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Seminarvortrag: Strukturbildung im Universum 18.01.2012 Matthias Dr¨ uppel Seminar zur Theorie der Teilchen und Felder unster, Wintersemester 2011/12

Seminarvortrag: Strukturbildung im Universum · direkt in Energie umgewandelt werden. Bei Quasaren dreht sich das schwarze Loch, Bei Quasaren dreht sich das schwarze Loch, wodurch

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Seminarvortrag:

Strukturbildung im Universum

18.01.2012

Matthias Druppel

Seminar zur Theorie der Teilchen und Felder

Munster, Wintersemester 2011/12

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 3

2 Was gibt es fur Strukturen im Universum? 4

2.1 Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2.1.1 Die Milchstraße, eine Spiralgalaxie . . . . . . . . . . . . . . 4

2.1.2 Elliptische Galaxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.1.3 Klassifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.2 Quasare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.3 Galaxien-Haufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.4 Superhaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3 Wie kann ich Aussagen uber Strukturen im Universum machen? 9

3.1 Roterschiebungs-Durchmusterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3.2 Licht als Masseindikator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4 Wie sind die heutigen Strukturen in einem expandierenden Universum

entstanden? 11

4.1 Das Jeans-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

4.1.1 Zeitlicher Verlauf der Jeans-Masse . . . . . . . . . . . . . . . 13

4.1.2 Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

4.2 Pancake-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4.3 Dunkle Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4.4 Millenium Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

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1 Einleitung

Die zentrale Frage die in diesem Seminarvortrag geklart werden soll ist:

Wie sind die heutigen Strukturen in einem expandierenden Univer-

sum entstanden?

Also der Weg von einem anfangs vergleichsweise homogenen Universum1 zu

den Strukturen, wie wir sie heute beobachten. Einzelne Sterne und Planeten, die

sich in Sonnensystemen anordnen, die wiederum Teil ganzer Galaxien sind. Die

Inhomogenitaten setzten sich auf noch großeren Skalen fort. Galaxien ordnen sich

in Haufen, diese wiederum in Superhaufen an.

Bevor jedoch naher auf die Entstehung eingegangen wird, ist es entscheidend das

Universum zum heutigen Zeitpunkt zu betrachten und sich zu vergegenwartigen

von welchen Strukturen uberhaupt die Rede ist. Zum soll die Frage behandelt

werden, wie man uberhaupt Aussagen uber die Verteilung von Galaxien und anderen

Strukturen von der Erde aus treffen kann. Abschließend wird die Entstehung und

zeitliche Entwicklung von Dichtefluktuationen diskutiert, die zu einem Universum

gefuhrt haben, wie wir es heute beobachten.

1Die Fluktuationen in der kosmischen Hintergrundstrahlung (380.000 Jahre nach dem Ur-

knall) lassen direkte Schlussfolgerungen auf die Großenordnung der Inhomogenitaten der

Dichteverteilung des fruhen Universums zu.

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2 Was gibt es fur Strukturen im

Universum?

Die Friedman-Robertson-Walker-Metrik geht von einem homogenen, isotropen

Universum aus, doch allein schon ein Blick in den Nachthimmel scheint diese

Annahme zu widerlegen. Es lassen sich einzelne Sterne und Planeten erkennen,

aber ebenfalls großere Strukturen, wie unsere Milchstraße, die als helles Band am

Himmel erscheint, da sie aus so vielen Sternen besteht, dass unser Auge diese nicht

mehr einzeln auflosen kann. Um von Isotropie sprechen zu konnen, mussen die

betrachteten Skalen entsprechend groß gewahlt werden.

2.1 Galaxien

2.1.1 Die Milchstraße, eine Spiralgalaxie

Unser Sonnensystem ist Teil der Milchstraße, einer vergleichsweise großen Galaxie

mit 100 bis 300 Milliarden Sternen. Diese Zahl ist so groß, dass man sie sich nicht

einmal mehr ansatzweise vorstellen kann. Ein anschaulichen Vergleich liefert ein

Schneetreiben von zehn km Durchmesser und einer Hohe von einem km, in der

jeder Kubikzentimeter im Schnitt drei Schneeflocken enthalt, die jeweils einen Stern

reprasentieren. Die Sonne selbst ware gerade einmal zehn nm groß, kleiner als ein

Virus, und die Pluto-Bahn 0,1 mm.

