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Jahresbericht 2011 2 der Fakultät für Architektur SERIE 2011 2

Serie A 2011 2

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Lehr- und Forschungsaktivitäten der Fakultät für Architektur, RWTH Aachen

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  • Jahresbericht 20112 der Fakultt fr Architektur SERIE

    2011

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  • 1SERIE

  • 2Impressum Imprint

    Serie A - Jahresbericht 2011 2 der Fakultt fr Architektur, RWTH Aachen

    RedaktionUniv.-Prof. Dr.-Ing. Martin Trautz, Dekan (Konzeption, Texte)Dipl. Ing. Sandra Hortz (Konzeption, Gestaltung, Layout, Lektorat) Marcella Hansch B.Sc. (Gestaltung, Layout)Sahar Berressem M.A. (bersetzung)

    Fakultt fr Architektur der RWTH Aachen

    ISSN 1862-0310ISBN 978-3-936971-28-6

    Erschienen in der Reihe: Jahresberichte der Fakultt fr Architektur, RWTH AachenBand 2 / Gesamtband 201104 / 2012

    Herausgegeben von der Fakultt fr Architektur der RWTH Aachen

    FdR (Freunde des Reiff e.V.) Aachen 2012Schinkelstrae 1D 52062 [email protected]

    Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschtzt. Alle Rechte, insbesondere das der bersetzung in fremde Sprachen, sind vorbehalten. Ohne ausdrckliche Genehmigung des Verlages oder der Autoren ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf foto-mechanischem Wege zu vervielfltigen oder unter Ver-wendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.

    Druck Druckerei Mainz GmbhHSchrift Syntax Lt Std. (fb2tax)

    Auflage 750 Stck, Aachen 2012

    http://architektur.rwth-aachen.de

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  • 4Impressum 02Imprint Vorwort 07Preface

    Abschlussarbeiten Theses Launischer Sommer 70Psychatrie 74Psychatrie 78Interventionen 82Das Haus davor 86Magazin in Karlsruhe 90Bhne frei! Theater Amsterdam 94London Grand 98Nrodn Technick Museum Praha 102Schophoven 106Stadthistorisches Museum Baalbek 110Ein launischer Sommer 114Muttrah 118Sekundr Neusser Hafen 122Vale! Stadtwohnen 126Das Haus und die Allee 130Fidelio - Ein Bhnenbild 134Fidelio - Ein Bhnenbild 138Wohnen 2.0 142

    ForschungCultural Heritage

    Cultural Heritage vor Ort-- Das Reiff-Museum reloaded/ 10Local Cultural Heritage - The Reiff- Museum reloaded Pfalzenforschung in Aachen/ 18Palace Research in Aachen Evaluierung, Nominierung und Management von UNESCO-Welterbesttten/ 30Evaluation, nomination and management of UNESCO- World Heritage SitesFreiburger Fragmente / 38 Freiburg Fragments Rmerschlachtareal am Harzhorn/ 46Development Process Roman Battle Areat at Harzhorn Sabbioneta- Die Mafigur einer Idealstadt / 52Sabbioneta- The measuring shape of an ideal cityGhazni 2013 Islamische Kulturhauptstadt / 58Ghazni 2013 Capital of Islamic Culture

  • 5EntwrfeDesign Projects

    Documenta 13 148LandLust - ObsTRaum 152Fabrik zur Automobilherstellung 156Der neue Atzelbergturm 160Velo City Kln 16445-51 Park Place - New York 168Planning for real 174Uferlos - Rheinpromenade Basel 178Auditorium 180LebenWohnenStadtHaus 184

    Stegreife | SeminareImpromptu Designs | Seminars

    Warte mal... auf die Campusbahn 190Einfhren ins Entwerfen 192Atmosphren- Emotionale Rume 196Denkzeug - Werkzeug... 198Formprozess 200SW - Forschungslabor 202BiG_on the Road 204

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  • 7Vorwort

    Der Umgang mit der Bau- und Kunstgeschichte, mit his-torischen und archologischen Bauobjekten, sowie mit historisch relevanter Bausubstanz im Rahmen der Denk-malpflege bildet seit jeher einen Schwerpunkt in Lehre und Forschung an der Architekturfakultt der RWTH Aa-chen. Ein anderer Forschungsschwerpunkt, nmlich der Umgang mit historisch und kulturell bedeutsamen Or-ten in Stadt und Land, mit Gebuden und Baulichkeiten von Industrie und Verkehr im Kontext der Einstufung als UNESCO-Welterbesttten, ist in den vergangenen Jah-ren am Institut fr Stdtebau und Landesplanung kon-tinuierlich weiterentwickelt worden und resultiert in der Einrichtung eines so genannten UNESCO-Chair an eben diesem Institut. Die Bandbreite dieses Wirkens in der Erforschung der Bauhistorie und historischer Bauobjekte sowie des Managements derselben, die im zeitgenssi-schen Jargon mit dem Begriff Cultural Heritage in Ver-bindung gebracht wird, ist zentraler Gegenstand dieser Serie-A Ausgabe. Darber hinaus zeigen wir - wie gewohnt - die besten Beispiele aus der Entwurfsttigkeit unserer Studierenden und der vielfltigen Lehr- und Forschungsaktivitten un-serer Fakultt.Ich wnsche Ihnen viel Spa bei der Lektre

    Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Trautz Dekan der Fakultt fr Architektur

    Preface

    Dealing with the history of architecture and the history of art, with historical and archaeological construction ob-jects as well as with historically relevant buildings within historic building conservation has always been in the fo-cus of teaching and research at the Faculty of Architec-ture of RWTH Aachen University. Another focus of research, namely dealing with histori-cally and culturally significant places in city and country, with buildings and edifices of industry and transport in the context of classification as UNESCO World Heritage Sites, has been continuously further developed in recent years at the Institute of Urban Design and Regional Plan-ning and resulted in the establishment of a so-called UN-ESCO Chair at this Institute.The range of this work in the study of architectural his-tory and historic buildings as well as their management, which is associated in contemporary jargon with the term Cultural Heritage, is the central topic of this Series A issue.In addition, we show as usual - the best examples of the design work of our students and the diverse teaching and research activities of our Faculty.

    Enjoy the reading

    Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Trautz Dean of the Faculty of Architecture

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  • 9ForschungsprojekteCultural Heritage

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    Cultural Heritage verbindet sich hufig mit Verlust-geschichten: Kulturgter werden zerstrt absichtlich oder unwissentlich , sie werden aus ihren Kontexten gelst, geraten in Vergessenheit oder verfallen. Auch die Geschichte des Reiff-Museums der RWTH Aachen, welches am 4. November 1908 feierlich erffnetet wurde, darf man zunchst als Verlustgeschichte be-schreiben. Denn von der Gipsabgusssammlung, den Ar-chitekturmodellen, den Graphiken, den zeitgenssischen Skulpturen, Gemlden und der fr ihre Zeit umfnglich-sten Sammlung an Kopien nach Werken alter Meister ex-istiert nur noch ein Bruchteil, der darber hinaus lediglich partiell zugnglich und sichtbar ist.Endete die erste Etappe der Geschichte des institution-alisierten Reiff-Museums bereits mit dem Tod ihres er-sten Direktors, des Kunsthistorikers Max Schmid-Burgk, im Jahre 1925, so diffundierte die Sammlung in den nachfolgenden Jahrzehnten mehr und mehr. Zahlreiche Werke wurden sogar offiziell veruert, als Leihgaben wie beispielsweise die Sammlung fr Vor- und Frhge-schichte abgetreten (und spter vergessen), verschenkt

    Das Reiff-Museum reloadedCultural Heritage vor Ort

    Lehrstuhl und Institut fr KunstgeschichteUniv.-Prof. Dr. phil. Alexander Markschies

    (einen hl. Bernhard nach Perugino verwahrt heute eine Kapelle in Aachen-Friesenrath), in der Mehrzahl jedoch geklaut oder zerstrt. Erst in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts erfuhr das Reiff-Museum und dessen Geschichte eine forschende Wertschtzung, was man durchaus als Beitrag zur Erinnerungskultur verstehen darf. Ja mehr noch, wurden doch verschollen geglaubte Werke wiederentdeckt: Darunter finden sich Graphiken, Gemlde und als kleine Besonderheit eine Textilie, mithin auch Indizien fr die Spartenvielfalt eines universitren Museums. Marksteine der Wiederbelebung sind eine Publikation aus dem Jahr 1994 und eine Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen 2008/2009: Sich mit dem Reiff-Museum wissenschaftlich auseinander-zusetzen, es in seiner Physis zumindest teilweise und temporr wieder prsent zu machen, waren hier die Ziele. Dafr mussten unter anderem etliche der Kunstwerke um-fnglich und kostenintensiv restauriert werden. Die Be-schftigung mit dem Reiff-Museum darf man folglich als Erbekonstruktion im Sinne von Gabi Dolff-Bonekmper verstehen, zwei Beispiele fr Verlust und Rckgewinnung

    aus der jngsten Zeit seien nachfolgend vorgestellt.

    Eines der bedeutendsten Werke des Reiff-Museums ist ohne Zweifel die Kopie von Ludwig Sturm nach Raffaels Sixtinischer Madonna (Abb. 1). Durfte eine Sixtinische Madonna in keiner Kopiensammlung des 19. Jahrhun-derts fehlen, so markiert ihren besonderen Rang fr das Reiff-Museum, dass hier das Bild von einer Teilkopie des originalen Dresdener Galerierahmens umfangen wird, der wohl in Russland verschollen ist.Seit 2011 ist das Kunstwerk an der sdstlichen Stirn-wand des Sitzungszimmers der Fakultt fr Architektur platziert, gewiss nicht am ursprnglichen Ort, denn hier befand sich bis zum Umbau durch Rudolf Steinbach in den spten sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts das Haupt-treppenhaus des Gebudes. Wo Bild und Rahmen zuvor gezeigt wurden, kann nicht lckenlos und mit Sicherheit rekonstruiert werden. Wir wissen zumindest, dass das mit Abstand teuerste Gemlde der Kopiensammlung sich vormals in den Privatrumen von Franz Reiff befand, spter in seinem Atelier im Hauptgebude der

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    Often, Cultural Heritage is associated with stories of loss: Cultural goods are destroyed deliberately or un-wittingly , they are detached from their contexts, fall into oblivion or decay. The history of the Reiff-Museum of RWTH Aachen University, which was opened with a celebration on November 4th 1908, may at first also be described as a story of loss. Because only a fraction still exists of the plaster cast collection, the architectural mod-els, the graphics, the contemporary sculptures, paintings, and the collection of replicas of old masters which was the most comprehensive of its time. In addition, even this fraction is only partially accessible and visible today.The first stage of the history of the Reiff-Museum as an institution already ended in 1925 with the death of its first director, the art historian Max Schmid-Burgk. In the following decades, the collection diffused more and more. Numerous works were even officially sold, given

