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Brand: Sc~hwefelilmmonium und die Sulfide etc. 449 Schwef elammonium und die Sulfide des Natrinms als partielle Rednktionsmittel fur aromatische Dinitro- nnd Pol y nitroverbindungen ; K. Brand, von (Mitteilung aus dem physikalisch-chemischeri lnstitut von Prof. Dr. Elbs zu GieSen.) Im Laboratorium bedient man sich zur partiellen Re- duktion arornatischer folynitroverbindungen allgemein des Schwefelammonims, wiihrend in der Technik den Sulfiden des Natriums der Vgrzug gegeben wird. Letztere finden im La- boratorium deshalb seltener Verwendung, weil die Wirkungs- weise dsr einzclnen Sulfide auf die Polynitroverbindungen nicht geniigend bekannt ist und man daher oftmals andere Produkte erhalt, als man nach den Erfahrungen mit Schwefel- ammonium erwarten sollte. Angaben uber Reduktionen mit Natriumsulfiden finden sich vorwiegend in Patenteu. Sie sind also in der Literatur ziemlich verstreut, oftmals widersprechen sie sich auch. Eine systematische Untersuchung dieses Gegen- standes erschien mir aus diesen Gfinden nicht unwichtig. Sind die Vorgange bei der Reduktion aromatischer Polynitro- verbindungon mit Eilfe von den Sulfiden des Natriums auch noch nicht bis in alle Einzelheiten geklkt, so gewghren die bisher gewonnenen Resultate immerhin schon einen Einblick in die hier obwaltenden Verhaltnisse, der fur die Verwendung der Sulfide des Natriums von Vorteil sein diirfte und schon jetzt eine Veroffentlichung der Uotersuchung rechtfertigt. Mit der Einwirkung von Natriumsulfid (Na,S) auf die drei stellungaisomeren Dinitrobenzole hat sich C. A. Lobry de B r u y n l ) eingehend befafit und gefunden, daB es auf die 1) CB 1901, 11, 202; 1901, I, 1289 u. 1290; Rec. trav. chim. Pays. Bas 90, 115-120; 20, 121-140; 141-143.

Schwefelammonium und die Sulfide des Natriums als partielle Reduktionsmittel für aromatische Dinitro- und Polynitroverbindungen

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Page 1: Schwefelammonium und die Sulfide des Natriums als partielle Reduktionsmittel für aromatische Dinitro- und Polynitroverbindungen

Brand: Sc~hwefelilmmonium und die Sulfide etc. 449

Schwef elammonium und die Sulfide des Natrinms als partielle

Rednktionsmittel fur aromatische Dinitro- nnd Pol y nitroverbindungen ;

K. Brand, von

(Mitteilung aus dem physikalisch-chemischeri lnstitut von Prof. Dr. Elbs zu GieSen.)

Im Laboratorium bedient man sich zur partiellen Re- duktion arornatischer folynitroverbindungen allgemein des Schwefelammonims, wiihrend in der Technik den Sulfiden des Natriums der Vgrzug gegeben wird. Letztere finden im La- boratorium deshalb seltener Verwendung, weil die Wirkungs- weise dsr einzclnen Sulfide auf die Polynitroverbindungen nicht geniigend bekannt ist und man daher oftmals andere Produkte erhalt, als man nach den Erfahrungen mit Schwefel- ammonium erwarten sollte. Angaben uber Reduktionen mit Natriumsulfiden finden sich vorwiegend in Patenteu. Sie sind also in der Literatur ziemlich verstreut, oftmals widersprechen sie sich auch. Eine systematische Untersuchung dieses Gegen- standes erschien mir aus diesen Gfinden nicht unwichtig. Sind die Vorgange bei der Reduktion aromatischer Polynitro- verbindungon mit Eilfe von den Sulfiden des Natriums auch noch nicht bis in alle Einzelheiten geklkt , so gewghren die bisher gewonnenen Resultate immerhin schon einen Einblick in die hier obwaltenden Verhaltnisse, der fur die Verwendung der Sulfide des Natriums von Vorteil sein diirfte und schon jetzt eine Veroffentlichung der Uotersuchung rechtfertigt.

Mit der Einwirkung von Natriumsulfid (Na,S) auf die drei stellungaisomeren Dinitrobenzole hat sich C. A. L o b r y de Bruyn l ) eingehend befafit und gefunden, daB es auf die

1) CB 1901, 11, 202; 1901, I, 1289 u. 1290; Rec. trav. chim. Pays. Bas 90, 115-120; 20, 121-140; 141-143.

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450 Brand: Schwefelammonium und die Sulfide etc.

Orthoverbindung substituierend, auf die Meta- und Para- verbindung hingegen reduzierend wirkt. J e nach den Ver- suchsbedingungen liefert o-Dinitrobenzol o-Dinitrodiphenylsuifid o der o-Nitrothiophenolnatrium :

+ 2NaNOe.

NO2

v 2 (7'. c Na,S =

NO, NO,

\/ )\/

/\. SNa no' + Na,S = I + NaNO,.

m-Dinitrobenzol w i d vom Natriumsulfid zu m-Dinitro- azoxybenzol, p-Dinitrobenzol dagegen zu p-Dinitroazobenzol reduziert. Das Natriumsulfid selbst wird dabei in Natrium- thiosulfat und Natriumhydroxyd verwandelt:

8 -I- 6Na,S + 3H,O =

6 NaOH + 3Na,S,O,.

y \/ I

N-- N

Ahnlich verhalt sich nach B lanksmal ) das Natrium- o-Dinitrobenzol wird disulfid gegen die drei Dinitrobenzole.

*) CB. 1901, I, 1363.

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Brand: Schwefelairimonium und die Sulfide etc. 451

durch Natriumdisulfid demnach in o - Dinitrodiphenyldisulfid verwandelt, wahrend m-Dinitrobenzol und p-Dinitrobenzol zu m-lhitroazoxybenzol bezw. p-Dinitroazobenzol reduziert wer- den. I m 1,2,4-Chlordinitrobenzol wird das Chlor, im 1,3,4- Chlordinitrobenzol je nach den Versuchsbedingungen das Chlor oder eine Nitrogruppe durch die Gruppe S-S ersetzt. Den1 Disul tid ganz analog verhalten sich das Natriumtrisulfid und 4etrasulfid. Sie liefern mit o - Dinitrobenzol Substitutions- produkte , mit m- und p-Dinitrobenzol hingegen Reduktions- produkte. Die Verwendung des Natriumdisulfids zur Uber- fiihrung von Nitrogruppen in Amidogruppen hat sich Joh . K u n z l) patentieren lassen. Als besonderen Vorzug des Natriumdisulfids vor dem Natriumsulfid und den Natrium- polysulfiden gibt das Patent dessen glatte Umwandlung bei der Reduktion in Natriumthiosulfat an, wilhrend Natrium- sulfid z, nebenher Natriumhydroxyd, und Natriumpolysulfid Schwcfel liefert. Natriurnhydroxy d erschwert das Ausbringen des Natriumthiosulfats, wahrend der abgeschiedene Schwefel die Aufarbeitung der Reduktionsflussigkeit kompliziert. Die Wirkung der drei genannten Sulfide des Natriums geben folgende Gleichungen wieder:

Na$, 2 Na$

Na,S(3-5) + 3H,O = Na,S,O, + 1-3s + 611.

