Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

Embed Size (px)

Citation preview

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    1/193

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    2/193

    ANTON ZISCHKAieg er Arbeit

    Geschichte des fnf tausendjhrigenKampfes gegen Unwissenheitund Sklaverei

    LEIPZIGWILHELM GOLDMANN VERLAG

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    3/193

    Copyright 94 byWilhalm Goldmann Verlag in Leipzig

    Alle Rechte ausdrcklich vorbehalten. Auch jederTeilabdruck bedarf der besonderen

    Genehmigung des VerlagesVNr'4094

    Made in GermanyDruck August Pries GmbH. in Leipzig

    Bilder-Tiefdruck von C.G.Rdor in LeipzigSchutzumschlagEn twurf K Gundermann Lepzig

    VORWORTArbeit und Leben sind so eng verflochten, da eine Geschichteder Arbeit eigentl ich alles enthalten mte, was mit dem mensch-lichen Leben zusammenhngt, da sie zugleich Kultur- und Welt-geschichte sein mte, eine Geschichte der Erfindungen, aberauch der Kunst, eine Religionsgeschichte und sozialwissenschaft-liehe bersicht, eine Geschichte der Kriminalitt und des Irrsinnswie ein Bericht ber bewundernswertes Heldentum und selbstloseWohlttigkeit. Das Thema Arbeit mte eine Geschichte derMedizin ebenso wie die der Erziehung einschlieen, drfte Bio-logie, Vererbungslehre und Rassenfragen ebensowenig vernach-lssigen wie Psychologie und Philosophie. Denn nichts kam ohneArbeit zustande, und nie lieen Geist und Materie sich trennen.Dieses Buch kann also nur eine sehr lckenhafte bersicht sein.Und wie es nicht alle Themen behandeln kann, so kann es sichauch nicht mit Einzelfragen belasten. Hier kann nicht von Be-triebsdomestikarionr und der Physiognomik und Rhythmik derbrgerlichen Kulturs die Rede sein, nicht auf die Soziologie der

    Renaissance eingegangen werden und nicht auf das Wesen desZwangstarifes. Die Eigentumsverfremdung und die sozialenVerknpfungsformen des Betriebs, die Genossenschaftsstruk-turen und die Geschichte der Gewerkschaften knnen hier ebenso-wenig behandelt werden, wie Analysen der Ideen von Priestleyund Price, von Laley, Godwin und Spencer oder der rund vier-tausend anderen Sozialtheoretiker mglich waren.Nicht wie die Lage des Arbeitenden sein sollte oder sein knnte,sondern wie sie war und ist, was sie fr ihn und die Welt bedeu-. tete, wurde hier skizzenhaft beschrieben. Nicht um Theorien undSysteme ging es, sondern um das nackte, harte und doch sogewaltige Leben.Die vielen tausend Werke der Sozialwissenschaft sind Doku-mente bewunderungswrdigen Fleies. Aber hinter ihren Fach-ausdrcken mag dem Ungebten das menschliche Schicksal ineisige Hhen entschwinden; sie gleichen oft Mnzensammlungen :in dsteren Slen ruhen da unzhlige Goldstcke, jedes ein Kunst-werk und jedes von Menschen stammend, die einmal Schweiund nchtelanges Brten und nur zu oft Blut darauf verwandten,es zu erringen. Blut und Leid, Sorgen und Freuden aber sind inden Sammlungen unter Staub bedeckt, und die Numismatik, dieeine der lebensvollsten Wissenschaften sein knnte, gilt als eineder trockensten.

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    4/193

    6 VorwortDer Sozialwissenschaft ging es hnlich. Sie ist heute so sehrspezialisiert, da hinter dem Gewirr der Begriffe das Leben selberverschwindet. Whrend vielen Arbeit etwas so Alltgliches ist,da sie nicht darber nachdenken, was sie eigentlich bedeutet,wurde sie anderen ein zu sezierender Leichnam ...Hier soll versucht werden, die lebendige Arbeit zu schildern,

    wie sie sich vom Behauen der Steinaxt bis zum Zusammenbaudes Vollautomaten entwickelte, wie sie von der Sklaverei bis zuKraft durch Freude sich selber und damit das Bild der Weltvernderte. Die Arbeit soll hier in aller gebotenen Demut undBeschrnkung beschrieben werden, die uns ere Welt schuf ...Leitidee dabei war diese: Die Frage, ob der Weg der Mensch-heit nach aufwrts fhrt, ob er ein Kreis oder eine Spirale ist oderein langsames Versinken ins Nichts, ist tausendmal gestellt undunzhlige Male beantwortet worden. Aber ob diese Antwortja oder nein lautet, scheint dem Verfasser nicht nur nichtfeststellbar zu sein, weil wir ja kaum noch wissen, wie, wo undwann unser Weg begann, weil wir nicht wissen knnen, wo undwann er aufhrt; diese Antwort ist ihm auch weit unwesent-licher als der feste Glaube, da es vorwrts geht. Selbst wenn wirbisher nicht weitergekommen, wenn wir trotz aller Technik undWissenschaft dmmer und unglcklicher sein sollten als unsereVorfahren, so kann doch niemand sagen, ob unter unseren Nach-kommen nicht solche sein werden, die die Welt tatschlich un-vorstellbar reich und schn zu machen vermgen.Diese Nachkommen aber knnen wir nur haben, wenn wir deneingeborenen Drang nach aufwrts und vorwrts niemals erkaltenlassen, wenn wir unermdlich und opferbereit alles daransetzen,unsere Mglichkeiten auszuschpfen.Darum ist die Welt, die wir schufen, kein Dokument derberheblichkeit und alles andere als eine Blasphemie. Die Krfte,die uns so werden lieen, wie wir sind, haben uns den Trieb zurFortpflanzung wie den zur Anpassung unauslschlich eingeimpft.Wenn wir vorwrts drngen, so erfllen wir das ehernste Gesetzder Natur. Da wir freudig vorwrts drngen, sicher des Siegesund dadurch stark, darum wurde diese Geschichte unseres Kampfesund unserer Leistungen geschrieben .. .

    IDIE WELT, DIE WIR SCHUFEN

    Der Krieg, sagte der Geopolitiker Kjellen, enthllt die.Wah~heit . .. Er ist eine allumfassende Nachprfung, bei dersmtliche Krfte des Staates einer Besichtigung unterzogen undalle schwachen Punkte aufgedeckt werden. Er lt uns die Staatensehen, wie sie wirklich sind, mit allem Guten und allem SchlechtenStarken und Schwachen, mit ihren wirklichen Gefhlen, Inter-essen und Zielen ... Der Krieg von 1940 tat noch mehr: er zerri die Nebelschleierdie jahrhundertelang den Abgrund zwischen zwei Welten ver~deckten, machte die ghnende Leere klar, die zwischen der Weltder Arbeit und der des Raubes klafft . Er ri denen die Maske vomGesicht, die Frieden predigten, um besser morden zu knnendie Freiheit riefen, um ungestrter zu unterdrcken. Der Krieggegen England wurde zum Symbol des uralten Ringens zwischenSehaften und Nomaden, des Gegensatzes zwischen Kain undAbel, es war ein Kampf wie der zwischen Bffel und Tiger.

    Was dieser Kampf aber bedeutet, ist kaum auszudenken:Nackt und hungrig waren die ersten Menschen, verloren ineiner gewalt igen Natur, die sie nicht kannten, umgeben von einerWelt, die sie frchteten. Alle Schtze, die es heute gibt, gab esauch damals. Sonne und Wasser und Erde schufen FruchtbarkeitWind und Wasser, Kohle und l waren bereit wie heute, ihr~Titanenkrfte zu leihen, alle Metalle lagen schon damals im Schoeder Erde. Die Natur hat sich in den Jahrtausenden, die wir zurekonstruieren vermgen, kaum verndert. Wir Menschen ver-nderten sie, weil wir uns selbst nderten.Die Welt, in der wir heute leben, ist die der freudig Kmpfen-den, der in die Zukunft Blickenden. Denn nie wurde der Kampfum Brot, um neue Rohstoffe, um neue Erkenntnisse von allengemeinsam gefhrt. Immer gab es Selbstzufriedene und Satte,Stumpfe und Faule, und immer gab es Ruber. Jene, die in derArbeit eine Pflicht, eine Tugend sehen, muten sich seit jehergegen die Wurzellosen verteidigen, gegen die, die alle Arbeittief verachten, die es als schlechtes Zeichen fr ihre Kraft undihre Energie ansehen, wenn. es ihnen nicht gelingt, auf Kostenanderer, durch die Mhe anderer zu leben, die immer alles aufeine Karte setzen, die Verschwendung lieben.Die Sehaften waren es, die den Boden fruchtbar machten, mitunendlicher Mhe das erste Getreide ernteten und deren Scheuern

