Schubert. Staat und kirche in den arianischen königreichen und im reiche Chlodwigs. 1912

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    Bstorische BibliothekHerausgegeben von der

    Eedaktion der Historischen Zeitschrift

    26. Band:

    Staat und Kirchein den arianischen Knigreichen und

    im Eeiche ChlodwigsVon

    HANS VON SCHUBERT

    Mnchen und BerlinDruck unci Verlag von R. Oldenbourg

    1912

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    Staat und Kirchein den arianischen Knigreichenund im Reiche Chlodwigs

    Mit Exkursen ber das lteste Eigenkirclienwesen

    Von

    HANS VON SCHUBERTDr. th. et phil., ord. Professor der Kirchengeschichte

    an der Universitt Heidelberg

    Mnchen und Bruck und Verlag von li. Oldenbourg

    1912

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    Dr. Felix YierhausOberlandesgerichtsprsident in Breslau

    iu verwandtschaftlicher Treue,

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    Yorwort.Die folgenden Untersuchungen, denen ich auch den

    Titel: Ursprnge des Germanismus in Recht und Ver-fassung der Kirche oder nach den beiden HaupttypenAlarich und Chlodwig htte geben knnen, verdankenihre Entstehung einer Kontroverse, die sich an meinenim Herbst 1909 verffentlichten Vortrag ber Das ltestegermanische Christentum (Tbingen, Siebeck) ange-schlossen hat. Ich war in dieser Schrift der interessantenErscheinung des germanischen Arianismus nachgegangenund hatte ihr Wesen nach den verschiedenen Seiten, auchverfassungsrechtlich, zu bestimmen gesucht, so wie es sichmir aus einer Sammlung der zerstreuten Notizen bei der\'orarbeit zu dem demnchst erscheinenden 2. Bandemeines Lehrbuches der Kirchengeschichte ergeben hatte.Dif Natur des Vortrags brachte es mit sich, da auchwichtige Dinge nur angedeutet werden konnten undKcharfe Pointierung den Wid

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    VIII Vorwort.

    rechtliche Seite von dem erhoben, der gewi ein erstesRecht hat, hier mitzusprechen, Ulrich Stutz, ineiner Serie von Aufstzen, die in der Internat. Wochen-schrift, Dez. 1909, unter dem Titel Arianismus und Ger-manismus erschienen. Er empfand meine Auffassungenals khn, sehr khn, ja geradezu grundstrzend. Da ichnun ebenfalls eine tiefgewurzelte Abneigung gegen Holz-wege habe und aufrichtig wnsche, der Erkenntnis derhistorischen Wahrheit zu dienen, so vermag ich die innereBewegung meines verehrten Gegners wohl zu verstehen.Ich denke, da ich durch mein zweijhriges Schweigen^),an dem festzuhalten mir gehufte akademische Amts-geschfte erleichterten, dem Widerspruch gegen meineAuffassung Zeit genug gelassen habe, seine Wirkung zutun und ausreichend gebt habe, was ich etwa ver-schuldet, sei es auch nur dadurch, da ich weittragendeStze aussprach, ohne meine Grnde hinzuzufgen.Denn zweifellos hat Stutz* Essay, zu dessen nach-prfender Lektre ich selbst nur dringend auffordernkann, einen bedeutenden Erfolg gehabt. Die KlnischeVolkszcitung (5. V. 1910) z. B. nennt ihn eine erstaun-lich grndliche, alle Fragen bis in ihre letzten Fugenverfolgende kritische Studie unseres besten Kenners derkirchlichen Rechtsgeschichte. Aber auch ein Historikerwie Georg Kaufmann, der in derselben Internat.Wochenschrift 1910, Nr. 27, in allgemeinen Errterungenber die welthistorische Bedeutung des Arianismusden angefangenen Faden weiterspann, konnte sich beialler freundlichen Meinung ber mich und meine Frage-

    ^) Nur in Hoops' Reallexikon der germ. Altert. Heft 1.S. 119 (1911) war ich lteren \'erpflichtungen gem gentigt,meine Ansicht in dem Art. Germ. Arianismus in aller Krzeauszusprechen. Ich habe es unter starker Hervorhebung dr-Stutz'schen Widerspruchs getan. Es ist vielleicht nicht unntigzu sagen, da der Artikel schon Ostern 1910 geschrieben ist.

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    Vorwort. IXStellung doch dem Eindruck nicht verschlieen, daStutz in der Auffassung der zwei Rechtsprobleme, umdie es sich handelt, mir gegenber recht habe.Von diesen hatte ich dem ersten, das Eigenkirchen-wesen betreffenden, im Zusammenhange meiner Schriftselbstndiges Interesse berhaupt nicht zugewendet, sowenig, da es in den dem mndlichen Vortrag zugrundeliegenden Thesen ganz unberhrt blieb. Da es mir nochimmer ganz wesentlich auf das zweite, verfassungsrecht-liche Problem ankommt, werde ich jenes auch jetzt nurin Exkursen (in der Einleitung und am Schlu des erstenAbschnitts S. 122 ff.) behandeln, obgleich Stutz, dersich hier in seiner eigensten Domne angegriffen fhlte sowenig ich mir eines Angriffs bewut war geradeund vor allem zur Entwurzelung meiner Auffassung aufdiesem Gebiete seine ausgebreitete Gelehrsamkeit aufbot,uns dadurch zu einem wertvollen berblick ber denStand der Forschung verhelfend. In der vorliegenden Formnimmt es die Stellung ein, die ich ihm zu geben wnschte:als ein Parallelproblem, das sich mit dem anderen mannig-fach berhrt, bis es in spterer Zeit sogar mit ihmzusammenluft, und auf das ich dauernd zugleich denBHck gerichtet wissen mchte.Wenn ich im folgenden sachliche Irrtmer nicht ein-rumen kann, so bitte ichdie Arbeitsgenosseh, das Material,dessen erneutes Studium mich nur in meiner Ansichtbestrkt hat und das ich hier zuerst im Zusammenhangevorlege, unbefangen zu prfen. Ich bitte darum vorallem den iirn seine und meine Disziplin so verdienten.Mann, der mich gezwungen hat, dieser Arbeit di(^ Formeiner Auseinandersetzung mit ihm zu geben, obgleich ichdas Bewutsein habe, weit mehr sein Bundesgenosse alssein (iegnf'F zu sein, auf diesem Spezialgel>iet

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    X Vorwort.Ich habe diese Untersuchungen, die mir aus demRahmen der Historischen Zeitschrift heraus- und in

    den der Historischen Bibhothek hineingewachsen sind,einem Manne gewidmet, der vorbildlich zeigt, wie manin der umfangreichsten praktischen Wirksamkeit sich denForderungen strenger Wissenschaft offen halten und mitder Hingebung an die Aufgaben des Staates das wrmsteInteresse fr das Leben der Kirche in allen ihren Er-scheinungen verbinden kann.

    Heidelberg, Ostern 1912.H. V. Seh.

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    Inhalt.Seite

    Einleitung: Das Doppelproblem und die Ursprngedes kontinentalen Eigenkirehenwesens .... i

    Der Germanismus im Staatskirchenrecht und Eigen-kirchenrecht S. 1. Der Umfang des Eigenkirehen-wesens und die Linien der Entwicklung S. 3. DasEigentempelwesen als gemeingermanische GrundlageS. 4. Die Stellung des Katholizismus und die rmischePrivatkirche S. 7. Das arianische Eigenkirchenwesenauf spanisch-gallischem Boden S. 8. Die 4. Synodevon Orleans 541 S. 12. Die Stellung der katholis^^henKirche zum Eigenkirchenwesen in Sdfrankreich vor 541S. 20. Aquitanien und die Provence S. 23. Avitusep. 7, das Konzil von Epao und die Entwicklung inBurgund S. 25. Vermutlicher Gang der Gesamt-entwicklung und die Bedeutung des Arianismus dafrS. 31. Dif staatskirchenrechtliche Seite des Problemsund die Auffassung von Stutz S. 35. Die Frage-stellung S. 37.

    I. Staat und Kirche in den arianischen Reichen . 37NotweiKge Scheidung in Stufen iU-i EntwicklungS. 37.

    1. Die Zf'lt (Irr (nindlccuim hin zur AiiHiodluntr hiiT ifal-llM'hciii Hoden 39

    Die fhrende BedeutuuK djr Westgoten, das foedusvon 382 und die Struktur der gotischen Volksgeniein-

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    Schaft S. 39. Die kirchliche Organisation der aria-nischen Mihtrkolonie und die kathohsche Kirche S. 41. Die Entstehung eines nationalen Kirchenwesens S. 44(Wulfila S. 49). Die Stammeskirche auf der neuenWanderung S. 54. Der Personalverband S. 56. Staat und Kirche S. 58. Das heidnische Sakral-wesen und die politische Ordnung S. 59. Der christ-liche Priesterstand und das Bischofsamt S. 61. DieBeteiligung des Volkes an Wahl und Anstellung S. 65. Die Stellung des Frstentums zu Kirche und Klerusin der frhesten Zeit S. 67. Die Beziehungen desfrstlichen und priesterlichen Amts in der heidnischenVorstufe S. 69. Die Entstehung des Stammesknig-tums in Zusammenhang mit dem rmischen Militr-wesen S. 71. Ernennung der Offiziere und RichterS. 73. Verhltnis des altgermanischen Knigtumszum Priesteramt und des neuen Knigtums zu seinerStammeskirche, besonders zum Bischofsamt S. 74.

    2. Die Zeit der selbstudigen ariaischen Reiche .... 76Die arianischen Kirchen als Volks- und Landes-

    kirchen auf rmischem Boden S. 76. Machtsteigerungdes germanischen Knigtums durch die bernahme derZivilgewalt S. 77. Die Entstehung des kniglichenGrafenamts und der kniglichen Amtshoheit S. 80. Abhngigkeit der nationalen Kirche und ihrer Bischfevom Knig S. 81. Das Euricianische Fragment undder genossenschaftUche Charakter der ArianerkirchenS. 82. - Cassiodor, Var. I, 26, II, 18 S. 86. - Hof-kirchen und Hofklerus S. 87. Der Knig und dieBesetzung der Bistmer in Burgund (Av. ep. 31) undSpanien (de vitis et mir. patr. Emerit.) S. 91. DerKnig und die Synoden S. 100.

    3. KinwirkunQ und >aehwirkiiii^ iu den geruianiseh-katho-lischen Laudeskirchen 102

    Die Fragestellung S. 102. Die Ostgoten S. 103. Edictum Athalarici von 533 S. 104. Gerichtsbar-keit des Knigs und persnlicher Charakter seiner Herr-schaft S. 107. - Die Westgoten bis 589 S. 108. -Nachwirkung bei den Burgundern S. 109, bei den

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    Westgoten nach 589 S. 115, bei den LangobardenS. 116. Zustimmung der knighchen Beamten zumEintritt in den Klerus S. 119. Streng staatskirch-licher Charakter S. 123.

    Exkurs ber das Eigenkirehenwesen bei den Lang:obardenund Bayern 124

    II. Staat und Kirche im Reiche Chlodwigs .... 1321. Das tatschliche Verhltnis von Staat und Kirche, . . 132

    Die frnkische Landes- und Staatskirche S. 133. Die staatliche Beteiligung bei der Aufnahme in denKlerus (L Aurel. c. 4) S. 136. Die Besetzung derBistmer unter Chlodwig (ep. Rem. 3) S. 137, nachChlodwigs Tod S. 140. Die Heiligenleben S. 145. -Gleichmige Auffassung von Chlodwig an S. 148. Die 2. Hlfte des 6. Jahrhunderts bis zu den Bestim-mungen von 614 S. 150. Das 7. Jahrhundert S. 182.Die Formeln bei Marculf S. 154.

    2. Die Herkunft der Kechtsan^chiniungen ber das Ver-hltnis von Staat und Kirche 157

    Chlodwigs grundlegende Bedeutung S. 157.a) Der Versuch einer Erklrung aus rmischen

    Grundstzen S. 159. Der Herrscher und die SynodenS. 159. Die Besetzung dor Bisch.fssitze S. 161. Die staatliche Zustimmung zum Eintritt in den KlerusS. 162. Der verschiedene Geist der Verfassung 8. 166.

    b) Die Stellung der arianischen Knige zu iiirenkatholischen Kirchen und die Chlodwigs S. 167. Die Verwandtsrhaft mit den aiianischen StaatskirchonS, 170. E'indlirhe uimI freundliche Beziehungen zumArianismus S. 170. Der EiiifliJ der westgotischenGesetzgebung S. 173. Dir [rrsnlichen EinflsseS. 175. Die politisf-h* Situation vfr dem t'bertriltund die Stellung zur kath(liR( heri Hierarchie S. 176. r)ie germanischen X'oraussetznngen bei Chlctclwig unddie innere Verwandtsrhaft mit dem arianischen K(nig-tum S. 180. Knig- und l'iiehtertum bei den Tranken

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    XIV Inhalt.Seite

    in der heidnischen Zeit S. 182. Der germanischeGesamtcharakter des frnkischen Knigtums S. 186.

