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Inhaltsverzeichnis Elementa 1: Zukunftswerkstatt 1800 Seite 3: Einführungstext Zukunftswerkstatt 1800 Seite 4: Stationstext: Nutzung natürlicher Antriebskräfte Seite 5-6: Flaschenzug Seite 7-8: Kranmodell Seite 9-10: Tretradkran Seite 11-12: Otto von Guericke: Versuche mit dem leeren Raum Seite 13: Der Guericke-Kran Seite 14-15: Der Sauger Seite 16: Stationstext: Mechanisierung des Weltbildes: Die Welt als Uhr Seite 17-18: Freier Fall Seite 19-20: Fallrinne Seite 21-22: Newtons Gesetz Seite 23-24: Bauernring-Sonnenuhr Seite 25-26: Variopendel Seite 27: Stationstext: Erforschung der Himmelsbewegungen: Astronomie an der Mannheimer Sternwarte Seite 28-29: Sternfinder Seite 30: Mondphasen Seite 31: Abbildungen der Wirklichkeit: Die Gesetze der Strahlenoptik Seite 32-33: Kepler-Fernrohr Seite 34-35: Prismen und Linsen Seite 36-37: Hohlspiegel Seite 38-39: Anamorphosen Seite 40-41: Dürer-Perspektive Seite 42-43: Endlos-Spiegel Seite 44-45 Farbspiel Seite 46: Stationstext: Vorindustrielle Handwerke: Keimzellen der Industrialisierung Seite 47-48: Wippendrehbank Seite 49-50: Zweihand-Prüfer Seite 51: Stationstext: Kraft und Bewegung: Mechanische Prinzipien für die Welt der Technik Seite 52-53: Heißluft-Ballon

Seite 5-6: Flaschenzug Seite 7-8: Kranmodell · 2018. 7. 31. · Seite 38-39: Anamorphosen Seite 40-41: Dürer-Perspektive Seite 42-43: Endlos-Spiegel Seite 44-45 Farbspiel Seite

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  • Inhaltsverzeichnis Elementa 1: Zukunftswerkstatt 1800

    Seite 3: Einführungstext Zukunftswerkstatt 1800

    Seite 4: Stationstext: Nutzung natürlicher Antriebskräfte

    Seite 5-6: Flaschenzug

    Seite 7-8: Kranmodell

    Seite 9-10: Tretradkran

    Seite 11-12: Otto von Guericke: Versuche mit dem leeren Raum

    Seite 13: Der Guericke-Kran

    Seite 14-15: Der Sauger

    Seite 16: Stationstext: Mechanisierung des Weltbildes: Die Welt als Uhr

    Seite 17-18: Freier Fall

    Seite 19-20: Fallrinne

    Seite 21-22: Newtons Gesetz

    Seite 23-24: Bauernring-Sonnenuhr

    Seite 25-26: Variopendel

    Seite 27: Stationstext: Erforschung der Himmelsbewegungen: Astronomie an der Mannheimer

    Sternwarte

    Seite 28-29: Sternfinder

    Seite 30: Mondphasen

    Seite 31: Abbildungen der Wirklichkeit: Die Gesetze der Strahlenoptik

    Seite 32-33: Kepler-Fernrohr

    Seite 34-35: Prismen und Linsen

    Seite 36-37: Hohlspiegel

    Seite 38-39: Anamorphosen

    Seite 40-41: Dürer-Perspektive

    Seite 42-43: Endlos-Spiegel

    Seite 44-45 Farbspiel

    Seite 46: Stationstext: Vorindustrielle Handwerke: Keimzellen der Industrialisierung

    Seite 47-48: Wippendrehbank

    Seite 49-50: Zweihand-Prüfer

    Seite 51: Stationstext: Kraft und Bewegung: Mechanische Prinzipien für die Welt der Technik

    Seite 52-53: Heißluft-Ballon

  • Seite 54-55: Riesenübersetzung

    Seite 56-57: Kettenlinien-Bogen

    Seite 58-59: Biegebalken

    Seite 60-61: Gewölbebogen

    Seite 62-63: Leonardo-Brücke

    Seite 64-65: Kragsteine

    Seite 66-67: Potentialtrichter

    Seite 68-69: Wasserparabel

    Seite 70-71: Rollkörper

    Seite 72-73: Kugelwettlauf

    Seite 74-75: Klick-Klack

    Seite 76: Drehscheibe

    Seite 77-78: Chaos-Pendel

    Seite 79: Stationstext: Mechanisierung von Kopfarbeit: Rechnen mit Maschinen

    Seite 80-81: Rechentisch

    Seite 82-83: Abakus I.

    Seite 84-85: Abakus II.

    Seite 86-87: Neperstäbchen

    Seite 88-89: Schottscher Rechenkasten

    Seite 90-91: Dual-Abakus

    Seite 92-93: Dual-Rechenmaschine nach Leibniz

  • Einführungstext Elementa 1 Zukunftswerkstatt 1800 Wer die Gesetze natürlicher Vorgänge kennt, kann gezielt in die Natur eingreifen und sie menschlichen Zwecken nutzbar machen: so das neuzeitliche Wissenschaftsverständnis, wie es im 17. Jahrhundert entwickelt wurde. Der Mensch als Herr und Eigentümer der Natur: das war die Vision von René Descartes. Und der englische Philosoph Francis Bacon prägte das Schlagwort: Wissen ist Macht! Mathematik galt als Ordnungsprinzip einer Welt, erschaffen von Gott nach Maß, Zahl und Gewicht. Messend, zählend, wiegend, also experimentell, sollten die Gesetze der Natur deshalb erforscht und mathematisch formuliert werden. Mechanik war die universelle Leitwissenschaft, gültig für Vorgänge am Himmel wie auf der Erde. Sie war auch Basis für die neu entstehenden Maschinen- und Bauingenieurwissenschaften, die Theorie und handwerkliche Praxis verbanden und deren Berechnungsverfahren heute noch gelten. Wer also die hochtechnisierte Welt der Gegenwart verstehen möchte, dem hilft auch ein Blick in Zukunftswerkstätten jener Zeiten des Aufbruchs, als die wissenschaftlich-technischen Grundlagen unserer modernen Lebenswelt geschaffen wurden.

  • Stationstext Nutzung natürlicher Antriebskräfte Maschinen zur Erleichterung körperlicher Arbeit Bereits im griechisch-römischen Altertum benutzte man so genannte einfache Maschinen wie Hebel, Keil, Schraube, Haspel oder Flaschenzug und verstärkte die Muskelkraft von Mensch und Tier. Natürliche Energiequellen wie Wind und Wasser trieben seit langem schon Mühlen aller Art an, in Europa weit verbreitet seit dem Mittelalter. Ingenieure und Naturwissenschaftler analysierten im 17. und 18. Jahrhundert die Funktion solch elementarer Maschinen. Mit den Gesetzen der Mechanik und im Experiment erforschten sie, wie sich die Wirkungsgrade herkömmlicher Energienutzung steigern ließen. Darüber hinaus erschlossen sie neue Wege, wie Kräfte der Natur genutzt werden konnten. Untersuchungen der Wirkungsweise von atmosphärischem Luftdruck, Feuer und Dampf führten zur Entwicklung der Dampfmaschine, der zentralen Kraftmaschine im Industriezeitalter.

  • A B

    Was geschieht hier?

    Je größer die Zahl der Seilstücke wird, die das Gewicht tragen, desto kleiner wird die Kraft, mit der du ziehen musst. Was du aber an Kraft sparst, musst du an gezogener Seillänge hinzugeben. Generell gilt: Mechanische Arbeit kannst du nicht einsparen. Was du an Kraft sparst, musst du durch einen längeren Weg ausgleichen.

    Kann mir ein Flaschenzug die Arbeit abnehmen?

    Hebe mit verschiedenen Flaschenzügen das gleiche Gewicht. Wie verändert sich jeweils die Kraft, die du dazu brauchst? Wie viel Seil musst du jeweils durch deine Hände ziehen?

    Genauer betrachtet

    Das Produkt aus Kraft und gezogener Seillänge bleibt immer gleich und heißt in der Physik mechanische Arbeit. Was hier geschieht, gilt für alle mechanischen Maschinen – wie auch Hebel und Getriebe – und wird allgemein die „goldene Regel der Mechanik“ genannt:

    Das Produkt aus Kraft und Weg bleibt stets konstant.

    Die Kraftumwandlung am Flaschenzug lässt sich grundsätz-lich mit der Zahl der tragenden Seilstücke bestimmen.

    Beispiel A: Das Gewicht hängt an 4 Seilstücken.Dann musst du nur ¼ der Gewichtskraft aufwenden, um es zu heben. Dafür ist aber die Seillänge, die du ziehen musst, viermal so groß wie der Weg, um den das Gewicht sich hebt.

    Beispiel B: Wenn du dich selber hochziehst, dann hängt dein Körpergewicht an 2 Seilstücken: Das Seilstück, an dem du ziehst, trägt jetzt auch. Folglich musst du nur mit der Hälfte deines eigenen Gewichts ziehen. Dafür gleitet doppelt so viel Seil durch deine Hände, wie der Höhe entspricht, um die du dich hebst.

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    zugWoher und wozu?

    Flaschenzüge gab es schon in der Antike. Bis heute werden sie eingesetzt, um die Zugkraft von Mensch und Maschine zu verstärken. Der Lastkran auf dieser Ebene, der zum Aufbau der Ausstellung benötigt wurde, ist ein Beispiel dafür. Die Kraft seiner elektrisch betriebenen Winde wird durch einen Flaschenzug vervierfacht.

    Bei Segelbooten wird der Baum (die horizontale Stange unter dem Segel) bis heute mit einem Flaschenzug geführt. Auch in Werkstätten gibt es noch handbetriebene Flaschenzüge. Sie sind eine kostengünstige Alternative zu motorisierten Kränen.

    Wenn ein Flaschenzug ausreichend viele Rollen hat, kannst du mit ihm spielend ein Auto hochheben. Der Nachteil ist aber, dass das Auto sich dann nur sehr langsam hebt, während du sehr schnell am Seil ziehst. Ein Kran mit Motor hat den entschei-denden Vorteil, dass er das Auto viel schneller heben kann.

    Jakob Leupold: Theatrum Machinarum Generale. Schau-Platz des Grundes Mechanischer Wissen- schaften. 1724

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  • Genauer betrachtet

    Bei diesem verkleinerten Modell ist das Tretrad durch ein Handrad ersetzt.

    Um den „Stein” 1 m zu heben, muss das Seil 1 m aufgewickelt werden.Das entspricht 4 Umdrehungen der Seiltrommel; außen am Handrad wird dabei eine Strecke von ca. 12 m zurückgelegt.

    Auch hier gilt die „Goldene Regel der Mechanik”: Das Produkt aus Kraft und Weg ist immer gleich; je weniger Kraft man aufwenden muss, desto länger werden die Wege.

    Spiele Barockbaumeister!

    Hänge die Bausteine an den Kranhaken. Durch Drehen am Rad kannst du sieheben und senken. Auch der ganze Kran lässt sich drehen. So kannst du zum Beispiel eine Mauerbauen.

    Was geschieht hier?

    Wie beim Tretradkran hebt man auch hier Lasten mit Hilfe einer Übersetzung. Dreht man außen am Handrad, wickelt sich das Seil auf die Achse und hebt den Stein.

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    ellWoher und wozu?

    Der Krantyp, der diesem Modell zugrunde liegt, stammt aus Frankreich. Er wird in deutschen Mechanik-Büchern des 18. Jahrhunderts als „Großer französischer Kran“ bezeichnet.

    In den 1770er Jahren wurde beim Bau des Mannheimer Arsenals, des heutigen Zeughauses in C 5, ein Exemplar verwendet, das etwa 5-mal größer war als unser Modell.

    Verweise: Tretradkran Flaschenzug

    Vorbild für das Kranmodell: Zeichnung von F. Denis, um 1777

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  • Was geschieht hier?

    Solange du unter dem Wellbaum still stehst, bleibt das Tretrad in Ruhe.

    Läufst du aber auf der richtigen Seite „bergauf”, bewegt es sich, die Zahnräder beginnen sich zu drehen, das Seil wird aufgewickelt und du hebst den Stein, obwohl dieser mit 275 kg viel mehr wiegt als du (deine Kraft dürfte kaum ausreichen, ihn zu stemmen). Du musst allerdings 50 m im Rad gehen, um 1 m Hubhöhe zu erreichen.

