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Komponenten & Peripherie 2 Heft 10/2011 Die maßgebende Sicherheitsnorm für elektrische Messmittel, wie Multi- meter, Elektroinstallationstester, Stromzangen und Spannungsprüfer, ist die IEC 61010-1 [1]. Diese spezifi- ziert Überspannungskategorien auf der Basis des Abstands des Geräts von der Stromversorgungsquelle und der natürlichen Dämpfung von transien- ter Energie, die in einem elektrischen Verteilungssystem auftritt (Bild 1). Bei höheren Kategorien ist der Abstand zu der Stromversorgungsquelle kleiner, sodass ein besserer Schutz erforder- lich ist. Innerhalb jeder Installationskatego- rie gibt es Spannungsklassifikationen. Messmittel müssen entsprechend be- schriftet sein. Diese Kombination aus Installationskategorie und Span- nungsklassifikation bestimmt die ma- ximale Transientenfestigkeit des Inst- ruments bzw. des Zubehörs, wie Mess- leitungen und Krokodilklemmen. Elektroinstallateure, Servicetechniker und Instandhalter arbeiten vielfach in einer Cat-III- oder Cat-IV-Umgebung, ohne dies zu merken – wie die jährli- che Unfallstatistik leider zeigt, viel- fach mit dramatischem Ausgang. Mehr Sicherheit für den Anwender Um die Sicherheit der Anwender weiter zu erhöhen, wurde die DIN EN 61010-031 (VDE 0411-031) [2] revi- diert. Sie enthält jetzt verschärfte An- forderungen an Material und Konst- ruktion zur Sicherheit des Anwenders und seiner Umgebung. Analysen der Unfallberichte in Nie- derspannungsanlagen haben ergeben, dass viele Verletzungen durch Licht- bögen verursacht werden. Derartige Lichtbögen können auch durch un- vorsichtiges Hantieren mit Messzube- hör oder Verwendung von beschädig- tem Messzubehör hervorgerufen wer- den. Beispiele dafür sind herabfallen- de oder abgleitende Prüfspitzen sowie Kurzschlüsse oder Erdschlüsse über angeschlossene, aber beschädigte Prüfleitungen. Beim Kurzschluss durch einen me- tallischen Teil der Prüfspitze wird der fließende Kurzschlussstrom meist durch die folgende Bewegung unter- brochen, es entsteht ein Lichtbogen, der die umgebende Luft ionisiert, da- mit leitfähig macht und somit den Lichtbogen bei entsprechender Ener- gie aufrechterhält. Die nachfolgende Lichtbogenexplosion kann schwere Verbrennungen der Haut bzw. Augen- verletzungen beim Elektriker und um- stehenden Personen, aber auch Zer- störungen am Messobjekt bzw. an der Anlage verursachen. Die neue Norm beschränkt daher die Größe hervorstehender metallischer Kontaktflächen an Prüfspitzen und Krokodilklemmen je nach Einsatzbe- reich, um das Risiko eines Überschlags und damit eines Lichtbogens zu verrin- gern. Diese Einsatzbereiche werden als Messkategorien Cat II, Cat III oder Cat IV am Messzubehör gekennzeichnet. In Messkategorie Cat II, dem Ein- satzbereich ab Anschluss oder Steck- dose, kann mit Kurzschlussströmen Sicherheit bei elektrischen Messungen Um die Sicherheit in der Elektrotechnik weiter zu erhöhen und tragische Unfälle zu vermeiden, wurden die Vorgaben für das Messgerätezubehör geändert. Dies betrifft zum Beispiel auch die Messleitungen und Prüfspitzen. Praxisgerechte Lösungen, welche die neuen Bestimmungen umsetzen, stehen dem Anwender bereits zur Verfügung. Sanid Usanovic Sanid Usanovic ist als European Marke- ting Manager für die Fluke Deutschland GmbH in Glottertal tätig. E-Mail: [email protected] Bild 1. Messmittel müssen für die jeweilige Überspannungskategorie geeignet sein

Sicherheit bei elektrischen Messungen - · PDF filenatürlichen Dämpfung von transien-ter Energie, die in einem elektrischen Verteilungssystem auftritt (Bild 1). Bei höheren Kategorien

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2 Heft 10/2011 •

Die maßgebende Sicherheitsnorm für elektrische Messmittel, wie Multi-meter, Elektroinstallationstester, Stromzangen und Spannungsprüfer, ist die IEC 61010-1 [1]. Diese spezifi-ziert Überspannungskategorien auf der Basis des Abstands des Geräts von der Stromversorgungsquelle und der natürlichen Dämpfung von transien-ter Energie, die in einem elektrischen Verteilungssystem auftritt (Bild 1). Bei höheren Kategorien ist der Abstand zu der Stromversorgungsquelle kleiner, sodass ein besserer Schutz erforder-lich ist.

Innerhalb jeder Installationskatego-rie gibt es Spannungsklassifikationen. Messmittel müssen entsprechend be-schriftet sein. Diese Kombination aus Installationskategorie und Span-nungsklassifikation bestimmt die ma-ximale Transientenfestigkeit des Inst-ruments bzw. des Zubehörs, wie Mess-leitungen und Krokodilklemmen. Elektroinstallateure, Servicetechniker und Instandhalter arbeiten vielfach in einer Cat-III- oder Cat-IV-Umgebung, ohne dies zu merken – wie die jährli-che Unfallstatistik leider zeigt, viel-fach mit dramatischem Ausgang.