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    5/193

    8 Siegder Arbeitin Flammen aufgingen, als die Horden der Nomaden ber sieherfielen. Die Sehaften waren es, die die Krfte des Wassers unddes Windes zhmten und denen im Verlauf des Titanenringensum die Herrschaft der Natur immer wieder die Spekulanten undAusbeuter in den Rcken fielen. Immer gab es rastlos Schaffende,gab esPioniere und Kolonisatoren und zugleich sinnlos mordende,nur dem Augenblick lebende Piraten. Es ist ein uralter, aber keinewiger Gegensatz; denn je grer das Fruchtland ist, jeweiter dieDschungel zurckgedrngt wird, desto schwieriger wird es frdie Raubtiere, sich der Beute zu nhern ...Im Krieg von 1940 verschwanden die letzten DschungelnEuropas. Da zerbrach die Macht jener, die vor vier Jahrhundertenihr Reich auf Seeraub grndeten, mit dem den Spaniern abge-nommenen Gold Sdamerikas ihren Handel festigten und durchdiesen Handel Nutzen aus der Arbeit aller anderen zogen. Dazerbrach die Macht, die vom Blut ihrer Verbndeten gelebthatte, die keine ihrer Kolonien selber entdeckte, die zwar selberunendlich reich geworden war, aber nur, weil Unzhlige ver-armten.Der Krieg von 1940 zerbrach - zumindest in Europa - dieMacht jener, die Walter Rathenau am 25. Dezember 1909in dersNeuen Freien Presse- Unseren Nachwuchs nannte: Auf demunpersnlichsten, demokratischen Arbeitsfeld der Welt, schriebder jdische Intimus Kaiser Wilhelms II. damals, dem der wirt-schaftlichen Fhrung, wo jedes Wort strzen kann, wo das sou-verne Publikum einer Aktionrsversammlung satzungsgember Erneuerung und Absetzung entscheidet, hat sich im Laufeeines Menschenalters eine Oligarchie gebildet, so geschlossenwie die des alten Venedigs. Dreihundert Mariner, von denenjeder jeden kennt, leiten die wirtschaftlichen Geschicke des Kon-tinents und suchen sich Nachfolger aus ihrer Umgebung. Diese300 hatten dafr gesorgt, da Deutschland 1918zusammenbrach.Aber es entstand ein neues Deutschland, und es war dieses DritteReich, das sie hinwegfegte. Die Macht der Hochfinanz zerbrachan Deutschland, das kein Gold, keine Diamanten und Rubinehat, keine reichen Gummiplantagen und lquellen, das keineBaumwollfelder, keine endlosen Weizenebenen und keine Zinn-minen besitzt. Das aber Lebens- und Arbeitskrfte hat, die uner-reicht sind, das keine ererbten oder gestohlenen Reichtmer be-sitzt, aber reicher als andere Vlker an Erfindungsgeist ist, andem zhen Willen, auch das scheinbar Unmgliche zu vollbringen.

    Die Welt, diewir schufen 9Deutsch~:l.ndhat keine lquellen: so ruhte es nicht eher, als bis esgelang, 01aus Kohle zumachen, die Kohlenvorrte des deutschenBodens in Treibst~ffe fr Autos und Flugzeuge zu verwandeln.Deutschland hat keinen Kautschuk: also wurde dreiig Jahre langgeforscht und gesucht, wurden tausend Schwierigkeiten ber-~unde? und. Kautsc~uk aus Kalk und Kohle gewonnen. Wirsind nicht reich an Elsen und Kupfer und Zinn: so lernten wirAluminium und Magnesium gewinnen und bauten mit diesenLeichtmetallen die grte Luftflotte der Erde auf. Deutschlandhat keine tropischen Zuc~erplantagen, aber es besa in Marggraffund Achard Forscher, die schon vor eineinhalb JahrhundertenZucker aus Rben gewinnen lehrten.Schon damals hatte England versucht, den Fortschritt - derdamals wie heute nicht nur uns, sondern allen zugute kam -aufzuhalten. Man hatte Achard, dem deutschen Erfinder der seinTafelsilber versetzte, um neue Maschinen zu kaufen, der um jedenTaler betteln mute, zuerst 50000tTaler, im Jahre 1802schlielich200000 geboten, wenn er ffentlich erklren wrde, da sich seine~offnungen nicht erfllt htten, der R~enzucker den Rohrzuckernicht zu ersetzen vermge. .Die E:nglnder hat~en das Monopol des Tropenzuckers be-sessen, SIe dachten 'keinen Augenblick an anderes als an ihreneigenen Vorteil, damals wie heute. Und sie scheiterten am Ge-~issen, am Schaffensdrang, an der Begeisterung Achards, wie sieein Jahrhundert spter am Arbeitswillen, am Fortschrittsglaubendes ganzen deutschen Volkes zugrunde gingen.Schon dieses eine Beispielaber, schon der Kampf der englischenZu~kerrohrhndler gegen Achard, zeigt den Abgrund, derzwischen unserer Welt und ihrer, zwischen unserer Art zu arbeitenund der der Plutokratien liegt. Der Zusammenprall dieser zweiWelten mute. kom~en, denn ~as Achard schuf, was Liebigt~t, der 1840 die Agrtkulturcherrue begrndete und damit einenSIeg gegen den Hunger erfocht wie niemand zuvor, war nur einAnfan~ gewesen. Ihren. tastenden Versuchen folgten unzhligeneue Stege deutscher WIssenschaft und deutschen Fleies' seineArbeitskraft brachte Deutschland in die Hhe, obwohl es' keineSchtze fand, die mit denen Englands vergleichbar wren. Wirwu~de~sta~k, weil uns Arbeiten und Erfinden eben im Blut liegt,weil W1f seit undenklichen Zeiten gegen widrigste Umstnde umsLeben kmpfen muten. Die Kraft Englands kam von auenunsere kommt tief aus dem Innern. Unser Volk ist wie ein Acker'

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    6/193

    10 Sieg der Arbeitder immer neue Ernten gibt. Die Saat dessen aber, was wir ~eu~eernten, ist schon gelegt worden, als zu Er:de der letzten Eiszeitdie Renntierjger ber die Neandertaler sIegten. ..Diese Neandertaler hatten riesige Herden von Bffeln undwilden Pferden ber Kliffe gejagt; Berge angebrannter ~ochen,Reste unvorstellbarer Orgien des Fressens sind noch bei Solutrein Ostfrankreich und bei Willendorf im Gau Niederdonau zusehen. DieMenschen der Zwischeneiszeit, dievor etwa IOO~Ooa~-ren lebten, erstickten in Fleisch, erschlafften im Sattsein. DieRenntierjger besiegten sie, weil sie ihres schlauen und scheuenWildes wegen bessere Waffen erfinden muten. Sie muten demRenntier mit dem zurckweichenden Eis immer hher nachNorden hinauf folgen und dort unter kargsten Bedingungen leben.Nur die Zhesten und Erfindungsreichsten konnten sich be-haupten. So gab die Eiszeit den Renntierjgern die Eigenschaften,die ihre Nachkommen, die Germanen und Deutschen, stark undgro machen sollten. . .Auch die Englnder gehrten zu diesenStarken, aber IhreHerr-scher verspielten ihr Erbteil. Sie erschlafften im R~i~htum, de~Sklavenvlker fr sie erarbeiten muten. Ihre Politik war seiteinem halben jahrtausend gleich geblieben, ihre Fhrerschichtverflachte. Auch England war einmal gro in der Eisenindustrie,in der Chemie, im Textilgewerbe. Aber dann hatte es das Ar-beiten nicht mehr ntig. Dann gab es sich mit Kleinigkeiten-nicht mehr ab, wurde zum Rentner oder Ruber. 1886 schon sagteder englische Chemiker Meldola: Die.Strke u~serer deu~sch.enKonkurrenten liegt in ihren Laboratorien und nicht - wie hier_ in den Brsen Viele Englnder erkannten die Grndeder deutschen berlegenheit, aber sie waren machtlos, die Z,:-stnde zu ndern. William Reginald Ormandy sagte 1915: DieDeutschen wissen, da ihr Erfolg nur durch Arbeit erkauft ist.Sie arbeiten tglich acht Stunden und volle sechs .Tage in derWoche. Zweifellos beneiden sie jenes erhabene englische Wesen,welches von elf bis vier Uhr mit einer Pause arbeitet, manchmalsogar nur fnf Tage in der Woche, und welch~s dann nicht nurseine Stellung zu bewahren, sondern sogar seine Konku~rentenzu schlagen erwartet ... Man hat hier den deutschen Fabrlkante~einen Einbrecher genannt. Wohl weil der Deutsche unsere Fabri-kanten an einem hellen Mittag besuchte und sie schlafend vor-gefunden hat ... Nun, als Deutschlands Leistungen allzu unbequem wurden,