+ 8H,O = Na,S,O, + 6H. + 5H,O = Na2S,0, + Ph'aOH + 815.

Als Beispiel fiihrt das Patent die glatte Reduktion des m-Dinitrobenzols zum m-Nitranilin durch Natriumdisulfid an. Diese Angabe steht im Gegensatz zu den Mitteilungen Blanksmas3) , wonach aus dem m-Dinitrobenzol mit Hilfe von Natriumdisulfid fast quantitativ m-Dinitroazoxybenzol ent- stehen soll. Wie wir spater sehen werden, bediirfen sowohl die

') D.R.P. 144809; CB. 1903, I, S. 813. Es sei hier gleich bemerkt, daB Natriumsulfid die meisten Poly-

nitrokorper in Aaoxyderivate und nicht in Amine uberfuhrt , also schon aus diesem Grunde das Net,riumdisulfid nicht immer ersetzen kanu. Die stark alkalische Losung, welche bei Anwendung vou Natriumsulfid ent- eteht, durfte auch, falls iiberhaupt Amine entstehen, auf diese sehr nach- teilig wirken.

Vergl. S. 450.

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452 Bran d : Schwefelarnmonium und die Sulflde etc. Angaben B lanksmas als auch die des Patentes einiger Ein- sc hrhkungen.

A. R e i s e r t und Q. Gol l l ) haben vor einiger Zeit das 2,4 - Dinitrodiphenylamin mit Hilfe von Natriumsulfid zum 2 - Amido - 4 - Nitrodiphenylamin reduziert. Wertvolle Auf- schliisse iiber die Reduktionswirkung des Schwefelwasserstoffs auf Nitroverbindungen verdanken wir H. Gtoldschmidt. Er fand, daB die Reduktionswirkung des Schwefelwasserstoffs durch Natriumhydroxyd beschleunigt wird und von der Konzentration des Nitrokorpers und der Konzentration der Sulfhydrtttionen abhtngig ist. 2,

Ferner fand er, daB Schwefelwasserstoff die Nitrokorper nur bis zu den Hydroxylaminoderivaten reduziert, falls er sich im UberschuB befindet. Vermehrt sich dagegen im Laufe der Reduktion die Menge der Hydroxylionen in der Losung, so geht die Reduktion Zuni Amin weiter.$) Soviel aus den An- gaben hervorgeht, hat er sich nur rnit der Reduktion von Mononitrokorpern befafit. Cohen und Mc Candl i sh4) haben den Schwefelwasserstoff ebenfalls zur Reduktion von Nitro- und Polynitrokorpern verwandt und Hydroxylaminoderivate erhalten. Der diese Arbeit beriihrende Teil meiner Unter- suchungen war schon vollendet, als mir durch das Referat im Centralblatt diese Verijffentlichung bekannt wurde.

AnlaJ3lich seiner Studien iiber die Substitutionsgesetze bei aromatischen Verbindungen hat sich B. E’lurscheim6) eingehend mit der Reduktion aromatischer Nitro- und Poly- nitroverbindungen beschaftigt. Er fand, daB gewisse Nitro- korper unter bestimmten Bedingungen auch in saurer Losung entgegen der ublichen Annahme betrachtliche Mengen Az- oxyverbindungen bezw. Reduktionsprodukte dieser, also Azo- verbindungen und Hydrazoverbindungen, welch letztere aber sofort in Benzidine unigelagert werden, liefern. Auf Grund dieser Beobachtung, die, wie P l i i r sche im angibt, nicht ab- solut neu ist, aber bisher nicht richtig gedeutet wurde, halt

l) Ber. 38, 90 u. ff. (1905). %) Zsitschrift f. Elektroch. 1902, S. 866. 3, Zeitschrift f. Elektroch. 1903, 8. 725. 3 CB. 1905, 11, 1330. !’) Dies. Journ. [Z] 71, 497 11. ff. (1905).

J. chem. SOC. (London) 87, 1257-72.

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Brand: Schwefelammonium und die Sulfide etc. 453 P l u r s c heim die bisherige Formulierung der Bildung von Azoxyderivaten nicht mehr fur ausreichend. Seiner Ansicht nach ist der von Goldschmid t und Ingebrech t sen l ) aur) umfangreichen Messungen gezogene SchluB , daS die bei der Reduktion von aromatischen Nitrokijrpern intermediir ge- bildeten Nitrosoverbindungen in saurer Lasung mit unendlich grol3er Geschwindigkeit weiter reduziert werden, nicht all- gemein giiltig, da unter diesen Umstanden bei der Reduktion in saurer Lasung iiberhaupt keine Azoxyderivate entstehen diirften. Er sieht die Entstehung von Azoxyderivaten aus Nitroso- und Hydroxylaminoderivaten nicht als einen ein- fachen Kondensationsvogang im Sinne der Gleichung :

0 A

R.NO + R.NHOH = .&O -k R.N-NR

an, sondern seiner Meinung nach geht der Wasserabspaltung eine molekulare Anlagerung, vermittelt durch je ein un- gesattigtes (dreiwertiges) Stickstoffatom des Nitroso- bezw. Hydroxylaminoderivats, voraus :

0

1. R.NO + R.NHOH = R.N . NH(0H)R 0

2. R.N . NH(0H)R = H,O + R . N-NR.

Y Dm Zustandekommen der Azoxykondensation ist also an

das Vorhandensein eines dreiwertigen Stickstoffatoms in der -NO- bezw. .NE(OEI)-Bruppe gekniipft. Bei der Reduktion einea Nitrokorpers in alkalischer Losung ist diese Bedingung immer erfiillt, nicht dagegen in saurer Losung, da sich hier das Hydroxylaminoderivat mit der Saure zu einem Salz ver- binden kann, wodurch der Stickstoff in der .NH.OH-Gruppe fiinfwertig und damit gesiittigt wird:

c1 111 V/

R.NHOH + HC1= RNH2 . \H

1) Zeitschr. f. phys. Chem. 48, 435 (1904).

Page 6: Schwefelammonium und die Sulfide des Natriums als partielle Reduktionsmittel für aromatische Dinitro- und Polynitroverbindungen

