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SBFI NEWS SEFRI Informationen aus dem Staats- sekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI Berufsabschluss für Erwachsene: Resultate von Studien liegen vor Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist Oktober 17 swissnex Netzwerk: ein Jahr mit vielen Neuerungen

SEFRI Oktober 17 - sbfi.admin.ch · Auf grosses Interesse stiess das Referat von Dr. Ute Clement, Vizepräsidentin der Universität Kassel (D) und Professorin für Berufs- und Wirtschaftspädagogik

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Berufsabschluss für Erwachsene: Resultate von Studien liegen vor

Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist

Oktober 17

swissnex Netzwerk: ein Jahr mit vielen Neuerungen

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Inhalt

In dieser Ausgabe

� Zweite Nationale Stakeholdertagung zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit (IBBZ)

Chancen der IBBZ – Prioritäten, Wegen, Perspektiven 4

� Berufsabschluss für Erwachsene: Resultate von zwei Studien liegen vor

Der Erfolg ist am grössten, wenn Mitarbeitende und Betriebe überzeugt sind,

dass sie profitieren 6

� Projekt «Stärkung der Berufsmaturität»: Zwischenstand und Ausblick

Flexiblere Unterrichtsgestaltung und bessere Kommunikation 10

� Direkte Bundesbeiträge für die höhere Berufsbildung

Die neue subjektorientierte Finanzierung kurz erklärt 12

� Eignungstest für das Medizinstudium

Ein seit über 20 Jahren eingesetztes Instrument unter der Lupe 14

� Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist

Klimaforscher Thomas Stocker ausgezeichnet 16

� Röntgenlaser European XFEL in Hamburg eröffnet

Ein neuer Leuchtturm der internationalen Forschungszusammenarbeit 18

� Ein Jahr mit vielen Neuerungen für das swissnex Netzwerk

Neuer Name, neue Projekte und neue Gesichter 20

Titelbild: Thomas Stocker, Professor an der Universität Bern, wird mit dem diesjährigen Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist ausgezeichnet. Anhand von Modellierungen und Eiskernbohrungen konnte er die Klimaveränderungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen aufzeigen. Zusammen mit seinem Team forschte er dazu unter anderem in der Antarktis und in Grönland (siehe Bericht Seite 16-17). Bild: Oeschger-Zentrum für Klimaforschung, Universität Bern

IMPRESSUMHerausgeber: Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI Einsteinstrasse 2, 3003 [email protected]: Nr. 8 2017 (8/17)Redaktion: Dani Duttweiler, Simone Keller, Martin Fischer Layout: Désirée GoetschiÜbersetzungen: Sprachdienst SBFI, GS-WBF und BKDruck: BBLSprachen: d und f (Print), e und i (elektronisch)ISSN 2296-3677

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Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser

Dass auch eine praxisorientierte Ausbildung vielfältige Wege zu grossen Karrieren eb-nen soll, ist eine Forderung der Bundesverfassung: Bund und Kantone «setzen sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dafür ein, dass allgemein bildende und berufsbezogene Bildungswege eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung finden» (BV Art. 61a Abs. 3)! Tatsächlich haben in der Schweiz auch Personen mit einem Berufsbildungs-curriculum Zugang zu interessanten Positionen und zu obersten Hierarchien.

Dieser hohe Wert der Berufsbildung findet international Beachtung, ja gar Bewunde-rung. Gleichzeitig ist es ein Faktum, wie schwierig es ist für Schweizer Berufsleute, auf ausländischen Arbeitsmärkten die ihnen gebührende Akzeptanz zu finden. Darum zählen Massnahmen zur internationalen Anerkennung der Schweizer Berufsbildungs-abschlüsse zu den Hauptzielen unserer «internationalen» Bildungspolitik.

Auf der anderen Seite fokussiert ein Grossteil der vom Bund finanzierten internationa-len Entwicklungs- und Zusammenarbeitsprojekte im Bereich Bildung namentlich auf bildungsferne Personen und Bevölkerungsgruppen.

Nun ist es ist grundsätzlich lobenswert, wenn sich dank einer Art Berufslehre mehr Menschen in betroffenen Regionen, beispielsweise des Südens, ihren Lebensunterhalt besser sichern können.Doch je näher ein Partnerland geografisch liegt, umso stärker muss die Schweiz beto-nen, dass Berufsbildung nicht einfach die minderwertige Alternative zur Hochschulbil-dung darstellt. Darum müssen Bildungsprojekte mit und in sogenannten entwickelten Ländern mit Blick auch auf die systemischen Voraussetzungen der Gleichwertigkeit der Bildungswege vor Ort durchgeführt werden. Nur unter dieser Voraussetzung ist es konsequent, diesen Projekten eine explizit auf die Zusammenarbeit mit der Schweiz hinweisende Bezeichnung zu erlauben. Das nicht zu tun, wäre ein Widerspruch zum wichtigen Ziel der Schweiz, ihren eigenen Berufsbildungsabschlüssen international das verdiente Gewicht zu geben.

Mauro Dell’AmbrogioStaatssekretär für Bildung, Forschung und Innovation

SBFI NEWS 8/17 l EDITORIAL

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SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

Zweite Nationale Stakeholdertagung zur internationalen Berufsbildungs­zusammenarbeit (IBBZ)

Chancen der IBBZ – Prioritäten, Wege, PerspektivenMitte September 2017 trafen sich in Biel über 100 Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen Bildung, Aussenwirt-schaft, Entwicklungszusammenarbeit, Aussenbeziehungen und Migration zur zweiten nationalen Stakeholdertagung zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit. Ein Animationsfilm, zahlreiche Referate und Werkstattgespräche aus den unterschiedlichen Bereichen sowie ein Clubgespräch zählten zu den Höhepunkten der Tagung.

In seiner Eröffnungsrede hob Josef Wid-mer, stellvertretender Direktor des SBFI hervor: «Die Aktivitäten des Bundes in der IBBZ zielen darauf ab, Berufsbildung im internationalen Kontext zu fördern, ent-weder um die Berufsbildung selbst und die wirtschaftliche Entwicklung zu stärken oder um Einkommensdisparitäten zu re-duzieren. Die Massnahmen sind entspre-chend unterschiedlich und die Definition von arbeitsmarktbezogener Berufsbildung kontextabhängig. Doch das Ziel ist immer dasselbe: Berufsbildung soll die Wirtschaft und die Gesellschaft in bestimmten Kon-texten unterstützen».

Die Prioritäten der involvierten Bundes-stellen – die Staatssekretariate für Bildung, Forschung und Innovation, für Wirtschaft sowie für Migration, die Direktion für Ent-wicklungszusammenarbeit, die politische Direktion des Departements für auswärti-ge Angelegenheiten sowie das Eidgenös-sische Hochschulinstitut für Berufsbildung – führen zu verschiedenen Wegen und Instrumenten der Förderung der IBBZ durch den Bund, die aber komplementär aufeinander abgestimmt sind. Einen illust-rativen Überblick bietet der kürzlich pro-duzierte Animationsfilm zur IBBZ des Bun-des (siehe weitere Informationen).

Auf grosses Interesse stiess das Referat von Dr. Ute Clement, Vizepräsidentin der Universität Kassel (D) und Professorin für Berufs- und Wirtschaftspädagogik am In-stitut für Berufsbildung der Universität Kassel. In der Beantwortung der Frage, wozu IBBZ einen Beitrag leisten kann, kam sie zum Schluss, dass sich das Enga-gement langfristig in jedem Fall lohne. Mit IBBZ könne unser Horizont auf fach-licher, sprachlicher, sozialer, kultureller und betriebspolitischer Ebene erweitert werden. Letztlich seien die positiven Bot-schaftereffekte für die Gesellschaft nicht zu unterschätzen.

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SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

Sowohl aus der Perspektive des privaten als auch des öffentlichen Sektors lohnen sich IBBZ-Aktivitäten. Marilena Della Ca-sa, Leiterin Human Resources des Schwei-zer Unternehmens Reichle & de Massari (R&M), erläuterte die betriebliche Moti-vation, am Berufsbildungsprojekt «Do-mino» zu partizipieren. R&M ist eines der

62 Unternehmen, die im Rahmen des Schweizer Beitrags an die erweiterte EU Bulgarien bei seiner Reform des Berufs-bildungssystems unterstützen.

Einen anderen Fokus verfolgt das Institut et Haute Ecole de la Santé La Source aus Lausanne. Madeleine Baumann, Dekanin

des Bereichs Internationale Beziehungen, unterstrich, wie wichtig die Förderung von Austausch und Mobilität für die Stu-dierenden im Gesundheitsbereich sei. Immer mehr Studierende wollen ihre in-terkulturellen und professionellen Kom-petenzen für die Berufsausübung in ei-ner vernetzten Welt erweitern.

Die Paneldiskussion bildete den Ab-schluss der Veranstaltung im Plenum. Verschiedene Vertreterinnen und Vertre-ter mit Fokus auf die Förderung der Ent-wicklung von Partnerländern der Schweiz debattieren über Chancen und Heraus-forderungen in der IBBZ. Die Bewegrün-de für die Aktivitäten und die verfolgten Ansätze sind divers, doch es gibt einen gemeinsamen Nenner: Mit einer bewuss-ten Bescheidenheit und interkulturellem

Verständnis vermag die IBBZ Brücken zu bauen, Flexibilität zu fördern und allseitig Perspektiven zu schaffen.

Am Nachmittag ermöglichten verschie-dene Workshops und ein Networking Café vertiefte Diskussionen zu den The-men «Interinstitutionelle Kooperatio-nen», «Vermittlung von Berufsbildungs-expertise», «Austausch und Mobilität» sowie «verschiedene IBBZ-Projekte».

KontaktClaudia Lippuner, SBFIProjektverantwortliche Ressort Internati-onale Bildungszusammenarbeit und Berufsqualifikationen Tel. +41 58 463 79 84 [email protected]

Weitere Informationen www.ibbz.admin.ch

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SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

Die berufliche Grundbildung ist ein Bil-dungsgefäss, das sich in seiner Konzepti-on an Jugendliche richtet. Klar strukturier-te Bildungsgänge, Vollzeitausbildungen, Jugendschutzbestimmungen sowie viele der spezifischen Unterstützungsangebo-te und Beratungsstellen sind Elemente, die eine jugendliche Zielgruppe im Auge haben.