    Die Welt, die wir schufen IIhatte man es eben mit Gewalt niederzuschlagen versucht, kames 1914 zum Weltkrieg. Und wie man durch Versailles versuchte,die deutsche Kohlenbasis zu zerstren, so versuchten unsereFeinde, durch Patentraub die deutsche Industrie berhaupt zuzerschlagen, denn zwischen 1919 und 1921 verkaufte allein deramerikanische Nerwalter des feindlichen Eigentums, FraucisP. Garvan, nicht weniger als 4767 deutsche Patente an die Che-mical Foundation, eine Gemeinschaftsgrndung der Konkurrenz-firmen. Sie zahlte 250000 Dollar fr Werte, die amtlich auf zehnMillionen Dollar geschtzt worden waren.Aber selbst dieser Patentraub gereichte uns schlielich zumVorteil. Deutschlands Industrie mute neue Verfahren ent-wickeln, sie mute an die Stelleder alten Patente noch viel bessereneue setzen, ganz neue Wege gehen, um ihre eigenen, enteignetenPatente nicht zu verletzen. Unter normalen Verhltnissen hytet.eman sich, gut eingespielte Fabrikationsmethoden zu ndern,(weildas kostspielige Versuche und teure neue Anlagen erfordert.Durch den Patentraub des Weltkrieges wurde Deutschland zumFortschritt gezwungen. Und whrend die anderen sich noch berdie mhelos erworbenen Kenntnisse freuten, siegte Deutsch-land schon wieder durch neue, bessere und billigere Speziali-tten. Aus dem Ersatze wurden neue Rohstoffe, aus derdeutschen Wirtschaftsrevolution wurde eine Revolution der Welt-wirtschaft.Damit war allerdings auch der Krieg, den wir seit 19;9 auszu-kmpfen haben, so unvermeidlich geworden wie 1913 der Welt-krieg: 1913 hatte die deutsche Kohlenfrderung die englischeerreicht, Deutschlands Eisenindustrie die englische zu berflgelnbegonnen, Deutschlands Welthandel den englischen in den Schattengestellt. 1937, als Deutschlands synthetische Rohstoffe auf derPariser Weltausstellung prmiiert wurden, als man sie nicht mehrverchtlich machen konnte; 1938, als am Gelingen des Vier-jahresplanes, an der Kraft und Weltgeltung des neuen Reichesnicht mehr zu zweifeln war, da rstete England erneut zumKrieg, weil es im Chaos und in der Zerstrung seine letzteChance sah.1914 war nur einVorspiel gewesen; mit Schrecken sahEnglan~,da gerade die Niederlage uns ungeheure neue Krfte gab, da sieDeutschland zum Erwachen brachte, zur Selbstbesinnung unduersten Kraftanstrengung: seit dem Zusammenbruch desJahres 1918 hatten mit stndig weiter ausgreifenden Schritten

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    7/193

    IZ Sieg der ArbeitDeutschlands Arbeiter und Erfinder neuen Lebensraum geschaffen.1914 war noch alles im Flu gewesen, jetzt aber kamen jahr-zehnte- und jahrhundertealte Entwicklungen zum Abschlu.Pionierarbeit, diedeutsche Forscher schon vor den NapoleonischenKriegen, die deutsche Politiker schon vor 1870 leisteten, trugenjetzt erst Frchte. Korn fr Korn war die Saat in die Erde gelegtworden. Jetzt reifte sie aus ...

    sterreich, Polen, Tschecho-Slowakei ... ?Nein, das waren nicht die Ursachen des Krieges, der 1939 be-gann, ebensowenig wie der Mord von Serajevo die Ursache desWeltkrieges war. Polen, das war ein Vorwand, nichts weiter.Die Ursachen des Entscheidungskampfes lagen jahrzehnte-, lagenjahrhundertelang zurck. In unzhligen Laboratorien und Fabri-ken, in der Arbeit ungezhlter Millionen hatte der Krieg von1939 seine Ursache: in Deutschlands Leistung, in DeutschlandsKampf um Frieden und Fortschritt fr alle, nicht nur fr sichselber.Wir bedrohten die Not der Welt, nicht den Frieden der Welt.Und das konnten uns jene nicht verzeihen, die nur durch Haund Not und Leiden der anderen an der Macht blieben. Es istkein Zufall, da ein Englnder es war, der 1921 mit dem Nobel-preis ausgezeichnete Physiker und Chemiker Soddy, der 1930 inseinemBuch Money versus man, Geld gegen Menschen, schrieb:Die Wissenschaft darf wohl die einen verhltnismig viel reichermachen 21sdie anderen; etwas ganz anderes ist es aber, wenn dieWissenschaft, ohne auch nur um Erlaubnis zu fragen, di e fest-gefgte Ordnung der menschlichen Gesellschaft so hinterlistiguntergrbt, da alle von der Not befreit werden. Es gibt hier sehrviele weder unwichtige noch bertrieben skrupellose Leute, diewahrscheinlich eher dafr zu haben wren, da es keine Zivili-sation gbe als eine fr sie unerwnschte. Manche haben die Ge-fahr auch schon bemerkt. Frher haben nur die echten Knstlerund stheten - ganz wirkungslos - ber die zunehmendeMechanisierung unseres Lebens gescholten. Wenn aber die Wen-dung kommt und die Wissenschaft, indem sie die Armen reichermacht, die Reichen relativ verarmen lt, wird die Bewegung derMaschinenzerstrer und der Rckkehr zur Sklavenarbeit einenunerwarteten und sehr wirksamen Zuwachs erhalten ... Professor Soddy kannte also die herrschende Schicht seinesLandes gut, warnte deutlich vor jenen Geldleuten, deren Lebens-ziel Herrschaft und Unterdrckung ist und die die Technik nur

    Die Welt, die wir schufen 13so lange liebten, als sie Machtmittel fr sie allein war. ProfessorSoddy drckte aus, was Hunderte und Tausende von Wissen-schaftlern berall auf der Welt fhlten: sie hatten die Schwer-arbeit so gut wie abgeschafft, sie hatten berflu geschaffen, unddoch herrschte berall Mangel Was zum Teufel hatte sich da-zwischengeschoben? Die Geldhndler und Geldverflscher mitihrer Clique bezahlter Politiker natrlich Und wo hatten die ihreWeltzentrale ? In LondonDiese Geldhndler, Englands Regierende, wuten, wie beliebtvorgefate Meinungen sind, wie sehr die Menschheit an Dogmengewhnt ist. So stellten sie seit Jahrhunderten Eherne Gesetzeder Wirtschaft auf: England besa alle wichtigen GoldfundsteIlender Erde. Gold allein also konnte die Whrungen regeln. Goldwar das Ma aller Dinge. Und die Welt glaubte es, ohne daran zudenken, da Kaurimuscheln den gleichen Dienst tun wie Gold-stcke.England beherrschte die Meere, es besa die grte Handels-flotte und die wichtigsten Rohstoffquellen, in London einenzentralen Geldmarkt: Handel, also Freihandel, war alleinselig-machend. Nur immer weiter ausgedehnter Handel konnte dieWelt vorwrtsbringen. Und die Welt las Ricardo und Adam Smithund glaubte es.England, das Australien beherrschte, dessen 7 Millionen Ein-wohner auf einem Gebiet leben, das Platz fr 100 Millionen bietet,England, das Territorien wie den Nordwesten Kanadas besitzt,wo jeder Einwohner 333 Millionen Quadratmeter fr sich hat,dieses England predigte den Malthusianismus. Und wir ber-setzten die Bcher des ehrenwerten Reverend, der zugleich An-gestellter der Ostindienkompanie gewesen war, beschrnkten dieGeburten und begannen, uns dadurch selber umzubringen. ZumHeile Englands ...Wir taten all dies allerdings nicht lange genug. AlsDeutschlandausgeblutet war, stellte es die Auslandszahlungen ein, und einestaunende Welt sah, da der Himmel nicht einstrzte, da wirnicht im Chaos versanken, da Deutschland ohne Geld im Gegen-teil reicher und glcklicher wurde als d.e Lnder, deren Bank-keller voll des gelben Metalls liegen.Deutschland lste sich los vom Freien Spiel der Krfte, vomLaisser-aller, von all den anglo-amerikanischen Wirtschafts-dogmen, wie es sich schon Jahrhunderte frher vom rmischenPapsttum gelst hatte. Und es gedieh und wuchs.

