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1 SGB V Gliederung - Geschichte - Gesundheitsfonds - Prinzipien der GKV - Versicherungspflicht- und Freiheit - Beitrag - Leistungen der GKV - Unterschiede GKV - PKV - Leistungserbringer Geschichte A. Zweige der Sozialversicherung - Krankenversicherung - Unfallversicherung - Rentenversicherung - Arbeitslosenversicherung - Pflegeversicherung B. Geschichte Ursprung der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Bismarck´sche Krankenversicherungsgesetz vom 15. Juni 1883. 1911 wurden die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Invaliditätsversicherung und die Altersversicherung in der Reichsversicherungsordnung (RVO) zusammengefasst. Ursprünglich war die Krankenversicherung eine Arbeiterversicherung. Später wurde die gesetzliche Krankenversicherung auf weitere Personengruppen ausgedehnt. In den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Landwirte,

SGB V Skript2a...- Leistungen der GKV an die Versicherten grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen, § 2 Abs. 2 SGB V (Ausnahme: Kostenerstattung nach § 13 SGB V) - das bedeutet,

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SGB V

Gliederung

- Geschichte

- Gesundheitsfonds

- Prinzipien der GKV

- Versicherungspflicht- und Freiheit

- Beitrag

- Leistungen der GKV

- Unterschiede GKV - PKV

- Leistungserbringer

Geschichte

A. Zweige der Sozialversicherung

- Krankenversicherung

- Unfallversicherung

- Rentenversicherung

- Arbeitslosenversicherung

- Pflegeversicherung

B. Geschichte

Ursprung der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Bismarck´sche

Krankenversicherungsgesetz vom 15. Juni 1883. 1911 wurden die

Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Invaliditätsversicherung und die

Altersversicherung in der Reichsversicherungsordnung (RVO) zusammengefasst.

Ursprünglich war die Krankenversicherung eine Arbeiterversicherung. Später wurde

die gesetzliche Krankenversicherung auf weitere Personengruppen ausgedehnt. In

den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Landwirte,

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Behinderte, Studenten, selbständige Künstler und Publizisten der

Krankenversicherungspflicht unterstellt und in die gesetzliche Krankenversicherung

einbezogen. Außerdem wurden die Leistungen ausgeweitet (Früherkennung,

Haushaltshilfe, Krankengeld, Sonderurlaub bei Pflege eines erkrankten Kindes etc.).

Ab den 1980er Jahren war das Ziel der Reformgesetze die Kostendämpfung zur

Stabilisierung der Beitragssätze. Die neuesten Reformgesetze zielen zudem auf eine

Steuerung der Versorgung ab (Anreize für Landärzte, Einzug von Vertragsarztsitzen

bei Überversorgung, keine Abstaffelung bei Honoraren von Ärzten in unterversorgten

Gebieten) und reformierten die Krankenhausfinanzierung. 2009 wurde der

Gesundheitsfonds eingeführt. 2015 erfolgte in § 241 SGB V eine Festschreibung des

Beitragssatzes (bundeseinheitlich) bei grundsätzlich 14,6 Prozent sowie des

Arbeitgeberanteils bei grundsätzlich 7,3 Prozent.

Gesundheitsfonds

Finanzierung der GKV über den Gesundheitsfonds

- Rechtsgrundlage: § 271 SGB V

- wird durch das Bundesversicherungsamt als Sondervermögen verwaltet

- in ihn fließen sämtliche Krankenkassenbeiträge und sonstige Einnahmen (z. B.

Zuschüsse des Bundes)

- im Wege eines Risikostrukturausgleichs erhalten die Krankenkassen zur Deckung

ihrer Ausgaben nach § 266 Abs. 1 SGB V aus dem Gesundheitsfonds folgende

Zuweisungen:

1. eine Grundpauschale

2. alters-, geschlechts- und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der

unterschiedlichen Risikostrukturen

3. Zuweisungen für sonstige Aufgaben (z. B. für Disease-Management-Programme =

strukturierte Behandlungsprogramme für bestimmte Krankheiten wie Diabetes)

- die Zusatzbeiträge werden nach § 270a SGB V über den Einkommensausgleich

ausgeglichen

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Daher stellt sich die Finanzierung des Gesundheitssystems über den

Gesundheitsfonds und die Zusatzbeiträge wie folgt dar:

Finanzierung des Gesundheitssystems

Gesundheitsfonds

Steuerzahler

Arbeit-

nehmer

Arbeit-

geber

einheitlicher Beitrag

Gesetzliche Krankenversicherungen (AOK, BKK, IKK etc.)

Zusatzbeiträge

Leistungserbringer (KV, KZV, Krankenhäuser etc.)

Prinzipien der GKV

A. Versicherungsprinzip

- Vorrang der Pflichtversicherung

- Versicherung aufgrund bestimmter Umstände (z. B. abhängige Beschäftigung) ohne

Abschluss eines privaten Versicherungsvertrags

- Finanzierung durch Beiträge ohne erhebliche Staatszuschüsse

- Gewährung von Leistungen im Krankheitsfall ohne vorherige Bedürfnisprüfung

- anders als im Sozialhilferecht gilt keine Subsidiarität

B. Solidaritätsprinzip

- solidarische Finanzierung der Leistungen der GKV, § 3 SGB V

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- Höhe des Beitrags unabhängig vom individuellen Risiko und der in Anspruch

genommenen Leistungen

- Höhe des Beitrags bemisst sich nach dem Einkommen, d. h. nach der

wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

- Gesunde müssen daher für Kranke, Ledige für Familien, Kinderlose für Kinder

anderer, Besserverdienende für Geringverdienende eintreten

- Familienversicherung

- aufgrund dessen Risikostrukturausgleich durch die Zuweisungen aus dem

Gesundheitsfonds

- Grundlage: Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG

- Ziel: bezahlbarer Krankenversicherungsschutz für alle

- Parität zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil des Beitrages (Ausnahme:

Zusatzbeitrag, den der Arbeitnehmer allein trägt, soll laut Koalitionsvertrag wieder

geändert werden, volle Parität zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil soll

wieder hergestellt werden)

- in der PKV wird ein privater Versicherungsvertrag nach dem VVG abgeschlossen,

die Höhe des Beitrags richtet sich nach dem individuellen versicherten Risiko

C. Sachleistungsprinzip

- Leistungen der GKV an die Versicherten grundsätzlich als Sach- und

Dienstleistungen, § 2 Abs. 2 SGB V (Ausnahme: Kostenerstattung nach § 13 SGB V)

- das bedeutet, die Versicherten erhalten z. B. Heilbehandlung durch Ärzte, ohne

diese direkt bezahlen zu müssen, die GKV vergütet die ärztlichen Leistungen

- durch Wahltarife kann stattdessen Kostenerstattung gewählt werden

- bei nichtaufschiebbaren Leistungen ebenfalls Kostenerstattung möglich, ebenso bei

Behandlungen im Ausland

- in der PKV gilt das Kostendeckungsprinzip, das bedeutet, der Versicherungsnehmer

schließt mit dem behandelnden Arzt oder sonstigen Leistungserbringer einen

privatrechtlichen Vertrag ab, der Leistungserbringer stellt dem Patienten seine

Leistung in Rechnung, der Patient tritt in Vorleistung und begleicht die Rechnung und

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reicht sie danach bei seiner PKV ein, die nach den Grundsätzen des abgeschlossenen

Versicherungsvertrages dem Versicherungsnehmer die Kosten erstattet

D. Selbstverwaltungsprinzip

- GKV = rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung, § 4

Abs. 1 SGB V

- daraus folgt: Rechtsetzungs- bzw. Satzungsbefugnis, Autonomie, Aufgabenerfüllung

in eigener Verantwortung

- Selbstverwaltungsorgane: Verwaltungsrat und Vorstand

- organisiert in Landesverbänden (vgl. § 211 SGB V) und im Spitzenverband Bund der

Krankenkassen (§ 217a SGB V)

Versicherter Personenkreis

A. Versicherungspflicht

Insbesondere besteht für folgende Personen eine Versicherungspflicht in der GKV:

1. abhängig Beschäftigte, die die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschreiten, § 5

Abs. 1 Nr. 1 SGB V; Ausnahme: § 5 Abs. 5 SGB V, hauptberuflich selbständig tätig

2. ALG-II-Bezieher, § 5 Abs. 1 Nr. 2a; Ausnahme: § 5 Abs. 5a SGB V

3. Rentner, § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V

Voraussetzungen:

- Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung

- Stellung des Antrags auf Rente

- Vorversicherungszeit: mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Erwerbslebens

Mitglied in der GKV oder familienversichert

4. Auffangtatbestand, § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V

Voraussetzungen:

- momentan nicht versichert

- kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall

- zuletzt in der GKV versichert oder ohne früheren Krankenversicherungsschutz

(früher weder in der GKV noch in der PKV versichert)

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- nicht hauptberuflich selbständig oder versicherungsfrei nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB

V (z. B. wegen Übersteigens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder wegen Status als

Beamter)

B. Versicherungsfreiheit

Versicherungsfrei sind insbesondere folgende Personen:

1. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V: Einkommen übersteigt die Jahresarbeitsentgeltgrenze;

die Jahresarbeitsentgeltgrenze wird nach § 6 Abs. 6 SGB V jährlich festgelegt (vgl.

Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung)

2. § 6 Abs. 1 Nr. Nr. 2 SGB V: Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie

Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes,

eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen

Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher

Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen

Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge

und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben

3. § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB V: Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften

anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften

oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf

Beihilfe haben

4. § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB V: Pensionäre, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt

oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle

nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben

5. § 6 Abs. 3a SGB V: wenn nach Vollendung des 55. Lebensjahres die

Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht eintreten. Weitere Voraussetzungen:

- keine Versicherung in der GKV oder über die Familienversicherung während der

letzten fünf Jahre

- mindestens die Hälfte dieser Zeit selbst oder der Ehegatte bzw. Lebenspartner

(Ehegatten von Beamten oder Selbständigen sollen im Alter nicht

versicherungspflichtig werden) versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit

oder wegen hauptberuflicher Selbständigkeit nicht versicherungspflichtig (liegt bei

Rückkehr aus dem Ausland oder bei vorangegangenem Sozialhilfebezug nicht vor)

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Dadurch soll vermieden werden, dass Betroffene dann, wenn sie infolge ihres Alters

oder von Vorerkrankungen höhere Beiträge in der PKV zahlen müssten, in die GKV

wechseln können.

Es besteht ein Anspruch von Nichtversicherten auf den Basistarif in der PKV

nach §§ 315 SGB V, 152 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz); d. h. , dass die

PKV einen Basistarif für nicht in der GKV Versicherte anbieten muss. Außerdem

bestimmt § 5 Abs. 9 SGB V: „Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10

nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine

Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9,

ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines

Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf

Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt

ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung

bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind

dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1

nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung

des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche

Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der

neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen

Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach

der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5,

9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5

oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung

nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten

Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag

sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung

entsprechend anzuwenden.“ Dadurch soll möglichst verhindert werden, dass

Patienten nicht krankenversichert sind.

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6. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB V: Geringfügig Beschäftigte nach § 8 SGB IV

(durchschnittliches monatliches Arbeitsentgelt übersteigt 450,00 nicht; mehrere

Einkommen werden zusammen gerechnet); Ausnahme: § 7 Abs. 1 S. 1, 2. HS SGB V

Werkstudentenprivileg: Wenn ordentlich Studierende einer Hochschule (d. h.

immatrikulierte Studierende, gilt daher nicht bei einem Urlaubssemester, aber grds.

auch nicht bei Promotionsstudierenden und dual Studierenden) neben dem Studium

nicht mehr als 20 Stunden pro Woche berufstätig sind, sind sie in der Kranken-,

Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei, §§ 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, 27

Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SGB III. Unschädlich ist es, wenn in der vorlesungsfreien Zeit diese

Grenze überschritten wird, wenn dies innerhalb eines Jahres in nicht mehr als 26

Wochen geschieht.