    Local Cultural Heritage The Reiff-Museum reloadedDepartment of History of ArtUniv.-Prof. Dr. phil. Alexander Markschies

    on loan (and later forgotten) like, for example, the col-lection for pre- and early history or given away (a St. Bernhard copied from Perugino is today kept at a chapel in Aachen-Friesenrath), the majority, however, was sto-len or destroyed. Only in the 90ies of the 20th Century, the Reiff-Museum and its history experienced a research-based appreciation, which one may indeed understand as a contribution to the culture of remembrance. Even more, believed to be lost works were rediscovered: among them are graphics, paintings and, as a small spe-cific peculiarity, a fabric, evidence for the diversity of a university museum. Landmarks of the revival are a publi-cation from the year 1994 and an exhibition at the Suer-mondt-Ludwig-Museum Aachen 2008/2009: The goals were to analyse the Reiff-Museum scientifically, to give its physique presence again, at least to some extent and temporarily. For this purpose, a number of the art works

    had to be restored extensively and at great costs. There-fore, the preoccupation with the Reiff-Museum can be understood as a heritage construction as defined by Gabi Dolff-Bonekmper, two examples for loss and re-trieval from the recent past are presented below. Without doubt, one of the most important works of the Reiff-Museum is Ludwig Sturms replica of Raphaels Sis-tine Madonna (fig. 1). The Sistine Madonna was a must in any replica collection of the 19th Century, however, its special status within the Reiff-Museum is marked by the fact that here the painting is surrounded by a partial replica of the original Dresden gallery frame, which was probably lost in Russia.Since 2011, the artwork is placed on the southeast wall of the Faculty of Architecture conference room, certainly not at the original location, because here was the main

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    Hochschule, und dass es vor der berfhrung ins Mu-seum 1907 restauriert werden musste. So prominent wie das Werk ist, wird es gewiss in einem der ffentlich zugnglichen Rumen des Reiff-Museums ausgestellt gewesen sein, mglicher Weise im kleinen Museumssaal im zweiten Obergeschoss, dem sog. Italienischen Saal. Bild und Rahmen mussten fr die oben erwhnte Auss-tellung Mustergltig Gemldekopien in neuem Licht im Jahre 2008 sowie fr die endgltige Neuaufstellung aufwendig restauriert werden (Abb. 2): Das Gemlde wies Verschmutzungen und Risse auf, dem Rahmen fe-hlten Teile, auch er hatte Risse und musste zudem in-sgesamt neu vergoldet werden. Achtloser Umgang hatte das Werk verfallen lassen, es war seiner ursprnglichen Funktion als Schau- und Lehrstck enthoben letztlich ist es ein Glcksfall und verdankt sich persnlichem Ein-satz und Interesse, dass es noch erhalten ist. Ob man die Kopie nach der Sixtinischen Madonna zuknftig noch in Lehrkontexten einsetzt, wird die Zukunft weisen, zur Zeit fungiert sie als Stellvertreter fr die einst-mals eindrucksvolle Kunstsammlung an der RWTH Aachen. Dass es sich um die Kopie eines religisen Al-tarbildes handelt, wird wohl heute eher kein Problem darstellen, 1799 heit es noch bei Friedrich Schlegel mit Blick auf das Original in Dresden, dass es bei den Besuchern fr Verwirrung sorge und Protestanten in Gefahr gerieten, katholisch zu werden.

    Abb. 1/ Fig. 1

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    stairway of the building until the reconstruction by Ru-dolf Steinbach in the late sixties of the 20th Century. Where painting and frame were presented before can-not be reconstructed positively without gaps. At least we know, that the most expensive painting by far of the rep-lica collection was formerly in the private rooms of Franz Reiff, later in his studio in the main building of the univer-sity, and that it had to be restored prior to its transfer to the Museum in 1907. As prominent as the work is, it was certainly exhibited in one of the publicly accessible rooms of the Reiff-Museum, possibly in the small museum hall on the second floor, the so-called Italian Hall. Painting and frame had to be extensively restored for the above mentioned exhibition Exemplary Painting Replicas in a New Light in 2008 and for the final presentation (fig. 2): The painting had stains and cracks, the frame was missing parts, it also had cracks and in addition, had to be newly gilded. Careless handling had ruined the work, it was displaced from its original function as a show and teaching piece its existence today is, ultimately, a stroke of luck and due to personal commitment and interest. The future will show whether the replica of the Sistine Madonna will still be used in teaching contexts, as of now it serves as a representative for the once impres-sive art collection at RWTH Aachen University. The fact that it is a copy of a religious altarpiece, will probably not be a problem today; in 1799, in view of the original

    Abb. 2/ Fig. 2

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    der Sanierung des Hrsaals eingelagert, dabei verschwand eine der Platten, O VII (53-55) nach Reihung Brommer 1977, S. 121. Ob man bei der ersten Hngung im R5 gewusst hat, dass sich im Besitz des Reiffs auch noch der linke Teil der Platte (O VII, 49-52) befindet, ist ungewiss; in jedem Fall hat man sie nicht zusammen gehngt (Abb. 3).Den Verlust der Platte galt es in jedem Falle zu kompen-sieren; Gipsabgsse kann man auch heute noch erwerben, etwa bei der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Ber-lin. Bei dem Versuch der Substitution stellte sich heraus, dass der Verlust in mehrfacher Hinsicht unwiederbringlich ist: auch Gipsabgssen sieht man nicht zuletzt ber die gewhlte Form der Herstellung und Patinierung ihr Alter

    an, sie haben zudem selbst wenn das gleiche Model als Abgussform dient einen unterschiedlichen Zustand. Hier aber war der Verlust besonders tragisch, weil der Abguss die historische Rekonstruktion des Reliefs widerspiegelte, die es heute in dieser Form nicht mehr gibt: 1792 als Teil des Napoleonischen Kunstraubes nach Paris gelangt, wurde das originale Relief 1818/20 restauriert und da-bei vor allem die Kpfe ergnzt. Vor 1901 wurden diese Ergnzungen wieder abgenommen. In Aachen konnte man mithin knapp ber einhundert Jahre einen Gips stud-ieren, der eine Rekonstruktion versucht die Annherung an ein vermeintlich authentisches Original. Das ist bis heute gngige Praxis in der archologischen Forschung.

    Gleichfalls im Jahr 2011 wurden die Fragmente des Cellaf-rieses vom Athener Parthenon wieder an ihrem angestam-mten Platz angebracht, der Lngswand des Hrsaals R5 (Abb. 4). Wann die Gipsabgsse ursprnglich ins Reiff-Mu-seum gekommen sind, ob es mehr gab, all dies wissen wir nicht. Im Hrsaal zu sehen sind Abgsse von sechs Reliefs, die sich heute im Pariser Louvre, im British Museum in Lon-don und im Athener Akropolismuseum befinden. Sie sind Ausschnitte eines insgesamt 160 m langen Festumzuges, dessen genaue Rekonstruktion bis heute Gegenstand der Forschung ist; eine Forschung, die brigens hufig genau mit solchen Gipsabgssen durchgefhrt wird, wie wir sie in Aachen besitzen. 2010/2011 waren die Abgsse wegen

    Abb. 3/ Fig. 3

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    in Dresden, Friedrich Schlegel still writes that it provided confusion for the visitors and that protestants were in danger of becoming catholics.Also in 2011, the fragments of the cella frieze of the Par-thenon at Athens were again fixed to their habitual place, the side wall of lecture hall R5(fig. 4). When the plaster casts were brought to the Reiff Museum in the first place, whether there were more we do not know. Casts from six reliefs, which today are in the Louvre at Paris, in the British Museum in London and in the Acropolis Museum at Athens, can be seen in the lecture hall. They are parts of an overall 160 m long procession, the detailed recon-struction of which has been an object of research until to-

    day; research, by the way, which is frequently performed with just such plaster casts as we have them at Aachen. In 2010/2011, the casts were stored away because the lecture hall was refurbished. During this time, one of the panels, O VII (53-55) according to the sequence by Brommer 1977, p. 121 disappeared. It is uncertain whether it was known when the panels were put up for the first time that also the left part of the panel (O VII, 49-52) was kept at the Reiff; However, they were not hung up side by side (fig. 3).

    In any case, the loss of the panel was to be compensated for; plaster casts can be bought even today, for example

    from the Replica Workshop of the National Museums in Berlin. When the attempt was made to substitute the lost panel, it became clear that is was a loss in more than one way: even plaster casts show their age, not least by the production form chosen and the patina. In addition, they are in different conditions even when the same model serves as a mold. But here, the loss was especially tragic because the cast reflected the historical reconstruction of the relief, which no longer exists in this form. Having been brought to Paris in 1792 as part of the Napoleonic art theft, the original relief was restored in 1818/20. Dur-ing this process, most notably, the heads were added. Before 1901, these additions were removed again. Con-

    Abb. 3/ Fig. 3

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    Heute werden jedoch die alten Model nicht mehr einge-setzt. Als Alternative haben wir den Abguss von O VI (38-40) ausgewhlt (das Original wird in Athen aufbe-wahrt, den Abguss stellte die Gipsformerei in Berlin her), es zeigt Poseidon sowie vermutlich Apollon und Artemis. Wenn man vor die Reliefs tritt, dann erkennt man die Unterschiede: Deutlich gibt sich der Nachguss obwohl auch er versucht, das Original so gut es eben geht zu imitieren in seiner Oberflche und Frbung als neu zu erkennen. Damit sind zugleich Bruch wie Fortfhrung in-nerhalb der Sammlungsgeschichte markiert.

    Verlust und Rckgewinnung sind mithin auch noch ak-tuell Teil der Geschichte des Reiff-Museums. Modellhaft kann die Mikrogeschichte der Sixtinischen Madonna und der sechs Reliefs vom Parthenon zeigen, dass der Umgang mit Cultural Heritage vor Ort in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn ist, nicht zuletzt fr die Forschung. Und einmal mehr erweist sich, wie abhngig dies von persnlichem Einsatz ist.

    Dr. Martina Dlugaiczyk ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut fr Kunstgeschichte der RWTH Aachen. Sie arbeitet zur Zeit unter anderem an einem Forschungsprojekt, das sich mit den Sammlungen an Architekturfakultten beschftigt.Prof. Dr. Alexander Markschies ist Professor fr Kunst-geschichte an der RWTH Aachen und Direktor des Reiff-Museums.

    LiteraturFrank Brommer, Der Parthenonfries, 2 Bde., Mainz 1977Martin Turck, Das Reiff-Museum der Technischen Hoch-schule Aachen. Akademisches Kunstmuseum und zeit-genssische Avantgarde in der Provinz, Alfter 1994Florence Rionnet, LAtelier de moulage du muse du Louvre (1794-1928), Paris 1996Gabi Dolff-Bonekmper, National Regional Global? Alte und neue Modelle gesellschaftlicher Erbekonstruk-tionen, in: Acta Historiae Artium Academiae Scientarum Hungaricae 49, 2008, S. 235-241Martina Dlugaiczyk/Alexander Markschies, Mustergltig Gemldekopien in neuem Licht. Das Reiff-Museum der RWTH Aachen, Berlin / Mnchen 2008Martin Turck, Die Vision des hl. Bernhard in der Friesenrather Kapelle, in: Rheinische Heimatpflege 47, 2010, Hf. 2, S. 140-149.

    Abb. 4/ Fig. 4

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    sequently, in Aachen one could study for just over one hundred years a cast which tries a reconstruction the approach to a supposedly authentic original. This is still common practice in archaeological research.