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    8/193

    14 Sieg der ArbeitDeutschland vollbrachte sogar das Allerunglaublichste : es schufknstliche Rohstoffe als es von den natrlichen abgeschlossenwurde. Es brach die 'Monopole der Gewinnsucht wie des Klimas.Es erfand Kunststoffe, wie sie die Natur in solcher Vollkommen-heit nicht bietet. Es errang Sieg ber Sieg gegen Hunger undArmut; Liebigs Arbeiten waren nur die ersten Schritte auf demWege gewesen, der die Welt immer reicher und immer frucht-

    barer machen mu.Das aber warf all die englischen Herrschaftsmethoden ber denHaufen. Nicht nur, da Deutschland erstarkte; es machte Eng-lands Politik gegenber allen Habenichtsen unmglich. Englandglaubte, Macht zu haben durch Kanadas und Australiens Weizen:da entstanden berall Stickstoffabriken, und nun lebten dieVlkerbuchstblich von der Luft. England glaubte, Herr ber allenKautschuk der Welt zu sein wie ber die reichsten lquellen: daentstanden Bunafabriken und Hydrierwerke, nicht nur in Deutsch-land, sondern ebenso in den Vereinigten Staaten, in Italien, Spanienund Ruland. Englands herrschende Schicht, die Erben der See-. ruber und Sklavenhndler, sah die Macht ihren Hnden ent-gleiten. Professor Soddys Prophezeiung traf ein: lieber wolltensie keine Zivilisation als eine ihnen unerwnschte. Alle Reservenwurden mobilisiert, um den Fortschritt zu zermalmen. Wie derPapst es nicht beim Bannstrahl gegen Luther hatte bewendenlassen, sondern Heere auf die Beine brachte, so sollte jetzt dieWelt der Ruber, der Nichtstuer und Verschwender gesichertwerden durch einen Kreuzzug gegen Adolf Hitler ...Der Zusammenprall mit Deutschland mute 1914 kommen,und er mute 1939 kommen, weil sich hier nicht zwei Vlker,sondern zwei Welten, zwei Prinzipien, gegenbertraten, weil eshier um den ewigen Kampf des Fortschritts gegen das Alte undMorsche ging. Panta rhei, alles fliet, das Grundprinzip allesLebens war schuld an dem Krieg. Nicht wir fhrten ihn, wirwaren nur Exponenten einer Entwicklung, die unaufhaltsam ist,so naturgebunden und unabnderlich wie Geborenwerden,Wachsen, Verwelken und Sterben ...Zwischen demGeist, zwischen der Art des plutokratischen Eng-lands und dem des neuen Deutschlands klaffte ein unberbrck-barer Abgrund, ein Abgrund wie zwischen Leben und Tod. Esmute zum Zusammenprall kommen. UnddasLeben mute siegen.Es waren Deutschlands Waffen des Friedens, die zum Kriegvon 1939 fhrten: Darin liegt alle Tragik unseres Kampfes, darin

    Die Welt, die wir schufen 15liegt aber auch die Kraft und die Hoffnung, die uns heute beseelen.Was immer an den Fronten oder in der Heimat erlitten wurde, dieOpfer wurden nicht fr die Machtgier oder den Lebenswilleneines einzelnen Volkes gebracht, sie sind Etappen im Kampf derMenschheit um Frieden, Freude und Gerechtigkeit. Der unsaufgezwungene Krieg ist eine Entscheidungsschlacht nicht nurfr uns selber, sondern fr alleWerkttigen der Erde: er schaffteine neue Welt.Diese neue Welt der Arbeit aber kann auch eine Welt ohneKrieg sein. Die Kriegsfurcht, die noch aus der Zeit stammt, dasich Reichtmer fortschaffen lieen, wird zumindest in Europaverschwinden. Denn welche Beute knnte einen Angreifer locken?Die Goldschtze sind wertlos geworden. Ihre Stelle nehmenFabriken, Eisenbahnen und Kanle ein, Siedlungen und un-zhlige Bauernhfe, an Kohle und Wasserkraft gebundeneEnergiezentren und Synthesewerke. All das lt sich nicht weg-tragen, und all das ist tot ohne arbeitende Hnde, ohne gestaltendeGehirne .

    Schon 1923, als 80000 franzsische Soldaten ins Ruhrgebietdrangen, erwies sich, da Arbeitsleistungen nicht mehr zu er-zwingen sind. Die Reibung war so gro, da die Krfte sichgegenseitig aufhoben. Vielerlei Kenntnisse waren schon damalsnotwendig, um den Industriebetrieb aufrechtzuerhalten. Heuteaber ist das Wirtschaftsleben noch weit vielfltiger unterteilt, istder Arbeitswille noch ungleich entscheidender geworden. Diealte Form des Reichtums war eine Gefahr, die neue ist ein Schutz:der Mann, der allein durch seine Kenntnisse Nutzen bringt, wirdmit Vorsicht behandelt. Der, dessen ganzer Wert in einer goldenenUhr liegt, luft Gefahr, von Rubern erschlagen zu werden ...Nur Wissen und Arbeit, nur eigene Leistung geben dauerndeKraft: Schon das Reich der Pharaonen und das Chinesische Reich,deren Bltezeiten sich ber Jahrtausende erstreckten, whrendRuberstaaten wie das weltmeerbeherrschende Karthago oderdas stolze Albion es auf nicht mehr als zwei Jahrhunderte desGlanzes brachten, beweisen das. Aber der Beweis mute erneuertwerden, und Deutschland hat ihn erneuert. Kein schnerer Siegder Arbeit ist jemals erfochten worden als der jenes ausgebluteten,niedergetretenen Deutschlands, das zu sich selber fand, auseigenster Kraft den Siegerrang ber die reichsten und mchtigstenImperien der Welt.

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    9/193

    16 Sieg der ArbeitDer einzig dauerhafte Sieg: der durch Arbeit

    Als der Weltkrieg durch den ewigen Frieden von Versaillesabgeschlossen wurde, da verlangten die Alliierten von Deutsch-land eine Kriegsentschdigung von 269 Milliarden Goldmark.Diese Boulogner Forderungs aus dem Jahre 1920 schien selbstder Reparationskommission auf die Dauer unhaltbar, sie ser-migte dieTribute auf 132 Milliarden. Auch zudiesen Zahlungenkam es nicht, aber was Deutschland zwischen 1918 und 1931 tat-schlich leistete, war gewaltig genug: An Barzahlungen - anKohle und Koks, Eisenbahnmaterial und nichtmilitrischemRckla an den Fronten, an Privateigentum im Ausland, abge-tretenem Reichs- und Staatseigentum, an Kriegs- und Handels-schiffen- brachte Deutschland 39 Milliarden 521 Millionen Gold-mark auf. Der grte Teil alldieser Reparationenging nachFrank-reich. Whrend Frankreich 1871 109 Mark. auf den Kopf der Be-vlkerung aufzubringen hatte, bezahlte Deutschland 1056 Markauf den Kopf. Whrend die Kriegsentschdigung von 18712.,5 des franzsischen Volksvermgens erforderte, bedeutetenschon Deutschlands tatschlich geleistete Zahlungen eine Ver-minderung des Volksvermgens um 23,5 . Whrend Deutsch-land endgltig verelendet schien, schien es fr den ReichtumFrankreichs keine Grenzen mehr zu geben.1929 schon hatte Frankreich so gewaltige Goldvorrte aufge-stapelt, da neue Lagerrume ntig wurden, man neue Tresorsbaute. Fnf Jahre spter waren die Pariser Straenschluchten,zwischen denen das unscheinbare Haus der Bank von Frankreichliegt, noch immer blockiert. Doppelt mannshohe Bretterwndeumgaben einen Bauplatz von fast 1000 Quadratmetern. DerLrm von vierundzwanzig Prelufthmmern erfllte die Luft mitdonnerndem Getse, und 60 Meter unter der Erde arbeitetennoch immer 1500 ausgewhlte Mnner an der Vergrerung derGoldkeller. Immer tiefer wurde diese Festung eines Mrchen-schatzes unserer Zeit in den Fels gegraben. Lngst war das Betteines unterirdischen Flusses, des Grange Bateliere, unterkellert,noch immer aber waren die Tresors zu klein.Achtundzwanzig Schchte fr sthlerne Aufzge, alle so ge-baut, da selbst schwerstes Artilleriefeuer sie nicht zu verschttenvermag, fhrten in das Reich des Goldes. Wenn solch einLift zumHalten kam und uniformierte, mit Maschinenpistolen verseheneWchter seine versperrten Gittertren ffneten, fand man sich

    Die Welt, die wir schufen 17in einem runden Saal, der 2 .8 Meter hoch ist, in einemDom, dessenWnde sechseinhalb Meter dick sind: Stahl, Beton, Preluft,Nickelstahl, Wasser und wieder Beton. Und dann der Fels desFundaments, auf dem Paris steht.Den Boden der Haupthalle schneiden im rechten Winkel zu-einander zwei Geleise. Auf einem steht ein elektrischer Wagen,dessen Vorderteil genau in die ffnung eines Zementstahlblocksv~n 1.8 Tonnen Gewicht pat. Dieser Block ist 6,5 Meter starkWIedie Wnde, 8 Meter hoch, er hat die Form eines abzestuften~eils, luf~ auf R?llen. Der Elektrowagen bringt i~ in dieOffnung, die der EIngang zur Welt des Goldes ist. Von diesemWagen aus werden schenkeldicke, sthlerne Greifer bettizt diel : : >aus d~m Trb~?ck wachsen, 16 riesige Stahlarme, die in korre-spondierende Offnungen der Tresorwand passen: ein Schlo,unvorstellbar mchtig, allen vorstellbaren Angriffen gewachsen.Ein Schlo, gegen das die runde Stahltr der Federal Reserve~ank i? New York wie ei~ Spielzeug wirkt. In Amerika bewegtein kleiner Elektromotor die Zahnstangen, die den Stahlklotz ausder Wand heben. Hier tut das eine Lokomotive.Diese technischen Rekorde aber waren den Franzosen nichtdas Wichtigste. Erst hinter dem Betontor und zwei Stahltrenund einem langen Gang, der automatisch mit Wasser volluftwenn Unbefugte ihn betreten wollten, erst in einem Saal, dessenStahldecke 750 Sulen aus Eisenbeton tragen, begannen dieWunder. Mauern wie in der Haupthalle. Ein gigantischer hohlerWrfel ist dieser Saal, sagten die Ingenieure, der von Gas- undWasser- und Stahlhllen, von Fels und Beton und einem Netzelektrischer Schutzapparate umgeben ist, der in ultrarotem Lichtgebadet liegt. Wer diese Strahlen kreuzt - und das mte schonein Wesen aus einer anderen Welt sein -, setzt unzhlige Alarm-vorrichtungen in Ttigkeit. Etwas, fuhren die Beamten fort,sauf das wir nattlich nicht stolz sind, denn es ist ja nur eine Fragedes Geldes, ob man einen Meter oder sechs Meter dicke Stahlwndeb~ut, ob man allerbeste oder nur mittelmige Schutzmanahmentrifft ... Stolz sind wir auf dieses hier: hier in dieser Festung desGoldes knnen 2.000 Angestellte sechs Monate lang von derAuenwelt abgeschnitten leben ... Und man zeigte ein Elektrizittswerk, zeigte Brunnen, elektri-sche Kchen und die Gasschutzeinrichtungen. Sauerstoffabrikenund Schlafsle, in denen ein frischer, khler Wind wehte ...60 Meter unter der Erde. Man kam in helle weie Vorratsrume ~ Zl SIEG