C. Freiwillige Versicherung § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V

Personen, die aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind, können freiwillig der

GKV beitreten, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens

24 Monate oder direkt vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate

in der GKV versichert waren. Die Formalmitgliedschaft aufgrund der Stellung des

Rentenantrages nach § 189 SGB V genügt nicht.

Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V ist der Beitritt innerhalb von drei Monaten nach

Beendigung der Mitgliedschaft anzuzeigen. Gemäß § 188 Abs. 3 SGB V muss diese

Erklärung schriftlich abgegeben werden. Nach Ansicht des BSG kann für einen

geschäftsunfähigen Betreuten der Betreuer diesen Antrag stellen, wenn sein

Aufgabenkreis „Sorge für Gesundheit und Vermögenssorge“ umfasst. Ein

Sozialhilfeträger kann diesen Antrag jedoch nicht stellen.

Eine Frist von sechs Monaten gilt für Rentner, die ab 31.03.2002 Anspruch auf Rente

besitzen und die vor dem 01.04.2002 geltenden Vorversicherungszeiten nicht

erfüllen, sowie für Spätaussiedler (§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, 7 SGB V).

D. Familienversicherung, § 10 SGB V

Über die Familienversicherung sind zusammen mit dem GKV-Versicherten sind der

Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder sowie die Kinder von

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familienversicherten Kindern mitversichert, wenn diese ihren Wohnsitz oder

gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8,

11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert sind, nicht versicherungsfrei oder nicht von

der Versicherungspflicht befreit sind (Ausnahme: Versicherungsfreiheit wegen

geringfügiger Beschäftigung nach § 7 SGB V), nicht hauptberuflich selbständig

erwerbstätig sind und kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig 1/7 der

Bezugsgröße (2019: 455,00 Euro; 2020: geplant 455,00 Euro) überschreitet; für

geringfügig Beschäftigte nach § 8 SGB IV beträgt das zulässige Gesamteinkommen

450 Euro pro Monat. Die Bezugsgröße wird ebenfalls durch die Sozialversicherungs-

Rechengrößenverordnung festgelegt. Studierende sind bei ihren Eltern bis zur

Vollendung des 25. Lebensjahres mitversichert, wenn sie die Einkommensgrenze

nicht überschreiten (§ 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Behinderte (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB

IX) Kinder sind grds. unabhängig vom Alter mitversichert, wenn sie außerstande

sind, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung zum Zeitpunkt des Erreichens

der Altersgrenze bereits vorlag (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V).

Wer familienversichert ist, ist nicht Mitglied der GKV, hat aber dennoch Anspruch auf

Leistungen entsprechend dem SGB V.

E. Befreiung von der Versicherungspflicht, § 8 SGB V

Voraussetzung: Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der

Versicherungspflicht bei der gesetzlichen Krankenversicherung gestellt werden und

der Betroffene muss das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung

im Krankheitsfall nachweisen (z. B. in der PKV versichert sein).

Die Möglichkeit zur Befreiung besteht insbesondere für Studierende, für Ärzte im

Praktikum, für in einer Einrichtung für behinderte Menschen Tätige und für in den

letzten fünf Jahren vor dem Bezug nicht gesetzlich krankenversicherte Bezieher von

Arbeitslosengeld.

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Beiträge

A. Privatversicherte

Bei Privatversicherten richtet sich die Höhe des Beitrags nach dem abgeschlossenen

Versicherungsvertrag, der auch regelt, was von der Versicherung umfasst wird. Die

Höhe des Beitrags bemisst sich sowohl nach dem individuellen versicherten Risiko

(Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen) als auch nach dem Umfang der Leistungen, die

durch die abgeschlossene Versicherung erfasst werden (z. B. ob die Kosten für

Heilmittel nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz erstattet werden, ob

Homöopathie umfasst ist).

B. in der GKV Versicherte

Die Höhe des Beitrags bemisst sich nach dem Einkommen und nicht nach dem

versicherten Risiko. Bei einer Familienversicherung erhöht sich der Beitrag des GKV-

Mitglieds nicht. Der Beitrag beläuft sich für den Versicherten nach § 241 SGB V

grundsätzlich auf 7,3 Prozent sowie für den Arbeitgeber auf 7,3 Prozent des

Einkommens. Beim Anteil des Versicherten ist das gesamte Einkommen, nicht nur

das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Zusatzbeiträge sind nunmehr ebenfalls hälftig

vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu tragen. Falls der Versicherte keinen Anspruch

auf Krankengeld besitzt, beträgt der Beitrag nach § 243 SGB V 14,0 Prozent anstelle

von 14,6 Prozent. Das für die Berechnung des Beitrags heranzuziehende Einkommen

wird durch die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt, die ebenfalls durch die

Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung festgelegt wird.

C. Zuzahlungen

GKV-Versicherte haben i. d. R. Zuzahlungen zu leisten. Die Höhe der Zuzahlungen

ist in § 61 SGB V geregelt, die Befreiung von Zuzahlungen in § 62 SGB V.

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Leistungen

A. Allgemeines

I. Grundsatz, § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V

Grundsätzlich haben die durch die GKV gewährten Leistungen hinsichtlich ihrer

Wirksamkeit und Qualität dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und

Forschung zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Der

Gemeinsame Bundesausschuss (er wird nach § 91 Abs. 1 SGB V gebildet von den

Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und

dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen) erlässt nach §§ 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5

und 6, 135 Abs. 1, 137c Abs. 1 SGB V hierzu Richtlinien und Empfehlungen, in die

aufgenommen wird, welche Behandlung und welche Arzneimittel, Heil- und

Hilfsmittel bei welcher Diagnose anwendbar sind und welche Behandlungs- und

Untersuchungsmethoden anerkannt sind. Ausgeschlossen von der Leistungspflicht

der Krankenkassen sind insbesondere unwirksame Behandlungsmethoden, neue,

noch nicht ausreichend erprobte Behandlungs- und Untersuchungsmethoden und

nicht bewährte Außenseitermethoden. Der Stand der medizinischen Wissenschaft ist

international zu betrachten und nicht allein nach den Leitlinien einer Fachgruppe.

Anerkannt sind nicht nur schulmedizinische Methoden, sondern auch alternative

Methoden, deren Wirksamkeit nachgewiesen wurde. Dabei unterscheiden §§ 135,

137c SGB V danach, ob es sich um eine ambulante oder eine stationäre Behandlung

handelt. Bei einer ambulanten Behandlung besteht nach § 135 SGB V ein Verbot mit

Erlaubnisvorbehalt, d. h., dass Behandlungsmethoden verboten sind, es sei denn, der

Gemeinsame Bundesausschuss hat sie anerkannt und damit ihre Anwendung erlaubt.

Bei einer stationären Behandlung liegt dagegen nach § 137c SGB V eine Erlaubnis

mit Verbotsvorbehalt vor. Das bedeutet, dass Behandlungsmethoden erlaubt sind

und durchgeführt werden können, solange der Gemeinsame Bundesausschuss dies

nicht untersagt hat.

II. Nicht anerkannte Behandlungsmethoden, § 2 Abs. 1a SGB V

Das Bundesverfassungsgericht hat am 06.12.2005 in seiner so genannten

Nikolausentscheidung entschieden, dass aufgrund des durch Art. 2 Abs. 2 GG

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gewährten Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit und aufgrund von Art. 2

Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG bei

lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Erkrankungen eine

Leistungspflicht der GKV auch dann gegeben ist, wenn die neue Behandlungs- und

Untersuchungsmethode noch nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss

anerkannt und kein statistischer Wirksamkeitsnachweis erbracht wurde, sondern

lediglich eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare

positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im konkreten Einzelfall verspricht.

Dasselbe gilt für eine Erkrankung, die wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen

oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung vergleichbar ist. Wertungsmäßig

vergleichbar ist nach der Rechtsprechung des BSG eine die Lebensqualität auf Dauer

nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung wie der Verlust eines wichtigen

Sinnesorgans (z. B. akut drohende Erblindung) oder einer herausgehobenen

Körperfunktion. Der Verlust muss in absehbarer Zeit eintreten.

Aufgrund der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde § 2

Abs. 1a SGB V eingeführt, der bestimmt, dass GKV-Versicherte mit einer

lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung oder mit einer

zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein

anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur

Verfügung steht, auch eine nicht in § 2 Abs. 1 SGB V genannte Leistung

beanspruchen können, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung

oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Der

Gemeinsame Bundesausschuss hat diese Erkrankungen mittlerweile in § 2 Abs. 2

seiner Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen

Versorgung, Richtlinie „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ aus dem

Geltungsbereich der Richtlinie herausgenommen. Bei der Krankenkasse kann nach §

2 Abs. 1a S. 2 SGB V vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung

durch den Behandler oder den Versicherten beantragt werden. Durch die

Kostenübernahmeerklärung wird dann gem. § 2 Abs. 1a S. 3 SGB V die

Abrechnungsfähigkeit der Leistung festgestellt.

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III. Leistungsarten, § 11 Abs. 1 SGB V

Nach § 11 Abs. 1 SGB V haben GKV-Versicherte Anspruch auf Leistungen:

- bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i)

- zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung

- zur Empfängnisverhütung

- bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b)

- zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten

(§§ 25 und 26)

- zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52)

- des Persönlichen Budgets nach § 29 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe

behinderter Menschen)

§ 11 Abs. 1 SGB V stellt keine Anspruchsgrundlage dar, sondern verweist auf die

einzelnen Anspruchsgrundlagen.

IV. Wirtschaftlichkeitsgebot, § 12 SGB V

Nach § 12 Abs. 1 SGB V gilt das so genannte Wirtschaftlichkeitsgebot. Hiernach

müssen die erbrachten Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein

und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht

notwendig oder unwirtschaftlich sind, können GKV-Versicherte nicht beanspruchen,

dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Die Notwendigkeit orientiert sich an der medizinischen Indikation und dem Zweck der

Leistung. Die Leistung muss nach der Rechtsprechung des BSG unvermeidlich und

unentbehrlich sein. Es darf keine kostengünstigere Alternative zur Verfügung stehen.

Zweckmäßig bedeutet, dass die Leistung effektiv ist, d. h., dass sie dazu geeignet ist,

den therapeutischen Zweck bzw. das Behandlungsziel zu erreichen. Ausreichend ist

die Leistung nach der Rechtsprechung des BSG, wenn sie den Grad des Genügenden

weder über- noch unterschreitet, nicht qualitativ mangelhaft ist und nach Umfang

und Qualität hinreichende Chancen für einen Heilerfolg bietet.

Wenn Festbeträge festgelegt wurden, erfüllt die Krankenkasse nach § 12 Abs. 2 SGB

V ihre Leistungspflicht mit Gewährung des Festbetrags.

