Schwerwiegender kardiovaskulärer Risikofaktor · PDF fileCARDIOVASC 2013; 13 (6) 25 Aktuell Schwerwiegender kardiovaskulärer RisikofaktorLipidsprechstunde E in ausgeprägt erhöhter

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  • CARDIOVASC 2013; 13 (6) 25

    Aktuell Schwerwiegender kardiovaskulrer RisikofaktorAktuell Lipidsprechstunde

    Ein ausgeprgt erhhter Lipo pro tein(a)-Spiegel ist ein schwerwiegender Risi-kofaktor fr frhzeitig auftretende oder schwer verlaufende Gefkomplikatio-nen. Die Bedeutung dieses Risikofaktors ist bisher noch nicht ausreichend be-kannt. Lipoprotein(a) [Lp(a)] sollte bei al-len Patienten mit frhzeitig auftretenden oder schwer progredient verlaufenden Geferkrankungen bestimmt werden. Da Lp(a) zu 7080% genetisch determi-niert ist, gengen 1 oder 2 Messungen. Der Erbgang ist autosomal dominant. Wegen der starken genetischen Prgung sind auch Untersuchungen bei den Ver-wandten 1. und 2. Grades zu empfehlen. Wir haben am Klientel unserer Fettstoff-wechselambulanz gezeigt, dass mit stei-gendem Lp(a)-Spiegeln die Hufigkeit kardiovaskulrer Ereignisse signifikant steigt, besonders, wenn ein zweiter schwerwiegender Risikofaktor vorliegt [1].

    Lipoprotein(a) ist ein Molekl, das dem LDL-C-Molekl hnelt, aber auch strukturelle hnlichkeiten mit dem Plasminogen aufweist und infolgedessen prothrombotisch wirkt.

    Unbefriedigend sind bisher die Mg-lichkeiten der Behandlung erhhter Lp(a)-Spiegel. Bis Anfang 2013 stand in Deutschland ein Nikotinsureprparat zur Verfgung, das wegen ungnstiger Studiendaten vom Markt genommen wurde. Die Indikation einer Lp(a)-Erh-hung war nicht geprft und es senkte er-hhte Lp(a)-Spiegel nur um 2030%, was bei den meisten Patienten nicht aus-reichend ist. Bei der Behandlung erhh-ter Lp(a)-Spiegel steht die maximal mg-liche Reduktion aller anderen wichtigen Risikofaktoren im Vordergrund. Beson-dere Bedeutung haben die Reduktion des LDL-C-Spiegels in den Bereich

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    Prof. Dr. med. Ulrich JuliusVorstandsmitglied DGFFMed. Klinik u. Poliklinik IIIUniversittsklinikum Carl Gustav Carus Fetscherstrae 7401307 [email protected]

    HDL-C war mit 1,61 mmol/l (61,9 mg/dl) eher hoch. Der hohe HDL-C-Spiegel stellte bei der Patientin off enbar keinen wesentlichen Schutz dar. Ein Diabetes mellitus und eine Schilddrsenfunkti-onsstrung (Euthyreose unter einer Sub-stitutionstherapie bei Zustand nach Schilddrsenoperation) konnten bei der Patientin ausgeschlossen werden.

    Da bei der Patientin eine dringende Indikation fr ein Statin gegeben ist, er-folgte in unserer Klinik fr Dermatolo-gie eine Allergietestung bezglich Flu-vastatin, Pravastatin und Atorvastatin (Prick- und Epikutantest, orale Provoka-tion). Dabei konnten Allergien gegen Pravastatin, Fluvastatin und Atorvasta-tin ausgeschlossen werden, sodass wir nach Abschluss der Allergietestung eine Th erapie mit Pravastatin und spter mit Atorvastatin einleiteten. Unter Fluvasta-tin traten Muskelbeschwerden auf. Rela-tiv schnell nach der berweisung der Patientin begannen wir wegen des mas-siv erhhten Lp(a)-Wertes mit der Lipo-protein-Apherese-Th erapie. Trotz dem wurde neun Monate nach Beginn der Apherese eine weitere Gefoperation notwendig.