454 €3 rand : Schwefelaminonium und die Sulfide etc. Diese Salzbildung tritt nun entweder gar nicht ein, oder

die eventuell gebildeten Salze sind hydrolytisch gespalten, wenn pich im Benzolkern des Hydroxylaminoderivats noch eine saure Gruppe befindet, die. die Basizifat der -NHOE- Gruppe herabsetzt. Bei der Reduktion von Nitrokorpern, welche ein sautes Element oder eine saure Gruppe, z. B. C1, N 0,, SO,H usw. enthalten, konnen demnach die Bedingungen fur die Bildung von Azoxyderivaten auch in saurer Losung gegeben sein. D a die Salzbildung bezw. die Hydrolyse der gebildeten Salze schwacher Basen, wie es diese Hydroxyl- aminokorper sind, von der Saurekonzentration wesentlich he- einfluSt wird, so wird auch die Menge der gebildeten Azoxy- derivate von der Konzentration der Siiure abhangen. Mit steigender Saurekonzentration sinkt - entsprechend der groBeren Menge gebildeten Salzes, bezw. der abnehmenden Hydrolyse der gebildeten Hydroxylaminsnlze - die Ausbeute an Azoxyverbindungen, wahrend sie mit abnehmender Saure- konzentration infolge der geringeren Menge Salz, welches sich bildet, bezw. groBeren Hydrolyse der Salze steigt. Seine hier in Kurze wiedergegebene Auffassung sucht F l i i r sche im durch eine Reihe von Versuchen zu stiitzen und seine Ver- suchsergebnisse stehen , was die saure Reduktion aromatischer Nitroverbindungen anbelangt , in gutem Einklang mit den Schliissen F lu r sche ims . Ob die von Fl i i r sche im zur Er- klarung der Reduktionsvorgange herangezogenen Faktoren allein fur die Versuchsresultate verantwortlich zu machen sind, oder ob hier noch andere Verhaltnisse obwalten, sol1 nicht ent- schieden werden. Die Vorgange bei der Reduktion aroma- tischer Dinitro- und Polynitrokorper in ammoniakalischer Losung mit Hilfe von Schwefelwasserstoff fand F l u r s c h e i m hingegen nicht vereinbar mit den aus seiner flberlegung ge- zogenen Schlussen. I n ammoniakalischer Losung sollte man bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols nach El i i r sche ims Entwicklungen sicher nz- Dinitroazoxybenzol erhalten , denn hier muB man doch in dem m-Nitrophenylhydroxylamin drei- wertigen StickstofE (nach Fl i i r sche im die Grundbedingung fur das Zustandekommen der Azoxykondensation) annehmen. Bekatuntlich ist aber Schwefelamrnonium das Reduktionsrnittel par excellence fur die Uberfiihrung aromatischer Dinitro- und

Page 7: Schwefelammonium und die Sulfide des Natriums als partielle Reduktionsmittel für aromatische Dinitro- und Polynitroverbindungen

Brand: Schwefelammonium und die Sulfide etc. 455 Polynitroverbindungen in die entsprechenden Nitraniline. Mit der Elurscheimschen Auffassung stimmt aber das Verhalten des m-Dinitrobenzols gegen Natriumsulfid uberein, d a es nach L o b r y d e Bruyn zu m-Dinitroazoxybenzol reduziert wird. Um einerseits das von seiner Theorie abweichende Verhalten des Schwefelammoniums und andererseits die ver- schiedene Reduktionswirkung des Schwefelammoniums und Natriumsulfids zu erklaren, fiihrt F lu r sche im :zwei Moglich- keiten an. Entweder werden die als Zwischenprodukte auf- tretenden Nitroso- bezw. Hydrox ylaminoderivate vom Schwefel- ammonium mit unendlicher Geschwindigkeit zum Amin weiter reduziert, oder aber - und dieser Erklarung gibt P l u r - sche im den Vorzug - es entstehen bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols mit Schwefelammonium die Nitroso- bezw. Hydroxylaminoderivate uberhaupt nicht, sondern der Sauer- stoff der Nitrogruppe wird zunachst durch Schwefel und dieser d a m durch Wasserstoff ersetzt. Bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols mit Natriumsulfid hingegen sollen die normalen Reduktionszwischenprodukte entstehen, wodurch die verschiedene Reduktionswirkung des Schwefelammoniums und des Natriumsulfids erkliirt ware.

Ich halte diese Erklarung von F l u r s c h e i m nicht fur wahrscheinlich, denn es ist mir gelungen, mit Bilfe von Ammoniumsulfhydrat das m-Dinitrobenzol zum m-Nitrophenyl- hydroxylarnin? wenn auch mit geringer Ausbeute, zu redu- zieren. Damit ist bewiesen, daB wenigstens das eime typische Zwischenprodukt - m-Nitrophenylhydroxylamin - auch bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols mit Schwefelamrnonium auftritt, was von Goldschmid t l ) fur einige Mononitrokorper und von Cohen und M c Uandlish2) fur einige Polynitro- kiirper schon vor langerer Zeit nachgewieuen wurde. Die verschiedene Reduktionswirkung des Natriumsulfids und Schwefelammoniums3) ist meiner Ansicht nltch darauf zuruck- zufiihren, daf3 infolge der vie1 hijheren Hydroxylionenkonzen- tration, die eine Natriumsulfidlosung im Verhiltnis zu einer

l ) Siehe S. 452. 3, Zu Reduktionszwecken findet sowohl Ammoniurnsulfid als auch

%) Siehe S. 452.

Arnmoniumsulfhydrst Anwendung.

Page 8: Schwefelammonium und die Sulfide des Natriums als partielle Reduktionsmittel für aromatische Dinitro- und Polynitroverbindungen

456 Brand: Sehwefelammouium nnd die Sulfide etc. iiquivalenten Schwefelammoniumlosung aufweist, in ersterer die Bedingungen fur die Bildung von Azoxyderkaten viel gun- stiger sind, als in letzterer. Bus den schonen Untersuchungen von E. W. Ki i s t e r l ) sind wir iiber das Verhalten der Sulfide des Natriums genau unterrichtet. Folgende Tabelle, welche K u s t e r s Veroffentlichung entnommen ist, enthiilt die Werte fiir die Hydroxylionenkonzentration bezw. fur die Hydrolyse von n-losungen der Sulfide.

N&a IS,, Natriumdisulfid NI&, Natriumtrisulfid N@,, Natriumtetrasulfid Na,$, Natriumpentasulfid

Konzentration der OH-Ionen

0,0396 0,0298 0,0166 0,0059 0,00285 0,00015

_______

Das Ammoniumsulfid und Ammoniumhydrosulfid sind natiirlich in dieser Tabelle nicht enthalten. Wir konnen aber leicht einsehen, daB die Eydroxylionenkonzentration in ihren

n-Natriumsulfid- liisung sein miissen. Die Hydroxylionenkonzentration einer 'Ilo n-Ammoniaklosung betrggt 0,0015, d. h. derjenigeri einer l/lo n - Natriumsulfidlosung. In einer 'Ilo n-Ammonium- sulfidlbsung mu8 die Hydroxylionenkonzentration aber noch geringer sejn als 0,0015, und in einer lll0 n-Ammoniumhydro- sulfidlijsung wird sie kleiner sein, als in der entsprechenden Ammoniumsulfidlosung.

Die Reduktion eines Nitrokbrpers verlauft entsprechend dem Haberschen Schema2):

n-Losungen viel kleiner als in einer

l) Zeitschr. f. anorq. Ch. 43, 53. %) m-Nitrophenyibydroxylamin gibt schon fur sich mit Natronlauge

sehr rasch m-Dinitroazoxybenzol neben anderen Kondensationsprodukten, mit deren Untersucbung ich noch beschtiftigt bin. Die Annahme, d d das m-9initroazoxybenzol seine Entstebung bei der Reduktion des m- Dinitrobenzols mit Na,S der Umwaudlung des m-Nitrophenylhydroxyl- amins verdankt, andert nichts an der im folgenden erorterten Aus- einandersetzung.