Spiralgalaxien (vgl. Abb. 2.1) sind durch ihre Spiralarme charakterisiert, in

denen noch aktive Sternentstehung stattfindet. Hierzu muss viel Gas und Staub

vorhanden sein, was das Wachstum von kleineren Masseansammlungen ermoglicht.

Wenn Druck und Temperatur im inneren Groß genug geworden sind, setzt die

Kernfusion ein.

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2.1 Galaxien

Abbildung 2.1: Die Milchstraße. 100-300 Milliarden Sterne, angeordnet in Spiralar-

men die um ein schwarzes Loch in der Mitte kreisen.

Im Zentrum der Milchstraße befindet sich ein super massives schwarzes Loch

mit einer geschatzten Masse von vier Millionen Sonnenmassen um das die anderen

Sterne kreisen.

Linsengalaxien

Linsen und Spiralgalaxien werden zusammengefasst unter dem Begriff der Scheiben-

galaxien. Aufgrund ihres Drehimpulses bewegen sich alle Sterne in einer Scheibe um

das Zentrum der Galaxie. Im Gegensatz zu Spiralgalaxien weisen Linsengalaxien

kaum innere Struktur auf, jedoch die gleiche Scheibenform.

2.1.2 Elliptische Galaxien

Die zweite wichtige Klasse von Galaxien sind die elliptische Galaxien (Abb. 2.2).

Sie besitzen wenig innere Struktur und keine Drehimpuls. Der Großteil des Gases

und Staubes wurde bereits zur Bildung von Sternen aufgebraucht, weshalb sie

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2 Was gibt es fur Strukturen im Universum?

großtenteils aus alten Sternen und entsprechend wenig Gas und Staub bestehen.

Abbildung 2.2: NGC 1316 im Sternbild Fornax (Ofen), Sudhimmel. Im Gegensatz

zu Spiralgalaxien haben Elliptische Galaxien keinen Drehimpuls und kaum innere

Struktur. Sie bestehen hauptsachlich aus alten Sternen und dementsprechend aus

wenig Gas und Staub.

2.1.3 Klassifizierung

In Abb. 2.3 ist die Klassifizierung von Galaxien zusammengefasst. Links befinden

sich die elliptischen, welche nach Exzentrizitat geordnet werden. Die Spiralgalaxien

werden ihrerseits noch in zwei Untergruppen eingeordnet: Die Normalen und die

Balken-Spiralgalaxien, unter denen auch die Milchstraße als SBc-Galaxie einzu-

ordnen ist. Diese Einordnung wurde erstmals von Edwin Hubble vorgeschlagen

der zu dieser Zeit allerdings der Ansicht war, dass sich Galaxien von links nach

rechts entwickeln. Dies kann nicht sein, da elliptische Galaxien keinen Drehimpuls

besitzen und auch keinen aus sich selbst heraus generieren konnen.

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2.2 Quasare

Abbildung 2.3: Klassifizierung von Galaxien nach Edwin Hubble. Der Gehalt an

Gas und Staub sinkt von rechts nach links.

2.2 Quasare

Quasar steht fur Quasi Stellar Radio Source, also nur quasi sternartig. Dies liegt

daran, dass das Spektrum einen Quasars nichts mit dem eines normalen Sterns zu

tun hat. Außerdem ist die Energiefreisetzung eines Quasares um Großenordnungen

hoher als die eines einfachen Sterns. Auf Großenordnungen von dem des Sonnen-

systems werden Energien freigesetzt, die sonst nur in ganzen Galaxien entstehen.

Was ist die Ursache fur diese ungeheure Energiefreisetzung?

Quasare konnte man auch als aktive schwarze Locher bezeichnen. Ein Quasar

besteht aus einem super massiven schwarzen Loch (100 Millionen bis eine Milliarden

Sonnenmassen), in den bestandig Materie hineingezogen wird. Durch die Beschleu-

nigung des Gases wird dies zum Gluhen gebracht, aber um die Energiefreisetzung

zu erklaren muss Materie direkt in Energie umgewandelt werden (E = mc2). Bei

einem sich nicht drehenden schwarzen Loch kann etwa funf Prozent der Materie

direkt in Energie umgewandelt werden. Bei Quasaren dreht sich das schwarze Loch,

wodurch diese Prozentzahl auf bis zu vierzig erhoht wird.

