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SERIE Serie ,,Gesundheitspr avention‘‘ Veronika Geng Stressbew altigung oder der Umgang mit Stress Manche haben viel Arbeit und langen hin, und manche haben viel Streß und reden davon. (Hermann Lahm) In dieser Folge geht es um die Stressbewaltigung und den Umgang mit dem Stress. Doch zuerst noch ein kleiner Ausflug in die stressverscharfenden Einstellungen. Ein aktuelles Stressgeschehen wird oft durch die habituelle, biografisch gewordene Einstellung und Motivkonstellation hervorgerufen. Die aufgefuhrten Einstellungen bzw. Motive tragen haufig zu aktuellen stressbezogenen Transaktionen bei. 1. Perfektionistische Kontrollambitionen 2. Arbeitssucht 3. Enttauschte Erwartungen Zu 1 Bei dieser Einstellung ist die Kontrolle das zentrale Thema, das heißt alle Bestrebungen laufen darauf hinaus, alles selbst unter Kontrolle zu haben. Diese Bestrebungen zeigen sich in - Streben nach Perfektionismus, Fehler werden nicht toleriert, da diese einen Hinweis auf den Kontrollverlust geben. - Unfahigkeit zu delegieren – so kann die Kontrolle nicht verloren werden. Oft werden Delegationen angenommen aber selbst delegieren fallt schwer. - Bei Storungen kommt es zu Ungeduld, Reizbarkeit, Irritierbarkeit. - Notwendigkeit zur eigenen Entspannung wird verdrangt, da damit die Abgabe von Kontrolle entsteht. Oft gehen diese Einstellungsmerkmale mit einem fehlenden Grundvertrauen einher. Zu 2 Mit der Arbeitssucht wird ein unaufhorlicher Drang bezeichnet, standig arbeiten zu mussen, bzw. an die Arbeit zu denken. Arbeitssuchtige arbeiten oft lange, aber noch lange nicht effektiv. Arbeitssuchtige arbeiten nicht nur stundenmaßig lang, sondern sie gewinnen ihren Selbstwert aus dieser Arbeit und der erbrachten Leistung. Es besteht ein fließender Ubergang zwischen normaler Arbeitsbelastung und der Arbeitssucht. Arbeitssucht zeigt sich in: - Verleugnung der Sucht und Bagatellisierung der Sucht und deren Folgen. Ein Arbeitssuchtiger ist zu sich selbst und seinem Umfeld unehrlich oder sucht Ausreden und versucht die Sucht zu vertuschen, in dem heimlich gearbeitet wird oder eben durch Ausreden das Arbeiten negiert wird. - Zwanghaftigkeit, die einhergeht mit der Unfahigkeit sich zu entspannen. Die Arbeit beherrscht den Alltag. - Selbstzerstorung und Zerstorung sozialer Beziehungen. Das heißt die Familie steht eher im Weg und wird vernachlassigt. Zerruttete Familien und Beziehungen gehen oft mit einer Arbeitssucht einher. - Arbeitssucht geht oft mit anderen Suchten daher z.B. Drogen und Medikamente oder Alkohol. Zu 3 - Enttauschte Erwartungen Dieses Phanomen ist besonders in den sogenannten Helferberufen haufiger zu finden. Nach einer anfanglich fast schon enthusiastischen Anfangsphase mit hoch gesteckten Zielen und oft auch Selbstuberschatzung der Moglichkeiten in einem Projekt treten nach und nach Frustrationen auf. Das Ziel wird erreicht, aber die Belohnung bleibt aus oder wahrend des Projekts werden immer wieder Knuppel zwischen die Beine geworfen – sogenannte Zielblockierungen. Das Eingestandnis einer solchen ,,Niederlage‘‘ oder des Nichterreichens eines Ziels sind Grundlage fur eine Neuorientierung. Burn-out gefahrdete Menschen versuchen die Niederlage oder das Scheitern so lange wie nur moglich zu negieren oder fluchten sich auch in Alkohol und Medikamente. Stressbewaltigung Wie in einem fruheren Artikel dieser Serie beschrieben, spielt die Salutogenese, die von Aron Antonovsky in den 70iger Jahren publiziert wurde, eine nicht zu unterschatzende Rolle bei der Stressbewaltigung. Insbesonders die personlichen Schutzmechanismen sind hier zu erwahnen. Neben der Salutogenese spielen aber auch soziale Beziehungen und die soziale Unterstutzung eine wichtige Rolle. Soziale Unterstutzung kann - Informativ sein, d.h. Hilfe beim Problemlosen, Informationen geben oder uber ein Problem sprechen - Instrumentell sein, d.h. praktische Hilfen im Alltag anbieten (Hilfe im Haushalt, Fahrdienste etc.) - Emotional sein, d.h. Intimitat und Vertrauen aufbauen und zulassen, Trost spenden, Selbstwert starken, gemeinsames Erleben von positiven Gefuhlen. - Geistige Unterstutzung, d.h. Lebensvorstellungen, Werte und Normen miteinander teilen. Je nach Thema kommen verschiedene Personengruppen zum Zuge, welche die jeweilige Unterstutzung bieten konnen. Dies konnen Familie, Freunde, Arbeitskollegen aber auch Bekannte 18 Krh.-Hyg. + Inf.verh. 36 Heft 1 (2014): 18–19 http://journals.elsevier.de/khinf