    Glaubst du, dass du 275 kg heben kannst?

    Bitte einen TECHNOscout, den Kran zu entriegeln!Trete ins Laufrad und folge beim Laufen den Anweisungen! Sei bitte vorsichtig! In welche Richtung musst du gehen, um den Stein zu heben?

    Genauer betrachtet

    Wenn du unter dem Wellbaum stehst, wirkt dein Gewicht G direkt durch die Radachse und erzeugt kein Drehmoment, das Rad steht still. Bild A

    Bewegst du dich im Rad „bergauf”, verlagert sich die Kraft G und wirkt mit einem Hebelarm h als Drehmoment G · h. Bild B

    Um den Stein 1 m zu heben, muss das Seil 1 m aufgewickelt werden. Die Trommel und das große Zahnrad brauchen da-für 0,877 Umdrehungen. Kleines Zahnrad und Tretrad müssen 4,5 mal so viele Umdre-hungen machen, also knapp 4 Umdrehungen (genau 3,95).

    Der im Tretrad zurückgelegte Weg entspricht der Umfangs-strecke dieser 4 Umdrehungen, nämlich fast 50 m (genau 49,62 m).

    Auch hier gilt die „Goldene Regel der Mechanik”: Das Produkt aus Kraft und Weg ist immer gleich; je weniger Kraft man aufwenden muss, desto länger werden die Wege.

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    G

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    Nur mit TECH

    NOscout!

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    Woher und wozu?

    Kräne, also Maschinen zum Heben großer Lasten, sind schon in der klassischen Antike gebaut wor-den, um Großbauten wie Tempel oder Aquädukt-brücken zu errichten oder Schiffe zu beladen.

    Auch damals hat man Tretradantriebe verwendet. Zahnräder als Übersetzung waren zwar bekannt, an Kränen benutzte man aber Flaschenzüge mit vielen Seilrollen.

    Die Kräne des Mittelalters und der Frühen Neuzeit unterschieden sich im Prinzip nicht von den antiken, waren aber oft aufwändiger gebaut, mit schwenk-barem Ausleger und Zahnradgetriebe.

    Mit der Industrialisierung wuchsen seit dem 18. Jahrhundert Warenmengen und Gewichte von Transportgütern, Bauteilen und Maschinen. Kräne werden seitdem aus Eisen und Stahl gebaut und können immer größere Lasten heben.

    Verweise:FlaschenzugKranmodell

    Jakob Leupold: Theatrum Machinarum. Schau-Platz der Heb-Zeuge. 1725

    Vorbild für den Nachbau des Tretradkrans aus Jakob Leupold: Theatrum Machinarum. Schau-Platz der Heb-Zeuge. 1725

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  • Otto von Guericke Versuche mit dem leeren Raum In der Renaissance begann erneut die Diskussion um die schon in der Antike gestellte Frage, ob es in der Natur einen leeren Raum geben könne. Einen wichtigen Beitrag zur Beantwortung lieferte der Magdeburger Bürgermeister Otto von Guericke mit seinen Experimenten zum luftleeren Raum. 1656 ersann er seinen berühmten Halbkugelversuch: Die Kraft von acht Pferden reichte nicht aus, die beiden Hälften einer evakuierten Kupferkugel gegen den Luftdruck auseinanderzuziehen. Dann demonstrierte Guericke mit einer Art Kran, dass der äußere Luftdruck etwa 1300 kg heben kann, wenn er den Kolben in den evakuierten Zylinder drückt. Guerickes Vorgehen ist ein anschauliches Beispiel für die neue, experimentelle Naturwissenschaft, die das Weltbild des christlichen Abendlandes seit dem 16. Jahrhundert umzukrempeln begann: Guericke hatte demonstriert, wie man experimentell gewonnene Erkenntnisse technisch nutzbar macht. Er wies damit neue Wege zum Bau von Kraftmaschinen: Das Prinzip, zunächst den Druck von atmosphärischer Luft, dann von Dampf oder Verbrennungsgasen wirken zu lassen, fand seit dem 18. Jahrhundert in der Dampfmaschine, später im Verbrennungsmotor breite Anwendung.

  • Otto von Guericke: Experimenta Nova (ut vocantur) Magdeburgica de Vacuo Spatio. 1672 [Neue (sogenannte) Magdeburger Versuche über den leeren Raum]

  • Guericke-Kran Kann Luft Lasten heben? Schließe das gelbe und das rote Ventil (die Hebel müssen quer zur Rohrleitung stehen). Pumpe die Luft aus dem schwarzen Gefäß. Öffne das rote Ventil (Hebelstellung längs). Was geschieht mit dem Kolben, dem Seil und der Lastplattform? Öffne nun das gelbe Ventil und lasse wieder Luft in das schwarze Gefäß, die Leitungen und den Zylinder strömen. Was geschieht hier? Im ausgepumpten schwarzen Gefäß herrscht Unterdruck, im Zylinder aber noch derselbe Druck wie außen. Verbindet man beide, fließt Luft aus dem Zylinder ins Gefäß und der Druckunterschied gleicht sich aus. Der gemeinsame Innendruck ist geringer als der äußere Luftdruck. Dieser drückt den Kolben herab und hebt so die Last. Die Erdatmosphäre leistet also Arbeit! Genauer betrachtet Auf die Erdoberfläche und auf alle Dinge, die sich dort befinden, drückt die Lufthülle mit der Gewichtskraft von 100.000 N (Newton) auf 1 m2 Fläche (in älterer Maßeinheit mit 1.000 Kilopond gleich 1 Tonne). Dieser Druck entspricht 1 bar oder 100 Kilopascal. Bei offenen Gefäßen wirkt innen und außen der gleiche Druck: Die Wände werden deshalb nicht belastet. Wenn man geschlossene Gefäße leerpumpt, entsteht eine Druckdifferenz: Der ursprünglich auch innen wirkende Luftdruck wird vermindert und kann die Wand nicht mehr voll gegen den äußeren Luftdruck abstützen. Es entstehen Kräfte, die die Wand deformieren oder gar zerstören können. Dieser Effekt tritt beispielsweise auf, wenn eine Bildröhre implodiert. Der im Zylinder bewegliche Kolben ist nichts anderes als ein Stück Wand, das nachgeben kann. Gehalten wird er vom Seil und dem daran befestigten Gegengewicht.

  • Sauger

    Wie funktioniert ein Sauger? Drück den Sauger auf den Spiegel. Probiere, wie fest er sitzt.

    Schwieriger ist es, zwei Sauger gegeneinanderzudrücken und sie dann wieder auseinanderzuziehen. Vorsicht: Die Stiele der Sauger können sich lösen!

    Was geschieht hier? Wenn du den Sauger auf den Spiegel drückst, presst du die Luft unter ihm heraus. Beim anschließenden Ziehen entsteht ein Unterdruck unter dem Sauger. Die Luft außen herum presst gegen diesen Unterdruck an und hält so den Sauger fest. Deshalb würde der Sauger im luftleeren Raum nicht funktionieren, und du wirst nie einen Astronauten sehen, der sich mit Saugern außen am Spaceshuttle festhält.

  • Genauer betrachtet Die Kraft des Saugers hängt vom äußeren Luftdruck ab. Sie lässt sich mit folgender Formel berechnen: Kraft (F) = Luftdruck (p) x Fläche (A) Der Luftdruck auf Meereshöhe beträgt im Mittel 1013 mbar (Millibar) oder 101300 N (Newton) pro m² und die Fläche unter dem Sauger ist 0,0113 m² groß. Würde sich im Idealfall ein Vakuum unter dem Sauger bilden, müsstest du mit einer Kraft von 117 kg ziehen, damit sich der Sauger löst.

    Woher und wozu? Die Kraft des Luftdrucks demonstrierte Guericke eindrucksvoll bei seinem berühmten Versuch mit den so genannten Magdeburger Halbkugeln. Wie zwei Sauger wurden sie lediglich vom Druck der umgebenden Luft zusammengehalten, nachdem er sie mit einer Luftpumpe evakuiert hatte. Stell den Versuch doch einmal nach, indem du mit etwas Geschick die beiden Sauger gegeneinanderpresst und dir einen Partner zum Ziehen suchst. Dein Versuchspartner wirkt jetzt deiner Zugkraft entgegen und übernimmt so die Funktion, die vorher der Spiegel hatte. Guericke hätte für seinen Versuch also statt der 16 Pferde nur die Hälfte gebraucht, wenn er eine der Halbkugeln einfach an einem Baumstamm angebunden hätte. Die Demonstration wäre dann natürlich nicht mehr so effektvoll gewesen. In unserem Alltag sind Sauger kaum mehr wegzudenken. Ob bei Handtuchhaken oder als Befestigung für das Plüschtier an der Autoscheibe oder beim professionellen Transport großer Glasscheiben – an vielen Stellen leisten sie mit Hilfe des Luftdrucks ihre Dienste.

  • Stationstext Mechanisierung des Weltbildes Die Welt als Uhr Die Gesetze der Mechanik sind universell: Sie gelten am Himmel wie auf der Erde. Das war die grundlegende Erkenntnis der neuzeitlichen Naturwissenschaft. Der freie Fall eines Steines auf der Erde und die Bewegungen der Himmelskörper folgen denselben Naturgesetzen, wie sie Galileo Galilei und Isaac Newton im 17. Jahrhundert formuliert haben. Der gesamte Kosmos galt als göttliches Uhrwerk. Sein Zeiger, an dem man die Zeit ablesen kann, ist der gleitende Schatten an der Sonnenuhr. Die Räderuhr bildet den Lauf der Gestirne nach und setzt ihn um in die Bewegung ihrer Zeiger. Auf diese Weise wurde die irdische Räderuhr mechanisches Abbild der großen Himmelsmaschine und prägte das mechanistische Weltbild der Neuzeit: die Vorstellung von der Welt als Uhr.

  • Genauer betrachtet

    Im luftgefüllten Rohr fällt die Kugel deshalb schneller, weil sie aufgrund ihrer Form einen wesentlich geringeren Luftwiderstand hat als die Feder.

    Wenn aber das Rohr leergepumpt ist, kann kein Luftwiderstand mehr herrschen: Die unterschied-lichen Formen von Kugel und Feder spielen jetzt beim Fallen keine Rolle mehr.

    Allein Schwerkräfte und Trägheitskräfte sind nun wirksam. Auf die schwerere Kugel wirkt zwar eine größere beschleunigende Schwerkraft, aber eine entsprechend größere Trägheit wirkt dieser Be-schleunigung entgegen. Bei der Feder ist es genau umgekehrt: Die beschleunigende Schwerkraft ist geringer, dafür aber auch die zu überwindende Trägheit.

    Deshalb fallen im leergepumpten Rohr Kugel und Feder gleich schnell – entsprechend den Gesetzen des freien Falls im Vakuum. Für beide gilt der Beschleunigungs-Wert im Schwerefeld der Erde: 9,81 m/s².

    Fällt die Feder im Vakuum so schnell wie die Kugel?

    Drücke den grünen Knopf. Jetzt strömt Luft in das Fallrohr.Drehe das Rohr um und beobachte den Fall von Feder und Kugel.Drücke nun den roten Knopf. Jetzt wird die Luft aus dem Rohr gesaugt.Warte, bis die Druckanzeige den niedrigsten Wert erreicht hat.Drehe nun das Rohr erneut um und beobachte wieder den Fall von Feder und Kugel.

    Was geschieht hier?

    Wenn Luft in das Rohr geströmt ist, dann fallen Feder und Kugel so, wie wir das aus dem Alltag gewohnt sind: Die Kugel fällt deutlich schneller als die Feder.

    Wenn das Rohr aber nahezu luftleer gepumpt ist, dann fallen Feder und Kugel etwa gleich schnell.

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    allWoher und wozu?

    Nicht durch Versuche am schiefen Turm von Pisa fand Galileo Galilei (1564-1642) die Fallgesetze, wie immer wieder behauptet wird. Vielmehr fand Galilei die heute noch gültigen Formeln des freien Falls durch Gedankenexperimente und Überlegungen.

    Eine seiner Überlegungen war: Was geschieht, wenn man unterschiedlich schwere Körper wie Gold, Blei und Holz in unterschiedlich schweren Medien wie Quecksilber, Wasser und Luft fallen lässt?