Zudem entstehen sogenannte ”Jets”, Teilchenstrome, die mit annahernd Licht-

geschwindikteit senkrecht von der Rotationsscheibe in das Universum geschossen

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2 Was gibt es fur Strukturen im Universum?

werden. Diese entstehen aufgrund der Bewegung geladener Teilchen in Kreisbahnen

um das schwarze Loch. Diese erzeugen sehr große Magnetfelder die wiederum einen

Strom in Form der ”Jets” induzieren.

Wichtig fur die Strukturbildung sind Quasare, weil sie aufgrund ihrer hohen

Leuchtkraft noch zu hohen Rotverschiebungen, d.h. zu lange vergangenen Zeiten,

beobachtete werden konnen.

2.3 Galaxien-Haufen

Das Universum weist noch weit großere Strukturen als Quasare und Galaxien auf.

Letztere selbst ordnen sich ihrereseits wieder in Galaxien-Haufen an. Die Anzahl der

Mitglieder dieser Haufen (auch Reichtum genannt) schwankt von einigen wenigen

bis hin zu mehreren tausend. Die Milchstraße ist mit der Andromedar-Galaxie die

großte Galaxie der ”lokalen Gruppe”, ein Haufen mit dreißig Mitgliedern.

Galaxien-Haufen sind meist spharisch angeordnet mit einer Konzentration von

elliptischen Galaxien in der Mitte und Spiralgalaxien außen.

2.4 Superhaufen

Die Haufen selbst ordnen sich in den großten im Universum aufzufindenden Struktu-

ren, den Superhaufen an. Hierbei handelt es sich um unrelaxierte Gebilde. Dies lasst

sich schnell aus der Beobachtung ableiten, dass eine Galaxienhaufen sich etwa mit

1000 km/s in einem Superhaufen bewegt und dementsprechend grob 300 Milliarden

Jahre fur eine Durchquerung brauchen wurde, was das Alter des Universums weit

uberschreitet.

Schatzungen gehen von einem Gewicht dieser Superhaufen von 1015 − 1016 M

aus. Die Galaxien ordnen sich in Wabenartigen Strukturen an, wodurch riesige

Leerraume (Voids) entstehen (40− 100 Mpc) in denen kaum Galaxien zu finden

sind.

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3 Wie kann ich Aussagen uber

Strukturen im Universum

machen?

3.1 Roterschiebungs-Durchmusterung

Um die Verteilungen von Galaxien und Galaxienhaufen im Universum zu unter-

suchen werden moglichst viele Positionen von Galaxien bestimmt. Breiten und

Langengrad lassen sich trivial bestimmen. Die Entfernung von der Erde wird hierbei

uber die Messung der Rotverschiebung bestimmt:

cz = H0r + vpec. (3.1)

Dabei wird sowohl die Rotverschiebung aufgrund des Hubble-Flusses, als auch

die Pekuliargeschwindikeit gemessen, d.h. die Geschwindigkeit des Objektes auf

seiner elliptischen Bewegung senkrecht zur Beobachtungsrichtung. Aus den be-

stimmten Positionen von Galaxien werden Kataloge erstellt, man spricht auch von

Rotverschiebungs-Durchmusterungen.

Um nun direkt von der gemessenen Lichtverteilung auf Dichteverteilungen schlie-

ßen zu konnen, muss man die umstrittene Annahme machen, dass Licht ein guter

Masseindikator ist.

3.2 Licht als Masseindikator

Um Masse oder die Verteilungen von anderen Objekten zu beschreiben wird

eine Korrelationsfunktion ξ(r) eingefuhrt. Uber diese wird die Wahrscheinlichkeit

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3 Wie kann ich Aussagen uber Strukturen im Universum machen?

angegeben ein Objekt im Abstand r eines anderen zu finden. Fur die Galaxien-

Galaxien-Korrelaionsfunktion ist Wahrscheinlichkeit eine Galaxie im Abstand r

einer weiteren zu finden gegeben durch:

Pgg(r) = 〈n(r)〉δV [1 + ξgg(r)]. (3.2)