    Schlu 187Die Resultate S. 187. Akute und chronische

    Germanisierung in Recht und Verfassung der KircheS. 189.

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    Einleitung.Der sog. Arianismus der Germanen, die erste Stufe

    des germanischen Christentums, auch kirchenrechtlichStufe und nicht nur Episode, nicht nur Nebenstrang,der sich verluft, sondern ein Geleise der geschichtlichenEntwicklung, das man neben anderen verfolgen mu,weil das Gesamtresultat nur unter Hinzunahme dieserErscheinung ganz zu verstehen ist das ist die These,die die Einsprache, in erster Linie von Stutz, hervor-gerufen hat. Er erhebt seine Stimme dagegen, da icherstens von den Kirchen der arianischen Reiche das Eigen-kirchenwesen seinen Ausgang nehmen lasse eine Ein-wirkung auf die Folgezeit, die es mit der Kirchherr-schaft des e i n z e Inen zu tun hat und da ich zwei-tens VerbindungsHriien ziehe zwischen dem Verhltnisvon Staat bzw. Knigtum und Kirche in den arianischenStammeskirchen und dem Verhltnis von Knigtum undKlerus in der frnkischen Landeskirche eine Ein-wirkung auf die Folgezeit, bei der es sich um die Kirch-herrschaft des Staates^) handelt.

    *) Au.sfluU des Herrschaftsgcdankens ist also l)'i

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    2 Einleitung.Obgleich diese beiden Entwicklungsreihen, die ich

    glaube konstatieren zu knnen, in ihrem Ausgangspunktverschieden sind und sich in verschiedenen Sphren be-wegen, so sind sie doch darin einig, da es sich bei ihnenum ein Einstrmen germanischer Rechtsanschauungen inden neuen germanischen Katholizismus unter dem Ein-flu der von den Arianern vollzogenen Synthese vonGermanismus und Christentum auf dem Boden desselbendie Zukunft bestimmenden Reichs handelt. Sie knnenalso betrachtet werden als die zwei Seiten desselben Ge-samtprozesses, und man wird annehmen mssen, da derNachweis auf der einen Seite den auf der anderen unter-sttzt. Es ist deshalb nicht von der Sache weg geredet,wenn ich mich einleitend mit einigen Ausfhrungen derersteren Frage zuwende, und ich tue das um so lieber,w^eil ich sofort an der Schwelle dieser Untersuchungen eindoppeltes Miverstndnis aus dem Wege rumen mchte,das sich an denselben Satz^) meiner Schrift geheftet hat.Sp. 1539, trifft meinen Satz S. 24 nicht, der unmiverstndlichzum Ausdruck bringt, wieso hier von Individualismus ge-sprochen werden kann. Vgl. jetzt Stengel, Art. Kirchenver-fassung in Religion in Gesch. u. Geg. III, 1415: Die germ. Eigen-kirchenidee setzte an die Stelle der rmisch rechtlichen Idee vonder Unabhngigkeit und Selbstregierung der Kirche tlen Herr-sch a f t s a n s p r u c h der Einzelnen, der Laien. Wie der alt-germanische Individualismus in diesem Sinn, als Streben nachpersnlicher Freiheit und Geltung, zur Herrschaft des Einzelnen berdas selbstbebaute Land fhrt, das unter seinen Hnden zur Indi-vidualitt wird, zum Privat- oder Individualeigentum (v. Amira),dieser Voraussetzung des Eigentums auch an der Kultstelle, dieauerhalb des Hauses verlegt und von einem besonderen Bezirkumgeben wird, hat v. I n a m a- S ternegg, Deutsche Wirtschafts-gesch. P, 673 76 schn ausgefhrt.

    ^) S. 26: Stutz hat die groe Entwicklung aufgezeigt, dievon dem arianischen Eigenkirchenwesen ausgegangen ist, und wievon hier ein neues national-germanisches Kirchenrecht entstandenist, das das kirchliche Benefizialwesen des Mittelalters beherrscht;diese Betrachtung bedarf wieder der Ergnzung etc. Daraus ist

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    Das Doppelproblem. Das Eigenkirchenwesen. 3Stutz hat mich so verstanden, als ob ich das Eigenkirchen-wesen berhaupt von dem Arianismus ausgegangen seinHee. Mir ist seit vielen Jahren der weite Umfang des Eigen-kirchenwesens auf angelschsischem und noch ent-scheidender^) nordgermanischem Boden bekannt. Dadiese Erscheinungen alle letztlich auf den Vorgang derarianischen Kirchen zurckzufhren seien, habe ich nienun bei Stutz, Sp. 1577, die neue Lehre von dem spezifischarianischen Charakter der Eigenldrche geworden, in dessen Spurenbei Kaufmann die Vermutung, da das E. ein Produkt desArianismus sei. Kann man nicht von griechischem Schriftwesenoder sdgalhschem Klosterwesen und ihrer welthistorischen Bedeu-tung sprechen, ohne sich dem Verdacht auszusetzen, da man dasSchriftwesen als eine spezifisch hellenische oder das Klosterwesenals eine spezifisch sdgalhsche Erscheinung anspricht? Die Liter.Rundschau f. d. kath. Deutschland aber schickte mir das folgendeunvergleichhche Resmee meiner Stze ins Haus (1910, Sp. 135):Dieser Arianismus schafft die Stammeskirche oder, besser gesagt,das auf dem altgermanischen Eigentempelwesen fuende Stammes-staatskirchentum, dessen Konsequenzen das seiner Entstehungnach arianische Eigenkirchenwesen und die Abhngigkeit der Bi-schfe vom Landesknig sind. Kein Wunder, da, zu des Refe-renten inniger Befriedigung, Stutz die Widerlegung dieses Popanzesvon These gehngt in allen ihren Teilen und mit Argumenten,die schlechthin durchschlagend sind. Deutsche und ausln-dische Kritiker, die noch nicht mit den Augen von Stutz lasen,sind an der neuen Lehre vorbeigegangen, ohne sie zu bemerken.Wie anders htte ich in einer Abliandlung, die eigens den germa-ni.srkehr init dein Frankenreich uerst leb-haft war, ifii 7. un

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    4 Einleitung.behaupten, da sie selbstndig und direkt aus den vor-christlichen Grundlagen abgeleitet werden knnten odermten, nie bestreiten wollen. Hier aber kam es auf diegroe Linie der Entwicklung an, die nicht durch Angel-sachsen und Nordleute, sondern durch die Franken in dasneue nationalgermanische Kirchenrecht des Mittelaltersfhrt, und deswegen konnte von jenen geschwiegen werden.^)Und mit dem Hinweis auf jene ist die Frage nicht erledigt,ob nicht die Franken und damit der Kontinent sich dieInstitution oder wenigstens ihre besonderen Rechtsformenvon den Arianern, d. h. von den Ostgermanen, habendarreichen lassen , und ich hatte meinerseits Stutzdahin miverstanden, da er dieser Meinung sei. 2)

    Die Frage ist erstens deswegen mit jenem Hinweisnicht erledigt, weil bei den Franken die Linie, die zu denvorchristlichen Voraussetzungen, also dem Eigentempel-wesen, fhrt, sehr dunkel ist, viel dunkler als bei denSkandinaviern, bei denen wir dieses, in Norwegen undauf Island, kennen und allein kennen. Es ist, soweit ichsehe, nicht ausgeschlossen, da von den Skandinavierndie Einrichtung des Eigentempelwesens einerseits zu dengotischen Vlkern (und Langobarden) und damit in ver-christlichter Gestalt zum Arianismus und anderseits durch

    ^) Wie Stutz selbst ebenso in seiner Geschichte des kirchl.Benefizialvvesens I, 1, 1895 wie in seiner gleichzeitigen zusammen-lassenden Skizze ber die Eigenkirche tat. Grnde dafr in demgroen l^eferat ber Imbart de laTour und Galante, das zu-gleich wissenschaftliche Selbstbiographie ist, Gott. Gel. Anz. 1904.S. 10, dazu S. 15 (die fr die weitere Entwicklung im Abendlandmagebenden Franken und Langobarden). Im mndlichen Vortragliabe ich brigens auf die Angelsachsen ausdrcklich hingewiesen.

    ') Da er in seinem Heneficialwesen die arianischen Eigenkirchenzwischen den heidnischen Eigentempeln und den frankischen Eigen-kirchen behandelt, dabei sogar von Durchgangsstadium, alsodoch wohl Stufe redet, auf angelsachsische und skandinavischeVerhltnisse aber keinen Hezug nimmt, so legt er das Miver-stndnis selbst nahe genug.

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    Eigenkirchen und Eigentempel. 5Juten und Angeln, die berhaupt die Trger der Entwick-lung aus dem germanischen Heidentum in die christ-lichen Anschauungen und Institutionen in Britannienwaren, in die angelschsische Welt gebracht ist, whrenddie Westgermanen die Entwicklung vom taciteischenH auspriestertum zum Eigentempelwesen nicht mitge-macht zu haben brauchen. Jedenfalls fehlen uns darberalle direkten Quellen, und jedenfalls darf man es nichtso darstellen, als ob es sich bei der Annahme eines frn-kischen in Rechtsformen gefaten Eigentempelwesens alsder krftig nachwirkenden Vorstufe des Eigenkirchen-wesens nicht um eine Hypothese i) handle.

    1) Die Entstehung aus dem Hauspriestertum gibt auchStutz, Eigenk. S. 17, Benef. S. 90, GGA. 1904, S. 60 A. 2 immernur als Hypothese, aber das frnkische Eigentempehvesen behandelter als Tatsache, z. B. GGA. 1904, S. 15. A. Thmmel kommt inseiner umfassenden Arbeit ber die germ. Tempel, Braunes Beitr.1909, S. 122, vgl. 115 f., zu dem Resultat, da sich bei den Sd-germanen berhaupt Eigentempel nicht nachweisen lassen. EbensoE. Mogk in Pauls Grundri d. germ. Phil. 2 1907, S. 394. WennStutz demgegenber nachdrcklich auf die Resultate der ver-gleichenden Rechtsgeschichte der germanischen Stmme verweist,durch die er das ost-, west- und sdgermanische Eigentempelwesenerschlos.sen habe (Sp. 1578), so ist das fr uns ein nutzloserZirkel, mag auch der von ihm so gerhmte, eifrig sammelnde, aberjeder Schrfe bare El. H. M e y e r sie zu einer phantasievollenSchilderung in seiner populren Mythologie der Germanen (1903)S. 206 ff. veru'erten, die gerade in dieser Partie, der Darstellungdes Verhltnisses von Recht, Religion, Priestertum, alle Przisionvf-rmissen lt und hchst angefochtene Auffassungen ohne Anflugein'S Zweifels vortrgt. Wir haben den dringenden Wunsch, uns dierech t.sgeschich Hieben Fiesultate , die aufindirekter Beweisfhrung 8. gerade GGA. 1904, S. 60 ruhen, durch direkte Zeugnisse ausanderen Wi.ssen.vhaftsgpbieten besttigen und erlutern zu lassen.Ir.h finde nachtrglirh in der letzten umfangreicheren Untersnc hungber den Gegenstand von Paul T h o rn a s (Le droit de propri^tede lalques sur les ^glises et le patronage laique au moyen-age,Bibl. des Hautes Etde, Sc. rf^lig. 19, 1906), der, wie die Franzosenberhaupt, sieh gegMi Stutz' These ablehnend verhlt, ber des.sereigene Aufstellungen ich sonst ganz denke wie dieser (Zeitschr.