Doch auch Erwachsene können in der Schweiz einen Erst- oder Zweitabschluss im Bereich der beruflichen Grundbildung erlangen – und die Nachfrage von Er-wachsenen in diesem Bereich steigt. Denn heterogene Bildungsverläufe mit Unter-brechungen und Neuorientierungen, mit Um- und Wiedereinstiegen sind heute normal. Erwachsene haben jedoch andere Bedürfnisse und Rahmenbedingungen als

Jugendliche. Sie stellen andere Ansprü-che an Bildungsangebote und Qualifi-kationsverfahren. Sie bringen berufliche und ausserberufliche Praxiserfahrung und fachliche oder allgemeine Bildung mit, die es zu berücksichtigen gilt. Das Berufsbil-dungsgesetz ermöglicht dies.

Studie 1: Bedürfnisse von Erwachsenen Die erste Studie, welche von Across con-cept zusammen mit der Fachhochschule Nordwestschweiz durchgeführt wurde, gibt Auskunft über die Bedürfnisse und Er-fahrungen von betroffenen Erwachsenen. Es handelt sich einerseits um Erwachsene, welche einen der vier möglichen Wege (vgl. Kasten auf Seite 7) zu einem Be-rufsabschluss für Erwachsene ganz oder teilweise durchlaufen haben, andererseits

Berufsabschluss für Erwachsene: Resultate von zwei Studien liegen vor

Der Erfolg ist am grössten, wenn Mitarbeitende und Betriebe überzeugt sind, dass sie profitieren

Mit dem Projekt «Berufsabschluss und Berufswechsel für Erwachsene» soll die Abschlussquote von Erwachsenen ohne arbeitsmarktrelevanten Berufsabschluss in der Grundbildung erhöht werden. Ende September 2017 hat das SBFI an einer Tagung die Ergebnisse zweier Studien vorgestellt. Die eine untersucht die Bedürfnisse von Arbeitgebenden am Berufsabschluss für Erwachsene, die andere analysiert die Bedürfnisse und Erfahrungen von erwachsenen Absolven-tinnen und Absolventen einer beruflichen Grundbildung. Insgesamt zeigt sich, dass der Berufsabschluss für Erwachse-ne von denjenigen als wichtig erachtet wird, die in ihm einen Nutzen erkennen – sei es für das Individuum, den Betrieb oder die Gesellschaft.

Eine berufliche Grundbildung steht in der Schweiz auch Erwachsenen offen. Diese können einen Berufsab-schluss entweder mit einer regulären Ausbildung in einem Lehrverhältnis oder auf einem nicht formalen Weg erlangen. Bild: Iris Krebs

um Erwachsene, die sich für einen Berufs-abschluss interessieren, jedoch trotzdem keine Ausbildung in Angriff genommen haben. Die Studie definiert Erfolgskrite-rien und Hinderungsfaktoren, die mass-geblich dazu beitragen, dass Erwachsenen ein Berufsabschluss gelingt beziehungs-weise nicht gelingt. Dazu wurden vier unterschiedliche Zielgruppen befragt: 1) Erwachsene, die das Qualifikations- oder Validierungsverfahren absolviert haben, 2) Ausbildungswechslerinnen und -wechsler (Personen, die von einer EBA-Ausbildung in eine EFZ-Ausbildung wechseln oder sich in ein anderes Berufsfeld umorientieren), 3) Ausbildungsabbrecherinnen und -ab-brecher sowie 4) Interessierte, die jedoch keine berufliche Grundbildung begonnen haben.

Mit viel Motivation zu einem BerufsabschlussDie Studie zeigt auf, dass die Zahl der Erwachsenen, die einen der vier Ausbil-dungswege absolviert haben, seit dem Jahr 2012 um knapp 30 Prozent gestie-gen ist. Erwachsene Personen, die einen Berufsabschluss absolviert haben, bringen ein hohes Mass an intrinsischer Motivati-on mit. Sie erhoffen sich, dass sie im Be-ruf interessantere Aufgaben oder mehr Verantwortung übernehmen und dass sie sich persönlich weiterentwickeln können. Auch weisen sie ein grosses Interesse an den Lerninhalten auf. Darüber hinaus be-einflussen existenzsichernde Überlegun-gen wie die Aussicht auf mehr Lohn oder bessere berufliche Aufstiegs- und Weiter-bildungsmöglichkeiten die Erwachsenen bei der Entscheidungsfindung.

Mögliche HinderungsfaktorenErwachsene, die sich für einen Berufsab-schluss entscheiden, stehen vor anderen

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Herausforderungen als Jugendliche, die eine berufliche Grundbildung absolvieren. In der Studie wird deutlich, dass sowohl die Kinderbetreuungspflichten als auch der finanzielle Unterhalt der Familie auf Erwachsene während einer beruflichen Grundbildung besonders belastend wir-ken. Die Vereinbarkeit von Ausbildung, Arbeit und Familie stellt eine grosse Her-ausforderung dar. Die Angst vor Prüfun-gen, von der viele Absolvierende eines Berufsabschlusses berichteten, zeugt vom hohen Druck, der auf Erwachsenen wäh-rend ihrer Ausbildung lastet.

Personen, die sich zwar für eine berufliche Grundbildung interessiert hatten, jedoch keine in Angriff genommen haben, äus-serten vielfältige Gründe dafür. Auf der individuellen Ebene nannten sie unter an-derem die Lohneinbussen, die fehlende Nutzenerwartungen, die Angst vor psy-chischer und physischer Überforderung, das Alter oder den Stellenwert der Freizeit als Hinderungsfaktoren. Auf der systemi-schen Ebene verwiesen die Befragten auf die fehlende finanzielle Unterstützung, die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Betriebe sowie auf ungenügende Un-terstützungs- und Beratungsangebote.

Berufsabschluss eröffnet neue PerspektivenGemäss der Studie erachten die Befragten den Nutzen ihrer abgeschlossenen beruf-lichen Grundbildung im Nachhinein als hoch. Vor allem ihre persönliche Situation am Arbeitsplatz sowie ihre Einstellung zur Arbeit haben sich verändert: Sie fühlen sich kompetenter, haben an Selbstver-trauen gewonnen, übernehmen mehr Verantwortung und erhalten höheren Lohn. In Bezug auf die berufsbiografische Planung haben sich mit dem Berufsab-schluss neue Perspektiven eröffnet: 39 Prozent planen eine Weiterbildung oder streben einen Abschluss der höheren Be-rufsbildung an.

Studie 2: Bedürfnisse von ArbeitgebendenDie zweite Studie wurde vom Eidgenössi-schen Hochschulinstitut für Berufsbildung durchgeführt. Sie fokussiert auf die Erfah-rungen und Bedürfnisse von Arbeitgeben-den wie auch von Organisationen der Arbeitswelt (OdA), denen als Verantwort-liche für die Entwicklung von Berufsbil-dungsangeboten für den Berufsabschluss

von Erwachsenen eine grosse Bedeutung zukommt. Für die Weiterentwicklung und Koordination von erwachsenengerechten Berufsbildungsangeboten ist es deshalb zentral, die Bedürfnisse und Erfahrungen von Arbeitgeberorganisationen und Be-trieben genau zu kennen und zu berück-sichtigen.

Für die Untersuchung wurden Betrie-be und Organisationen der Arbeitswelt ausgewählt, die 25 berufliche Grundbil-dungen anbieten, die sich durch einen ausgewiesenen Fachkräftemangel und beziehungsweise oder einen überdurch-schnittlichen Anteil an Erwerbstätigen ohne nachobligatorische Ausbildung auszeichnen. Die befragten Betriebe se-hen den Hauptnutzen von ausgebildeten Erwachsenen darin, dass sie in naher Zukunft über genügend qualifizierte Ar-beitskräfte verfügen. Im Weiteren bilden Betriebe Erwachsene aus sozialen Motiven aus oder weil qualifizierte Arbeitskräfte ihre Reputation fördern. Die Bereitschaft der Betriebe unterscheidet sich je nach Nutzen, den sie in einem Berufsabschluss für Erwachsene sehen: Betriebe, welche vor allem den produktiven Nutzen von Lernenden betonen, sind seltener bereit, Erwachsene auszubilden. Betriebe dage-gen, die den Nutzen einer Qualifikation von Erwachsenen nicht nur aus der Sicht des Betriebs betrachten, sondern darü-ber hinaus das Individuum, die Branche, den Beruf sowie die Wirtschaft und Ge-sellschaft in ihre Betrachtungsweise ein-

beziehen, stehen der Qualifizierung von Erwachsenen besonders aufgeschlossen gegenüber.

Wissen fördert die BereitschaftAllerdings zeigt die Studie auf, dass auf der Ebene der Betriebe nur beschränkt mehr Bedarf an einer Qualifizierung von Erwachsenen besteht. Oft wird dies von den Betrieben damit begründet, dass sie ihre unqualifizierten Mitarbeitenden bereits systematisch nachqualifiziert ha-ben, dass sie nicht über genügend Aus-bildungskapazitäten verfügen oder dass ein Mindestbedarf an unqualifizierten Mitarbeitenden tatsächlich besteht.

Gute Voraussetzungen dafür, dass die Betriebe Erwachsene bei einem Be-rufsabschluss unterstützen, sind ge-mäss Studie ausreichend Kenntnisse über die vier möglichen Wege, bereits vorhandene Ausbildungsstrukturen in den Betrieben sowie die Erkennung ei-nes Nutzens – sei es für den Betrieb, für die betroffene Person oder für die Gesellschaft. Grösste Hinderungsfaktoren aus Sicht der Studie sind ungenügendes oder fehlerhaftes Wissen, strukturelle Faktoren wie beispielsweise die Betriebs-grösse sowie fehlende Interessentinnen und Interessenten an einem Berufsab-schluss.