    Today, however, the old models are no longer used. As an alternative we have chosen the cast of O VI (38-40) (the original is kept in Athens, the cast was manufactured by the Replica Workshop in Berlin), it shows Poseidon as well as probably Apollo and Artemis. The differences between the reliefs are obvious: Although it also tries to imitate the original as well as possible, the recast shows itself as new in its surface and hue. As it is, it illustrates the interruption as well as the continuity within the his-tory of the collection.Loss and recovery are therefore still part of the history of the Reiff-Museum. The micro-history of the Sistine Madonna and the six reliefs from Parthenon exemplifies, that the local dealing with Cultural Heritage is an asset in many ways, not least for science. And once again it becomes clear how much it depends on personal com-mitment.

    Dr. Martina Dlugaiczyk is an academic staff member at the Institute of History of Art at RWTH Aachen Univer-sity. She is currently working on a research project that deals with the collections of architecture faculties.Prof. Dr. Alexander Markschies is Professor for History of Art at the RWTH Aachen University and Director oft he Reiff-Museum.

    Fig. 1 Ludwig Sturm from Raffael, Sistine Madonna. Dresden 1890. Picture 271 x 196,5 cm, frame Fig. 2 View of the exhibition Exemplary. Suermondt-Ludwig-Museum Aachen 20.12.2008 to 19.4.2009 (Photo by Wolfgang von Gliszczynski)132 x 99 x 14 cm. Aachen, Reiff-Museum of the RWTH (Photo by Wolfgang von Gliszczynski)Fig. 3 Ditto, status December 2004 (Photo by Wolf-gang von Gliszczynski)Fig. 4 Plaster casts from fragments of the cella frieze of the Athens Parthenon. Aachen, Reiff-Museum of the RWTH, lecture hall R 5 (Photo by Martina Dlugaiczyk)

    Abb. 1 Ludwig Sturm nach Raffael, Sixtinische Madon-na. Dresden 1890. Bild 271 x 196,5 cm, Rahmen 132 x 99 x 14 cm. Aachen, Reiff-Museum der ARWTH (Foto Wolfgang von Gliszczynski)Abb. 2 Blick in die Ausstellung Mustergltig. Suermondt-Ludwig-Museum Aachen 20.12.2008 bis 19.4.2009 (Foto Wolfgang von Gliszczynski) Abb. 3 Dito, Zustand Dezember 2004 (Foto Wolfgang von Gliszczynski)Abb. 4 Gipsabgsse nach Fragmenten vom Cellafries des Athener Parthenons. Aachen, Reiff-Museum der RWTH, Hrsaal R 5 (Foto Martina Dlugaiczyk)

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    Pfalzenforschung in Aachen

    Lehrstuhl fr Baugeschichte und DenkmalpflegeLehr- und Forschungsgebiet Denkmalpflege Dr.-Ing. Judith Ley, Dipl.-Ing. Marc Wietheger

    Aachen war die bedeutendste Pfalz im karolingischen Reich. Ab der zweiten Hlfte des 8. Jahrhunderts berwinterte hier immer hufiger der knigliche Hof, wurden die groe Festtage begangen und Gesandte aus aller Welt empfangen. Entsprechend dem Status einer sedes, eines Sitz des Knigs und seine Hofes, wurde die Pfalz von Karl dem Groen und seinem Sohn Ludwig dem Frommen mit reprsentativen Bauten ausgestattet und avancierte als Krnung-sort der deutschen Knige schlielich zu einem der wichtigsten Herrschersttten des gesamten Mitte-lalters.

    Neben der Pfalzkirche, dem heutigen Aachener Dom, gibt es noch weitere weniger bekannte berreste der in Stein errichteten Pfalzbauten (Abb. 1). So steht das Rathaus der Stadt Aachen auf den Grundmauern der

    Regierungshalle Karls des Groen, an deren Ostseite sich der sogenannte Granusturm erhob (Abb. 2). Wie auch von anderen archologisch fassbaren Gebuden der Pfalz, ist nicht bekannt, welche Funktion dieser Turm bernommen hat. In den historischen Quellen werden dahingegen zahlreiche weitere Bauten im Pfalzbereich benannt, deren Lage bisher aber nicht nher zu bestimmen ist.Entgegen der augenscheinlichen Bedeutung und Gre der Aachener Pfalz im frhen Mittelalter gibt es demnach hinsichtlich ihres Aussehens, den funk-tionellen Zusammenhngen und dem architektonis-chen Konzept der Anlage bis heute nur Spekulationen. Desiderate sind die fehlende Dokumentation der er-haltenen originren Bausubstanz, die unzureichende Aufarbeitung der Befunde aus den Altgrabungen und der berlieferten schriftlich Quellen.

    Abb. 1 Rekonstruktion der Aachener Pfalz, L. Hugot 1965 Fig. 1 Reconstruction of the Aachen palace, L. Hugot 1965

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    Palace Research in AachenDepartment of History of Architecture and ConservationDepartment of Historic Building ConservationDr.-Ing. Judith Ley, Dipl.-Ing. Marc Wietheger

    Aachen was the most important palace in the Carolin-gian Empire. From the second half of the 8th century onwards, the royal court more frequently spent the win-ters there, celebrated the big festive days and received envoys from all over the world. According to its status as a sedes, i.e. the seat of the king and his court, the imperial palace of Charlemagne and his son Louis the Pious was endued with representative buildings. Being the coronation site of the German kings, it eventually be-came one of the most important centers of power of the entire Middle Ages.

    Apart from the Palatine Chapel, now Aachen Cathedral, there are other remains of the stone-built palace build-ings (Fig. 1). The Aachen Town Hall, for example, stands on the foundations of Charlemagnes Council Hall (Fig. 2). On its eastern side rose the so-called Granus Tower.

    Assembly hall and church were connected by a two-story corridor, which was divided by a transept. In addition to the atrium in the west, there were further annex build-ings to the north and the south of the church. It is not clear which functions Granus Tower, transept and annex buildings had in the structure of the palace complex. On the other hand, sources report on numerous additional buildings whose location is unknown.

    In spite of the apparent importance of Aachen in the early Middle Ages, today, one can only speculate as to the appearance of the palace, the functional relationships within the palatine district and the architectural concept of the complex. This topic was last researched during the 1960ies. The last major reconstruction of the Aachen pal-ace by Leo Hugot originates from this period. It is widely unknown, however, that this reconstruction only reflects

    a preliminary result of the research at that time. Today, the fact that documentation of the original basic building fabric is still lacking and that the processing of the results from earlier excavations and the traditional written sources is rather inadequate, leaves much to be desired. There is neither any systematic analysis and clas-sification of the Carolingian designs nor are there any theories about how the importance of the palace was updated in the architecture of the following eras.

    An extensive research cooperation of several depart-ments of RWTH Aachen University, the City of Aachen Office for Historical Monuments and Urban Archaeolo-gy, is supposed to close these research gaps in the course of the next few years.A detailed documentation of the existing profane palatine buildings and the review of the corresponding

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    Im Rahmen einer umfangreichen Forschungszusam-menarbeit von mehreren Lehrsthlen der RWTH mit dem Denkmalamt der Stadt Aachen sowie der Stadtarcholo-gie, sollen in den nchsten Jahren nun diese Forschun-gslcken aufgearbeitet werden. In einer Kooperation der Lehrsthle fr Denkmalpflege und Baugeschichte der Fakultt fr Architektur erfolgt eine genaue Dokumentation des Baubestandes der profanen Pfalzbauten mit modernen Bestandserfassungsmethoden. Fr diese Dokumentation stehen Mittel aus dem von Bund und Stadt Aachen gefrderten Investitionsprogramm na-tionale UNESCO-Welterbesttten zur Verfgung (Prof. Dr.-Ing. Christian Raabe, Dipl.-Ing. Marc Wietheger, Dipl.-Ing. Robert Mehl). Zum anderen frdert die DFG das Projekt Die Aula Regia in Aachen Karolingische Knig-shalle und sptmittelalterliches Rathaus (Dr.-Ing. Judith Ley), das die Analyse und bauhistorische Einordnung der mittelalterlichen Baubefunde zum Ziel hat. Die Forschun-gsarbeiten werden zudem vom Rathausverein mageblich untersttzt.Die Aufarbeitung der Altgrabungen und der schriftlichen Quellen bernimmt der Lehrstuhl fr Mittlere Geschichte, ebenfalls mit Mitteln aus dem Investitionsprogramm (Prof. Dr. Harald Mller / PD Dr. Sebastian Ristow). Vor dem Hintergrund der neuen Forschungsergebnisse werden die schriftlichen Quellen abschlieend im Repertorium der deutschen Knigspfalzen analysiert. Abgestimmt wird dieser fachbergreifende Wissenstransfer im an der RWTH angesiedelten Arbeitskreis Pfalzenforschung. Abb. 2 Nordfassade des Aachener Rathauses, M. Merian 1647/ Fig. 2 North facade of the Aachen city hall, M. Merian 1647

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    archival records is carried out in a cooperation between the Department of Historic Building Conservation and the Department of History of Architecture. Funds from the Investment Program National UNESCO World Heritage Sites: Palatine Research from the Perspective of Building Research aided by the federal government and City of Aachen have been made available for this purpose (Prof. Dr.-Ing. Christian Raabe, Dipl.-Ing. Marc Wietheger). Also, the German Research Foundation (DFG) promotes the project The Aula Regia in Aachen Carolingian Council Hall and Late Medieval Town Hall (Dr.-Ing. Judith Ley), which aims to analyse and classify the medieval building substance within its historic build-ing context. Furthermore, the research works are signifi-cantly supported by the Town Hall Society .

    The Department of Medieval History is responsible for the reviewing of the former excavations and the writ-ten sources . Funds will also be made available by the Investment Program National UNESCO World Herit-age Sites for the archaeological investigations (Prof. Dr. Harald Mller / Privatdozent Dr. Sebastian Ristow). In the light of these new research results, the written sourc-es will be analyzed in the as yet missing volume about Aachen in the Repertory of the German Royal Palaces.

    As part of these projects, interdisciplinary seminars will be offered by the mentioned departments, which not only enable students to gain in-depth insights into modern research methods, but also to get to know the benefits of interdisciplinary and practice-oriented net-working. This interdisciplinary knowledge transfer will be coordi-nated by the study group Palatine Research at RWTH. It joins up all institutions which work within the Aachen palatine context. In addition to the above mentioned departments, these are the Administrative Office of Conservation, the Urban Archaeology, the ICOMOS representatives from the Department of History of Ur-banization, the Town Hall Society, the Rhineland Re-gional Authority, the Cathedral Works and members of Board of Trustees of the Charlemagne Exhibition 2014.An outcome of this collaboration will be a computer model of the palace, which for the first time classifies the conserved buildings chronologically and places the archaeological results. In addition to the modern building and excavation documentation, results from previous excavations, archival materials and estates are integrated into this model. Only then is it possible to provide an overview of the connections in the palace to enable a new reconstruction attempt of the entire site.