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B. Leistungen, die unabhängig vom Krankheitsfall erbracht

werden

Nach § 11 Abs. 1 SGB V werden Leistungen u. a. auch dann erbracht, wenn keine

Krankheit behandelt oder verhütet werden soll, und zwar in folgenden Fällen:

- bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i)

- zur Empfängnisverhütung

- bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b)

- zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten

(§§ 25 und 26)

C. Leistungen, die im Zusammenhang mit einem Krankheitsfall

erbracht werden

Krankheitsbegriff

Die übrigen Leistungen werden im Zusammenhang mit einer Krankheit (zur

Behandlung, zur Verhütung und zur Verhinderung einer Verschlimmerung einer

Krankheit) erbracht. Obwohl die Krankenkassen sich nach § 1 SGB V als

Gesundheitskassen verstehen, knüpft das Leistungssystem der GKV nicht an den

Gesundheitsbegriff der WHO an. Gesundheit ist danach ein Zustand des vollständigen

körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens. Für das Leistungssystem der GKV

ist dagegen der Begriff der Krankheit wesentlich.

Nach der Rechtsprechung des BSG liegt ein Krankheitsfall dann vor, wenn ein

regelwidriger Körper- oder Geisteszustand besteht, der eine

Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Bei Entstellungen

und anatomischen Abweichungen liegt nur dann eine Krankheit vor, wenn der

Betroffene in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder eine schwere

sichtbare Entstellung (z. B. schwere Brandnarben, Haarausfall bei einer Frau, aber

nicht bei einem Mann) vorliegt.

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I. Regelwidriger Körper- oder Geisteszustand

Da eine Regelwidrigkeit Voraussetzung für das Vorliegen einer Krankheit ist, darf der

Zustand nicht auf natürlichen Prozessen wie z. B. Alterschwäche beruhen, es sei

denn das übliche und für den Betroffenen erträgliche Maß wird überschritten. Der

Betroffene muss hierbei mit einem gesunden, zur Ausübung normaler physischer und

psychischer Funktionen fähigen Menschen verglichen werden. Das bedeutet, dass

man sich bei der Feststellung, ob ein regelwidriger Zustand vorliegt am Durchschnitt

orientieren muss. Regelwidrigkeit liegt daher dann vor, wenn der Betroffene in

seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird und diese nicht unwesentlich gestört

sind. Bei einer Entstellung ist die Regelwidrigkeit dann gegeben, wenn der Betroffene

objektiv an einer körperlichen Auffälligkeit von solchem Maß leidet, dass seine

Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährdet ist. Dies ist dann der Fall, wenn es

sich um eine körperliche Auffälligkeit handelt, die sich schon bei flüchtiger

Begegnung bemerkbar macht und es dem Betroffenen erschwert, sich frei und

unbefangen unter Menschen zu bewegen, da er naturgemäß alle Blicke auf sich zieht

und zum Objekt der Neugier wird. Eine psychische Belastung des Betroffenen allein

reicht hierfür nicht aus.

II. Behandlungsbedürftigkeit

Eine Behandlungsbedürftigkeit liegt vor, wenn durch den regelwidrigen Körper- und

Geisteszustand die physischen oder psychischen Funktionen derart eingeschränkt

sind, dass ihre Wiederherstellung der Hilfe eines Arztes bedürfen. Dafür muss die

Krankheit behandlungsfähig sein, zumindest müssen eine Linderung der

Beschwerden oder eine Lebensverlängerung mögliche sein.

III. Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähig ist jemand, wenn er seiner bisher ausgeübten Erwerbsfähigkeit nicht

mehr oder nur auf die Gefahr hin nachgehen kann, dass sich sein Zustand

verschlimmert.

D. Leistungsbeschränkungen bei Selbstverschulden, § 52 SGB V

Nach § 52 Abs. 1 SGB V kann die Krankenkasse den Betroffenen an den Kosten

beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise versagen, wenn dieser sich eine

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Krankheit vorsätzlich zugezogen hat. Bedingter Vorsatz (= billigend in Kauf nehmen)

bezüglich der Krankheit genügt. Daran fehlt es i. d. R. bei ungesunder

Lebensführung (Rauchen) und gefährlichen Sportarten (Kickboxen, Tae Kwon Do),

da der Betroffene normalerweise darauf vertraut, dass kein Krankheitsfall eintreten

wird. Anders kann es sich im Einzelfall beim Drogenkonsum verhalten, wobei es im

Falle einer Abhängigkeit an der für die Vorliegen eines Vorsatzes erforderliche freie

Willensbestimmung fehlen kann. Bei einem Suizidversuch liegt in der Regel kein

Vorsatz hinsichtlich einer Krankheit vor, da keine Gesundheitsbeeinträchtigung,

sondern eine Tötung beabsichtigt wird.

Gem. § 52 Abs. 1 SGB V kann die Leistung ebenfalls beschränkt werden, wenn der

Betroffene sich die Krankheit bei einem von ihm vorsätzlich oder fahrlässig

begangenen Verbrechen (Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe, § 12 Abs. 1 StGB)

oder vorsätzlich begangenen Vergehen (Mindeststrafe weniger als ein Jahr

Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, § 12 Abs. 2 StGB) zugezogen hat. Hier muss sich der

Vorsatz nicht auf die Krankheit beziehen.

Nach § 52 Abs. 2 SGB V ist der Betroffene an den Kosten der Behandlung zu

beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise zu versagen, wenn dieser sich

die Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine

Tätowierung oder ein Piercing zugezogen hat. Diese Aufzählung ist abschließend

(früher war sie nur beispielhaft). Nicht erfasst sind daher das sogenannte Cutting,

Branding und Tongue Cutting, obwohl diese ebenfalls Erkrankungen zur Folge haben

können.

Bei der Entscheidung, in welcher Höhe der Betroffene an den Kosten der Behandlung

zu beteiligen ist (in § 52 SGB V ist nur davon die Rede, den Betroffenen angemessen

an den Kosten zu beteiligen), hat die Krankenkasse insbesondere den Grad des

Verschuldens, die Höhe der Aufwendungen der Krankenkasse sowie die finanzielle

Leistungsfähigkeit und Unterhaltsverpflichtungen des Betroffenen zu berücksichtigen.

Zudem sind die Interessen der Versichertengemeinschaft zu berücksichtigen, nicht

mit den Komplikationsgefahren belastet zu werden, die durch die in § 52 SGB V

genannten Verhaltensweisen entstehen.

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E. Ausschluss bei Erkrankungen, die Folge eines Arbeitsunfalls

oder einer Berufskrankheit sind

Nach § 11 Abs. 5 SGB V sind Erkrankungen, die Folge eines Arbeitsunfalls oder einer

Berufskrankheit sind, nicht von der Leistungspflicht der GKV, sondern der der

gesetzlichen Unfallversicherung umfasst.

F. einzelne Leistungen

Insbesondere werden durch die GKV folgende Leistungen erbracht:

I. Prävention und Prophylaxe, §§ 20 - 24 SGB V

Die Krankenkassen müssen nach § 20 SGB V Leistungen zur Verhinderung und

Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) und zur Förderung des

selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten

(Gesundheitsförderung) erbringen. Die Primärprävention zielt insbesondere auf die

Verminderung von sozial bedingten und geschlechtsbezogener Ungleichheit der

Gesundheitschancen ab. Leistungen zur Prävention sollen den allgemeinen

Gesundheitszustand verbessern. Nach § 20 IV SGB V wird nach drei Typen

differenziert: Leistungen zur individuellen Verhaltensprävention, zur

Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten, § 20a SGB V und zur

betrieblichen Gesundheitsförderung, § 20b SGB V. Konkret werden z. B. Kurse

angeboten, die vorliegenden Bewegungsmangel oder ungesunde

Ernährungsgewohnheiten bekämpfen.

Nach § 20i SGB V haben Versicherte Anspruch auf primäre Prävention durch

Schutzimpfungen. Schutzimpfungen sind jedoch nur dann im Leistungskatalog

enthalten, wenn sie in die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts aufgenommen

wurden. Ausgenommen sind Schutzimpfungen, die infolge eines nicht

berufsbedingten Auslandsaufenthaltes erforderlich sind, es sei denn, eine solche

Impfung ist zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Einschleppung von

Krankheiten erforderlich. Zur Verhütung von Zahnerkrankungen gibt es sowohl eine

Gruppen- als auch eine Individualprophylaxe (§§ 21, 22 SGB V). Nach §§ 23, 24 SGB

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V besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Vorsorgeleistungen

wie z. B. Kuren.

II. Empfängnisverhütung, § 24a SGB V

Bis zur Vollendung des 22. Lebensjahres besteht ein Anspruch auf

verschreibungspflichtige Mittel zur Empfängnisverhütung.

III. Schwangerschaftsabbruch, § 24b SGB V

Anspruch auf Leistungen bei einem Schwangerschaftsabbruch bestehen bei einem

nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch nach § 218a Abs. 2 StGB. Bei einem

Schwangerschaftsabbruch nach § 218a Abs. 1 StGB (innerhalb der ersten 12

Wochen) ist nach § 24b Abs. 3, Abs. 4 SGB V der Abbruch nicht von der

Leistungspflicht umfasst.

IV. Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft, §§ 24c - 24i SGB V

Bei einer Schwangerschaft und Mutterschaft haben Versicherte u. a. einen Anspruch

auf ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil-

und Hilfsmitteln, Entbindung, häusliche Pflege, Haushaltshilfe und Mutterschaftsgeld.

V. Vorsorgeuntersuchungen, §§ 25 - 26 SGB V (Leistungen zur

Früherkennung von Krankheiten)

Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres haben einen Anspruch auf

Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche, geistige

oder psycho-soziale Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden. Versicherte

ab Vollendung des 18. Lebensjahres haben einen Anspruch auf Untersuchungen zur

Früherkennung von Krebserkrankungen. Außerdem besitzen sie einen Anspruch auf

alters-, geschlechter- und zielgruppengerechte ärztliche Gesundheitsuntersuchungen

zur Erfassung und Bewertung gesundheitlicher Risiken und Belastungen, zur

Früherkennung von bevölkerungsmedizinisch bedeutsamen Krankheiten und eine

darauf abgestimmte präventionsorientierte Beratung, einschließlich einer

Überprüfung des Impfstatus.

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VI. Krankenbehandlung, § 27 SGB V

GKV-Versicherte haben bei Krankheit Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie

notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu

verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Außerdem sind Krankengeld und

die Übernahme von Fahrtkosten bei Erfüllung der Voraussetzungen vom

Leistungskatalog umfasst.

Zur Krankenbehandlung gehören (vgl. §§ 27a - 43b SGB V):

- Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und

psychotherapeutische Behandlung (näheres ist in den Psychotherapie-Richtlinien

geregelt)

- zahnärztliche Behandlung

- Versorgung mit Zahnersatz

- Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (näheres ist in den

zugehörigen Richtlinien geregelt)

- häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe

- Krankenhausbehandlung

- Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen

Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten.