Dabei ist n(r) Anzahldichte von Galaxien am Ort r und δV das betrachtete

Volumen. Bei einer Zufallsverteilung ware ξgg = 0. Man beobachtete allerdings:

ξgg(r) ≈(

r

5 Mpc

)−1,8

. (3.3)

Ebenfalls von Interesse ist die Massekorrelationsfunktion. Nimmt man an, dass

Licht ein guter Masseindikator ist, dann konnte man diese entweder uber die

Verteilung von Galaxien, oder uber die Verteilung von Galaxien-Haufen bestimmen,

vorausgesetzt es werden genug Galaxien-Haufen einbezogen. Es sollte also

ξ = ξhh = ξgg (3.4)

gelten. Jedoch findet man:

ξhh(r) ≈(

r

25 Mpc

)−1.8

≈ 20ξgg(r). (3.5)

Die Haufen-Korrelationsfunktion ist 20 mal so groß wie die Galaxien-Korrelations-

funktion. Dies allein lasst schon schlussfolgern, dass Licht kein guter Masseindikator

ist. Eine genauere Methode ist Dichteverteilung und Massen einzelner Objekte

uber Pekuliargeschwindigkeiten zu bestimmen. Die Masse ist Ursache der Gravi-

tationskraft und diese sorgt wiederum fur die Pekuliargeschwindigkeit. Um die

Pekuliargeschwindigkeit aus der Rotverschiebung zu isolieren, ist eine weitere

Abstandsmessung notig die unabhangig von z ist. Beispiele hierfur sind Abstands-

messungen uber Cephaid-Sterne oder Supernovae, die Objekte in ihrer Umgebung

erleuchten.

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4 Wie sind die heutigen Strukturen

in einem expandierenden

Universum entstanden?

Dichtefluktuationen werden uber den Dichtekontrast, d.h. die Abweichung zur

mittleren Dichte im Universum beschrieben:

δ(~x) =δρ(~x)

〈ρ〉=ρ(~x)− 〈ρ〉〈ρ〉

. (4.1)

Kompakte Strukturen konnen sich erst ab einem Dichtekontrast δ(~x) > 1 bilden.

Von hieran wachsen sie nicht linear. Uber Beobachtungen von Rotverschiebungen

lasst sich feststellen, dass sich solche Strukturen erst in der Materie dominierte

Phase des Universums gebildet haben.

4.1 Das Jeans-Modell

Das Jeans-Modell beschreibt das Wachstum kleiner Storungen unter Einfluss der

Gravitation (1902). Zuerst wird ein statisches Modell R = 0 betrachtet, dies ist

jedoch leicht auf ein expandierendes Universum ubertragbar. Das Modell, was

Jeans verwendet hat, ist eine ideale Flussigkeit der Dichte ρ, Geschwindigkeit ~v

und Druck p. In diesem Fall gelten drei Gleichungen:

Die Kontinuitatsgleichung (Massenerhaltung):

∂ρ

∂t+∇(ρ~v) = 0, (4.2)

die Euler-Gleichung (Impulserhaltung unter Vernachlassigung von Reibung und

Warmeleitung):

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4 Wie sind die heutigen Strukturen in einem expandierenden Universum

entstanden?

∂~v

∂t+ (~v · ∇)~v +

1

ρ∇ρ+∇Φ = 0 (4.3)

und die Poisson-Gleichung fur das Gravitationspotential:

∇2Φ = 4πGρ. (4.4)

Es soll nun die Entwicklung kleiner Storungen

ρ = ρ0 + ρ1 (4.5)

betrachtet werden. Fasst man alle drei Gleichungen zusammen, ergibt sich

folgende Differentialgleichung (vs =√

∂p∂ρ

)

∂2ρ1∂t2− v2s∇2ρ1 = 4πGρ0ρ1. (4.6)

Hierbei handelt es sich um eine inhomogene Wellengleichung deren Losungen

ebene Wellen sind

ρ1 ∝ ei(~k~r−ωt). (4.7)

Hieraus ergibt sich die Dispersionsrelation gemaß

ω2 = v2sk2 − 4πGρ0. (4.8)

Uber die Bedingung ω = 0 wird die Jeans-Wellenzahl kJ definiert:

kJ =

(4πGρ0v2s

) 12

. (4.9)