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    Investitionsprogramm nationale UNESCO-Welterbesttten: Pfalzenforschung aus der Perspektive der Bauforschung Lehr- und Forschungsgebiet Denkmalpflege Prof. Dr.-Ing. Christian Raabe, Dipl.-Ing. Marc Wietheger, Dipl.-Ing. Robert Mehl

    Begonnen hat das beschriebene Forschungsvorhaben im Jahr 2007 als studentisches Seminar zur Baudoku-mentation und Bauforschung des Granusturms (Abb. 3). Seitdem wurde das Bauwerk unter Leitung von Marc Wietheger und Judith Ley in mehreren jeweils ein-wchigen Dokumentationskampagnen zusammen mit Studierenden der Architektur systematisch vermessen, zeichnerisch sowie fotografisch dokumentiert und wis-senschaftlich beschrieben.Mittels tachymetrischer, CAD-gesttzter Online-Vermessung der Architekturgeometrie, photogram-metrischer Aufnahmen steinsichtiger Oberflchen und hndischem Aufma von Detailbereichen wurden digi-tale, verformungsgerechte Bestandszeichnungen erstellt. Innerhalb eines einheitlichen Messbezugssystems (3D-Festpunktenetz) sind auf diese Weise smtliche Haupt- und Zwischengeschosse in detaillierten Grundrissen sowie Vertikalschnitten im Mastab 1:1 erfasst worden (Abb. 4).

    Die neu erstellten Plne zeigen, dass der Turm in seinem Inneren eine komplexe rumliche Struktur aufweist: in seinen unteren vier Geschossen aus karolingischer Zeit werden tonnengewlbte Treppenaufgnge um quad-ratische, von Klostergewlben berspannte Innenrume gefhrt. Dies erfolgt jedoch weder in einer regelmig fortlaufenden Spirale noch ber gleich hohe Geschosse. Wie bereits erwhnt, ist die ursprngliche Funktion

    dieses ungewhnlichen Turmes nicht bekannt. Durch die jngste Vermessung wurde jedoch deutlich, dass fr die Errichtung der Treppengnge der meiste Aufwand be-trieben wurde: das angenehme Steigungsma und die bequeme Treppenbreite sowie schmckende Sulen und gezielte Belichtung unterstreichen die bedeutende Funk-tion der Treppe. Somit stehen wir vor einem der ersten reprsentativen Treppenhuser nrdlich der Alpen auch wenn wir aufgrund des Erhaltungszustandes der Aula letztendlich nicht sagen knnen, wohin die Treppe tatschlich fhrte.

    Aufbauend auf diesen grundlegenden Voruntersu-chungen konnte im Jahr 2010 durch das Amt fr Den-kmalpflege der Stadt Aachen die Frderung des aktuel-len Forschungsprojekts erfolgreich beantragt werden, sodass die fortgeschrittenen Arbeiten am Granusturm intensiviert und auf das historische Rathaus ausgeweitet werden konnten (Abb. 7). Neben dem vollstndigen und exakten Architekturaufma, der Baubeschreibung sowie den notwendigen naturwissenschaftlichen, res-tauratorischen Untersuchungen, werden smtliche Ar-chivbestnde gesichtet. Um die unmittelbare Vergleich-barkeit der neuen Dokumentationsergebnisse innerhalb der gesamten Pfalz zu gewhrleisten, orientieren sich diese Aufnahmen insbesondere bei Methode und In-dexierung der Materialkartierungen und -beprobung

    Abb. 3 Architekturstudenten vermesses den Granusturm 2008Fig. 3 Architecture students measure the Granus Tower 2008

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    National Investment Program UNESCO- World Heritage sites:Palatine Research from the Perspective of the Building ResearchDepartment of Historic Building ConservationProf. Dr.-Ing. Christian Raabe, Dipl.-Ing. Marc Wietheger, Dipl.-Ing. Robert Mehl

    The described research project began in 2007 as a stu-dent seminar on building documentation and building research of the Granus Tower (Fig. 3). Since, the build-ing has been systematically measured, documented graphically as well as photographically and described scientifically by architecture students led by Marc Wietheger and Judith Ley in several one-week cam-paigns. By means of tachymetric, CAD-based online measure-ment of the architectural geometry, photogrammetic recordings of stonefaced surfaces and manual measure-ments of detail areas digital true-to-deformation plans were created. By this means all the main and mezzanine floors were recorded within a consistent measurement reference system (3D-fixed point grid) in detailed floor plans as well as vertical sections on a scale of 1:1 (Fig. 4).

    The plans show that the outwardly unimpressive look-ing tower shows a complex spatial structure in its inte-rior: The lower four floors from the Carolingian period reaching up to a height of about 20 m, feature barrel-vaulted stairways enclosing square interior rooms which are spanned by cloister vaults (Fig. stair and interior Granus). However, this is neither carried out in a regu-lar continuous spiral, nor by floors of the same height. Rather, the passage in the first and third floors was di-rected alongside high ceilinged rooms, on the second

    floor past a low ceilinged room. On this floor, the flights of stairs diverge, so that a blind alley had to be created as a rest and relief space between them.

    In medieval sources, this unusual tower is referred to as turris regia or saaltorn, which emphasizes its relation to Aula Regia. The original function of the tower, however, is unknown. Because of this unusual structure and the existing interior rooms, presumptions range from defense tower to residential tower of Char-lemagne to treasury.

    The most recent surveys show that the greatest effort was invested in the construction of the staircases. The flights of stairs were lit by way of several windows so that they could be used without any additional artificial light during the day while the interior rooms were only sparsely lit by indirect light. Building the staircases wide around these rooms created a rise which was comfort-able for medieval standards. In addition, the comfort-able width of the treads, the representative soffit of the tower entrance door and several decorative columns show that the staircase must have had an important function within the structure of the Palace.Thus we are faced with one of the first representative staircases north of the Alps even though, because of the conservation status of the auditorium, we ultimately cannot say where the stairs actually led.

    Abb. 4 Studentisches Aufmass des Granusturmes, Ost-West-Schnitt und Grundrisse der karolingischen Ge-schosse, M. Wietheger, J. LeyFig. 4 Student measuring of the Granus Tower, East-West-Section and ground plan of the carolingian floors, M. Wietheger, J. Ley

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    an den durch den Landschaftsverband Rheinland und die Aachener Dombauhtte an den von 2000 bis 2006 durchgefhrten restaurierungsbegleitenden Untersu-chungen der Pfalzkirche.

    Unter Bercksichtigung dieser Vorgaben wurden 2011 die Auenfassaden des Granusturmes eingehend un-tersucht. Fr die Durchfhrung dieser Forschungs-manahme wurde auf Veranlassung des Gebudeman-agements der Stadt Aachen am Beginn des Jahres das fr die Sanierung des Turmhelms errichtete Gerst an allen vier Turmfassaden mit zustzlichen Ebenen ausges-tatten. Gleichzeitig wurde der Nachlass von Leo Hugot, welcher in den 60iger und 70iger Jahren das Rathaus zu untersuchen begonnen hatte, von seiner Familie an die Stadt bergeben. In ihm fanden sich unverffentli-chte steingerechte Aufmaplne von unterschiedlichen Teilabschnitten der Turmauenwnde. Sie ermglichten nicht nur eine erste unkomplizierte Material- und Bau-phasenkartierung, sondern zeigen die Turmwnde auch im Zustand vor ihrer umfassenden Sanierung nach dem 2. Weltkrieg. Um den aktuellen Zustand der Wnde zu dokumentieren, wurden Gerstlagenweise hochau-flsende Messbilder der Turmfassaden als Grundlage fr die abschlieenden Plne erstellt (Abb. 6). Fr die Darstellung der Geometrie und Materialitt der Bden, Wnde und Gewlbe im Granusturm wurde zustzlich ein 3D-Scanner eingesetzt, mit dessen Hilfe die vielschichtigen Zusammenhnge in den engen Bereichen

    des Turminneren leicht verstndlich abgebildet werden (Abb. 5).

    Die umfangreichen Ergebnisse der systematischen Neu-Dokumentation sowie die zahlreichen aufgearbeiteten Archivalienbestnde werden im Laufe des Projektes in einem digitalen Datenmodell zusammengefhrt, das auch die archologischen Befunde des Pfalzbezirkes bercksichtigt. Dieses, auf exakten Bestandsplnen ba-sierende, visuell mit raumbezogenen Daten verknpfte 3D Gebude-Infomationssystem (GebIS) wird ber das Ende der Projektfrderungsphase hinaus die fachber-greifende Verwaltung, Analyse und Bereitstellung smtli-cher Bauwerksinformationen ermglichen. Die ffentlich zugnglichen Informationen sollen zudem im Rahmen eines web-Portals erschlossen werden knnen.

    Ein weiteres essentielles Ergebnis der Arbeiten am gesa-mten Rathaus wird ein Bauphasenplan sein, mit dessen Hilfe genau ersichtlich ist, welche baulichen Manahmen mit welchen Auswirkungen zu welcher Zeit in der Ge-samtanlage des Rathauses vorgenommen worden sind.Somit wird die Genese des heutigen Bauwerks erstmals in einer Gesamtschau nachvollziehbar sein. Am Ende wird eine Genealogie und bauhistorische Einordnung des Rathauses in drei, den Hauptepochen dieser Vernder-ungen entsprechenden, Bnden entstehen: Mittelalter (Judith Ley), Barock (Georg Helg) sowie 19. und 20. Jah-rhundert (Marc Wietheger).

    Abb. 5 3D-Scan des ersten Obergeschosses des Granus-turmes, M. WiethegerFig. 5 3D-Scan of the first floor of the Granus Tower, M. Wietheger

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    Building on these basic preliminary investigations, the fund-ing of the current research project was successfully applied to at the Conservation Office of the City of Aachen in 2010, so that the advanced work at the Granus Tower could be intensified and extended to the historic Town Hall (Fig. 7). In addition to the complete and accurate architecture measur-ing, the building description, as well as the necessary scientific restorative investigations, all archives are closely inspected.In order to ensure the direct comparability of the new docu-mentation results for the entire Palace, these surveys are guided by the research performed on the Palatine Church by the regional authority Rhineland and the Aachen Cathedral Works in accompaniment to the restoration work carried out between 2000 and 2006 especially in method and indexing of material mappings and samplings.

    In 2011, the exterior facades of the Granus Tower were thoroughly investigated in due consideration of these re-quirements. In order to enable this research task, the building management of the City of Aachen at the beginning of the year authorized that the scaffold erected on all four tower facades for the rehabilitation of the pyramidal tower roof was equipped with additional levels. At the same time, the estate of Leo Hugot, who had begun to explore the Town Hall in the 60s and 70s, was handed over to the city by his fam-ily. It contained unpublished stone-by-stone measurement plans of different sections of the towers exterior walls. These not only allowed a first uncomplicated material and build-ing phase mapping but also showed the tower walls in the state before their extensive renovation after World War II. To

    document the current condition of the walls, high resolution measuring images of the tower facades were taken as the basis for the final plans (Fig. 6).For the description of the geometry and materiality of the floors, walls and vaults in the Granus Tower, a 3D scanner was used, which helped to clearly illustrate the complex rela-tions within the narrow parts of the towers interior (Fig. 5).