VII. Arznei- und Verbandmittel, § 31 SGB V

Ein Anspruch besteht nur auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, die

nicht durch § 34 SGB V oder die Richtlinien des GBA ausgeschlossen sind. Nach § 34

Abs. 1 S. 6 SGB V sind für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben,

insbesondere folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel ausgeschlossen:

- Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten

einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel,

Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel

- Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen

- Abführmittel

- Arzneimittel gegen Reisekrankheit

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Vom Leistungsanspruch umfasst sind Arzneimittel nur im Rahmen ihrer Zulassung

(Arzneimittel werden für bestimmte Indikationen zugelassen). Ausnahmsweise sind

die Verwendung eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung (sog. off-label-use)

oder die Verabreichung eines noch nicht zugelassenen Arzneimittels (sog. unlicensed

use) vom Leistungsanspruch umfasst. Nach der Rechtsprechung des BSG müssen

hierfür folgende Voraussetzungen vorliegen:

- Vorliegen einer schweren, entweder lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf

Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Krankheit

- Fehlen einer vertretbaren anderen Behandlungsalternative

- Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den voraussichtlichen Nutzen des

Einsatzes des Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung für die in Frage stehende

Erkrankung (= aufgrund der bestehenden Datenlage begründete Aussicht auf einen

Behandlungserfolg)

Bei der Verwendung eines nicht zugelassenen Arzneimittels müssen zusätzlich

folgende Voraussetzungen vorliegen:

- kein Verstoß gegen das Arzneimittelrecht (bei einem Import müssen insbesondere

die Voraussetzungen nach § 73 Abs. 3 AMG erfüllt sein)

- eine konkrete Chancen- und Risikoabwägung führt dazu, dass der voraussichtliche

Nutzen überwiegt

- die Behandlung muss lege artis durchgeführt und ausreichend dokumentiert

werden

VIII. Heilmittel, § 32 SGB V

Heilmittel sind nur dann von der Leistungspflicht umfasst, wenn sie nicht durch § 34

SGB V und die Heilmittelrichtlinie des GBA ausgeschlossen sind. Sie müssen jedoch

von einem Vertragsarzt verordnet worden sein.

Heilmittel = ärztlich verordnete Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder

einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht

werden dürfen, z. B. Massagen, Physiotherapie

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I. d. R. muss der Versicherte Zuzahlungen leisten, wenn er 18 oder älter ist. Welche

Heilmittel bei welcher Indikation verordnet werden dürfen, bestimmt die

Heilmittelrichtlinie.

IX. Hilfsmittel, § 33 SGB V

Hilfsmittel = sächliches Mittel, das durch ersetzende, unterstützende oder

entlastende Wirkung den Erfolg einer Krankenbehandlung sichert oder eine

Behinderung ausgleicht oder ihr vorbeugt, z. B. Brillen, Hörgeräte

Der Leistungsanspruch wird durch das Hilfsmittelverzeichnis und die

Hilfsmittelrichtlinie konkretisiert. Nicht umfasst sind Hilfsmittel, die durch § 34 SGB V

und die Richtlinien des GBA ausgeschlossen sind.

Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben nur noch dann einen

Anspruch auf Versorgung mit einer Sehhilfe, wenn sie aufgrund ihrer Sehschwäche

auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder

einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als

sechs Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als vier Dioptrien bei

Astigmatismus aufweisen.

Eine Verordnung durch einen Vertragsarzt ist nach § 33 Abs. 5a SGB V nur in

bestimmten Fällen erforderlich. Bei Hilfsmitteln, für die Festbeträge vereinbart

wurden, ist nur dieser von der Krankenkasse zu tragen. Wenn die Kosten den

Festbetrag übersteigen, hat der Versicherte die Differenz zu tragen. Wenn ein

Hilfsmittel nicht im Leistungskatalog enthalten ist, muss der Versicherte sich die

Versorgung vorab von seiner Krankenkasse genehmigen lassen. Ansonsten hat er die

Kosten zu tragen.

Die Versorgung mit dem Hilfsmittel muss im Einzelfall erforderlich sein. Erforderlich

bedeutet geeignet, notwendig und wirtschaftlich; insbesondere der letzte Punkt führt

oft zum Ausschluss des Hilfsmittels, wenn ein günstigeres als ausreichend erachtet

wird.

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X. Soziotherapie, § 37a SGB V

Der Anspruch auf Soziotherapie (wird hauptsächlich durch Sozialarbeiter bzw.

Sozialpädagogen erbracht) ist in § 37a SGB V geregelt.

XI. Haushaltshilfe, § 38 SGB V

Die Voraussetzungen dafür, dass GKV-Versicherte im Krankheitsfall eine

Haushaltshilfe erhalten, sind in § 38 SGB V geregelt.

XII. Krankenhausbehandlung, § 39 SGB V, und häusliche Krankenpflege, §

37 SGB V

GKV-Versicherte haben Anspruch auf häusliche Krankenpflege, wenn

Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist. Der Anspruch auf Pflege

nach einem Krankenhausaufenthalt besteht nach § 37 Abs. 1 SGB V auch dann,

wenn keine Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI vorliegt. § 39c SGB V gibt einen

Anspruch auf Kurzzeitpflege als Krankenhausnachsorge nach einem

Krankenhausaufenthalt, ohne dass Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI besteht. Die

Palliativversorgung ist Bestandteil der Krankenbehandlung, § 27 I S. 3 SGB V. Nach §

37 Abs. 2a SGB V umfasst die häusliche Krankenpflege auch die ambulante

Palliativversorgung.

Zur Krankenhausbehandlung zählen nach § 39a SGB V auch Hospizleistungen. Diese

werden unabhängig davon gewährt, ob der Betroffene einer Krankenhausbehandlung

bedarf.

XIII. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, §§ 40 - 43 SGB V

Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind in §§ 40 ff. SGB V geregelt.

XIV. Krankengeld, §§ 44 - 51 SGB V, und Fahrtkosten, § 60 SGB V

Die Fahrtkosten müssen mit bestimmten Krankenversicherungsleistungen im

Zusammenhang stehen. Der Anspruch auf Krankengeld ist in §§ 44 ff. SGB V näher

geregelt. Das Krankengeld beträgt i. d. R. 70 % des ausgefallenen

Bruttoarbeitsentgelts.

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GKV – PKV

A. Allgemeines

In der GKV herrscht das Sachleistungsprinzip vor, in der PKV das

Kostenerstattungsprinzip (vgl. Prinzipien der GKV). Der Vertragsarzt oder sonstige

Leistungserbringer rechnet daher anders als bei Privatpatienten gegenüber

Kassenpatienten nicht direkt ab, sondern gegenüber der Kassenärztlichen oder

Kassenzahnärztlichen Vereinigung oder zum Teil auch gegenüber der GKV. Eine

Ausnahme bilden Leistungen, die nicht vom Leistungskatalog der GKV umfasst sind.

Eine Abrechnung gegenüber dem Patienten findet auch statt, wenn der Patient die

elektronische Gesundheitskarte nicht vorlegt oder nachreicht, wenn ein Fall der

Kostenerstattung nach § 13 SGB V vorliegt oder wenn er ausdrücklich als

Privatpatient behandelt werden möchte.

Für Vertragsärzte gilt für die Gebühren der EBM (einheitlicher Bewertungsmaßstab),

für Vertragszahnärzte der BEMA (Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen).

Gegenüber Privatpatienten rechnen Ärzte nach der GOÄ (Gebührenordnung für

Ärzte), Zahnärzte nach der GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) ab. Zahnärzte

müssen i. d. R. vor der Versorgung mit Zahnersatz einen Heil- und Kostenplan

erstellen, durch den der Patient über die für ihn anfallenden Kosten aufgeklärt wird.

Darüber hinaus ist der Patient grundsätzlich darüber aufzuklären, welche Kosten

möglicherweise nicht durch Dritte (GKV, PKV) erstattet und übernommen werden, §

630c Abs. 3 BGB.

Kostenerstattung nach § 13 SGB V (Ausnahmen vom

Sachleistungsprinzip):

- § 13 Abs. 2 SGB V: Wahlrecht der Versicherten zwischen Sachleistung und

Kostenerstattung

- § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V: Systemversagen; GKV erfüllt einen berechtigten

Leistungsanspruch nicht oder nicht rechtzeitig

- § 13 Abs. 3 S. 2 SGB V: selbst beschaffte Leistungen zur Rehabilitation

- § 13 Abs. 4, Abs. 5 SGB V: Auslandsberührung, Krankenbehandlung im Ausland

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B. Abrechnung nach GOÄ

Die Vergütung wird gegenüber Selbstzahler nach der GOÄ (Gebührenordnung für

Ärzte) bzw. der GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) abgerechnet. Es handelt sich

hierbei um Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 11 BÄO.

Die GOÄ sowie die GOZ gelten nur für Selbstzahler, nicht für Mitglieder der GKV.

GKV-Mitglieder stehen Selbstzahlern gleich, wenn sie keine Versichertenkarte

vorlegen (nach § 15 Abs. 2 SGB V muss die Versichertenkarte vor der

Inanspruchnahme der ärztliche Leistung vorgelegt werde, in dringenden Fällen kann

sie gem. § 15 Abs. 5 SGB V nachgereicht werden; wird die elektronische

Gesundheitskarte nicht innerhalb von zehn Tagen nachgereicht, kann der Arzt nach

GOÄ abrechnen, reicht der Patient die Karte bis zum Quartalsende nach, erhält er die

gezahlte Vergütung zurück), Kostenerstattung gewählt haben oder ausdrücklich als

Privatpatienten behandelt werden.

Zur Abrechnung nach GOÄ ist der Arzt standesrechtlich verpflichtet nach § 13 Abs. 2

S. 3 BMV-Ä. Rechtlich handelt es sich hierbei um eine taxmäßige Vergütung nach §

612 Abs. 2 BGB.

Die GOÄ untergliedert sich in zwei Teile, zum einen den allgemeinen Teil, zum

anderen das Gebührenverzeichnis. Nach § 3 GOÄ setzt sich die Vergütung zusammen

aus Gebühren, Entschädigungen und Ersatz von Auslagen.

I. Gebühren

Gebühren ergeben sich aus dem Steigerungssatz sowie dem Gebührensatz. Der

Gebührensatz errechnet sich nach § 5 Abs. 1 GOÄ aus der Punktezahl, die dem

Gebührenverzeichnis zu entnehmen ist, multipliziert mit dem Punktewert von derzeit

5,82873 Cent. Der so ermittelte Gebührenwert ist mit dem Steigerungssatz zu

multiplizieren, der im Regelfall dem 2,3-fachen Gebührensatz entspricht. Man spricht

insoweit vom Schwellenwert. Nur in Ausnahmefällen, die einer besonderen

Begründung in der Gebührenrechnung bedürfen, darf dieser Schwellenwert

überschritten werden und der 3,5-fache Gebührensatz abgerechnet werden. Dies ist

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namentlich dann der Fall, wenn die Behandlung vom Durchschnitt abweicht, sie vor

allem aufgrund des konkreten Krankheitsfalls überdurchschnittlich schwierig bzw.

zeit- und kostenintensiv war - § 5 Abs. 3 GOÄ. Den Arzt trifft hierfür die Beweislast.

Im sog. Basis- und Standardtarif der PKV darf nur jeweils bis zum 1,8-fachen

Gebührensatz abgerechnet werden.

Zur Zeit wird die GOÄ überarbeitet. Geplant ist eine feste Vergütung in Europreisen,

die die Multiplikation von Punktwert mit Punktzahl ablösen soll. Steigerungen sollen

weiterhin zulässig bleiben.

Die Abrechnung nach GOÄ kann nicht abbedungen werden. Eine abweichende

Vereinbarung ist nach § 134 BGB nichtig. Es kann nach § 2 Abs. 1 GOÄ lediglich ein

höherer Steigerungssatz vereinbart werden, wobei diese Vereinbarung nach § 2 Abs.

2 GOÄ schriftlich zu treffen ist. In dieser Vereinbarung sind die Nummer und die

Leistung sowie der Steigerungssatz genau zu bezeichnen. Weiterhin muss der Arzt

darüber aufklären, dass eine Erstattung durch die PKV bzw. die Beihilfestelle (bei

Kostenerstattung nach § 13 SGB V durch die GKV) möglicherweise nicht in vollem

Umfange gewährleistet ist, der Patient also die etwaigen Mehrkosten selbst zu tragen

hat.