Neues Handbuch vorgestelltDie Ergebnisse der beiden Studien sollen den Verbundpartnernern der Berufsbil-

Berufsabschluss für Erwachsene: vier WegeIm Jahr 2015 verfügten in der Schweiz rund 12 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung im Altersspektrum zwischen 25 und 64 Jahren weder über eine abgeschlossene Berufsbildung noch über einen anderen Abschluss auf Se-kundarstufe II. Gleichzeitig arbeiten schätzungsweise gleich viele Erwerbstä-tige mit veralteten Abschlüssen in von ihrem angestammten Beruf branchen-fremden Tätigkeitsfeldern. Das vom SBFI geführte Projekt «Berufsabschluss für Erwachsene» hat zum Ziel, die Rahmenbedingungen für den Berufsab-schluss für Erwachsene zu verbessern und die Abschlusszahlen von erwach-senen Personen in der beruflichen Grundbildung zu erhöhen.

Erwachsenen stehen vier Wege offen, um ein eidgenössisches Fähigkeits-zeugnis (EFZ) oder ein eidgenössisches Berufsattest (EBA) zu erwerben. Zwei davon führen über die formale Bildung mit Lehrvertrag, entweder über eine verkürzte oder über eine reguläre berufliche Grundbildung. Die anderen bei-den über nicht formale Bildung ohne Lehrvertrag, entweder über eine direkte Zulassung zur Abschlussprüfung oder über eine Validierung von Bildungsleis-tungen.

SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

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SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

dung – Bund, Kantone und Organisatio-nen der Arbeitswelt – als Grundlage die-nen, um das Thema Berufsabschluss für Erwachsene weiterzuentwickeln. An der vom SBFI Ende September 2017 organi-sierten Tagung hat das SBFI in diesem Zu-sammenhang ein neues Handbuch «Be-rufliche Grundbildung für Erwachsene» vorgestellt. Dieses schafft Klarheit über die bestehenden Möglichkeiten zur Förde-rung von Berufsabschlüssen von Erwach-senen und zeigt auf, welche Leitplanken es bei der Konzeption neuer Bildungsan-gebote zu beachten gilt.

Dem SBFI ist es ein Anliegen, dass die vorhandenen Spielräume des Berufsbil-dungsgesetzes zugunsten attraktiver Bil-dungsangebote für Erwachsene genutzt werden. Wie immer stehen an oberster Stelle der Arbeitsmarktbezug und der Be-darf der Wirtschaft.

KontaktSabina Giger, SBFIStv. Leiterin Ressort Maturitäten und Projekte +41 58 463 14 06 [email protected]

Weitere InformationenDossier zum Projekt Berufsabschluss und Berufswechsel für Erwachsene www.sbfi.admin.ch/berufsabschluss-erwachsene

An einer vom SBFI Ende September 2017 organisierten Tagung wurden aktuelle Informationen zum Thema Berufsabschluss für Erwachsene verbreitet, diesbezügliche Chancen und Herausforderungen erläutert sowie Impulse zur Entwicklung von Strategien, Massnahmen und Projekten gegeben. Bild: Simone Keller, SBFI

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SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

Die Förderung der Berufsmaturität (BM) wurde am nationalen Spitzentreffen der Berufsbildung 2014 als einer der drei Handlungsschwerpunkte definiert, um die Attraktivität der Berufsbildung insgesamt zu stärken. Im Nachgang lancierte eine verbundpartnerschaftlich zusammenge-setzte Steuergruppe unter Federführung des SBFI das Projekt «Stärkung der Be-rufsmaturität»: • Im Teilprojekt 1 stehen neue Flexibilisie-

rungsmöglichkeiten für den lehrbeglei-tenden Berufsmaturitäts-Unterricht im Zentrum.

• Teilprojekt 2 hat die Optimierung der Information und Kommunikation über die Berufsmaturität zum Ziel.

Grundlage beider Teilprojekte ist eine Stu-die des Beratungsbüros econcept aus dem

Projekt «Stärkung der Berufsmaturität»: Zwischenstand und Ausblick

Flexiblere Unterrichtsgestaltung und bessere Kommunikation

Die Berufsmaturität ist wichtig für die Attraktivität der Berufsbildung. Sie verbindet eine berufliche Grundbildung mit erweiterter Allgemeinbildung und ermöglicht so den Zugang an die Fachhochschulen sowie – mit Zusatzqualifikatio-nen – an die Universitäten und ETH. Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt sind daran, die Berufsmatu-rität aufzuwerten. In Zukunft soll der schulische Unterricht der lehrbegleitenden Berufsmaturität flexibler gestaltet werden können. Zudem werden ab Ende 2017 die Information und Kommunikation zum Thema Berufsmatur gezielt verbessert.

Eine attraktiv ausgestaltete Berufsmaturität ist eine wichtige Voraussetzung, um Jugendliche für die Berufsbil-dung zu gewinnen. Bild: Iris Krebs

auf die Stärkung der lehrbegleitenden Be-rufsmaturität (BM 1). Die Steuergruppe schlug dazu vor, die Rahmenbedingungen bezüglich zeitlicher Durchführung der Be-rufsmaturität für die Schulen zu erweitern und erarbeitete dazu sechs Eckwerte (sie-he Grafik).

Künftig soll es möglich sein, den Berufs-maturitätsunterricht von der Lehrdauer des eidgenössischen Fähigkeitszeugnis-ses (EFZ) moderat zu entkoppeln. Teile des BM-Unterrichts sollen beispielswei-se nach der beruflichen Grundbildung durchgeführt werden können. Diese Fle-xibilisierung ist attraktiv für die Jugendli-chen, weil sie dadurch in der Ausbildung entlastet werden. Lehrbetriebe profitieren davon, weil die Jugendlichen während der beruflichen Grundbildung mehr Zeit im Lehrbetrieb verbringen und so die Pra-xisausbildung verstärkt und die Produk-tivität gesteigert werden kann.

Eckwerte werden begrüsstDie sechs Eckwerte wurden den Verbund-partnern von Oktober 2016 bis Januar 2017 zur Stellungnahme unterbreitet. Das Resultat ist positiv: Die Möglichkeit für eine Flexibilisierung des BM-Unterrichts wird grundsätzlich begrüsst. Die Mehrheit der Stellungnehmenden ist der Ansicht, dass die BM 1 durch die Eckwerte attraktiver für Lernende und Lehrbetriebe wird. Einzig abgelehnt wird Eckwert 1, der den Beginn des BM 1-Unterrichts bereits vor Lehrbe-ginn vorsieht (siehe Grafik, detailliertere Informationen zum Resultat der Anhörung siehe unter «Weitere Informationen»).

Gestützt auf die Resultate der Anhörung hat die Steuergruppe des Projekts im März 2017 entschieden, dass die Kantone Bil-dungsgänge anbieten können, die auf den Eckwerten 2, 4, 5 und 6 basieren.

Jahr 2015, in der die zur Berufsmaturität verfügbaren Daten analysiert und die Kan-tone und Organisationen der Arbeitswelt über verschiedene Aspekte der Berufsma-turität wie die Angebotsgestaltung oder die Praxis in den Betrieben befragt wur-den. Die Studie zeigt auf, dass die Anzahl der Berufsmaturitätsabsolventinnen und -absolventen in den letzten Jahren zuge-nommen hat. Es bestehen jedoch grosse kantonale Unterschiede, beispielsweise in Bezug auf den Anteil der Jugendlichen, die eine Berufsmaturität absolvieren, oder die angebotenen BM-Richtungen.

Flexibilisierung der schulischen Umsetzung des BM 1-Unterrichts Da der Trend in Richtung Berufsmaturität nach Abschluss der beruflichen Grundbil-dung (BM 2) geht, fokussiert Teil projekt 1

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SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

Eckwerte zur Flexibilisierung des lehrbegleitenden Berufsmaturitäts-Unterrichtes

Eckwert 1Möglichkeit der Vermittlung von bis zur Hälfte der BM-Lektionen frühestens 1 Jahr vor Lehrbeginn.

Eckwert 2Möglichkeit der Vermittlung von bis zu einem Drittel der BM-Lektionen bis spätestens 1 Jahr nach der Abgabe des EFZ und Ende des Lehrvertrages.

Eckwert 3Keine Vermittlung von Inhalten in Fächern des Schwerpunktbereichs vor Beginn der Lehrzeit.

Eckwert 4Die Berufsmaturitätsprüfung kann frühestens ein Jahr vor Ende der Lehr-zeit absolviert werden.

Eckwert 5Ein BM-Start im 2. Lehrjahr auch bei 3-jährigen beruflichen Grundbildung ist möglich.

Eckwert 6Teilfachabschlüsse in den Fächern Naturwissenschaften und Sozialwis-senschaften sind möglich.

Die Kantone können dazu per sofort auf der Grundlage der eidgenössischen Be-rufsmaturitätsverordnung (Art. 32) ent-sprechende Anerkennungsgesuche beim SBFI einreichen. Um ein koordiniertes Vorgehen sicherzustellen, erhebt das SBFI parallel bei den Kantonen das Interesse an der Umsetzung der einzelnen Eckwerte.

Noch offen ist die Umsetzung von Eck-wert 1 (und damit verbunden von Eckwert 3), der die Möglichkeit der Vermittlung von bis zur Hälfte der BM-Lektionen frü-hestens ein Jahr vor Lehrbeginn vorsieht. Zurzeit sind Abklärungen zwischen der Schweizerischen Konferenz der kanto-nalen Erziehungsdirektoren (EDK) und dem SBFI im Gange. Es wird geprüft, ob interessierten Kantonen die Möglichkeit geboten werden soll, Eckwert 1 innerhalb

bestimmter Rahmenbedingungen in ei-nem Pilotversuch zu testen.

Information und Kommunikation über die BM Ebenfalls optimiert werden soll die Infor-mation und Kommunikation. Die Berufs-maturität und ihre Karrieremöglichkeiten sind noch (zu) wenig bekannt. Zur Vor-bereitung des Teilprojekts 2 hat deshalb das Beratungsbüro econcept 2016 bei Vertreterinnen und Vertretern von Kan-tonen, Organisationen der Arbeitswelt, Verbänden und Schulen sowie bei BM-Lernenden, Eltern und Betrieben die Bedürfnisse an die Kommunikation und Information über die BM erhoben. Dabei wurden auch bestehende Best-Practice Beispiele der Kantone und der Organisa-tionen der Arbeitswelt untersucht.