Mehr Sicherheit für den Anwender

Um die Sicherheit der Anwender weiter zu erhöhen, wurde die DIN EN

61010-031 (VDE 0411-031) [2] revi-diert. Sie enthält jetzt verschärfte An-forderungen an Material und Konst-ruktion zur Sicherheit des Anwenders und seiner Umgebung.

Analysen der Unfallberichte in Nie-derspannungsanlagen haben ergeben, dass viele Verletzungen durch Licht-bögen verursacht werden. Derartige Lichtbögen können auch durch un-vorsichtiges Hantieren mit Messzube-hör oder Verwendung von beschädig-tem Messzubehör hervorgerufen wer-den. Beispiele dafür sind herabfallen-de oder abgleitende Prüfspitzen sowie Kurzschlüsse oder Erdschlüsse über angeschlossene, aber beschädigte Prüfleitungen.

Beim Kurzschluss durch einen me-tallischen Teil der Prüfspitze wird der

fließende Kurzschlussstrom meist durch die folgende Bewegung unter-brochen, es entsteht ein Lichtbogen, der die umgebende Luft ionisiert, da-mit leitfähig macht und somit den

Lichtbogen bei entsprechender Ener-gie aufrechterhält. Die nachfolgende Lichtbogenexplosion kann schwere Verbrennungen der Haut bzw. Augen-verletzungen beim Elektriker und um-stehenden Personen, aber auch Zer-störungen am Messobjekt bzw. an der Anlage verursachen.

Die neue Norm beschränkt daher die Größe hervorstehender metallischer Kontaktflächen an Prüfspitzen und Krokodilklemmen je nach Einsatzbe-reich, um das Risiko eines Überschlags und damit eines Lichtbogens zu verrin-gern. Diese Einsatzbereiche werden als Messkategorien Cat II, Cat III oder Cat IV am Messzubehör gekennzeichnet.

In Messkategorie Cat II, dem Ein-satzbereich ab Anschluss oder Steck-dose, kann mit Kurzschlussströmen

Sicherheit bei elektrischen Messungen

Um die Sicherheit in der Elektrotechnik weiter zu erhöhen und tragische Unfälle zu vermeiden, wurden die Vorgaben für das Messgerätezubehör geändert. Dies betrifft zum Beispiel auch die Messleitungen und Prüfspitzen. Praxisgerechte Lösungen, welche die neuen Bestimmungen umsetzen, stehen dem Anwender bereits zur Verfügung.

Sanid Usanovic

Sanid Usanovic ist als European Marke-ting Manager für die Fluke Deutschland GmbH in Glottertal tätig.

E-Mail: [email protected]

Bild 1. Messmittel müssen für die jeweilige Überspannungskategorie geeignet sein

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bis 10 kA gerechnet werden. Die zu-lässige Länge eines Metallteils an der Prüfspitze ist auf 19 mm begrenzt. In den Messkategorien Cat III und Cat IV, den Einsatzbereichen in der Vertei-lung bzw. vor dem Zähler bis zum Trafo, ist mit Kurzschlussströmen bis 50 kA und darüber zu rechnen, der metallische Teil der Prüfspitze ist da-her auf 4 mm limitiert.

Die neue Norm stellt aber auch zu-sätzliche Anforderungen an die Ver-schleißfestigkeit des Materials von Testleitungen und definiert die Mög-lichkeit eines Farbindikators bei Be-schädigungen der Leitungen.

Lösung für die PraxisEine praxisgerechte Lösung für die

geänderten Anforderungen bietet die Messleitung TL 175 [3]. Bei ihr kann durch einfaches Drehen der Prüfspitze die Messkategorie und damit der Ein-satzbereich gewählt werden (Bild 2). Dabei ist die Bezeichnung klar er-sichtlich. Die Leitung ist mit zwei Schichten Silikonisolation überzogen: außen rot oder schwarz und innen weiß. Wird durch Abnutzung oder Be-

schädigung die weiße Isolation für den Benutzer sichtbar, sollte die Lei-tung ausgetauscht werden (Bild 3).

Literatur

[1] IEC 61010-1:2010-06 Safety requirements for electrical equipment for measurement,

control, and laboratory use – Part 1: General re-quirements. Genf/ Schweiz: Bureau Central de la Commission Electro-technique Internationale

[2] DIN EN 61010-031 (VDE 0411-031) Sicherheitsbe-stimmungen für elektri-sche Mess-, Steuer-, Re-gel- und Laborgeräte – Teil 031: Sicherheitsbe-stimmungen für handge-haltenes Messzubehör zum Messen und Prüfen. Berlin ∙ Offenbach: VDE VERLAG

[3] Fluke Deutschland GmbH, Glottertal: www.fluke.de n

Bild 2. Bei der Messleitung TL 175 kann durch einfaches Drehen der Prüfspitze die Messkategorie und damit der Einsatzbereich gewählt werden

Bild 3. Wird durch Abnutzung oder Beschädigung die weiße Isolation für den Benutzer sichtbar, sollte die Leitung ausgetauscht werden