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SGB V
Gliederung
- Geschichte
- Gesundheitsfonds
- Prinzipien der GKV
- Versicherungspflicht- und Freiheit
- Beitrag
- Leistungen der GKV
- Unterschiede GKV - PKV
- Leistungserbringer
Geschichte
A. Zweige der Sozialversicherung
- Krankenversicherung
- Unfallversicherung
- Rentenversicherung
- Arbeitslosenversicherung
- Pflegeversicherung
B. Geschichte
Ursprung der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Bismarck´sche
Krankenversicherungsgesetz vom 15. Juni 1883. 1911 wurden die
Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Invaliditätsversicherung und die
Altersversicherung in der Reichsversicherungsordnung (RVO) zusammengefasst.
Ursprünglich war die Krankenversicherung eine Arbeiterversicherung. Später wurde
die gesetzliche Krankenversicherung auf weitere Personengruppen ausgedehnt. In
den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Landwirte,
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Behinderte, Studenten, selbständige Künstler und Publizisten der
Krankenversicherungspflicht unterstellt und in die gesetzliche Krankenversicherung
einbezogen. Außerdem wurden die Leistungen ausgeweitet (Früherkennung,
Haushaltshilfe, Krankengeld, Sonderurlaub bei Pflege eines erkrankten Kindes etc.).
Ab den 1980er Jahren war das Ziel der Reformgesetze die Kostendämpfung zur
Stabilisierung der Beitragssätze. Die neuesten Reformgesetze zielen zudem auf eine
Steuerung der Versorgung ab (Anreize für Landärzte, Einzug von Vertragsarztsitzen
bei Überversorgung, keine Abstaffelung bei Honoraren von Ärzten in unterversorgten
Gebieten) und reformierten die Krankenhausfinanzierung. 2009 wurde der
Gesundheitsfonds eingeführt. 2015 erfolgte in § 241 SGB V eine Festschreibung des
Beitragssatzes (bundeseinheitlich) bei grundsätzlich 14,6 Prozent sowie des
Arbeitgeberanteils bei grundsätzlich 7,3 Prozent.
Gesundheitsfonds
Finanzierung der GKV über den Gesundheitsfonds
- Rechtsgrundlage: § 271 SGB V
- wird durch das Bundesversicherungsamt als Sondervermögen verwaltet
- in ihn fließen sämtliche Krankenkassenbeiträge und sonstige Einnahmen (z. B.
Zuschüsse des Bundes)
- im Wege eines Risikostrukturausgleichs erhalten die Krankenkassen zur Deckung
ihrer Ausgaben nach § 266 Abs. 1 SGB V aus dem Gesundheitsfonds folgende
Zuweisungen:
1. eine Grundpauschale
2. alters-, geschlechts- und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der
unterschiedlichen Risikostrukturen
3. Zuweisungen für sonstige Aufgaben (z. B. für Disease-Management-Programme =
strukturierte Behandlungsprogramme für bestimmte Krankheiten wie Diabetes)
- die Zusatzbeiträge werden nach § 270a SGB V über den Einkommensausgleich
ausgeglichen
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Daher stellt sich die Finanzierung des Gesundheitssystems über den
Gesundheitsfonds und die Zusatzbeiträge wie folgt dar:
Finanzierung des Gesundheitssystems
Gesundheitsfonds
Steuerzahler
Arbeit-
nehmer
Arbeit-
geber
einheitlicher Beitrag
Gesetzliche Krankenversicherungen (AOK, BKK, IKK etc.)
Zusatzbeiträge
Leistungserbringer (KV, KZV, Krankenhäuser etc.)
Prinzipien der GKV
A. Versicherungsprinzip
- Vorrang der Pflichtversicherung
- Versicherung aufgrund bestimmter Umstände (z. B. abhängige Beschäftigung) ohne
Abschluss eines privaten Versicherungsvertrags
- Finanzierung durch Beiträge ohne erhebliche Staatszuschüsse
- Gewährung von Leistungen im Krankheitsfall ohne vorherige Bedürfnisprüfung
- anders als im Sozialhilferecht gilt keine Subsidiarität
B. Solidaritätsprinzip
- solidarische Finanzierung der Leistungen der GKV, § 3 SGB V
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- Höhe des Beitrags unabhängig vom individuellen Risiko und der in Anspruch
genommenen Leistungen
- Höhe des Beitrags bemisst sich nach dem Einkommen, d. h. nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
- Gesunde müssen daher für Kranke, Ledige für Familien, Kinderlose für Kinder
anderer, Besserverdienende für Geringverdienende eintreten
- Familienversicherung
- aufgrund dessen Risikostrukturausgleich durch die Zuweisungen aus dem
Gesundheitsfonds
- Grundlage: Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG
- Ziel: bezahlbarer Krankenversicherungsschutz für alle
- Parität zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil des Beitrages (Ausnahme:
Zusatzbeitrag, den der Arbeitnehmer allein trägt, soll laut Koalitionsvertrag wieder
geändert werden, volle Parität zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil soll
wieder hergestellt werden)
- in der PKV wird ein privater Versicherungsvertrag nach dem VVG abgeschlossen,
die Höhe des Beitrags richtet sich nach dem individuellen versicherten Risiko
C. Sachleistungsprinzip
- Leistungen der GKV an die Versicherten grundsätzlich als Sach- und
Dienstleistungen, § 2 Abs. 2 SGB V (Ausnahme: Kostenerstattung nach § 13 SGB V)
- das bedeutet, die Versicherten erhalten z. B. Heilbehandlung durch Ärzte, ohne
diese direkt bezahlen zu müssen, die GKV vergütet die ärztlichen Leistungen
- durch Wahltarife kann stattdessen Kostenerstattung gewählt werden
- bei nichtaufschiebbaren Leistungen ebenfalls Kostenerstattung möglich, ebenso bei
Behandlungen im Ausland
- in der PKV gilt das Kostendeckungsprinzip, das bedeutet, der Versicherungsnehmer
schließt mit dem behandelnden Arzt oder sonstigen Leistungserbringer einen
privatrechtlichen Vertrag ab, der Leistungserbringer stellt dem Patienten seine
Leistung in Rechnung, der Patient tritt in Vorleistung und begleicht die Rechnung und
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reicht sie danach bei seiner PKV ein, die nach den Grundsätzen des abgeschlossenen
Versicherungsvertrages dem Versicherungsnehmer die Kosten erstattet
D. Selbstverwaltungsprinzip
- GKV = rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung, § 4
Abs. 1 SGB V
- daraus folgt: Rechtsetzungs- bzw. Satzungsbefugnis, Autonomie, Aufgabenerfüllung
in eigener Verantwortung
- Selbstverwaltungsorgane: Verwaltungsrat und Vorstand
- organisiert in Landesverbänden (vgl. § 211 SGB V) und im Spitzenverband Bund der
Krankenkassen (§ 217a SGB V)
Versicherter Personenkreis
A. Versicherungspflicht
Insbesondere besteht für folgende Personen eine Versicherungspflicht in der GKV:
1. abhängig Beschäftigte, die die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschreiten, § 5
Abs. 1 Nr. 1 SGB V; Ausnahme: § 5 Abs. 5 SGB V, hauptberuflich selbständig tätig
2. ALG-II-Bezieher, § 5 Abs. 1 Nr. 2a; Ausnahme: § 5 Abs. 5a SGB V
3. Rentner, § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V
Voraussetzungen:
- Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
- Stellung des Antrags auf Rente
- Vorversicherungszeit: mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Erwerbslebens
Mitglied in der GKV oder familienversichert
4. Auffangtatbestand, § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V
Voraussetzungen:
- momentan nicht versichert
- kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall
- zuletzt in der GKV versichert oder ohne früheren Krankenversicherungsschutz
(früher weder in der GKV noch in der PKV versichert)
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- nicht hauptberuflich selbständig oder versicherungsfrei nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB
V (z. B. wegen Übersteigens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder wegen Status als
Beamter)
B. Versicherungsfreiheit
Versicherungsfrei sind insbesondere folgende Personen:
1. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V: Einkommen übersteigt die Jahresarbeitsentgeltgrenze;
die Jahresarbeitsentgeltgrenze wird nach § 6 Abs. 6 SGB V jährlich festgelegt (vgl.
Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung)
2. § 6 Abs. 1 Nr. Nr. 2 SGB V: Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie
Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes,
eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen
Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher
Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen
Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge
und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben
3. § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB V: Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften
anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften
oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf
Beihilfe haben
4. § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB V: Pensionäre, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt
oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben
5. § 6 Abs. 3a SGB V: wenn nach Vollendung des 55. Lebensjahres die
Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht eintreten. Weitere Voraussetzungen:
- keine Versicherung in der GKV oder über die Familienversicherung während der
letzten fünf Jahre
- mindestens die Hälfte dieser Zeit selbst oder der Ehegatte bzw. Lebenspartner
(Ehegatten von Beamten oder Selbständigen sollen im Alter nicht
versicherungspflichtig werden) versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit
oder wegen hauptberuflicher Selbständigkeit nicht versicherungspflichtig (liegt bei
Rückkehr aus dem Ausland oder bei vorangegangenem Sozialhilfebezug nicht vor)
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Dadurch soll vermieden werden, dass Betroffene dann, wenn sie infolge ihres Alters
oder von Vorerkrankungen höhere Beiträge in der PKV zahlen müssten, in die GKV
wechseln können.
Es besteht ein Anspruch von Nichtversicherten auf den Basistarif in der PKV
nach §§ 315 SGB V, 152 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz); d. h. , dass die
PKV einen Basistarif für nicht in der GKV Versicherte anbieten muss. Außerdem
bestimmt § 5 Abs. 9 SGB V: „Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10
nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine
Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9,
ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines
Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf
Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt
ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung
bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind
dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1
nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung
des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche
Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der
neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen
Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach
der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5,
9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5
oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung
nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten
Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag
sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung
entsprechend anzuwenden.“ Dadurch soll möglichst verhindert werden, dass
Patienten nicht krankenversichert sind.
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6. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB V: Geringfügig Beschäftigte nach § 8 SGB IV
(durchschnittliches monatliches Arbeitsentgelt übersteigt 450,00 nicht; mehrere
Einkommen werden zusammen gerechnet); Ausnahme: § 7 Abs. 1 S. 1, 2. HS SGB V
Werkstudentenprivileg: Wenn ordentlich Studierende einer Hochschule (d. h.
immatrikulierte Studierende, gilt daher nicht bei einem Urlaubssemester, aber grds.
auch nicht bei Promotionsstudierenden und dual Studierenden) neben dem Studium
nicht mehr als 20 Stunden pro Woche berufstätig sind, sind sie in der Kranken-,
Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei, §§ 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, 27
Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SGB III. Unschädlich ist es, wenn in der vorlesungsfreien Zeit diese
Grenze überschritten wird, wenn dies innerhalb eines Jahres in nicht mehr als 26
Wochen geschieht.
C. Freiwillige Versicherung § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V
Personen, die aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind, können freiwillig der
GKV beitreten, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens
24 Monate oder direkt vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate
in der GKV versichert waren. Die Formalmitgliedschaft aufgrund der Stellung des
Rentenantrages nach § 189 SGB V genügt nicht.
Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V ist der Beitritt innerhalb von drei Monaten nach
Beendigung der Mitgliedschaft anzuzeigen. Gemäß § 188 Abs. 3 SGB V muss diese
Erklärung schriftlich abgegeben werden. Nach Ansicht des BSG kann für einen
geschäftsunfähigen Betreuten der Betreuer diesen Antrag stellen, wenn sein
Aufgabenkreis „Sorge für Gesundheit und Vermögenssorge“ umfasst. Ein
Sozialhilfeträger kann diesen Antrag jedoch nicht stellen.
Eine Frist von sechs Monaten gilt für Rentner, die ab 31.03.2002 Anspruch auf Rente
besitzen und die vor dem 01.04.2002 geltenden Vorversicherungszeiten nicht
erfüllen, sowie für Spätaussiedler (§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, 7 SGB V).
D. Familienversicherung, § 10 SGB V
Über die Familienversicherung sind zusammen mit dem GKV-Versicherten sind der
Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder sowie die Kinder von
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familienversicherten Kindern mitversichert, wenn diese ihren Wohnsitz oder
gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8,
11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert sind, nicht versicherungsfrei oder nicht von
der Versicherungspflicht befreit sind (Ausnahme: Versicherungsfreiheit wegen
geringfügiger Beschäftigung nach § 7 SGB V), nicht hauptberuflich selbständig
erwerbstätig sind und kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig 1/7 der
Bezugsgröße (2019: 455,00 Euro; 2020: geplant 455,00 Euro) überschreitet; für
geringfügig Beschäftigte nach § 8 SGB IV beträgt das zulässige Gesamteinkommen
450 Euro pro Monat. Die Bezugsgröße wird ebenfalls durch die Sozialversicherungs-
Rechengrößenverordnung festgelegt. Studierende sind bei ihren Eltern bis zur
Vollendung des 25. Lebensjahres mitversichert, wenn sie die Einkommensgrenze
nicht überschreiten (§ 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Behinderte (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB
IX) Kinder sind grds. unabhängig vom Alter mitversichert, wenn sie außerstande
sind, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung zum Zeitpunkt des Erreichens
der Altersgrenze bereits vorlag (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V).
Wer familienversichert ist, ist nicht Mitglied der GKV, hat aber dennoch Anspruch auf
Leistungen entsprechend dem SGB V.
E. Befreiung von der Versicherungspflicht, § 8 SGB V
Voraussetzung: Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der
Versicherungspflicht bei der gesetzlichen Krankenversicherung gestellt werden und
der Betroffene muss das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung
im Krankheitsfall nachweisen (z. B. in der PKV versichert sein).
Die Möglichkeit zur Befreiung besteht insbesondere für Studierende, für Ärzte im
Praktikum, für in einer Einrichtung für behinderte Menschen Tätige und für in den
letzten fünf Jahren vor dem Bezug nicht gesetzlich krankenversicherte Bezieher von
Arbeitslosengeld.
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Beiträge
A. Privatversicherte
Bei Privatversicherten richtet sich die Höhe des Beitrags nach dem abgeschlossenen
Versicherungsvertrag, der auch regelt, was von der Versicherung umfasst wird. Die
Höhe des Beitrags bemisst sich sowohl nach dem individuellen versicherten Risiko
(Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen) als auch nach dem Umfang der Leistungen, die
durch die abgeschlossene Versicherung erfasst werden (z. B. ob die Kosten für
Heilmittel nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz erstattet werden, ob
Homöopathie umfasst ist).
B. in der GKV Versicherte
Die Höhe des Beitrags bemisst sich nach dem Einkommen und nicht nach dem
versicherten Risiko. Bei einer Familienversicherung erhöht sich der Beitrag des GKV-
Mitglieds nicht. Der Beitrag beläuft sich für den Versicherten nach § 241 SGB V
grundsätzlich auf 7,3 Prozent sowie für den Arbeitgeber auf 7,3 Prozent des
Einkommens. Beim Anteil des Versicherten ist das gesamte Einkommen, nicht nur
das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Zusatzbeiträge sind nunmehr ebenfalls hälftig
vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu tragen. Falls der Versicherte keinen Anspruch
auf Krankengeld besitzt, beträgt der Beitrag nach § 243 SGB V 14,0 Prozent anstelle
von 14,6 Prozent. Das für die Berechnung des Beitrags heranzuziehende Einkommen
wird durch die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt, die ebenfalls durch die
Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung festgelegt wird.
C. Zuzahlungen
GKV-Versicherte haben i. d. R. Zuzahlungen zu leisten. Die Höhe der Zuzahlungen
ist in § 61 SGB V geregelt, die Befreiung von Zuzahlungen in § 62 SGB V.
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Leistungen
A. Allgemeines
I. Grundsatz, § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V
Grundsätzlich haben die durch die GKV gewährten Leistungen hinsichtlich ihrer
Wirksamkeit und Qualität dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und
Forschung zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Der
Gemeinsame Bundesausschuss (er wird nach § 91 Abs. 1 SGB V gebildet von den
Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und
dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen) erlässt nach §§ 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5
und 6, 135 Abs. 1, 137c Abs. 1 SGB V hierzu Richtlinien und Empfehlungen, in die
aufgenommen wird, welche Behandlung und welche Arzneimittel, Heil- und
Hilfsmittel bei welcher Diagnose anwendbar sind und welche Behandlungs- und
Untersuchungsmethoden anerkannt sind. Ausgeschlossen von der Leistungspflicht
der Krankenkassen sind insbesondere unwirksame Behandlungsmethoden, neue,
noch nicht ausreichend erprobte Behandlungs- und Untersuchungsmethoden und
nicht bewährte Außenseitermethoden. Der Stand der medizinischen Wissenschaft ist
international zu betrachten und nicht allein nach den Leitlinien einer Fachgruppe.
Anerkannt sind nicht nur schulmedizinische Methoden, sondern auch alternative
Methoden, deren Wirksamkeit nachgewiesen wurde. Dabei unterscheiden §§ 135,
137c SGB V danach, ob es sich um eine ambulante oder eine stationäre Behandlung
handelt. Bei einer ambulanten Behandlung besteht nach § 135 SGB V ein Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt, d. h., dass Behandlungsmethoden verboten sind, es sei denn, der
Gemeinsame Bundesausschuss hat sie anerkannt und damit ihre Anwendung erlaubt.
Bei einer stationären Behandlung liegt dagegen nach § 137c SGB V eine Erlaubnis
mit Verbotsvorbehalt vor. Das bedeutet, dass Behandlungsmethoden erlaubt sind
und durchgeführt werden können, solange der Gemeinsame Bundesausschuss dies
nicht untersagt hat.
II. Nicht anerkannte Behandlungsmethoden, § 2 Abs. 1a SGB V
Das Bundesverfassungsgericht hat am 06.12.2005 in seiner so genannten
Nikolausentscheidung entschieden, dass aufgrund des durch Art. 2 Abs. 2 GG
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gewährten Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit und aufgrund von Art. 2
Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG bei
lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Erkrankungen eine
Leistungspflicht der GKV auch dann gegeben ist, wenn die neue Behandlungs- und
Untersuchungsmethode noch nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss
anerkannt und kein statistischer Wirksamkeitsnachweis erbracht wurde, sondern
lediglich eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare
positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im konkreten Einzelfall verspricht.
Dasselbe gilt für eine Erkrankung, die wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen
oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung vergleichbar ist. Wertungsmäßig
vergleichbar ist nach der Rechtsprechung des BSG eine die Lebensqualität auf Dauer
nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung wie der Verlust eines wichtigen
Sinnesorgans (z. B. akut drohende Erblindung) oder einer herausgehobenen
Körperfunktion. Der Verlust muss in absehbarer Zeit eintreten.
Aufgrund der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde § 2
Abs. 1a SGB V eingeführt, der bestimmt, dass GKV-Versicherte mit einer
lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung oder mit einer
zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein
anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur
Verfügung steht, auch eine nicht in § 2 Abs. 1 SGB V genannte Leistung
beanspruchen können, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung
oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Der
Gemeinsame Bundesausschuss hat diese Erkrankungen mittlerweile in § 2 Abs. 2
seiner Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen
Versorgung, Richtlinie „Methoden vertragsärztliche Versorgung“ aus dem
Geltungsbereich der Richtlinie herausgenommen. Bei der Krankenkasse kann nach §
2 Abs. 1a S. 2 SGB V vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung
durch den Behandler oder den Versicherten beantragt werden. Durch die
Kostenübernahmeerklärung wird dann gem. § 2 Abs. 1a S. 3 SGB V die
Abrechnungsfähigkeit der Leistung festgestellt.
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III. Leistungsarten, § 11 Abs. 1 SGB V
Nach § 11 Abs. 1 SGB V haben GKV-Versicherte Anspruch auf Leistungen:
- bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i)
- zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung
- zur Empfängnisverhütung
- bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b)
- zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten
(§§ 25 und 26)
- zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52)
- des Persönlichen Budgets nach § 29 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe
behinderter Menschen)
§ 11 Abs. 1 SGB V stellt keine Anspruchsgrundlage dar, sondern verweist auf die
einzelnen Anspruchsgrundlagen.
IV. Wirtschaftlichkeitsgebot, § 12 SGB V
Nach § 12 Abs. 1 SGB V gilt das so genannte Wirtschaftlichkeitsgebot. Hiernach
müssen die erbrachten Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein
und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht
notwendig oder unwirtschaftlich sind, können GKV-Versicherte nicht beanspruchen,
dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Die Notwendigkeit orientiert sich an der medizinischen Indikation und dem Zweck der
Leistung. Die Leistung muss nach der Rechtsprechung des BSG unvermeidlich und
unentbehrlich sein. Es darf keine kostengünstigere Alternative zur Verfügung stehen.
Zweckmäßig bedeutet, dass die Leistung effektiv ist, d. h., dass sie dazu geeignet ist,
den therapeutischen Zweck bzw. das Behandlungsziel zu erreichen. Ausreichend ist
die Leistung nach der Rechtsprechung des BSG, wenn sie den Grad des Genügenden
weder über- noch unterschreitet, nicht qualitativ mangelhaft ist und nach Umfang
und Qualität hinreichende Chancen für einen Heilerfolg bietet.
Wenn Festbeträge festgelegt wurden, erfüllt die Krankenkasse nach § 12 Abs. 2 SGB
V ihre Leistungspflicht mit Gewährung des Festbetrags.
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B. Leistungen, die unabhängig vom Krankheitsfall erbracht
werden
Nach § 11 Abs. 1 SGB V werden Leistungen u. a. auch dann erbracht, wenn keine
Krankheit behandelt oder verhütet werden soll, und zwar in folgenden Fällen:
- bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i)
- zur Empfängnisverhütung
- bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b)
- zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten
(§§ 25 und 26)
C. Leistungen, die im Zusammenhang mit einem Krankheitsfall
erbracht werden
Krankheitsbegriff
Die übrigen Leistungen werden im Zusammenhang mit einer Krankheit (zur
Behandlung, zur Verhütung und zur Verhinderung einer Verschlimmerung einer
Krankheit) erbracht. Obwohl die Krankenkassen sich nach § 1 SGB V als
Gesundheitskassen verstehen, knüpft das Leistungssystem der GKV nicht an den
Gesundheitsbegriff der WHO an. Gesundheit ist danach ein Zustand des vollständigen
körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens. Für das Leistungssystem der GKV
ist dagegen der Begriff der Krankheit wesentlich.