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Brand: Schwefelammonium und die Sulfide etc. 457 R . NO,

I V R . N O A I * '1

R.N-N.R k Y '--. R . NHOH I Y R . NH,

Verlauft die Eondensation zwischen Nitrosoprodukt and 3 y 1 roxylaminderivat schneller als die Weiterreduktion des letzteren zum Amin, so erhalt man eine Azoxyverbindung, bezw. eines ihrer Reduktionsprodukte als Hnuptprodukt des Reduktionsvorganges. 1st aber die Geschwindigkeit, rnit der die Reduktion des Hydroxylaminoderivates zum Amin erfolgt, groBer als diejenige, mit der die Azoxybildung vor sich geht, so erhiilt man als Hauptprodukt eine Aminoverbindung. Die Bildung von Azoxyverbindungen ttus Nitroso- und Hydroxyl. aminoderivaten wird in aufierordentlicher Weise von Eydroxyl- ionen beschleunigt , infolgedessen in stark alkalischer Losung die Geschwindigkeit, mit der die Azoxykondensation erfolgt, diejenige, mit der die Reduktion des Hydroxylaminderivats zum Amin vor sich geht, meist bei weitem iibertriffL2) I n stark alkalischer Losung gehen daher die Nitrokorper in den meisten Piillen bei der Reduktion in die entsprechenden Az- 0x9- bezw. Azo- und Eydrazoverbindungen uber , wabrend dabei in ganz untergeordneter Menge Amine gebildet werden. 1st dagegen die Hydroxylionenkonzentration der Reduktions- fliissigkeit nicht sehr groB und dementsprechend die Be- schleunigung, welche die Kondensationsgeschwindigkeit erfahrt,

l) Zeitschr. f. phy6. Chem. 32, 271 u. ff. *) Bei der kathodischen Reduktion in alkalischer Losung liefern

die Nitrokorper - mit wenigen aber begriindeten Ausnahmen - die entsprechenden Azoxy-, Azo- oder Hydrazoverbindungen. Doch gelingt es auch, durch Zusata geeigneter ,,nbertrlger" die Geschwindigkeit, mit der die Reduktion des Hydroxylaminderivats zum Amin erfolgt, so zu bescbleunigen, daB man auch in stark alkalischer Losung Amine erhalt. Nach dem D. R. P. 130 742 gibt 1;. B. m-Nitranilin bei der kathodischen Reduktion in alkalischer Losung kein m-Azoanilin, sondern m-Phenylen- diatnin, wenn man der Kathodenfliissigkeit e. B. Kupferpulver zufiigt. Vergl. hierau E l b s u. B r a n d , Zeitechr. f. Elektr. VIII, 788.

31 Journal f. prakt. Chemie 121 Rd. 7 4

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458 Brand: Schwefdammonium und die Sulfide etc. sehr gering, so wird die Geschwindigkeit, mit der das Hydroxylaminoderivat zum Amin reduziert wird , diejenige, mit der sich die Azoxybildung vollzieht , ubertreffen. I n solchen Fallen wird man bei der Reduktion eines Nitro- korpers als Hauptprodukt das entsprechende Amin erhalten, wahrend die Azoxyverbindung bezw. Azo- und Hydrazover- bindung nur in geringer Menge entsteht. I n einer IYatrium- sulfidlosung sind die Bedingungen fiir die Bildung von m- Dinitroazoxybenzol ohne Zweifel giinstiger , als in einer Ammoniumsulfid- bezw. Ammoniumhydrosulfidlosung, da die Konzentration der Eydroxylionen in ersterer mindestens 26mal so groS ist als in letzterer. Man erhalt dement- sprechend in Natriumsulfidlosung als Eauptprodukt m-Dinitro- azoxybenzol bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols, wahrend m-Nitranilin als Nebenprodukt , wenn auch in nicht un- betriichtlicher Menge, entsteht. In Schwefelammoniumlosung ist die Geschwindigkeit der Azoxybildung infolge der geringen Hydroxylionenkonzentration so gering, dab sie von der Re- duktionsgeschwindigkeit , mit der das Hydroxylaminderivat in das Amin iibergefiihrt wird, vollstandig iiberholt wird. Das m-Dinitrobenzol wird dem entsprechend vollstandig in m- Nitranilin ubergefiihrt, m-Dinitroazoxybenzol entsteht hochstens in Spuren. 1st diese Auffassung richtig, so mu8 auch Na- triumsulfid m-Nitranilin bei der Reduktion des m- Dinitro- benzols als Hauptprodukt geben, wenn man die Wirkung der Hydroxylionen auf m-Nitronitrosobenzol und m-Nitrophenyl- hydroxylnmin einschrankt. Hierfiir hat sich ein Zusatz von Essigester zur Reduktionsfliissigkeit rtls geeignet erwiesen. Nimmt man die Reduktion des m-Dinitrobenzols in einer Mischung von Alkohol und Essigester mit Natriumsulfid vor, so erhalt man in der Hauptsache m- Nitranilin, wahrend m-Dinitroazoxybenzol als Nebenprodukt entsteht.

Eine auBerordentlich vie1 geringere Hydroxylionenkon- zentration als das Natriumsulfid - namlich nur der 264ste Teil derselben - ist in einer 'Ilo n-Natriumhydrosulfidlosung enthalten, wie man aus der Kiisterschen Tabelle ersieht. Natriumhydrosulfid mug dementsprechend das m-Dinitrobenzol ebenfalls in m-Nitranilin iiberfiihren, wenn die vorhin mit- geteilte Auffassung richtig ist. Der Versuch hat diese Vor-

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Brand: Schwefelammoniuin und die Sulfide etc. 459

aussetzung bestatigt. Natriumhydrosulfid reduziert das m- Dinitrobenzol fast quantitativ zum m-Nitranilin, und m-Dinitro- azoxybenzol entsteht nur in Spuren. Dem Schwefelammonium ist das Natriumhydrosulfid in vielen Fallen ganz entschieden vorzuziehen, weil es nicht wie jenes Schwefel abscheidet, der immer zu Unannehmlichkeiten (StoBen der Plusdgkeit beini Kochen) bei der Reduktion mit Schwefelammonium Anlab gibt. Natriumhydrosulfid geht bei der Reduktion in Natrium- thiosulfat uber entsprechend der Gleichung :

2 NaSH + 3 H,O = Na,S,O, + 8 H.

Wie man aus der weiter unten folgenden Tabelle ersieht, ist der Reduktionewert des Natriumhydrosulfids auch ein vie1 grdSerer, als der des Schwefelammoniums. In der Technik h d e t Natriumhydrosulfid vielfach Anwendung, da man als Nebenprodukt noch das wertvolle Natriumthiosulfat erhiilt. Um seine Brauchbarkeit fur die Laboratoriumspraxis zu priifen, habe ich mit dem Natriumhydrosulfid noch einige andere Polynitrokarper reduziert. Es hat aich dabei sehr gut be- wtihrt.