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    10/193

    18 Sieg der Arbeitin denen Zehntausende von Konservenbchsen aufgestapelt lagen,in Khlrume. 52 Minuten lang schritt man durch die Mrchen-stadt, durch einen Staat im Staate.Fr fast hundert Milliarden Franc Gold lagerte im Herbst 1939in diesen Kellern, an Gewicht das Doppelte des Bestandes vonJuli 1914. Seit 1926 war unablssig Gold nach Paris gestrmt.Nicht in Amerika, in Frankreich lag das meiste Gold der Erde,als Adolf Hitler an die Macht kam. Whrend bei der FederalReserve Bank 250 Mann gengten, muten hier stndig 1000 aus-gewhlte Leute den Goldhort bewachen. Um ihn zu bergen, hatteman Milliarden in Festungen investiert, in Goldkellern wie inMaginotlinien ...25 Meter tief liegen die Goldsafes in New York, 60 Meter tiefin Paris: es ist wie ein Symbol. Wenn es schon schwer war, Geldvon den Amerikanern zu bekommen, in Frankreich lag es nochtiefer begraben. In New York sind 14 Stockwerke voll Bankbrosber das Gold gesetzt, dort wird in 1500 Sortiermaschinen undScheckdruckern, an Additionsmaschinen und Buchungsapparatenan der Verteilung zumindest eines kleinen Teiles des Reichtumsgearbeitet. Die Bank von Frankreich mit ihren winkligen Korri-doren schien tot. Finstere alte Bros mit wrdigen alten Mnnernan staubigen Schreibtischen verwalteten das, was sie fr denReichtum der Welt hielten. Sie klammerten sich an jeden einzelnender gleienden Barren, und so veralteten die Fabriken Frankreichswie sie selber. So erstickte das Gold schlielich jede Regung deslebendigen Lebens. So kam es, da fnf Jahre nachdem dieGoldtresors der Bank von Frankreich endgltig fertiggebautwaren, das Hakenkreuzbanner ber dem Eiffelturm wehte ...1918 hatten die Franzosen sich als Herren Europas gefhlt, ihrSieg schien gewaltig. Zehn Jahre spter galten sie als eines derreichsten Vlker der Erde, nicht nur des Kontinents. Aber ihrSieg war kein Sieg der Arbeit. Er war hohl wie die Macht desGoldes. England und Frankreich hatten neben ihren Goldhortenauch noch so gut wie alle Rohstoffquellen der Welt. Sie besaenungeheure Reserven aus den Jahrhunderten ihrer Kolonialerfolge.Aber all das blieb tot, weil sie nicht die Kraft fanden, es durchArbeit zu beleben.Nach offiziellen amerikanischen Ziffern besaen bei Ausbruchdes Krieges von 1939 das Franzsische und Englische Weltreichzusammen 5598 Millionen Dollar an Goldreserven. Sie besaen3340 Millionen Dollar an' kurzfristigen amerikanischen Forde-

    Die Welt, die wir schufen 19rungen und amerikanischen Aktien. Sie hatten 22422 MillionenDollar anderer Auslandsguthaben. Sie hatten rasch realisierbareReserven von etwa 32 Milliarden Dollar, von 80 Milliarden Mark;das war fast das Doppelte dessen, was 1932 das gesamte deutscheVolk erarbeitete. Aber schon vor dem Krieg hatten England undFrankreich vom Erbe ihrer Vter gezehrt: Das Britische Empireverbrauchte 1937 um 1208 Millionen Dollar mehr, als-es er-zeugte. Selbst das ausgefhrte Gold gengte nicht, lie nochimmer ein Defizit von 533 Millionen Dollar brig, das durchVerkauf von Anlagewerten gedeckt wurde. Frankreichs Welt-reich hatte einen Fehlbetrag von 164 Millionen. .. Und kaufteweiter Gold ...Deutschland besa kein Gold, keine Rohstoffe und keineKapitalreserven. Aber es hatte Ideen und Arbeiter, und dieschufen Rohstoffe. Es hatte Millionen an hchste Leistung ge-whnte Kmpfer fr Fortschritt und Freiheit. Und die siegten.Hinter jedemSoldaten standen zehn zhe Kmpfer in den Fabriken.Wir hatten die Naturkrfte nutzbar gemacht, rund zehnmal sovielMaschinenkraft stand uns 1938 schon zur Verfgung als denFranzosen, um die Hlfte mehr als den Englndern. Das warentscheidend, und das wird unseren Sieg auch zu einem bleiben-den machen. Was wir erkmpften, das stammt aus eigenerArbeit, eigenem Wissen, eigenem Leiden. Es ruht nicht auf frem-dem Gut, auf verwesenden Resten besserer Zeiten.Das Schicksal Frankreichs und Englands beweist, da Panzeraus Gold, wie dick auch immer sie sein mgen, wertlos sindgegen Waffen aus Eisen. Es beweist erneut, da ewig nur die ausBlut und Boden, .aus steter, erdverwurzelter Kraft geformte Weltist; da die Arbeit der Gemeinschaft entscheidet, heute wievor Tausenden von Jahren.

    Die Leistungen des antiken Makedoniens zum Beispiel warenbestimmt auerordentlich. Nur 100000 Quadratkilometer gro,kaum ein Viertel grer alsBayern also, nur eineMillion Einwoh-ner zhlend, hat das wilde Bergland, das heute unter Griechen-land, Bulgarien und Jugoslawien aufgeteilt ist, im 4. Jahrhundertvor Christus den ganzen Balkan beherrscht. Dem von Philipp II.gegrndeten Korinthischen Bund gehrten mit Ausnahme Spartasalle Griechenstaaten an. Makedoniens stehendes Heer von 15000Mann galt als das beste der Welt.Alexander der Groe, der Sohn Philipps II., verdoppelte dieseHeeresmacht, stellte dazu noch 5000 Reiter auf und berquertea

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    11/193

    20 Sieg der Arbeitim Frhjahr 334 vor Christus den Hellespont, um das Weltreichder Perser zu erobern. Er war 22 Jahre alt.Als Alexander vier Jahre spter mitten im Winter den tief-verschneiten Hindukusch berschritt, als er auf 5000 Meter hohenPssen das wildzerklftete Gebirge berwand, das noch heute,ja selbst fr Flugzeuge, eine gefhrliche Barriere ist da hatte er8000 Kilometer zurckgelegt, zwlf entscheidende Schlachtengeschlagen und neben ganz Kleinasien, der heutigen Trkei,Syrien und dem Irak, Iran und Afghanistan und ganz gyptenerobert, dahatte er Alexandria gegrndet und die Libysche Wstedurchquert. Nun drang er weit ber Samarkand vor, erobertegewaltige, heute zur Sowjetunion gehrende Gebiete. Nachdemer sein Heer durch Fremdtruppen auf 120000 Mann vergrerthatte, brach er im Frhjahr 327 nach Indien auf, berschritt einJahr spter den Indus und durchzog das heutige Punjab. EineFlotte wurde gebaut, mit ihr im ul 325 der Indische Ozean er-reicht. Als die Truppen zwei Jahre spter in Babyion einzogen,das die knftigeHauptstadt ihres Weltreicheswerden sollte, hattendie Makedonier fast 20000 Kilometer zurckgelegt, den halbenErdumfang; da hatten sie Lnder besiegt, mindestens dreiigmalsovolkreich als ihr eigenes Stammland. Mit 33 Jahren war Alexan-der der mchstigste Mann seinerZeit. Niemals vorher und niemalsspterwurde einesogewaltigeKette von Siegen aneinandergereiht.DieseSiege berdauerten Alexander nur umwenigeWochen. Erstarb kurz nach dem Einzug in Babylon, und sein Reich zerfiel,bevor er noch begraben war. Selbst in Griechenland konnte sichMakedonien als vorherrschende Macht nicht halten. Denn dereinzelne kann nicht dauernde Siege erringen, immer nur das Volk,das ihm Kraft gibt, aus dessen Sehnen und Schaffen er geborenwurde. So gewaltig ein Blitz ist, er ntzt den Menschen wenigerals die unscheinbarste Taschenbatterie, er leuchtet krzer als einStreichholz. So kraftvoll eine Explosion sein mag, sie bringt denMotorkolben nur um ein winziges weiter, erst eine ununter-brochene Kette von Explosionen bringt Bewegung, nur stetigeKraft vermag Neues zu schaffen.Der Alexanderzug war ein gewaltiges Schauspiel fr die Welt.Aber Alexander und sein Heer hatten sich losgelst von Make-donien, wie sich manchmal Himmelskrper aus ihrem Systemlsen und als Sternschnuppen verglhen. Und wie es Alexanderging, so ging es den anderen groen Eroberern: Csar undDschinghis Chan nicht anders als Napoleon.