    Eine hochgradige fi liforme kurzstre-ckige asymptomatische Arteria carotis interna-Stenose rechts musste mittels Eversionsendarteriektomie behandelt werden innerhalb eines Jahres war es zu einem raschen Progress der Stenose gekommen (ambulante Duplexuntersu-chungen der Karotiden zeigten bis 07/2010 lediglich kleine Plaques; Intra-stenotische Flussraten an der rechten Arteria carotis interna: vor OP 04/2012 0,6 m/s, 11/2012 bereits 2,4 m/s, 01/2013 3,0 m/s, dann 05/2013 4,5 m/s).

    Nach gut berstandener Carotis-OP konnte die Patientin ca. vier Wochen nach der Operation die Lipoprotein-Apherese fortsetzen. Ein Aortenaneurys-ma konnte ausgeschlossen werden. We-gen des hohen Vererbungsrisikos emp-fahlen wir eine Untersuchung der Toch-ter und der zwei Enkelkinder der Patien-tin. Dabei wurde bei dem erst zwlf Jah-re alten Enkel ein massiv erhhter Lp(a)-Wert von 2270 mg/l (227 mg/dl) ge-messen, er wird nun in der Kinderklinik unseres Hauses mitbetreut. Auch die 49 Jahre alte Tochter und die 23 Jahre alte Enkelin haben deutlich erhhte Lp(a)-

    Werte [Tochter: LDL-C: 3,92 mmol/l (151,6 mg/dl), Lp(a): 1431 mg/l (143,1 mg/dl); Enkelin: LDL-C: 3,96 mmol/l (153,1 mg/dl), Lp(a): 2076 mg/l (207,6 mg/dl)]. Bei der Tochter der Patientin wurde in Anbetracht des Alters eine lipid-senkende Th erapie mit einem Statin be-gonnen, wobei das zuerst eingesetzte Simvastatin zu Muskelschmerzen fhrte, das danach eingesetzte Pravastatin aber gut vertagen wird und das LDL-C in den Zielbereich gesenkt werden konnte.

    Bei der erst 23 Jahre alten Enkelin ist die Indikation fr ein Statin als grenz-wertig anzusehen, zumal sie noch keine

    Kinder hat und alle lipidsenkenden Me-dikamente 34 Monate vor einer geplan-ten Schwangerschaft abgesetzt werden mssen. Studien zu dieser Problematik fehlen vllig.

    Leider rauchen Toc hter und Enkel-tochter der Patientin trotz unserer Emp-fehlung, dies nicht mehr zu tun. Notwen-dig sind bei der Tochter und den beiden Enkelkindern Duplexsonografi en der Arteria carotis und Echokardiografi en zum Ausschluss von Klappenverkalkun-gen und bei der Tochter zustzlich eine Ergometrie zum Ausschluss einer KHK.

    Fazit Lp(a) ist ein schwerwiegender isolier-ter Risikofaktor fr die Entwicklung einer Arteriosklerose. Bei jedem Patienten mit sich frhzeitig entwickelnden oder schwer verlaufen-den Gefkomplikationen ist Lp(a) zu messen. Auch Bestimmungen dieses

    Parameters bei den Verwandten 1. Grades sind indiziert. Lp(a) kann nicht durch Ernhrungs-umstellung, Statine, Fibrate, Ezetimib oder Anionenaustauscherharze beein-fl usst werden. Bei (deutlich) erhhten Lp(a)-Werten ist die optimale Einstellung aller an-deren Risikofaktoren von besonderer Bedeutung. LDL-C sollte 60 mg/dl) ist in Deutschland die Indikation fr die Lipoprotein-Apherese gegeben, die allerdings eine Einzelfallentscheidung der jeweiligen Krankenkasse oder der Apherese-Kommission der zustndigen KV er-forderlich macht. Mittels der Aphere-se-Th erapie wird der Lp(a)-Spiegel akut um 6070% gesenkt.

    Literatur im Internet unter cardiovasc.de

    Hohe Lipoprotein(a)-Spiegel sind ein Risikofaktor fr schwere kardiovaskulre Komplikationen.

  • Literatur

    1. Tselmin S, Julius U, Muller G, et al. Cardiovas-cular events in patients with increased lipo-protein (a) - retrospective data analysis in an outpatient department of lipid disorders. Atheroscler Suppl. 2009;10:79-84

    2. von Dryander M, Fischer S, Passauer J, et al. Differences in the atherogenic risk of pati-ents treated by lipoprotein apheresis accor-ding to their lipid pattern. Atheroscler Suppl. 2013;14:39-44

    CARDIOVASC 2013; 13 (6)

    Lipidsprechstunde