Basierend auf diesen Grundlagen hat das SBFI ein Kommunikationskonzept erarbei-tet. Dieses sieht vor, zielgruppengerechte Informationen und Promotionsinstrumen-te (unter anderem eine Informationsplatt-form, eine Toolbox für Verbundpartner sowie Print- und audiovisuelle Produkte) den Verbundpartnern und den Multipli-katoren (Berufsberatungen, Schulen, kan-tonale und regionale Organisationen der Arbeitswelt, Medien etc.) zur Verfügung zu stellen.

Bei der Erarbeitung der Instrumente er-hält das SBFI Unterstützung von einer ver-bundpartnerschaftlich zusammengesetz-ten Arbeitsgruppe. An der Herbsttagung der Berufsbildung Ende November 2017 werden erste Informations- und Promoti-onsinstrumente vorgestellt.

KontaktJean- Pascal Lüthi, SBFIVizedirektor, Leiter Abteilung Berufliche Grundbildung und Maturitäten +41 58 463 20 29 [email protected]

Weitere Informationen www.sbfi.admin.ch/staerkung-bm

Grafiken: SBFI

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Eckwert 6Eckwert 5Eckwert 4Eckwert 3Eckwert 2Eckwert 1

Ja Nein Weiss nicht / Ja und nein Keine Angaben

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SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

Direkte Bundesbeiträge für die höhere Berufsbildung

Die neue subjektorientierte Finanzierung kurz erklärt

Absolventinnen und Absolventen von Kursen, die auf eine eidgenössische Prüfung vorbereiten, werden vom Bund ab 1. Januar 2018 direkt finanziell unterstützt. Die Beiträge zugunsten der höheren Berufsbildung werden zudem markant erhöht. Damit gleicht der Bund die finanzielle Belastung der Studierenden auf Tertiärstufe an, schafft eine schweizweit einheitliche Unterstützung für Absolvierende vorbereitender Kurse und leistet einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs. Der Bundesrat hat am 15. September 2017 die dafür notwendige Änderung der Berufsbildungs-verordnung und die entsprechende Inkraftsetzung beschlossen.

Die höhere Berufsbildung bildet zusam-men mit den Fachhochschulen, den pädagogischen Hochschulen und den Universitäten/ETH die Tertiärstufe des Bildungssystems. Den grössten Anteil an Bildungsabschlüssen in der höheren Be-rufsbildung machen die eidgenössischen Fachausweise (Berufsprüfungen) aus. Es folgen die Diplome der höheren Fach-schulen (HF) und die eidgenössischen Dip-lome (höhere Fachprüfungen). Quelle: BFS

Eidgenössische Berufs- und höhere Fachprüfungen als Teil der Tertiärstufe

Diplom HF Eidg. Diplom Eidg. Fachausweis

20152012 201420130

5

10

15

20

25

30

Übrige Total

Tausend

2649725271

26489 27054

1483513585 14041 14537

8483

68637611 8106

2798 2786 26352025 2051 1776 2707

472

Kantonsbeiträge, die bisher an die Anbieter von vorbereitenden Kursen (vK) geleistet wurden (angebotsorientierte Finanzierung), kommen neu in Form von Bundesbeiträgen direkt den Absolvierenden der vorbereitenden Kurse zugute (subjektorientierte Finanzie-rung). Die Kantone haben aber weiterhin die Möglichkeit, bestimmte Angebote aus regionalpolitischen oder versorgungsrelevanten Gründen zu unterstützen.vK: vorbereitende Kurse. FSV: Fachschulvereinbarung. BBG: Eidgenössisches Berufsbildungsgesetz

Neu: subjektorientierte Finanzierung

Kantone

Beiträge an ausgewählte Anbieterim Rahmen der FSV

Bund

Bisheriges System

Pauschalbeiträge(Art. 53 BBG)

Bund

Anbieter vK

Beiträge an Absolvierende vonvorbereitenden Kursen (vK)

Kantone

Neues System

Pauschalbeiträge(Art. 53 BBG)

Absolvierende vK Zusätzliche Finanzierungbei Bedarf

Anbieter vK Anbieter vKAnbieter vK Anbieter vK Anbieter vK

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Einfache Abwicklung über ein Onlineportal

Über ein Onlineportal können Perso-nen, die sich auf eine eidgenössische Prüfung vorbereiten, Bundesbeiträ-ge für die angefallenen Kurskosten beantragen. Kursanbieter können via Portal ihre Kurse melden und ihr Angebot verwalten. Zurzeit sind rund 550 Kursanbieter und 2500 Kursan-gebote auf der Meldeliste erfasst.

Unter diesen Vorausset-zungen zahlt der Bund

1. Die Kurse müssen auf eine eidge-nössische Prüfung vorbereiten.

2. Die Kurse müssen auf der Liste der vorbereitenden Kurse (Melde-liste) stehen.

3. Die Absolvierenden müssen die Kursgebühren an die Kursanbie-ter zahlen.

4. Die eidgenössische Prüfung muss absolviert werden.

5. Der Wohnsitz muss in der Schweiz sein.

Bund übernimmt 50% der anrechenbaren Kosten

Die Absolventinnen und Absolven-ten erhalten 50 Prozent der anre-chenbaren Kursgebühren zurücker-stattet. Für eidg enössische Berufs prü fungen (BP) sind dies maximal 9500 CHF, für höhere Fach prü fun gen (HFP) maxi-mal 10 500 CHF.

SBFI NEWS 8/17 l BERUFSBILDUNG

In der Regel Bundesbeitrag nach Prüfungsabschluss

Mit dem neuen subjektorientierten Finanzierungssystem werden die Bundesbei-träge direkt an Personen ausbezahlt, die einen vorbereitenden Kurs oder mehrere Kursmodule für eine eidgenössische Berufs- oder höhere Fachprüfung besucht haben und im Anschluss daran eine eidgenössische Prüfung absolvieren.

Für Absolvierende, welche sich die Vorfinanzierung bis zur Auszahlung der Bun-desbeiträge nicht leisten können, ist unter bestimmten Voraussetzungen ein An-trag auf Auszahlung von Teilbeiträgen schon vor der eidgenössischen Prüfung möglich.

Januar 2018 – Dezember 2019Vorbereitender Kurs

Modul 1 Modul 2 Modul 3 Eidg. Prüfung Auszahlung

KontaktRémy Hübschi, SBFILeiter Abteilung Höhere Berufsbildung +41 58 462 21 27 [email protected]

Weitere Informationen www.sbfi.admin.ch/finanzierung

Erstmalige Auszahlung von Bundesbeiträgen 2018

Absolvierende von vorbereitenden Kursen, die nach dem 1. Januar 2018 eine eidgenössische Prüfung ablegen, können Bundesbeiträge beantragen. Voraussetzung ist, dass die Kurse auf der Meldeliste stehen, nach dem 1. Januar 2017 begonnen haben und nicht kantonal subventioniert wur-den.

Beitrags-grenze

50% der anrechenbarenKursgebühren

ObergrenzeBP: CHF 19 000.–HFP: CHF 21 000.–

UntergrenzeBP/HFP

CHF 1000.–

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St. Gallen in Zusammenarbeit mit der Uni-versität Zürich; Master an der Università della Svizzera italiana USI im Tessin). Die Nachfrage wird jedoch auch in Zukunft das Angebot bei weitem übersteigen.

Zugang beschränken – zwei ModelleAnfang der 1990er-Jahre stieg die Zahl der Interessierten für die Aufnahme eines Medizinstudiums stark an. Gleichzeitig wurde aufgrund finanzieller Schwierig-keiten der öffentlichen Hand das Betreu-ungsverhältnis im Rahmen des Medizin-studiums immer schlechter. Die damalige Schweizerische Hochschulkonferenz woll-te die hohe Ausbildungsqualität erhalten. Sie empfahl den betroffenen Universitäts-kantonen, den Zugang zum Medizinstu-dium zu beschränken.

Die Auswahl der künftigen Studierenden sollte mit Hilfe eines Eignungstests (EMS) erfolgen. Die Universitäten Basel, Bern, Freiburg und Zürich entschieden sich, den Numerus Clausus einzuführen. Die Kantone Genf, Waadt und Neuenburg wählten einen anderen Weg: An die-

Das Medizinstudium an Schweizer Hoch-schulen ist sehr beliebt. Auch 2017 über-traf die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber die vorhandenen Studienplät-ze um ein Vielfaches. Um den Ansturm bewältigen zu können, beschränken die Universitäten Basel, Bern, Zürich und Frei-burg bereits seit den 1990er-Jahren den Zugang zum Studium der Humanmedi-zin, der Zahnmedizin, der Veterinärme-dizin sowie der Chiropraktik durch einen Numerus clausus. Die Studierenden für die begehrten Plätze werden dabei mittels eines sogenannten Eignungstest für das Medizinstudium (EMS) ausgewählt.

Im Sommer 2017 meldeten sich für den Test 3930 Personen an. Demgegenüber steht eine Kapazität von lediglich 1264 Plätzen an Hochschulen mit Numerus Clausus. Zwar haben die bestehenden Me-dizinfakultäten in den letzten Jahren die Anzahl Studienplätze erhöht und dank des Sonderprogramms des Bundes werden an neuen Standorten weitere Studienplätze geschaffen (Bachelor an der ETH Zürich; Master an den Universitäten Luzern und

Eignungstest für das Medizinstudium

Ein seit über 20 Jahren eingesetztes Instrument unter der Lupe

Die Aufnahmekapazitäten für das Medizinstudium werden jährlich gesamtschweizerisch festgelegt. Führt der Andrang zum Medizinstudium so wie in den vergangenen Jahren zu Kapazitätsengpässen, werden an gewissen Hochschulen Zulassungsbeschränkungen auf der Grundlage eines Eignungstests vor Studienbeginn angewendet. Wie kam es dazu? Wie sieht die Zukunft aus? Gibt es auch andere Ansätze für die Auswahl künftiger Medizinstudierender?

sen Universitäten werden bis heute alle interessierten Studierenden zum ersten Semester des Medizinstudiums zugelas-sen. Anschliessend werden am Ende des ersten Studienjahrs die Studierenden mit Hilfe einer strengen Selektion innerhalb der jeweiligen Universität für das weitere Studium ausgewählt.