Findet sich im Gebührenverzeichnis für die jeweilige Leitung keine Gebührenziffer,

besteht die Möglichkeit, die Leistung nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 GOÄ als

Analogziffer zu berechnen. Es ist dabei jeweils auf eine nach Arzt, Kosten- und

Zeitaufwand gleichwertige Leistung im Gebührenverzeichnis Bezug zu nehmen. Die

Bundesärztekammer veröffentlicht regelmäßig ein Verzeichnis der analogen

Bewertungen, das allerdings gleich einer Empfehlung keinen rechtsverbindlichen

Charakter hat.

II. Entschädigung

Entschädigungen kann der Arzt nach Maßgabe des § 7 GOÄ verlangen. Darunter zu

fassen sind das Wegegeld nach § 8 GOÄ sowie die Reiseentschädigung nach § 9 GOÄ

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III. Auslagen

Darüber hinaus kann der Arzt Ersatz seiner Auslagen verlangen. Unter den Begriff

der Auslagen zu subsumieren sind die in § 10 GOÄ enumerativ aufgeführten Kosten.

IV. Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung

§ 4 Abs. 2 GOÄ verlangt die persönliche Leistungserbringung durch den Arzt. Der

Arzt kann sich ärztlicher und nichtärztlicher Mitarbeiter bedienen, soweit diese ihre

Leistung nach Aufsicht und fachlicher Weisung des Arztes erbringen.

Besondere praktische Bedeutung erlangt diese Vorschrift bei Wahlarztvereinbarungen

im voll- bzw. teilstationären Bereich. So gelten zahlreiche Leistungen, die im

Einzelnen in § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ genannt sind, nur dann als persönliche Leistung,

wenn diese durch den Wahlarzt selbst oder einen vor Abschluss des Wahlarztvertrags

dem Patienten benannten persönlichen Vertreter erbracht werden. Der Vertreter

muss Facharzt desselben Gebiets sein. Wird hiergegen verstoßen, ist für die

erbrachte Leistung keine gesonderte Vergütung geschuldet.

Zu beachten ist bei wahlärztlichen Leistungen im vollstationären, teilstationären

sowie vor- und nachstationären Bereich, dass diese einschließlich der darauf

entfallenden Zuschläge nach § 6a Abs. 1 um 25 % zu mindern sind.

V. Fälligkeit der Vergütung

Die Vergütung ist erst fällig, wenn sie prüffähig nach GOÄ abgerechnet wurde. Die

Mindestanforderungen, denen die Rechnung genügen muss, sind im Einzelnen in §

12 GOÄ genannt. Darauf wird verwiesen. Ist die Rechnung nicht prüffähig, kann der

Patient die Zahlung der Vergütung verweigern.

VI. Verjährung

Die Honoraransprüche des Arztes verjähren nach § 195 BGB innerhalb von drei

Jahren, wobei die Verjährung zum Ende des Jahres beginnt, in dem die Forderung

fällig geworden ist. Fällig wird die Forderung, wie vorstehend dargestellt, nicht

bereits mit der Leistungserbringung, sondern erst, wenn die Leistung

ordnungsgemäß, also prüffähig im Sinne der GOÄ, abgerechnet wurde.

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Wenn der Arzt die Fälligkeit durch verspätete Abrechnung hinausschiebt, wird der

Beginn der Verjährung vorverlagert. Sie beginnt dann zu dem Zeitpunkt zu laufen, in

dem der Patient bei ordnungsgemäßem Geschäftsgange den Zugang der Abrechnung

erwarten durfte. Andernfalls hätte der Arzt es in der Hand, die Verjährung beliebig

hinauszuzögern, was unbillig wäre. Gegebenenfalls kann sich der Patient auf

Verwirkung berufen.

C. Abrechnung von Krankenhäusern

Krankenhäuser erhalten für eine stationäre Behandlung und Operation sowohl bei

GKV- als auch bei PKV-Patienten nach sogenannten DRG (diagnosis related groups)

Fallpauschalen, deren Höhe sich nach der erstellten Diagnose richtet (Ausnahme:

Psychiatrische Krankenhäuser). Das führt dazu, dass Patienten möglichst schnell

wieder entlassen werden. Die sogenannte Codierung, d. h. die Einordnung unter eine

DRG-Ziffer, kann nach § 275 SGB V durch den Medizinischen Dienst der

Krankenkassen (MDK) überprüft werden. Bei nach Meinung des MDK fehlerhafter

Codierung wird die Vergütung gekürzt. Das Krankenhaus kann daraufhin

Leistungsklage vor dem Sozialgericht gegen die kürzende Krankenkasse erheben auf

Zahlung der restlichen Vergütung.

D. Abrechnung der Vertragsärzte

Die Landesverbände der Kassenärztlichen (KV) bzw. Kassenzahnärztlichen

Vereinigungen (KZV) handeln gem. § 82 Abs. 2 SGB V mit den Krankenkassen eine

Gesamtvergütung aus, die durch die Kassenärztlichen bzw. Kassenzahnärztlichen

Vereinigungen an die Vertragsärzte und Vertragszahnärzte verteilt wird (vgl. §§ 85,

87, 87a, 87b SGB V). Hierfür erlässt der gemeinsame Bundesausschuss (GBA), der

gem. § 91 SGB V durch die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche

Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildet

wird, Richtlinien und die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung einen

Honorarverteilungsmaßstab (HVM) oder Honorarverteilungsvertrag (HVV). Bei der

Verteilung der Gesamtvergütung werden getrennte Honorartöpfe für die

hausärztliche und die fachärztliche Versorgung gebildet.

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Jedes Quartal bekommt jeder Vertragsarzt ein Regelleistungsvolumen (RLV) und für

bestimmte Leistungen ein qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen (QZV)

zugewiesen. Dadurch erhält jeder Vertragsarzt ein individuelles Budget. Bis zur Höhe

des RLV und QZV erhalten die Vertragsärzte die erbrachten Leistungen in voller Höhe

nach der Euro-Gebührenordnung vergütet. Darüber hinaus erbrachte Leistungen

werden mit abgestaffelten Preisen vergütet, da nur die Gesamtvergütung an die

Vertragsärzte verteilt werden kann. Die abgestaffelten Preise können daher gegen

Null tendieren. Besonders förderungswürdige Leistungen werden außerhalb der

Gesamtvergütung vergütet. Laborleistungen und Leistungen des ärztlichen

Notdienstes werden ebenfalls getrennt vergütet. Für diese beiden vorgenannten

Leistungen werden vorab eigene Honorartöpfe gebildet.

Die Vertragsärzte rechnen am Ende eines jeden Quartals gegenüber der

Kassenärztlichen Vereinigung (nicht gegenüber den Krankenkassen) ab und

bestätigen durch ihre Unterschrift die Richtigkeit der Abrechnung. Grundsätzlich sind

ärztliche Leistungen gem. § 15 Abs. 1 SGB V von Ärzten zu erbringen (Ausnahme: §

63 SGB V). Abrechenbar sind Leistungen, soweit sie durch einen zugelassenen oder

ermächtigten Leistungserbringer oder einem Leistungserbringer, dessen Anstellung

genehmigt wurde, erbracht wurden.

Aufgrund der Abrechnung erlässt die Kassenärztliche Vereinigung jedes Quartal die

Honorarbescheide. Wenn ein Teil der Abrechnung eines Arztes fehlerhaft ist, ist nach

der Rechtsprechung des BSG der gesamte darauf beruhende Honorarbescheid

rechtswidrig. Die Plausibilität und die sachlich-rechnerische Richtigkeit der

Abrechnung werden durch die Kassenärztliche Vereinigung überprüft (§ 106a SGB V).

Insbesondere wird hierbei überprüft, ob die Abrechnung der einzelnen Positionen im

Hinblick auf die hierfür erforderliche Zeit plausibel ist. Falls die Abrechnung fehlerhaft

ist, wird sie im Rahmen erfolgt je nach Schwere des Verstoßes ein Regress und eine

Neufestsetzung des Honorars.

Ziel der Budgetierung der Vergütung ist die Verhinderung einer unbegrenzten

Ausdehnung der Tätigkeit des einzelnen Vertragsarztes.

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Außerdem muss der Vertragsarzt gem. § 12 SGB V wirtschaftlich handeln. Er darf

weder bei den abgerechneten Leistungen (Behandlungen) noch bei den verordneten

Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln weit über dem Durchschnitt der Arztgruppe, der er

angehört, liegen. Ansonsten erfolgt im Rahmen einer Wirtschaftlichkeits- bzw.

Richtgrößenprüfung nach §§ 106 ff. SGB V ein Regress durch die Prüfungsstelle der

Verbände der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigung (das bedeutet, dass

der Arzt die übermäßigen Behandlungen sowie die übermäßig verordneten Arznei-,

Heil-, und Hilfsmittel selbst bezahlen muss). Bei geringen Überschreitungen kann es

die Kassenärztliche Vereinigung bei einer Beratung belassen. Praxisbesonderheiten

aufgrund der Patientenstruktur (z. B. überdurchschnittlich viele chronisch Kranke)

können durch den Arzt vorgebracht und müssen durch die Kassenärztliche

Vereinigung berücksichtigt werden. Nicht alles, was arzthaftungsrechtlich geboten ist,

ist auch wirtschaftlich i. S. d. § 12 SGB V.

E. Rechtsbeziehungen

I. Der Behandlungsvertrag, §§ 630a ff. BGB

1. Vertragsparteien

Der Behandlungsvertrag ist definiert in § 630a BGB. Es handelt sich hierbei um einen

Vertrag zwischen dem Behandler einerseits und dem Patienten andererseits. Vom

Begriff des Behandlers umfasst sind nicht nur Ärzte, sondern sämtliche Heilberufliche

wie Hebammen, medizinische Bademeister und Ergotherapeuten.

2. Hauptpflichten des Behandlungsvertrages.

Geschuldet ist die medizinische Behandlung des Patienten. Darunter fallen alle

Leistungen, die physisches oder psychisches Leid ändern oder deren Ursache

beheben sollen. Umstritten ist, ob hiernach eine Schönheitsoperation eine

medizinische Behandlung darstellt, ebenso das Verabreichen von Botoxspritzen,

Piercing etc.

3. Rechtsnatur des Behandlungsvertrages

Der Behandlungsvertrag ist seiner Natur nach ein privatrechtlicher Vertrag, und zwar

unabhängig davon, ob der Patient gesetzlich oder privat versichert ist. Auch der

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gesetzlich versicherte Patient schließt mit dem Arzt einen Behandlungsvertrag nach §

630a BGB ab.

Der einzige Unterschied zum Kassenpatient besteht darin, dass durch das im SGB V

verankerte Sachleistungsprinzip die direkte Vergütungspflicht des Patienten

gegenüber dem Arzt entfällt, soweit die in Anspruch genommene Leistung im

Leistungskatalog der GKV enthalten ist.

II. Sozialrechtliches Dreiecksverhältnis

Abgerechnet wird im sogenannten sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis, wobei hier im

Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zwischen dem Arzt als

Leistungserbringer und der GKV als Leistungsträger zusätzlich die KV

(Kassenärztliche Vereinigung) als „Abrechnungsstelle“ zwischengeschaltet ist.

Schematisch stellen sich die Beziehungen wie folgt dar:

Abrechnung

Honorar

Behandlungsvertrag Gesamtvergütung Sicherstellung

der Versorgung

Beitragszahlung

Leistungsgewährung

III. Zustandekommen des Behandlungsvertrages

Der Behandlungsvertrag kommt wie jeder andere Vertrag durch zwei

übereinstimmende Willenserklärungen, d.h. durch Angebot und Annahme, zustande.