    The results of the systematic re-documentation as well as the numerous refurbished archive documents will be brought together in a digital data model in the course of the project, which will also include the archaeological find-ings of the palatine district. This 3D building-information system (GebIS) which is based on exact plans and visu-ally associated with space related data, will facilitate the crossdisciplinary management, analysis and supply of all construction information even beyond the project grant programme. In addition, part of the information should be made publicly accessible through a web portal.

    Another essential result of the works on the entire Town Hall will be a timetable of construction phases, specifying which construction methods with which effects have been conducted at what time in the entire complex of the Town Hall. Thus, the genesis of the building as it is today will be un-derstandable as a whole for the first time. Finally, we will arrive at a genealogy and building historical classification of the Town Hall in three volumes, which correspond to the three main eras of these changes: Middle Ages (Judith Ley), baroque (Georg Helg) and 19th and 20th century (Marc Wietheger).

    Abb. 6 Granusturm, Ostseite: Steinkartierung auf Grund-lage der Dokumentation aus 60er Jahren (H. Sauer, L. Hugot/J. Ley) und aktuelle erstellte Messbilder (R.Mehl, M. Wietheger, J. Ley)Fig. 6 Granus Tower, East side: Mapping of the stones on basis of the documentation from the 60s. (H.Sauer, J. L. Ley) and measur-ing pictures currently made (R. Mehl, M. Wietheger, J. Ley)

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    hen. Es wre daher zu fragen, ob auch die Knigshalle eine zweite Ebene besessen hat mglicherweise in Entsprechung zur Empore der Pfalzkirche. Einen Hinweis auf eine solche Hhenstaffelung gibt der reprsentative Treppenaufgang im Granusturm.Wie die Pfalzkirche zeigt auch der Granusturm, dass beim Bau der Pfalz in Aachen die Idee des rmischen Monu-mentalbaus mit der kleinrumigen Zellenbauweise der germanischen Architekturtradition verbunden wurde. Das bedeutet, dass nun nicht mehr wie in der Antike alle Gebudeabschnitte zu einem groen Einheitsraum ver-schmolzen, sondern die einzelnen Raumabschnitte sowohl in der horizontalen, als auch in der vertikalen Aufteilung des Baus klar voneinander abgegren-zt wurden und oftmals auch unterschiedliche Funktionen zugewiesen bekamen. Der Granusturm ist somit nicht wie ein italienischer Campanile mit einer gleichmig um einen durchgehenden Schacht aufsteigenden, ins Unendliche laufenden Treppe errichtet worden, sondern mittels der unterschiedlich hohen, von Klostergewlben berspannt-en, verschliebaren Innenrume sowie den Wechseln in der Drehrichtung der Treppen in einzelne Turmabschnitte unterteilt (Abb. 4). Es handelt sich gewissermaen um mehrere Treppenhuser, die aufeinandergesetzt wurden, um die unterschiedlichen Geschosse der angrenzenden Gebudeteile miteinander zu verbinden bzw. wie eine Schleuse voneinander abzuriegeln.

    herrschaftlicher Architektur in Europa einnahm, soll schlielich durch eine Gegenberstellung mit anderen antiken wie mittelalterlichen Saal- und Palastbauten herausgearbeitet werden. Hierbei geht es gleichermaen um die Konzeption zeremonieller Raumprogramme, die ikonografische und ikonologische Deutung der For-mensprache wie auch die Herleitung der angewandten, oft komplexen baukonstruktiven Lsungen.

    Der aus dem Ende des 8. Jahrhunderts stammende karolingische Ursprungsbau bestimmte nicht nur die Tra-dition des Ortes sondern auch die Ausmae des Gebu-des (Abb. 1). Mit ihrer Konzeption steht die Aachener Aula in der Tradition antiker Regierungshallen weltlicher und kirchlicher Wrdentrger, die im 8. Jahrhundert in Rom und Byzanz aber auch an zahlreichen anderen Orten noch in Funktion waren bzw. neu errichtet wurden.Fr die Rekonstruktion der aufgehenden Architektur der Aula gibt es nur wenige Anhaltspunkte, da die Baus-substanz der Halle weitgehend abgetragen wurde, so dass der Granusturm ihr am hchsten erhaltener Teil ist. Daher ist nicht abschlieend geklrt, ob die Halle in mehrere Ebenen gegliedert war. Diese Frage ist insofern von Bedeutung, da die Karolinger das bis heute in der europischen Architektursprache allgemeinverstndliche Prinzip verstrkt eingefhrt haben, einem hher liegend-en Geschoss eine bergeordnete Bedeutungen zu verlei-

    DFG-Projekt:Die Aula Regia in Aachen: Karolingische Knigshalle und sptmittelalterliches Rathaus Bauforschung und ArchitekturgeschichteLehrstuhl fr Baugeschichte und DenkmalpflegeDr.-Ing. Judith Ley

    Mit der Knigshalle Karls des Groen birgt das Rathaus der Stadt Aachen in seiner Bausubstanz einen der be-deutendsten mittelalterlichen Herrschaftsbauten des deutschsprachigen Raums. In der Tradition dieser Knig-shalle wurde der Bau fr die Aachener Krnungsfeierli-chkeiten der deutschen Knige im Mittelalter mehrfach tiefgreifend restauriert und entsprechend den Reprsen-tationsansprchen der jeweiligen Zeit umgebaut. Der stets hohe machtpolitische Rang Aachens lsst er-warten, dass die Entwicklung des Aachener Rathauses aus der karolingischen Knigshalle besonders deutlich widerspiegelt, wie der Bautyp des herrschaftlichen Saal-baus von der Antike bis zum Ausgang des Mittelalters modifiziert wurde. Trotz dieser Bedeutung gibt es bis heute neben der fehlenden systematischen Untersu-chung und Analyse seiner Baussubstanz keine kritische Interpretation seiner immer wieder vernderten For-mensprache. Ziel des seit Januar 2011 von der DFG gefrderten Forschungsprojektes ist daher eine zusammenhngende bauhistorische Erforschung des mittelalterlichen Gebu-des und seiner Vernderungen. Basierend auf der oben beschriebenen modernen Baudokumentation sollen zunchst fundierte Rekonstruktionsvorschlge fr die unterschiedlichen mittelalterlichen Bauzustnde erarbe-itet werden. Welche Stellung die Aachener Aula in der Entwicklung

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    DFG-Project:The Aula Regia at Aachen: Carolingian Assembly Hall and Late Medieval Town Hall Historical Building Research and History of ArchitectureDepartment of History of Architecture and ConservationDr.-Ing. Judith Ley

    With Charlemagnes Assembly Hall, Aachen Town Hall holds within its basic fabric one of the most important medieval stately buildings of the German-speaking coun-tries. In the tradition of this Kings Hall, the building was profoundly restored several times for the Aachen corona-tion ceremonies of the German kings in the Middle Ages and modified according to the representational require-ments of the particular time.The power-political rank of Aachen was always high, which raises the expectation that the development of the Aachen Town Hall from the Carolingian Kings Hall reflects very clearly how the construction type of the stately hall was modified from the ancient world until the end of Middle Ages. As of today and despite its impor-tance, there has not been any systematic investigation and analysis of its building fabric nor has there been a critical interpretation of its repeatedly changed stylistic vocabulary.The aim of the research projects funded by DFG since January 2011 is a coherent building historical exploration of the medieval building and its changes. Based on the modern construction documentation described above, the first task is to offer well-founded reconstruction sug-gestions for the different medieval building conditions. The question of which position the Assembly Hall at Aachen takes in the development of stately architecture in Europe, will finally be addressed by a juxtapposition

    with other ancient and medieval halls and palaces. The conception of ceremonial spaces and the iconographic and iconological interpretation of the stylistic vocabulary are as much to be examined as the derivation of the ap-plied and often complex building constructive solutions.

    The Carolingian original building from the end of the 8th century, not only determined the tradition of the place but also the dimensions of the building (Fig. 1). With this design, the Aachen Assembly Hall stands in the tradition of ancient government halls of profane and ecclesiastical dignitaries, which during the 8th century were still in use or even newly built in Rome and Byzantium but also in many other places.

    For the reconstruction of the rising architecture of the as-sembly hall, there are only a few clues, because the basic building fabric of the hall has been largely removed so that the Granus Tower is its highest preserved part. Thus,

    the question whether the hall was divided into several levels could not be answered conclusively. It is an impor-tant question insofar as the Carolingians consolidated the principle of attaching superior significance to higher floor levels, which even today is generally understandable throughout European architectural language. Therefore, the question is, whether the Kings Hall had a second level - possibly in correspondence to the gallery of the Palace Chapel. A hint to such a scaling of heights is given by the representative staircase in the Granus Tower.Like the Palace Chapel, the Granus Tower shows that when the palace in Aachen was built, the idea of the Ro-man monumental building was combined with the small-scale cell-type building technique of the Germanic archi-tectural tradition. This means that now, unlike during ancient times, the parts of the building no longer melted into one large room, but single room sections were clear-ly distinguished from each other in both the horizontal and the vertical division of the building. Also, they often

    Abb. 7 Grundriss des Krnungssaals, M. Wietheger/ Fig. 7 Ground plan of the coronation hall, M. Wietheger

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    errichten ohne die feingliedrige Fassade durch Sttzp-feiler zu stren. Um dies zu ermglichen, musste unter anderem der bergang zum Granusturm zugemauert werden. Damit verlor dieser seine ursprngliche Funk-tion und nahm schlielich die Wohnung fr den Stadt-wchter, das Urkundenarchiv der Stadt und ein Gefng-nis auf. Auch nachdem sich die Deutschen Knige ab 1562 nicht mehr in Aachen sondern nur noch in Frankfurt am Main krnen lieen, war man sich der ursprnglichen Bedeu-tung des Gebudes noch bewusst. So bertitelte noch Merian seine Darstellung des Aachener Rathauses 1647 mit Das Palatium und Rahthause zu Achen (Abb. 2).

    Die Knigshalle erfuhr wie auch die Pfalzkirche ver-mutlich bereits in der Romanik, als Aachen zum Kr-nungsort der deutschen Knige avancierte, ihre erste Umgestaltung. Bisher knnen wir jedoch nicht sagen, wie tiefgreifend dieser Umbau tatschlich war und welche Rolle er innerhalb der stets zweigeschossig angelegten romanischen Palastbauten, wie wir sie beispielsweise in Goslar oder Braunschweig finden, gespielt hat. Selbst als die Stadt im 14. Jahrhundert das inzwischen baufllige Gebude bernahm und zum Rathaus um-baute, wurde die ltere Palastfunktion durch die Inte-gration eines eindrucksvollen Festsaals fr die Krnungs-feierlichkeiten im Obergeschoss und die Errichtung

    Abb. 8 Der Krnungssaal mit den geplanten Kaiserfiguren, C. Scheuren 1877/ Fig. 8 Coronation hall with the planned emperor figures, C. Scheuren 1877

    einer prunkvollen figurengeschmckten Fassade weiter tradiert (Abb. 2,7,8). Die Kombination dieser beiden Funktionen begrndet die herausragende Stellung des gotischen Baus, dessen Formengebung sich gleicher-maen an deutschen und franzsischen Schlossbauten, unter anderem dem Knigspalast auf der le de la Cit in Paris orientiert. (Abb. 9)Aus der Schlossbautradition bernommen und daher ungewhnlich fr ein Rathaus ist vor allem der riesige von Steingewlben berspannte Krnungssaal, der auerdem noch mit Figuren ausgeschmckt werden sollte (Abb. 8). Eine besondere technische Heraus-forderung war es, diese weit spannenden Gewlbe zu

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    had very different functions. Thus, the Granus Tower is not built like an Italian Campanile with an evenly, in-finitely ascending staircase around a central shaft, but divided into individual tower sections by means of lock-able interior rooms, which were of different heights and spanned by cloister vaults, as well as by changes in the rotational direction of the staircases (Fig. 4). In a manner of speaking, it consists of several staircases, which were piled onto each other to connect the different floors of the adjacent building elements respectively to close them off from each other like a sluice.