Nach der Rechtsprechung des BSG liegt ein Krankheitsfall dann vor, wenn ein
regelwidriger Körper- oder Geisteszustand besteht, der eine
Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Bei Entstellungen
und anatomischen Abweichungen liegt nur dann eine Krankheit vor, wenn der
Betroffene in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder eine schwere
sichtbare Entstellung (z. B. schwere Brandnarben, Haarausfall bei einer Frau, aber
nicht bei einem Mann) vorliegt.
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I. Regelwidriger Körper- oder Geisteszustand
Da eine Regelwidrigkeit Voraussetzung für das Vorliegen einer Krankheit ist, darf der
Zustand nicht auf natürlichen Prozessen wie z. B. Alterschwäche beruhen, es sei
denn das übliche und für den Betroffenen erträgliche Maß wird überschritten. Der
Betroffene muss hierbei mit einem gesunden, zur Ausübung normaler physischer und
psychischer Funktionen fähigen Menschen verglichen werden. Das bedeutet, dass
man sich bei der Feststellung, ob ein regelwidriger Zustand vorliegt am Durchschnitt
orientieren muss. Regelwidrigkeit liegt daher dann vor, wenn der Betroffene in
seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird und diese nicht unwesentlich gestört
sind. Bei einer Entstellung ist die Regelwidrigkeit dann gegeben, wenn der Betroffene
objektiv an einer körperlichen Auffälligkeit von solchem Maß leidet, dass seine
Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährdet ist. Dies ist dann der Fall, wenn es
sich um eine körperliche Auffälligkeit handelt, die sich schon bei flüchtiger
Begegnung bemerkbar macht und es dem Betroffenen erschwert, sich frei und
unbefangen unter Menschen zu bewegen, da er naturgemäß alle Blicke auf sich zieht
und zum Objekt der Neugier wird. Eine psychische Belastung des Betroffenen allein
reicht hierfür nicht aus.
II. Behandlungsbedürftigkeit
Eine Behandlungsbedürftigkeit liegt vor, wenn durch den regelwidrigen Körper- und
Geisteszustand die physischen oder psychischen Funktionen derart eingeschränkt
sind, dass ihre Wiederherstellung der Hilfe eines Arztes bedürfen. Dafür muss die
Krankheit behandlungsfähig sein, zumindest müssen eine Linderung der
Beschwerden oder eine Lebensverlängerung mögliche sein.
III. Arbeitsunfähigkeit
Arbeitsunfähig ist jemand, wenn er seiner bisher ausgeübten Erwerbsfähigkeit nicht
mehr oder nur auf die Gefahr hin nachgehen kann, dass sich sein Zustand
verschlimmert.
D. Leistungsbeschränkungen bei Selbstverschulden, § 52 SGB V
Nach § 52 Abs. 1 SGB V kann die Krankenkasse den Betroffenen an den Kosten
beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise versagen, wenn dieser sich eine
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Krankheit vorsätzlich zugezogen hat. Bedingter Vorsatz (= billigend in Kauf nehmen)
bezüglich der Krankheit genügt. Daran fehlt es i. d. R. bei ungesunder
Lebensführung (Rauchen) und gefährlichen Sportarten (Kickboxen, Tae Kwon Do),
da der Betroffene normalerweise darauf vertraut, dass kein Krankheitsfall eintreten
wird. Anders kann es sich im Einzelfall beim Drogenkonsum verhalten, wobei es im
Falle einer Abhängigkeit an der für die Vorliegen eines Vorsatzes erforderliche freie
Willensbestimmung fehlen kann. Bei einem Suizidversuch liegt in der Regel kein
Vorsatz hinsichtlich einer Krankheit vor, da keine Gesundheitsbeeinträchtigung,
sondern eine Tötung beabsichtigt wird.
Gem. § 52 Abs. 1 SGB V kann die Leistung ebenfalls beschränkt werden, wenn der
Betroffene sich die Krankheit bei einem von ihm vorsätzlich oder fahrlässig
begangenen Verbrechen (Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe, § 12 Abs. 1 StGB)
oder vorsätzlich begangenen Vergehen (Mindeststrafe weniger als ein Jahr
Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, § 12 Abs. 2 StGB) zugezogen hat. Hier muss sich der
Vorsatz nicht auf die Krankheit beziehen.
Nach § 52 Abs. 2 SGB V ist der Betroffene an den Kosten der Behandlung zu
beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise zu versagen, wenn dieser sich
die Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine
Tätowierung oder ein Piercing zugezogen hat. Diese Aufzählung ist abschließend
(früher war sie nur beispielhaft). Nicht erfasst sind daher das sogenannte Cutting,
Branding und Tongue Cutting, obwohl diese ebenfalls Erkrankungen zur Folge haben
können.
Bei der Entscheidung, in welcher Höhe der Betroffene an den Kosten der Behandlung
zu beteiligen ist (in § 52 SGB V ist nur davon die Rede, den Betroffenen angemessen
an den Kosten zu beteiligen), hat die Krankenkasse insbesondere den Grad des
Verschuldens, die Höhe der Aufwendungen der Krankenkasse sowie die finanzielle
Leistungsfähigkeit und Unterhaltsverpflichtungen des Betroffenen zu berücksichtigen.
Zudem sind die Interessen der Versichertengemeinschaft zu berücksichtigen, nicht
mit den Komplikationsgefahren belastet zu werden, die durch die in § 52 SGB V
genannten Verhaltensweisen entstehen.
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E. Ausschluss bei Erkrankungen, die Folge eines Arbeitsunfalls
oder einer Berufskrankheit sind
Nach § 11 Abs. 5 SGB V sind Erkrankungen, die Folge eines Arbeitsunfalls oder einer
Berufskrankheit sind, nicht von der Leistungspflicht der GKV, sondern der der
gesetzlichen Unfallversicherung umfasst.
F. einzelne Leistungen
Insbesondere werden durch die GKV folgende Leistungen erbracht:
I. Prävention und Prophylaxe, §§ 20 - 24 SGB V
Die Krankenkassen müssen nach § 20 SGB V Leistungen zur Verhinderung und
Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) und zur Förderung des
selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten
(Gesundheitsförderung) erbringen. Die Primärprävention zielt insbesondere auf die
Verminderung von sozial bedingten und geschlechtsbezogener Ungleichheit der
Gesundheitschancen ab. Leistungen zur Prävention sollen den allgemeinen
Gesundheitszustand verbessern. Nach § 20 IV SGB V wird nach drei Typen
differenziert: Leistungen zur individuellen Verhaltensprävention, zur
Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten, § 20a SGB V und zur
betrieblichen Gesundheitsförderung, § 20b SGB V. Konkret werden z. B. Kurse
angeboten, die vorliegenden Bewegungsmangel oder ungesunde
Ernährungsgewohnheiten bekämpfen.
Nach § 20i SGB V haben Versicherte Anspruch auf primäre Prävention durch
Schutzimpfungen. Schutzimpfungen sind jedoch nur dann im Leistungskatalog
enthalten, wenn sie in die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts aufgenommen
wurden. Ausgenommen sind Schutzimpfungen, die infolge eines nicht
berufsbedingten Auslandsaufenthaltes erforderlich sind, es sei denn, eine solche
Impfung ist zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Einschleppung von
Krankheiten erforderlich. Zur Verhütung von Zahnerkrankungen gibt es sowohl eine
Gruppen- als auch eine Individualprophylaxe (§§ 21, 22 SGB V). Nach §§ 23, 24 SGB
18
V besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Vorsorgeleistungen
wie z. B. Kuren.
II. Empfängnisverhütung, § 24a SGB V
Bis zur Vollendung des 22. Lebensjahres besteht ein Anspruch auf
verschreibungspflichtige Mittel zur Empfängnisverhütung.
III. Schwangerschaftsabbruch, § 24b SGB V
Anspruch auf Leistungen bei einem Schwangerschaftsabbruch bestehen bei einem
nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch nach § 218a Abs. 2 StGB. Bei einem
Schwangerschaftsabbruch nach § 218a Abs. 1 StGB (innerhalb der ersten 12
Wochen) ist nach § 24b Abs. 3, Abs. 4 SGB V der Abbruch nicht von der
Leistungspflicht umfasst.
IV. Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft, §§ 24c - 24i SGB V
Bei einer Schwangerschaft und Mutterschaft haben Versicherte u. a. einen Anspruch
auf ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil-
und Hilfsmitteln, Entbindung, häusliche Pflege, Haushaltshilfe und Mutterschaftsgeld.
V. Vorsorgeuntersuchungen, §§ 25 - 26 SGB V (Leistungen zur
Früherkennung von Krankheiten)
Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres haben einen Anspruch auf
Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche, geistige
oder psycho-soziale Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden. Versicherte
ab Vollendung des 18. Lebensjahres haben einen Anspruch auf Untersuchungen zur
Früherkennung von Krebserkrankungen. Außerdem besitzen sie einen Anspruch auf
alters-, geschlechter- und zielgruppengerechte ärztliche Gesundheitsuntersuchungen
zur Erfassung und Bewertung gesundheitlicher Risiken und Belastungen, zur
Früherkennung von bevölkerungsmedizinisch bedeutsamen Krankheiten und eine
darauf abgestimmte präventionsorientierte Beratung, einschließlich einer
Überprüfung des Impfstatus.
19
VI. Krankenbehandlung, § 27 SGB V
GKV-Versicherte haben bei Krankheit Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie
notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Außerdem sind Krankengeld und
die Übernahme von Fahrtkosten bei Erfüllung der Voraussetzungen vom
Leistungskatalog umfasst.
Zur Krankenbehandlung gehören (vgl. §§ 27a - 43b SGB V):
- Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und
psychotherapeutische Behandlung (näheres ist in den Psychotherapie-Richtlinien
geregelt)
- zahnärztliche Behandlung
- Versorgung mit Zahnersatz
- Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (näheres ist in den
zugehörigen Richtlinien geregelt)
- häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe
- Krankenhausbehandlung
- Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten.
VII. Arznei- und Verbandmittel, § 31 SGB V
Ein Anspruch besteht nur auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, die
nicht durch § 34 SGB V oder die Richtlinien des GBA ausgeschlossen sind. Nach § 34
Abs. 1 S. 6 SGB V sind für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben,
insbesondere folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel ausgeschlossen:
- Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten
einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel,
Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel
- Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen
- Abführmittel
- Arzneimittel gegen Reisekrankheit
20
Vom Leistungsanspruch umfasst sind Arzneimittel nur im Rahmen ihrer Zulassung
(Arzneimittel werden für bestimmte Indikationen zugelassen). Ausnahmsweise sind
die Verwendung eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung (sog. off-label-use)
oder die Verabreichung eines noch nicht zugelassenen Arzneimittels (sog. unlicensed
use) vom Leistungsanspruch umfasst. Nach der Rechtsprechung des BSG müssen
hierfür folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Vorliegen einer schweren, entweder lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf
Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Krankheit
- Fehlen einer vertretbaren anderen Behandlungsalternative
- Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den voraussichtlichen Nutzen des
Einsatzes des Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung für die in Frage stehende
Erkrankung (= aufgrund der bestehenden Datenlage begründete Aussicht auf einen
Behandlungserfolg)
Bei der Verwendung eines nicht zugelassenen Arzneimittels müssen zusätzlich
folgende Voraussetzungen vorliegen:
- kein Verstoß gegen das Arzneimittelrecht (bei einem Import müssen insbesondere
die Voraussetzungen nach § 73 Abs. 3 AMG erfüllt sein)
- eine konkrete Chancen- und Risikoabwägung führt dazu, dass der voraussichtliche
Nutzen überwiegt
- die Behandlung muss lege artis durchgeführt und ausreichend dokumentiert
werden
VIII. Heilmittel, § 32 SGB V
Heilmittel sind nur dann von der Leistungspflicht umfasst, wenn sie nicht durch § 34
SGB V und die Heilmittelrichtlinie des GBA ausgeschlossen sind. Sie müssen jedoch
von einem Vertragsarzt verordnet worden sein.