Neue gesetzliche Zuständigkeiten und KritikFür die Trägerkantone, die sich aus Kapa-zitätsgründen für den EMS entschieden haben, hat sich dieses System grundsätz-lich bewährt. Seit nunmehr 20 Jahren be-steht der EMS in seiner heutigen Form. Seit 1998 wird der jährlich stattfindende Eignungstest vom Zentrum für Testent-wicklung und Diagnostik (ZTD) der Uni-versität Freiburg durchgeführt.

Einige Rahmenbedingungen haben sich jedoch zwischenzeitlich geändert. Institu-tionelle Entwicklungen und die Änderung der Gesetzeslage führten zu einer Auftei-lung der Zuständigkeiten unter verschie-dene hochschulpolitische Akteure. 2015 wurden mit dem Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG) die Koordinationskompetenzen an die neue Schweizerische Hochschulkonferenz über-tragen, das heute im Hochschulbereich höchste bildungspolitische Organ von Bund und Kantonen.

Zudem wurde der Test als solcher wieder-holt kritisiert und in Frage gestellt. Einige Stimmen riefen nach einer gänzlich neu-en Konzipierung des Tests. So solle man sich etwa bei der Auswahl nicht alleine auf die Studierfähigkeit beschränken, sondern angehende Medizinerinnen und Mediziner auch auf ihre Berufsfähigkeit testen. Auch andere Auswahlverfahren wurden diskutiert, wie eine Auswahl über Interviews, Motivationsschreiben, Praktika oder die Maturitätsnoten.

Studentische Arbeitsplätze im zahnärztlichen Phantomlabor der Universität Zürich. Bild: © Universität Zürich; Ursula Meisser

SBFI NEWS 8/17 l HOCHSCHULEN

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Eignungstest bewährt sichDie neu verantwortliche Schweizerische Hochschulkonferenz (SHK) nahm die lauter werdende Kritik und die zwischen-zeitlich neue Governance des nun knapp 20-jährigen Tests als Anlass, den EMS ei-ner gründlichen Überprüfung zu unterzie-hen. Um eine gute Grundlage für das wei-tere Vorgehen zu schaffen, beauftragte die SHK Mitte 2016 den Schweizerischen Wissenschafts- und Innovationsrat (SWIR), den aktuellen Eignungstest vor dem Hin-tergrund der hochschul- und gesundheits-politischen Diskussionen zu überprüfen.

Das Ergebnis: Die Qualität des EMS ist gut! Die kognitiven Fähigkeiten der zu-künftigen Medizinstudierenden werden erfolgreich getestet. Testabsolventinnen und -absolventen, denen aufgrund ihres Testergebnisses ein Studienplatz zuge-wiesen werden konnte, schliessen in der Regel das Medizinstudium erfolgreich ab. Andere Alternativen zum heutigen EMS, wie die Einführung von Tests zur Situa-tionsbeurteilung, Interviews, Maturitäts-noten oder auch die Einführung eines einmonatigen Praktikums vor Studienbe-ginn, überzeugten den SWIR nicht, um die Ausrichtung des EMS grundsätzlich zu hinterfragen. Auch sei eine Überprüfung der «Berufsfähigkeit» schwierig – schliess-lich gäbe es in der Medizin mehr als ein Berufsbild.

Dennoch schlug der SWIR einige Verbes-serungsmöglichkeiten vor. So sollte der Test etwa regelmässig überprüft werden. Auch die Chancengleichheit zwischen den drei Sprachgruppen soll durch eine dop-pelte Qualitätskontrolle der Übersetzung des Tests verbessert werden. Der Bericht wurde Organisationen und Fachstellen im Bereich der (Hochschul-)Medizin zur Stellungnahme zugestellt. Er rief ein über-wiegend positives Feedback hervor.

Optimierungen eingeleitetDie Schweizerische Hochschulkonferenz hat im Frühling dieses Jahres entschieden, dass der EMS auch künftig seine grund-sätzliche Ausrichtung, also die Überprü-fung der Studierfähigkeit, behalten soll. In organisatorischer Hinsicht wurde eine neue Governance vereinbart. Die politi-sche Verantwortung für den EMS liegt neu bei der SHK. Eine neue Rolle hat swiss universities erhalten: Die Rektoren-konferenz der schweizerischen Hochschu-len hat die operative Verantwortung für den Test übernommen. Sie ist auch künf-tig für die koordinierte Anmeldung sowie die gesamte Organisation und Durchfüh-rung des Tests zuständig. Neu soll swiss-universities auch direkte Auftraggeberin für das Zentrum für Testentwicklung und Diagnostik der Universität Freiburg sein, dessen Arbeit sich bewährt hat.

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Auch das Finanzierungsmodell – der EMS wird zum Teil von den Kantonen sowie zum Teil durch die Teilnahmegebühren der Testteilnehmerinnen und -teilneh-mer finanziert – bedarf einer Anpassung. Ebenfalls in Ausarbeitung ist ein neuer Vertrag zwischen den nun neu definierten Akteuren. Kommende Medizinstudieren-de sollen auch in Zukunft auf die hohe Qualität eines dann noch verbesserten EMS vertrauen dürfen.

KontaktSonja Henrich-Barrat, SBFIWissenschaftliche BeraterinAbteilung Hochschulen +41 58 462 95 20 [email protected]

Sabine Felder, swissuniversitiesBereichsleiterin Lehre +41 31 335 07 39 [email protected]

Weitere InformationenDossier Medizinstudium: www.swissuniversities.ch/de/servi-ces/anmeldung-zum-medizinstudium/

Zentrum für Testentwicklung und Diag-nostik (ZTD) der Universität Freiburg: www.unifr.ch/ztd

Hochschule Humanmedizin Zahnmedizin Veterinärmedizin Chiropraktik

Anmeldungen Aufnahme-kapazitäten

Anmeldungen Aufnahme-kapazitäten

Anmeldungen Aufnahme-kapazitäten

Anmeldungen Aufnahme-kapazitäten

ETH Zürich 287 100 – – – – – –

Universität Basel 827 170 76 32 – – – –

Universität Basel –Università della Svizzera italiana

10 15 – – – – – –

Universität Bern 926 220 70 35 330 70 – –

Universität Freiburg 323 120 – – – – – –

Universität Genf 595 400* 71 50 – – – –

Universität Lausanne 629 440* – – – – – –

Universität Neuenburg 145 70* – – – – – –

Universität Zürich 1517 272 146 50 236 80 81 20

Universität Zürich – Track Luzern

52 40 – – – – – –

Universität Zürich – Track St. Gallen

86 40 – – – – – –

Total 5397 1887 363 167 566 150 81 20

Anmeldungen und Aufnahmekapazitäten für das Studienjahr 2017/2018

* Da die Universitäten Genf, Lausanne und Neuchâtel den Numerus clausus nicht anwenden, nehmen sie alle angemeldeten Studierenden auf. Quelle: SHK. Stand Februar 2017. Es handelt sich um provisorische Zahlen.

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SBFI NEWS 8/17 l FORSCHUNG

Thomas Stocker, Professor an der Universität Bern, wird mit dem diesjährigen Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist ausgezeichnet. Anhand von Modellierungen und Eiskernbohrungen konnte Stocker die Klimaveränderungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen aufzeigen. Seine Forschungserkenntnisse haben gemäss Stiftungs-zweck eine hohe Bedeutung für das menschliche Leben und betreffen eine der wichtigsten Herausforderungen der heutigen Gesellschaft. Die Preisverleihung erfolgt am 1. November in Bern.

Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist

Klimaforscher Thomas Stocker ausgezeichnet

Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann, Präsident der Marcel Benoist Stiftung, gratuliert Prof. Dr. Thomas Stocker zum diesjährigen Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist. Die Preisverleihung findet am 1. November in Bern statt. Bild: Lukas Lehmann

Mit seiner Forschung leistet Professor Thomas Stocker einen wesentlichen Bei-trag zum besseren Verständnis der Kom-plexität des weltweiten Klimasystems und der sich abzeichnenden Klimaveränderun-gen.

Klimageschichte der letzten 800 000 JahreProfessor Thomas Stocker arbeitet mit seinem Team an der Entwicklung von Modellen vergangener und zukünftiger Klimaveränderungen und an der Analy-se von Treibhausgaskonzentrationen an Eisbohrkernen aus der Antarktis und aus Grönland. In langjähriger Arbeit, unter-stützt durch den Schweizerischen Nati-onalfonds und von 2001–2012 durch den Nationalen Forschungsschwerpunkt Climate, wurde eine detaillierte Klimage-schichte der letzten 800 000 Jahre erstellt und gleichzeitig berechnet, wie sich das Klima in den nächsten Jahrzehnten be-ziehungsweise Jahrhunderten entwickeln könnte.

National und international ausge-zeichnetThomas Stocker ist Schweizer Bürger und 1959 geboren. Er hat an der ETH Zürich 1987 doktoriert und danach in London, Montreal und New York geforscht. Seit 1993 leitet er die Abteilung für Klima- und Umweltphysik am Physikalischen Institut der Universität Bern.

In seinem Fachgebiet zählt Thomas Sto-cker zu den meist zitierten Wissenschaft-lern in der Schweiz und ist Autor und Mitautor von über 200 wissenschaftlichen Artikeln. Für seine Arbeiten ist er bereits mehrfach national und international aus-gezeichnet worden. So erhielt er unter an-derem 1993 den Nationalen Latsis-Preis, 2009 die Hans Oeschger Medal der Eu-ropean Geoscienses Union sowie Ehren-doktorate der Université de Versailles und der ETH Zürich. Im Jahr 2016 wurde ihm eine weitere grosse Ehre zuteil. Der Berner Klimaphysiker wurde als «Foreign Hono-rary Member» in die American Academy

of Arts and Sciences (AAAS) gewählt. Die 1780 gegründete AAAS ist eine der ältesten und angesehensten Ehrengesell-schaften der USA. Neben den rund 4900 US-amerikanischen Mitgliedern gehören auch ungefähr 600 «Foreign Honorary Members» dazu.