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    6 Einleitung.Ich selbst glaube mit Stutz, da man es mit ein*M*

    gemeingermanischen Erscheinung zu tun hat, und habemeinen Glauben daran bezeugt. Aber auch damit ist died. Sav.-Stift., Kan. Abt. 1911, S. 13, A. 2 u. S. 26 A. 1), die folgendenStze: Si la coutme d'^riger des teniples avait H^ si repanduedans les furets de la Germanie, on en aurait retrouv^ des tracesnombreuses dans des textes. Or M. Stutz est Obligo d'appuyer sesconjectures sur les temoignages qui proviennent tous du Nord eten particulier de l'Islande du moyen-ge. Ces indices sont insuffi-sants pour demontrer que les temples prives 6taient d'un usageg^n^ral chez les Germains qui ont envahi l'empire romairi.v. Kauffmann nimmt aucli fr die Westgermanen an, da sie inrmischer Zeit vom heiligen Flain zum Tempelbau vorgeschritten seien,aber er findet es verwegen, nach einem anderen Vorbild fr diealtgermanischen Tempel zu suchen als dem rmischen, dasolche den Limes entlang bis zur Rheinmntlung zahlreich vorhandengewesen seien, Rm.-germ. Forschung, Kieler Rekt.-Rede 1904,S. 15; vgl. auch E. H. Meyer a. a. O. S. 313 und in bezug aufdie Gtterbilder S. 318. Neben den eigentlichen sacra, den Staats-tempeln, die durch conserratio Eigentum der Gottheit wurden, gabes bei den Rmern zahlreiche sacella, aedes, aediculae, die sich imPrivatbesitz von Einzelnen und Verbnden befanden; MarquardtRom. Staatsverw. IIP, 142, Wissowa, Rel. u. Kultus d. Rmer1902, S. 408 f. Darf man annehmen, da auch das anregend aufdie Westgermanen gewirkt hat? Auffallend ist, da auch bei denFriesen und Sachsen, die drei Jahrhunderte lnger Zeit hatten,heidnische Institutionen auszubilden, Spuren von Eigentempelwesenin den zahlreichen guten Viten, dem Indiculus, den Rechtsquellen,der Dichtung nicht nachweisbar sind. Was endlich das islndischeHeidentum mit seinem eigentmlichen Eigentempelwesen anbetrifft,das die Norweger seit Ende des 9. Jahrhunderts ausbildeten, soist zu bt'achtt'n, da die Landnahme durchaus von einzelnen An-siedlern erfolgte, unter denen sich brigens auch irische Christenbefanden, und da .schon dies singulare Verhltnisse begrndete,s. Maurer, Isl. von s. ersten Entdeckung bis z. Unterg. desFreist. 1874 und R. Kalile in Hoops' Reallex. d. germ. Altert. I,233, 236, 1912 (Art. Bekehrungsgesch.). t'ber den Ursprung desbayerischen Eigenkirchcnwesens s. u. S. 130 bei den Langobarden. Ist das Meiste, was St. ber das arianische Eigenkirchenwesen sagt,aus Rckschlssen gewonnen, so mu er auch spter zu solcherMethod' die Zuflucht nehmen, da von 650 bis 750 die Quellennoch sprlicher flieen als von 500 bis 650: Wenn man von

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    Eigentempelwesen und Katholizismus. 7Frage nicht erledigt, ob nicht der Arianismus fr die Ent-stehung eines frnkisch-katholischen Eigenkirchenwesenseine Rolle gespielt hat. Wie wenig der Katholizismus,berhaupt dem Heidentum gegenber feindlicher als deranerkanntermaen gerade in dieser Hinsicht tolerante Ari-anismus, geneigt war, die bernahme des Eigentempel-wesens und seine Umgestaltung in ein Eigenkirchenwesenzu frdern oder auch nur zu gestatten, zeigen die allge-meinen Normen, die in der Frage der Privatkirchen ebenzur Zeit von Chlodwigs Regierungsantritt vom Papst Ge-lasius aufgestellt waren, und die einer Kirchherrschaft imgermanischen Sinn den Weg verlegten. Sie erklren uns,warum es auch auerhalb Italiens von altkirchlicher Grund-lage aus nur zu Ausnahmen, aber nicht zur Durchbrechungdes Systems kam^). Soweit der Katholizismus wirklichaltkirchlicher Katholizismus und nicht durch andere Ein-flsse alteriert war, mute er dahin wirken, die Entwick-lung eines Eigenkirchenwesens zu unterbinden. Wenn eseinigen Urkunden absieht, so ist man im wesentlichen auf Rck-schlsse aus der karolingischen Periode angewiesen. Doch gengendie so gewonnenen Resultate, Ben. S. 138. ber die Berechtigungund Notwendigkeit solchen Verfahrens zumal in der Rechtsge-schichte siehe Stutz' gehaltreiche und anregende Kaisergeburts-tagsrede Kirchl. RG., 1895, S. 29, 45 ff. Ich habe auch dievorstehenden Bedenken nicht ausgesprochen, um die Stutz.scheHypotliese zu bestreiten, sondern weil die Sicherheit, mit dernicht nur im 7 des Benefizialwesens, sondern berhaupt dieseschwierige und doch nicht eigentlich erforschte Grundlage be-handelt wird, und die Plerophorie des Ausdrucks gegenberanderen Auffassungen mir nicht am Platze zu sein scheinen undein ernstes Hindernis fr die weitere Erforschung der historischenVorgange werden knnen.

    *) So S t u t z , Benef. S. 57 ff. nam. fui f. Der mit der Weihe be-auftragte Bischof hat dr-ni Kirrhonerb.iuer zu frkl.'ireri, d.iB ihm keinandere Recht als da.s ailgenuMne Chnsteiirec ht der Teiinalime amGotte8dient zustehe, Hauptmotiv: Abwehr der Gefahren fr diekirchliche Selbst.lndigkeit und bischfheh* Allgewalt von seilenPrivater, ruun. Laien.

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    8 Einleitung.sich dann doch zeigt, so ist es trotz des Katliolizismusund nicht durch seine Gunst entstanden.^) Es wird alsogeboten sein, selbst bei Annahme weitgehender Stumpf-heit auf katholischer Seite, sich nach frdernden Mo-menten umzusehen, die die aus dem altkirchlichen Rechtstammenden Hemmungen paralysierten.

    Da solche in dem Arianismus gefunden werdenknnen, der ein entwickeltes Eigenkirchenwesen in breiterAusdehnung nachweislich besa, ist sicher nicht nur einSpiel der Phantasie. Whrend der Weg von Tacitus biszu den merowingischen Synoden im 6. und 7. Jahrhundert,die sich mit den Ansprchen der Grundherren auf ihreKirchen beschftigen, lang, dunkel und rtselvoll ist,bietet der Blick auf die gleichzeitige Erscheinung desArianismus eine Flle nchstliegender Anknpfungen.Das gilt schon, wenn man auf die Einflsse des west-gotischen Nachbarreichs reflektiert, das noch im letztenViertel des 6. Jahrhunderts arianisches Eigenkirchenwesenaufwies und mit Septimanien bis zu seinem Untergngeim 8. Jahrhundert noch auf gallischen Boden hinber-reichte ja , in dem, wenn ich recht sehe , ebensowie in dem dann aufgesogenen Suevenreich aus demArianismus stammende eigenkirchliche Gedanken schonvor dem bertritt selbst die katholische Kirche in-fiziert hatten 2) und sich zweifellos innerhalb dieser noch

    M Vgl. Stutz, GGA. S. 16: Die evident germanischeSlniktiii" des Eigenkirchenrechts, das einen ganz nnrniischen,altkirchlichen Gedanken nnd Anschauungen widersprechendenCharakter hat.

    *) Die beiden groen Konzilien, die die \'erhllnisse neu regelten,zu P.raga 572 fr das Heidi der Sueven, die schon ein Jahrzehntvorher konvertiert waren, und zu Toledo 589 fr das Westgoten-reich, deuten (can. 5 f. u. 19) mit Bestimmtheit darauf, da es sichniclit etwa um jetzt erst auftretende Versuche und Ansprcheder Grundherren handelt, vgl. III. Toi. c. 19 quod factum et inpraeterito displicet et in futurum prohibetur, oder nur umAusrottung von Mibrttuchen, die frher arianische Grundherren

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    Westgotisch-arianisches Eigenkirchenwesen. 9im 7. Jahrhundert so mchtig erwiesen, da sie sichBercksichtigung auch in der neuen Ordnung auf rmisch-rechthcher Grundlage erzwangen, obgleich die katholischeKirche eine bermchtige Stellung gewonnen hatte, wiesie bei den Franken fehlte. Die Beziehungen, auch diefreundlichen, sind zahlreich ich erinnere nur daran,da die gewaltige Brunhilde, die Gemahlin Sigibertsvon Metz, und ihre Schwester Gailasvind, die GemahlinChilperichs von Soissons , arianisch - westgotische Prin-zessinnen gewesen waren , und jedenfalls hatten diefrnkischen Grundherren, auch wenn ihnen jede weitereAnregung fehlte, ein Jahrhundert lang Gelegenheit zu sehen,wie ihre westgotischen Kollegen es fertig brachten, mitihrem, wenn auch ketzerischen, Christentum das Eigen-tum an dem auf ihrem Land erbauten Gotteshaus, mitder Anerkennung einer Bischofsverfassung eine privateeben jetzt nach dem allgemeinen bertritt miteingeschleppthtten. Wir lernen auch aus can. 3 der Synode von Lerida(M a n s i VIII, 612), da schon ca. 524 sich die Bischfe wehrenmuten gegen Versuche der Grundherren, ihnen die Herrschaftber die von ihnen gestifteten Kirchen zu entziehen. Da sie esunter dem Schein taten, als handle es sich um Klster, und sichnicht auf das Eigentum sttzten, beweist wohl ihre eigene Vor-sicht und die Macht der Hierarchie, aber nicht, da sie nicht ihrer-seits von dem Eigentum ausgingen. Wenn wir nicht mehr berdiese Dinge erfahren, so hngt das auch damit zusammen, da inder Zeit der westgotisch-suevischen Herrschaft ber Spanien bis zurZeit des bertritts der synodale Apparat nur schwach fungierte.In bezug auf die Sueven ist zu bemerken, da nach Braga unterL^'uvigild wieder eine Arianisierungsperiode folgte, so da auch dieneuen Ordnungen noch einmal ins Wanken kamen. T)ifs' halbenZustnde waren wie gemneht, um dns germanische He( ht au( h inden Katholizismus berzufuhren (vgl. u. S. 29 f.), abge.sehen davon,da die kompakte Siedelnrig des Stammes in Galizien berhauptdem ehr gnstig war. Es ist zu vermuten, d;i bis Eigenkirchen-wesen hier spter bes

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    10 Einleitung.Kirchherrschaft zu vereinigen, ja wie mancher Konfes-sionsgenosse unter der westgotischen Herrschaft aufdiesem Punkte von den Arianern gelernt hatte.Schon diese Sachlage macht es mir wenigstens un-mglich, apodiktisch zu behaupten, da keine Brckezu entdecken sei, die vom Eigenkirchenwesen des Aria-nismus zu dem des Katholizismus hinbergefhrt htte. ^)Nun liegt aber die weitere Tatsache vor, da das katho-lische Frankenreich selbst in der Ausdehnung, die es seit537 besa, zur greren Hlfte aus Territorien bestand,die entweder bis zur Einverleibung in dasselbe oder biskurz vorher unter arianischer Herrschaft gestanden undarianisches Eigenkirchenwesen aufgewiesen hatten. Esmte also nachgewiesen werden, da das letztere indiesen Gebieten vertilgt worden sei und zwar bis zu demGrade, da, wenn es spter wieder auftaucht, man be-rechtigt ist, dies nicht auf alte lokale Traditionen, sondernauf neue, aus der Fremde eingetragene und anderemBoden entwachsene Anschauungen zurckzufhren. Ge-lingt dieser Nachweis nicht, so liegt die gewnschteBrcke hell vor unseren Augen und wrde selbst dannvon Bedeutung sein, wenn daneben, fr die anderen, frhernicht arianisch besetzten Reichsteile, ein anderer Weg derEntstehung anzunehmen wre. In der Tat macht Stutz,dem also seinerseits die Beweislast aufliegt, a. a. 0. jenestarke Annahme in der schroffsten Form: Im gallo-frnkischen (und im langobardischen) Gebiet ist es derkatholischen Hierarchie offenbar gelungen, alles wasvon Eig

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    Arianisches Eigenkirchenwesen in Gallien. 11hrigen dasEigenkirchenrecht von sich aus neu erzeugt^).Woher die Sicherheit ? Hier mssen mit allem Ernst dieQuellen befragt werden, aber gerade an diesem, wie jederzugeben mu, springenden Punkt versagt die Untersuchungvon Stutz. Er verweist nur auf die sonst unerklrlicheLangsamkeit, mit der sich im Katholizismus die Eigen-kirchen durchsetzten; sie mten andernfalls, wenigstensim Sden, in den ehemals burgundischen^) und west-

    *) Die Sperrungen sind von mir. ber die Langobardensiehe unten am Ende des ersten Abschnitts.