Es gelten die allgemeinen Grundsätze des BGB. D.h. der Vertrag kann nicht nur

durch ausdrückliche Willenserklärungen, sondern auch schlüssig (konkludent), etwa

durch bloße Inanspruchnahme der ärztlichen Leistung, geschlossen werden.

Arzt = Leistungserbringer

Kassenärztliche Vereinigung

Patienten = Leistungsberechtigter

GKV = Leistungsträger

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IV. Behandlung von Minderjährigen

Bei Geschäftsunfähigen, d.h. bei Personen, die gemäß § 104 Nr. 1 BGB das siebte

Lebensjahr nicht vollendet haben oder die sich in einem dauerhaften, die freie

Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der

Geistestätigkeit befinden § 104 Nr. 2 BGB, wird der Vertrag meist mit dem

gesetzlichen Vertreter geschlossen. Bei Minderjährigen sind dies in aller Regel die

Eltern. Soweit die Eltern für ihr Kind ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, wird

ein sog. Vertrag zugunsten Dritter - § 328 BGB – geschlossen.

Liegt eine Bevollmächtigung durch den nicht anwesenden Ehegatten vor, kommt der

Vertrag über die Vertretungsregelungen der §§ 164 ff. BGB durch Willenserklärung

des vor Ort anwesenden Elternteil auch für und wider den anderen Elternteil

zustande. Relevant ist dies in erster Linie für privatärztliche Leistungen.

Fehlt es an einer entsprechenden Vollmacht, kann die Mitverpflichtung des anderen

Elternteils nur über die sog. Schlüsselgewalt erfolgen. Gesetzlich geregelt ist die

Schlüsselgewalt in § 1357 BGB. Danach kann jeder Ehegatte den anderen nur für

solche Geschäfte mitverpflichtet, die der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs

dienen. Was angemessen ist, orientiert sich am Lebensstandard der Familie. Wäre zu

erwarten gewesen, sich vor Abschluss des Behandlungsvertrages zugunsten des

Kindes jeweils gesondert hierüber abzusprechen, scheidet eine Mitverpflichtung über

die Schlüsselgewalt zumeist aus.

Beschränkt Geschäftsfähige, also Minderjährige, die das siebte Lebensjahr, aber noch

nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, können einen Behandlungsvertrag nicht

selbständig abschließen, da hierdurch zugleich eine Pflicht zur Vergütung der

medizinischen Behandlung und damit ein rechtlicher Nachteil begründet wird. Sie

benötigen hierfür nach § 106 BGB die vorherige Einwilligung des gesetzlichen

Vertreters oder deren nachträgliche Genehmigung nach § 108 Abs. 1 BGB.

Etwas anders gilt nur für gesetzlich versicherte bzw. mitversicherte Minderjährige ab

Vollendung des 15. Lebensjahres. Nach § 36 Abs. 1 SGB I können Minderjährigen ab

Vollendung des 15. Lebensjahres Sozialleistungen und damit auch Leistungen der

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GKV selbständig in Anspruch nehmen. Soweit sie einen Behandlungsvertrag

abschließen, erwerben sie hierdurch einen Leistungsanspruch gegen den Behandler,

sind aber infolge des Sachleistungsprinzips des SGB V von der Verpflichtung zur

Vergütung befreit, so dass ihnen aus dem Vertrag kein rechtlicher Nachteil i. S. d. §

107 BGB entsteht.

V. Behandlung von Bewusstlosen

Wird der Patient bewusstlos in ein Klinikum eingeliefert, entsteht gleichwohl ein

Anspruch auf Vergütung, und zwar nach den Grundsätzen der GoA

(Geschäftsführung ohne Auftrag). Geregelt ist die GoA in den §§ 677 ff. BGB.

Anspruchsgrundlage ist § 683 BGB. Die GoA ist ein sogenanntes gesetzliches

Schuldverhältnis, das im Unterschied zum vertraglichen Schuldverhältnis nicht durch

Willenserklärung(en) begründet wird.

Um einen Anspruch aus § 683 BGB zu begründen, müssen jeweils folgende

Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Geschäftsbesorgung = erforderlich ist eine Tätigkeit, bloßes Tun oder

Unterlassen begründen keine Geschäftsbesorgung.

2. für einen anderen = der Geschäftsführer muss das Geschäfts für einen anderen

führen, d.h. in dem Bewusstsein, der Erkenntnis und dem Willen, auch im Interesse

einer anderen Person, also nicht nur im eigenen Interesse, tätig zu werden.

Erforderlich ist ein sogenannter

3. Fremdgeschäftsführungswille.

4. ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung = der Geschäftsführer darf weder

durch Vertrag noch kraft Gesetzes zur Ausführung der Geschäftsbesorgung

verpflichtet bzw. berechtigt gewesen sein. Die allgemeine Pflicht zur Hilfeleistung aus

§ 323c StGB ist nicht geeignet, eine Berechtigung zur Geschäftsführung i. S. d. § 677

BGB zu begründen.

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5. Führung des Geschäfts im Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht

auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen: Schwierigkeiten kann dieses

Tatbestandsmerkmal bei Selbstmördern oder Geisteskranken bereiten. Erfolgt der

Selbstmord aufgrund einer Störung der geistigen Tätigkeit, ist der Wille in analoger

Anwendung der §§ 104, 105 BGB gemäß § 679 BGB als unbeachtlich zu werten. Bei

Appellsuiziden ist der Wille des Betroffenen ohnehin darauf gerichtet, gerettet zu

werden, so dass unmittelbar § 683 BGB anwendbar ist.

VI. Besondere Vertragskonstellationen

1. Vertragsbeziehungen bei Praxisvertreter

Wird der Arzt bei Abwesenheit wegen Urlaub oder Krankheit vertreten, kommt der

Vertrag grundsätzlich mit dem vertretenen Arzt zustande. Der Praxisvertreter handelt

insoweit als gewillkürter Stellvertreter nach §§ 164 ff. BGB. Etwas anderes gilt nur

dann, wenn der Praxisvertreter ausdrücklich erklärt, die Behandlung im eigenen

Namen und für eigene Rechnung zu erbringen. Nur dann kommt der Vertrag

unmittelbar mit dem Praxisvertreter in zustande.

2. Behandlungsvertrag bei einer Praxisgemeinschaft

Bei einer Praxisgemeinschaft handelt jeder Arzt im eigenen Namen. Die Ärzte sind

selbständig tätig und verfügen über getrennte Praxisschilder. Sie treten nach außen

nicht als Gemeinschaft in Erscheinung. Es werden lediglich die Räumlichkeiten, die

Infrastruktur und das Personal der Praxis gemeinsam genutzt und die hierfür

anfallenden Kosten intern geteilt. Dementsprechend wird der Behandlungsvertrag

nur mit dem Arzt geschlossen, der die medizinische Behandlung erbringt, nicht aber

mit den anderen, an der Praxisgemeinschaft beteiligten Ärzten.

3. Behandlungsvertrag bei einer Gemeinschaftspraxis bzw.

Berufsausübungsgemeinschaft

Anderes gilt bei der sogenannten Berufsausübungsgemeinschaft. Dabei handelt es

sich um eine nach außen einheitlich auftretende Gemeinschaft von Ärzten, zumeist in

der Rechtsform einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder

Partnerschaftsgesellschaft. Nach ständiger Rechtsprechung werden in diesem Fall

alle Ärzte Vertragspartner des Patienten, auch soweit sie weder unmittelbar am

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Vertragsschluss noch an der Behandlung des Patienten beteiligt waren. Die

Ansprüche gegen den Patienten sind zugleich gemeinschaftliche bzw.

gesamthänderische Forderungen aller Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis. Im

Gegenzug haften für Behandlungsfehler alle Gesellschafter unabhängig davon, ob sie

ein Verschulden trifft. In einer Berufsausübungsgemeinschaft wird das Verschulden

den Ärzten jeweils wechselseitig zugerechnet.

4. Totaler Krankenhausaufnahmevertrag

Ist das Krankenhaus zur umfassenden Leistungen gegenüber dem Patienten

verpflichtet, spricht man vom sogenannten totalen Krankhausaufnahmevertrag.

Geschuldet sind aus einem solchen Vertrag alle ärztlichen und pflegerischen

Leistungen einschließlich Verpflegung und Unterkunft. Im Falle einer

Schlechtleistung, insbesondere durch das Pflegepersonal oder die für die Klinik

tätigen Ärzte einschließlich des Chefarztes, ist das Krankenhaus dem Patient

uneingeschränkt zu Schadensersatz verpflichtet. Die Ärzte und das Pflegepersonal

treten dem Patienten gegenüber als Erfüllungsgehilfen des Krankenhauses auf. Es

gilt damit § 278 BGB, d. h., dass das Krankenhaus sich das Verschulden seiner Ärzte

und Pfleger als eigenes Verschulden zurechnen lassen muss.

5. Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag

Will der Patient neben den allgemeinen Krankenhausleistungen weitere stationäre

Leistungen in Anspruch, muss er mit dem Krankenhaus ausdrücklich einen

Zusatzvertrag schließen. Handelt es sich bei diesen Leistungen um sog.

Wahlleistungen, gilt § 17 KHEntgG. Hiernach muss die Wahlleistung nach § 17 Abs. 2

KHEntgG vor ihrer Erbringung jeweils schriftlich mit dem Patienten vereinbart

werden. Nach § 17 Abs. 3 KHEntgG erstreckt sich diese Vereinbarung auf alle an der

Behandlung beteiligten angestellten und beamteten Arzte des Krankenhauses, soweit

diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären

und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung berechtigt sind.

Man spricht insoweit auch von der sogenannten Wahlarztkette. Mit anderen Worten:

Der selbst liquidationsberechtigte Arzt kann nur dann wirksam einen

Arztzusatzvertrag mit dem Patienten abschießen, wenn zuvor eine formwirksame

Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhaus zustande gekommen ist. Ist die

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Wahlleistungsvereinbarung unwirksam, ist damit zugleich auch der Arztzusatzvertrag

hinfällig.

6. Gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag

Vom totalen Krankenhausaufnahmevertrag streng abzugrenzen ist der gespaltene

Krankenhausaufnahmevertrag. Wie der Name schon sagt, schließt der Patient hier

einen gesonderten Vertrag mit dem Krankenhaus einerseits und dem behandelnden

Arzt andererseits ab. Die Rede ist vom sogenannten Belegarztmodell. Der Belegarzt

ist nicht beim Klinikum angestellt. Er ist niedergelassener Arzt mit der Befugnis,

sogenannte Belegbetten in einem Krankenhaus mit seinen Patienten zu belegen. Der

Belegarzt ist in § 121 Abs. 2 SGB V legal definiert.

Wird ein Patient belegärztlich behandelt, kommen insgesamt mindestens zwei

Verträge zustande, und zwar zwischen dem Patienten und dem Belegarzt einerseits

und dem Klinikträger und dem Patienten andererseits. Der Belegarzt schuldet die

medizinische Behandlung nach Facharztstandard. Nur, soweit diese Leistung durch

den Arzt oder ärztliches Personal des Klinikums, dessen sich der Belegarzt als

Erfüllungsgehilfe bedient, fehlerhaft bzw. schlecht erbracht wurde, kommt eine

Haftung des Belegarztes in Betracht.

Das Klinikum schuldet dagegen die allgemeine Pflege und Unterbringung des

Patienten, ist also nur haftbar, soweit es in diesem Bereich zu Schlechtleistungen

kommt. In der Praxis kann die Abgrenzung zwischen der belegärztlich zu

erbringenden Leistung einerseits und der vom Krankenhaus geschuldeten

allgemeinen Pflegeleistung andererseits erhebliche Probleme aufwerfen.