Serie „Gesundheitsprävention“

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SERIE

Serie ,,Gesundheitspr€avention‘‘

Veronika Geng

Stressbew€altigung oder derUmgang mit Stress

Manche haben viel Arbeit und langenhin, und manche haben viel Streß undreden davon. (Hermann Lahm)

In dieser Folge geht es um dieStressbew€altigung und den Umgang mitdem Stress. Doch zuerst noch ein kleinerAusflug in die stressversch€arfendenEinstellungen. Ein aktuellesStressgeschehen wird oft durch diehabituelle, biografisch gewordeneEinstellung und Motivkonstellationhervorgerufen. Die aufgef€uhrtenEinstellungen bzw. Motive tragen h€aufigzu aktuellen stressbezogenenTransaktionen bei.

1. Perfektionistische Kontrollambitionen2. Arbeitssucht3. Entt€auschte Erwartungen

Zu 1Bei dieser Einstellung ist die Kontrolledas zentrale Thema, das heißt alleBestrebungen laufen darauf hinaus, allesselbst unter Kontrolle zu haben. DieseBestrebungen zeigen sich in

- Streben nach Perfektionismus, Fehlerwerden nicht toleriert, da diese einenHinweis auf den Kontrollverlust geben.

- Unf€ahigkeit zu delegieren – so kanndie Kontrolle nicht verloren werden.Oft werden Delegationenangenommen aber selbst delegierenf€allt schwer.

- Bei St€orungen kommt es zu Ungeduld,Reizbarkeit, Irritierbarkeit.

- Notwendigkeit zur eigenenEntspannung wird verdr€angt, da damitdie Abgabe von Kontrolle entsteht.

Oft gehen diese Einstellungsmerkmalemit einem fehlenden Grundvertraueneinher.

Zu 2Mit der Arbeitssucht wird einunaufh€orlicher Drang bezeichnet, st€andigarbeiten zu m€ussen, bzw. an die Arbeitzu denken. Arbeitss€uchtige arbeiten oftlange, aber noch lange nicht effektiv.Arbeitss€uchtige arbeiten nicht nurstundenm€aßig lang, sondern siegewinnen ihren Selbstwert aus dieserArbeit und der erbrachten Leistung. Esbesteht ein fließender €Ubergangzwischen normaler Arbeitsbelastung undder Arbeitssucht.Arbeitssucht zeigt sich in:

- Verleugnung der Sucht undBagatellisierung der Sucht und derenFolgen. Ein Arbeitss€uchtiger ist zusich selbst und seinem Umfeldunehrlich oder sucht Ausreden undversucht die Sucht zu vertuschen, indem heimlich gearbeitet wird odereben durch Ausreden das Arbeitennegiert wird.

- Zwanghaftigkeit, die einhergeht mitder Unf€ahigkeit sich zu entspannen.Die Arbeit beherrscht den Alltag.

- Selbstzerst€orung und Zerst€orungsozialer Beziehungen. Das heißt dieFamilie steht eher im Weg und wirdvernachl€assigt. Zerr€uttete Familien undBeziehungen gehen oft mit einerArbeitssucht einher.

- Arbeitssucht geht oft mit anderenS€uchten daher z.B. Drogen undMedikamente oder Alkohol.

Zu 3 - Entt€auschte ErwartungenDieses Ph€anomen ist besonders in densogenannten Helferberufen h€aufiger zufinden. Nach einer anf€anglich fastschon enthusiastischen Anfangsphasemit hoch gesteckten Zielen und oftauch Selbst€ubersch€atzung derM€oglichkeiten in einem Projekt tretennach und nach Frustrationen auf. Das

Ziel wird erreicht, aber die Belohnungbleibt aus oder w€ahrend desProjekts werden immer wiederKn€uppel zwischen die Beinegeworfen – sogenannteZielblockierungen. Das Eingest€andniseiner solchen ,,Niederlage‘‘ oder desNichterreichens eines Ziels sindGrundlage f€ur eine Neuorientierung.Burn-out gef€ahrdete Menschenversuchen die Niederlage oder dasScheitern so lange wie nur m€oglich zunegieren oder fl€uchten sich auch inAlkohol und Medikamente.