    Like the Palatine Church, the Kings Hall probably experienced its first redesign already during the Romanic period, when Aachen proceeded to become the coronation site of the Ger-man kings. So far we cannot tell, however, how profound this reconstruction really was and which role it played within the Romanesque palace buildings, as found for example in Goslar or Braunschweig, which were always constructed with two stories.Even when the city took over the meanwhile dilapidated build-ing in the 14th Century and rebuilt it into the Town Hall, the older palace function was inherited by the integration of an impressive festival hall for the coronation ceremonies on the first floor and the construction of a magnificent faade embel-lished with sculpture (Fig. 2, 7, 8). The combination of these two functions is the reason for the prominent role of the Gothic building, whose design is equally geared to German and French palatine buildings, inter alia the Kings Palace on the le

    de la Cit in Paris. (Fig. 9) The huge Coronation Hall, which was spanned by stone vaults and should also have been embellished with sculpture, was adopted from the palace construction tradition and is therefore especially unusual for a town hall (Abb. 8). A par-ticular technical challenge was to construct this wide spanning vault without disturbing the delicate faade by supporting pil-lars. Among other things, the transition to the Granus Tower

    had to be bricked up in order to achieve this. Thus, it lost its original function and finally comprised the appartment for the city guard, the citys archive of documents and a prison. Still, even when - from 1562 onwards - the German kings were no longer coronated at Aachen but only in Frankfurt, people were aware of the buildings original function. In 1647, Merian still superscribed his description of the Aachen Town Hall as The Palatine and Town Hall at Aachen (Fig. 2).

    Abb. 9 Vergleich der gotischen Anlage in Aachen mit dem Palais de Cit in Paris, Rekonstruktion A. Huyskens um 1925/ E. Viollet-le-Duc 1864/ Fig. 9 Comparison of the Gothic plant with the Palais de Cit in Paris, Reconstruction A. Huyskens at 1925/ E: Viollet-le-Duc 1864

  • Der Streit um den Bau der Waldschlsschenbrcke in Dresden mit der spteren Aberkennung des Welterbeti-tels des Dresdner Elbtals fllte eine zeitlang die Abend-Nachrichten und machte einen besonderen Konflikt pub-lik. Dies war und ist aber kein Einzelfall. Immer wieder treten Konflikte zwischen dem Schutzanspruch der Wel-terbesttten und der Entwicklungsdynamik in Stdten

    Evaluierung, Nominierung und Managementvon UNESCO-WelterbestttenLehrstuhl und Institut fr Stdtebau und LandesplanungUniv.-Prof. Dipl.-Ing. Kunibert Wachten Dipl.-Ing. Michael Kloos

    und Regionen auf. In den oftmals sehr emotionalisierten Streitfllen fachlich und unabhngig zu gutachten und bei der Nominierung und beim Management von Wel-terbesttten zu beraten, ist in den letzten sechs Jahren zu einem Spezialfeld in der Forschung des Instituts fr Stdtebau und Landesplanung geworden.Im Jahr 1972 wurde die UNESCO-Welterbekonvention

    verabschiedet. Sie verfolgt das Ziel, kulturelles und natr-liches Erbe der Menschheit, das von herausragender uni-verseller Bedeutung ist, fr kommende Generationen zu sichern. Grundstzliche Idee der Konvention ist, dass ein-zelne Nationen ihr kulturelles Erbe in die Welterbeliste einbringen, das dann quasi in den gemeinsamen Besitz der gesamten Menschheit bergeht.

    Visualisierung Waldschlsschenbrcke in Dresden (CAAD / v-cube / Institut fr Stdtebau und Landesplanung).

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    The dispute over the construction of the Waldschlss-chen Bridge in Dresden with the subsequent derecogni-tion of the World Heritage title, the Dresden Elbe Val-ley, filled the evening news for a while and made public a special conflict. However, this was and is not a single case. Again and again, conflicts arise between the claim of World Heritage sites and the dynamics of develop-

    ment in cities and regions. Is has become a special field of research of the Institute of Urban Design and Regional Planning during the last six years to pass an independent expert opinion in the often emotionally charged disputes and to give advice on the nomination and management of World Heritage sites.In 1972, the UNESCO World Heritage convention was

    Evaluation, nomination and management

    Department and Institute of Urban Design and Regional Planning Univ.- Prof. Dipl.-Ing. Kunibert WachtenDipl.-Ing. Michael Kloos

    of UNESCO-World Heritage Sites

    adopted. It pursues the goal to secure the cultural and natural heritage of mankind which is of outstanding uni-versal value for future generations. The basic idea of the convention is that individual nations enter their cul-tural heritage into the World Heritage list, which then merges as it were into the common possession of the entire humanity.

    Visualisation Waldschlsschenbrcke in Dresden (CAAD / v-cube / Institute of Urban Design and Regional Planning).

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    Fragen zur Debatte: Inwieweit wird durch Neubaupro-jekte die Qualitt historischer Stadt- und Landschafts-bilder eingeschrnkt, also die visuelle Unversehrtheit in-frage gestellt? Und wie kann dieser Eingriff vermieden, gemildert oder vertrglich gestaltet werden? Das Man-agement von UNESCO-Stadt- und Kulturlandschaften stellt daher eine besondere Herausforderung dar. Da berdies die Aufnahme in die Welterbeliste nicht im-mer im Bewusstsein geschieht, dass dieser Schritt mit einem Stck Souvernittsverzicht einhergeht, werden solche Fragen oftmals von Missverstndnissen zwis-chen lokalen und internationalen Entscheidungsebenen berlagert, was eben auch im Dresdner Fall das Feuer der Emotionen geschrt hat.Die Ttigkeitsfelder des Instituts fr Stdtebau und Landesplanung liegen neben der Forschung in der Be-ratung bei Welterbe-Nominierungsprozessen sowie beim Management komplexer Welterbe-Sttten. Von herausgehobener Bedeutung ist zudem die unabhn-gige Evaluierung von Vernderungen von Stadt- und Landschaftbildern in UNESCO-Welterbesttten. Fr diese Untersuchungen hat sich im Verlauf der Jahre eine intensive Kooperation mit dem Lehrstuhl fr CAAD im Verbund mit v-cube etabliert.Kern der Evaluierungen, der so genannten Heritage

    Die Welterbekonvention gilt als das erfolgreichste Programm der UNESCO. Es hat deshalb in allen Re-gionen der Erde in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Aufgrund dieser stetigen Bedeutungszunahme haben UNESCO-Welterbesttten mittlerweile nicht nur eine groe symbolische, sondern auch eine wachsende konomische Bedeutung. Sie spielen beispielsweise eine wichtige Rolle im Rahmen des internationalen Tourismus als wichtigem Motor der Wirtschaftentwicklung in vielen Stdten und Regionen.

    Da nicht nur einzelne Monumente, sondern zuneh-mend auch zusammenhngende historische Stadt- und Kulturlandschaften in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen werden, steigt das Konfliktpotenzial mit dem Alltag sich stndig wandelnder Stdte und Regionen und mit ihren zumeist sehr komplexen En-twicklungsaufgaben. So fllten Berichte ber Streitflle in den letzten Jahren fast zwangslufig die Gazetten die Hochhuser im rechtsrheinischen Kln, die Wald-schlsschenbrcke in Dresden, die Rheinbrcke im Oberen Mittelrheintal, die Hochhuser am neuen Zen-tralbahnhof in Wien, die Metro-Brcke ber das Gold-ene Horn in Istanbul, die Brcke ber die Bucht von Kotor. Bei all diesen Konflikten stehen fast immer zwei

    Impact Assessments ist, exakt zu visualisieren, wie sich geplante Vernderungen in der Realitt zeigen und dies zu beurteilen. Dafr sind mehrere Untersuchungss-chritte notwendig. Zunchst erfolgt eine Analyse der natur- und kulturgeschichtlichen Bedingungen der zu untersuchenden Welterbesttten. Danach werden die wesentlichen Wahrnehmungsmuster sowohl tradierte als auch aktuelle ermittelt. Anschlieend werden un-terschiedliche relevante Sichtpunkte und Sichtkorridore in den UNESCO-Welterbesttten untersucht und mit digitalen Kamera- oder Videoaufnahmen dokumentiert. Durch die berlagerung dieser Daten mit einem digital-en Computermodell, das mittels Laserscan-Aufnahmen, so genannter Punktwolken, generiert wurde, knnen geplante Baumanahmen millimetergenau und realis-tisch visualisiert werden. Durch die In-Bezug-Setzung dieser Visualisierungen mit den vorangegangen Unter-suchungsschritten ist es mglich, exakt zu begrnden, inwieweit Stadt- und Landschaftsbilder durch die ge-planten Baumanahmen verndert werden. Die Analy-seergebnisse werden mit den Nominierungskriterien der jeweiligen Welterbesttte, aus denen sich ihr einzigar-tiger universeller Wert begrndet, abgeglichen und auf dieser Grundlage Empfehlungen zum weiteren Vorge-hen formuliert.

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    The World Heritage convention is considered as the most successful program of UNESCO. Therefore, it has con-tinuously gained in importance in all regions of the world during the past few years. Because of this steady increase in importance, the UNESCO World Heritage sites by now not only have an important symbolic, but also a grow-ing economic importance. For example, they play an important role in international tourism as an important mainspring of economic development in many cities and regions.Because not only individual monuments, but increasingly also coherent historic urban and cultural landscapes are accepted in the UNESCO World Heritage list, the poten-tial for conflicts increases with the ever-changing cities and regions and with their often very complex devel-opment tasks. Thus, reports almost inevitably filled the newspapers during recent years the high-rise buildings on the east bank of the Rhine at Cologne, the Wald-schlsschen Bridge in Dresden, the Rhine Bridge in the Rhine Gorge, the high-rise buildings at the new cen-tral train station in Vienna, the Metro Bridge over the Golden Horn in Istanbul, the Bridge over the Bay of Ko-tor. With all these conflicts, almost always center around two questions:To what extent is the quality of historic urban and landscape scenery constricted by new con-

    Welterbesttte Historische Innenstadt Wien. Kern- und Pufferzone (Magistrat Wien)

    World Heritage Sites Historical inner city Vienna. Core- und buffer zone (magistrate Vienna)

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    Neben diesen Evaluierungen bert das Institut fr Std-tebau und Landesplanung seit einigen Jahren in unter-schiedlichen Regionen Europas Nominierungsantrge fr den Welterbestatus. Gemeinsam mit dem Lehrstuhl fr Tragkonstruktionen wurde so ein Dossier fr die in Solin-gen bzw. Remscheid gelegene Mngstener Brcke, einem wegweisenden Stahlbau aus der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts, erarbeitet. Ein weiteres Welterbe-Nominierungsverfahren wird derzeit fr die Viking Age Monuments and Sites in Skandinavien betreut. Hier sol-len neun unterschiedliche Sttten der Wikingerkultur, die in Dnemark, Schweden, Norwegen, Island, Litauen und Deutschland liegen, zu einer transnationalen Welter-

    besttte zusammengefhrt werden. Auch das Manage-ment komplexer Stadt- und Kulturlandschaften ist ein Forschungs- und Beratungsgegenstand. Innerhalb des Nominierungsverfahrens der Speicherstadt und des Kontorhausviertels in Hamburg fr die Welterbeliste wird derzeit ein Managementplan verfasst, der garan-tieren soll, dass dieses durch den benachbarten Bau der HafenCity im Wandel begriffene Quartier im Einklang mit den Anforderungen an die Aufnahme in die Welter-beliste weiterentwickelt werden kann.