7. Behandlungsvertrag als Dienst- oder Werkvertrag

Der Behandlungsvertrag kann sowohl in der Ausprägung eines Dienstvertrages

gemäß § 611 BGB als auch eines Werkvertrages gemäß § 631 BGB in Erscheinung

treten. Im Regelfall ist der Behandlungsvertrag Dienstvertrag, was zugleich aus §

630b BGB folgt. Da der menschliche Organismus äußerst komplex ist, also keine

Gewähr für den Eintritt eines konkreten Erfolges – insbesondere einer Heilung oder

Besserung des Leidens – übernommen werden kann, ist nicht ein konkreter Erfolg,

sondern allein die fachgerechte Behandlung mit dem Ziel der Heilung und der

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Linderung von Leid geschuldet. Es ist dem Arzt unzumutbar, das Krankheitsrisiko

bzw. das biologische Risiko des Patienten zu übernehmen.

Geschuldet ist eine Behandlung nach Facharztstandard. Dies gilt auch für

Schönheitsoperationen.

Anders zu entscheiden ist dort, wo es um rein handwerkliche Leistungen geht, wo

also die Unwägbarkeiten des menschlichen Organismus keine Rolle spielen. Gemeint

ist u. a. die Fertigung von Zahnersatz, Prothesen etc..

So ist die Eingliederung von Zahnersatz nach Dienstvertragsrecht, die Herstellung

des Zahnersatzes dagegen nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Wird ein

Zahnersatz fehlerhaft hergestellt, schuldet der Zahnarzt Nacherfüllung, soweit er sich

gegenüber dem Patienten zur Herstellung des Zahnersatzes verpflichtet und sich des

Zahntechnikers insoweit als Erfüllungsgehilfen bedient hat.

8. Behandlung nach Facharztstandard

Nach § 630a Abs. 2 BGB hat die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der

Behandlung bestehenden allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen.

Anhaltspunkte für den hiernach geschuldeten Facharztstandard können sich ergeben

aus Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen und Stellungnahmen.

Richtlinien sind verbindliche Regeln, die von einer Institution, z. B. der

Landesärztekammer, über Satzungsrecht beschlossen werden, um eine

ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Patienten

sicherzustellen. Wird gegen die in einer Richtlinie enthaltenen Behandlungsstandards

verstoßen, kann dies berufsrechtliche Sanktionen begründen.

Leitlinien sind dagegen bloße Entscheidungshilfen für bestimmte diagnostische und

therapeutische Fragestellungen. Sie werden von Fachgesellschaften entwickelt und

bieten dem Arzt Orientierungshilfe, ohne ihn in seiner Entscheidung vollständig

einzuschränken. Leitlinien schaffen nach der Definition der BÄK sog. Handlungs- und

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Entscheidungskorridore. Eine Sammlung aktueller Leitlinien findet sich u. a. im

Internet unter www.awmf.org.

Empfehlungen und Stellungnahmen sind wissenschaftliche Veröffentlichungen,

auch von Institutionen wie Ärztekammern, Universitäten und Ethikkommissionen, mit

dem Ziel der Aufklärung der Ärzteschaft. Sie sollen dem Arzt einen Überblick über

den aktuellen Stand der Wissenschaft verschaffen und damit eine Hilfe bei der

Urteilsbildung geben.

Welche haftungsrechtlichen Folgen ein Verstoß gegen Richtlinien, Leitlinien und

Empfehlungen hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Ein solcher Verstoß

begründet zumindest ein Indiz dafür, dass ein Behandlungsfehler vorliegt. Was

letztlich im Zeitpunkt der Behandlung dem Stand der medizinischen Wissenschaft

entsprochen hat, ist für jeden Einzelfall jeweils gesondert durch

Sachverständigengutachten festzustellen.

Leistungserbringer

A. zur ambulanten Versorgung zugelassene Ärzte, § 95 Abs. 1

SGB V

Um GKV-Versicherte behandeln und die Behandlung gegenüber der KV abrechnen zu

können, müssen niedergelassene Ärzte zum ambulanten Versorgung zugelassen sein

(§ 95 Abs. 1 SGB V). Für die (abrechenbare) Behandlung von PKV-Versicherten ist

keine gesonderte Zulassung erforderlich, es genügt die Approbation. Alles weitere

wird durch den Versicherungsvertrag zwischen der PKV und dem Patienten geregelt.

Zusammenfassung:

Voraussetzungen für eine Zulassung sind:

- Eintragung in ein Arztregister

- persönliche Eignung

- Antrag

- bedarfsplanerische Voraussetzungen

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Im einzelnen gilt:

Nach §§ 95 Abs. 1 S. 3 SGB V, 24 Abs. 1 Ärzte-ZV erfolgt die Zulassung für den Ort

der Niederlassung (Vertragsarztsitz). Es besteht nach § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV auch die

Möglichkeit eines hälftigen Versorgungsauftrags und nach § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV der

Befristung einer Zulassung. Mit der Zulassung wird der Arzt Mitglied der zuständigen

KV und zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung der GKV-Versicherten

berechtigt und verpflichtet nach Maßgabe seines Versorgungsauftrags, § 95 Abs. 3

SGB V. Gemäß § 95 Abs. 2 S. 1 SGB V ist Voraussetzung für die Bewerbung um eine

Zulassung, dass der Arzt in das von der KV geführte Arztregister eingetragen ist.

Nach §§ 95a Abs. 1 SGB V, 3 Abs. 2 Ärzte-ZV kann ein Arzt in das Arztregister

eingetragen werden, wenn er die Approbation und eine erfolgreich abgeschlossene

Weiterbildung nachweisen kann, die zum Führen einer entsprechenden

Gebietsbezeichnung berechtigt.

Gem. § 95 Abs. 9b, Abs. 2 S. 8 SGB V kann eine mindestens halbtags genehmigte

Anstellung in eine Zulassung umgewandelt werden.

Näheres zur Zulassung ist in der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) geregelt.

Der Antrag auf Zulassung ist schriftlich zu stellen, § 18 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV. Ihm

sind u. a. nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 Ärzte-ZV ein polizeiliches Führungszeugnis und nach

§ 18 Abs. 2 Nr. 5 Ärzte-ZV eine Erklärung des Arztes beizufügen, ob er drogen- oder

alkoholabhängig ist oder innerhalb der letzten fünf Jahre gewesen ist.

Bei einer Überversorgung nach § 101 SGB V sind nach § 103 Abs. 1 SGB V

Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Das bedeutet, dass ein Anspruch auf

Zulassung nur in einem bei Stellung des Antrags nicht gesperrten Bezirk (Bezirk ohne

Überversorgung) besteht. In einem gesperrten Bezirk ist eine Zulassung

grundsätzlich nur im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 4

SGB V möglich, wenn der Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens

nicht gem. § 103 Abs. 3a S. 3, S. 7 SGB V wegen Überversorgung abgelehnt wurde.

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Bedarfsplanung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, §§ 99 SGB V,

12 ff. Ärzte-ZV; die Bedarfsplanung erfolgt durch die Kassenärztlichen Vereinigungen

im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen.

Unterversorgung, §§ 100 SGB V, 15 Ärzte-ZV: Wenn ein Bedarf an Vertragsärzten

besteht und innerhalb von mehr als sechs Monaten Vertragsarztsitze nicht besetzt

werden, dann hat die KV diese auszuschreiben; die Unterversorgung wird gem. §§

100 Abs. 1 SGB V, 16 Abs. 1 Ärzte-ZV durch den Landesausschuss der Ärzte und

Krankenkassen festgestellt (wird nach § 90 Abs. 1 SGB V durch die KV und die

Landesverbände der Krankenkassen gebildet). Wenn die Unterversorgung nicht

innerhalb der durch den Landesausschuss gesetzten Frist beseitigt wird, sind in nicht

unterversorgten Bezirken Zulassungsbeschränkungen zu erlassen, entweder generell

oder nur für bestimmte Arztgruppen (§§ 100 Abs. 2 SGB V, 16 Abs. 3 und 4 Ärzte-

ZV).

Überversorgung, §§ 101, 103 SGB V, 16b Ärzte-ZV: Der Landesausschuss prüft, ob

eine Überversorgung vorliegt. Sie liegt gemäß § 16b Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV vor, wenn

der bedarfsgerechte Versorgungsgrad um zehn Prozent überschritten wird. Bei der

Bestimmung des bedarfsgerechten Versorgungsgrads sind nach § 16b Abs. 1 S. 3

Ärzte-ZV die Richtlinien des GBA zu beachten, die dieser gemäß § 101 Abs. 1 SGB V

erlässt. Wird eine Überversorgung festgestellt, sind nach §§ 103 Abs. 1 S. 2 SGB V,

16b Abs. 2 Ärzte-ZV Zulassungsbeschränkungen anzuordnen.

Zulassungsbeschränkungen führen jedoch nur dann zu einer Ablehnung der

Zulassung, wenn sie bereits zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages bestanden, §§

95 Abs. 2 S. 9 SGB V, 19 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV.

Zweigpraxen sind möglich, wenn die Versorgung am Ort der Zweigpraxis verbessert

und die Versorgung am Ort der Niederlassung nicht beeinträchtigt wird, § 24 Abs. 3

S. 1 Ärzte-ZV.

Vertragsärzte sind verpflichtet, Sprechstunden im üblichen Rahmen (bei einem vollen

Versorgungsauftrag i. d. R. mindestens 25 Stunden pro Woche, § 19a Abs. 1 S. 1

Ärzte-ZV, davon fünf Stunden als öffentliche Sprechstunden) anzubieten, und

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standesrechtlich verpflichtet, diese auszuhängen. Gem. § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV kann

der Arzt durch Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss der KV seinen

Versorgungsauftrag auf die Hälfte oder drei Viertel beschränken. Diese Beschränkung

kann auf schriftlichen Antrag des Arztes nach § 19a Abs. 3 Ärzte-ZV wieder

aufgehoben werden. Nach der Rechtsprechung des BSG sind bei einer vollen

Zulassung Nebentätigkeiten im Umfang von bis zu dreizehn Stunden pro Woche

zulässig.

Ein Vertragsarzt ist ebenfalls grds. zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet,

§§ 28 SGB V, 32 Ärzte-ZV, 15 BMV-Ä. Eine Delegation auf nichtärztliches Personal

setzt folgendes voraus:

- ärztliche Anordnung

- fachliche Qualifikation desjenigen, an den delegiert wird

- fachliche Überwachung der Leistungserbringung

Wenn ein nicht zugelassener, angestellter Arzt die Leistung erbringt, ist diese

gegenüber der KV nur abrechenbar, wenn die Anstellung des Arztes genehmigt

wurde.

Nach §§ 13 Abs. 7, 17 Abs. 6 BMV-Ä besteht für Ärzte grds. eine Behandlungspflicht.

Ausnahmen:

- Überschreitung des Fachgebiets

- Überschreitung der Ermächtigung (z. B. Überweisung oder Katalogermächtigung)

- räumliche Entfernung bei Hausbesuchen (wenn die Entfernung unzumutbar wäre)

- Kapazitätsbegrenzung

- fehlendes Vertrauensverhältnis (wenn z. B. wiederholt gegen ärztliche Anweisungen

verstoßen wurde)

Wegen Urlaubs, Weiterbildung oder Krankheit kann innerhalb eines Zeitraums von

zwölf Monaten ein Vertreter für eine Gesamtdauer von bis zu drei Monaten bestellt

werden, § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV. Eine Ärztin kann sich gem. § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-

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ZV in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zu einer

Dauer von 12 Monaten vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als eine

Woche, muss diese nach § 32 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV der KV mitgeteilt werden. Der

Vertreter muss ebenfalls ein Vertragsarzt sein oder zumindest die Voraussetzungen

für eine Zulassung erfüllen, § 32 Abs. 1 S. 4 Ärzte-ZV.