Solange k > kJ ist ω reell, d.h. die Dichteanderungen beschreiben Schallwellen,

der Druckgradient ist groß genug um der Gravitation Stand zu halten. Ist jedoch

k < kJ , so wird ω imaginar und die Storung wachst oder fallt exponentiell. Zudem

wird eine Jeans-Masse MJ definiert als Masse innerhalb einer Kugel mit Radius

λJ/2 = π/kJ :

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4.1 Das Jeans-Modell

MJ =4π

3

kj

)3

ρ0 =π

52

6

v3s

G32ρ

120

. (4.10)

Massen großer als die Jeans-Masse sind instabil gegen Gravitationskollaps. Der

interner Druckgradient ist nicht groß genug um die Instabilitat aufgrund der Eigen-

gravitations zu verhindern.

Unter Einbeziehung der Ausdehnung des Universums (Annahme flaches Univer-

sum Ω ≈ 1) ergibt sich der zeitliche Verlauf von Dichtestorungen ρ1 zu:

ρ1 ∝ t23 . (4.11)

Die Expansion des Universums verlangsamt also das Wachstum von Storungen

von einem exponentiellem Verhalten zu einem Potenzgesetz. Die Jeans-Masse an

sich bleib exakt die gleiche.

4.1.1 Zeitlicher Verlauf der Jeans-Masse

Zur Vereinfachung wird die Annahme gemacht, dass das Universum nur aus Baryo-

nen und Photonen besteht ρ = ρB + ργ . In der Strahlungs dominierte Phase ist der

Druck gegeben durch die Photonen:

vs =√

(1/3)c. (4.12)

Dies fuhrt dazu, dass die Jeans-Masse dreißig mal so groß ist wie die gesamte

Masse im Horizont (Hubble-Volumen) MJ = 30·MHOR. Zur Zeit der Rekombination,

d.h. der Bildung der ersten Wasserstoffatome aus Elektronen und Protonen, anderte

sich MJ drastisch. Dies liegt an der Abnahme der Schallgeschwindigkeit, die in der

Materie dominierten Phase gegeben ist durch

vs =5

3

kT

mH

. (4.13)

Hier wird der Druck durch die Wasserstoffatome aufrecht gehalten. Die mittlere

freie Weglange der Photonen vergroßert sich rapide. Mit der Schallgeschwindigkeit

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4 Wie sind die heutigen Strukturen in einem expandierenden Universum

entstanden?

fallt ebenfalls die Jeans-Masse um mehrere Großenordnungen 1016M → 106M

(MJ ∝ v3s). Dies entspricht der Masse von Klustersternhaufen, eine der altesten

Objekte im Universum. In der Zeit zwischen dem Zeitpunkt der Rekombination

und heute lasst sich abschatzen, dass Dichtestorungen etwa um einen Faktor 103

wachsen konnten.

Abbildung 4.1: Zeitlicher Verlauf der Jeans-Masse. Nach der Rekombination fallt

diese um mehrere Großenordnungen ab, seit diesem Zeitpunkt konnen Dich-

testorungen wachsen.

In Abb. 4.1 ist der zeitliche Verlauf der Jeans-Masse abgebildet. In der Strahlugs-

dominierten Phase ist sie immer großer als die baryonische Masse im gesamten

Horizont. Erst nach Abfall der Schallgeschwindikeit zur Zeit der Rekombination

verkleinert sie sich um fast zehn Großenordnungen.

4.1.2 Erweiterung

Eine wichtige Erweiterung zum Jeans-Modell ist der Vorgang des Auswaschens.

Hierbei treten schwach wechselwirkende Teilchen aus Bereichen hoher Dichte aus

und fuhren so zu einem ”Verschmieren” dieser Storungen. Hierbei spricht man von

Silk-Dampfung (MS ebenfalls in Abb. 4.1 abgebildet, bis zu dieser Masse werden

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4.2 Pancake-Theorie

alle kleineren Storungen ausgewaschen).

Nach der Rekombination konnen Photonen ebenfalls aus Gebieten erhohter

Dichte austreten. Dieser Vorgang wird aufgrund der vielen Wechselwirkungen

der Photonen, Kollisions-Dampfung genannt. Dabei handelt es sich eher um eine

Diffusion als um einen gezielten Teilchenstrom, wie bei der Silk-Dampfung.