    Um diese umfangreichen Aktivitten in eine institutionelle Einrichtung einzubinden, wird das Institut fr Stdtebau

    Welterbesttte Historic Areas of Istanbul. Visualisierung Golden Horn Metro Crossing Bridge. (CAAD / v-cube / Institut fr Stdtebau und Landesplanung)

    und Landesplanung zuknftig einen UNESCO-Chair einrichten. Diese von der UNESCO untersttzte Initiative dient dazu, die Forschungsttigkeiten zu intensivieren und mit anderen Lehrsthlen innerhalb der Fakultt und ber die Fakulttsgrenzen hinaus zu einem Kompeten-zbereich zu vernetzen. Auch dazu gibt es bereits in der Kooperation mit dem Lehrstuhl fr Stadtbauwesen und Stadtverkehr der Fakultt fr Bauingenieurwesen erste Anstze. Thematischer Schwerpunkt des UNESCO-Chairs wird die Auseinandersetzung mit der Erhaltung und nachhaltigen Weiterentwicklung komplexer Welter-besttten, insbesondere der zusammenhngenden Kul-tur- und Stadtlandschaften sein.

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    struction projects, thus, the visual integrity questioned? And how can this intervention be avoided, moderated or made acceptable? The management of UNESCO Urban and Cultural Landscapes is therefore a special challenge. Since , moreover, the acceptance on the World Heritage list not always happens in the knowledge that this step involves a little loss of souvereignty, such questions are often overlaid with misunderstandings between local and international levels of decision making which also has fueled the fire of emotions in the Dresden case.

    Next to research, the fields of activity of the Institute of Urban Design and Regional Planning consists in consult-ing for World Heritage nomination processes and man-agement of complex World Heritage sites. In addition, the independent evaluation of changes in ur-ban and landscape scenery in the UNESCO World Herit-age sites is of prominent importance. For these analyses, an intensive cooperation with the Department of CAAD

    in conjunction with v-cube has been established over the years. Core of the evaluations, the so-called Heritage Impact Assessments, is to exactly visualize and to assess how planned changes appear in the real world. For this, sev-eral investigation steps are necessary. First, the natural and cultural historical conditions of the relevant World Heritage sites are analysed. Then, the essential patterns of perception both traditional and current are deter-mined. Subsequently, different relevant points of view and viewing corridors of the UNESCO World Heritage sites are examined and documented with digital camera or video recordings. By overlaying of this data with a digital computer model, which was generated with laser scan recordings, so-called scatter-plott, planned con-structions can be visualized realistically and with millim-eter precision. Through referencing these visualizations to earlier examination steps, it is possible to substantiate precisely, to which extend urban and landscape scenery

    is altered by the planned building activity. The analysis results are compared with the nomination criteria which determine the unique universal value of the respective World Heritage site and recommendations for the next steps are formulated on this basis.In addition to these evaluations, the Institute of Urban Design and Regional Planning has given advice on nomi-nation requests for the World Heritage status in vari-ous regions of Europe for several years. Together with the Department of Structures and Structural Design, for example, a dossier was developed for the Mngs-tener Bridge, located in Solingen and Remscheid and a groundbreaking steel structure from the end of the 19th Century. Another World Heritage nomination process is currently supported for the Viking Age Monuments and Sites in Scandinavia. Here, nine different sites of the Viking culture, which are located in Denmark, Sweden, Norway, Iceland, Lithuania and Germany, are supposed to be brought together to a transnational World Herit-

    World Heritage Sites Historic Areas of Istanbul. Visualisation Golden Horn Metro Crossing Bridge. (CAAD / v-cube / Institute of Urban Design and Regional Planning)

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    Welterbesttte Bay of Kotor, Montenegro. Generierung 3D-Computermodell, Visualisierung Verige Bridge. (CAAD / v-cube / Institut fr Stdtebau und Landesplanung)

    World Heritage Sites Bay of Kotor, Montenegro. Generation 3D-Computermodel, Visualisation Verige Bridge. (CAAD / v-cube / Institute of Urban Design and Regional Planning)

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    age site. The management of complex urban and cultural scenery is a research and consulting object as well. Within the nomination procedure of the historic warehouse and office building area in Hamburg for the World Heritage list, currently a manage-ment plan is being developed, which is supposed to guarantee that the quarter, which is about to change because of the building of the neighbouring HafenCity, can be developed further in accordance with the requirements for admission for the World Heritage list.In order to integrate these extensive activities in an institutional facility, the Institute of

    Urban Design and Regional Planning will establish a UNESCO-Chair. This initiative, supported by UNESCO, serves to intensify the research activities and to build a com-mon area of competence by establishing a network with other departments within the Faculty and beyond the faculty boundaries. The cooperation with the Department of Urban Engineering and Urban Traffic of the Faculty of Civil Engineering also shows first steps into this direction. The thematic focus of the UNESCO-Chair will be the dispute with the conservation and sustainable development of complex World Heritage sites, in particular of connected cultural and urban landscapes.

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    Die Freiburger FragmenteVor ber 100 Jahren, zu Beginn des Jahres 1906, gelangten 14 Holzkisten aus dem Vorderen Orient nach Freiburg. Darin befanden sich 41 Architekturteile der rmischen Tempelruinen aus Baalbek im heutigen Libanon. Dort hatte Otto Puchstein, Freiburger Professor fr Klassische Archologie, von 1900 bis 1904 die Ausgrabungen geleitet. Im Rahmen der damals blichen Fundteilung erhielt die Universitt Freiburg diese Ar-chitekturfragmente als Anschauungsmaterial zur antiken Bau-technik und der reichen Bauornamentik der rmischen Kaiser-zeit. Die Kalksteinfragmente vermitteln einen Eindruck von der imposanten Gre der Bauten Baalbeks. Zudem geben sie eine unmittelbare Anschauung von rmischer Steinmetzkunst und beeindrucken durch ihre przise gearbeitete Ornamentik. Sptestens nach dem 2. Weltkrieg gerieten die Baalbekfrag-mente wieder in Vergessenheit. Erst 1965 wurden die gre-ren Bauteile im Innenhof der Alten Universitt zu einer Archi-

    tekturrekonstruktion mit Zement verbunden, wo sie immer noch stehen. Weitere Stcke des Altarhofgeblks waren von 1988 bis 2008 in der Archologischen Sammlung der Univer-sittsbibliothek ausgestellt. Die meisten Stcke lagerten jedoch bis 2005 in einem konservatorisch unzulnglichen Zustand in einem Tiefkeller. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wur-den die Freiburger Baalbekfragmente 2005 gesichert und do-kumentiert.Diese Fragmente wurden krzlich nach neuen wis-senschaftlichen Erkenntnissen und dem Umzug der archologischen Sammlung neu prsentiert. Ein eigens dafr vorgesehener Raum wurde in Zusammenarbeit von unterschiedlichen Planern, Fachleuten und Hand-werkern und mit den Teilnehmern eines Seminars an der RWTH Aachen, Fakultt fr Architektur gestaltet, realisiert und im Mai 2011 feierlich erffnet.

    Freiburger FragmenteLehr- und Forschungsgebiet DenkmalpflegeAusstellung Freiburger Fragmentein der Archologischen Sammlung der Universitt Freiburg

    The Freiburg FragmentsOver 100 years ago, at the beginning of 1906, 14 wooden crates from the Middle East reached Frei-burg. The shipment contained 41 architectural frag-ments of the Roman Temple Ruins from Baalbek in present-day Lebanon. Otto Puchstein, Professor of Classical Archaeology from Freiburg, had directed the excavations in Baalbek from 1900 to 1904. According to the usual sharing of finds at the time, the Univer-sity of Freiburg received these fragments as demons-tration material for ancient building techniques and the rich architectural ornamentation of the Roman Empire. The limestone fragments convey an impres-sion of the magnificent size of Baalbeks buildings. In addition, they are a direct illustration of the Roman stone masons art and impress by their precisely car-ved ornamentation.

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    Freiburg FragmentsDepartment of Historic Building ConservationExhibition Freiburg Fragmentsat the Archaeological Collection of the University of Freiburg

    By the time of the Second World War, the Baalbek frag-ments sank into oblivion. Only in 1965, the bigger parts were joined with cement to form an architectural reconstruction in the courtyard of the Old University, where they remain until today. Further pieces of the entablature of the Altar Courtyard were exhibited in the archaeological collection of the University Library from 1988 to 2008.Until 2005, however, most of the pieces were stored in a inadequate condition regarding their conservation. In the following, the Freiburg Baalbek Fragments were secured and documented as part of a research project.Recently, new scientific results and the relocation of the archaeological collection brought about a new presentati-on of these fragments. A room especially intended for this purpose was designed, realized and inaugurated in May 2011, in a cooperation of different planners, professionals and craftsmen as well as the participants of a seminar at RWTH Aachen University, Faculty of Architecture.Holzkisten mit Teilen der rmischen Tempelruinen/ wooden crateswith architectural fragments of the Roman Temple Ruins

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    direkter Auseinandersetzung mit dem Ort und den Frag-menten Konzepte erarbeitet. Themen rund um die Fra-gestellungen des Seminars wurden an die Teilnehmer vergeben. Darin ging es beispielsweise um die Prsenta-tion von antiken rmischen Bauteilen, die Gestaltung von Ausstellungskonzepten fr Archologische Funde (Tafeln, Texte..), um Ausstellungsarchitektur (Vitrinen, Halterungen fr die Fragmente, Beleuchtung..), 3D-Modellierung und virtuelle Rekonstruktion von Ruinen, Visualisierung, aber auch um Dokumentation und Verstndnis der Fragmente und ihrer Geschichte und ihrem gegenwrtigen Zustand. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Disserta-tion des Seminarleiters Daniel Lohmann (Die Architektur

    Das Seminar In Vorbereitung einer Exkursion im Mai 2010 des Lehrge-biets Denkmalpflege in den nahen Osten und nach Baal-bek, den Ursprungsort der Steine, wurde dieses Entwurfs-seminar in Freiburg im Mrz 2010 durchgefhrt. Das Seminar am LFG Denkmalpflege beschftigte sich mit der Frage, wie Architekten mit bauhistorisch-denkmalpfle-gerischem Hintergrund eine Ausstellung solch wertvoller Exponate anspruchsvoll gestalten knnen. Es wurden Konzepte entwickelt, die die Herkunft und den kulturellen Zusammenhang der Objekte, aber auch Ihre sthetik und skulpturale Kunstfertigkeit in ein angemessenes Licht set-zen.In einem fnftgigen Workshop in Freiburg wurden in

    des Jupiterheiligtums in Baalbek) im Rahmen eines gro-en Forschungsprojektes des Deutschen Archologischen Instituts und der BTU Cottbus flossen ebenso ein wie die unvoreingenommene Kreativitt der studentischen Teil-nehmer.Die Ergebnisse des Workshops aus dem Seminar Freibur-ger Fragmente waren Grundlage fr die weitere Planung der Ausstellung. In enger und intensiver Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber, dem Archologen und Kurator Lars Petersen, dem Ausstellungsdesigner Gerd Schossow sowie Spezialisten und Handwerkern in der Ausfhrung wurde in elfmonatiger Planungs- und Bauzeit die Dauerausstellung realisiert und im Mai 2011 feierlich erffnet.