    ^) Was er im weiteren ber die Burgunder und ihr vor-arianisches katholisches Eigenkirchenwesen vermutet, wird hin-fllig mit der Ablehnung eines ersten kathohschen Stadiums derBurgunder. Vgl. meine Anfnge des Christ, beid. Burg., Sitzgsber.derHeid. Akad. d.Wiss. II, 3, 1911. Sie haben gewi wie die anderengotischen Vlker direkt aus dem heidnischen Eigentempelwesen dasarianische Eigenkirchenwesen entwickelt. Man denke aber: einmalsoll das Eigenkirchenwesen der kathohschen Hierarchie ein solcherAnsto sein und so wenig zh haften, da es binnen kurzem auchin Burgund ausgerottet wird und erst allmhlich neu erzeugt werdenmu, anderseits ist es konfessionell so indifferent, da direkt ausdem heidni.^chen Eigentempelwesen ein katholisches Eigenkirchen-wesen erzeugt wird, und es dieselben Burgunder sogar aus den findenihrer katholischen V^orfahren empfangen. Dabei kommt es Stutznicht auf die Tatsache des burgundischen vorarianischen katho-lischen Eigenkirchenwesens an, sondern nur darauf, die konfessio-nelle Indifferenz dieser Erscheinung handgreiflich klar zu machen.Demgegenber kommt es mir nur darauf an, festzustellen, da manbei .solcher [rinzipielleii Auffassung nicht verstndlich machen kann,wieso die katliolische Hi^Tarchi^ anderseits den Krieg bis aufs Messergegen dieselbe Erscheinung fhren konnte. Tatschlich ist beideseine (bertreibung, an sich ist es, wie Stutz wieder unmittelbar

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    12 Einleitung.gotischen Gebieten, alsbald deutlich hervorgetreten sein.Aber gerade dies von ihm selbst aufgestellte Argumentwendet sich gegen ihn. Denn bereits auf dem4. N a t i n a 1 k o n z i 1 von Orleans von 541, alsokein Menschenalter nach dem grundlegenden ersten,stoen wir auf Bestimmungen (can. 7, 26,33)^) , in denen sich die Bischfe aus-einandersetzen mit Ansprchen der po-tentes, die sich auf die Leitungsgewalt ber dieauf ihrem Territorium erbauten Kirchen (oratoria, par-rociae in potentum domibus constitutae , in agro suodiocessim) bezogen, sowohl die Ernennung des Geist-Buj'gondes jusqu'en 443 in der Genfer Jubilumsschrift v. 1909,ist ohne tiefere Kritik in hezug auf die Religionsfrage. Wasbrigens die S u e v e n angeht, die Stutz neben den Burgundernanfhrt, so ist auch bei ihnen nicht von einer ersten kathoh-schen Periode zu reden. Alles, \vas wir wissen, ist, da in derMitte des 5. Jahrhunderts einer der (heidnischen) Knige seinenSohn katliolisch taufen He und dieser katholische Knig Rekiargegen die Westgoten kmpfte, aber bald umkam, worauf das \'olkals solches der westgotisch-arianischen Konfession fr ein Jahr-hundert zufiel also lichstens eine kathohsche Episode, abernicht Periode.

    *) c. 7: ut in oratoi'iis domini praediorum minime contraVotum episcopi, ad quem territorii ipsius Privilegium nusciturp'itinere, peregrinus clericos inti'omittant, nisi forsitan quos pro-batus ibidem districtio pontificis observare praeciperit. c. 26: si quae]arrociae in potentum domibus constitutae sunt, ubi observantcst'lerici ab archidiacono civitatis admoniti secundum qualitatemordinis sui fortasse, quod ecclesiae debent, sub speciae dermini domusinjplere neglexerint,corrigantursecundum ecciesiasticam disciplinam.Et si ab agentibus potentum vel ab ipsis rei dominis de agendoofficio ecclesiae in aliquo prohibentur, auctores nequitiae a sacriscyiimoniis arceantur, donec subsccuta emendatione in pace eccle-siastica revocentur. c. 33: si quis in agro suo aut habit aut postolatliabere diocessim, primum et terras ei deputet sufficienter et cleri-cos, qui ibiiiem sua officia impleant, ut sacratis locis reverentiacondigna tribuatur. (Mon. Germ. Leg. s. III, concilia I, ed.Maassen p. 89, 93, 94 f.)

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    Die vierte Synode zu Orleans. 13liehen, als die Handhabung der Disziplin ber den-selben durch sie statt durch den Bischof bzw. den Archi-diakon betrafen und sich dabei auf das Grund-eigentum sttzten (Stutz). Wenn sie das letztereaber taten, d. h. also, wenn nach ihrer Auffassung dasEigentum an der Kirche und ihrem Gute fortdauerte undihnen Ansprche bezglich der Leitungsgewalt gab, soist anzunehmen, da sie auch in anderer Beziehung sichnicht mit dem nudum ius begngten, vielmehr auch denAnspruch auf Verwaltung bzw. Mitnutzung des der Eigen-kirche gewidmeten Vermgensanteils erhoben, da alsoauch das letzte Stck des Eigenkirchenrechts, das alleinnicht ausdrcklich hervorgehoben wird, nicht fehlte.^)Canon 33, der dabei nur den Standpunkt der Kirche zeigt,widerstreitet dem keineswegs. Er fordert von den Kirch-herren unter den Grundbesitzern in engster Verbindungmiteinander in erster Linie das Doppelte: da sie die

    *) So fassen auch Hinschius, Kirchenrecht I, 622 undLoening, Gesch. des Deutschen Kirchenrechts II, 639 die Sacheauf. Wenn Galante, La condizione giur. delle cose sacre, 1903,p. 101, n. 1 demgegenber darauf hinweist, da nach den Grund-stzen des ppstlichen und justinianeischen Rechts die bischf-liche Weihe das Eigentum an der Kirche aufhebe, so ist zu sagen,erstens, da Justinian uns hier nichts angeht und es zweitens ebengerade zur Frage steht, wieweit ppstches, berhaupt rmischesRecht hier durch anderes durchkreuzt und verdrngt ist. Wasdann p. 102 stf^ht, ist Behauptung ohne Beweis. Dabei werden dieAnsprche der potentes und die Ansprche der Kirche nicht (wieberhaupt fast nirgends) au.seinandergehalten. Weil die Bischfevon den Kirchen auf den Gtern der Grundhorren und nicht vonden Eigfntm?rn dr-r Kir( hon spnM:h

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    14 Einleitung.Kirchen (dioeceses), die sie a u f i h r e iii Grund u n dBoden haben oder zu haben begehren, mit Gut undmit Menschen (et terrae et clerici) ausreichend versehen(deputare), also wie die Zahl der Kirchendiener so auch denlr den bestimmten kirchlichen Zweck ausgesonderten Ver-mgensanteil nicht zu knapp bemessen, damit den geweihtenSttten die schuldige Achtung im Volke gezollt werde.Ich finde hier so wenig wie von der Bestellung und Be-soldung der Kleriker durch den Bischof ein Wort von derAufgabe der eigenen Besitzrechte der Grundlierren zu-gunsten der betreffenden Landkirche bzw. der Bischofs-kirche geredet. 1) Wenn dann ein Jahrhundert spter

    M Schenkungsformeln nach dem rmisch-kanonisclien lieclitbei Stutz, Benef., S. 61 A. 97. I m b a r t d e 1 a T o u r (Lesparoisses rurales du IV. au XI. siede, 1900), der berhaupt dieseltesten Konzilsbeschlsse merkwrdig miversteht, sowohl denvon Orange (441, c. 10), wie den von Epao (517, c. 5), vgl. die sehrrichtigen Korrekturen von Stutz in seiner groen lehrreichenKritik, Gott. Gel. Anz. 1904, . 28 A. 2 u. S. 48, gewinnt S. 187seine falsche Interpretation auf Grund einer ungenauen bersetzung:si quelqu'un a ou veut avoir une dioecesis dans son domaine,qu'il lui assigne d'abord des terres en quantite sffisante, pour-q u e les clercs, qui y sont attach^s, puissent remplir leur office etque le sanctuaire soit traite avec tout le respect qui lui est du.her charakteristische Parallelismus e t terras e t clericos deputareist entfernt und dem Ganzen eine andere Spitze gegeben. Bon-droi t , 1. (. p. 98 und G a 1 a n t e , 1. c. p. 102 un terdrcken das zweiteGlied emfach. Richtig bersetzt H e fe le.Conciliengesrh. 1I,:8.S. Frclerici ahmonia dericorum einzusetzen ist untunhch, weil die terraegerade auch zur Bestreitung der alimonia (neben der Fabrik) be-stimmt sind, daher eben I m hart seine l^bersetzung hat; sie bildendie competens substantia victus et vestitus, die conc. Epaon. c. 25(517) als Vorbedingung fr die Ordination eigener Kleriker an einemGutsheihgtum verlangt wird. Der Giundherr soll also nicht nurdie Sachen, sondern auch die Personen stellen, aus seinem Eigenendeputieren, keineswegs befremdhch, wenn die Kirche in s u oagro steht und wenn der Satz des romischen Rechts c. 33 cod.Theod.X\I,2 (a. 398), wonach der Klerus an Kirchen in Gutsbe-zirken, Drfern und anderen rtlichkeiteu (vgl. u. S. 32, A. I) ebendiesem lokalen Kreis entnommen werden sollte, kirchliche Bedeutung

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    Die vierte Synode zu Orleans. 15gelegentlich, wie man hier mit mehr Recht als in bezugauf die Beschlsse von 541 sagen knnte, auf die Klageeiniger Bischfe hin eine burgundisch-neustrische Teil-

    erlangt hatte, \\ie es doch scheint, vgl. Imbart p. 63, das Verbotan die Grundherren, fremde Kleriker ohne Zustimmung desBischofs zuzulassen, und die regelmige Erscheinung unfreier Eigen-kirchenpriester. Das Wort deputare, aussondern, bestimmen, delegare,sagt nichts ber das Aufgeben des Eigentumsrechts. Stutz hat anden bayerischen Urkunden, (Das Eigenkirchenvermgen, Festschr. f.Gierke, S. 1253) nachgewiesen, da selbst tradere, donare, here-ditre in diesem farbloseren Sinne gebraucht wurde, wonach essich wohl um einen Rechtsakt, nmhch die Pertinenzierung, dieBewirkung der Zugehrigkeit dieses Vermgensteils zur Kirche,nicht aber um ein Rechtsgeschft handelt, und Benef. S. 98 ff.,wonach der Ausdruck dos ecclesiae, ursprnglich = donum, donatio,sogar geradezu die Firma war, unter welcher der Germanismusund das Eigenkirchenwesen seinen Einzug hielt. Es ist mir deshalbunerfindlich, wie Galante unter alleiniger Berufung auf die sechsWorte et terras et clericos deputet sufficientes (flschlicli statt suffi-cienter) behaupten kann, da es sich hier um die Bestellung einer doshandle, per cui le condizioni patrimoniale della chiesa sono nettamentedistinte da quelle dei fondatori. Der Canon ist also vom Schlusatzaus zu verstehen, der sowohl den Zweck der Landausstattung wieder Klerikerbestallung angibt: die Sorge fr das Ansehen derKirche. Was auf seiten des Episkopats hier zutage tritt, ist nurein Interesse der Ordnung und nicht des Be-sitzes, eine uerung des bischflichen Auf-sichts- unJ nicht des kii'c blichen Vermgens-rechtes. So haben ihn au* h d i f s [> t e r e n K a ii o n i s t e iiV e r s t a n d e I). II i n k m a r beruft sich roll, de occl. et capj).ed. Gundiach, Z. f. KG. X, 1, 93 ff., ed. Gaudenzi,Bibl. iur. med. aevi. I, 14, wie berhaupt auf die patrum con-stitutiones, .8, praef., .so ;ni( li auf unseren can. 33, ohne etwasdem E i g e n k i r c h e n r e c h t W i d e r s [) r e c h e n d e s da-rin zu finden, ja sagt ausdrcklich

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    ^" Einleitung.Synode von Chlons, zwischen 639 und 653, c. 14 1)neben dem auch hier stark betonten Anspruch der Grund-herren auf die Leitungsgewalt ausdrcklich den vermgens-unseren Canon , in formeller und sachlicher An-lehnung daran bestimmt ein Capitulare Karlsdes Gr. zwischen 801 und 814 (capit. 57 ed. oretius, MG.Leg. s. II, t. I, 144) c. 6: ut qui Oratorium consecratum habetvel habere voluerit, per consilium episcopi de suis propriis rebusIbidem largiatur, ut propterea iUi vici canonici non sint neglecti,nur tritt hier Oratorium fr dioecesis ein und wird betont, dalimangelhafte Dotierung einen wrdigen Gottesdienst nicht nur andtMi Oratorien selbst, sondern auch an den benachbarten ordent-lichen Dorfkirchen, durch Heranziehung der an diesen angestelltenKleriker unsicher macht und daher die bischfliche Sorge wach-ruft (vgl. schon Epaon. c. 25). Die Frage des Eigentums bleibtdabei hier wie dort ganz aus dem Spiele. Diese A-u f n a h m eder altfrnkischen Bestimmungen durch diedas Eigenkirchenrecht anerkennenden und nor-mier e n d e n M n n e r d e r k a r 1 i n g i s c h e n Z e i t istdie Probe fr die Richtigkeit unserer Exegese.