    In Quecksilber fällt nur Gold; Blei und Holz steigen. In Wasser fallen Gold und Blei, letzteres deutlich langsamer; Holz steigt. In Luft fallen Gold, Blei und Holz, und zwar fast gleich schnell. Je leichter also das Medium ist, desto geringer sind die Geschwin-digkeits-Unterschiede.

    Galilei schildert dies 1638 in seinen „Unterredun-gen und mathematischen Demonstrationen“ und er zieht daraus den Schluss: „Angesichts dessen glau-be ich, dass, wenn man den Widerstand der Luft ganz aufhöbe, alle Körper ganz gleich schnell fallen würden.“

    Sein Kontrahent in diesem fiktiven Streitgespräch hält das für eine gewagte Behauptung: „Ich meinerseits werde nie glauben, dass in ein und demselben Vakuum, wenn es in demselben eine Bewegung gibt, eine Wollflocke ebenso schnell wie Blei fallen werde.“

    Vielleicht hätte unser Experiment den Zweifler überzeugt, auch wenn wir statt der Wollflocke eine Feder und statt Blei eine Holzkugel durch das evakuierte Rohr fallen lassen.

    Verweis:Fallrinne

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  • Genauer betrachtet

    Die Kugel rollt die Fallrinne hinunter, weil die Schwerkraft auf sie wirkt. Aber es wirkt nur eine kleine Komponente der Schwerkraft, der sogenannte Hangabtrieb: je geringer die Neigung einer Rinne, desto geringer der Hangabtrieb und damit die Beschleunigung der Kugel.

    Deshalb kann man diese Rollbewegung auch als eine verlangsamte Fallbewegung deuten und an ihr die Fallgesetze studieren. Die grundsätzlichen Zusammenhänge zwischen Beschleunigung, Geschwindigkeit, Weg und Zeit sind beim freien Fall dieselben wie beim Rollen auf der schiefen Ebene. Aber hier kann man sie einfacher beobachten.

    Die beschleunigende Kraft, der Hangabtrieb, ist konstant. Deshalb ist auch die Beschleunigung konstant. Sie beträgt etwa 0,35 m/s². Beim freien Fall wäre sie rund 28-mal so groß: 9,81 m/s².

    Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm und Weg-Zeit-Diagramm zeigen deutlich: Wie beim freien Fall wächst die Geschwindigkeit linear mit der Zeit, der Weg quadratisch mit der Zeit.

    Wird die Kugel immer schneller?

    Lege die Kugel links oben in die Startposition.Drücke den grünen Startknopf.Jetzt rollt die Kugel in der Fallrinne nach unten.

    Was geschieht hier?

    Beim Start wird die Zeitmessung ausgelöst. Immer wenn die Kugel an einem der Messpunkte längs der Rinne vorbeikommt, wird die Zeit genommen und in der Tabelle auf dem Monitor angezeigt.

    Wenn die Kugel unten angekommen ist, werden die Tabellenwerte in die beiden Diagramme übertragen: in das Weg-Zeit-Diagramm und das Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm.

    Im Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm sieht man deutlich, was man beim Beobachten der Roll-bewegung schon vermuten konnte: Die Kugel wurde immer schneller.

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    eWoher und wozu?Nicht durch Versuche am schiefen Turm von Pisa fand Galileo Galilei (1564-1642) die Fallgesetze, wie immer wieder behauptet wird. Vielmehr fand Galilei die heute noch gültigen Formeln des freien Falls durch Gedankenexperimente und Überlegungen.

    Er griff zum Beispiel ein Gedankenexperiment des 1590 verstorbenen Mathematikers Benedetti auf: Was geschieht, wenn man zwei unterschiedlich große Körper desselben Materials fallen lässt – einmal jeden für sich und einmal beide miteinander verbunden?

    Nehmen wir an, der größere und schwerere Körper fiele schneller als der kleinere und leichtere. Wie schnell fielen sie dann, wenn sie miteinander verbunden wären?

    Würde sich eine mittlere Geschwindigkeit einstel-len, weil der leichtere Körper nun den schwereren bremst? Oder würden sie im Verbund schneller fallen als zuvor der schwerere Körper, weil sie zusammen noch schwerer sind als dieser?

    Beides wäre logisch, aber die Schlussfolgerungen widersprechen einander. Also muss die Annahme falsch sein, dass unterschiedlich schwere Körper unterschiedlich schnell fallen. Daraus folgt: Alle Körper fallen gleich schnell.

    Weitere Überlegungen führten Galilei zu den mathematisch formulierten Fallgesetzen. Erst nachdem er die Formeln gefunden hatte, überprüfte er ihre Richtigkeit durch Versuche mit der Fallrinne, also durch Messungen beim

    verzögerten freien Fall. Die Zeit bestimmte er mit einer Art Wasserauslauf-Uhr: Das Gewicht von ausfließendem Wasser aus einem Gefäß war das Zeitmaß.

    Verweis: Freier Fall

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  • Genauer betrachtet

    Was du hier siehst, ist eine Veranschaulichung des zentralen Newtonschen Trägheitsprinzips:

    „Jeder Körper verharrt in einem Zustande der Ruhe oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung, wenn keine äußere Kraft auf ihn wirkt. Eine äußere Kraft ist das gegen einen Körper ausgeübte Bestreben, seinen Zustand zu ändern, entweder den der Ruhe oder den der gleichförmigen geradlinigen Bewegung.“

    Durch eine Art Luftkissentechnik wurde bei diesem Versuch die Reibung so weit vermindert, dass man dem Newtonschen Ideal der gleichförmig geradlini-gen Bewegung ohne Krafteinwirkung von außen, also auch ohne Reibungskräfte, sehr nahe kommt.

    Gibt es eine ewige Bewegung?

    Stoße die Scheiben auf der Fläche ein wenig an und beobachte dann ihre Bewegung.

    Was geschieht hier?

    Die Scheiben gleiten auf „Luftkissen“ über die Fläche zunächst ohne erkennbare Verzögerung, stoßen am Rand an, werden reflektiert und setzen dann ihre Bewegung wieder mit konstanter Geschwindigkeit fort bis zum nächsten Kontakt mit dem Rand oder einer anderen Scheibe und so weiter. Erst nach einiger Zeit kommen sie langsam zum Stillstand, da trotz Reibungsverminderung kleine Bremskräfte wirken.

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    zWoher und wozu?Isaac Newton (1643 – 1727) veröffentlichte 1687 sein Hauptwerk „Philosophiae naturalis principia mathematica“ (Mathematische Grundlagen der Naturwissenschaft). Er begründete damit die klassische Mechanik. Deren Gültigkeit wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Relativitäts-theorie Einsteins eingeschränkt.

    Newton formulierte dort nicht nur sein zentrales Trägheitsprinzip, er beschrieb auch mathematisch exakt die Bewegung von Körpern unter der Einwirkung äußerer Kräfte wie zum Beispiel der Schwerkraft. Und er konnte zeigen, dass Gravitation und Trägheit sowohl den freien Fall eines Steines auf die Erdoberfläche bestimmen als auch die Umlaufbahnen des Mondes um die Erde und der Planeten um die Sonne.

    Die Himmelskörper waren also denselben Gesetzen der Mechanik unterworfen, die auch auf der Erde galten. Dass diese Gesetze universelle Gültigkeit besaßen, war die grundlegende Erkenntnis der neuzeitlichen Naturwissenschaft und zugleich die Basis für die Mechanisierung des Weltbildes.

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    Genauer betrachtet

    Die Sonne steht abhängig von der Tageszeit unterschied-lich hoch über dem Horizont. Dies wird zur Messung der Zeit genutzt. Doch die Sonne steht zum Beispiel um 10 Uhr vormittags genau so hoch wie um 2 Uhr nachmittags, denn ihre scheinbare Bewegung verläuft symmetrisch zum Scheitelpunkt 12 Uhr mittags. Man muss also beim Ablesen der Zeit wissen, ob es Vormittag oder Nachmittag ist.

    Die Sonne läuft aber auch abhängig von den Jahreszeiten unterschiedlich hoch über dem Horizont: im Winter bei-spielsweise auf einer Bahn mit niedrigem Scheitelpunkt, im Sommer auf einer mit hohem Scheitelpunkt. Deshalb muss zuerst je nach Monat die Höhe des Sonnenöhrs mit dem drehbaren Ring eingestellt werden.

    Schließlich hängt die Sonnenhöhe noch von der geografi-schen Breite ab. In unseren Breiten etwa steht die Sonne deutlich niedriger als am Äquator. Bauernringe sind daher immer für einen bestimmten Breitengrad konstruiert. Mannheim liegt zum Beispiel zwischen dem 49. und dem 50. Breitengrad.

    Wie kann ich nach dem Sonnenstand die Zeit messen?

    Stelle das Sonnenöhr (Loch) des mittleren, drehbaren Rings auf den Anfangsbuchstaben des jeweiligen Monats auf den Skalen.

    Halte nun den Bauernring oben und lasse ihn senk-recht hängen. Richte ihn auf die künstliche Sonne rechts oben in der Ecke, sodass ihr Lichtstrahl durch das Öhr auf die Innenseite des Bauernrings fällt.

    Was geschieht hier?

    Das Sonnenlicht fällt auf eine Skala mit zwei Stundenangaben: eine für vormittags und eine für nachmittags.

    Um die Zeit ablesen zu können, musst du wissen, ob es Vormittag oder Nachmittag ist.

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    Woher und wozu?

    Bauernringe sind einfache Ringsonnenuhren. Sie waren vom 15. bis ins 19. Jahrhundert in Gebrauch. Das Prinzip der Ringsonnenuhr, die Zeit nach der Sonnenhöhe zu messen, wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein auch zur präziseren Zeitbestimmung genutzt.

    Mit Sonnen-Sextanten maß man den Erhebungswinkel der Sonne über dem Horizont und ermittelte dann mithilfe von Sonnenhöhen-Tabellen die genaue Ortszeit.

    Nach diesen Sextanten stellte man zum Beispiel die Kirchturmuhren, solange vor Einführung der Eisenbahn noch jeder Ort seine eigene Zeit hatte und es keine einheit-lichen Länderzeiten oder gar die Mitteleuro-päische Zeit (MEZ) gab. Die MEZ wurde in Deutschland 1893 eingeführt.

    Bauernring-Sonnenuhr, um 1760 (Staatliche Museen Kassel, Museum für Astronomie und Technikgeschichte)

    Sonnen-Sextant, J. A. Brandegger, Ellwangen, 1. Hälfte 19. Jahrhundert (TECHNOSEUM, EVZ: 1987/0860)

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  • Genauer betrachtet

    Die physikalische Betrachtung geht zunächst von einem ide-alen Pendel aus: dem sogenannten mathematischen Pendel. Beim mathematischen Pendel ist die gesamte schwingende Masse im angehängten Gewicht punktförmig konzentriert: Das Gewicht des Seils und die Ausdehnung des angehäng-ten Gewichts werden vernachlässigt.

    Wenn ein Pendel wie zum Beispiel unser Versuchspendel diesem Ideal sehr nahe kommt, dann hängt seine Schwin-gungsdauer bei Schwingungsweiten unter 30° nur von seiner Länge ab: je länger das Pendel, desto größer seine Schwingungsdauer.

    Wenn also eine Uhr zu schnell läuft (vorgeht), musst du das Pendelgewicht nach unten verschieben: Das Pendel wird länger, es schwingt langsamer, die Uhr läuft auch langsamer. Wenn die Uhr zu langsam läuft (nachgeht), funktioniert es genau umgekehrt: Du schiebst das Pendelgewicht nach oben, das Pendel wird kürzer, die Uhr läuft schneller.

    Wovon hängt es ab, wie schnell das Pendel schwingt?

    Vom Gewicht? Von der Schwingungsweite? Von der Länge?Probiere alle drei Möglichkeiten aus: • Lasse die verschiedenen Gewichte pendeln. • Wähle unterschiedliche Schwingungsweiten. • Verändere die Pendellänge mit dem Schieber. Vergleiche die Schwingungszeiten mithilfe der Stoppuhr. Was beobachtest du?

    Was geschieht hier?