Heilmittel = ärztlich verordnete Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder
einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht
werden dürfen, z. B. Massagen, Physiotherapie
21
I. d. R. muss der Versicherte Zuzahlungen leisten, wenn er 18 oder älter ist. Welche
Heilmittel bei welcher Indikation verordnet werden dürfen, bestimmt die
Heilmittelrichtlinie.
IX. Hilfsmittel, § 33 SGB V
Hilfsmittel = sächliches Mittel, das durch ersetzende, unterstützende oder
entlastende Wirkung den Erfolg einer Krankenbehandlung sichert oder eine
Behinderung ausgleicht oder ihr vorbeugt, z. B. Brillen, Hörgeräte
Der Leistungsanspruch wird durch das Hilfsmittelverzeichnis und die
Hilfsmittelrichtlinie konkretisiert. Nicht umfasst sind Hilfsmittel, die durch § 34 SGB V
und die Richtlinien des GBA ausgeschlossen sind.
Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben nur noch dann einen
Anspruch auf Versorgung mit einer Sehhilfe, wenn sie aufgrund ihrer Sehschwäche
auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als
sechs Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als vier Dioptrien bei
Astigmatismus aufweisen.
Eine Verordnung durch einen Vertragsarzt ist nach § 33 Abs. 5a SGB V nur in
bestimmten Fällen erforderlich. Bei Hilfsmitteln, für die Festbeträge vereinbart
wurden, ist nur dieser von der Krankenkasse zu tragen. Wenn die Kosten den
Festbetrag übersteigen, hat der Versicherte die Differenz zu tragen. Wenn ein
Hilfsmittel nicht im Leistungskatalog enthalten ist, muss der Versicherte sich die
Versorgung vorab von seiner Krankenkasse genehmigen lassen. Ansonsten hat er die
Kosten zu tragen.
Die Versorgung mit dem Hilfsmittel muss im Einzelfall erforderlich sein. Erforderlich
bedeutet geeignet, notwendig und wirtschaftlich; insbesondere der letzte Punkt führt
oft zum Ausschluss des Hilfsmittels, wenn ein günstigeres als ausreichend erachtet
wird.
22
X. Soziotherapie, § 37a SGB V
Der Anspruch auf Soziotherapie (wird hauptsächlich durch Sozialarbeiter bzw.
Sozialpädagogen erbracht) ist in § 37a SGB V geregelt.
XI. Haushaltshilfe, § 38 SGB V
Die Voraussetzungen dafür, dass GKV-Versicherte im Krankheitsfall eine
Haushaltshilfe erhalten, sind in § 38 SGB V geregelt.
XII. Krankenhausbehandlung, § 39 SGB V, und häusliche Krankenpflege, §
37 SGB V
GKV-Versicherte haben Anspruch auf häusliche Krankenpflege, wenn
Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist. Der Anspruch auf Pflege
nach einem Krankenhausaufenthalt besteht nach § 37 Abs. 1 SGB V auch dann,
wenn keine Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI vorliegt. § 39c SGB V gibt einen
Anspruch auf Kurzzeitpflege als Krankenhausnachsorge nach einem
Krankenhausaufenthalt, ohne dass Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI besteht. Die
Palliativversorgung ist Bestandteil der Krankenbehandlung, § 27 I S. 3 SGB V. Nach §
37 Abs. 2a SGB V umfasst die häusliche Krankenpflege auch die ambulante
Palliativversorgung.
Zur Krankenhausbehandlung zählen nach § 39a SGB V auch Hospizleistungen. Diese
werden unabhängig davon gewährt, ob der Betroffene einer Krankenhausbehandlung
bedarf.
XIII. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, §§ 40 - 43 SGB V
Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind in §§ 40 ff. SGB V geregelt.
XIV. Krankengeld, §§ 44 - 51 SGB V, und Fahrtkosten, § 60 SGB V
Die Fahrtkosten müssen mit bestimmten Krankenversicherungsleistungen im
Zusammenhang stehen. Der Anspruch auf Krankengeld ist in §§ 44 ff. SGB V näher
geregelt. Das Krankengeld beträgt i. d. R. 70 % des ausgefallenen
Bruttoarbeitsentgelts.
23
GKV – PKV
A. Allgemeines
In der GKV herrscht das Sachleistungsprinzip vor, in der PKV das
Kostenerstattungsprinzip (vgl. Prinzipien der GKV). Der Vertragsarzt oder sonstige
Leistungserbringer rechnet daher anders als bei Privatpatienten gegenüber
Kassenpatienten nicht direkt ab, sondern gegenüber der Kassenärztlichen oder
Kassenzahnärztlichen Vereinigung oder zum Teil auch gegenüber der GKV. Eine
Ausnahme bilden Leistungen, die nicht vom Leistungskatalog der GKV umfasst sind.
Eine Abrechnung gegenüber dem Patienten findet auch statt, wenn der Patient die
elektronische Gesundheitskarte nicht vorlegt oder nachreicht, wenn ein Fall der
Kostenerstattung nach § 13 SGB V vorliegt oder wenn er ausdrücklich als
Privatpatient behandelt werden möchte.
Für Vertragsärzte gilt für die Gebühren der EBM (einheitlicher Bewertungsmaßstab),
für Vertragszahnärzte der BEMA (Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen).
Gegenüber Privatpatienten rechnen Ärzte nach der GOÄ (Gebührenordnung für
Ärzte), Zahnärzte nach der GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) ab. Zahnärzte
müssen i. d. R. vor der Versorgung mit Zahnersatz einen Heil- und Kostenplan
erstellen, durch den der Patient über die für ihn anfallenden Kosten aufgeklärt wird.
Darüber hinaus ist der Patient grundsätzlich darüber aufzuklären, welche Kosten
möglicherweise nicht durch Dritte (GKV, PKV) erstattet und übernommen werden, §
630c Abs. 3 BGB.
Kostenerstattung nach § 13 SGB V (Ausnahmen vom
Sachleistungsprinzip):
- § 13 Abs. 2 SGB V: Wahlrecht der Versicherten zwischen Sachleistung und
Kostenerstattung
- § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V: Systemversagen; GKV erfüllt einen berechtigten
Leistungsanspruch nicht oder nicht rechtzeitig
- § 13 Abs. 3 S. 2 SGB V: selbst beschaffte Leistungen zur Rehabilitation
- § 13 Abs. 4, Abs. 5 SGB V: Auslandsberührung, Krankenbehandlung im Ausland
24
B. Abrechnung nach GOÄ
Die Vergütung wird gegenüber Selbstzahler nach der GOÄ (Gebührenordnung für
Ärzte) bzw. der GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) abgerechnet. Es handelt sich
hierbei um Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 11 BÄO.
Die GOÄ sowie die GOZ gelten nur für Selbstzahler, nicht für Mitglieder der GKV.
GKV-Mitglieder stehen Selbstzahlern gleich, wenn sie keine Versichertenkarte
vorlegen (nach § 15 Abs. 2 SGB V muss die Versichertenkarte vor der
Inanspruchnahme der ärztliche Leistung vorgelegt werde, in dringenden Fällen kann
sie gem. § 15 Abs. 5 SGB V nachgereicht werden; wird die elektronische
Gesundheitskarte nicht innerhalb von zehn Tagen nachgereicht, kann der Arzt nach
GOÄ abrechnen, reicht der Patient die Karte bis zum Quartalsende nach, erhält er die
gezahlte Vergütung zurück), Kostenerstattung gewählt haben oder ausdrücklich als
Privatpatienten behandelt werden.
Zur Abrechnung nach GOÄ ist der Arzt standesrechtlich verpflichtet nach § 13 Abs. 2
S. 3 BMV-Ä. Rechtlich handelt es sich hierbei um eine taxmäßige Vergütung nach §
612 Abs. 2 BGB.
Die GOÄ untergliedert sich in zwei Teile, zum einen den allgemeinen Teil, zum
anderen das Gebührenverzeichnis. Nach § 3 GOÄ setzt sich die Vergütung zusammen
aus Gebühren, Entschädigungen und Ersatz von Auslagen.
I. Gebühren
Gebühren ergeben sich aus dem Steigerungssatz sowie dem Gebührensatz. Der
Gebührensatz errechnet sich nach § 5 Abs. 1 GOÄ aus der Punktezahl, die dem
Gebührenverzeichnis zu entnehmen ist, multipliziert mit dem Punktewert von derzeit
5,82873 Cent. Der so ermittelte Gebührenwert ist mit dem Steigerungssatz zu
multiplizieren, der im Regelfall dem 2,3-fachen Gebührensatz entspricht. Man spricht
insoweit vom Schwellenwert. Nur in Ausnahmefällen, die einer besonderen
Begründung in der Gebührenrechnung bedürfen, darf dieser Schwellenwert
überschritten werden und der 3,5-fache Gebührensatz abgerechnet werden. Dies ist
25
namentlich dann der Fall, wenn die Behandlung vom Durchschnitt abweicht, sie vor
allem aufgrund des konkreten Krankheitsfalls überdurchschnittlich schwierig bzw.
zeit- und kostenintensiv war - § 5 Abs. 3 GOÄ. Den Arzt trifft hierfür die Beweislast.
Im sog. Basis- und Standardtarif der PKV darf nur jeweils bis zum 1,8-fachen
Gebührensatz abgerechnet werden.
Zur Zeit wird die GOÄ überarbeitet. Geplant ist eine feste Vergütung in Europreisen,
die die Multiplikation von Punktwert mit Punktzahl ablösen soll. Steigerungen sollen
weiterhin zulässig bleiben.
Die Abrechnung nach GOÄ kann nicht abbedungen werden. Eine abweichende
Vereinbarung ist nach § 134 BGB nichtig. Es kann nach § 2 Abs. 1 GOÄ lediglich ein
höherer Steigerungssatz vereinbart werden, wobei diese Vereinbarung nach § 2 Abs.
2 GOÄ schriftlich zu treffen ist. In dieser Vereinbarung sind die Nummer und die
Leistung sowie der Steigerungssatz genau zu bezeichnen. Weiterhin muss der Arzt
darüber aufklären, dass eine Erstattung durch die PKV bzw. die Beihilfestelle (bei
Kostenerstattung nach § 13 SGB V durch die GKV) möglicherweise nicht in vollem
Umfange gewährleistet ist, der Patient also die etwaigen Mehrkosten selbst zu tragen
hat.
Findet sich im Gebührenverzeichnis für die jeweilige Leitung keine Gebührenziffer,
besteht die Möglichkeit, die Leistung nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 GOÄ als
Analogziffer zu berechnen. Es ist dabei jeweils auf eine nach Arzt, Kosten- und
Zeitaufwand gleichwertige Leistung im Gebührenverzeichnis Bezug zu nehmen. Die
Bundesärztekammer veröffentlicht regelmäßig ein Verzeichnis der analogen
Bewertungen, das allerdings gleich einer Empfehlung keinen rechtsverbindlichen
Charakter hat.