Job-Sharing

Nach § 101 Abs. 3 S. 1 SGB V ist im Rahmen des so genannten Job-Sharing auch in

Bezirken mit Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung möglich. Voraussetzung

hierfür ist nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V, dass der Arzt die vertragsärztliche

Tätigkeit mit einem bereits zugelassenen Arzt desselben Fachgebiets ausüben

möchte, sich mit diesem in einer BAG zusammenschließen möchte und sich beide zu

einer Beschränkung der Tätigkeit verpflichten, sodass die Leistungen der Praxis nicht

wesentlich über den bisherigen Umfang hinaus ausgedehnt werden. Die Zulassung

wird auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkt. Gem. §

101 Abs. 3 S. 2 enden die Beschränkung und Begrenzung der Leistungen nach

spätestens zehn Jahren. Auch bei einem Nachbesetzungsverfahren ist bei der

Auswahl des Nachfolgers der Job-Sharer besonders zu berücksichtigen, § 103 Abs. 4

S. 5 Nr. 6 SGB V.

Anstellung Assistent

Nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV kann die KV die Anstellung eines Assistenten genehmigen,

wenn dies im Rahmen der Aus- und Weiterbildung oder zur Sicherstellung der

vertragsärztlichen Versorgung erfolgt, wenn die Anstellung für die Dauer der

Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten erfolgt oder wenn sie

während der häuslichen Pflege eines nahen Angehörigen bis zu einer Dauer von

sechs Monaten erfolgt.

Anstellung Ärzte

Ein Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses nach §§ 95 Abs.

9, 9a SGB V, 32b Ärzte-ZV Ärzte anstellen. Fachärzte können dies, wenn es sich um

Ärzte handelt, die derselben Fachgruppe angehören und in das Arztregister

eingetragen sind und keine Zulassungsbeschränkungen bestehen. Bei

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Zulassungsbeschränkungen müssen sie sich zusätzlich zu einer Beschränkung der

vertragsärztlichen Tätigkeit verpflichtet, damit der bisherige Leistungsumfang der

Praxis nicht wesentlich überschritten wird. Hausärzte können mit Genehmigung des

Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als

angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren

wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen

sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen.

B. zur ambulanten Versorgung zugelassene Medizinische

Versorgungszentren (MVZ), § 95 Abs. 1 SGB V

Nach § 95 Abs. 1. S. 1 SGB V nehmen zugelassene MVZ ebenfalls an der

vertragsärztlichen Versorgung teil. Das MVZ wird in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V

folgendermaßen definiert: Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete

Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als

Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Zudem regelt § 95 Abs. 1a SGB V

folgendes: Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von

zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach

§ 126 Absatz 3 oder von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung,

Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen

gegründet werden; die Gründung ist nur in der Rechtsform einer

Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer Gesellschaft

mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die

Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits

zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des

medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort. Bis zum 1. Januar 2012

konnten MVZ durch alle Leistungserbringer gegründet werden, nicht nur durch Ärzte.

Außerdem ist nach § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V folgendes erforderlich: Für die Zulassung

eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit

beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter

selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach

§ 232 BGB für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen

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gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit

abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen

Versorgungszentrums fällig werden.

§ 232 BGB

(1) Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken durch Hinterlegung von Geld

oder Wertpapieren, durch Verpfändung von Forderungen, die in das

Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,

durch Verpfändung beweglicher Sachen, durch Bestellung von Schiffshypotheken an

Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder

Schiffsbauregister eingetragen sind, durch Bestellung von Hypotheken an

inländischen Grundstücken, durch Verpfändung von Forderungen, für die eine

Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von

Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.

(2) Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung

eines tauglichen Bürgen zulässig.

Für MVZ gelten dieselben Zulassungsbeschränkungen sowie Beschränkungen für die

Anstellung von Ärzten wie bei der Zulassung von Vertragsärzten.

C. für die ambulante Versorgung ermächtigte Ärzte oder

Einrichtungen, § 95 Abs. 1 SGB V

Nach § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung auch

ermächtigte Ärzte oder Einrichtungen teil. Eine Ermächtigung ist eine zeitlich,

fachlich, räumlich und dem Umfang nach begrenzte Zulassung zur vertragsärztlichen

Versorgung. Eine Ermächtigung ist nach §§ 31, 31a Ärzte-ZV insbesondere in

folgenden Fällen möglich:

- drohende Unterversorgung

- zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf

- Versorgung eines begrenzten Personenkreises (z. B. Rehabilitanden in

Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation)

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- Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen nach dem Bundesmantelvertrag

- Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

- besondere Kenntnisse von Ärzten

Nach der Rechtsprechung geht die persönliche Ermächtigung der einer Einrichtung

vor.

D. Apotheken

Apotheken werden zur Versorgung der GKV-Versicherten dadurch zugelassen, dass

die Apotheker entweder dem nach § 129 SGB V zwischen dem Spitzenverband Bund

der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband geschlossenen

Rahmenvertrag beitreten oder in einem Verband Mitglied sind, für den der

Rahmenvertrag gilt. Inhalt dieser Verträge sind u. a. die Rechte und Pflichten der

Apotheker und der Krankenkassen bezüglich der Belieferung der Versicherten mit

Arznei- und Hilfsmitteln.

E. Heilmittelerbringer

Nach § 124 Abs. 1 SGB V können Heilmittel zu Lasten der GKV nur durch

zugelassene Heilmittelerbringer erbracht werden. Nach § 124 Abs. 2 SGB V gelten für

eine Zulassung des Heilmittelerbringers folgende Voraussetzungen:

- die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende

zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis

- Praxisausstattung, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung

gewährleistet

- Anerkennung der für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen

Gem. § 124 Abs. 5 SGB V erteilt der jeweilige Landesverband der Krankenkassen die

Zulassung.

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F. Hilfsmittellieferanten

Nach § 33 Abs. 6 S. 1 SGB V können GKV-Versicherte hinsichtlich der Lieferung von

Hilfsmitteln alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer

Krankenkasse sind. Eine Ausnahme besteht, wenn die Krankenkassen Verträge nach

§ 127 Abs. 1 SGB V über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln abgeschlossen

hat (durch diese Verträge werden u. a. die Preise festgelegt). Dann ist dem

Versicherten gem. § 33 Abs. 6 S. 2 SGB V ein Hilfsmittellieferant zu nennen. Nimmt

der Betroffene einen anderen Hilfsmittellieferanten in Anspruch, hat er die

Mehrkosten zu tragen.

G. Integrierte Versorgung und ambulante spezialärztliche

Versorgung

I. Integrierte Versorgung

Nach der Definition in § 140a Abs. 1 S. 2 SGB V stellt die integrierte Versorgung eine

verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär

fachübergreifende Versorgung dar. Hierzu können die Krankenkassen nach § 140a

Abs. 3 SGB V Verträge (Direktverträge) mit folgenden Leistungserbringern

abschließen:

- zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren

Gemeinschaften,

- Trägern von Einrichtungen, die eine besondere Versorgung anbieten,

- Pflegekassen und zugelassenen Pflegeeinrichtungen,

- Praxiskliniken,

- pharmazeutischen Unternehmern,

- Herstellern,

- Kassenärztlichen Vereinigungen

Die GKV-Versicherten können gem. § 140a Abs. 4 S. 1 SGB V schriftlich ihre

Teilnahme an der integrierten Versorgung erklären. Diese Erklärung können sie

innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder zur Niederschrift der Krankenkasse

widerrufen, § 140a Abs. 4 S. 2 SGB V.

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II. Ambulante spezialärztliche Versorgung

Nach § 116b Abs. 1 SGBV umfasst die ambulante spezialfachärztliche Versorgung die

Diagnostik und Behandlung komplexer, schwer therapierbarer Krankheiten, die je

nach Krankheit eine spezielle Qualifikation, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit

und besondere Ausstattungen erfordern. Hierzu gehören Erkrankungen mit

besonderen Krankheitsverläufen, seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit

entsprechend geringen Fallzahlen sowie hochspezialisierte Leistungen. Merkmal der

ambulanten spezialärztlichen Versorgung ist, dass sich spezialisierte Ärzteteams

gemeinsam um schwerkranke Patienten kümmern. Diese Möglichkeit besteht sowohl

für Krankenhäuser als auch für niedergelassene Ärzte. Nach § 116b Abs. 6 S. 1 SGB

V werden die in diesem Zusammenhang erbrachten Leistungen direkt von der

Krankenkasse vergütet.

H. Freie Arztwahl

GKV-Versicherte haben gem. § 76 Abs. 1 SGB V die freie Wahl unter den

zugelassenen und ermächtigten Ärzten und sonstigen niedergelassenen

Leistungserbringern. Falls die Terminservicestelle innerhalb einer Woche keinen

Termin vermitteln kann, können GKV-Versicherte für eine ambulante Behandlung

auch ein zugelassenes Krankenhaus wählen, §§ 76 Abs. 1a, 75 Abs. 1a S. 6 SGB V.

Nach § 76 Abs. 2 SGB V hat der Betroffene die Mehrkosten zu tragen, wenn er nicht

einen der nächsterreichbaren Ärzte etc. wählt. Gem. § 76 Abs. 3 S. 1 SGB V soll der

Betroffene den gewählten Arzt innerhalb eines Quartals nur aus wichtigem Grund

wechseln.

Ausnahme: Notfallbehandlung, § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V.

I. Hausarztzentrierte Versorgung

Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine so genannte hausarztzentrierte

Versorgung anzubieten, § 73b Abs. 1 SGB V. Die daran teilnehmenden Hausärzte

müssen gem. § 73b Abs. 2 SGB V an Qualitätszirkeln teilnehmen und bei der

Behandlung der Patienten Leitlinien beachten. Die Krankenkassen können hierfür

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direkt mit den Vertragsärzten Verträge (so genannte Direktverträge) abschließen, §

73b Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB V.

Nach § 73b Abs. 3 SGB V gilt für die Versicherten folgendes: Die GKV-Versicherten

können freiwillig an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen. Hierzu

verpflichten sie sich schriftlich, nur einen der Hausärzte in Anspruch zu nehmen, die

an der hauarztzentrierten Versorgung teilnehmen. Außerdem verpflichten sie sich

dazu, ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der

Augenärzte und Frauenärzte nur auf Überweisung des Hausarztes in Anspruch zu

nehmen; weitere Ausnahme: direkte Inanspruchnahme eines Kinderarztes. Diese

Erklärung kann innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder zur Niederschrift bei der

Krankenkasse widerrufen werden. Ansonsten sind die Versicherten an die Wahl des

Hausarztes und die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ein Jahr lang

gebunden. Der gewählte Hausarzt darf in dieser Zeit nur aus wichtigen Gründen (z.

B. Störung des Vertrauensverhältnisses) gewechselt werden. Näheres ist durch die

Krankenkassen in ihren Satzungen zu regeln.

Versicherten, die an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen, können die

Krankenkassen Vergünstigungen wie Prämienzahlungen oder Verringerung der

Zuzahlungen anbieten.

J. Versorgungsverträge

Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände können über die Versorgung der

gesetzlich Versicherten Versorgungsverträge abschließen, z. B. nach § 132b SGB V

mit Personen oder Einrichtungen zur Versorgung mit Soziotherapie.