Eine sehr geringe Hydroxylionenkonzentration , die aber diejenige einer entsprechenden Schwefelammoniumldsung sicher ubersteigt, weist eine n.NatriumpentasuIfidlosung auf. Da die OR - Ionenkonzentration der Schwefelnatriumlosung noch nicht hinreichend ist , die Kondensationsreaktion zwischen Nitroso- und Hydroxylaminoderivate so zu beschleunigen, daS iiberhaupt keine Weiterreduktion zum m -Nitrandin eintritt, so muBte vermutet werden, daB in einer Natriumpentasulfid- losung, welche nur etwa den 14. Teil der OE-Ionenkonzen- tration einer entsprechenden NatriumsulfidlSsnng aufweist, die Kondensation zwischen Nitroso- und Hydroxylaminoderivat so langsam vor sich geht, da8 sie im Verhatnis zur Ge- schwindigkeit , mit der da0 Hydroxylaminderivat ins Amin iibergefiihrt wird, ganz zurucktritt. Dabei ist fiir die Bildung des m-Nitranilins noch besonders vorteilhaft, daR im Gegem- satz zum Natriumsulfid, welches in Natrinmhydroxyd und Natriumthiosulfat iibergeht, das Natriumpentasulfid eine neu- trale Losung liefert, da es nur Natriumthiosulfat gibt. Die Versuche ergaben, daB Natriumpentasulfid das m-Dinitrobenzol

31 *

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460 Brand: Schwefelammonium und die Sulfide etc.

quantitativ in m-Nitranilin iiberfiihrt und dab 'm-Dinitroazoxy- benzol hochstens spurenweise sich bildet.

Beim Natriumdisuifid lief3 sich aus der Ki i s terscheri Tabelle nicht ohne weiteres ersehen, wie es auf m-Dinitro- bcnzol wirken wiirde, denn in seiner lil0 11-Losung ist die OH-Ionenkonzentration noch eine sehr groBe. Zu dem kam noch, daB sich die beiden Angaben, welche sich iiber die Wirlrung des Natriumdisulfids auf m- Dinitrobenzol in der Literatur finden, widersprechen. Nach B lanksmal ) sol1 Natriumdisulfid das m-Dinitrobenzol quantitativ in m-Dinitro- azoxybenzol iiberfiihren, wahrend nach dem R u n z schen Pa- tent 2, bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols mit Natrium- disulfid m - Nitranilin erhalten werden SOH. Bei einer Anzahl von Versuchen wurden 87 m-Nitranilin, 5,5 m-Dinitro- azoxybenzol und etwtts unverandertes m-Dinitrobenzol erhalten. Diese immerhin nicht xu vernachlassigende Mengo m-Dinitro- azoxybenzol, welche bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols mit Natriumdisulfid entsteht, zeigt recht deutlich, welchen EinfluB die Hydroxylionenkonzentration auf den Reduktions- verlauf hat.3) Denn das Natriumpentasulfid, das dem Natrium- disuEd sehr nahe steht, dessen Losungen aber eine vie1 ge- ringere OH-Ionenkonzentration als die des Na,S, aufweisen, liefert nur Spuren von m-Dinitroazoxybenzol.

Die Versuche stimmen also mit den oben entwickelten Anschauungen vollstandig iiberein.

Abweichend verhalt sich das 2,4 -Dinitrodiphenylamin,

I) Vergl. Seite 450. Vergl. Seite 451.

8) Herr B l a n k s m a hat mir auf meine Anfrage hin obige, yon seinen Angaben abweichenden Resultate bestiltigt. Wie er mir mit- teilte, ist in seiner Dissertation nichts fiber die Ausbeuten an m-Dinitro. azoxybenzol gesagt. Er erinnert sich, daB die erhaltene Menge m- Uinitroazoxybenzol stets sehr gering war. Die Angabe in den Ree. trav. chim. Pays Bas, daB die Ausbeute an m-Dinitroazoxybenzol bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols mit Natriumdisulfid quantitativ sei, hat sich durch ein Versehen bei der Bearbeitung seiner Dissertation fur diese Zeitschrift eingeschlichen und ist von hicr in d n s Chem. Centralbl. iibergegangen.

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Brand: Schwefelammonium und die Sulfide etc. 461

welches nach A. R e i s s e r t und G. Gol l l ) nicht das ent- sprechende Azoxyderivat, sondern 2-Amino-4-Nitrodiphenyl- amin gibt, wenn man es mit Natriumsulfid reduziert. Dieses Verhalten entspricht aber der von E 1 bs 3, aufgefundenen Regel, nach der die 0- und p-Nitraniline und 0- und p-Nitro- phenole bei der Reduktion auch in alkalischer Lbsung die entsprechenden Amine geben. E l b s fiihrt das anormale Ver- halten dieser Verbindungen darauf zuriick, daB sich die durch Reduktion gebildeten 0- und p-Nitrosoaniline bezw. 0- und p -Eydroxylamninoaniline und die 0- und p- Nitrosophenole bezw. 0- und p- Hydroxylaminophenole in 0- bezw. p-Chinon- abkiimmlinge verwandeln, die keine Azoxyverbindungen liefern kbnnen, sondern zu Aminen weiter reduziert werden. Fur das o-Nitranilin diirfte der Reduktionsvorgang durch folgende Formeln wiederzugeben sein :

NH, NH NH,

I I * v\ NH,

(\,/ /\A /\,/ I 1 + H , O - - + ' -+ \A\

I +WOH NH

Fur das 2,4-Dinitrodiphenylamin mu8 der Reduktions- vorgang also folgendermafien formuliert werden:

I) Siehe Seite 452. Natriumhydrosulfid in auBerordentlich glatter Weise.

2, Zeitschr. f. Elektr. 7, 134 (1900/1901).

Ubrigens gelingt diese Reduktion auch mit

Page 14: Schwefelammonium und die Sulfide des Natriums als partielle Reduktionsmittel für aromatische Dinitro- und Polynitroverbindungen

462 Brand: Schwefelammonium und die Sulfide etc.

I --f NH .

I I NH --t N I I

Zum SchluB sind in der folgenden Tabelle die Resultate, welche bei der Einwirkung von Ammoniumsulfid, .hydrosulfid, Natriumsulfid, -disulfid, -pentasulfid und -hydrosulfid auf m- Dinitrobenzol erhalten wurden , zusammengestellt. Bei fast allen Versuchen wurden Spuren von m - Phenylendiamin er- halten, welche mit Hilfe der Bismarkbraunreaktion nach- gewiesen wurden.

- ~ - ..~ __

~ .~ ~~ - __ . __ - _ ~ _ -

1. Ammo ni u m su If id.I) (NH,),S = 2NH, + S + 2 H

2(N€I,),S + 3H,O = 2NH, + (NH,),S,O, + sH.

11. Ammo n iu m h y d r o s u 1 f i d. l) NH,SH = NH, + S + 2H

2NH,SH + 3H,O = (NH,),S,O, + 8H.

nur bei einem Vereuch in ganz geringen Spuren

nschweisbar.

NHOH bei /\

vorsichtiger Reduktion: 1 1 ~ 0 ~

\/

l) Bei der Verwendung von Ammoniumsulfid und Ammoniumhydro- sulfid miissen die beiden hier mgefiihrten Gleichungen berucksichtigt werden. Bei der Reduktion groBerer Mengen m-Dinitrobenzol nach der in G a t t e r m a n n s ,,Praxis des organischen Chemikers" 8. 182 (6. Au5.) angegebenen Methode scheidet sich am Boden des Kolben das gebildete Ammoniumthiosulfat in Form einer oligen konzentrierten wPBrigen Losung aus. Quantitative Versuche miissen noch angestellt werden, um festzu- stellen, wie viel des Ammoniumsulfids bezw. -hydrosulfids nach Gleichung 1 und wie viel nach Gleichung 2 reagieren. nbrigens entsteht bei der €tedukt.ion von p-Dinitrobenzol mit Schwefelammonium auch Ammonium- thiosulfat, wie A r p p e (Ann, Chem. 96, 118) angibt.