    ^) De oraturia que per villas fiunt. Nonnulli ex fratribus etcoepiscopis nostris resedentibus nobis in sancto sinodo in quere-monia detulerunt, quod oraturia per villas potentum iam longumconstructa tempore et facultatis ibidem collatas ipsi, quorumvillaesunt, episcopis contradicant et iam nee ipsus clericus, qui adipsa oraturia deserviunt, ab archidiacono cohercere permittantQuod convenit emendare, ita dumtaxat ut in potestate sit episcopiet de ordinatione clericorum et de facultatem ibidem collataquahter ad ipsa oraturia et officium divinum possit implere etSacra hbamina consecrare (ed. Maassen, p. 211). Worin dascontradirore bestand, ber das die nonnulh (nicht molti, wie Ga-lante |>. lo;{ bersetzt) klagten, was die potentes den Bischfenvorenthielten. (Stutz, Ben. S. 137), ist nicht deutlich. Nach e f e 1 e III, 9:i die Aulsicht und nicht den Besitz, wie in betreffder Kleriker die Klage nur (jahingeht, da sie der Disziplinierungdurch d.Mi Archidiakon, d. i. der bischflichen Aufsichtsgewaltentzogen wurden, wie schon 541. Die Synode selbst und dasist das EntscIuMdende - tritt jedenfalls den Klagen nur soweit beials es die Frsorge fr den Gottesdienst, also das Interesse derOrdnung und Aufsicht erheischt (in dem Mae, da sowohl mb e z u g auf die Ordination der Kleriker wie i n b e z u g auf das

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    Das Eigenkirchenwesen auf den frnkischen Synoden. 17rechtlichen bercksichtigt, so bedeutet das ganz gewinicht, da nun erst nach hundertjhrigem Ringen dasEigenkirchenrecht in seinem vollen Umfange durch-gedrungen und eine neue Stufe erreicht sei.^) Mssen wiraber aus der Behandlung der Sache in mehreren Ganonesder groen Reichssynode bereits im Jahre 541 auf eineganz frhe und starke Entwicklung des Eigenkirchen-wesens mindestens in einigen Gebieten des Reichs schlieen,so fragt sich, ob nicht in all den andern Ganones, in denenvon der Notwendigkeit bischflicher Aufsicht ber alleKirchen des Sprengeis, von der Pflicht aller wenigstensan den drei hohen Festen ihre gottesdienstlichen Bedrf-nisse nicht nur an den Landoratorien zu befriedigen, vondem Eindringen des laikalen Elements in den Klerus, vonder Rckenstrkung unbotmiger Kleriker durch die po-tentes saeculi u. . die Rede ist^), auch an die Eigenkirchender groen Grundbesitzer mitgedacht werden mu.dorthin bertragene Vermgen sich die Macht des Bischofs soweiterstrecke, da er an selbigen Oratorien sowohl den Gottesdienstvoll aufrechterhalten als auch das iil. Opfer konsekrieren kann).Ein vermgensrechthcher Anspruch von selten des Bischofs frseine Kirche oder das betreffende Oratorium wird nicht geltendgemacht. Ein solcher Anspruch von selten der Grundherrn abermute um so weniger auf Widerstand stoen, als ihm die Ausbil-dung des selbstndigen Landkirchengutes, die Verselbstndigungdes Pfarrvermgens in diesen Gebieten weithin entgegenkam. Sieuird deswegen auch in den Ganones von 541 nicht hervortreten.

    ) In einer fr echt geltenden Urkunde Ghlldebcrts von 558(nicht 528, Longnon, Geogr. de la Gaule, p. 113), MG. Dipl. p. 5erscheinen schon Gotteshuser bei Melun zw. Auxerre u. Paris undbei Fr6ju8 in d. Provence als Gegenstand der Schenkung. Frdie Verwertung dieser einen uns isoliert erhaltenen Urkund' wie jenesine Canons gilt d'r gut- Satz, den Stutz, GGA. lyO'i, S. 80 inanderem Zu.sammenhang geschrieben: Das wird doch niemandglauben, da die ltesten, zufllig eriialtenen Urkunden ber Eigen-kirchen auch deren Gfburtssrhfin; .sficii, la ni< hl im Gegi-nteil dasEigenkirrh'nn'cht srtion vor ihnen bestandMi haben mu.

    ) I. Aurel. 511, c. 17 (vgl. dazu allerdings die feine Be-merkung von S I II t z . GOA., 1904, S. 47), 25; Arvern. 535,Schubert, Staat uri'l Kirche uiw. 2

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    18 Einleitung.Stutz, dem diese Stellen natrlich nicht unbekannt

    sind, und der zugibt, da die Ernennung der Geistlichenvon seilen der Grundherren sich sehr bald nach derEroberung (welches Reichsteiles?) durchgesetzt habenmsse, erklrt es^) aus frnkisch-deutschen Einflssen,also aus berraschend starken heidnischen Eigentempel-traditionen , die wir demnach zu unterstellen haben,einerseits und anderseits aus einer dahingehenden Tendenzschon der rmischen Grundherren, die wir vermutendrfen, und die Stutz zur Gewiheit wird dadurch, daauch die Grundherren im Ostreiche, zwar nicht zurErnennung, aber zur Prsentation kamen. 2) Abgesehenc. 4, 15 (dazu Agalh. c. 21); III. Aurel. 538, c. 21. Vgl. Stutz,Benef. S. 136; auch Imbart de la Tour S. 186 A. 1. Inderanonymen, sehr alten vita Leobini lt der Verfasser durch einenDiakon Nileff den Heiligen, als er noch Mnch in seiner Heimat beiPoitiers ist, gewarnt werden: ne quorumcumque hominum basili-cam regere aut petitor ambias aut expetitus adquiescas, ne interdiversos mores aut rigorem monachi perdas aut si blandimentisnon consentias, detrahentes tamen vix sufferas (Mon. Germ. auct.ant. IV, 2, 74i7ff ) eine Illustration zu can. 7 des IV. Aurel.

    ) Benef. S. 136, dazu GGA. 1904, S. 57: Schon im zweitenViertel des ersten christlichen Jahrhunderts der Frankengeschichte vielmehr fr den Sdosten der Anfang des 1. Viertels des 1. Jhdts.ihrer Geschichte unter frnkischer Herrschaft! pocht die Kirch-herrschaft laut und vernelimlich auch an die Tore der frnkischenKirche an und mu der Episkopat dazu Stellung nehmen.

    ') Nach Justinians Novelle 123 kann man nicht zweifeln,da selbst die Ernennung sich einstellte, wenn auch nicht durch-weg, HinschiusII, 618, dazu Stutz, GGA. 1904, S. 43 u. A. 3,T h a n er, ib. S. 302. Dennoch ist man einig, in der l'nterschei-dung der morgen- und abendlndischen Entwicklung. Da auchhier Tendenzen vorlagen, an die neue Entwicklungen anknpfenkonnten, ist oben S. 14 A. 1 Entnahme der Kleriker aus demlokalen Kreis des Gutsbezirks und S. 17 A. 1 vermgensrecht-liche Verselbstndigung der Pfarrkirchen gezeigt. Aber Stutzsollte in Erwgung ziehen, da, wenn er Benef. S. 136 soweit geht,schon in der Rmerzeit die Grundherren die Ernennung derGeistlichen in Anspruch nehmen zu lassen, dabei die Krage desPrivateigentums an Kirchen als nuda proprietas nicht verneint

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    Lrsprung des frnkischen Eigenkirchenwesens. 19von dem Widerspruch, der darin liegt, solche energischfrdersame und vorwrts drngende Tendenzen anzu-nehmen und doch von einem siegreichen Ausrotten desEigenkirchenwesens zu reden ~ liegt es nicht nher, zurErklrung die Analogie der Sueven und Westgoten heran-zuziehen, sich zu erinnern, da der ganze Sden des Fran-kenreichs ein Jahrhundert lang arianisches Eigenkirchen-wesen g^esehen hatte, und damit die Tatsache zusammen-zuhalten, da 541 von den 53 vertretenenSitzen laut Liste der Unterzeichner^) nicht w e n i -(Ben. S. 63, A. 102), die Verselbstndigung des Pfarrvermgensauf rmisch - kanonischer Grundlage schildert und schon inrmischer Zeit zuweilen die freie Verwaltung des Bischofs so gutwie aufgehoben* sieht (S. 54), seine eigene Theorie von dem not-wendig und rein germanischen Ursprung wirklicher Kirchherrschaftins Wanken kommt und eine Entwicklung aus rmisch-gallischerWurzel, hnlich der, die Imbart de la Tour u.a. vertreten,bzw. eine bloe Umbildung* in das Bereich der Mglichkeit rckt.Jedenfalls sind die Anknpfungen greifbarer als die an ein frn-kisches Eigentempelwesen. Da sie ausreichen, glaube ich nicht(s. u.l. An dem Beispiel von Cornuta, das Stutz, Benef. S. 53 f.,zu dem letztgenannten Ausspruch bringt, ist brigens zu be^tonen,da der betreffende Schenker, der seine Schenkung 471 so ver-zunt, da der Bischof auf die Aufsicht beschrnkt* wird, einGte (Valila) war, wenn auch ein katholischer, vgl. auch ThanerH. a. O. S. 300. Er war magister iitriusque militiae zur Zeit, da derarianische Patri< ius Ricimer, der Sueve, der faktische HerrscherRoms, seinen Glauben.sgenossen am Quirinal (S. Agate in Suburra)einen wrdigen Raum der Anbetung schuf, s. Pfeilschifter,Theod. d. Gr. (Weltg. in Charakterb.), S. 39, 70. Valila hat zurselben Z*il am Esquilin im Gotenviertel eine zweite Kirche her-richten lass^'n und dem Papst berg

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    20 Einleitung. .g e r als 41 zu diesen s d 1 i c h e n T e i 1 e n ge-hrten (16 Aquitanier, 17 Burgunder, 8 aus der Pro-vence), fast die Hlfte zu solchen, die voi'wenig Jahren erst zum Frankenreichgezogen waren, keiner aber zu deneigentlich frnkischen Gebieten berParis und Ronen hinaus! 534 wurde Burgund, 536/7 dieProvence einverleibt. Wo bleibt hier auch nur die Zeit,die Eigenkirchen, geschweige die zugrunde liegende Rechts-anschauung, die sich doch nicht mit einem Federstrichaus den Sinnen entfernen lie und in Spanien so lange undenergisch nachwirkte , mit Stumpf und Stiel auszu-rotten ? Und vor allem die Hauptsache, wo bleibt derentschlossene Wille der katholischen Hierarchie aus-zurotten ? Es ist eine Tatsache, die schon H i n s c h i u s^)Glandeves. Von den brigen zwlf lagen sechs der Grenze mehroder weniger nahe: Auxerre, Orleans, Nantes, Angeps, Lemans,Chartres. Bleiben auer Paris und Rouen nur Evreux, Bayeux,Coutances, Lisieux, smtlich zwischen Ronen und der Bretagne,die drei letzten wie Paris durch Presbyter vertreten. ber dieZugehrigkeit von Windisch (Vindonissa) zu Burgund und ber-haupt die Ausdehnung der burgundischen Herrschaft in der Schweizhat Oechsli im Jahrb. f. Schweiz. Gesch. 1908, S. 223 ff., nam.255 (nicht durchweg berzeugend) gehandelt. Auf dem HI. Aurel.von 538 waren ebenso viel Sitze aus ehemals arianischen wie ausanderen Teilen vertreten (13); aus dem Nordosten waren Bischfenur auf der kleinen Synode zu Clermont von 535 erschienen (Rheims,Trier, Tungern-Maastricht, Metz, Verdun), sechs von 15, und dochtritt hier Eigenkirchenwesen nicht mit Deutlichkeit zutage.