II. Entschädigung
Entschädigungen kann der Arzt nach Maßgabe des § 7 GOÄ verlangen. Darunter zu
fassen sind das Wegegeld nach § 8 GOÄ sowie die Reiseentschädigung nach § 9 GOÄ
26
III. Auslagen
Darüber hinaus kann der Arzt Ersatz seiner Auslagen verlangen. Unter den Begriff
der Auslagen zu subsumieren sind die in § 10 GOÄ enumerativ aufgeführten Kosten.
IV. Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung
§ 4 Abs. 2 GOÄ verlangt die persönliche Leistungserbringung durch den Arzt. Der
Arzt kann sich ärztlicher und nichtärztlicher Mitarbeiter bedienen, soweit diese ihre
Leistung nach Aufsicht und fachlicher Weisung des Arztes erbringen.
Besondere praktische Bedeutung erlangt diese Vorschrift bei Wahlarztvereinbarungen
im voll- bzw. teilstationären Bereich. So gelten zahlreiche Leistungen, die im
Einzelnen in § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ genannt sind, nur dann als persönliche Leistung,
wenn diese durch den Wahlarzt selbst oder einen vor Abschluss des Wahlarztvertrags
dem Patienten benannten persönlichen Vertreter erbracht werden. Der Vertreter
muss Facharzt desselben Gebiets sein. Wird hiergegen verstoßen, ist für die
erbrachte Leistung keine gesonderte Vergütung geschuldet.
Zu beachten ist bei wahlärztlichen Leistungen im vollstationären, teilstationären
sowie vor- und nachstationären Bereich, dass diese einschließlich der darauf
entfallenden Zuschläge nach § 6a Abs. 1 um 25 % zu mindern sind.
V. Fälligkeit der Vergütung
Die Vergütung ist erst fällig, wenn sie prüffähig nach GOÄ abgerechnet wurde. Die
Mindestanforderungen, denen die Rechnung genügen muss, sind im Einzelnen in §
12 GOÄ genannt. Darauf wird verwiesen. Ist die Rechnung nicht prüffähig, kann der
Patient die Zahlung der Vergütung verweigern.
VI. Verjährung
Die Honoraransprüche des Arztes verjähren nach § 195 BGB innerhalb von drei
Jahren, wobei die Verjährung zum Ende des Jahres beginnt, in dem die Forderung
fällig geworden ist. Fällig wird die Forderung, wie vorstehend dargestellt, nicht
bereits mit der Leistungserbringung, sondern erst, wenn die Leistung
ordnungsgemäß, also prüffähig im Sinne der GOÄ, abgerechnet wurde.
27
Wenn der Arzt die Fälligkeit durch verspätete Abrechnung hinausschiebt, wird der
Beginn der Verjährung vorverlagert. Sie beginnt dann zu dem Zeitpunkt zu laufen, in
dem der Patient bei ordnungsgemäßem Geschäftsgange den Zugang der Abrechnung
erwarten durfte. Andernfalls hätte der Arzt es in der Hand, die Verjährung beliebig
hinauszuzögern, was unbillig wäre. Gegebenenfalls kann sich der Patient auf
Verwirkung berufen.
C. Abrechnung von Krankenhäusern
Krankenhäuser erhalten für eine stationäre Behandlung und Operation sowohl bei
GKV- als auch bei PKV-Patienten nach sogenannten DRG (diagnosis related groups)
Fallpauschalen, deren Höhe sich nach der erstellten Diagnose richtet (Ausnahme:
Psychiatrische Krankenhäuser). Das führt dazu, dass Patienten möglichst schnell
wieder entlassen werden. Die sogenannte Codierung, d. h. die Einordnung unter eine
DRG-Ziffer, kann nach § 275 SGB V durch den Medizinischen Dienst der
Krankenkassen (MDK) überprüft werden. Bei nach Meinung des MDK fehlerhafter
Codierung wird die Vergütung gekürzt. Das Krankenhaus kann daraufhin
Leistungsklage vor dem Sozialgericht gegen die kürzende Krankenkasse erheben auf
Zahlung der restlichen Vergütung.
D. Abrechnung der Vertragsärzte
Die Landesverbände der Kassenärztlichen (KV) bzw. Kassenzahnärztlichen
Vereinigungen (KZV) handeln gem. § 82 Abs. 2 SGB V mit den Krankenkassen eine
Gesamtvergütung aus, die durch die Kassenärztlichen bzw. Kassenzahnärztlichen
Vereinigungen an die Vertragsärzte und Vertragszahnärzte verteilt wird (vgl. §§ 85,
87, 87a, 87b SGB V). Hierfür erlässt der gemeinsame Bundesausschuss (GBA), der
gem. § 91 SGB V durch die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche
Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildet
wird, Richtlinien und die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung einen
Honorarverteilungsmaßstab (HVM) oder Honorarverteilungsvertrag (HVV). Bei der
Verteilung der Gesamtvergütung werden getrennte Honorartöpfe für die
hausärztliche und die fachärztliche Versorgung gebildet.
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Jedes Quartal bekommt jeder Vertragsarzt ein Regelleistungsvolumen (RLV) und für
bestimmte Leistungen ein qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen (QZV)
zugewiesen. Dadurch erhält jeder Vertragsarzt ein individuelles Budget. Bis zur Höhe
des RLV und QZV erhalten die Vertragsärzte die erbrachten Leistungen in voller Höhe
nach der Euro-Gebührenordnung vergütet. Darüber hinaus erbrachte Leistungen
werden mit abgestaffelten Preisen vergütet, da nur die Gesamtvergütung an die
Vertragsärzte verteilt werden kann. Die abgestaffelten Preise können daher gegen
Null tendieren. Besonders förderungswürdige Leistungen werden außerhalb der
Gesamtvergütung vergütet. Laborleistungen und Leistungen des ärztlichen
Notdienstes werden ebenfalls getrennt vergütet. Für diese beiden vorgenannten
Leistungen werden vorab eigene Honorartöpfe gebildet.
Die Vertragsärzte rechnen am Ende eines jeden Quartals gegenüber der
Kassenärztlichen Vereinigung (nicht gegenüber den Krankenkassen) ab und
bestätigen durch ihre Unterschrift die Richtigkeit der Abrechnung. Grundsätzlich sind
ärztliche Leistungen gem. § 15 Abs. 1 SGB V von Ärzten zu erbringen (Ausnahme: §
63 SGB V). Abrechenbar sind Leistungen, soweit sie durch einen zugelassenen oder
ermächtigten Leistungserbringer oder einem Leistungserbringer, dessen Anstellung
genehmigt wurde, erbracht wurden.
Aufgrund der Abrechnung erlässt die Kassenärztliche Vereinigung jedes Quartal die
Honorarbescheide. Wenn ein Teil der Abrechnung eines Arztes fehlerhaft ist, ist nach
der Rechtsprechung des BSG der gesamte darauf beruhende Honorarbescheid
rechtswidrig. Die Plausibilität und die sachlich-rechnerische Richtigkeit der
Abrechnung werden durch die Kassenärztliche Vereinigung überprüft (§ 106a SGB V).
Insbesondere wird hierbei überprüft, ob die Abrechnung der einzelnen Positionen im
Hinblick auf die hierfür erforderliche Zeit plausibel ist. Falls die Abrechnung fehlerhaft
ist, wird sie im Rahmen erfolgt je nach Schwere des Verstoßes ein Regress und eine
Neufestsetzung des Honorars.
Ziel der Budgetierung der Vergütung ist die Verhinderung einer unbegrenzten
Ausdehnung der Tätigkeit des einzelnen Vertragsarztes.
29
Außerdem muss der Vertragsarzt gem. § 12 SGB V wirtschaftlich handeln. Er darf
weder bei den abgerechneten Leistungen (Behandlungen) noch bei den verordneten
Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln weit über dem Durchschnitt der Arztgruppe, der er
angehört, liegen. Ansonsten erfolgt im Rahmen einer Wirtschaftlichkeits- bzw.
Richtgrößenprüfung nach §§ 106 ff. SGB V ein Regress durch die Prüfungsstelle der
Verbände der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigung (das bedeutet, dass
der Arzt die übermäßigen Behandlungen sowie die übermäßig verordneten Arznei-,
Heil-, und Hilfsmittel selbst bezahlen muss). Bei geringen Überschreitungen kann es
die Kassenärztliche Vereinigung bei einer Beratung belassen. Praxisbesonderheiten
aufgrund der Patientenstruktur (z. B. überdurchschnittlich viele chronisch Kranke)
können durch den Arzt vorgebracht und müssen durch die Kassenärztliche
Vereinigung berücksichtigt werden. Nicht alles, was arzthaftungsrechtlich geboten ist,
ist auch wirtschaftlich i. S. d. § 12 SGB V.
E. Rechtsbeziehungen
I. Der Behandlungsvertrag, §§ 630a ff. BGB
1. Vertragsparteien
Der Behandlungsvertrag ist definiert in § 630a BGB. Es handelt sich hierbei um einen
Vertrag zwischen dem Behandler einerseits und dem Patienten andererseits. Vom
Begriff des Behandlers umfasst sind nicht nur Ärzte, sondern sämtliche Heilberufliche
wie Hebammen, medizinische Bademeister und Ergotherapeuten.
2. Hauptpflichten des Behandlungsvertrages.
Geschuldet ist die medizinische Behandlung des Patienten. Darunter fallen alle
Leistungen, die physisches oder psychisches Leid ändern oder deren Ursache
beheben sollen. Umstritten ist, ob hiernach eine Schönheitsoperation eine
medizinische Behandlung darstellt, ebenso das Verabreichen von Botoxspritzen,
Piercing etc.
3. Rechtsnatur des Behandlungsvertrages
Der Behandlungsvertrag ist seiner Natur nach ein privatrechtlicher Vertrag, und zwar
unabhängig davon, ob der Patient gesetzlich oder privat versichert ist. Auch der
30
gesetzlich versicherte Patient schließt mit dem Arzt einen Behandlungsvertrag nach §
630a BGB ab.
Der einzige Unterschied zum Kassenpatient besteht darin, dass durch das im SGB V
verankerte Sachleistungsprinzip die direkte Vergütungspflicht des Patienten
gegenüber dem Arzt entfällt, soweit die in Anspruch genommene Leistung im
Leistungskatalog der GKV enthalten ist.
II. Sozialrechtliches Dreiecksverhältnis
Abgerechnet wird im sogenannten sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis, wobei hier im
Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zwischen dem Arzt als
Leistungserbringer und der GKV als Leistungsträger zusätzlich die KV
(Kassenärztliche Vereinigung) als „Abrechnungsstelle“ zwischengeschaltet ist.
Schematisch stellen sich die Beziehungen wie folgt dar:
Abrechnung
Honorar
Behandlungsvertrag Gesamtvergütung Sicherstellung
der Versorgung
Beitragszahlung
Leistungsgewährung
III. Zustandekommen des Behandlungsvertrages
Der Behandlungsvertrag kommt wie jeder andere Vertrag durch zwei
übereinstimmende Willenserklärungen, d.h. durch Angebot und Annahme, zustande.
Es gelten die allgemeinen Grundsätze des BGB. D.h. der Vertrag kann nicht nur
durch ausdrückliche Willenserklärungen, sondern auch schlüssig (konkludent), etwa
durch bloße Inanspruchnahme der ärztlichen Leistung, geschlossen werden.