4.2 Pancake-Theorie

Zum Zeitpunkt der Rekombination sind alle kleineren Storungen ausgewaschen

(Abb. 4.1 bis MS). Die einzigen Storungen sind von der Großenordnung von 1015M,

der Masse von Superhaufen. Man geht von elliptischen Formen aus, daher der Name

Pancake-Theorie. Aus diesen großen Storungen entstehen kleinere Strukturen, wie

Galaxien Haufen und Galaxien, durch Kollaps einzelner Bereiche. Aufgrund der

Reihenfolge der Strukturbildung wird hier von einer ”Top-Down-Theorie” gespro-

chen.

Das große Problem ist allerdings, dass ein Faktor 103 nicht ausreicht, um aus

den Dichtefluktuationen gemaß der hochgradig isotropen Hintergrundstrahlung die

heutigen Strukturen zu bilden. Die Losung dieses Problems bietet die Einbeziehung

dunkler Materie.

4.3 Dunkle Materie

Es gibt grundsatzlich zwei verschiedene Arten von dunkler Materie: Heiße und

kalte. Heiße dunkle Materie sind relativistische Teilchen, die aufgrund ihrer hohen

Beweglichkeit sehr lange fur ein effektives Auswaschen kleinerer Storungen sorgen

und damit eher fur eine ”Top-down-Theorie” sprechen wurde.

Kalte dunkle Materie besteht aus sehr schweren Teilchen mit Massen mind. im

GeV Bereich. Da diese nicht uber die elektromagnetische Kraft wechselwirken

konnen sich schon in der Strahlungs dominierten Phase Gravitationszentren aus

dunkler Materie bilden die fur ein Potential sorgen, in das die baryonische Materie

nach der Rekombinationszeit hinein fallt. Kalte dunkle Materie ermoglicht somit

die Bildung kleinerer Masseansammlungen, aus denen danach großere Strukturen

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4 Wie sind die heutigen Strukturen in einem expandierenden Universum

entstanden?

entstehen, also ein ”Bottom-up-Modell”.

Hierdurch konnte schon die Fruhzeitige Entstehung von Sternen erklart werden.

Dies ist notwendig, da Kohlenstoff schon in einigen primordialen (zur Zeit der

Bildung der ersten Atomkerne) Wolken nachgewiesen wurde. Diese Modelle werden

in N -Korper-Simulationen getestet. Mit der Verwendung von nur kalter dunklen

Materie scheinen die großen Strukturen nicht schnell genug zu entstehen (Super-

Haufen), wohingegen mit nur heißer dunkler Materie die Galaxienbildung nicht

schnell genug stattfindet. Die besten Ergebnisse wurden mit 70% kalter und 30%

heißer gemacht.

4.4 Millenium Simulation

Die großte bis jetzt durchgefuhrte N -Teilchen-Symulation ist die Millenium Si-

mulation unter Leitung des Max-Planck-Instituts fur Astrophysik in Garching

bei Munchen. Das Ziel war die Entwicklung einer Computersimulation fur die

Entwicklung der heutigen Strukturen aus einem nur leicht inhomogenen Universum

(Hintergrundstrahlung). Hierbei wurde dunkle Materie einbezogen.

Insgesamt wurden uber 10 Milliarden Teilchen simuliert, von denen jedes eine

Masse von ungefahr einer Millionen Sonnenmassen reprasentierte. Die Simulation

fand auf einem Wurfel von Kantenlange von uber zwei Milliarden Lichtjahren statt.

Die Entwicklung der einzelnen Teilchen aufgrund der Gravitation wurde mit einer

Schrittweite von einer Millionen Jahre berechnet. Die Simulation der 14 Milliarden

Jahre unseres Universums dauerte insgesamt 28 Tage.

Die heute beobachteten Strukturen stehen in guter Ubereinstimmung mit der

simulierten Verteilung und Massenansammlungen von der Große von Galaxien

entstanden auf einer netzartigen Struktur. Zudem konnte mit den verwendeten

Theorien und Parametern die fruhe Entstehung von Quasaren nachvollzogen werden,

was bis dahin noch als strittig galt.

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