Klimabericht der Vereinten NationenAls Forscher von Weltrang vermag Tho-mas Stocker die Erkenntnisse hoch kom-plexer Forschungsarbeit mit einfachen Worten zu erklären und damit nicht nur ein breites Publikum zu erreichen, son-dern auch Regierungen weltweit von den wissenschaftlichen Fakten des menschge-machten Klimawandels zu überzeugen. Er wirkte seit 1998 im Intergovernmen-tal Panel on Climate Change (IPCC) der Vereinten Nationen mit und wurde 2008 zum Vorsitzenden der Arbeitsgruppe I ge-wählt. Zusammen mit dem Chinesen Qin Dahe führte er das Team von über 250 Autoren, das den Klimabericht «Climate Change 2013: The Physical Science Basis» des IPCC erarbeitete. Die Resultate die-ses Berichts bildeten die wissenschaftliche Grundlage der Vereinbarung von Paris, die an der UN-Klimakonferenz im Dezember 2015 verabschiedet wurde und zum Ziel hat, die globale Erwärmung deutlich unter 2°C zu halten.

KontaktDani Duttweiler, SBFISekretär der Marcel Benoist Stiftung +41 58 462 45 60 [email protected]

Weitere Informationen www.climate.unibe.ch/stocker www.marcel-benoist.ch

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SBFI NEWS 8/17 l FORSCHUNG

Spitzenforschung in der Schweiz

Mit dem Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist werden seit 1920 jedes Jahr in der Schweiz etablierte Wis-senschaftler für ihre bedeutenden Arbeiten und deren Auswirkung auf das menschliche Leben ausgezeichnet. Geehrt werden Schweizer oder in der Schweiz domizilierte Forschende aus allen Disziplinen. In der bald hundert-jährigen Geschichte haben bisher zehn Marcel Benoist-Preisträger später den Nobelpreis erhalten. Der Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist ist 2017 mit 250 000 CHF dotiert.

2016Prof. Dr. Johan AuwerxErnährungswissenschaften ETH Lausanne

2015 Prof. Dr. Laurent KellerMikrobiologie Universität Lausanne

2014Prof. Dr. Nicolas Gisin Quantenphysik Universität Genf

2013Prof. Dr. Michael Grätzel Chemie ETH Lausanne

2012 Prof. Dr. Michael N. Hall Molekularbiologie Universität Basel

2011 Prof. Dr. Michele Parrinello Physik Universität der italienischen Schweiz

2010 Prof. Dr. Daniel Loss Physik Universität Basel

2009 Prof. Dr. Françoise Gisou van der Goot Mikrobiologie ETH Lausanne

2008 Prof. Dr. Ernst Fehr WirtschaftswissenschaftenUniversität Zürich

Die Liste aller Preisträger von 1920-2017 findet sich unter www.marcel-benoist.ch.

Preisträger der letzten neun Jahre

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SBFI NEWS 8/17 l FORSCHUNG

In Hamburg ist am 1. September 2017 mit dem European XFEL eine neue Forschungsinfrastruktur der Superlative offi-ziell eröffnet worden. Die Anlage erzeugt in unterirdischen Tunneln von 3,4 Kilometern Länge extrem intensive Rönt-genlaserblitze. Diese erlauben es, atomare Details von Viren zu erkennen, chemische Reaktionen zu filmen oder Vor-gänge wie im Inneren von Planeten zu untersuchen. Am European XFEL ist auch die Schweiz als Mitgliedstaat beteiligt.

Röntgenlaser European XFEL in Hamburg eröffnet

Ein neuer Leuchtturm der internationalen Forschungs­zusammenarbeit

Blick in den Tunnel des supraleitenden European XFEL-Beschleunigers. Bild: DESY / D. Nölle

Die Anfang 2009 begonnenen Arbeiten zur Errichtung und Inbetriebnahme des European XFEL, der weltweit leistungs-fähigsten Freie-Elektronen-Röntgenlaser-anlage, waren im Sommer 2017 so weit fortgeschritten, dass die ersten externen Nutzerinnen und Nutzer ihre Experimente durchführen konnten. Obwohl vier von sechs Experimentierstationen sowie ge-wisse Infrastrukturen wie die Kantine und das Gästehaus noch im Bau sind, wurde Ende Juni 2017 entschieden, die Betriebs-phase von European XFEL zu eröffnen.

Gemeinsame Erfolgsgeschichte von elf StaatenDieser wichtige Meilenstein wurde am 1. September 2017 mit einem Anlass vor Ort gefeiert. Seitens der elf Mitgliedstaaten von European XFEL (Dänemark, Deutsch-land, Frankreich, Italien, Polen, Russland, Ungarn, Schweden, die Slowakische Re-publik, Spanien und die Schweiz) waren

Minister, Staatssekretäre und weitere hochrangige Vertreterinnen und Vertre-ter anwesend.

Staatssekretär Mauro Dell’Ambrogio hob in seinem Grusswort hervor, dass mit dem European XFEL und dem SwissFEL des Paul Scherrer Instituts zwei der fünf weltweit einzigen Anlagen dieser Art in Europa angesiedelt seien. Die beiden An-lagen ergänzen sich und bieten weltweit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-lern beste Voraussetzungen für deren For-schungsarbeiten. Damit werde die Spit-zenposition der europäischen Forschung weiter gefördert.

Aus über 60 Bewerbungsdossiers wurden 14 Forschungsgruppen ausgewählt, die von Mitte September bis Anfang Dezem-ber 2017 auf zwei bereits verfügbaren Experimentierstationen ihre Experimente durchführen können. Die restlichen vier

Stationen sollen im Laufe des zweiten Halbjahres 2018 zugänglich sein. Mindes-tens zwei der für die ersten Experimente ausgewählten Gruppen gehören auch in der Schweiz tätige Forschende an (siehe Interview).

Beteiligung der SchweizDie Schweiz beteiligte sich mit 18,7 Millio-nen Euro an den Baukosten des European XFEL, die sich insgesamt auf 1,226 Milliar-den Euro (Preise von 2005) belaufen. 70 Prozent des Schweizer Beitrags wurde in Form von Infrastrukturen geleistet, die am Paul Scherrer Institut (PSI) entwickelt und am European XFEL installiert wurden. Der Bau des European XFEL hat in der Schweiz Investitionen von insgesamt rund 44 Mil-lionen Euro ausgelöst. Das Jahresbudget von European XFEL beläuft sich in der Be-triebsphase ab 2018 auf etwa 120 Millio-nen Euro und sollte in den ersten Jahren stabil bleiben. Die Schweiz wird 1,5% da-von übernehmen, was 1,8 Millionen Euro pro Jahr entspricht.

KontaktDoris Wohlfender, SBFIWissenschaftliche Beraterin Ressort EU-Rahmenprogramme [email protected] +41 58 465 12 26

Weitere Informationen www.xfel.eu

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SBFI NEWS 8/17 l FORSCHUNG

Erste Nutzer des European XFEL

«Wir sollten uns über jede Eröffnung einer neuen Anlage vom Typ XFEL freuen, denn solche Einrichtungen sind rar»

Zu den ersten Forschenden, die den European XFEL für ihre Experimente nutzen können, zählt Majed Chergui. Er ist seit 2003 Professor für Physik und Chemie an der ETH Lausanne und leitet dort das Laboratoire de Spect-roscopie Ultrarapide. Der European XFEL bietet ihm für seine Forschung neue, bisher nicht vorhandene technische Möglichkeiten.

Was für ein Experiment führen Sie am European XFEL durch?Prof. Majed Chergui: Ziel meines Expe-riments ist es, einen Teil des Atmungs-prozesses zu erforschen, namentlich die Anbindung und Loslösung von Sau-erstoff, Kohlenmonoxid oder anderen Molekülen an das bioaktive Zentrum der Atmungsproteine (Hämoglobin und Myoglobin). Diese Vorgänge im Körper sind wichtig, da der Sauerstoff nicht nur von den Lungen in unsere Muskeln transportiert wird, sondern dort auch freigesetzt werden muss, damit er ver-fügbar ist.Mit den Röntgenstrahlen des European XFEL kann die Entwicklung des Prote-ins nach einer künstlichen und kontrol-lierten Freisetzung (durch einen ersten Laserimpuls) der Moleküle (sogenannte Liganden) wie Sauerstoff oder Koh-lenmonoxid vom Eisenatom, das diese Liganden an die Atmungsproteine bin-det, in Echtzeit untersucht werden. Die Loslösung der Liganden durch einen op-tischen Laserimpuls simuliert das natürli-che Phänomen. Es ist dadurch möglich, den Ausgangszeitpunkt festzulegen, um die Rückkehr des Liganden zum Eisena-tom zeitlich aufzuzeichnen.

Könnten Sie Ihre wissenschaftliche Hypothese auf andere Weise als mit dem European XFEL überprü-fen? Es liegen viele Studien vor, die mit an-deren Methoden auf der Grundlage von gepulsten Lichtquellen durchgeführt worden sind, zum Beispiel im sichtbaren Bereich oder im Infrarotbereich. Deren Erkenntnisse sind sicherlich korrekt, aber nicht vollständig, da mit keiner dieser Methoden gezielt beobachtet werden konnte, was sich im bioaktiven Zentrum, das heisst im Eisenatom, abspielt.

Prof. Majed Chergui, Professor für Physik und Chemie an der ETH Lausanne

Welche Besonderheiten des Euro-pean XFEL hat Sie zur Bewerbung motiviert?Dank des Röntgenstrahlenflusses des European XFEL können wir Experimente der Röntgenemissionsspektroskopie pla-nen. Mit dieser Methode kann die elekt-ronische Reorganisation des Eisenatoms eindeutig aufgedeckt werden. Die Sig-nale sind schwach, aber mit der Erzeu-gung durch eine so intensive Quelle wie den European XFEL kann der Kontrast erhöht werden. Vor der Eröffnung des European XFEL waren diese technischen Möglichkeiten nicht vorhanden.

Ihr Projekt wurde aufgrund seiner Exzellenz ausgewählt. Welcher Aspekt Ihres Projekts war Ihrer Ansicht nach ausschlaggebend? Die Auswahlkriterien von European XFEL sind mir nicht im Detail bekannt. Ich habe aber mit Interesse zur Kennt-nis genommen, dass mein Projekt unter den für die erste Experimentserie ausge-wählten das einzige war, das eine wis-senschaftliche Frage aus dem Gebiet der Biologie behandelt.