    Die Zeit für eine Hin- und Herbewegung heißt Schwingungs-dauer. Sie hängt nur von der Länge ab. Je länger ein Pendel ist, desto größer ist seine Schwingungsdauer. Finde die Länge, bei der das Pendel genau eine Sekunde braucht für eine halbe Schwingung, also von einem Durchgang durch die Mitte bis zum nächsten. Zähle nach jeder Längenänderung die Durchgänge und vergleichen deinen Zähl-Takt mit der Sekunden-Anzeige der Stoppuhr. Du kannst auch das Turmuhrwerk neben dir zu Hilfe nehmen: Vergleiche deinen Zähl-Takt mit seinem deutlich hörbaren Ticken – es tickt im Sekunden-Takt.

    Je länger du zählst oder vergleichst, z.B. zehn Schwingungen lang, desto besser kannst du kontrollieren, ob du die richtige Länge gefunden hast: Das sogenannte Sekundenpendel ist 99,4 cm, also rund 1 m lang.

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    elWoher und wozu?Um 1300 wurde die Räderuhr mit mechanischer Hemmung, allerdings noch ohne Pendel, entwickelt – eine Erfindung von enormer kulturhistorischer Wirkung. Insbesondere prägte sie als irdisches Abbild der großen „Himmelsmaschine“ die Vorstellung von der „Welt als Uhr“ im mechanisti-schen Weltbild der Neuzeit.

    Mit der Räderuhr war ein neues technisches Prinzip gefunden, das bis zum heutigen Tage wirksam ist: das Prinzip der regelmäßigen mechanischen Zerglie-derung des Zeitflusses in immer kleinere zählbare Einheiten.

    Frühe Räderuhren hatten nur eine Genauigkeit von etwa 15 Minuten pro Tag. Erst die Einführung des Pendels als Gangregler 1657 durch den niederländi-schen Mathematiker und Physiker Christiaan Huygens (1629 – 1695) brachte eine sprunghafte Steigerung der Genauigkeit auf 1 Sekunde pro Tag. Pendeluhren wurden unentbehrliche Kontrollgeräte bei astronomischen Beobachtungen.

    Ihre Genauigkeit wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein weiter gesteigert auf wenige Tausendstel Sekunden pro Tag. Dann erst übertrafen ab den 1940er Jahren Quarzuhren und ab den 1950er Jahren Atomuhren die Genauigkeit der Pendeluhren um ein Vielfaches.

    Schmiedeeiserne Turmuhr mit mechanischer Hemmung und Schwingbalken, noch ohne Pendel, 15./16. Jahrhundert (Staatliche Museen Kassel, Museum für Astronomie und Technikgeschichte)

    Christiaan Huygens: Horologium. 1658. Abbildung seiner Pendel-uhr, Patentierung 1657.

    Präzisions-Pendeluhr der Heidelberger Sternwarte, Paul Stübner, Glashütte, 1928 (TECHNOSEUM, EVZ: 1983/0046-92)

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  • Stationstext Erforschung der Himmelsbewegungen Astronomie an der Mannheimer Sternwarte Messkunst und Mathematik sind die Basis der Astronomie, der Sternkunde. Auf genauen astronomischen Messungen konnte Johannes Kepler um 1600 aufbauen, in der Sprache der Mathematik formulierte er die Gesetze der Planetenbewegung um die Sonne im heliozentrischen Weltbild der Neuzeit. Mit der Erfindung von Fernrohr und Teleskop durch Kepler, Galilei und Newton erfuhr der Bau von Sternwarten einen Aufschwung. Sie dienten der präzisen Erforschung von Erscheinungen und Vorgängen im Weltall sowie der astronomischen Zeitmessung. Nach dem Vorbild der großen Sternwarten in Paris, Kopenhagen und Petersburg wurde 1774 mit kurfürstlicher Förderung auch in Mannheim eine Sternwarte eingerichtet. Ihr erster Direktor Christian Mayer erwarb großes Ansehen in der Fachwelt durch seine Fixsternbeobachtungen und die Entdeckung von über 100 Doppelsternen.

  • Genauer betrachtet

    Die Position eines Sterns ist bestimmt durch zwei Winkel-angaben: Der Horizontalwinkel (Azimut) gibt an, wie weit links oder rechts von der Südrichtung der Stern steht; der Vertikalwinkel (Höhe) gibt an, wie hoch er über dem Horizont ist.

    Die beiden Winkel entsprechen den Dreh- und Kipp-möglichkeiten der Messinglineals und des Fernrohrs am Sternfinder. Sternhimmel und Sternkarte sind so miteinander gekoppelt, dass die Sterne und ihre Abbilder auf der Karte einander eindeutig zugeordnet sind. Voraussetzung ist, dass die Ebene der Sternkarte parallel zur Äquatorebene liegt, also entsprechend dem Breitengrad des Verwendungsortes hochgeklappt ist.

    Das Sternefinden funktioniert in der Praxis in beiden Richtungen: Wählt man einen Stern auf der Karte aus, wie in unserem Experiment, dann findet man ihn am Himmel; hat man einen Stern am Himmel anvisiert, dann findet man ihn auf der Karte.

    Anders als hier beim Nachbau ist die Sternkarte im Original-Sternfinder (nebenstehende Vitrine) drehbar. Denn bei Himmelsbeobachtungen muss man stets die tägliche scheinbare Drehung des Sternhimmels um die Erde berücksichtigen, also die Erddrehung. Durch diese Drehung ändert sich der Horizontalwinkel ständig. Also dreht man die Sternkarte immer nach der genauen Uhrzeit und kompensiert damit die Erddrehung.

    Da sich hier in der Ausstellung der Fußboden und die Position der Sternkugeln nicht gegeneinander bewegen, reicht der vereinfachte Nachbau mit feststehender Sternkarte.

    Wie finde ich einen Stern?

    1. Wähle einen der mit Reißzwecken gekennzeichneten Punkte auf der Sternkarte aus, also einen Stern.2. Drehe das Messinglineal auf diesen Punkt und lese am Lineal die Gradzahl (0 bis 75°) ab.3. Stelle diese Gradzahl am Fernrohr auf der (+)-Skala ein. Kippe nur das Fernrohr nach oben oder unten; das Messinglineal darf dabei nicht verdreht werden.4. Schaue durch das Okular. Wenn alles stimmt, siehst du jetzt einen „Stern“ (goldene Kugel).

    Was geschieht hier?

    Durch Drehen und Kippen des Fernrohrs lässt sich immer eine eindeutige Zuordnung zwischen den Sternen am Himmel und ihrem Abbild auf der Karte herstellen.

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    erWoher und wozu?Georg Friedrich Brander (1713 – 1783) war ein bedeutender Augsburger Hersteller von Präzisions-geräten. Er baute mathematisch-physikalische, geodätische und optische Instrumente, die europa-weit an Höfen, Sternwarten und Akademien Absatz fanden.

    Mit seinem „Sternfinder“ gab er auch gebildeten Laien die Möglichkeit, Sterne am Himmel aufzu-finden oder auf der Karte zu identifizieren.

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  • Genauer betrachtet

    Was du hier im Kleinen beobachten kannst, siehst du auch Nacht für Nacht am Himmel.

    In einem Zyklus von rund 29,5 Tagen umrundet der Mond die Erde und durchläuft dabei die Phasen: Neumond, zunehmender Mond, Vollmond, abnehmender Mond, Neumond.

    3Sonne

    Erde

    Mond

    Was geschieht hier?

    Die helle Mondfläche verändert von der Erde aus gesehen beim Drehen ständig ihre Form und Größe.

    Steht der Mond direkt vor der Sonne, dann ist keine angestrahlte Fläche zu sehen. Steht der Mond genau gegenüber der Sonne, dann ist die angestrahlte Fläche ganz zu sehen.

    Dazwischen nimmt die Fläche zu oder ab.

    ... und ist doch rund und schön

    Bewege den Hebel gegen den Uhrzeigersinn.Schaue über den Handgriff hinweg zur Mondkugel.

    Beobachte die helle, vom Licht der Sonnenlampe angestrahlte Fläche der Mondkugel.

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  • Stationstext Abbildungen der Wirklichkeit Die Gesetze der Strahlenoptik Licht ist Grundlage aller optischen Wahrnehmung. Die experimentelle Untersuchung des Lichts war neben Mechanik ein zentrales Forschungsfeld am Beginn der neuzeitlichen Naturwissenschaft. Bereits Künstler und Ingenieure der Renaissance nutzten geometrische Gesetze der Strahlenoptik, um perspektivische Darstellungen zu konstruieren. Die Erforschung von Lichtbrechung, Spiegelung und Zerlegung weißen Lichts in Spektralfarben führte ab 1600 zur Entwicklung von Mikroskopen, Linsenfernrohren und Spiegelteleskopen. Diese Schlüsselerfindungen revolutionierten die Möglichkeiten der optischen Wahrnehmung. Makrokosmos und Mikrokosmos erschlossen sich dem menschlichen Auge auf eindrucksvolle Weise: die Weite und Vielfalt des gestirnten Himmels sowie die Elementarbausteine organischen Lebens, die jetzt erstmals sichtbar gemachten Zellen.

  • Wie funktioniert ein Fernrohr?

    Schaue durch das Fernrohr. Probiere verschiedene Möglichkeiten aus: mit hochgeklappter und mit heruntergeklappter Mattscheibe (per rotem Hebel), mit und ohne Lupe (an den Ketten).

    Mit den zwei roten Griffen links und rechts an den Seiten der Röhre stellst du das Bild scharf.

    Mit welcher Einstellung bekommst du das klarste vergrößerte Bild?

    Genauer betrachtetIm Inneren der Röhre befindet sich eine konvexe Linse, das Objektiv, mit einer Brennweite von 500 mm. Die kleine, ebenfalls konvexe Linse, das Okular, vor der Projektionsfläche hat eine Brennweite von 50 mm und wirkt wie eine Lupe.

    Die Vergrößerung solcher Linsenkombinationen ergibt sich folgendermaßen: Man dividiert die Brennweite des Objektivs durch die des Okulars. Man erhält hier also eine 10fache Vergrößerung.

    Diese Vergrößerung hängt nicht davon ab, ob die Mattschei-be hochgeklappt oder heruntergeklappt ist. Die Mattscheibe soll nur die Funktionsweise eines Fernrohrs veranschaulichen. Sie zeigt, dass im Abstand der Brennweite des Objektivs, wo sich die Sehstrahlen kreuzen, ein Bild entsteht – gewisserma-ßen in der Luft.

    Dieses Bild kann man mit der Mattscheibe sichtbar machen. Man kann es aber auch wie in Fernrohren direkt durch das vergrößernde Okular betrachten, ohne dass die Mattscheibe in den Strahlengang gehalten wird. Dies ergibt ein brillante-res und helleres Bild.

    Was geschieht hier?Klappe die runde Mattscheibe, eine Projektionsfläche, mit dem roten Hebel nach oben. Auf ihr wird jetzt das abgebildet, was du anvisiert hast. Das siehst du auch gut ohne die Lupe.

    Stelle das Bild durch Verschieben der zwei roten Griffe scharf. Auch dazu brauchst du die Lupe noch nicht.

    Lass dich nicht irritieren: Sowohl oben und unten als auch links und rechts sind vertauscht.

    Betrachte das Bild nun durch die Lupe, die an den zwei Ketten hängt. Jetzt siehst du es vergrößert.

    Klappe die Scheibe durch Umlegen des roten Hebels nach unten. Du siehst durch die Lupe dasselbe Bild in derselben Vergrößerung, nur deutlich klarer.

    Objektiv optische Achse

    Strahlengang

    Kepler-Fernrohr

    Lupe (Okular)

    BildebenePosition der Mattscheibe

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    rWoher und wozu?Ein Fernrohr ist ein optisches Instrument, mit dem sich ferne Objekte, selbst Sterne und Planeten beobachten lassen. Fernrohre, auch Teleskope genannt, werden je nach System in Linsen- (Refraktoren) und Spiegelteleskope (Reflektoren) eingeteilt.

    Mit der Erfindung des Fernrohrs durch den nie-derländischen Brillenmacher Hans Lippershey (um 1608) bot sich die Möglichkeit, die Theorie von Nikolaus Kopernikus zu überprüfen. Der hatte zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine alte Idee aufgegriffen: Nicht die Erde, sondern die Sonne sei der Mittelpunkt des Himmels und alle Planeten kreisen um sie.