    Die Welt, die wir schufen 21Denn auch Napoleon lebte vom Kapital, zehrte von auf~e-speicherten Krften. Das Heer, mit dem er seine ersten Siegeer-rang, ging in Lumpen, es war in allem auf Beute angewiesen.Napoleon zog Soldaten aus den eroberten Gebieten, er erzwangKontributionen, er lebte von eroberten Vorrten. Seine milit-rischen Erfolge waren gro, aber sie konnten keine Dauer haben,weil nicht Arbeit den Armeen stndig neue Kraft zufhrte,

    sondern sie auf berschsse angewiesen waren, auf Hilfsquellen,die sichfrher oder spter erschpfen muten. Es gelangNapoleontrotz aller Mhe nicht, das Wirtschaftsleben Frankreichs und dereroberten Gebiete in Gang zu halten. Als es nichts mehr zurequirieren gab, brach Napoleons Macht zusammen. Frankreichkonnte den eroberten Lndern nichts als ein paar Luxusspielereienfr die von Napoleons Gnaden Herrschenden bieten. Es nahm,ohne zu geben, saugte die Opfer aus, und mute so schlielichselber am Mangel neuer Lebenskrfte zugrunde gehen, wie vorihm Rom, wie das Makedonien Alexanders, wie nach ihmEngland ...DieArbeit mu eineSpitze finden, siemu zielvoll gelenkt sein;sie bleibt wertlos ohne planende Fhrer. Das arbeitende Volkmu Blten hervorbringen in Form von Helden und Knstlern.Aber Arbeit bleibt doch die Grundlage alles Lebens, sie alleingibt Kraft zu wirklichen, nicht nur scheinbaren Siegen.Man sollte meinen, da die Menschheit das seit unendlichlanger Zeit erkannte. Aber nichts setzte sich so schwer durch wiegerade diese so einfache, so alltgliche Wahrheit. Und wenn unserSieg der Arbeit auch ein Vorbild ist das nicht bersehen werdenkann, noch immer i st der Kampf in vollem Gange, der um dieFrchte der Arbeit, um die Rechte der Arbeitenden, um Ehreund Ansehen der Arbeit seit undenklichen Zeiten gefhrt wird.Nur Arbeit vermag Gter zu schaffen, im Grunde seinesHerzens wei das jeder. Geld ist nur ein Mittel, Arbeitsertrgeaufzuspeichern, neue Arbeitsgelegenheiten zu schaffen; es istausschlielich ein Tauschmittel und Wertmesser. Das aber istdurchaus noch nicht allen klar. Durch jahrhundertelange Propa-ganda der Interessierten bekam Geld einen Nimbus, wie er nureiner selbstndigen Macht zukommt; Geld wird noch immerhufig als etwas angesehen, das um seiner selbstwillen da ist. Nochimmer i st es in groen Teilen der Welt ein Hemmnis der Pro-duktion statt ihr Anreiz.Nichts auf der Erde kam ohne Arbeit zustande. Aber erst seit

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    12/193

    22 Sieg der Arbeitweniger als einem Jahrhundert besitzt der Arbeitende die fun-damentalsten Menschenrechte, erst seit 1864 ist die Sklaverei inNordamerika, erst sei 1888 in Brasilien aufgehoben, erst 1935verschwand sie aus Abessinien.Selbst in Deutschland gilt der Sonntag erst seit 1895 als Ruhe-tag fr alle Schichten unseres Volkes, in Spanien wurde dieSonntagsarbeit erst 1940 geregelt. Die erste deutsche Versiche-rungsgesellschaft war 1827 gegrndet worden; es war ein weiterWeg bis zu den rund 20 Millionen Vertrgen von heute, zu derVersicherungssumme von fast 19 Milliarden Mark. Und erst 1940konnte die staatliche Altersversorgung in Angriff genommenwerden.Erst zu Anfang unseres Jahrhunderts wurden Seuchen wie dieHakenwurmkrankheit oder die Bilharzia, die die Arbeitskraft un-zhliger Millionen unterhhlten und sie verelenden lieen, heil-bar; erst seit wenigen Jahren kann man Schlafkrankheit undMalaria wirksam bekmpfen und so Millionen Arbeitskrfte er-halten.

    Der soziale Frieden aber ist erst in sechs von 60 wichtigenIndustrielndern gesichert, selbst in Italien und Deutschland ister jngsten Datums: In Italien gab es 1921/22 nicht weniger als2070 Streiks, 2240000 Arbeiter feierten, 60000 waren ausgesperrt.Im Deutschland des Jahres 1932 gab es 657 Streiks und Aus-sperrungen, 2632 Unternehmen mit einer Gefolgschaft von175000 wurden davon betroffen, 1,1 Millionen Arbeitstagegingen verloren. Auch bei uns erinnern sich fast alle heute Leben-den noch an den I Mai der Roten:Lange Reihen von Menschenmit roten Bannern, die meisten niedergedrckt, voll Zweifel, obdieTeilnahme an diesem Festzug sienicht ihr Brot kosten wrde,gemacht lustig und berschwenglich die anderen. Berittene Polizei,Polizeimit Gummiknppeln, Polizei in Zivil marschierte links undrechts, vor und hinter dem Zug, und in den Kasernen lagen 'Truppen in Bereitschaft. Reden dann, voll Ha und Wut undVerzweiflung, verblendet oder gemein. Endlich Lieder und Bierund ein Anlauf zu sorgloser Freude. Denn immer war dieser ersteMai ein Versuch, auf einen Tag wenigstens das echte oder ein-gebildete Elend zu vergessen. Nie war er voll stolzer Freudeber das Geleistete.Wieviel Blut flo an diesem I Mai der Roten Wieviellebens-langes Elend brachten diese Maifeiern,wieviele Streiks gab esihretwegen, wie viele Aussperrungen. . . . .

    Die Welt, die wir schufen 23Heute scheint uns das allesunfabar, begreifen wir esnicht mehr.Aber nur in Deutschland ist der I Mai bisher zum nationalenFeiertag, zum Festtag der Volksgemeinschaft geworden, be-kundet er seit 1933 aller Welt sichtbar, da die Arbeit Regentinunseres ffentlichen und privaten Lebens ist.Ein nationales Fest der Arbeit, ein Fest der Gemeinschaft stattdes Klassenhasses aber, was das eigentlich heit, welche gewaltige

    Wandlung des Denkens wie des materiellen Lebens das in sichschliet, das wird erst klar, wenn man sich an den Ursprung desWortes Arbei te erinnert, wenn man wei, da es vom mittel-hochdeutschen arebeit- kommt, das Mhsalc und Not- be-deutete. Jahrhunderte des Kampfes, gewaltige technische Er-findungen und tiefgreifende geistige Revolutionen waren ntig,um den alten Sinn des Wortes zu verdrngen, um Arbeit zurFreude zu machen, aus der Mhsal schpferische Lust. DerGlauben, da Arbeit nichts als Bue fr die Erbsnde sei, Vor-bereitung auf das Jenseits, mute ebenso wie der grenzenloseMaterialismus des 19. Jahrhunderts berwunden werden.I Jedes Volk arbeitet nach seiner Art. Der Griff, womit es dieArbeit anfat, der Blick, mit dem esdas Wesen der Arbeit erkennt,das Ma, nach welchem es Flei, Talent und Erfolg wertet, sindUrkunden seiner tiefsten Charakterzge.s Das schrieb der deutscheSoziologe Wilhelm Heinrich von Riehl schon 1861 nieder. Aberniemand kmmerte sich um Riehl, alles horchte auf Marx, dierein materialistische Bewertung der Arbeit blieb fast ein Jahr-hundert lang vorherrschend. DieArbeit wurde nach den geleistetenArbeitsstunden geschtzt, nicht nach ihrem ethischen Gehalt, nichtals Ausdruck des Volksgeistes. Arbeit, das war fr den einen dasMittel, den Lebensunterhalt zu gewinnen, fr den anderen, durchfremde Kraft reich zu werden. Noch in einem deutschen Lexikon

    aus d.~mJahre 1928 wird Arbeit definiert als eineKraftbettigungzur Uberwindung eines Hindernisses bei der Verfolgung einesZwecks ... In einem Nachschlagewerk des Jahres 1936 aber heit es:Arbeit: jeder zielbewute Einsatz geistiger oder krperlicherKrfte fr ein Werk, das - sei es in einem noch so geringenMae - dem Ganzen des Volkes dient. Die Wertung der Arbeiterfolgt einzig nach der Leistung, die durch sie fr die Gesamtheitvollbracht wird. Als diese Definition zum Leitsatz der deutschen Staatsfhrunggeworden war, da gab es nur mehr eine Grenze unserer Macht:

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    13/193

    24 Sieg der Arbeitunsere Arbeitskraft. Da hatten wir uns losgelst vom Aberglaubenan das Gold, an das Eherne Gesetz von Angebot und Nach-frage, von all den Axiomen, die die Reichen aufstellten, um dieArmen ewig arm zu halten. Da hatten wir uns frei gemacht vomSpekulantentum der Brsen und Banken, da war die Arbeit wiederzum wichtigsten und kostbarsten Produktionsfaktor geworden.Endlich hatten wir den Geist der Geldhndler berwunden.