    M II, 622. Ebenso Loening, II, 639 (Th. A. Mller, Tberdas Privateigent. an kathol. Kirchengebuden 1883, ist unbrauchbar).Auch Stutz fllt (GGA. 1904, S. 7 zus. mit S. 29 A. 2) mit Bezugauf diese Beschlsse das Urteil, da die Stellungnahme des Epis-kopats im Sinne immer weilerer Nachgiebigkeit geschah. Diesevielleicht wichtigste Seite bersieht Galante ganz, wenn er p. 100 f.als den scopo del complesso di queste norme einerseits die Sicher-stellung der konomischen Unabhngigkeit der neuen Kirchenauf Grund einer ausreichenden Dotation, anderseits die jurisdiktio-nelle Abliangigkeit des niederen Dizesanklerus vom Bischof gegen-

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    Der gallische Episkopat und das Eigenkirchenwesen. 21aus den Beschlssen von 541 feststellt, da die Hierarchiedamals im Gegenteil grundstzlich weder das Eigentumder Gutsherren an den kirchlichen Gebuden und denmeistens aus Grundstcken und Immobiliarrechten be-stehenden Dotationen dieser Kirchen noch das Besetzungs-recht dieser letzteren in Frage stellt, da sie nur Mi-bruche bekmpft und zu verhten trachtet, also viel-mehr eine Oberaufsicht in Anspruch nimmt. Die Haltungdes Episkopats steht der Auffassung Karls des Groen undHinkmars weit nher als der des Gelasius^), die karolingi-sche Zeit konnte an sie anknpfen, ^^'ill man es scharf for-mulieren, so mu man also sagen: das Verhalten des frn-kischen Episkopats auf der Nationalsynode von 541 lt er-kennen,da man sich mit dem Eigenkirchenwesen prin-zipiell bereits abgefunden hatte, und ihre Zusammensetzunglt zusammen mit ihrem Zeitpunkt fast unmittelbarnach dem Gewinn des Sdostens, zumal Burgunds, ohneweiteres den Schlu zu, da dafr die Anschauungen undN'erhltnisse magebend gewesen waren, die sich in diesensdlichen Gebieten unter der langen arianisch-germani-schen Herrschaft gebildet hatten.

    Man kann dann noch weiter schlieen: diese Haltungder katholischen Hierarchie macht es wahrscheinlich,da schon vor der Angliederung an das Frankenreichdie Kirchherrschaft den bergang von den germanisch-arianischen Herren zu den in engster lokaler Verbunden-heit mit ihnen h'benden rmisch-katholischen gefundenhatte und wohl oder bel von den Bischfen geduldetworden war, da also bereits kath (lisch esEigen-k i r c h e n w e 8 f n von d c ri F r a n k * n in i t a n -ber der von den Privaten bezeichnet. Auf diese Weise kann erin diesen Nonnen tin j^ewissr-r Hinsicht eine Analoj^ie zu den Normen(\

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    22 Einleitung.n e k t i c r t worden ist.^) Damit htten wir bereits einenganz konkreten Weg bezeichnet, auf dem das germanischeEigenkirchenwesen seinen Einzug in die frnkische Reichs-kirche genommen haben kann oder, sollen wir sagen, hat ?Er gilt fr alles frnkische Neuland im Sden, selbst frdie Gebiete, die bei der Angliederung im wesentlichennur noch rmisch-katholische Bevlkerung zeigten, weildie germanisch-arianische daraus gewichen war, in Aqui-tanien, das 507 den Westgoten abgerungen, in der Pro-vence^) , die 537 von dem Ostgoten Vitiges friedlichabgetreten war. Stutz selbst rechnet an mehr als einerStelle mit der Mglichkeit, da die Einrichtung in be-nachbarte nichtgermanische Gebiete bergriff, z. B. inItalien, ja er leitet hier ganze groe Entwicklungendavon ab.^) Er mte es um so eher in Gallien, w^o erbei den rmischen Grundherren eine so starke entgegen-kommende Richtung anerkennt."*) Und wenn Stutz anden betreffenden Stellen den bergang eines bereitskatholisch gewordenen germanischen Eigenkirchenwesensauf nichtgermanische katholische Kirchen meint, so wird

    ^) Vgl. dazu und zum folgenden das oben ber Sueven undWestgoten Gesagte, S. 8 u. A. 1.

    2) Aus Prokop, bell. Goth. II, 12, 13, 19 (Corp. Script. Hist.Byz. S. 68, 70, 71, 73, 95) wissen wir, da bei dem bergang in dieostgotische Verwaltung Westgoten hier zurckgeblieben waren undda von den Ostgoten no/./.oi y.ai otarot tiTftt%t waren, da sie aberbei der Abtretung alle das Land verlieen. Vgl. Kien er, Ver-fassungsgeschiclite der Provence von 510 bis 1250, S. 9, 27 (1900).

    ^) Intern. Wochenschr. Sp. 1575 A.; Benefizialwesen S. 306 ff.GGA. 1904, S. 15, A. 1.

    *) Ohne dabei auf die oben S. 1 A. 1 und unten S. 32, A. 1zitierte Bestimmung c. 33 cod. Tlieod. XVI, 2, die er Benef. S. 63,A. 1 u. GGA. 1904, S. 43, A. 3 nur streift, naher einzugehen, wiedenn berhaupt sein Auge ganz vorwiegend auf der vermgensrecht-lichen Seite der Sache iiaftet, entsprechend dem Ausgangspunkt,von dem aus ersieh dem Problem berhaupt nherte. Die von ihmselbstffentlich-rechtlichgenannte Seite, die Leitungsgewalt,mu aberebenso in Rechnunggezogen werden, nach Prmissen u. Konsequenzen.

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    bergreifen des arian. Eigenkirchenwesens. 23hier der konfessionelle Unterschied^) ausgeglichen durchden Umstand, da es sich nicht um benachbarte Gebietehandelt, sondern um dasselbe Gebiet, und da das ger-manische Beispiel hier untersttzt wurde durch die realeMacht der gotischen Herren. Sollten die rmischenGrundherren wirklich ein Jahrhundert lang um Toulouseund Narbonne die Kirchherrschaft ihres Knigs und seinerGoten, teilweise auf ihren eigenen den Fremdlingen ber-lassenen fundi, erlebt haben, ohne die Aufforderung zuempfinden, sich hnliche Rechte zu erwerben bzw. sie zubernehmen, wenn jene daraus wieder wichen ? Vielleichtsind es auch hier zuerst bergetretene gotische Edle ge-wesen, die die Brcke geschlagen, wie jener vornehmekatholische Gote Valila, der selbst unter den Augen desPapstes schon im 5. Jahrhundert fr die von ihm auf seinemLatifundium bei Tivoli erbaute Kirche das bischflicheRecht so verschrnkte."-)

    Daneben tut sich ein zweiter Weg auf, der von demersten ganz unabhngig zu demselben Ziele luft undgerade von diesen Gebieten gilt, die von den Arianerngerumt wurden, besonders also von Aquitanien. Hierwaren die Stammsitze der Westgoten, hier wird sichdas Eigenkirchenwesen in reichster Entwicklung gefundenhaben^), in erster Linie gewi auf den kniglichen Terri-torien wie in Burgund. Sie standen seit 507 auf frn-kischem Boden, di(' kniglichen Eigenkirchen auf

    *) Gegen die berschtzung des dogmatischen Unterschiedesin Verfassungsfragen s. u. S. 178 f.

    *) Lib. pont. ed. D u c h e s n e I , p. CXLVI ; Stutz,Benef. S. 53 f., ob. S. 18 A. 1.

    *) Vgl. die vorlufige Mitteilung ber Eitels Forschungenin Spanien bei S t u t z , Int. Woch., Sp. 1575 A. 1. Den Westgoten,die bekanntlich zwei Drittel der fundi nahmen, fiel hchstwahr-scheinlich in dem ursprnglichen (lebiet nirht nur der (Iro^Tund-besitz, sondern auch dT fiiitthTe und klein; zum Opfer, v. II a 1 bauDai rm. Hecht in d. germ. \'oIksstaaten I, 165. (Oierkes Unters.zur de. St.- u. KG. 58), 1899.

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    24 Einleitung.frnkischem Knigsboden, aus Alarichs Hand in Chlod-wigs Hand bergegangen. Wir wissen aus can. 10 derersten Synode von Orleans von 511, da Chlodwig ari-anische Kirchen und rechtschaffene arianische Kleriker^)bernahm, sie nur durch Neuweihe vom Makel der Hresiebefreien lie. Das beweist natrlich nicht, da Chlodwigdas arianische Eigenkirchenrecht rezipiert hat, aber nochw^eniger beweist diese milde Haltung, die ihn von anderenunterschied, da er es nicht rezipiert hat oder gar seineHand zur Ausrottung aller Reste herlieh, und jedenfallsbeweist der Kanon, da die ehedem arianischen Kirchenin katholischen Hnden weiter lebten. Sollte Chlodwig,sollten seine Groen, denen er gotisches Land gab, nichtauch die so ntzliche Auffassung der frheren Herrengegenber ihren Kirchen und Klerikern geerbt haben ?Zumal wenn sie durch ihr Eigentempelwesen, das geradenach Stutz ihnen so stark im Sinn liegt, da es sich als-bald gegen die Interessen der Hierarchie Bahn bricht,wie prdestiniert waren fr die Lsung, die ihnen hierfrmlich hingereicht wurde, diese Synthese zwi-schen ihren alten heidnischen und ihrenneuen christlichen Gewohnheiten aufeinem neutralen, der Dogmatik entzogenen Boden!

    Knnen wir fr Aquitanien und die Provence dieBrcken nur konstruieren aus der Natur der Sache undder historischen Situation, so liegt sie fr B u r g u n dim Lichte der Quellen deutlich vor unseren Augen.Hier stehen zunchst zwei Tatsachen fest. Wir haben zumersten hier den Fall, da nicht nur ein Gebiet gewonnen,s()nd(rn ein Volk unterworfen wurde. Im Jahre 534wurde in das Frankenreich und seine katholische Kircheein zweites germanisches \\)lk aufgenommen, das auf

    M Woraus wir nebenbei ersehen, da nicht alle Goten dasLand verlieen wenn anders wir diese Kleriker als Goten an-sprechen drfen.

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    Aquitanien und Burgund. 25seinem besonderen Wege schon vorher christlich und,wenigstens offiziell, sogar katholisch geworden war.^) Undzweitens wissen ^^'ir aus dem vielverhandelten Brief 7des Bischofs Avitus von Vienne an den Bischof Viktorvon Grenoble, da es zur Zeit des Regierungsantrittsdes katholischen Knigs Sigismund 516/17 zahlreichearianische Eigenkirchen kniglicher und anderer Grn-dung tatschlich gab. 2) Die Frage ist also hier ganz przisso zu stellen: ist es nach unseren Quellen eher anzu-nehmen, da in dem halben Menschenalter von 516534dies Eigenkirchenwesen arianischer Provenienz mit Stumpfund Stiel ausgerottet, oder aber da es in den burgun-dischen und damit dann in den frnkischen Katholizis-mus bergeleitet wurde ?

    Im ersten Jahre nach dem Wechsel des Regimentsfand das Konzil von Epao statt, auf dem fr die neuen Ver-hltnisse grundlegende Bestimmungen getroffen wurden.Es deutet mit keinemWort an, da dasVerhltnisdes Knigs

    *) Darber, da ein vorarianisches katholisches Stadiumwhrend der Siedelung am MitteJrhein nicht anzunehmen ist,s. oben S. 11 A. 2.

    *) Mon. Germ. auct. ant. VI, 2, 35 ff. (vgl. die Darlegung vonStutz, Bf-nef. S. 109-112, vgl. GOA. S. 56). Wie der Brief zu-sammen mit c. 33 von Epao zeigt, zum Teil frhere katholischevon den Arianern nur okkupierte Kirchen, also wohl auch katho-lische Privatkirchen auf den fuiidi der rmischen Possessoren, dieseit 443 bzw. 457 (vgl. Prospcr Aquit. und Marius Aventicus, adann.) zur Hlfte im Besitze der burgundischen hospites waren. Wenn v. Halban Hecht hat (1,248 ff.), mit der Beliauftung, dabis Gundobad dif Teilung nur idoell war und di' Bewirtschaftunggemeinschaftlich -rfolgt', so ist ein i Ix-rgang aus der r-inen in lieandere Hand noch leichter zu denken. Die Frage des Victoriuswar alh-rdings nur auf Kirchen arianischer Stiftung (conditores)g^-gang^n. Fr d^ri lM-lv;tisclnri T'il Burgundions niinnit O e c h s 1 inur 8p;irliche Besiedelung burgundischer Orundlnrnn auf denGtitern romi.scher Grogrundbesitzer an, .lalirb. f. Schweiz.Gesch. 190H, S. 245.