Arzt = Leistungserbringer
Kassenärztliche Vereinigung
Patienten = Leistungsberechtigter
GKV = Leistungsträger
31
IV. Behandlung von Minderjährigen
Bei Geschäftsunfähigen, d.h. bei Personen, die gemäß § 104 Nr. 1 BGB das siebte
Lebensjahr nicht vollendet haben oder die sich in einem dauerhaften, die freie
Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der
Geistestätigkeit befinden § 104 Nr. 2 BGB, wird der Vertrag meist mit dem
gesetzlichen Vertreter geschlossen. Bei Minderjährigen sind dies in aller Regel die
Eltern. Soweit die Eltern für ihr Kind ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, wird
ein sog. Vertrag zugunsten Dritter - § 328 BGB – geschlossen.
Liegt eine Bevollmächtigung durch den nicht anwesenden Ehegatten vor, kommt der
Vertrag über die Vertretungsregelungen der §§ 164 ff. BGB durch Willenserklärung
des vor Ort anwesenden Elternteil auch für und wider den anderen Elternteil
zustande. Relevant ist dies in erster Linie für privatärztliche Leistungen.
Fehlt es an einer entsprechenden Vollmacht, kann die Mitverpflichtung des anderen
Elternteils nur über die sog. Schlüsselgewalt erfolgen. Gesetzlich geregelt ist die
Schlüsselgewalt in § 1357 BGB. Danach kann jeder Ehegatte den anderen nur für
solche Geschäfte mitverpflichtet, die der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs
dienen. Was angemessen ist, orientiert sich am Lebensstandard der Familie. Wäre zu
erwarten gewesen, sich vor Abschluss des Behandlungsvertrages zugunsten des
Kindes jeweils gesondert hierüber abzusprechen, scheidet eine Mitverpflichtung über
die Schlüsselgewalt zumeist aus.
Beschränkt Geschäftsfähige, also Minderjährige, die das siebte Lebensjahr, aber noch
nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, können einen Behandlungsvertrag nicht
selbständig abschließen, da hierdurch zugleich eine Pflicht zur Vergütung der
medizinischen Behandlung und damit ein rechtlicher Nachteil begründet wird. Sie
benötigen hierfür nach § 106 BGB die vorherige Einwilligung des gesetzlichen
Vertreters oder deren nachträgliche Genehmigung nach § 108 Abs. 1 BGB.
Etwas anders gilt nur für gesetzlich versicherte bzw. mitversicherte Minderjährige ab
Vollendung des 15. Lebensjahres. Nach § 36 Abs. 1 SGB I können Minderjährigen ab
Vollendung des 15. Lebensjahres Sozialleistungen und damit auch Leistungen der
32
GKV selbständig in Anspruch nehmen. Soweit sie einen Behandlungsvertrag
abschließen, erwerben sie hierdurch einen Leistungsanspruch gegen den Behandler,
sind aber infolge des Sachleistungsprinzips des SGB V von der Verpflichtung zur
Vergütung befreit, so dass ihnen aus dem Vertrag kein rechtlicher Nachteil i. S. d. §
107 BGB entsteht.
V. Behandlung von Bewusstlosen
Wird der Patient bewusstlos in ein Klinikum eingeliefert, entsteht gleichwohl ein
Anspruch auf Vergütung, und zwar nach den Grundsätzen der GoA
(Geschäftsführung ohne Auftrag). Geregelt ist die GoA in den §§ 677 ff. BGB.
Anspruchsgrundlage ist § 683 BGB. Die GoA ist ein sogenanntes gesetzliches
Schuldverhältnis, das im Unterschied zum vertraglichen Schuldverhältnis nicht durch
Willenserklärung(en) begründet wird.
Um einen Anspruch aus § 683 BGB zu begründen, müssen jeweils folgende
Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Geschäftsbesorgung = erforderlich ist eine Tätigkeit, bloßes Tun oder
Unterlassen begründen keine Geschäftsbesorgung.
2. für einen anderen = der Geschäftsführer muss das Geschäfts für einen anderen
führen, d.h. in dem Bewusstsein, der Erkenntnis und dem Willen, auch im Interesse
einer anderen Person, also nicht nur im eigenen Interesse, tätig zu werden.
Erforderlich ist ein sogenannter
3. Fremdgeschäftsführungswille.
4. ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung = der Geschäftsführer darf weder
durch Vertrag noch kraft Gesetzes zur Ausführung der Geschäftsbesorgung
verpflichtet bzw. berechtigt gewesen sein. Die allgemeine Pflicht zur Hilfeleistung aus
§ 323c StGB ist nicht geeignet, eine Berechtigung zur Geschäftsführung i. S. d. § 677
BGB zu begründen.
33
5. Führung des Geschäfts im Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht
auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen: Schwierigkeiten kann dieses
Tatbestandsmerkmal bei Selbstmördern oder Geisteskranken bereiten. Erfolgt der
Selbstmord aufgrund einer Störung der geistigen Tätigkeit, ist der Wille in analoger
Anwendung der §§ 104, 105 BGB gemäß § 679 BGB als unbeachtlich zu werten. Bei
Appellsuiziden ist der Wille des Betroffenen ohnehin darauf gerichtet, gerettet zu
werden, so dass unmittelbar § 683 BGB anwendbar ist.
VI. Besondere Vertragskonstellationen
1. Vertragsbeziehungen bei Praxisvertreter
Wird der Arzt bei Abwesenheit wegen Urlaub oder Krankheit vertreten, kommt der
Vertrag grundsätzlich mit dem vertretenen Arzt zustande. Der Praxisvertreter handelt
insoweit als gewillkürter Stellvertreter nach §§ 164 ff. BGB. Etwas anderes gilt nur
dann, wenn der Praxisvertreter ausdrücklich erklärt, die Behandlung im eigenen
Namen und für eigene Rechnung zu erbringen. Nur dann kommt der Vertrag
unmittelbar mit dem Praxisvertreter in zustande.
2. Behandlungsvertrag bei einer Praxisgemeinschaft
Bei einer Praxisgemeinschaft handelt jeder Arzt im eigenen Namen. Die Ärzte sind
selbständig tätig und verfügen über getrennte Praxisschilder. Sie treten nach außen
nicht als Gemeinschaft in Erscheinung. Es werden lediglich die Räumlichkeiten, die
Infrastruktur und das Personal der Praxis gemeinsam genutzt und die hierfür
anfallenden Kosten intern geteilt. Dementsprechend wird der Behandlungsvertrag
nur mit dem Arzt geschlossen, der die medizinische Behandlung erbringt, nicht aber
mit den anderen, an der Praxisgemeinschaft beteiligten Ärzten.
3. Behandlungsvertrag bei einer Gemeinschaftspraxis bzw.
Berufsausübungsgemeinschaft
Anderes gilt bei der sogenannten Berufsausübungsgemeinschaft. Dabei handelt es
sich um eine nach außen einheitlich auftretende Gemeinschaft von Ärzten, zumeist in
der Rechtsform einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder
Partnerschaftsgesellschaft. Nach ständiger Rechtsprechung werden in diesem Fall
alle Ärzte Vertragspartner des Patienten, auch soweit sie weder unmittelbar am
34
Vertragsschluss noch an der Behandlung des Patienten beteiligt waren. Die
Ansprüche gegen den Patienten sind zugleich gemeinschaftliche bzw.
gesamthänderische Forderungen aller Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis. Im
Gegenzug haften für Behandlungsfehler alle Gesellschafter unabhängig davon, ob sie
ein Verschulden trifft. In einer Berufsausübungsgemeinschaft wird das Verschulden
den Ärzten jeweils wechselseitig zugerechnet.
4. Totaler Krankenhausaufnahmevertrag
Ist das Krankenhaus zur umfassenden Leistungen gegenüber dem Patienten
verpflichtet, spricht man vom sogenannten totalen Krankhausaufnahmevertrag.
Geschuldet sind aus einem solchen Vertrag alle ärztlichen und pflegerischen
Leistungen einschließlich Verpflegung und Unterkunft. Im Falle einer
Schlechtleistung, insbesondere durch das Pflegepersonal oder die für die Klinik
tätigen Ärzte einschließlich des Chefarztes, ist das Krankenhaus dem Patient
uneingeschränkt zu Schadensersatz verpflichtet. Die Ärzte und das Pflegepersonal
treten dem Patienten gegenüber als Erfüllungsgehilfen des Krankenhauses auf. Es
gilt damit § 278 BGB, d. h., dass das Krankenhaus sich das Verschulden seiner Ärzte
und Pfleger als eigenes Verschulden zurechnen lassen muss.
5. Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag
Will der Patient neben den allgemeinen Krankenhausleistungen weitere stationäre
Leistungen in Anspruch, muss er mit dem Krankenhaus ausdrücklich einen
Zusatzvertrag schließen. Handelt es sich bei diesen Leistungen um sog.
Wahlleistungen, gilt § 17 KHEntgG. Hiernach muss die Wahlleistung nach § 17 Abs. 2
KHEntgG vor ihrer Erbringung jeweils schriftlich mit dem Patienten vereinbart
werden. Nach § 17 Abs. 3 KHEntgG erstreckt sich diese Vereinbarung auf alle an der
Behandlung beteiligten angestellten und beamteten Arzte des Krankenhauses, soweit
diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären
und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung berechtigt sind.
Man spricht insoweit auch von der sogenannten Wahlarztkette. Mit anderen Worten:
Der selbst liquidationsberechtigte Arzt kann nur dann wirksam einen
Arztzusatzvertrag mit dem Patienten abschießen, wenn zuvor eine formwirksame
Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhaus zustande gekommen ist. Ist die
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Wahlleistungsvereinbarung unwirksam, ist damit zugleich auch der Arztzusatzvertrag
hinfällig.
6. Gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag
Vom totalen Krankenhausaufnahmevertrag streng abzugrenzen ist der gespaltene
Krankenhausaufnahmevertrag. Wie der Name schon sagt, schließt der Patient hier
einen gesonderten Vertrag mit dem Krankenhaus einerseits und dem behandelnden
Arzt andererseits ab. Die Rede ist vom sogenannten Belegarztmodell. Der Belegarzt
ist nicht beim Klinikum angestellt. Er ist niedergelassener Arzt mit der Befugnis,
sogenannte Belegbetten in einem Krankenhaus mit seinen Patienten zu belegen. Der
Belegarzt ist in § 121 Abs. 2 SGB V legal definiert.
Wird ein Patient belegärztlich behandelt, kommen insgesamt mindestens zwei
Verträge zustande, und zwar zwischen dem Patienten und dem Belegarzt einerseits
und dem Klinikträger und dem Patienten andererseits. Der Belegarzt schuldet die
medizinische Behandlung nach Facharztstandard. Nur, soweit diese Leistung durch
den Arzt oder ärztliches Personal des Klinikums, dessen sich der Belegarzt als
Erfüllungsgehilfe bedient, fehlerhaft bzw. schlecht erbracht wurde, kommt eine
Haftung des Belegarztes in Betracht.
Das Klinikum schuldet dagegen die allgemeine Pflege und Unterbringung des
Patienten, ist also nur haftbar, soweit es in diesem Bereich zu Schlechtleistungen
kommt. In der Praxis kann die Abgrenzung zwischen der belegärztlich zu
erbringenden Leistung einerseits und der vom Krankenhaus geschuldeten
allgemeinen Pflegeleistung andererseits erhebliche Probleme aufwerfen.