    Johannes Kepler (1571 – 1630) entwarf eine Fern-rohr-Konstruktion mit zwei konvexen Linsen, das sogenannte Keplersche Fernrohr, auch als astrono-misches Fernrohr bezeichnet. Sein Funktionsprinzip wird hier an dieser Experimentierstation gezeigt.

    Der italienische Mathematiker und Physiker Gali-leo Galilei baute 1609 einen kleinen Refraktor mit einem konvexen Objektiv und einem konkaven Okular. Er richtete ihn gegen den Himmel und er-kannte, dass die Milchstraße aus unzähligen Sternen besteht, dass es auf dem Mond Gebirge gibt wie auf der Erde, dass den Jupiter vier Monde umkrei-sen und dass die Venus Phasen hat wie der Mond – alles Erkenntnisse, die das bisherige Weltbild von der zentralen und einmaligen Stellung der Erde und des Menschen im Kosmos erschütterten und Hin-weise waren für die Richtigkeit des heliozentrischen Weltbildes.

    Obwohl die katholische Kirche wegen dieser offensichtlichen Widersprüche zur Heiligen Schrift Galilei zwang, seine Annahmen zu widerrufen, konnte die Theorie nicht unterdrückt werden. Erst im Jahr 1992 wurde er durch Papst Johannes Paul II. rehabilitiert.

    Verweise:Prismen und Linsen

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  • Genauer betrachtet

    Ein Strahl weißen Lichts besteht aus vielen farbigen Licht- strahlen (d.h. physikalisch gesehen aus Licht verschiedener Wellenlänge).

    Trifft ein solcher Strahl auf ein Prisma, dann geschieht dreierlei: 1. Ein Teil des Strahls wird bei Eintritt und Austritt an den Grenzflächen reflektiert.2. Der durchgehende Teil des Strahls wird an beiden Flächen gebrochen und zum dickeren Teil des Prismas hin abgelenkt.3. Dabei wird er in farbige Teilstrahlen aufgefächert: Im Idealfall entsteht ein regenbogenfarbenes Spektrum.

    Linsen kann man sich aus Prismenabschnitten zusammen-gesetzt denken. Bei konkaven (hohlen) Linsen führt die Anordnung dieser Abschnitte zur Zerstreuung, bei konvexen (balligen) Linsen zur Bündelung.

    Auch an Linsen treten farbige Spektren auf, die zu störenden Farbrändern führen und deshalb die Funktion optischer Geräte beeinträchtigen können. Man nennt diesen Linsen-fehler chromatische Aberration.

    Was machen Prismen und Linsen mit den Lichtstrahlen?

    Lege das Prisma in den Strahlengang, verschiebe und drehe es!Versuche dasselbe mit den Linsen! Welche sammelt, welche zerstreut das Licht? Lege Linsen und Prisma auch hintereinander in den Strahlengang!

    Was geschieht hier?

    Das Prisma lenkt die Strahlen ab und erzeugt dort, wo sie auf die Seitenwand fallen, einen Lichtfleck mit farbigen Rändern. Die konvexe (ballige) Linse (Bild A) bündelt die Strahlen, die konkave (hohle) Linse (Bild B) zerstreut sie. Deshalb spricht man von Sammellinsen und Zerstreuungslinsen.

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    nWoher und wozu?Mit Linsen kann man Objekte vergrößert sehen: Winziges wird sichtbar, Entferntes rückt näher.

    Bereits in der Antike dienten transparente Edelsteine als Lupen, und seit dem Spätmittelalter verbreitete sich die Brille als Sehhilfe.

    Seit dem frühen 17. Jahrhundert wurde das Mikroskop zu einem wichtigen Forschungsinstru-ment für Naturforscher und Mediziner. Zum Beispiel beobachtete Leeuwenhoek 1688 damit die Blut-bewegung durch Kapillargefäße und klärte so die Mechanik des Blutkreislaufs.

    Um 1600 entstanden in den Niederlanden die ersten Fernrohre als Kombinationen mehrerer Linsen.

    Seit 1609 machte Galilei mit diesen neuen Instrumenten bahnbrechende astronomische Entdeckungen.

    Galilei erkannte, dass die Milchstraße aus unzähligen Sternen besteht, dass es auf dem Mond Gebirge gibt wie auf der Erde, dass den Jupiter vier Monde umkreisen und dass die Venus Phasen hat wie der Mond – alles Erkenntnisse, die das bisherige Weltbild von der zentralen und einmaligen Stellung der Erde und des Menschen im Kosmos erschütterten.

    Newton entwickelte 1671 das Spiegelteleskop, um die störende Farbzerlegung an Linsen zu umgehen. Im 18. Jahrhundert korrigierte man diesen Linsen-fehler, die chromatische Aberration, durch Kombi-nation von Linsen aus verschieden stark brechen-dem Glas. Heute sind optische Instrumente aus Wissenschaft, Technik und Alltag nicht mehr wegzudenken.

    Verweise: Hohlspiegel Farbspiel Kepler-Fernrohr

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  • Genauer betrachtet

    Gewölbte Spiegel wirken ähnlich wie Linsen: Sie bündeln oder zerstreuen Licht. Deshalb eignen auch sie sich für optische Instrumente.

    Bei kreisförmigem Spiegelquerschnitt entsteht noch kein exakter Brennpunkt, sondern lediglich eine Brennzone.

    Für die exakte punktförmige Bündelung der Strahlen muss der Querschnitt des Hohlspiegels die Gestalt einer Parabel haben. Solche Spiegel nennt man Parabolspiegel.

    Was machen die Spiegel mit den Lichtstrahlen?

    Stelle die Spiegelkette quer zum Strahlengang. Bilde dabei verschiedene Formen, entweder frei oder mit Hilfe der Schablonen. Benutze auch den flexiblen Spiegelstreifen.

    Was geschieht hier?

    Die parallelen Strahlen werden an den Spiegeln vollkommen reflektiert und je nach Stellung der Spiegelfläche abgelenkt. Konkave (hohle) Spiegel bündeln die Strahlen, konvexe (ballige) Spiegel zerstreuen sie.

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    gelWoher und wozu?

    Zur Umgehung der störenden Farbränder bei Linsen hatte Newton 1671 das Spiegelteleskop entwickelt. Auch als es Mitte des 18. Jahrhunderts gelang, Linsenfernrohre ohne Farbfehler zu bauen, blieb die Lösung mit dem Spiegel interessant.

    Große, lichtstarke Linsen sind nämlich schwieriger herzustellen als große Spiegel. Deshalb rüstet man auch moderne große Teleskope mit Hohlspiegeln aus, wobei Durchmesser bis 8 m erreicht werden.2018 soll in Chile sogar ein Riesenteleskop mit 42 m Spiegeldurchmesser seinen Betrieb aufnehmen.

    Außerdem findet man Parabol-„Spiegel” überall dort, wo es darum geht, einfallende Strahlen zu bündeln oder die von einer punktförmigen Quelle ausgehenden parallel auszurichten: als Satellitenschüssel, Radarantenne, Radioteleskop oder als Reflektor im Automobilscheinwerfer.

    Verweise: Prismen und LinsenKepler-FernrohrFarbspiel

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  • Genauer betrachtet

    Am Nachbartisch kannst du selbst Anamorphosen zeichnen. Die Anleitung bezieht sich dabei auf Zylinder mit 4,7 cm Durchmesser, wie du sie hier findest.

    Nach dieser Raster-Methode wurden die Anamor-phosen meistens gezeichnet. Schwieriger ist das Zeichnen der Umrisse, während man in den Spiegelzylinder schaut.

    Einfach und exakt lassen sich Anamorphosen heute von digitalisierten Bild-Vorlagen am Computer erstellen.

    Was stellen diese Zerrbilder dar?

    Jedes dieser Zerrbilder „kreist“ um ein Zentrum. Stelle einen Spiegelzylinder in das Zentrum. Wenn du jetzt in den Zylinder schaust, entzerrt sich das Bild.

    Was geschieht hier?

    Anamorphosen (griechisch: Umgestaltungen) sind verzerrte Bilder, die sich durch gekrümmte Spiegel, spezielle Linsen oder die Betrachtung aus einem bestimmten Blickwinkel wieder entzerren.

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  • Giovanni Battista Tiepolo: Santa Maria della Visitazione, Deckenfresko, Venedig 1754

    Anamorphosen im Alltag. Schaue die linke Abbildung schräg von unten an, aus der Perspektive eines Verkehrsteilnehmers: Die verzerrten Markierungen verkürzen sich und ihre Funktion ist deutlich zu erkennen.

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    nWoher und wozu?Im 17. und 18. Jahrhundert erschufen Maler sehr anspruchsvolle und detaillierte Anamorphosen, auch als Deckengemälde in Kirchen und Schlössern.

    Die ersten bekannten Anamorphosen stammen von Leonardo da Vinci. Auf einer von 1485 datierten Skizze sind ein verzerrter Kinderkopf und ein Auge dargestellt. Nur wenn man diese Motive extrem schräg von der Seite betrachtet, erscheinen sie entzerrt.

    Heute kommen solche Anamorphosen häufig als Straßenmarkierungen vor. Achte doch einmal darauf, wenn du zu Fuß unterwegs bist und nicht mehr den schrägen Blickwinkel des Autofahrers hast. Dann kannst du deutlich die Verzerrung von Richtungspfeilen, Aufschriften oder Radweg-Markierungen sehen.

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  • Genauer betrachtet

    Ein zentralperspektivisches Abbild eines drei-dimensionalen Körpers entsteht, wenn man auf der Zeichenebene die Punkte fixiert, wo die Sehstrahlen zwischen dem abzubildenden Körper und dem Auge des Betrachters die Zeichenebene durchstoßen.

    Je nach Form des Körpers lassen sich die Durch-stoß-Punkte mehr oder weniger aufwändig geometrisch konstruieren. Ganz einfach dagegen kann man diese Punkte bei der Glasscheiben-Zeichenmethode fixieren.

    Wie hilfreich ein „Seh-Löchlein” zum perspektivisch Zeichnen sein kann!

    Positioniere die Gegenstände, die du zeichnen möchtest, und nimm Platz. Wähle einen Stift aus und schaue durch eines der beiden Löchlein. Zeichne direkt auf der Glasscheibe die Umrisse der Gegenstände nach.

    Was geschieht hier?

    Du wirst feststellen, dass die Zeichnung auf der Glasscheibe ein korrektes Abbild der Gegenstände ist.

    Ohne diese Vorrichtung wäre es viel schwieriger, eine perspektivisch genaue Zeichnung anzufertigen. Auch das kannst du gerne einmal ausprobieren.

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    Woher und wozu?

    Für Gebrauchsgrafiker sind räumliches Denken und Kenntnisse über Perspektive für die Wiedergabe von Landschaften, Gegenständen oder Personen unab-dingbar. Bis zur Erfindung der Fotografie waren bei ihnen Hilfskonstruktionen wie diese hier weit ver-breitet.

    Albrecht Dürer stellte bereits 1525 in seiner „Under-weysung der messung mit dem zirckel und richt-scheyt“ verschiedene Vorrichtungen und Methoden dar, mit deren Hilfe man zentralperspektivische Zeichnungen von beliebigen Motiven anfertigen konnte, ohne die Ansicht geometrisch exakt konst-ruieren zu müssen.

    Bei einer seiner Darstellungen wird ein sitzender Mann auf eine Glasscheibe porträtiert. Die Zeich-nungen auf den Glasscheiben konnte man anschlie-ßend auf feuchtes Papier abziehen.

    Entsprechend der „Mechanisierung des Weltbildes“ in dieser Zeit wurden vielerlei Methoden und Inst-rumente entwickelt, mit denen man mathematische und geometrische Probleme „mechanice“, das heißt mechanisch lösen konnte mit ausreichender Genau-igkeit für den praktischen Gebrauch.

    Porträtieren mit der Glasscheiben-Zeichenmethode.Albrecht Dürer: Underweysung der messung mit dem zirckel und richtscheyt. 1525

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  • Was geschieht hier?

    Du siehst eine endlose Folge von Spiegeln und Zwischenräumen, eine Art Gang, der in der Ferne immer dunkler erscheint.

    Wenn du den vorderen Spiegel drehst oder kippst, siehst du einen Gang, der seitwärts, aufwärts oder abwärts abbiegt.

    Wie viele Spiegelbilder sieht man?

