigkeit musste ich also in der Praxis erst noch erlernen.Sie sind ein Unternehmer durch und durch. Sind Sie auch ein guter Chef?Ich glaube, meine Mitarbeitenden wissen stets, woran sie bei mir sind. Ich bin di-rekt, spontan und konfliktfähig. Ich bin fasziniert von der Informatik, das spürt man, wenn man mit mir arbeitet. Meine direkte Art kann andererseits bisweilen als undiplomatisch ausgelegt werden. Ich sage, was ich denke. Das übrigens auch gegenüber Kunden. Was tut GemDat?Der Name kommt von Gemeindedaten. Wir machen Software für die öffentliche Verwaltung, für Gemeinden und Kanto-ne. In den Bereichen Grundstückbewer-tung, Gebäudeversicherung und Bauge-suche oder Baubewilligungen sind wir der Marktführer in der Schweiz.Welche Tipps haben Sie für junge FH-Ingenieurinnen und -Ingenieure?Erstens, verstehe das Problem und suche eine einfache Lösung dazu. Zweitens, bli-cke aus Sicht des Kunden auf das Prob-lem und deine Lösung. Drittens, bleibe geduldig. Der Erfolg ist erst wertvoll, wenn vorher einige Misserfolge überwun-den worden sind. Und viertens, rede mit Freunden und aussenstehenden Personen. Sie unterstützen dich, die ersten drei Tipps umzusetzen.

Sie machen aktiv beim Verein «Geschäftsleitung.Ingenieur.Netzwerk G.I.N.» mit. Wieso?Dieses Netzwerk ist für mich wichtig. Je höher man in einer Organisation auf-steigt, desto einsamer wird man. Mitar-beitende, Kunden, Banken: Alle wollen etwas von einem Geschäftsführer. Bei den G.I.N.-Anlässen kann ich mich mit Gleichgesinnten austauschen. Sie befin-den sich in derselben Lage. Man kann Themen wie zum Beispiel die Bonusge-staltung diskutieren und von den Erfah-rungen der anderen profitieren. Ich habe wertvolle Kollegen über G.I.N. kennen-gelernt. Rückblickend hätte ich früher G.I.N.-Mitglied werden sollen. Ich hätte wohl einige Fehler als Unternehmer nicht gemacht.Sie lernten andererseits aus diesen Fehlern …… natürlich. Das ist die andere Seite der Medaille. Gespräch: Claudio Moro

SCHLUSSPUNKT

«Authentisch sein»

INLINE_314_16_6_14t.indd 53 07.08.14 13:54