7. Behandlungsvertrag als Dienst- oder Werkvertrag
Der Behandlungsvertrag kann sowohl in der Ausprägung eines Dienstvertrages
gemäß § 611 BGB als auch eines Werkvertrages gemäß § 631 BGB in Erscheinung
treten. Im Regelfall ist der Behandlungsvertrag Dienstvertrag, was zugleich aus §
630b BGB folgt. Da der menschliche Organismus äußerst komplex ist, also keine
Gewähr für den Eintritt eines konkreten Erfolges – insbesondere einer Heilung oder
Besserung des Leidens – übernommen werden kann, ist nicht ein konkreter Erfolg,
sondern allein die fachgerechte Behandlung mit dem Ziel der Heilung und der
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Linderung von Leid geschuldet. Es ist dem Arzt unzumutbar, das Krankheitsrisiko
bzw. das biologische Risiko des Patienten zu übernehmen.
Geschuldet ist eine Behandlung nach Facharztstandard. Dies gilt auch für
Schönheitsoperationen.
Anders zu entscheiden ist dort, wo es um rein handwerkliche Leistungen geht, wo
also die Unwägbarkeiten des menschlichen Organismus keine Rolle spielen. Gemeint
ist u. a. die Fertigung von Zahnersatz, Prothesen etc..
So ist die Eingliederung von Zahnersatz nach Dienstvertragsrecht, die Herstellung
des Zahnersatzes dagegen nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Wird ein
Zahnersatz fehlerhaft hergestellt, schuldet der Zahnarzt Nacherfüllung, soweit er sich
gegenüber dem Patienten zur Herstellung des Zahnersatzes verpflichtet und sich des
Zahntechnikers insoweit als Erfüllungsgehilfen bedient hat.
8. Behandlung nach Facharztstandard
Nach § 630a Abs. 2 BGB hat die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der
Behandlung bestehenden allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen.
Anhaltspunkte für den hiernach geschuldeten Facharztstandard können sich ergeben
aus Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen und Stellungnahmen.
Richtlinien sind verbindliche Regeln, die von einer Institution, z. B. der
Landesärztekammer, über Satzungsrecht beschlossen werden, um eine
ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Patienten
sicherzustellen. Wird gegen die in einer Richtlinie enthaltenen Behandlungsstandards
verstoßen, kann dies berufsrechtliche Sanktionen begründen.
Leitlinien sind dagegen bloße Entscheidungshilfen für bestimmte diagnostische und
therapeutische Fragestellungen. Sie werden von Fachgesellschaften entwickelt und
bieten dem Arzt Orientierungshilfe, ohne ihn in seiner Entscheidung vollständig
einzuschränken. Leitlinien schaffen nach der Definition der BÄK sog. Handlungs- und
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Entscheidungskorridore. Eine Sammlung aktueller Leitlinien findet sich u. a. im
Internet unter www.awmf.org.
Empfehlungen und Stellungnahmen sind wissenschaftliche Veröffentlichungen,
auch von Institutionen wie Ärztekammern, Universitäten und Ethikkommissionen, mit
dem Ziel der Aufklärung der Ärzteschaft. Sie sollen dem Arzt einen Überblick über
den aktuellen Stand der Wissenschaft verschaffen und damit eine Hilfe bei der
Urteilsbildung geben.
Welche haftungsrechtlichen Folgen ein Verstoß gegen Richtlinien, Leitlinien und
Empfehlungen hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Ein solcher Verstoß
begründet zumindest ein Indiz dafür, dass ein Behandlungsfehler vorliegt. Was
letztlich im Zeitpunkt der Behandlung dem Stand der medizinischen Wissenschaft
entsprochen hat, ist für jeden Einzelfall jeweils gesondert durch
Sachverständigengutachten festzustellen.
Leistungserbringer
A. zur ambulanten Versorgung zugelassene Ärzte, § 95 Abs. 1
SGB V
Um GKV-Versicherte behandeln und die Behandlung gegenüber der KV abrechnen zu
können, müssen niedergelassene Ärzte zum ambulanten Versorgung zugelassen sein
(§ 95 Abs. 1 SGB V). Für die (abrechenbare) Behandlung von PKV-Versicherten ist
keine gesonderte Zulassung erforderlich, es genügt die Approbation. Alles weitere
wird durch den Versicherungsvertrag zwischen der PKV und dem Patienten geregelt.
Zusammenfassung:
Voraussetzungen für eine Zulassung sind:
- Eintragung in ein Arztregister
- persönliche Eignung
- Antrag
- bedarfsplanerische Voraussetzungen
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Im einzelnen gilt:
Nach §§ 95 Abs. 1 S. 3 SGB V, 24 Abs. 1 Ärzte-ZV erfolgt die Zulassung für den Ort
der Niederlassung (Vertragsarztsitz). Es besteht nach § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV auch die
Möglichkeit eines hälftigen Versorgungsauftrags und nach § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV der
Befristung einer Zulassung. Mit der Zulassung wird der Arzt Mitglied der zuständigen
KV und zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung der GKV-Versicherten
berechtigt und verpflichtet nach Maßgabe seines Versorgungsauftrags, § 95 Abs. 3
SGB V. Gemäß § 95 Abs. 2 S. 1 SGB V ist Voraussetzung für die Bewerbung um eine
Zulassung, dass der Arzt in das von der KV geführte Arztregister eingetragen ist.
Nach §§ 95a Abs. 1 SGB V, 3 Abs. 2 Ärzte-ZV kann ein Arzt in das Arztregister
eingetragen werden, wenn er die Approbation und eine erfolgreich abgeschlossene
Weiterbildung nachweisen kann, die zum Führen einer entsprechenden
Gebietsbezeichnung berechtigt.
Gem. § 95 Abs. 9b, Abs. 2 S. 8 SGB V kann eine mindestens halbtags genehmigte
Anstellung in eine Zulassung umgewandelt werden.
Näheres zur Zulassung ist in der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) geregelt.
Der Antrag auf Zulassung ist schriftlich zu stellen, § 18 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV. Ihm
sind u. a. nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 Ärzte-ZV ein polizeiliches Führungszeugnis und nach
§ 18 Abs. 2 Nr. 5 Ärzte-ZV eine Erklärung des Arztes beizufügen, ob er drogen- oder
alkoholabhängig ist oder innerhalb der letzten fünf Jahre gewesen ist.
Bei einer Überversorgung nach § 101 SGB V sind nach § 103 Abs. 1 SGB V
Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Das bedeutet, dass ein Anspruch auf
Zulassung nur in einem bei Stellung des Antrags nicht gesperrten Bezirk (Bezirk ohne
Überversorgung) besteht. In einem gesperrten Bezirk ist eine Zulassung
grundsätzlich nur im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 4
SGB V möglich, wenn der Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens
nicht gem. § 103 Abs. 3a S. 3, S. 7 SGB V wegen Überversorgung abgelehnt wurde.
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Bedarfsplanung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, §§ 99 SGB V,
12 ff. Ärzte-ZV; die Bedarfsplanung erfolgt durch die Kassenärztlichen Vereinigungen
im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen.
Unterversorgung, §§ 100 SGB V, 15 Ärzte-ZV: Wenn ein Bedarf an Vertragsärzten
besteht und innerhalb von mehr als sechs Monaten Vertragsarztsitze nicht besetzt
werden, dann hat die KV diese auszuschreiben; die Unterversorgung wird gem. §§
100 Abs. 1 SGB V, 16 Abs. 1 Ärzte-ZV durch den Landesausschuss der Ärzte und
Krankenkassen festgestellt (wird nach § 90 Abs. 1 SGB V durch die KV und die
Landesverbände der Krankenkassen gebildet). Wenn die Unterversorgung nicht
innerhalb der durch den Landesausschuss gesetzten Frist beseitigt wird, sind in nicht
unterversorgten Bezirken Zulassungsbeschränkungen zu erlassen, entweder generell
oder nur für bestimmte Arztgruppen (§§ 100 Abs. 2 SGB V, 16 Abs. 3 und 4 Ärzte-
ZV).
Überversorgung, §§ 101, 103 SGB V, 16b Ärzte-ZV: Der Landesausschuss prüft, ob
eine Überversorgung vorliegt. Sie liegt gemäß § 16b Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV vor, wenn
der bedarfsgerechte Versorgungsgrad um zehn Prozent überschritten wird. Bei der
Bestimmung des bedarfsgerechten Versorgungsgrads sind nach § 16b Abs. 1 S. 3
Ärzte-ZV die Richtlinien des GBA zu beachten, die dieser gemäß § 101 Abs. 1 SGB V
erlässt. Wird eine Überversorgung festgestellt, sind nach §§ 103 Abs. 1 S. 2 SGB V,
16b Abs. 2 Ärzte-ZV Zulassungsbeschränkungen anzuordnen.
Zulassungsbeschränkungen führen jedoch nur dann zu einer Ablehnung der
Zulassung, wenn sie bereits zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages bestanden, §§
95 Abs. 2 S. 9 SGB V, 19 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV.
Zweigpraxen sind möglich, wenn die Versorgung am Ort der Zweigpraxis verbessert
und die Versorgung am Ort der Niederlassung nicht beeinträchtigt wird, § 24 Abs. 3
S. 1 Ärzte-ZV.
Vertragsärzte sind verpflichtet, Sprechstunden im üblichen Rahmen (bei einem vollen
Versorgungsauftrag i. d. R. mindestens 25 Stunden pro Woche, § 19a Abs. 1 S. 1
Ärzte-ZV, davon fünf Stunden als öffentliche Sprechstunden) anzubieten, und
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standesrechtlich verpflichtet, diese auszuhängen. Gem. § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV kann
der Arzt durch Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss der KV seinen
Versorgungsauftrag auf die Hälfte oder drei Viertel beschränken. Diese Beschränkung
kann auf schriftlichen Antrag des Arztes nach § 19a Abs. 3 Ärzte-ZV wieder
aufgehoben werden. Nach der Rechtsprechung des BSG sind bei einer vollen
Zulassung Nebentätigkeiten im Umfang von bis zu dreizehn Stunden pro Woche
zulässig.
Ein Vertragsarzt ist ebenfalls grds. zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet,
§§ 28 SGB V, 32 Ärzte-ZV, 15 BMV-Ä. Eine Delegation auf nichtärztliches Personal
setzt folgendes voraus:
- ärztliche Anordnung
- fachliche Qualifikation desjenigen, an den delegiert wird
- fachliche Überwachung der Leistungserbringung
Wenn ein nicht zugelassener, angestellter Arzt die Leistung erbringt, ist diese
gegenüber der KV nur abrechenbar, wenn die Anstellung des Arztes genehmigt
wurde.
Nach §§ 13 Abs. 7, 17 Abs. 6 BMV-Ä besteht für Ärzte grds. eine Behandlungspflicht.
Ausnahmen:
- Überschreitung des Fachgebiets
- Überschreitung der Ermächtigung (z. B. Überweisung oder Katalogermächtigung)
- räumliche Entfernung bei Hausbesuchen (wenn die Entfernung unzumutbar wäre)
- Kapazitätsbegrenzung
- fehlendes Vertrauensverhältnis (wenn z. B. wiederholt gegen ärztliche Anweisungen
verstoßen wurde)
Wegen Urlaubs, Weiterbildung oder Krankheit kann innerhalb eines Zeitraums von
zwölf Monaten ein Vertreter für eine Gesamtdauer von bis zu drei Monaten bestellt
werden, § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV. Eine Ärztin kann sich gem. § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-
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ZV in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zu einer
Dauer von 12 Monaten vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als eine
Woche, muss diese nach § 32 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV der KV mitgeteilt werden. Der
Vertreter muss ebenfalls ein Vertragsarzt sein oder zumindest die Voraussetzungen
für eine Zulassung erfüllen, § 32 Abs. 1 S. 4 Ärzte-ZV.