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Brand: Schwefelammonium und die SuIfide etc. 463

111. N a trium sul fi d. 2 N s S + 5H,O =

2NaOH + NqS,O, + 8H.

IV. N a t r iu m h y dr o s ulf id. 2NaSH -I- 8Hs0 = NapS,O,+ 8H.

V. N e t riu m dis ul f i d. Ns,S, + 8H,O =I Na,S,O, + 6H.

YI. Natrium pent asulfi d. Na,S, + 3H,O =

Na,S,O, + 6 H -+ 3s.

Hauptprodukt

0

0

0

Experimenteller Teil. I. R e d u k t i o n des m-Dini t robenzols .

Das im Handel befindliche m- Dinitrobenzol enth6lt oft- mals, auBer den beiden Isomeren des m-Dinitrobenzols, auch noch Nitrobenzol und hoher nitrierte Produkte. In einer Handelssorte lieBen sich deutliche Mengen Pikrinsiiure nach- weisen, Mehrmaliges Umkristallisieren liefert zwar ein fur manche Zwecke brauchbares Produkt, welches aber immer noch o-Dinitrobenzol und Dinitrothiophen enthalt. Ersteres gibt mit Zink in alkoholischer Kalilauge eine deutliche Blau- farbung l), wahrend letzteres schon von alkoholischem Kali rot gefiirbt wird. Die Wil lgerodtsche Reinigungsmethode2)

I) Vergl. M. Geisenheimer, Ber. 36, 4174 u. $9, 2526. *) Ber. 26, 608.

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464 Brand: Schwefelamrnonium und die Sulfide etc. liefert ein reines m- Dinitrobenzol. Fur die folgenden Ver- suche wurde nur ein nach W i l l g e r o d t gereinigtes m-Dinitro- benzol verwandt.l)

1. Reduk t ion des m-Dini t robenzols mi t Ammonium- su If h y d r a t zum m-N i t r o p h e n y 1 hydro x y 1 a m i n. 17 g m-Dinitrobenzol wurden in einer Mischung von

150 ccm Alkohol und 200 ccm Essigester gelost. Zu dieser Losung gibt man 20 g einer 20prozent., rnit Schwefelwasser- stoff gesiittigten Ammoniaklosung, die man mit 20 ccm Alkohol verdunnt hat; durch Eiskuhlung sorgt man dafur, daB die Re- aktionstemperatur + 5 O nicht iibersteigt. Sehr bald beginnt die Schwefelabscheidung und die Fliissigkeit farbt sich braungelb. Nach 20 Minuten ist die Schwefelabscheidung beendet. Man neutralisiert rnit Essigsaure und filtriert von dem ausge- geschiedenen Schwefel ab. Das Piltrat destilliert man im Vakuum - bis ein Eiickstand von 60 ccm bleibt - ab und spult diesen Riickstand mit wenig Wasser in ein Becherglas. Beim Abkiihlen scheidet sich ein Gemisch von m-Nitranilin und m-Nitrophenylhydroxylamin ab, das man absaugt und auf Ton gut abpre8t. Das Filtrat liefert beim Sattigen mit Koclisalz und Abkuhlen noch mehr m - Nitrophenylhydroxyl- amin. Durch mehrmaliges Umkristallisieren aus Benzol erhalt man das reine m - Nitrophenylhydroxylamin2) vom Schmelz- punkt 118O. Mit Eisenchlorid behandelt, geht es in das bei 90 O-91 O schmelzende m-Nitronitrosobenzol 3, uber.

Bei einiger Ubung laBt sich durch einen einfachen Re- agenzglasversuch die Bildung des m-Nitrophenylhydroxylamins bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols zeigen. Man lost eine reichliche Messerspitze voll m-Dinitrobenzol in wenig Alkohol, fugt einige Tropfen Ammoniumhydrosulfidliisung

I) Bei einem so gereinigten m-Dinitrobenzol tritt naturlieh die bei der kathodischen lteduktion beobachtete Blaufarbung , die durch Spuren von o-Dinitrobenzol verursacht wird, nicht auf. (Vergl. Braud, Ber. 38, 4013 [1905].) An den iibrigen Resultaten andert sich abar auch bei Ver- wendung von nach W i l l g e r o d t gereinigten m Dinitrobenzols niehts.

9, Brand, Ber. 38, 4010 (1905). 3, Bamberger u. Hubner, 36, 3806 (1903).

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B rand : Schwefel~mmonium und die Sulfide etc. 465

zu und erwarmt schwach. Sobald die Braunfarbung beginnt, macht man mit Salzsaure sauer und fugt Eisenchlorid zu. Schuttelt man nun die Flussigkeit mit Benzol, so nimmt dieses das m-Nitronitrosobenzol mit griiner Farbe auf.,

2. R e d u k t i o n des m-Din i t robenzo l s m i t Natriumsulfidk

Zur Vernendung gelangte sowohl kaufliches Natriumsulfid (Na,S + 9H,O), a19 auch eine nach den Angaben von Ki i s te r l ) bereitete Natriumsulfidlosung. Durch Titrieren wurde in beiden Fallen der Gehait an Natriumsulfid ermittelt. Das selbst bereitete Natriumsulfid zeigte, wie zu erwarten war, dieselbe Wirkung wie das kaufliche Natriumsulfid.

a) R e d u k t i o n ohne Zusatz v o n Ess iges te r . 1. 8m-C6H,(N0,), + 6Na,S + 3H,O = 6NaOH + 3”a,SZO, +

C,H,(NO,). N-NC,H,(NO,).

Y 2. 4 rn-C,H,(NO,), + 6NazS -t- 7H,O = 6NaOH -t 3Na&O, -b

4C,H, .(NO,)NH,.

Die Reduktion wurde nach den Angaben voxi L o b r y d e Bruyn a) ausgefuhrt. Die Aufarbeitung geschah in etwas an- derer Weise, da es darauf ankam, nachzuweisen, daS auch die Reaktion 2. vor sich geht. Man dampft die stark alkalische Reaktionsfliissigkeit ein und gieBt den Ruckstand in wenig Wasser. Die erstarrte Masse saugt man ab und kocht sie nach dem Auswaschen mit Wasser mehrere Male mit Salz- saure aus. Das Eiltrat siittigt man mit Ammoniak und gewinnt durch Absaugen und Ausathern das m - Nitranilin. Durch Umkristallisieren aus hei6ern Wasser erhhlt man es rein vom Schmelzp. 114O. Es wurden zwischen 1-2 g m- Nitranilin erhalten. Der in Salzsiiure unlosliche Ruckstand wurde nach den Angaben L o b r y de B r u y n s weiter behandelt und daraus das m-Dinitroazoxybenzol vom Schmelzp. 146,5 O

erhalten.

l) Zeitschr. f. anorg. Chem. 43, 53. 2, Vergl. Seite 449.

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466 Brand : Schwefelamrnoniuin und die Sulfide etc.

b) R e d u k t i o n i n Gegenwar t von Ess iges te r .