    Fremd war er dem gesunden Teil unseres Volkes ja immer schongewesen, zur Zeit des blhenden mittelalterlichen Handwerksnicht anders als zur Zeit, da sich aus dem Chaos, das der Dreiig-jhrige Krieg hinterlie, der Kern des neuen Reiches bildete,Preuens Aufstieg begann. Es ist wie ein Symbol, da Drfer imWarthebruch Ceylon und Sumatra heien, Saratoga, Quebeck undJamaika: Das Preuen des 18. Jahrhunderts machte hier aus weg-losen Smpfen fruchtbares Land und nannte es nach den reichenKolonien der anderen. Es arbeitete, whrend die anderen in dietropische Ferne und Flle schwrmten. Und wenn es hier auchnur steinerne Mohren auf den Brunnen gab, keine Gewrze undkeinen Tee und keine rauschende Seide, in unserem Ceylon undJamaika wuchs ein Geschlecht heran, das das arme Preuen zummchtigen Grodeutschland ausweiten half. Hier wurde die neueWelt der Arbeit geboren.Welche Art von Welt ist das?Unter welchen Wehen entstand sie, was sind die wichtigstenEtappen ihrer Entwicklung?Wohin wird diese Welt rollen?

    IIMUSKELKRAFT

    Der Bau unserer Welt, der. Welt der Arbeit, begann mit der .menschlichen Hand, die einzigartig in der Natur ist, allen Krallen,Tatzen, Schnbeln und Hrnern unendlich berlegen, die alsTastorgan unglaublich fein, als Werkzeug unerreicht vielseitigist. Die Hand, dieses natrliche Werkzeug, schuf sich die knst-lichen: die Kraft der Hand wurde vergrert, indem man Steinezum Zuschlagen benutzte; als dann einmal ein Stein sich fand,der ein Loch besa, kam man wohl darauf, einen Stock hindurch-zustecken, und der Hammer war gefunden. Man lernte dem Steineine Schneide geben, und die Axt war geschaffen. Man schrfteFeuerstein an zweiKanten, spitzte ihn zu und besa die Spitze desSpeeres. Mit der Spitze und Schneide aber war die Muskelkraftvervielfacht und der Machtbereich des Menschen entscheidenderweitert worden. Man brauchte das Wild nicht mehr mit denHnden zu berwltigen, ihm auf Krperlnge nahezukommen,man konnte Pfeil und Speer auf immer grere Entfernungen be-ntzen. Die Kraft war beweglich geworden.So wichtig es gewesen war, die Krperkraft des Menschen aufeinen kleinen Punkt, auf ein Ziel konzentrieren zu knnen, sowichtig war es, sie zu multiplizieren, die Krperkraft mehrererMenschen zu einer Arbeit zu vereinen. Das erlaubte der Hebe-baum, jenes scheinbar so einfache Werkzeug, das aber mehr dazubeitrug, das Bild der Erde zu verndern, als manche ungleichkomplizierteren. An den Hebebaum konnten sich zehn, zwanzigund mehr Menschen hngen, so ihre Krfte zusammenwirkenlassen; sie konnten schlielich Hnengrber wie Pyramiden bauen.hnlich wie der Hebebaum wirkte die Entdeckung, da manTierhute zu langen, dnnen Riemen zerschneiden, da man dieseRiemen durch Zusammendrehen verstrken konnte, da schlie-lich auch aus Pflanzenfasern zusammengedrehte Seile es ermg-lichten, Lasten zu bewegen, die zum Tragen zu schwer waren.Allerdings mute zu diesen Erfindungen, die die Kraft der Handgewaltig erhhten, erst noch eine andere kommen, bevor sie ihrewahre Wirkung erhielten: zum Werkzeug mute die Sprachetreten. Der Mensch mute lernen, sich mit seinesgleichen zu ver-stndigen, er mute mhsam lernen, gemeinsam zu arbeiten,bevor er wahrhaft mchtig wurde, Denn immer schon war nichtnur die Einzelleistung, sondern die Zusammenarbeit entscheidend.Man trumte wohl davon, als einzelner bestehen zu knnen, frei

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    14/193

    2 6 Sieg der Arbeitvon Bindungen und Reibungen. Aber schon in der Geschichtevon Adam wird dessen Umwelt verndert, um das Alleinbestehenglaubhaft zu machen: im Paradies gab es keine feindlichen Tiere,keine Unbilden der Witterung, keinen Hunger und keine Natur-katastrophen. Die Geschichten von Robinson mssen i~meben~allsHelfer zugestehen: Robinson kann nur deshalb allem auf einerInsel leben. weil er Kenntnisse besitzt, die alten Gemeinschaftenentstammen, weil er das Strandgut seines Schiffeshat, Werkzeugeund Vorrte. Die Einsiedler und Asketen, die es heute gibt, sindnoch viel abhngiger von ihren Mitmenschen als die Robinsone.Nur durch die Arbeit der anderen und durch deren Mildttigkeitbleiben sie am Leben.In Sprache, Hebel, Seil und Waffen waren also Werkzeugeder Gemeinschaft gefunden, war planmiges Tun mglichgeworden. Damit war es aber auch mit der zgellosen Freiheitdes einzelnen vorbei, damit begann das soziale Problem. Zuerstwaren Ausdenken und Ausfhren verquickt gewesen. Jetzt kames zur Trennung zwischen Plan und Hand, zu Fhrerarbeit undausfhrender Arbeit. Je bedeutsamer und umfangreicher die ge-meinsamen Arbeiten wurden, desto grer war der Anreiz zurSklaverei.Auch der bergang zur intensiveren Bodennutzung fhrte indiese Richtung. Durch den Ackerbau wurden die Menschen se-haft; erst seit sie Getreide zu bauen verstanden, konnten sie sichrasch vermehren, denn jeder Hektar Weizen ernhrt ja mehrMenschen als zehnmal soviel Weideland oder ein dreiig- bisfnfzigmal so groes Jagdrevier. Wie die Geschichte des Getreidesuntrennbar mit unserer Kulturgeschichte verbunden ist, so auchmit Ausbeutung und Unterdrckung. Der Ackerbau ist sicherlicheine Erfindung der Frauen, lange arbeiteten sie allein auf denFeldern, bei allen primitiven Vlkern tun sie esnoch. Dann wurdendie cker zu gro fr die Frauen, und seither gibt es Sklaverei.Kein Jger machte Gefangene, denn das waren unntze Esser;aber zum Ziehen des Pfluges, zum Hacken und Roden warenGefangene gut zu gebrauchen. Als Ackerbauer waren Sklavenrentabel.Aber nicht nur Gefangene fremder Stmme wurden zu Sklavengemacht. Die Sklaverei ist uralt, und von Anfang an scheint es,als ob sie jeden getroffen habe, der irgendwie im Lebenskampfunterlag, fremden wie eigenen Volksgenossen. Wer im alten Romin Schulden geriet und sie innerhalb einer gewissen Zeit nicht

    Muskelkraft 7tilgte, kam als persnliches, unfreies Eigentum an den Glubiger,der fortan ber sein Leben genau so wie ber seine Arbeitskraftverfgte. Viel frher schon wurden berall dort, wo die Herr- .sehenden sich als von Gott eingesetzt ausgaben, wo die Knigealles Land fr sich in Anspruch nahmen, die, die es bebauten, zuihren Schuldnern, zu Leibeigenen oder Frondienstpflichtigen.Seit undenklichen Zeiten gibt es nicht nur Kampf zwischen ver-schiedenen Gruppen von Menschen, sondern auch Kampf inner-halb der Gemeinschaften. Als man so weit gekommen war,technische Hilfsmittel fr die Zusammenarbeit zu bentzen, dabegann das groe Auseinanderstreben, die unheilvolle, erst heutewieder langsam berbrckte Kluft zwischen Arbeitern der Stirnund Arbeitern der Faust, zwischen Herrschenden und Gefhrten.