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    26 Einleitung:D"ZU den kniglichen Eigenkirchen und das der ehedemarianischen, nun aber mit dem Knig zum Katholizismusbergetretenen Grundbesitzer zu den ihrigen einer voll-kommenen Korrektur zu unterwerfen sei. Es verbietetnur in c. 33, im Gegensatz zu c. 10 des I. Aurel. von 511.die bernahme arianischer Basiliken berhaupt, auerden frher schon katholisch gewesenen, fr den katholi-schen Kult bzw. den Vollzug einer Reinigungsweihe, ohneauf die Eigenkirchen unter ihnen besonders hinzuweisen.Aber der genannte Brief des Avitus, der aus der Zeitkurz vorher stammt, spricht denselben Grundsatz mitausdrcklicher Beziehung auf die arianischen Eigenkirchenaus, die sich in katholischen Hnden befinden, besondersdie von des Knigs Vater gegrndeten und ihm, Sigis-mund, selbst vererbten fabricae, Kirchengebude. ^) UnterAvitus' Einflu stand die Synode zu Epao. Er hofft, dajene in Zukunft unbenutzt verfallen werden. Da dasEigenkirchenrecht als solches ausgerottet, angegriffen oderauch nur berhrt wird, vermag ich wieder nicht zu sehen.Es ist keine Rede davon, da das Leitungs- und Ver-mgensinteresse auch an den Privatkirchen die Bi-schfe dazu drnge, die arianische Kirchherrschaft ent-

    ^) Petisti ut indicarein, utrum haereticorum oratoriasive basilicae ad usus possent nostrae religionis aptari, cum con-ditores earum ad catholicum se legem erroris correctione trans-tulerint Istud quod de oratoriis vel basiliculis privatisinterrogasti, perinde ut de ecclesiis eorum difficile definitur.Hoc namque suadendum est catholicis regibus, quod de subiecliseorum fuerit constitutum, l'nde primum quaeso, si a principeregionis nostrae, cuius nobis deus pF-aestitit in vera religioneconsensum, sortis suae antistites consulantur, utrum responderepossinuis fabricas a patre suo liaereticis institutas catholicis debeiepartibus adplicari. Quod si aut nos suadeamus aut ille con-sentiat , |)ersecutionem in .'^e commotam haeretioi non in-merito causabuntur, cum catliohcam mansuetudinem cahimniashaereticorum atque gentilium plus deceat sustinere quam facereetc.Alles weitere ist vollends klar.

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    Avitus ber die Eigenkirchen. 27weder absterben zu lassen oder den rmischen Formenund kanonischen Forderungen anzupassen, obgleich sichAvitus darauf beruft, das kanonische Recht zu Rate ge-zogen zu haben. Xicht einmal als Hintergedanke wirdman derartiges annehmen knnen. Die Grnde, die Avitusfr seinen Rat der Xichtbernahme gibt, und die fralle arianischen Kirchen gelten, fhren auch nicht mittel-bar darauf. Avitus bringt kurz praktisch-politische undin breiter Ausfhrung religis-sittliche Grnde vor. Dieletzteren sind, da man entweihte Sachen nicht heiligenkann wie Personen, die durch ihre innere Wandlung dieVoraussetzung dafr schaffen, und da man es den Ari-anern nicht nachmachen darf, die sich katholische Kirchenmit roher Hand angeeignet haben (saeviunt, cum possunt,foedis unguibus alienarum aedium pervasores, sed vimintendere, loca pervadere, altaria commutare non per-tinet ad columbam, p. 38i7fr.) und ebensogut die Kirch-weihe \\\e die Taufe verdoppeln knnen; die ersteren:da er den Vorwurf einer gleichen Verfolgung, das Rhmenmit einem Martyrium auf arianischer Seite, endlich undnamentlich Racheakte frchtet und zu vermeiden wnscht,fr die Zukunft, weil der Wind, der von oben weht,wieder umschlagen, fr die Gegenwart, weil einer derlebenden (arianischen) Knige natrlich ist Theoderichder Groe gemeint an den Katholiken seines eigenenReiches den Zorn ber diese Verfolgung seiner Glaubens-genossen in Burgund auslassen knne. Avitus wei also,dfj. wenn auch (\*t Knig und viel

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    28 Einleitung.werden wrde.') Das geschdigte und deshalb zu frch-tende Subjekt sind also die haeretici, zu denen eben derKnig und die bergetretenen unter den Grundherrennicht mehr gehren. Von einer Verletzung der grund-herrlichen Eigentums- und Leitungsinteressen, also einerRechtsberaubung in dieser Hinsicht, von einer aus dieserEcke und diesem Grunde zu befrchtenden Rache unddem Rate, eben deshalb auf Adaptierung der arianischenKultgebude und ihres Inventars^) und speziell derPrivatkirchen zu verzichten, finde ich nichts gesagt;Stutz trgt diese von anderswoher gewonnenen Gesichts-punkte in den Text hinein, der an sich fr einen Avitusauerordentlich klar ist.

    So wenig ist also von Ausrottung des Eigenkirchen-wesens die Rede, da man sich abermals zu derVermutunggedrngt sieht, schon Avitus habe im Eigenkirchenwesenals solchem nichts Bedenkliches mehr gesehen und derEpiskopat habe in der Zeit der Arianerherrschaft sichbereits daran gewhnt, auf einen Teil seiner Rechte zu-gunsten der groen Grundherren zu verzichten^), d. h.das arianische Eigenkirchenrecht sei schon von derkatholisch-burgundischen Kirche rezipiert, ehe es durchdie Konversion der arianischen Grogrundbesitzer direktinnerhalb der nun einheitlichen katholischen Landeskirche

    *) Daraus ergibt sich ein neuer schlagender Beweis fr dieAnsicht, die ich in meiner Schrift >)ie Anfnge des Christentumsbei den Burgundern S. 26 f. auf Grund des Avitusfragmentesbei Gregor II, 34 ausgesprochen habe: da der Arianismus geradeim Volke haftete und Gnndobad aus Rcksicht auf den alten Glaubendes Volkes nicht bertrat; s. auch unten S. lOy ff.

    -) Avitus redet nur von den heiligen Gebuden (fabricae) unddem heiligen Gerte (ministeria, id est patenae pateraeque) hchstausfhrlich, aber kein Wort von terrae, die dazu gehren.

    M (lan. 25 von Epao lt sich ganz verstehen wie c. 83 desIV. Aurel., s. o. S. 13 ff. Versetzt man sich in Inhalt und Stim-mung etwa des 75. Briefes des Avitus, so wird man das nicht un-begreiflich finden (s. u. S. 113f.).

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    Fortleben der Eigenkirchen in Burgund. 29zu wirken begann. Das Letztere geschah nun aber un-AveigerUch, sowie man nach Avitus' und der Vter von EpaoWeisung in der Hoffnung auf Selbstzerfall der Kirchendurch Nichtbesuch den zwiespltigen, widerspruchsvollenZustand ignorierte, da die burgundischen katho-lischen Grundherren arianische Privat-kirchen auf ihren Territorien behielten, derKnig an der Spitze/) also Kultsttten, an denen nichtnur von arianischen Klerikern fr die haeretici hretischerGottesdienst abgehalten wurde, sondern die nach bis-herigem arianischen Kirchenrecht im Eigentum ihreskatholischen Kirchherrn standen. Hat dieser Zustandan der einen oder anderen Stelle bis zur Einverleibungins Frankenreich gedauert und sind die betreffendenGrundherren zu frnkischen Untertanen geworden, soist an diesen Stellen das arianische Eigen-kirchenrecht direkt ins Frankenreichmiteingewandert. Die Frage ist also im Grundedie, ob die folgende Zeit den von Avitus erhofften rascheninneren Verfall des burgundischen Arianismus und damit dieewige Witwenschaft der von ihren Glubigen verlassenenArianerkirchen herbeigefhrt oder doch begnstigt hat.

    Es ist aber eine irrige Vorstellung, da die folgendeZeit der Herrschaft der katholischen Hierarchie durchausgnstig gewesen sei (u. S. 109ff.). Selbst unter dem kurzenRegiment Sigismunds gab es Konflikt und Entfremdungzwisch*en Hierarchie und Krone, und sein arianisierenderBruder Godomar, der sechs Jahre nach Epao den Thronbestieg, um ber ein Jahrzehnt ihn zu behaupten, ver-langte schon 524 Ehrerbietung vor Kirchen und Priesternohne jeden l'ntersehled, also sicher alles anden als Aus-rottung sfjmtlicher aus aria nischer V(;rgangenheit stam-menden Keste, Hechte und Gewohnheiten. Die Zeit war

    *) Man b

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    30 Einleitung.wie dazu goschaffeii, lialbe und widerspruchsvolle Zu-stnde weiter- und ins Frankenreich berzufhren.^)

    Aber auch wenn die burgundischen katholischenGrundherren dem Arianismus auf ihren Territorien einEnde machen wollten, was von dem bedeutendsten, demKnig Godomar, also sicher nicht gelten kann, ist esschlechterdings nicht anzunehmen, da dies mit Preis-gabe alter Herrschaftsrechte ber ihre Kirchen an dieHierarchie geschah; dabei immer vorausgesetzt, da diesesolche Preisgabe berhaupt verlangte. Waren es altekatholische Privatkirchen, die nur okkupiert waren, so warnach c. 33 von Epao die Weiterbenutzung erlaubt. Sonstmuten sich Bischfe bereit finden lassen, trotz can. 33zu Epao, vielmehr nach can. 10 von Orleans, solche Kirchenneu zu weihen. In der Tat war schon Victorius von Gre-noble schwankend, Avitus wollte selbst nur raten, nichtfestsetzen, und der Konflikt mit Sigismund zeigt einenzwiespltigen Episkopat und eine Majoritt neutral oder aufdes Knigs Seite gerade auch in einer Frage, die zu Epaoentschieden war (c.30, s.u.). Ja, man wird es fr wahr-scheinlich, jedenfalls fr mglich halten mssen,da mancherkatholische Burgunder sich auch seinerseits um can. 33von Epao berhaupt nicht kmmerte, sondern in denwirren Zeitluften an seiner Privatkapelle einfach nun einenkatholischen Kh^riker statt eines arianischen anstellteund eine Reinigungsweihe durch den Bischof gar nichtnachsuchte. In allen diesen Fllen war das arianischeE i g e II k i r c h e n r e c h t schon vor der A n -n (^ X i n rezipiert und ging bereits alskatholisches in das F r a n k e n r e i c h hin-ein, in dem dann mit dem 10. Canon des I.Aurel. auchdas Hindernis des bernahmeverbotes wegfiel. Was anarianischen, nicht gereinigten Kapellen auf seinen Terri-torien noch vorhaii(i'ii sein mochte, konnte nun der

    *) Ganz ahnlich wie die letzte Zeit des Suevenreichs, ob. S. 8, A. 2.

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    Die biirgundischen Eigenkirchen und die frnkische Kirche. 31Franke gewordene burgundische Grundherr ohne Schwie-rigkeit von seinem Bischof umweihen lassen. Und das-selbe gilt endlich auch von den arianischen Eigenkirchen,deren Herren nun erst, nach 534, nach dem bergangins Frankenreich katholisch wurden. Da sich die Hresiebis zu dieser Zeit strichweise hielt, mu nach dem Bis-herigen angenommen werden und wird direkt bezeugtdurch c. 34 des III. Aurel. von 538.^)

    Die Bestimmungen des IV. Konzils von Orleansaus dem Jahre 541, auf dem der burgundische Episkopatprvalierte, auf dem unter dem Vorsitz des Bischofsvon Bordeaux z. B. der Bischof von Genf, dem Mittel-punkt burgundisch-arianischen Lebens, sa, erfahren durchalles dieses die genauere historische Begrndung.