    Blicke durch eines der Augenlochpaare im vorderen Spiegel und zähle die Spiegelbilder!Was passiert, wenn du den flexibel aufgehängten Spiegel leicht drehst oder kippst?Was fällt dir auf?

    Genauer betrachtet

    Die durch die Lochpaare sichtbaren Gegenstände der Umgebung reflektieren Lichtstrahlen, die ins Auge des Beobachters fallen: Einige tun das direkt, einige werden im gegenüberliegenden Spiegel

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    Sehstrahl3. Bild

    1. Bild2. Bild 3. Bild

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    usw.

    einfach reflektiert, andere in beiden Spiegeln 2fach, andere 3fach, 4fach usw. Es entsteht der Eindruck, als lägen unendlich viele Räume hintereinander.

    Da die Lichtstrahlen bei ihrem Weg durch die Glasschicht der Spiegel gedämpft werden, ist das Bild umso dunkler, je öfter der Strahl reflektiert worden ist.

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    gelWoher und wozu?

    Spiegelkabinette, die diesen Effekt nutzten, gehörten häufig zur prunkvollen Ausstattung in Barockschlössern. Eines der nächst erreichbaren Beispiele findet sich in der Würzburger Residenz.

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  • Genauer betrachtet

    Was unser Auge als weißes Licht wahrnimmt, ist eine Mischung aus vielen verschieden farbigen Lichtstrahlen.

    Die Scheiben wirken auf das durchtretende Licht als Filter, die nur bestimmte Farbanteile durchlassen und die Helligkeit mindern. Weil so immer mehr Anteile wegfallen, bis nur noch Schwarz bleibt, nennt man diese Art der Farbmischung „subtraktiv“.

    Man kann auch „additiv“ mischen: Wenn man drei Scheinwerfer in den Grundfarben „Rot“-„Grün“-„Blau“ oder „Cyan”-„Magenta”-„Gelb” so ausrichtet, dass sich ihre Lichtkegel überschneiden, entsteht weißes Licht.

    Welche Farben entstehen, wenn sich die bunten Scheiben überdecken?

    Schiebe die transparenten Scheiben paarweise oder zu dreien hintereinander und schaue hindurch! Welche Farben entstehen dabei?

    Was geschieht hier?

    Jede Scheibe wirkt als Filter und lässt vom weißen Sonnenlicht nur Anteile durch: die Grundfarbe „Gelb“, „Magenta“ (Purpur) oder „Cyan“ (Blaugrün).

    Stehen zwei Scheiben hintereinander, überlagern sich die Filtereffekte und es bleiben die Grund- farben „Blau“ (Blauviolett), „Grün“ (Gelbgrün) und „Rot“ (Gelbrot) übrig. Alle drei Scheiben hintereinander filtern das Licht nahezu völlig weg, übrig bleibt fast Schwarz.

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    lWoher und wozu?Dass sich weißes Sonnenlicht zerlegen lässt in ein farbiges Lichtspektrum, tritt in der Natur zum Beispiel beim Regenbogen in Erscheinung.

    Dieses Phänomen war schon im Mittelalter von arabischen Wissenschaftlern untersucht worden. Isaac Newton hat um 1670 die Lichtzerlegung am Prisma mit der Wellennatur des Lichtes erklärt und so erste wissenschaftliche Grundlagen für moderne Farblehren gelegt.

    Bedeutsam wurden diese Erkenntnisse im 19. und 20. Jahrhundert für Druck, Fotografie, Film und Fernsehen in Farbe.

    Verweise: Prismen und Linsen

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  • Stationstext Vorindustrielle Handwerke Keimzellen der Industrialisierung Mit dem Aufblühen der Städte und des Handels entstanden seit dem 12. Jahrhundert spezialisierte Handwerkszweige für komplexere und präziser gearbeitete Produkte als Schmiede oder Schreiner sie herstellten. Die vom Holzdrechseln bekannte Handdrehbank entwickelten Uhrmacher und Mechaniker weiter zur Drehmaschine für die Herstellung runder Bauteile aus massivem Metall. Münztechniker formten aus Blech Geldstücke die gleichförmig und fälschungssicher sein sollten. Sie entwickelten Walzwerke für die Blechstreifen sowie Pressen zum Ausstanzen und Prägen. Aus solchen kleinen, frühen Werkzeugmaschinen gingen die Instrumente der Metallindustrie hervor: schwere Walzwerke, große Pressen, vor allem die spanabhebenden Maschinen zum Drehen, Bohren, Hobeln, Fräsen und Schleifen.

  • Genauer betrachtet

    Beide Geräte sind Handdrehbänke mit Federbogen-Pedal-Antrieb.

    Das Werkstück lagert mechanisch zwangläufig zwischen den Eisenspitzen, sodass es nur die rotierende Bewegung um die Längsachse ausführen kann.

    Es dreht vorwärts auf die Drehmeißel-Auflage zu, wenn man tritt, und rückwärts, wenn der Bogen zurückfedert und das Antriebsseil und das Pedal wieder nach oben zieht.

    Greift die Schneide im richtigen Winkel an, trennt sie beim Vorwärtsdrehen Späne ab und erzeugt am Werkstück einen Kreisquerschnitt. Beim Rückwärtsdrehen muss man den Meißel etwas zu-rückziehen, damit die Schneide nicht beschädigt wird.

    Das Werkzeug wird vom Arbeiter gehalten und geführt, die Auflage bietet Unterstützung, ohne die Beweglichkeit einzuschränken. Mit einiger Übung lassen sich vielfältige kunstgewerbliche Formen mit geschwungenen Konturen drechseln, bei denen es nicht auf besondere Genauigkeit ankommt.

    Schwierig ist das Drechseln technischer Teile mit gerad-linigen Konturen, vor allem, wenn sie aus festen, zähen Werkstoffen wie Eisen bestehen und es besonders auf Genauigkeit ankommt.

    Wie macht man hölzerne Bauteile mit rundem Querschnitt?

    Bitte einen TECHNOscout um Hilfe! Setze unbedingt die Schutzbrille auf!Halte das Werkzeug mit beiden Händen und stütze es auf das Auflagebrett. Trete das Pedal und führe den Drehmeißel beim Abwärtstreten gegen das drehende Holz.

    Was geschieht hier?

    Das Werkstück wird in Handarbeit gedrechselt.Die Schneide des Drehmeißels trennt Späne ab und erzeugt einen Kreisquerschnitt, weil sich das Werkstück dreht. Die Längskontur lässt sich weitgehend frei gestalten, denn die Hand mit dem Meißel ist sehr beweglich. Das Ergebnis ist dabei aber ganz und gar abhängig von Kraft und Geschicklichkeit des Drechslers.

    Nur mit TECH

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    ankWoher und wozu?

    Bis ins 18. Jahrhundert war das Drechseln von Hand auch bei technischen Teilen die gängige Methode zur Herstellung drehsymmetrischer Körper.

    Als man mit Beginn der Industrialisierung um 1800 immer mehr eiserne Maschinenteile brauchte, reichte die Handdrechselei nicht mehr aus.

    Die Hand wurde durch den Kreuzsupport ersetzt, einen Zwanglauf-Mechanismus zum Halten und geradlinigen Führen des Drehmeißels. So entstand die Drehmaschine, mit der sich geradlinige technische Konturen ganz einfach, geschwungene kunstgewerbliche Formen dagegen nur sehr schwer fertigen ließen.

    Für die Industrialisierung war die Drehmaschine von grundlegender Bedeutung, weil sich mit ihr fast alle Arten von Maschinenteilen ausreichend genau herstellen ließen.

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  • Genauer betrachtet

    Es ist grundsätzlich schwierig, durch Steuern zweier geradliniger Bewegungen mit zwei Handkurbeln eine geschwungene Kontur herzustellen.

    Mit dem Zweihand-Prüfer testete man im frühen 20. Jahrhundert die Fähigkeit zur unabhängigen und trotzdem koordinierten, gleichmäßigen Bewegung beider Hände sowie die Ruhe des Probanden.

    Gehorchen dir deine Hände?

    Befestige auf der Metallplatte eine Papier-Vorlage; klappe dazu den Stift hoch, drücke die Metallplatte nach unten und schiebe die Vorlage in die Halterung.Betätige beide Kurbeln gleichzeitig und zeichne das Muster der Vorlage nach.Versuche, den Stift innerhalb der achterförmigen Spur zu führen.

    Was geschieht hier?

    Du bewegst den Stift auf einer x- und einer y-Achse.

    Es fällt schwer, in der Spur zu bleiben, weil beidhändig unterschiedliche Bewegungen ausgeführt und miteinander koordiniert werden müssen. Wie würde diese Übung unter Zeitdruck ausfallen?

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    rWoher und wozu?In der Apparatur zeigt sich das Prinzip des Kreuzsupports, der nur geradlinige Bewegungen zuließ. Er war entscheidend auf dem Weg zur Maschinisierung: Handdrehbänke wurden zu Drehmaschinen weiterentwickelt.

    Zur Fertigung von Maschinenteilen mit geradlinigen Konturen war der Kreuzsupport vorteilhaft. Für die präzise Bearbeitung von Werkstücken mit geschwungenen Konturen jedoch war das hand-werkliche Geschick des Drehers auch an der Dreh-maschine unverzichtbar.

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  • Stationstext Kraft und Bewegung Mechanische Prinzipien für die Welt der Technik Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure erforschten Gesetze und Prinzipien der Mechanik und wandten sie auf technische Fragestellungen an: Probleme der Baustatik und Maschinendynamik. Sie untersuchten theoretisch und experimentell Zusammenhänge zwischen Kraft und Bewegung bei starren Körpern und strömenden Flüssigkeiten, Trägheit und Beschleunigung rotierender Massen, Elastizität, Biegung und Festigkeit von Balken, Form und Tragfähigkeit von Gewölben. Sie entdeckten die mechanischen Prinzipien der Erhaltung von Impuls und Energie und erklärten damit Druck- und Stoßvorgänge. Wirkungsvolles mathematisches Werkzeug war die neu entwickelte Differentialrechnung. Dass man nun auch komplexe mechanische Systeme berechnen und ihr Verhalten vorhersagen konnte, trug viel bei zur Mechanisierung des Weltbildes und zur tragenden Rolle der Mathematik.

  • Genauer betrachtet

    Die umgebende Luft übt eine gleich bleibende Auftriebskraft aus auf den Ballon. Diese nach oben gerichtete Kraft ist so groß wie das Gewicht der umgebenden Raumluft, die der Ballon durch sein Volumen verdrängt.

    Während man die Luft im Innern des Ballons erhitzt, dehnt sie sich aus. Da der Ballon nicht luftdicht abgeschlossen ist, entweicht dabei die überschüs-sige Luft, die nicht mehr in das Ballon-Volumen passt. Dadurch verringert sich beim Heizen ständig das Gewicht der Luft im Ballon und damit auch das Gesamt-Gewicht von Ballon und Luftfüllung.

    Unterschreitet dieses Gesamt-Gewicht schließlich die konstante Auftriebskraft der umgebenden Luft, dann beginnt der Ballon zu steigen – genauso wie zum Beispiel ein leichtes Stück Kork im schwereren Wasser nach oben steigt.

    Fliegen mit heißer Luft?

    Drücke den roten Knopf zum Heizen, wenn der Ballon auf der Basis-Station sitzt.Halte den roten Knopf gedrückt: Die Luft im Ballon wird jetzt erhitzt;die Temperatur kannst du an an der oberen Anzeige ablesen.Bis zu welcher Temperatur du heizen sollst, steht auf der rechten Tafel.Wenn dieser Wert erreicht ist, dann drückst du den grünen Knopf zum Starten des Ballons.

    Was geschieht hier?

    Wenn du den grünen Knopf drückst, steigt der Ballon nach oben.

    Je größer der Temperatur-Unterschied zwischen der Luft im Innern des Ballons und der umgebenden Raumluft (siehe untere Anzeige) ist, desto schneller und höher steigt er.

    Während sich die Luft im Ballon allmählich wieder auf die Umgebungstemperatur abkühlt, sinkt er zur Basis-Station zurück.

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    nWoher und wozu?Ein lange gehegter Menschheitstraum ging 1783 in Erfüllung: Die Brüder Montgolfier ließen am 5. Juni bei Lyon einen unbemannten Heißluft-Ballon auf-steigen und bewiesen damit eindrucksvoll, dass man mit Leichter-als-Luft-Fahrzeugen tatsächlich fliegen kann. Noch im selben Jahr vertrauten sich erstmals Menschen solch einem Ballon an.