Welchen Mehrwert bringt Euro-pean XFEL den Schweizer For-schenden gegenüber SwissFEL?Wir sollten uns über die Eröffnung je-der neuer Anlage vom Typ XFEL freuen, denn diese sind rar. Bisher wurden nur zwei solcher Anlagen betrieben: LCLS in den USA und SACLA in Japan. Die Nach-frage nach Messzeiten auf diesen Ma-schinen war riesig und es konnten daher nur sehr wenige Projekte berücksichtigt werden. Die grössere Verfügbarkeit von XFEL nach der Eröffnung von European XFEL und SwissFEL am Paul Scherrer In-stitut in Europa wie auch von PAL-XFEL in Südkorea ist sehr positiv.

Im Übrigen sind die Spezifikationen von European XFEL und SwissFEL nicht iden-tisch, die beiden Maschinen ergänzen sich weitgehend. Folglich kommt es vor, dass Experimente auf der einen Anlage nicht durchgeführt werden können, auf der anderen aber schon.

Wie wird sich Ihrer Ansicht nach die internationale Dimension von European XFEL konkret auf die da-rin hervorgebrachte Wissenschaft auswirken? Haben Sie besondere Erwartungen gegenüber der in gewissen Mitgliedstaaten (zum Beispiel Russland) durchgeführten Forschung?Die an Grossanlagen dieser Art durchge-führten Forschungen, auch auf nationa-ler Ebene, sind bereits sehr international ausgerichtet. Die Swiss Light Source am PSI ist ein gutes Beispiel dafür. Die bei-den bereits betriebenen XFEL, nämlich LCLS und SACLA, haben gezeigt, dass dieser internationale Charakter bei XFEL-Anlagen noch ausgeprägter ist. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass sie derart spezifische und vielseitige Kom-petenzen erfordern, über die ein Land alleine, unabhängig von seiner Grösse, nicht verfügen kann. Das gilt insbesonde-re in der aktuellen Phase der XFEL, in der sowohl auf technischer als auch auf wis-senschaftlicher Ebene noch alles neu ist.Sobald sich die internationale Wissen-schaftsgemeinschaft mit den XFEL ver-traut gemacht hat, wird sich der Nut-zerkreis stetig vergrössern, wie dies bei anderen Synchrotronstrahlungsanlagen zu beobachten war. Es werden Anfragen von überall eintreffen. Wir hoffen, dass auch Russland dabei sein wird.

Kontakthttps://lsu.epfl.ch/

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SBFI NEWS 8/17 l INTERNATIONAL

2017 war für swissnex ein Jahr der Erneuerung. Seiner Aufgabe bleibt das Netzwerk treu: Akteure aus der Schweiz und dem Ausland in Bildung, Forschung und Innovation auf dynamische und innovative Weise bei deren Internati-onalisierungsbestrebungen zu unterstützen. Geändert haben sich indessen Name, Gesicht und Arbeitsform. So wird das Netz aus den swissnex Standorten und den Schweizer Wissenschaftsrätinnen und -räten in den Botschaften, das bisher als BFI-Netzwerk (Bildung, Forschung, Innovation) bekannt war, neu als swissnex Netzwerk bezeichnet. Zudem übernehmen an mehreren Orten des Netzwerks neue Personen die Leitung. Schliesslich werden neue Kooperationsfor-men erprobt, beispielsweise mit dem swissnex Lab im Schweizer Pavillon der Weltausstellung in Astana, Kasachstan.

Ein Jahr mit vielen Neuerungen für das swissnex Netzwerk

Neuer Name, neue Projekte und neue Gesichter

Das Netzwerk aus den verschiedenen swiss nex-Standorten und den Wissen-schaftsrätinnen und -räten in den Bot-schaften, die insgesamt in rund 20 Län-dern vertreten sind, hat sich in den vergangenen Jahren bedeutend gewan-delt.

Ein neuer NameDas zunehmende Interesse an inter-nationalen Kooperationen und die ver-änderten Bedürfnisse der Schweizer BFI-Akteure im Ausland haben die swiss nex- Stand orte und auch zahlreiche Sci ence and Tech nology Offices (S&T Of-fices) dazu gebracht, ihr Leistungs an ge-bot auszubauen und die regionale Zu-sam men arbeit zu verstärken. Dies ist beispiels weise in Asien der Fall: Die S&T Offices von Seoul und Tokyo arbeiten re-gelmässig mit swissnex China zusam-men, namentlich bei der Erarbeitung ge-meinsamer Programme für Schweizer Delegationen, die das Potenzial der Regi-

on erkunden wollen. Die Zusammenar-beit zwischen den verschiedenen Stellen des Netzwerks im Dienst der Schweizer Wissenschaftsgemeinschaft wird von den Nutzerinnen und Nutzern als solche wahrgenommen: Es war daher nur fol-gerichtig, den Begriff swissnex Netzwerk entsprechend der gelebten Realität vor Ort anzupassen.

Ein neues ProjektDie Akteure im Bereich Forschung und Innovation sind mobil und das Umfeld verändert sich rasch, im Gegensatz zu den formalen Strukturen, die langfristig an bestimmte Orte gebunden sind. Es gilt daher, flexiblere Unterstützungsfor-men zu finden. Aus diesem Grund hat das SBFI in Zusammenarbeit mit Präsenz Schweiz einen Grossanlass – die Welt-ausstellung in Astana (Kasachstan) unter dem Motto «Energiezukunft» – genutzt, um ein neues Konzept auszutesten: das swissnex Lab im Schweizer Pavillon.

Die Idee dahinter: Wie die swissnex-Standorte verfolgt das Lab das Ziel, Schweizer BFI-Akteuren eine offene Plattform zur internationalen Vernetzung zu bieten. Dadurch soll das Profil der Schweiz als führender und offener Inno-vations- und Wissenschaftsstandort ge-schärft werden. Das Lab wird jeweils an ein bestimmtes Ereignis geknüpft und ist dadurch zeitlich begrenzt. Dank dieser hohen Mobilität und Flexibilität können BFI-Akteure auch ausserhalb der beste-henden Standorte des swissnex Netz-werks gezielt unterstützt werden.

Aus vager Idee wurde Plattform für KooperationenAnfang September schloss die Expo 2017 ihre Tore. Philippe Roesle, Projektleiter des swissnex Lab, stellt fest: «In Ergänzung zur attraktiven Ausstellung im Schweizer Pavillon konnte das swissnex Lab mit in-haltlicher Tiefe Akzente setzen und ver-schiedene Perspektiven zum Thema Ener-

Staatssekretär Mauro Dell’Ambrogio reiste im September 2017 anlässlich der Expo in Astana in Begleitung von Walter Steinlin, Präsident der Kommission für Technologie und Innovation, nach Kasachstan. Im Schweizer Pavillon trafen sie unter anderem den kasachischen Minister für Bildung und Wissenschaft, Yerlan Sagadiyev. Bilder: zVg

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Das swissnex Lab an der Expo in Astana bot Schweizer BFI-Akteuren in einem attraktiven Umfeld eine offene Plattform zur internationalen Vernetzung. Bilder: zVg

gie vermitteln». Das Lab hatte auch das Interesse bei den Schweizer Fachhoch-schulen geweckt, die zu Beginn der Welt-aus stellung mit einer 17-köpfigen Delega-tion nach Astana gereist waren. An ver schiedenen Anlässen tauschten sie sich mit kasachischen und russi schen Forsche-rinnen und Forschern aus. Das swissnex Lab unterstützte insgesamt über 30 Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftler von elf Schweizer Hochschulen, arbeitete mit Schweizer Grossfirmen sowie auch mit der internatio nalen Start-up-Plattform Seedstars zusammen.Das Pilotprojekt wird in den nächsten Wochen ausgewertet, Philippe Roesle zieht jedoch bereits jetzt ein positives Fa-zit: «War das swissnex Lab anfänglich

eine noch eher vage Idee, so entstanden daraus über die letzten Monaten viele konkrete und interessante Begegnun-gen, die hoffentlich zu weiteren Ideen und Kooperationen führen werden.»

Für Botschafter Nicolas Bideau, Leiter von Präsenz Schweiz (PRS), hat sich die Zusammenarbeit mit dem swissnex Netz-werk sehr bewährt. In den vergangenen Jahren ging es bei den Projekten von PRS immer häufiger um Themen mit direk-tem Bezug zu Bildung, Forschung und Innovation, weshalb eine enge und er-folgreiche Zusammenarbeit mit dem swissnex Netzwerk naheliegend war. Das Thema der Expo in Astana rund um die Energiezukunft eignete sich perfekt für

Das swissnex Netzwerk ist das Aussennetz des Bundes für Bildung, Forschung und Innovation. Die fünf swissnex-Standorte und deren Aussenposten befinden sich in den weltweit innovativsten Hubs. Gemeinsam mit den rund 20 Wissenschaftsrätinnen und -räten (Science and Technology Offices STO und Science and Technology Counselors STC) in den Schweizer Botschaften tragen sie dazu bei, das Image der Schweiz als global führenden Innovationshotspot zu stärken. Grafik: SBFI

MoskauBerlin

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Singapur

Shanghai

Bangalore

Boston

San Francisco

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TokyoSeoulPeking

Neu Delhi

Pretoria

Wien

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ParisLondon

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Brasilia

Buenos Aires

Santiago de Chile São Paulo

New York

Ottawa

Washington

die Verwirklichung eines Pilotprojekts. Mit diesem sollten gleichzeitig Synergien genutzt und wissenschaftliche Koopera-tionen gefördert, eine Diskussion mit der Öffentlichkeit und den Medien angestos-sen und das Bild einer innovativen Schweiz weltweit gestärkt werden.

Wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Kasachstan vertiefenDie Forschungszusammenarbeit zwi-schen der Schweiz und Kasachstan ist noch wenig ausgebaut. Gemäss Philippe Roesle hat das Land aber «grosse Ambiti-onen und verfügt vor allem im Inge-nieurswesen über gut ausgebildete Leute und damit Potenzial für Kooperationen». Staatssekretär Mauro Dell’Ambrogio hat die Expo in Astana zum Anlass genom-men, um im September 2017 für eine Mission nach Kasachstan zu reisen. Da-bei wurde er von Walter Steinlin, Präsi-dent der Kommission für Technologie und Innovation, begleitet. Bei einem Tref-fen mit dem kasachischen Minister für Bildung und Wissenschaft, Yerlan Sa-gadiyev, wurde eine gemeinsame Erklä-rung unterzeichnet, durch die die direk-ten Beziehungen und Kontakte zwischen den wissenschaftlichen Gemeinschaften beider Länder weiterhin erleichtert und gefördert werden sollen. Die Delegation führte ausserdem Gespräche mit den wichtigsten Akteuren der BFI-Landschaft Kasachstans und besuchte verschiedene universitäre Hochschulen in Astana zu einem Austausch mit den Rektoraten, darunter die Universität Nazarbayev und die Eurasische Nationale Universität.