    Der historische Beweis fr die von mir vertreteneThese scheint mir damit gefhrt zu sein. Innere unduere Grnde, die Natur der Sache und die Zeugnisse

    *) Der Kanon bedroht den Grafen (iudex) mit Exkommuni-kation, der einen Priester der bonosianischen oder anderen Hresiewegen einer an Kathohken vollzogenen Wiedertaufe (also derspezifisch arianischen Eigentmlichkeit) nicht zur Verantw^ortungzieht. Das beweist sogar arianisch -bonosianische Propaganda,vermutlich eben in Burgund, und deutet auf eine Lauheit derRegierungsorgane, die sich am besten erklrt, wenn man die Hre-tiker unter den politisch-sozial einflureichen Leuten sucht, diesich ihre eigenen hretischen Priester an ihren Kapellen hielten.Weil die Kirche allein an sie nicht herankam, macht sie den welt-lich

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    32 Einleitung.der Quellen weisen auf die gleiche Linie. Wir sehen dasResultat und die Wege, die dazu fhrten.

    Ich fasse noch einmal zusammen, wie sich mir derGang der Ding demnach darstellt: die wirtschaftliche Ent-wicklung der Sptantike, mit ihrer Ausbildung der groenGrundherrschaften frderte allgemein die Entstehung vonPrivatkirchen. Whrend aber das altkirchliche Recht, kon-sequent gipfelnd in dem Edikt des Gelasius, der privatenKirchherrschaft ungnstig war, lagen fr eine solche so-wohl nach Seiten der Kirchenleitung (Entnahme der Klerikeraus dem lokalen Umkreis), wie nach Seiten des Vermgens-rechtes (Verselbstndigung der Landkirchen) schon inder bisherigen, auf rmisch-rechtlichem Boden sich voll-ziehenden Entwicklung Anknpfungen^), zumal in Sd-

    *) Siehe oben S. 18. A. 2. Das Gesetz von 398 ist zwar zu-nchst von Arcadius fr den Orient erlassen (im galatischenMnizos an den praef. praet. orientis Eutychianus, also nicht uneConstitution cel^bre d'Honorius, wie I m b a r t S. 63 sagt), hataber fr beide Reichshlften Geltung und setzt ein allgemeinesVorkommen von Privatkirchen voraus, das wir auch fr den Westenannehmen drfen: Ecciesiis, quae in possessionibus, ut adsolet,diversorum, (d. h. auf den Gtern der blicherweise zerstreut oderentlegen wohnenden einzelnen Possessoren, also diversi wederMehrere, noch Verschiedene, was einen befriedigenden Sinnnicht ergibt) vicis etiam vel quibuslibet locis sint constitutae,derlei non ex alia possessione vel vico, sed ex eo, ubi ecclesiamesse constiterit (I m b a r t falsch: constituit), eatenus ordinentur,ut propriae capitationis onus ac sarcinam recognoscant: ita ut,j)ro magnitudine vel celebritate uniuscuiusque vici ecciesiis certusiudicio episcopi clericorum numerus ordinetur. Von einer privatenKirchherrschaft sagt die Stelle nichts. Aber die wichtigste An-knpfung dafr lag doch in der Agrarisierung der Spt-antike, wie sie Max \V eher in seiner inhaltreichen SkizzeAgrargesch. (i. Altert.), Handwrterb. der Staatswiss. I, 180 f.geschildert hat, vgl. schon Rom. Agrargesch., S. 260 ff. (1891),dazu Mommsen in dem schnen nachgelassenen Aufsatz berBoden- und Gold Wirtschaft der rm. Kaiserzeit, abgedr. in Ges.Sehr. V. (Hist.Schr. II), 589 ff., in dem er S. 598 f. auf die Gleich-artigkeit der Entwicklung im ganzen Reiche, auf die Gleichfrmig-keit der Wirtschaft und des Luxus im Grogrundbesitz berhaupt

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    Die Entwicklung des Eigenkirchenwesens. 33gallien. Dabei ist weder das Ma ihrer Ausbreitungund Wirkung festzustellen, noch nachzuweisen, ob undwieviel dazu bereits der Einflu der germanischen Be-siedelung beigetragen hat, die den Schwerpunkt der Ent-wicklung immer mehr auf das Land verlegen mute.Indem die gotisch-burgundischen Arianer, die die heimi-schen Traditionen eines Eigentempelwesens oder dochPrivatkultes mitbrachten, auf den Gtern der rmisch-katholischen Possessoren, die ihr Eigentum mit ihnen teilenmuten, neben die dem Dizesanbischof unterstehendePrivatkirche derselben ihren eigenen Kultraum setztenbzw. jene okkupierten, ohne fr ihre Person durch Hierar-chie und kanonisches Recht gehemmt zu sein, schufensie ein Eigenkirchenwesen und fhrten dadurch auchauf der Seite der katholischen Provinzialen die Entwick-lung zur Kirchherrschaft weiter. Es war schon vor 541in ganz Sdgallien ein katholisches Eigenkirchenwesenhinweist. Die rmische villa drang eben tatschlich bis an die Gren-zen Schottlands vor, und wenn auch im Norden Galliens rmischerGrogrundbesitz nur wenig vorgekommen sein mag (vgl. v. H al-ba n, Das r. R. in d. germ. Volksst. II, 289, Gierkes Unters, z.d. St.- u. RG. 64), fr den Sden und selbst Zentralgallien gilt dassicher nicht. Damit waren gleichmige Anknpfungen gegeben,die auch kirchlich in diesen sptantiken Grundherrschaftendie Vorstufe des Mittelalters erkennen lassen. So gut, wie esblich war, seinen Renn.stall, seine F'ischteiche, seine Literaturecke7.11 haben, wird es auch in der gesamten Reichsaristokratie zumguten Ton gehrt haben, seine Kapelle, seine Bequemlichkeits-kirche, zu besitzen. Da sich trotzdem nur da, wo das ger-manische Element durch Besiedelung und Hospitalitthinzutrat, [rivatr* Kirch herrschaft ausbildete,hier aber berall, darin sehe ich die eine Hauptsttze derStutz sehen These. Was dagegen P. T h o m a s in der oben S. .',A. 1 genannten Monographie S. '.iO gegen Stutz einwendet, beruhtteils auf mangelhafter I)iHtinktion (Zusammenwerfen von Rrivat-und Eigenkirchen), teils auf ganz unzureichender C^uellenk'nntnis(viel zu sp.lter Ansatz d*s Eigf*nkirrh(;nwesens bei Langobarden,\VestgoU;n und Sueven, Ignori'rung drs Arianisinus). f'bei- dlUrsprnge der Erscheinung gibt das Buch kein Licht.

    Schubert, .Staat un

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    34 Einleitung.im Entstehen, das bei dem bertritt der Arianer mitdem ihrigen zusammenflo. Vom Sden des Franken-reiches ist die Entwicklung in den Norden gedrungenund hat auch hier, wo sich Eigentempeltraditionen undHierarchie ohne die Vorstufe zahlreicher rmischer Privat-kirchen, ohne das Bindeglied des Arianismus schroffergegenberstanden, die Hemmungen im 6. und 7. Jahr-hundert berwinden lassen, so da es im 8. als vlligdurchgedrungen angesehen werden kann und im 9. re-guliert und als auf den alten Canones fuend von MeisterHinkmar mit Erfolg verteidigt werden konnte. DieserGang der Dinge auf frnkischem Boden erfhrt seineBesttigung durch die Analogie auf italienisch-lango-bardischem Boden, wo der bergang des arianischenEigenkirchenwesens in die katholisch -langobardischeLandeskirche und von da sogar in die nicht langobardi-schen Landesteile Italiens zweifellos ist, s. S. 124 ff. DasZusammenflieen dieses von Italien ausgehenden Stromesmit dem gallisch-frnkischen im 8. und 9. Jahrhunderthat die Rechtsentwicklung vollends zum Siege gefhrt.

    Der Arianismus hat also die ganze folgende Ent-wicklung tatschlich beeinflut, mindestens als ihr Hebelgedient. Liegt aber hier eine Einwirkung vor, so fhrt mag es sich mit Angelsachsen und Nordlndern, berdie Einzeluntersuchungen noch ausstehen, verhalten, wiees wolle^) bei der magebenden Bedeutung der Franken

    *) Die angekndigte Arbeit Bhmers ber die Angel-sachsen ist noch nicht erschienen. Auf eine eigentmliche Verbin-dung des germanischen Gefolgschaftsgedankens mit dem Eigen-klosterwesen (Beda, ep. ad Egb. de discipl. eccl. ed. Giles I, 128)habe ich in Hoops' Reallex. d. germ. Alt. I, 225 (Art. Be-kehrungsgeschichte) hingewiesen. Die altnordischen Verhltnissehat K. Maurer in seinen (nachgelassenen) Vorlesungen ber alt-nord. RG., II. Altnord. Kirchenverf. n. Eherecht, S. 63 ff. 1908behandelt. Danach hatte die skandinavische Ausgestaltung derEigenkirchenidee ihre besonderen, von der kontinentalen abwei-chenden Eigentmlichkeiten. Man kann darin einen Beweis dafr

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    Das staatskirchenrechtliche Problem. 35fr das Mittelalter allerdings eine Linie vom arianischenEigenkirchenwesen bis in die groe Rechtsentwicklungdes Mittelalters hinein.

    Es fragt sich, ob dasselbe von der anderen Seite derzur Diskussion stehenden Frage, unserem Hauptproblem,das durchaus dem ffentlich-rechtlichen Gebiet angehrt,dem staatskirchenrechtlichen, gleichermaen gilt. DieRechtsansprche, die frnkische Grundherren in bezugauf einzelne Kirchen im 6. und 7. Jahrhundert erhoben,treten fr uns nur ans Licht, wenn die Synoden sich zueiner Auseinandersetzung und Abwehr veranlat sahen;man darf hoffen, da die Stelle, die sich Chlodwig beider Neuordnung der ganzen Kirche zusprach , als einStck seiner weltgeschichtlichen Wirksamkeit deutlicherzutage tritt. Auch hier habe ich dem Gedanken einescharfe apodiktische Form gegeben: Indem ChlodwigKatholik wurde in Dogma und Kultus, nahm er dochvom Arianismus mit entschlossener Hand fr seine Kirchedie Grundstze der Verfassung auf (S. 29). In der all-gemeinen Anschauung, an der auch mir bei diesemganzen Komplex von Problemen am meisten liegt, vonsehen, da die kontinentale Entwicklung einen einheitlichen Aus-gangspunkt in den rmischen Voraussetzungen und der arianischenStufe hat. Auf der anderen Seite ist die Tatsache der norwegi-schen hoegindiskirkja (Bequemlichkeitskirche) zusam-men mit der Tatsache der islndischen Privat-tempel, dieauf norwegische zurckweisen, (Maurer,Island S. 28) also auf eine heidnischf Vorstufe jener Privatkirchen,der stichhaltigste Bfweis fr die Existenz einer germanischen undnicht etwa nur rmischen oder rmisch-keltischen Wurzel der Er-scheinung, die zweite Hauptsttze der Stutzschen Orundthese;wenn es auch diinkf-l hW-iht, wieweit diese nordischen Eigentein|)elzunjckn.'ichen und ob die Zeit, da sich die gotischen Stniiiie unddie langobardischen Srharen aus den rsitzen nrdlich und sdlichder Ostsee lsUm, berhaupt bereits Tempel und vollendb privateRechte an Temfieln kannte. Im brigen ist bemerkenswert, daauch gerade irn sehwedischen (Jotland eine Parallele zur norwegi-schen Bequemlichkeitskirche zu konstatieren ist.

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    36 Einleitung.der Einwirkung des Germanismus auf das kirchlicheRecht, treffe ich mit Stutz auch hier wieder durchauszusammen. Der obige Satz klingt, wie ich erst jetztsehe, zufllig wrtlich an das an, was Stutz, Benefizial-wesen, S. 135 schrieb: Wohl mochte der hl. Remigius,als er bei der Taufe Chlodovechs sein berhmtes , Sanftneige das Haupt, Sigambrer' aussprach, nicht nur dieUnterwerfung der Franken unter die christliche Lehreim Auge gehabt haben, sondern zugleich von der frihn selbstverstndlichen Voraussetzung ausgegangen sein,da die Neubekehrten sich jeder nderung an denEinrichtungen und dem Rechte der Kirche enthaltensollten. Aber whrend im Dogma der Ger-manismus naturgem kaum sprbarwurde, machte er sich auf dem Gebietedes Icirchlichen Rechts immer mehrgeltend, vor allem im kirchlichen Vermgens- undVerwaltungsrecht. Auch darin stimmt Stutz mir vollzu, da wie das Eigenkirchenwesen so auch das Lan-deskirchentum der Folgezeit germanische, unverkenn-bar deutsche Zge trgt (Intern. Woch. Sp. 1637), dasich also auch hier alte germanische Rechtsauffassung,diesmal vom nahen Verhltnis des Staates zur Religion,geltend macht. De