    Unter dem Eindruck dieser Versuche beschäftigte man sich auch in der Kurpfalz mit Heißluft-Ballons. Sie bestanden aus Papier; unten hing eine Feuer-pfanne. Bemannt waren sie nicht. Bereits für 1784 sind zehn Ballonstarts überliefert: zwei von Hem-mer, der zuvor schon den Blitzableiter in der Kur-pfalz eingeführt hatte, und weitere von Traitteur.

    Die große Zeit der Luftschiffe begann gut hundert Jahre später: 1900 stieg das erste Luftschiff LZ 1 des Grafen Zeppelin am Bodensee auf; 1909 begann Johann Schütte zusammen mit Karl Lanz in Mannheim-Rheinau mit dem Bau der sogenannten Schütte-Lanz-Luftschiffe.

    Die Luftschiffe wurden mit Verbrennungsmotoren angetrieben und ließen sich lenken. Sie waren nicht mehr mit Heißluft gefüllt, sondern mit einem Gas, das auch bei Umgebungstemperatur schon leichter ist als Luft: Helium oder Wasserstoff.

    Die Verkehrs-Luftschifffahrt fand ein jähes Ende, als 1937 die LZ 129 bei der Landung in Lakehurst (USA) explodierte. Während Luftverkehrsmittel Nummer Eins das Flugzeug wurde, fanden Ballons weiterhin Verwendung etwa in der Erforschung der Erdatmosphäre, als Sport- und Rekordgeräte oder für Werbe-und Vergnügungsfahrten. Gescheitert ist hingegen das um 2000 erwartungsvoll betriebene Projekt Cargolifter: der Bau von Transport-Ballons für große Lasten bis zu 160 Tonnen und mit bis zu10.000 km Reichweite.

    Zeitgenössische Darstellung verschiedener Heißluft-Ballons in einem Kalenderbuch von 1796

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  • Riesenübersetzung Wieso kann sich das erste Zahnrad drehen, wenn das letzte Zahnrad blockiert ist? Wohin „verschwindet“ die Bewegung? Kann Bewegung überhaupt verschwinden? Was geschieht hier? Das oberste Zahnrad dreht sich etwa einmal in 5 Sekunden. Jede Radpaarung reduziert die Drehzahl auf 1:10 und steigert die Umdrehungszeit auf das 10fache. Bei den 18 Rädern würde das letzte Zahnrad für eine Umdrehung gut 15 Milliarden Jahre brauchen! Genauer betrachtet Die Gesamtübersetzung der 18 Räder, also 17 Übersetzungsstufen, beträgt (0,1 x 0,1 x 0,1 x ... x 0,1 x 0,1 x 0,1) = (0,1)17 die Umlaufzeit des letzten Rades demnach 5 x 1017 Sekunden: etwas mehr als 15 x 109 Jahre, also gut 15 Milliarden Jahre. Diese Zeit überschreitet jedes menschliche Maß: Die Erde ist etwa 5 Milliarden Jahre alt, das Universum rund 15 Milliarden Jahre. Die Gesamtübersetzung ist viel zu groß für eine sinnvolle praktische Nutzung. Die Kraft des Motors wird so stark vergrößert, dass sich das Getriebe irgendwann selbst zerstört, weil das letzte Zahnrad blockiert ist. Das passiert aber erst nach sehr langer Zeit, wenn die feinen Spielräume in den Achslagern und zwischen den Zahnflanken der Räder, der sogenannte "tote Gang", aufgebraucht sind.

  • Woher und Wozu? Unsinnig große Übersetzungen finden sich etwa in den Maschinenbüchern von Ingenieuren der Renaissance und des 17. Jahrhunderts. Solche Phantastereien wurden aber schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts kritisch geprüft und verworfen: Der Aufwand an Weg und Zeit zum Bewegen von Lasten war viel zu groß; auch die komplizierte Getriebetechnik war oft viel zu aufwändig und schwergängig. Jetzt begann die Entwicklung einer "rationalen", nutzenorientierten Maschinentechnik. Wenn Menschenkraft als Antrieb zu schwach war und Übersetzungen das Zeitproblem aufwarfen, lag es nahe, nach stärkeren Antrieben zu suchen. Damals wurde das Potenzial von Luft und Dampf sowie die hydraulische Kraft von Flüssigkeiten als zukunftsträchtige Antriebsmöglichkeit erkannt.

    Legende zur Abbildung: Salomon de Caus, kurfürstlicher pfälzischer Ingenieur und Baumeister, merkt zu dieser Abbildung an, dass der Mann oben an der Handkurbel 298 und einen halben Tag drehen müsste, und zwar 10.000-mal pro Tag, bis das unterste Rad A eine einzige Umdrehung gemacht hätte! (Salomon de Caus: Von gewaltsamen Bewegungen. Beschreibung etlicher, so wol nützlichen alß lustigen Machiner. 1615)

  • Genauer betrachtet

    Die einzelnen Glieder der hängenden Kette können nur Zugkräfte aufnehmen und übertragen. Dadurch stellt sich die typische Kettenlinie ein.

    Spiegelt man die Kettenlinie nach oben und verwendet Bauelemente, die Druckkräfte aufnehmen und übertragen können, dann kehren sich die Kraftverhältnisse genau um.

    So wie in der hängenden Kette wegen der Beweglichkeit der Kettenglieder gegeneinander nur Zugkräfte übertragen werden, so wirken in einem stehenden Bogen mit Ketten-linien-Form nur Druckkräfte, keine Querkräfte und keine Biegemomente.

    Ein Bogen als hochgeklappte Kette?

    Hochgeklappt wird natürlich nur die Form der Kette. Und das erreichst du, indem du die markier-ten Bauklötzchen so aufeinander schichtest, dass sie einen Bogen bilden spiegelsymmetrisch zu der nach unten hängenden Kette.

    Was geschieht hier?

    Ordne die Bauklötzchen auf dem größeren Teil des Tisches so an, dass sie einen liegenden Gewölbe-bogen bilden, wie auf der Skizze dargestellt.

    Beginne knapp eine Handbreit vom seitlichen Rand entfernt zum Beispiel mit Klötzchen A1. Füge die weiteren Klötzchen hinzu, bis der Gewölbebogen vollständig ist.

    Prüfe, ob der Bogen exakt liegt. Die Klötzchen müssen sich ganzflächig, also ohne Spalt berühren. Die unteren Kanten von A1 und E1 müssen direkt auf der Trennlinie zwischen den beiden Tischteilen liegen.

    Klappe vorsichtig den Tischteil mit dem Gewölbe-bogen in die Senkrechte. Steht er, dann kannst du die Unterlage wieder sachte nach hinten klappen. Wenn du sorgfältig gearbeitet hast, bleibt der Bogen stabil stehen!

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    Woher und wozu?

    Schon im Altertum wurden steinerne Bögen und Gewölbe gebaut. Besonders kühne Wölb- und Strebekonstruktionen finden wir bei den gotischen Kathedralen. Diese Bauwerke zu errichten war möglich, weil die Baumeister über reiches Erfah-rungswissen und Bemessungsregeln verfügten.

    Erst ab dem 17. Jahrhundert befassten sich Physiker, Mathematiker und Ingenieure wie Philippe de la Hire, David Gregory, James Stirling oder Giovanni Poleni wissenschaftlich mit Gewölben und untersuchten ihre Statik, also Form, Kräftever-lauf und Tragfähigkeit. Ergebnis war: Die optimale Bogenform ist die umgekehrte, nach oben geklappte Kettenlinie.

    Dass bei dieser Bogenform nur Druckkräfte auf-treten und keine Querkräfte oder Biegemomente, veranschaulichte der italienische Mathematiker und Ingenieur Giovanni Poleni (1685 – 1761): Er ersetzte die keilförmigen Steine eines Kettenlinienbogens gedanklich durch vollkommen glatte Kugeln. Die ausschließlich wirkenden Druckkräfte halten den Bogen aus Kugeln im Gleichgewicht, wenn auch in einem labilen.

    Lässt man den Kettenlinien-Bogen um seine senk-rechte Mittelachse rotieren, dann erhält man die Idealform für ein stabiles und materialsparendes Kuppelgewölbe.

    Verweise:GewölbebogenLeonardo-BrückeKragsteine

    Giovanni Poleni: Memorie istoriche della gran cupola del Tempio Vaticano. 1748

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    Genauer betrachtet

    Jedes Brett wird, wenn du dich darauf stellst, im oberen Teil mit Druck und im unteren Teil mit Zug belastet. Je größer die Abstände zwischen Druckkräften und Zugkräften im Brett sind, umso tragfähiger ist es. Denn diese inneren Kräfte wirken dann über größere Hebel gegen die äußere Belastung.

    Deshalb biegt sich das hochkant gestellte Brett weniger stark durch als das flach liegende.

    Flach oder hochkant: In welcher Lage ist ein Brett stabiler?

    Probiere einfach beide Bretter aus: Stelle dich abwechselnd auf das eine und auf das andere. Aber bitte nicht wippen, Sturzgefahr!Du kannst dich auch am Geländer festhalten.

    Was geschieht hier?

    Beide Bretter haben dieselbe Form. Trotzdem sind sie unterschiedlich stark belastbar. Das flach liegende Brett biegt sich deutlich durch, wenn du in der Mitte auf ihm stehst. Bei dem hoch gestellten Brett merkst du von der Durchbiegung fast nichts: Es ist viel belastbarer.

    Die Tragfähigkeit eines Brettes hängt also davon ab, in welcher Richtung du es belastest.

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    Balken aus Stahl: Doppel-T-Träger, hochkant gestellt, verstärkt in den Zonen größter Zug- und Druckkräfte 01

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    Woher und wozu?

    Aus Erfahrung wussten Baumeister schon lange, dass Balken in Hochkant-Lage tragfähiger sind. Aber über den Kraftverlauf im Inneren von Balken und wie daraus die Belastbarkeit berechnet werden könnte, wussten sie bis in die Frühe Neuzeit wenig.

    Als im 17. und 18. Jahrhundert die Technikwissen-schaften entstanden, wurden die Gesetze der Balken- biegung intensiv erforscht: von Mathematikern und Physikern wie Galileo Galilei, Edme Mariotte, Robert Hooke, Jakob Bernoulli oder Leonhard Euler und von Ingenieuren wie Jakob Leupold. Sie unter-suchten, wie Tragfähigkeit und Durchbiegung von Balken aus verschiedenen Materialien rechnerisch bestimmt werden konnten.

    Charles Augustin Coulomb (1736 – 1806) und Louis Marie Henri Navier (1785 – 1836) aus der franzö-sischen Schule der wissenschaftlich betriebenen Technik entwickelten schließlich im 18. und frühen 19. Jahrhundert die heute noch verwendeten Formeln der Balkentheorie.

    Die Erkenntnis, dass hochkant gestellte Bauteile tragfähiger sind als flach liegende, wird vielfach in Maschinen und Bauwerken genutzt: Schaue dir beispielsweise die vielen Doppel-T-Träger in unserem Museumsgebäude an.

    Galileo Galilei: Discorsi e dimostrazioni matematiche. 1638 [Unterredungen und mathematische Demonstrationen]

    Jakob Leupold: Theatrum Pontificiale, Oder Schau-Platz der Brücken und Brücken-Baues. 1726

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  • Genauer betrachtet

    Alle Bögen beginnen rechts und links an festen Widerlagern mit den sogenannten Anfängern und enden oben in der Mitte mit dem Schlussstein. Sie werden heute noch über Formteilen, sogenannten Lehrgerüsten, gebaut. Diese werden wieder ent-fernt, nachdem der Bogen durch das Setzen des Schlusssteins seine Stabilität gewonnen hat.

    Die Fugen zwischen den Steinen müssen auf den Bogenmittelpunkt weisen, damit die seitliche Kraftübertragung auf die Widerlager funktioniert. Du kannst das sehr schön beobachten bei gemauer-ten Deckengewölben und Brückenbögen.

    Ein stabiler Bogen nur aus Klötzen, ohne Leim?