    Exkursion Baalbek Mai 2010/ Excursion Baalbek May 2010

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    The SeminarThe seminar was held in Freiburg in March 2010, as a pre-paration for an excursion of the Department of Historic Building Conservation in May 2010 to the Near East and to Baalbek, the place of origin of the stones.The seminar Freiburg Fragments dealt with the question of how architects with a background in architectural his-tory and conservation could arrange a sophisticated exhi-bition of such valuable pieces. The participants developed concepts, which could adequately highlight the origin and the cultural context of the objects but also their special ae-sthetic and the sculptural skill of their makers.During a five-day workshop in Freiburg, in direct contem-plation of the place and the fragments, the participants worked on further issues from the seminar. Exemplary to-pics of the seminar referred to the presentation of ancient Roman building parts, the design of exhibition concepts for archaeological finds (tablets, texts), to exhibition ar-chitecture (display cases, brackets for the fragments, ligh-ting..), to 3D modeling and virtual reconstruction of ruins and visualization, and last but not least to documentation and understanding of the fragments and their history as well as their present condition. Both, the latest scientific results from the dissertation of the seminar instructor Da-niel Lohmann (The architecture of the Jupiter Sanctuary in Baalbek) as part of a major research project of the German Archaeological Institute and the BTU Cottbus as well as the unbiased creativity of the student participants were intro-duced in the work.The workshops results formed the basis for further plan-ning of the exhibition. In close and intensive cooperation with the client, the archaeologist and curator Lars Petersen, the exhibition designer Gerd Schossow as well as specia-lists and craftsmen, the permanent exhibition was realized within eleven months of planning and construction, and was inaugurated in May 2011.

    Workshop Mrz 2010Workshop March 2010

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    Dauerausstellung im Foyer der SammlungDie Ausstellung umfasst drei Teile. Mittelpunkt ist die Baal-bekwand von 4m*5,40m , an der im Mastab 1:1 eine historische Bauaufnahme als Grundlage und visuelle Orien-tierung fr die Anbringung von Fragmenten des Geblks der Altarhofhallen dient. Weiterhin ist an ihr eine Hngevi-trine fr besonders kunstvolle Kleinfragmente angebracht. Links dieser Wand erklrt ein Text- und Bildpaneel den Ort Baalbek in Geschichte und Gegenwart, die Eigenar-ten des antiken Heliopolis und bietet auf einem digitalen TFT-Bildschirm Eindrcke aus den aktuellen Forschungen in Baalbek. Gegenber, rechts der Baalbekwand ist ein Regal aufgestellt, das weitere Fragmente in abstrahier-ten Fundkisten zeigt. Fr die Realisierung stand ein beschrnktes Budget zur Verfgung. In Zusammenarbeit mit der Institutsleitung wurde ein Konzept entwickelt, das die sukzessive mo-dulare Erweiterung der Ausstellung mit minimalem Aufwand ermglicht. Das Vitrinenregal an der rechten Seitenwand nimmt bisher drei groe Fragmente auf. In Zukunft ist es mglich, das Regal auf die ursprnglich gewnschten neun Kisten zu erweitern.

    Regal mit Fundstcken in abstrahierten Fundkistenrack with fragments in abstractly wooden crates

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    Permanent Exhibition in the Foyer of the CollectionThe exhibition consists of three parts. The center point is the Baalbek Wall of 4m*5,40m. On its surface, a natural scale historic building survey serves as a basis and visual orienta-tion for the attachment of the entablature fragments of the Altar Courtyard Peristyle. Furthermore, a hanging display case for especially elaborate small fragments is mounted on eye level. To the left of this wall, a text and picture panel gives explanations about the city of Baalbek in the past and present, such as the peculiarities of ancient Heliopolis.A digital TFT display shows impressions from thecurrent research work in Baalbek. On the opposite side, to the right of the Baalbek Wall, a rack is set up, which shows further fragments in boxes, abstractly resembling the wooden crates used to ship them a century ago.The budget for realization was limited. In cooperation with the Institutional Administration a concept was de-veloped, which allows the successive modular expansi-on of the exhibition at minimal expense. Presently the rack displays three big fragments. The addition of six further boxes could complete the rack to the originally intended nine fragments in the future.

    Baalbekwand im Mastab 1:1Baalbek Wall in scale 1:1

  • 44 Schadenskartierung/ Mapping of the damages

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    Auftraggeber:/ Client:Institut fr Archologische Wissenschaften, Abteilung Klassische Archologie/ Institute for Archaeological Science, Department of Classical ArchaeologyProf. Dr. phil. Ralf von den Hoff, Lars Petersen M.A., Kurator der Archologischen Sammlung/ Curator of the Archaeological CollectionKooperationspartner/ Co-operation partners:Lehr- und Forschungsgebiet Denkmalpflege der RWTH Aachen/ Department of Historic Building Conservation of RWTH Aachen University, Dipl.-Ing. Daniel Lohmann, Prof. Dr.-Ing. Christian RaabeLars Petersen M.A., nur | design.text, Dipl.-Des. Gerd SchossowRestaurierungswerksttten Pfanner GmbH, Prof. Dr. phil Dipl.-Ing Michael Pfannerfedderundkonsorten, Tischlermeister Martin Fedder, Universittsbauamt Freiburg

    Abbildungen/ Illustrations:Fotos/ Photos: Gerd Schossow, Daniel Lohmann, Christian RaabeHandzeichnung der Fragmente/ Hand drawing of the fragments: Maksim KnigSchadenskartierung/ Damage assessment: Nadine Lubeley und Britta LengfeldText/ Text: Daniel Lohmann, Lars Petersen

    Workshop Mrz 2010Workshop March 2010

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    Seit August 2011 erarbeitet der Lehrstuhl fr Landschaft-sarchitektur ein Entwicklungskonzept fr ein neu entdeck-tes Rmerschlachtareal am sogenannten Harzhorn, einer bewaldeten Erhebung im Landkreis Northeim in Sdniedersachsen. Das Entwicklungskonzept, welches vor allem der touristischen Erschlieung des Ortes dient, umfasst nach einer ausfhrlichen Grundlagenanalyse auch einen flexiblen Masterplan. Dieser beinhaltet u.a. die Basis fr eine Informationsarchitektur fr das Jahr 2013, sowie weitere Entwurfsbausteine fr eine um-fangreichere Besuchernutzung des Ortes, einschlielich eines Erlebniszentrums fr das Jahr 2015. Auftraggeber ist der Landkreis Northeim. In das Forschungsprojekt werden ab dem Sommersemester 2012, in Zusam-menarbeit mit dem Lehrstuhl fr Gebudelehre und Grundlagen des Entwerfens, auch studentische Projekte eingewoben. Parallel dazu bietet das Beispiel Harzhorn Diskussionsgrundlagen fr weitere fachgebietsbergreif-ende Kooperationen im vielfltigen Themenbereich des kulturellen Erbes an. Dazu werden ber den Fundort hin-aus vor allem Aspekte von Landschaft und umgebender Region in den Mittelpunkt gestellt.Das Planen und Entwerfen im Zusammenhang mit kul-

    Rmerschlachtareal am HarzhornLehrstuhl fr Landschaftsarchitektur Prof. Dr.-Ing. Frank Lohrberg

    turellem Erbe kann diverse neue Handlungsfelder und Herausforderungen erschlieen: Als kulturelles Erbe werden smtliche Ressourcen aus der Vergangenheit bezeichnet, welche von einer Gesellschaft ererbt werden und unabhngig von der Eigentumsordnung als Trger von Identitt, Werten, berzeugungen, Wissen oder Tra-ditionen geschtzt werden. Innerhalb rechtlicher Gren-zen umfasst das kulturelle Erbe eine Auswahl von Ele-menten, welche in den internationalen und europischen Vorgaben einschlielich der Richtlinien der EWG/EU als kulturelles Erbe bercksichtigt sind. Prinzipiell kann jedes Zeugnis aus der historischen Interaktion von Mensch und Orten als kulturelles Erbe interpretiert werden: nicht nur eingetragene Denkmler und Naturgter, sondern auch landschaftliche Elemente wie Pilgerwege, Alleen, Richtsttten, Tanzpltze und Schlachtfelder. bergreif-end kann auch eine gesamte Kulturlandschaft als ein Fundament der Gesellschaft und damit als kulturelles Erbe angesehen werden.Am Fundort Harzhorn wurden nach der Jahrtausend- wende Reste einer Schlacht zwischen Rmern und Ger-manen gefunden auf einer Lnge von ca. 4km. Die Funde aus dem 3. Jahrhundert nach Christus verblffen

    die Fachwelt: Bisher war man davon ausgegangen, dass rmische Verbnde in dieser Epoche nicht mehr in das freie Germanien vorgedrungen waren, was eine Sen-sation fr die mitteleuropische Geschichtsschreibung darstellt. Der Fundort eine bewaldete Erhebung in lndlicher Umgebung mit Drfern und kleineren Std-ten liegt in Sichtweite zur stark frequentierten Au-tobahn A7, und gilt im Vergleich zu anderen antiken Schlachtfeldern als bestens erhalten. Neben einer wei-teren archologischen Untersuchung der Fundsttten sowie einer geplanten Landesausstellung gilt es, nun ber das Entwicklungskonzept zu klren, wie das Rmer-schlachtareal aufbereitet werden kann, um vor Ort zu dokumentieren und zu informieren. Ziel ist es dabei, das touristische Potential des Harzhorns zu erschlieen, um lngerfristig wirtschaftliche Impulse fr die Region zu generieren. Der Begriff des kulturellen Erbes rckt nicht nur eingetra-gene Denkmler und Naturgter, sondern auch Schlachtfelder sowie Kulturlandschaft und Region in den Mittelpunkt. Das Entwicklungskonzept berprft in dieser Hinsicht die Mglichkeiten einer Besucherin-frastruktur welche ein authentisches Nachvollziehen

    Speer