Job-Sharing
Nach § 101 Abs. 3 S. 1 SGB V ist im Rahmen des so genannten Job-Sharing auch in
Bezirken mit Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung möglich. Voraussetzung
hierfür ist nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V, dass der Arzt die vertragsärztliche
Tätigkeit mit einem bereits zugelassenen Arzt desselben Fachgebiets ausüben
möchte, sich mit diesem in einer BAG zusammenschließen möchte und sich beide zu
einer Beschränkung der Tätigkeit verpflichten, sodass die Leistungen der Praxis nicht
wesentlich über den bisherigen Umfang hinaus ausgedehnt werden. Die Zulassung
wird auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkt. Gem. §
101 Abs. 3 S. 2 enden die Beschränkung und Begrenzung der Leistungen nach
spätestens zehn Jahren. Auch bei einem Nachbesetzungsverfahren ist bei der
Auswahl des Nachfolgers der Job-Sharer besonders zu berücksichtigen, § 103 Abs. 4
S. 5 Nr. 6 SGB V.
Anstellung Assistent
Nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV kann die KV die Anstellung eines Assistenten genehmigen,
wenn dies im Rahmen der Aus- und Weiterbildung oder zur Sicherstellung der
vertragsärztlichen Versorgung erfolgt, wenn die Anstellung für die Dauer der
Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten erfolgt oder wenn sie
während der häuslichen Pflege eines nahen Angehörigen bis zu einer Dauer von
sechs Monaten erfolgt.
Anstellung Ärzte
Ein Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses nach §§ 95 Abs.
9, 9a SGB V, 32b Ärzte-ZV Ärzte anstellen. Fachärzte können dies, wenn es sich um
Ärzte handelt, die derselben Fachgruppe angehören und in das Arztregister
eingetragen sind und keine Zulassungsbeschränkungen bestehen. Bei
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Zulassungsbeschränkungen müssen sie sich zusätzlich zu einer Beschränkung der
vertragsärztlichen Tätigkeit verpflichtet, damit der bisherige Leistungsumfang der
Praxis nicht wesentlich überschritten wird. Hausärzte können mit Genehmigung des
Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als
angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren
wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen
sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen.
B. zur ambulanten Versorgung zugelassene Medizinische
Versorgungszentren (MVZ), § 95 Abs. 1 SGB V
Nach § 95 Abs. 1. S. 1 SGB V nehmen zugelassene MVZ ebenfalls an der
vertragsärztlichen Versorgung teil. Das MVZ wird in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V
folgendermaßen definiert: Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete
Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als
Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Zudem regelt § 95 Abs. 1a SGB V
folgendes: Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von
zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach
§ 126 Absatz 3 oder von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung,
Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen
gegründet werden; die Gründung ist nur in der Rechtsform einer
Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer Gesellschaft
mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die
Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits
zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des
medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort. Bis zum 1. Januar 2012
konnten MVZ durch alle Leistungserbringer gegründet werden, nicht nur durch Ärzte.
Außerdem ist nach § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V folgendes erforderlich: Für die Zulassung
eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter
selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach
§ 232 BGB für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen
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gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit
abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen
Versorgungszentrums fällig werden.
§ 232 BGB
(1) Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken durch Hinterlegung von Geld
oder Wertpapieren, durch Verpfändung von Forderungen, die in das
Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,
durch Verpfändung beweglicher Sachen, durch Bestellung von Schiffshypotheken an
Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder
Schiffsbauregister eingetragen sind, durch Bestellung von Hypotheken an
inländischen Grundstücken, durch Verpfändung von Forderungen, für die eine
Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von
Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.
(2) Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung
eines tauglichen Bürgen zulässig.
Für MVZ gelten dieselben Zulassungsbeschränkungen sowie Beschränkungen für die
Anstellung von Ärzten wie bei der Zulassung von Vertragsärzten.
C. für die ambulante Versorgung ermächtigte Ärzte oder
Einrichtungen, § 95 Abs. 1 SGB V
Nach § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung auch
ermächtigte Ärzte oder Einrichtungen teil. Eine Ermächtigung ist eine zeitlich,
fachlich, räumlich und dem Umfang nach begrenzte Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung. Eine Ermächtigung ist nach §§ 31, 31a Ärzte-ZV insbesondere in
folgenden Fällen möglich:
- drohende Unterversorgung
- zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf
- Versorgung eines begrenzten Personenkreises (z. B. Rehabilitanden in
Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation)
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- Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen nach dem Bundesmantelvertrag
- Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
- besondere Kenntnisse von Ärzten
Nach der Rechtsprechung geht die persönliche Ermächtigung der einer Einrichtung
vor.
D. Apotheken
Apotheken werden zur Versorgung der GKV-Versicherten dadurch zugelassen, dass
die Apotheker entweder dem nach § 129 SGB V zwischen dem Spitzenverband Bund
der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband geschlossenen
Rahmenvertrag beitreten oder in einem Verband Mitglied sind, für den der
Rahmenvertrag gilt. Inhalt dieser Verträge sind u. a. die Rechte und Pflichten der
Apotheker und der Krankenkassen bezüglich der Belieferung der Versicherten mit
Arznei- und Hilfsmitteln.
E. Heilmittelerbringer
Nach § 124 Abs. 1 SGB V können Heilmittel zu Lasten der GKV nur durch
zugelassene Heilmittelerbringer erbracht werden. Nach § 124 Abs. 2 SGB V gelten für
eine Zulassung des Heilmittelerbringers folgende Voraussetzungen:
- die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende
zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis
- Praxisausstattung, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung
gewährleistet
- Anerkennung der für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen
Gem. § 124 Abs. 5 SGB V erteilt der jeweilige Landesverband der Krankenkassen die
Zulassung.
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F. Hilfsmittellieferanten
Nach § 33 Abs. 6 S. 1 SGB V können GKV-Versicherte hinsichtlich der Lieferung von
Hilfsmitteln alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer
Krankenkasse sind. Eine Ausnahme besteht, wenn die Krankenkassen Verträge nach
§ 127 Abs. 1 SGB V über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln abgeschlossen
hat (durch diese Verträge werden u. a. die Preise festgelegt). Dann ist dem
Versicherten gem. § 33 Abs. 6 S. 2 SGB V ein Hilfsmittellieferant zu nennen. Nimmt
der Betroffene einen anderen Hilfsmittellieferanten in Anspruch, hat er die
Mehrkosten zu tragen.
G. Integrierte Versorgung und ambulante spezialärztliche
Versorgung
I. Integrierte Versorgung
Nach der Definition in § 140a Abs. 1 S. 2 SGB V stellt die integrierte Versorgung eine
verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär
fachübergreifende Versorgung dar. Hierzu können die Krankenkassen nach § 140a
Abs. 3 SGB V Verträge (Direktverträge) mit folgenden Leistungserbringern
abschließen:
- zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren
Gemeinschaften,
- Trägern von Einrichtungen, die eine besondere Versorgung anbieten,
- Pflegekassen und zugelassenen Pflegeeinrichtungen,
- Praxiskliniken,
- pharmazeutischen Unternehmern,
- Herstellern,
- Kassenärztlichen Vereinigungen
Die GKV-Versicherten können gem. § 140a Abs. 4 S. 1 SGB V schriftlich ihre
Teilnahme an der integrierten Versorgung erklären. Diese Erklärung können sie
innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder zur Niederschrift der Krankenkasse
widerrufen, § 140a Abs. 4 S. 2 SGB V.
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II. Ambulante spezialärztliche Versorgung
Nach § 116b Abs. 1 SGBV umfasst die ambulante spezialfachärztliche Versorgung die
Diagnostik und Behandlung komplexer, schwer therapierbarer Krankheiten, die je
nach Krankheit eine spezielle Qualifikation, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit
und besondere Ausstattungen erfordern. Hierzu gehören Erkrankungen mit
besonderen Krankheitsverläufen, seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit
entsprechend geringen Fallzahlen sowie hochspezialisierte Leistungen. Merkmal der
ambulanten spezialärztlichen Versorgung ist, dass sich spezialisierte Ärzteteams
gemeinsam um schwerkranke Patienten kümmern. Diese Möglichkeit besteht sowohl
für Krankenhäuser als auch für niedergelassene Ärzte. Nach § 116b Abs. 6 S. 1 SGB
V werden die in diesem Zusammenhang erbrachten Leistungen direkt von der
Krankenkasse vergütet.
H. Freie Arztwahl
GKV-Versicherte haben gem. § 76 Abs. 1 SGB V die freie Wahl unter den
zugelassenen und ermächtigten Ärzten und sonstigen niedergelassenen
Leistungserbringern. Falls die Terminservicestelle innerhalb einer Woche keinen
Termin vermitteln kann, können GKV-Versicherte für eine ambulante Behandlung
auch ein zugelassenes Krankenhaus wählen, §§ 76 Abs. 1a, 75 Abs. 1a S. 6 SGB V.
Nach § 76 Abs. 2 SGB V hat der Betroffene die Mehrkosten zu tragen, wenn er nicht
einen der nächsterreichbaren Ärzte etc. wählt. Gem. § 76 Abs. 3 S. 1 SGB V soll der
Betroffene den gewählten Arzt innerhalb eines Quartals nur aus wichtigem Grund
wechseln.
Ausnahme: Notfallbehandlung, § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V.
I. Hausarztzentrierte Versorgung
Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine so genannte hausarztzentrierte
Versorgung anzubieten, § 73b Abs. 1 SGB V. Die daran teilnehmenden Hausärzte
müssen gem. § 73b Abs. 2 SGB V an Qualitätszirkeln teilnehmen und bei der
Behandlung der Patienten Leitlinien beachten. Die Krankenkassen können hierfür
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direkt mit den Vertragsärzten Verträge (so genannte Direktverträge) abschließen, §
73b Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB V.
Nach § 73b Abs. 3 SGB V gilt für die Versicherten folgendes: Die GKV-Versicherten
können freiwillig an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen. Hierzu
verpflichten sie sich schriftlich, nur einen der Hausärzte in Anspruch zu nehmen, die
an der hauarztzentrierten Versorgung teilnehmen. Außerdem verpflichten sie sich
dazu, ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der
Augenärzte und Frauenärzte nur auf Überweisung des Hausarztes in Anspruch zu
nehmen; weitere Ausnahme: direkte Inanspruchnahme eines Kinderarztes. Diese
Erklärung kann innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder zur Niederschrift bei der
Krankenkasse widerrufen werden. Ansonsten sind die Versicherten an die Wahl des
Hausarztes und die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ein Jahr lang
gebunden. Der gewählte Hausarzt darf in dieser Zeit nur aus wichtigen Gründen (z.
B. Störung des Vertrauensverhältnisses) gewechselt werden. Näheres ist durch die
Krankenkassen in ihren Satzungen zu regeln.
Versicherten, die an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen, können die
Krankenkassen Vergünstigungen wie Prämienzahlungen oder Verringerung der
Zuzahlungen anbieten.
J. Versorgungsverträge
Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände können über die Versorgung der
gesetzlich Versicherten Versorgungsverträge abschließen, z. B. nach § 132b SGB V
mit Personen oder Einrichtungen zur Versorgung mit Soziotherapie.