Stressbew€altigungWie in einem fr€uheren Artikel dieserSerie beschrieben, spielt dieSalutogenese, die von Aron Antonovskyin den 70iger Jahren publiziert wurde,eine nicht zu untersch€atzende Rolle beider Stressbew€altigung. Insbesonders diepers€onlichen Schutzmechanismen sindhier zu erw€ahnen.Neben der Salutogenese spielen aberauch soziale Beziehungen und diesoziale Unterst€utzung eine wichtigeRolle. Soziale Unterst€utzung kann

- Informativ sein, d.h. Hilfe beimProbleml€osen, Informationen gebenoder €uber ein Problem sprechen

- Instrumentell sein, d.h. praktischeHilfen im Alltag anbieten (Hilfe imHaushalt, Fahrdienste etc.)

- Emotional sein, d.h. Intimit€at undVertrauen aufbauen und zulassen,Trost spenden, Selbstwert st€arken,gemeinsames Erleben von positivenGef€uhlen.

- Geistige Unterst€utzung, d.h.Lebensvorstellungen, Werte undNormen miteinander teilen.

Je nach Thema kommen verschiedenePersonengruppen zum Zuge, welche diejeweilige Unterst€utzung bieten k€onnen.Dies k€onnen Familie, Freunde,Arbeitskollegen aber auch Bekannte

18 Krh.-Hyg. + Inf.verh. 36 Heft 1 (2014): 18–19http://journals.elsevier.de/khinf

sein, mit denen man irgendwelcheInteressen verbindet.

F€ur Entspannung sorgen (Bild: DorotheaJacob; pixelio.de)Inwieweit Stressbelastungen zuKrankheiten f€uhren oder sich auf dieGesundheit auswirken, h€angt davon ab,welche Strategien eingesetzt werden.Diese Strategien werden unter demBegriff der Bew€altigung (Coping)zusammengefasst. DieBew€altigungsstrategien werden inverschiedenen Literaturquellen inunterschiedliche Konzepte undKlassifikationssysteme eingeteilt. Einesdieser Konzepte wird nachfolgendvorgestellt.

1. Instrumentelles StressmanagementHier stehen die Stressoren imVordergrund, konkret, dass man aufaktuelle und konkreteBelastungssituationen eingeht undsich die Kr€afte auf eine m€oglichststressfreie Gestaltung der eigenenArbeits- und Lebensbedingungenkonzentrieren.Hierzu geh€ort u.a.

� Delegation von Arbeitsaufgaben imB€uro und auch zuhause

� Nein Sagen� Aufgaben gezielt planen undstrukturieren

� Priorit€aten definieren evl. auch imTeam

� Zeitplanung optimieren2. A. Mentales Stressmanagement

Hier liegt der Fokus auf denpers€onlichen Stressverst€arkern, denpers€onlichen Motiven, Einstellungenund Denkmustern. Dazu geh€ort u.a.:- Leistungsgrenzen akzeptieren- Perfektionismus selbstkritisch€uberpr€ufen

- Es gibt keine Schwierigkeitensondern Herausforderungen

- Wenig Erwartungen an anderehaben

- Den Blick f€ur das Wesentlicheschulen

- Innere Distanz zu den Aufgabenlernen

2. B. Regeneratives StressmanagementHier stehen die Kontrolle undRegulierung der physiologischen undpsychischen Stressreaktionen imVordergrund. Dazu z€ahlen u.a.- Entlastende Gespr€ache undErmutigung suchen

- Kurze Entspannungsphasen suchen- Sich selbst was Gutes tun- Einem Hobby nachgehen- Freundschaften pflegen undsoziales Netzwerk

- Entspannungs€ubungen (AutogenesTraining, Thai Chi, Chi-Gong, Yogaetc.)

- Sport treiben oder anderek€orperliche Aktivit€aten (z.B. Holz

spalten, handwerkliche T€atigkeiten,Gartenarbeit)

3. Strukturelles StressmanagementHier wird auf €ubergeordnete,belastende Strukturen eingegangen,die nicht direkt im Einfluss desIndividuums stehen. So werden aufdie Stressoren, die Einstellungen undBewertungen derselben sowie an dieStressfaktoren eingegangen. Hierzuwird zum Beispiel die betrieblicheGesundheitsvorsorge genutzt.

Ob die eher passive Form derStressbew€altigung gew€ahlt wird wie z.B.Autogenes Training in einem Kurs oderdie aktive Form des sich Bewegens,h€angt vom einzelnen Typen ab, was ihnmehr anspricht.Mit diesem Artikel ist die Serie,,Gesundheitspr€avention‘‘ abgeschlossen.Ich hoffe, Sie haben einiges gelernt odersich bewusst gemacht und k€onnen daseine oder andere f€ur sich selbst inZukunft einsetzen.

Referiert von:Veronika GengManfred-Sauer-Stiftung74931 [email protected]

Weiterf€uhrende Literatur

Kaluza, G. Stressbew€altigung; 2.Vollst€andig €uberarbeitete AuflageSpringer, Verlag Berlin-Heidelberg (2011)

Krh.-Hyg. + Inf.verh. 36 Heft 1 (2014): 18–19http://journals.elsevier.de/khinf 19