17 g m-Dinitrobenzol wurden in 100 ccm Essigester und 150 ccm Alkohol geltist und zu dieser siedenden Losung etwa 1 Mol. (also etwas mehr als die fur m-Dinitroazoxybenzol be- rechnete Menge) Natriumsulfid in Wasser gelost zugefiigt. Die E'liissigkeit farbt sich nicht wie beim vorigen Versuch braunschwarz, sondern braungelb und ist nach Beendigung der Reaktion nur schwach alkalisch. Man destilliert den Alkohol und Ester ab uad gieBt den Ruckstand in Wasser. Die aus- geschiedene Kristallmasse saugt man ab, entfernt das gebildete Natriumthiosulfat durch Auswaschen mit Wasser und kocht schlieBlich einigemale mit Salzsilure aus. l) Den unloslichen Ruckstand filtriert man ab und kocht ihn mit 60-70 prozent. Alkohol, welcher das unveranderte m-Dinitrobenzol, nicht aber das m-Dinitroazoxybenzol aufnimmt. Dieves filtriert man ab und kristallisiert es aus konzentrierter Ameisenslure um. Das m- Nitranilin setzt man sus der salzsauren LGsung durch Ammoniak in Preiheit. Die Ausbeute betrug

an m-Nitranilin: 6-7 &, an m-Dinitroazoxybenzol: etwa 1 g,

wahrend etwa 6 g m-Dinitrobenzol zurtiokgewonnen wurden. Damit ist also bewiesen, daB man m-Nitranilin und nicht

m-Dinitroazoxybenzol als Hauptprodukt bei der Reduktion des m-Dinitrobenzols mit Schwefelnatrium erhalt, wenn man die Wirkung der Hydroxylionen auf die Reduktionszwischenprodukte einschrilnkt.

3. Reduk t ion des m:-Dini t robenzols m i t N a t r i u m - dis u l fid.

Das zur Reduktion verwandte Natriumdisulfid wurde teils aus kliuflichem Natriumsulfid, teils auch aus dem nach K u s t e r bereiteten Natriumsulfid gewonnen. Da iiber die Wirkung dieses Reduktionsmittels in der Literatur sich die Angaben von B l a n k s m a und Kunz widersprechen, wurde eine ganze

I) Verdiinnte Salzsaure nirnmt in der Hitze etwas m-Dinitrobenzol auf. Man muB deshalb die salzsaure Losuug rrach dem Eikalten noch eintnal filtrieren, urn das ausgeschiedene m-Dinitrobenzol zu entfernen.

Page 19: Schwefelammonium und die Sulfide des Natriums als partielle Reduktionsmittel für aromatische Dinitro- und Polynitroverbindungen

B r a n d : Schwefelammonium und die Sulfide etc,. 467 Reihe von Versuchen angestellt, um der Moglichkeit zu be- gegnen, daB unter gewissen Bedingungen m-Dinitroaioxybenzol, unter anderen hingegen m-Nitranilin entsteht. Im folgenden seien nur einige Versuche rtngefiihrt. Die Reduktionswirkung des Natriumdisulfids entspricht den beiden Qleichungen:

NO2 /\/

v I NO,

1. 1 I + Na,S, + H,O = Na,Y,O, + reaktion)

NO*

a) 1 Mol. m-Din i t robenzo l + 1 Mol. Na t r iumdisu l f id (siehe Gle i chung 1).

17 g m-Dinitrobenzol wurden in 170-180 ccm Alkohol gelost und zur siedenden Losung etwas mehr als 1 Mol. Na- triumdisulfid, in Wasser gelost, allmiihlich zugefiigt. Die Re- duktion verlauft recht heftig, indem sich die Losung - unter Abscheidung einer konzentrierten Natriumthiosulfatlosung - gelbrot farbt. Der Alkohol wird abdestilliert und der Riick- stand in Wasser gegossen. Nach dem Absaugen und Aus- waschen des kristallinen Niederschlags kocht man diesen mit verdiinnter heiBer Salzsaure mehreremal aus und filtriert. Im Filtrat fallt man das m-Nitranilin mit Ammoniak. Der in Salzsiiure unlosliche Teil wird mit 60 - 70 prozent. Alkohol zur Entfernung des m-Dinitrobenzols ausgekocht und das un- gelost gebliebene m- Dinitroazoxybenzol aus konzentrierter Ameisensaure umkristallisiert. Die Ausbeute betrug: m-Nitranilin: 12g im Durchschnitt = 87 O,J0 vom m-Dinitrobend, m-Dinitroazoxybenzol: 0,8g ,, ,I =5,5 1 ) ,I 11

wiihrend m - Dinitrobenzol nur sehr wenig znriickgewonnen wurde.

Page 20: Schwefelammonium und die Sulfide des Natriums als partielle Reduktionsmittel für aromatische Dinitro- und Polynitroverbindungen

468 Brand: Schwefelammonium und die Sulfide ete.

b) 1 Mol. m-Din i t robenzo l + Mol. Natr iumdisulf id .

Man verfuhr genau so wie vorhin, jedoch wandte man nur die Halfte Natriumdisulfid an. Die Ausbeute an m- Nitranilin ging entsprechend zuruck , wahrend sehr vie1 m- Dinitrobenzol unangegriffen zuriickerhalten wurde. Es wurden erhalten:

m-Nitranilin = 6 g im Durchschnitt m-Dinitroazoxybenzol = 0,8 g ,, 7,

m-Dinitrobenzol = 6,5g 7 9 77

Die Menge des angewandten Natriumdisulfids ist also auf die Art der Reduktionsprodukte des m-Dinitrobenzols ohne Ein0uB.

Da es nicht ausgeschlossen war, daB man die Ausbeute an m-Dinitroazoxybenzol steigern kijnnte , wenn man die m- Dinitrobenzollosung zur Natriumdisulfidlosung gibt, wurden auch in dieser Richtung Versuche angestellt. Die Ausbeute- verhiiltnisse blieben jedoch im wesentlichen dieselben. Ebenso anderte sich daran nichts, als die m-Dinitrobenzollosung mit dem Natriumdisulfid in der Kalte gemischt und einige Zeit stehen gelassen wurde. E s entsteht unter allen Bedingungen als Hauptprodukt m-Nitranilin.

4. Reduk t ion dea m-Din i t robenzo l s mi t H i l f e von N a t r i u m p en t a su 1 fi d.

Zur Verwendung gelangte eine mit Schwefel gesattigte Losung von Natriumsulfid. Die Reaktion wurde genau so vorgenommen wie beim Natriumdisulfid. Vor dem Abdeatil- lieren des Alkohols wurde der Schwefel jedoch erst abfiltriert und mehrmals rnit verdlinntem heiBem Alkohol nachgewaschen. Die Ausbeute an m-Nitranilin war fast quantitativ. Die Re- aktion verlauft entsprechend der Gleichung :

NH, /\/

v NO*

+ Na,S, + H,O = 1 I + N~,s,o, + 3s. ri” x m-Dinitroazoxybenzol konnte mit Sicherheit nicht nach-

gewieaen werden.