    Baue den Bogen mit Hilfe der Formteile zwischen den Widerlagern auf. Wenn er fertig ist, müssen die Formteile an beiden Seiten gleichzeitig mit einem Ruck weggezogen werden.Jetzt kannst du den Bogen betreten, wenn du dich vorsichtig auf seine Mitte stellst.

    Was geschieht hier?

    Der Druck auf die mittleren Steine des Bogens wird von den anderen Steinen immer weiter zu den Seiten übertragen, bis er von den festen Widerlagern aufgefangen wird. So stabilisiert sich der Bogen selbst.

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    Woher und wozu?

    Seit dem ersten vorchristlichen Jahrtausend kennt man den Keilsteinbogen mit Schlussstein und seit-lichen Widerlagern. In alten Torbögen, Gewölben, Tunneln, Brücken oder in den Aquädukten der Römerzeit ist dieses Konstruktionsprinzip genauso zu finden wie in den Bauwerken der Gegenwart.

    Physiker und Ingenieure untersuchten ab dem 17. Jahrhundert die Wirkungsweise dieser klassi-schen Keilstein-Konstruktion: Bogenform, Kräfte-verlauf und Tragfähigkeit. An die Stelle der her-kömmlichen Faustregeln trat die wissenschaftliche Fundierung dieser Bauform.

    Verweise:Kettenlinien-BogenLeonardo-BrückeKragsteine

    Bernard Forest de Bélidor: La Science des Ingenieurs. 1813

    Marie Riche de Prony: Neue Architektura Hydraulika. 1795

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  • Was geschieht hier?

    Fange einfach an einem Ende an und baue die Brücke Glied für Glied. Achte darauf, dass die bereits eingebauten Stäbe nicht verrutschen. Die Spannweite wächst und du kannst schließlich den gesamten Graben überbrücken.

    Eine lange Brücke nur aus Holzstäben?

    Wie das geht, zeigen dir die Bilder. Du wirst sehen: Zwei Hände reichen dazu.

    Genauer betrachtet

    Die Stäbe halten sich durch ihr eigenes Gewicht und durch Reibung gegenseitig fest. Deshalb dürfen ihre Oberflächen nicht zu glatt sein. Auch bei Belastung trägt die Konstruktion, bis der erste Stab bricht – aber lass es bitte nicht darauf ankommen.

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    ckeWoher und wozu?

    Leonardo da Vinci plante um 1480 die Konstruktion einer sehr leichten, einfach zu transportierenden bogenförmigen Brücke. Ziel seiner Überlegungen war der militärische Nutzen: „Ich habe eine Anlei-tung zur Konstruktion sehr leichter und transpor-tabler Brücken, mit denen der Feind verfolgt und in die Flucht geschlagen werden kann.“

    Deshalb besteht die Leonardo-Brücke im Verhältnis zu ihrer Spannweite aus kurzen Bauteilen und lässt sich schnell aufstellen.

    Dieses Konstruktionsprinzip spielt bis heute in Architektur und Technik eine große Rolle. Im Alltag angewendet findest du es zum Beispiel bei stabilen Faltschachteln und Umzugskartons.

    Verweise:Kettenlinien-BogenGewölbebogenKragsteine

    Leonardo da Vinci: Codex Atlantico

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  • Genauer betrachtet

    Damit kein Stein hinunterfällt, muss der Gewichtsanteil über dem Abgrund ein genügend großes Gegengewicht über dem Podest haben. Betrachten wir die oben geschilder-te Methode, bei der die Steine nach und nach über den Abgrund geschoben werden.

    Der oberste Stein lässt sich um die Hälfte nach vorne schieben, der zweitoberste Stein um 1/4. Über dem Abgrund und über dem Podest befinden sich jetzt jeweils 4/4 des wirksamen Steingewichts – das System ist im Gleichgewicht.

    Der dritte Stein kann nur noch um 1/6 verschoben werden. Über dem Abgrund und über dem Podest befinden sich jeweils 9/6 Steine.

    Der vierte Stein wird um 1/8 nach vorne verschoben und hat damit einen Überhang von 1/2 + 1/4 + 1/6 + 1/8 = 1/2 · (1 + 1/2 + 1/3 + 1/4)=1/2 · (12 + 6 + 4 + 3)/12 = 25/24also von etwas mehr als einem Stein.

    Allgemein gilt: Der n-te Stein wird um 1/2n-tel verschoben. Der gesamte Überhang ist somit die Hälfte der Summe der sogenannten harmonischen Reihe:

    1/2 · (1 + 1/2 + 1/3 + 1/4 + ...)

    Da die Summe dieser Reihe keinen endlichen Grenzwert hat, ließen sich die Steine beliebig weit über den Abgrund bauen, wenn man den Stapel beliebig hoch machen könnte.

    Außer der Lösung gemäß der harmonischen Reihe gibt es aber, wie oben schon angedeutet, noch viele weitere Anordnungen, mit denen sich ein noch größerer Überhang auf beiden Seiten erzielen lässt, sogar bis zur vollständigen Überbrückung.

    Lässt sich der Abgrund mit den Bausteinen überbrücken?

    Schichte die Bausteine so aufeinander, dass eine Brücke entsteht, die nur an den beiden Ufern aufliegt und keine weiteren Stützen hat.Tipp: Denke daran, die Bausteine auch als Gegengewichte zu nutzen.

    Was geschieht hier?

    Generell gilt: Das Gewicht der Steine, die über dem Abgrund liegen, muss durch ein Gegen-gewicht am Ufer ausgeglichen werden. Ein gewisser Überhang lässt sich zwar auf folgende Weise erreichen: Man stapelt die Steine an beiden Ufern übereinander und schiebt erst den jeweils obersten Stein soweit wie möglich über den Abgrund, anschließend den zweitobersten Stein (zusammen mit dem obersten) und so weiter. Aber mit dieser Methode kann man den Abgrund nicht vollständig überbrücken.Jetzt ist deine Phantasie gefragt: Finde weitere Stapel-Varianten, bei denen die Grundbedingung erfüllt ist, dass die Steine über dem Abgrund das notwendige Gegengewicht am Ufer haben.

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    eWoher und wozu?Brücken, Türbogen oder Gewölbe mit übereinander geschichteten vorkragenden Steinen zu errichten, ist eine alte Technik. Man findet diese Kragbogen-Technik bereits in Bauwerken der Antike.

    Für den Bau weitgespannter Eisenbrücken entwickelte im 19. Jahrhundert Heinrich Gerber (1832 – 1912) den nach ihm benannten Gerber-Träger, gleichfalls eine Anwendung des Gegengewichts-Prinzips zum Erreichen großer Überhänge.

    Technische Anwendung findet dieses Prinzip heutzutage auch bei großen Baukränen. Dort bilden schwere Betonklötze das Gegengewicht zum langen Ausleger und seiner anhängenden Last.

    Verweise:Kettenlinien-BogenGewölbebogenLeonardo-Brücke

    Jahrtausendealte Technik: Kragwölbung im Schnitt (Bert Heinrich: Brücken. Vom Balken zum Bogen. 1983)

    Gerber-Träger der Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth in Schottland, erbaut 1882-1890 (Das Buch der Erfindungen. 1901)

    Demonstration des Gegengewichts-Prinzips beim Gerber-Träger (Das Buch der Erfindungen. 1901)

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  • Genauer betrachtet

    Der Trichter veranschaulicht die Wirkung der Schwerkraft zwischen einem Zentralgestirn und seinen Umlaufkörpern (zum Beispiel Erde/Mond oder Sonne/Planeten).

    Nach innen fällt er immer steiler ab, sodass die aus dem Kugelgewicht resultierende Hangabtriebs-kraft, die zum Loch hin gerichtet ist, mit sinkendem Abstand immer stärker wird. Genauso wirkt die Schwerkraft: Sie ist umso stärker, je näher sich Umlaufkörper und Zentralgestirn kommen.

    Die zunächst auf kreisförmiger Bahn gestarteten Kugeln laufen, allmählich gebremst durch die Rollreibung, auf schwach elliptischen Bahnen wie Planeten.

    Schräg eingeworfene Kugeln laufen mit ihrem starken Unterschied von Nähe und Ferne vom Zentrum dagegen eher wie Kometen.

    Lasse mal Planeten rollen!

    Schiebe eine Kugel am Trichterrand entlang an, eine andere schräg vom Rand weg!Beobachte Bahnform und Geschwindigkeit! Lasse mehrere Kugeln gleichzeitig rollen, im Uhrzeigersinn und dagegen!

    Was geschieht hier?

    Kugeln, die längs des Randes gestartet sind, rollen auf einer kreisförmig-spiraligen Bahn, die nach und nach immer enger wird, bis die Kugeln im Loch verschwinden.

    Schräg gestartete Kugeln laufen stark elliptisch, rollen gleich näher ans Zentrum, werden dort stark abgelenkt, schwingen weit aus und wiederholen das, bis sie im Loch verschwinden.

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    terWoher und wozu?

    Der Potentialtrichter, auch Gravitationstrichter genannt, ist eine mechanische Analogie, die bestimmte geometrische und physikalische Sachverhalte unseres Sonnensystems verständlich darstellt, ohne dabei die kosmischen Realitäten exakt wiederzugeben.

    Er veranschaulicht nicht nur Geschwindigkeiten und Bahnformen von Planeten und Kometen, sondern in seiner Gestalt auch das Gravitationsfeld: Je kleiner der Abstand vom Zentralgestirn, dem Gravitationszentrum, desto größer die Anziehungs-kraft.

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  • Genauer betrachtet

    Wenn das Gefäß sich dreht, wirken Fliehkräfte (Zentrifugalkräfte). Sie drücken das Wasser so lange nach außen, bis sich durch die höher werdenden Wassersäulen in den äußeren Zonen ein gleich großer Gegendruck aufgebaut hat.

    Die Fliehkraft wächst proportional zur Entfernung von der Drehachse. Als Gleichgewichtsfläche stellt sich eine Rotationsparabel (Paraboloid) ein. Für jedes Wasserteilchen herrscht dann Gleichgewicht zwischen der nach außen gerichteten Zentrifugal-kraft und der nach innen gerichteten Kraft, die sich aus dem Druckgefälle der nach innen abnehmen-den Wassersäulen ergibt.

    Kann sich Wasser in die Kurve legen?

    Drehe an dem kleinen Handrad und beobachte dabei die Oberfläche des Wassers zwischen den beiden Glasscheiben.

    Was geschieht hier?

    Die Wasser-Oberfläche beginnt sich nach innen zu wölben. Je schneller du drehst, desto höher steigt das Wasser an den Rändern.

    Bei hoher Drehgeschwindigkeit kann es sogar passieren, dass in der Mitte gar kein Wasser mehr ist.

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    elWoher und wozu?Die Wirkung von Zentrifugalkräften beobachten oder spüren wir tagtäglich, zum Beispiel im Auto oder auf dem Fahrrad bei Kurvenfahrten. Wir nutzen Zentrifugalkräfte auch ganz gezielt etwa bei Wäscheschleudern im Haushalt oder bei ultra-schnell rotierenden Zentrifugen zur Trennung von Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte in Labor und Produktion.

    Im Denken von Isaac Newton (1643-1727) spielte dieses „Eimer-Experiment“ eine ganz besondere Rolle. Für ihn war das Ansteigen des Wassers zum Rand hin ein Indiz dafür, dass das Wasser tatsäch-lich in Bezug auf den absoluten, ruhenden Raum rotiert.

    Dreht sich im ersten Moment nur der in Bewegung versetzte Eimer, wenn seine Bewegung sich dem Wasser noch nicht mitgeteilt hat, dann bleibt der Wasserspiegel eben. Bremst man den Eimer ab, nachdem sich das Paraboloid ausgebildet hat, dann behält das Wasser zunächst noch die Parabo-loid-Form. In beiden Fällen aber ist die Relativ-bewegung zwischen Wasser und Eimer gleich.

    Also gab es für Newton eine Möglichkeit, je nach Wirkung der Zentrifugalkräfte zu entscheiden, welcher Körper eine „wahre“ Kreisbewegung bezüglich des absoluten, ruhenden Raums ausführt und welcher nur eine „relative“ bezüglich eines anderen, bewegten Körpers.

    Dies war für Newton deshalb so wichtig, weil er in seinen „Mathematischen Prinzipien der Natur- philosophie“ von 1687 postuliert hatte: „Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen äußeren Gegenstand stets gleich und unbeweglich.“

    Dieses Postulat war, z