Für den Zeitraum 2017−2020 wurde die Universität Genf als Leading House für Russland und Zentralasien gewählt. Sie wird Zusammenarbeitsinstrumente zur Förderung der wissenschaftlichen Bezie-hungen zu Kasachstan und den anderen Ländern der Region lancieren.

KontaktBeatrice Ferrari, SBFIStv. Leiterin Abteilung Internationale Beziehungen +41 58 462 48 58 [email protected]

Weitere Informationen www.swissnex.org

SBFI NEWS 8/17 l INTERNATIONAL

The Swiss global network for education, research and innovation

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swissnex BostonNeuer CEO ist Christan Simm. Er leite-te vorher swissnex San Francisco.

Personelle Veränderungen im swissnex Netzwerk

Neue Leitungspersonen und neue Gesichter

swissnex San FranciscoNeue CEO ist Gioia Deucher, die zuvor swissnex Brasilien leitete.

swissnex ChinaFelix Moesner wechselte als CEO von swissnex Boston nach Shanghai.

S&T Office von SeoulAlessandra Apicella hat im August 2017 ihre neue Stelle als Leiterin des S&T Office in Seoul angetreten. Sie ver-fügt über ein Doktorat in Werkstoff-technik und interessiert sich besonders für die Beziehungen zwischen Hoch-schulen und Industrie.

SBFI NEWS 8/17 l INTERNATIONAL

Welche Chancen sehen Sie für die schweizerische BFI-Landschaft in Südkorea?Alessandra Apicella: In Südkorea ist die Forschung sehr nah am Markt und kann sich auf einen äusserst effizienten Technologietransfer stützen. Die For-schungsinfrastrukturen und die For-schenden sind auf hohem Niveau. Es besteht ein reger Austausch zwischen Universitäten und Unternehmen und die Ausbildungen sind tendenziell in-terdisziplinär ausgerichtet. In den letz-ten Jahren wurden mehrere Kooperati-onen mit der Schweiz aufgebaut, insbesondere in der Präzisionsmedizin, im Bereich Digital Health und in der Robotik. Es existieren verschiedene Ins-trumente zur Unter stützung der Zu-sammenarbeit. Ich ermutige Schweizer Studierende, For schende und Start-ups, diese In stru men te zu nutzen und mit uns in Kontakt zu treten.

Und welche Herausforderungen?Die BFI-Gemeinschaften der Schweiz und Südkoreas kennen sich noch kaum. Die Herausforderung besteht nicht nur darin, die Kommunikation zu verbessern, sondern auch die vielver-sprechenden Bereiche zu erkennen, den Akteuren den Kontakt zu geeigne-ten Partnern zu ermöglichen und

punktuelle Projekte in längerfristige Part-nerschaften umzuwandeln. Die Erfahrung meines Vorgängers hat gezeigt, dass dies möglich ist. Manchmal muss aber ein Kompromiss zwischen dem schweizeri-schen Bottom-up- und dem koreanischen Top-down-Ansatz gefunden werden.

Was möchten Sie in den kommenden Jahren erreichen?Mein Ziel ist es, die bilateralen Koopera-tionen zu stärken, die dank den Bemü-hungen des S&T Office in den vergange-nen Jahren entstanden sind, ins besondere mit dem Life Science Symposium und den Medtech Innovation Days. Ich möch-te auch neue Bereiche wie Robotik und intelligente Materialien ausloten, in de-nen beide Länder führend sind. Es ist wirklich ein grosses Potenzial vorhanden und ich bin nicht sicher, dass es mir ge-lingt, alle Pläne umzusetzen. Ein Projekt, das mir besonders am Herzen liegt, ist die Förderung der Frauen in der Wissen-schaft, hier möchte ich auch zu einem Dialog und Austausch anregen.

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swissnex BrasilienMaria Conti hat im August 2017 die Leitung von swissnex Brasilien über-nommen. Bis dahin war sie Lehrbeauf-tragte für Sprache und Kultur Brasi-liens an der Universität St. Gallen.

swissnex IndienSebastien Hug wird ab November 2017 neuer CEO von swissnex Indien. Nachdem er zuvor an der Schweizer Botschaft in Ottawa und bei swissnex Boston gearbeitet hatte, ist er bis heute für die Betreuung des swissnex Netzwerks beim SBFI zuständig.

Welche Chancen sehen Sie für die schweizerische BFI-Landschaft in Brasilien?Maria Conti: Das Interesse Brasiliens an der Internationalisierung ist ungebro-chen. Brasilien verfügt über erstklassige Forschungsinstitutionen, beispielsweise in den Bereichen Raumfahrt oder Tro-penmedizin, die dem Austausch offen gegenüberstehen. Geschäftsmöglich-keiten finden sich in der Landwirtschaft und Medizin sowie im Umweltbereich. Vielversprechend sind ebenfalls der aufstrebende Themenbereich Biodiver-sität – insbesondere auch in Bezug zum Amazonas – und die Finanzindustrie. Nicht zu vergessen ist, dass Brasilien im Bereich soziale Innovationen sehr stark ist. Der Fokus von swissnex Brasilien liegt aktuell auf existierenden und po-tenziellen Zusammenarbeitsfeldern im brasilianischen Innovationsökosystem.

Welche Herausforderungen sehen Sie in Brasilien?Ich kenne Brasilien seit vielen Jahren, und eine historische Sichtweise hat mich immer wieder davon überzeugen

können, dass Brasilien ein echter Champion in Krisenbewältigung ist. Aber die aktuellen politischen und öko-nomischen Unsicherheiten stellen das Land – und von daher auch swissnex – ohne Zweifel vor grosse Herausforde-rungen. Für uns heisst dies, auch aus-serhalb der Metropolen São Paulo und Rio de Janeiro gezielt und strategisch zu agieren. Es mag vielleicht aus der Ferne so scheinen, aber Brasilien steht nicht still. Im Gegenteil: swissnex Brasi-lien nutzt dies für den Ausbau und die Stärkung des Verbindungsnetzes und die kulturelle Vermittlungstätigkeit.

Was möchten Sie in den nächsten vier Jahren erreichen? Ich will im Rückblick ohne Abstriche sa-gen können, dass wir als Team von swissnex Brasilien die Chancen genutzt, Nischen erkannt, bestehende Partner-schaften gefestigt und neue, auch un-konventionelle Ideen umgesetzt haben.

Welche Chancen sehen Sie für die schweizerische BFI-Landschaft in Indien?Sebastien Hug: Diese Frage werde ich mit dem swissnex Team und unseren Partner in den nächsten Monaten tiefer ausloten. Unter meinem Vorgänger, Balz Strasser, hat swissnex Indien viele neue Initiativen lanciert, ob im Med- und Fintech-Bereich, in der Raumfahrt, in der Kooperation mit Fachhochschu-len oder in der Wissenschaftskommu-nikation. Darauf möchte ich sicherlich aufbauen. Weitere Potenziale sehe ich auch in der Innovation, konkret in der Zusammenarbeit mit innovativen Un-ternehmen und Start-ups.

Und welche Herausforderungen?Zwar anerkennen Schweizer BFI-Stake-holder Indien gemeinhin als ein wichti-ges Partnerland, trotzdem gehören Ban ga lore, Mumbai oder Delhi nicht zu den ersten Destinationen auf dem Ra-dar der Schweizer BFI-Stakeholder. In-

dien erscheint oftmals als zu bürokra-tisch und zu gross. Eine wichtige Rolle von swissnex Indien ist es deshalb, in der Schweiz auf die zahlreichen Mög-lichkeiten in diesem grossen Land ge-zielt aufmerksam zu machen.

Was möchten Sie in den nächsten vier Jahren gerne erreichen? Ich möchte zusammen mit meinem Team weiter daran arbeiten, swissnex Indien als einen wichtigen Akteur in der bilateralen Kooperation beider Län-der zu etablieren. Als ein Akteur, der einerseits kontinuierlich neue Wege begeht, neue Initiativen lanciert und mit innovativen Kooperationsformen experimentiert und andererseits die zahlreichen Akteure aus den verschie-densten Bereichen zusammenbringt, eine Community bildet und viele uner-wartete Begegnungen schafft.

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DIE ZAHL

47% 2015 waren die Unternehmen der Nordwestschweiz, zu der die Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Aarau zählen, am ak-tivsten in der Forschung und Entwicklung. Sie finanzierten 47% der Aufwendungen der Privatwirtschaft der Schweiz für Forschung und Entwicklung (F+E).

Die F+E Aufwendungen der Privatwirtschaft betrugen 2015 ins-gesamt 15,66 Milliarden Franken. Es handelt sich dabei um soge-nannte Intramuros-Aufwendungen (Gesamtheit der Ausgaben für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die ein Unterneh-men in seinen eigenen Räumlichkeiten, das heisst «innerhalb sei-ner Mauern», durchführt).

Quelle: BFS, F+E Statistik. Grafik: BFS 2016

Intermuros-F&E-Aufwendungen, nach Region, 2015

47%

13%

12%

11%

10%

7%1%

Nordwestschweiz

Genferseeregion

Espace Mittelland

Zürich

Zentralschweiz

Ostschweiz

Tessin

Im Sommer 2013 wurde in Zürich die erste Höhere Fachschule für zeitgenössischen und urbanen Bühnentanz gegründet. Das interdisziplinäre Studium auf Tertiärstufe richtet sich an talentierte künftige Bühnentänzerinnen und -tänzer. Markenzeichen ist die enge Verbindung von Theorie und Praxis. Im August 2017 haben die ersten Absolventinnen und Absolventen ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und ein eidgenössisch anerkanntes Diplom (Dipl. Bühnentänzer/in HF) erhalten. Damit steht ihnen die Berufswelt offen. Bild: zVg

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