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Brand : Schwefehmmonium uiid die SuIfide etc. 469

5. B e d u k t i o n des m-Din i t robenzo l s m i t H i l f e von N a t r i u m h y d r o s u l f i d.

Die Losung des Natriumhydrosulfids wurde nach den An- gaben von K u s t e r bereitet. Bur die Herstellung des m- Nitranilins aus m-Dinitrobenzol eignet sich dieses Reduktions- mittel ganz ausgezeichnet und ist dem Schwefelammonium entschieden vorzuziehen. Die Wirkung des Natriumhydro- sulfids auf m-Dinitrobenzol entspricht der Gleichung :

NH, /\ + 3Na,S,O,.

Y? 4 uNo, + 6NaSH + H,O = 4

17 g m-Dinitrobenzol lost man in 150-170 ccm Alkohol und fiigt allmahlich zur kochenden Losung die berechnete Menge Natriumhydrosulfidlosung (= 1 'iZ Mol.). Nach Be- endigung der Reaktion destilliert man den Alkohol ab, gieBt den Ruckstand in wenig Wasser und saugt die ausgeschiedenen Iiristalle ab. Das Filtrat schuttelt man mit Ather aus, wodurch man noch wenig m-Nitranilin gewinnen kann, und kocht es dann mit Tierkohle. Nach dem Filtrieren dampft man es ein und erhalt so Natriumthiosulfat. Das abgesaugte rohe m-Nitranilin behandelt man wie bei den friiheren Ver- suchen. Die Ausbeute an m-Nitranilin betragt etwa 13 g. m-Dinitroazoxybenzol wurde nur in Spuren erhalten.

I m folgenden seien noch die Reduktionen einiger anderer Dinitrokorper und der Pikrinsaure rnit Hilfe Ton Natrium- hydrosulfid beschrieben.1

11. R e d u k t ion d ea 2,G -Din i t r o t ol u o l s,

-NO*

4 (-)CH,, + 6NaSH + H,O = 4 (28 + SNe,S,O,.

Die Dinitrotoluole werden schon durch sehr geringe Mengen von Natronlauge in alkoholischer Lijsung verandert,

NO,

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470 Bran d : Schwefelammoniuin und die Sulfide etc. indem zum Teil komplizierte Produkte entstehen. Trotz der geringen Eydrolyse des Natriumhydrosulfids empfiehlt sich deswegen bei der Reduktion der Dinitrotoluole ein Zusatz von Esaigester.

.27 g 2,6-Dinitrotoluol lost man in 150 ccm Alkohol und 150 ccm Essigester und fiigt zur kochenden Losung etwas mehr als die berechnete Menge Natriumhydrosulfid. Man destilliert den Alkohol und Ester ab und behandelt den Ruck- stand, wie beim m-Dinitrobenzol angegeben wurde. Die Aus- beute an 2-Amido-6-Nitro-1-toluol vom Schmelzp. 91,5O I) ist sehr gut. Nebenbei bilden sich Spuren des 2,6-Toluylendiamins (mit NO,H nachgewiesen!).

111. R e du k t i on d e s 2,4 - Di n i t r o t o lu o 1s.

Die Reduktion fiihrt man genau 80 aus, wie beim 2,6- Dinitrotoluol angegeben wurde, Von den beiden moglichen isomeren Nitrotoluidinen:

und f$.. 7

ht v NH, (1.1 (11.)

entsteht in der Hauptsache das 2-Nitro-4-Amido-1-toluol (I) vom Schmelzpunkt 7 7 , 5 4 7 Die Ausbeute betriigt 18-20 g auf 27 g 2,4-Dinitrotoluol, d. h. etwa 80°/ , der Theorie. Kondensationsprodukte bilden sich nur in geringer Menge.

IV. R e d u k t i o n des 2 ,4-Dini t rani l ins .

1s g fein pulverisiertes 2,4-Dinitranilin lost man in 300 ccm Alkohol und fiigt zu der siedenden LSsung nlImLhlich 111, Mol. Natriumhydrosulfid in Wasser gelost. Die Losung farbt sich intensiv rot. Nachdem man noch einige Zeit lang gekocht

l) Cunerth, Ann. Chem. 172, 223; Noel t ing , Ber. 37, 1015

2, Bei ls te in u. Kuhlberg, Ann. Chem. 156, 14. (1904).

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Brand: Schwefelammonium und die Sulfide etc. 471 ht, destilliert man den grbBten Teil des Alkohols ab und 1aBt die dunkelrote Lasung stehen. Nach einiger Zeit scheiden sich reichlich dunkelrote Nadeln ab, die man absaugt und zar Reinigung entweder in Salzsjiure 16st und mit Ammoniak fhllt oder aus heiBem Toluol umkristallisiert. So gewinnt man feine Nadeln vom Schmelzp. 196 O- 198O, welche das zuerst von Gottlieb’), spiLter auch von H e i m $) beschriebene 4-Nitro- 1,2-Phenylendiamin darstellen :

NH,

v NO,

(‘p

Dampft man die von den Kristallen abgesaugte Mutter- lauge ein, so erhalt man noch wenig 4-Nitro-l,&Phenylen- diamin, welches aber 2-Nitro-1, 4-Phenylendiamin3)

NH,

enthalt, wie schon der grun schillernde Glanz der noch ge- wonnenen Kristalle verrat. Behandelt man die SO gewonnenen Kristalle nach der Vorschrift von Kehrmann4) , so erhdt man das 2 -Nitro-1,CPhenylendiamin vom Schmelzp. 137 O, allerdings in sehr geringer Menge.

Wie Kehrmann4) fand, liefert l,4-Dinitranilin auch mit Schwefelammonium auBer dem 4-Nitro-l,2-Phenylendiamin in geringer Menge das 2-Nitro-1 ,4-Phenylendiamin0

V. Reduk t ion d e r P i k r i n s a u r e zur P ikr inamins i iure , ONa ONa

4 NO,”’--NO, I I + 6 N a S H + H , O = 4 No** + 3Na,S,O,. \/ NO,

v NO,

1) Ann. Chem. 86, 27. a) Ladenburg , Ber. 1 7 , 147 u. Kehrmann , Ber. 28, 1707. 4) Ber. 28, 1707.

2, Ber. 21, 2305.

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472 Brand: Schwefelnmmonium und die Sulfide ete. Man lost 23 g Pikrinsaure unter Zusatz von etwas Soda-

losung in 150 ccm Wasser auf dem Wasserbade in einer Por- zellanschale auf. Dann fiigt man allmahlich etwas mehr als ll/a Mol. Natriumhydrosulfid zu und setzt das Erwarmen noch 'la Stunde lang fort. Die gebildete Pikraminsaure setzt man durch verdiinnte Essigsaure in Ereiheit und saugt sie ab. Bei dem Zusatz von Essigsaure zur Reduktionsmasse tritt immer ein schwacher Geruch nach salpetriger SWre auf. Zur Reini- gung lost man die Pikraminsaure in verdiinnter Salzsaure und setzt sie durch vorsichtiges Neutralisieren mit Ammoniak zu der filtrierten salzsauren Losung in Freiheit. Man gewinnt sie so vom Schmelzp. 169°-1700, also rein.I) In Form sehr schoner Nadelchen erhalt man die Pikraminsaure, wenn man sie aus heiBem Chloroform umkristallisiert, in dem sie sehr schwer loslich ist. Die Ausbeute betrug 15 g, d. h. 83--84O/, der Theorie.

GieBen, im Oktober 1906.

') Vergl. Literatur im Beilstein 2, S. 732.