    Die Jahrtausende der SklavereiSklave ist ein Mensch, der vllig unfrei und das Eigentumeines anderen ist: Diese allgemein bliche Definition ist kurzund bndig, aber wenn wir untersuchen wollen, welche Rolle

    die Sklaverei in der Geschichte unserer Welt spielte, gengt sienicht. Es kommt darauf an, wasder Besitzer der Sklaven mit seinemEigentum tat. Nicht nur weil das Leben gewisser Sklaven im altenRom zweifellos angenehmer war als das vieler malaiseher Minen-arbeiter des 20. Jahrhunderts, weil es Sklaven, die als Hausrzteoder Hauslehrer antiker Millionre dienten, besser ging als heuteso manchem freienArbeiter gewisser Lnder. Die Verwendungs-art der Sklaven ist entscheidend, weil sie zugleich das Schicksalihrer Herren entschied. Ob sie als Handwerker gebraucht wurdenoder als Gladiatoren, ob ihre Leistung allen zugute kam oder nureinigen wenigen, die sich mit ihrer Hilfe zum Schaden der Allge-meinheit bereicherten, das war fr den jeweiligen Zustand derStaaten entscheidend, nicht die Sklaverei an sich.Bis zum dritten vorchristlichen Jahrhundert war die Sklavereisozusagen ein persnliches Problem gewesen: die Siedlung, diesich nicht zu verteidigen verstand, lief Gefahr, geplndert zuwerden; ihre Bewohner, die jung und krftig und irgendwie be-sonders kunstfertig waren, wurden Sklaven der Sieger. Man hieltsie gut, weil sie einen Wert darstellten; oft wurden sie nach einpaar Jahren freigelassen, weil es vorteilhafter schien, sie durchHeirat an die Familie zu binden. Die Zahl der Sklaven blieb in denorientalischen Staaten wie in Griechenland und Rom lange Zeitgering.

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    15/193

    28 Sieg der Arbeit2.41 vor Christus, als Rom Sizilien eroberte, wurde das anders.Bis dahin hatten die Rmer nie gekmpft, um zu vernichten,sondern um ihr Reich zu strken. Die neuen Provinzen konntennicht entvlkert werden, man wollte die Besiegten zu Freundenmachen, gab ihnen sogar Stimme in der Regierung und das Recht,in Rom Handel zu treiben und sich dort zu verheiraten.Nach dem ersten Punischen Krieg, angesteckt vom Geist der

    Karthager, wurde dieses Prinzip von den Herrschenden durch-brochen und damit erst die Sklaverei zum Fluch. Damit begannsie auch, ihr erstes Opfer, das Rmische Weltreich, zu fordern ...Sizilien war dem Reich nicht angeschlossen worden, manmachte seine Bevlkerung nicht zu Brgern, sondern zu Sklaven.Theoretisch wurde sieBesitztumdes rmischen Volkes, praktischarbeitete sie fr Roms Statthalter.Im Falle Siziliens hatte es sich noch gelohnt, zumindest einenTeil des Arbeitsertrages der Besiegten nach Rom zu schicken, warnoch Nachfrage nach Getreide, l und Wein vorhanden. Aberdann wurden auch Korsika und Sardinien, Spanien und Make-donien rmisch, dann stand Rom der Reichtum der libyschenKornebenen zur Verfgung. Als Rom zum Weltreich wuchs,wurden die Entfernungen zur Metropole bald so gro, da nurmehr Luxuswaren aus den eroberten Provinzen verfrachtet wer-den konnten. Nach wenigen Jahren waren alle Vorrte an Edel-metallen ausgeplndert, in Britannien und Germanien fand sichberhaupt so gut wie kein Gold, gab es auch kein nennenswertesKunsthandwerk. Schlielich blieb nur mehr eines: Die Sklavenselber als Geld zu verwenden, statt Korn und Wein Menschennach Rom zu senden. Grund und Boden lt sich nicht weg-tragen, ebensowenig Huser, also sandte Csar Sklaven nachRom, machte man Sklaven zum Tausch- und Zahlungsmittel.Zuerst einige Hundert, dann viele Tausend; schlielich wurdenHunderttausende von Sklaven nach Italien getrieben.Schon das Getreide Siziliens und Nordafrikas war eine schwereKonkurrenz fr die freien Bauern Roms gewesen, aber da hattenwenigstens die hohen Frachten noch etwas Schutz geboten. Alsman begann, Sklaven auf Italiens Feldern arbeiten zu lassen, dawar die Verelendung der Herren nicht mehr aufzuhalten. DieSklaven der Latifundien ruinierten die buerlichen Brger, derenVorrecht und Pflicht der Kriegsdienst war. Whrend dieseBauern-krieger in der Fremde neue Provinzen eroberten, verfielen ihreGter, wurde aus ihren Feldern Weideland. Selbst wenn heim-

    Muskelkraft 29kehrende Soldaten wieder Ernten einbrachten, konnten sie mitdenen der Sklavenhalter nicht mehr konkurrieren. Zwei Gene-rationen nach dem Sieg ber die Karthager schon konnte einRedner dem Volk von Rom sagen: Diewilden Tiere, die berItaliens Felder streifen, haben doch ihre Hhle und ihr Lager, ihraber, die ihr fr Italien in den Tod geht, habt nichts als Luft undSonne. Man nennt euch die Herren der Welt, und doch habt ihrkeinen Fubreit Erde, den ihr euer eigen nennen drft ... Die Sklavenarbeit hatte die Bauern ruiniert, bald konnte es alsoauch keine Bauernkrieger mehr geben, Soldaten, die von ihrenFeldern lebten, fr Ehre und Gre ihres Landes kmpften.AusVolksheeren muten zwangslufigSldnerheerewerden. Offengeschah das 106 vor Christus, als Marius zum Konsul ernanntwurde und fr den Feldzug in Afrika bezahlte Truppen verwen-dete. Damit begann auch gleich eine neue Phase des rmischenNiedergangs, denn Marius dachte nicht daran, seine Sldner nachdem Sieg zu entlassen, er bezahlte sie weiter und blieb dafr ander Macht. Was Marius konnte, glaubte sein Unterfhrer Sullaebenso zu knnen; nun begannen die Kmpfe zwischen den ver-schiedenen rmischen Heerfhrern. Solange das alte Rom be-stand, hrten sie nicht mehr auf. Zu den Kosten der Eroberungs-kriege kamen die Verwstungen der Brgerkriege, der allgemeineRuin war nur mehr eine Frage der Zeit. Die Sklaven hatten ge-siegt, indem sie ihre Herren auf das eigeneNiveau herabdrucktenund schlielich die durch Arbeit gesthlten, gesnderen undenergischeren selber zu Herren ber die durch Nichtstun undLuxus Verweichlichten wurden.Als ihre Zahl immer grer wurde, besonders unter Csar, alssie schon zwei Drittel Roms ausmachten, hatte man den Sklavendas Tragen uerer Kennzeichen verboten, wollte man ver-hindern, da sie sich ihrer Macht bewut wrden. Die Brand-marken - aus denen sich spter Stempel einer Art Zwangs-innung entwickelt hatten, um die Sklaven in den Berufen zuhalten, in denen man sie am ntigsten brauchte - verschwanden.Mit den ueren Merkmalen des Sklaventurns verschwand aberlangsam auch der Sklavengeist. Lngst hatte man schon Gesetzeerlassen mssen, denen zufolge jede freie Frau Roms, die sichtrotz Warnung dreimal einem Sklaven gegeben hatte, dem Eignerihres Liebhabers als Sklavin verfiel. Aber diese Gesetze wurdenmiachtet wie alle anderen. Im Rom des zweiten christlichenJahrhunderts waren schon die meisten hohen Staatsmter in den

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    16/193

    3 Sieg der ArbeitHnden von Sklaven; sie konnten auch auf eigene RechnungBauern oder Handwerker sein, rzte, Lehrer oder Grokaufleute.Sie konnten es Zu gewaltigen Vermgen bringen, selber einegroe Zahl Untergebener haben, unter diesen auch Freie. Schlie-lich gab es Sklaven im wahren Sinne des Wortes berhauptnicht mehr.

    Sklaven als Arbeiterheere, als wichtigste Handelsware und un-entbehrliche Muskelenergie gab es erst wieder zur Zeit der Ent-deckungen. Fr Europa wichtig wurden sie erst wieder im16. Jahrhundert, bei Beginn der kolonialen Expansion.

    Als Europa damals begann, ber seine eigenen Grenzen hinaus-zuwachsen, als die ersten Weien nach Asien und Afrika kamen,da fanden sie sich einem Problem gegenber, das auch heutenoch nicht gelst ist: die Abhngigkeit der Arbeitskraft vomKlima.Nur in wenigen Teilen der Welt vermgen Weie voll ihreArbeitskraft einzusetzen, knnen sie ohne umfassende rztlicheVorsorge dauernd leben. Wo dieses gnstige Klima herrscht,versuchte man, das Land ohne Volk zu erobern. In Nord-amerika wie in Australien und Neuseeland rottete man die Ein-geborenen aus, nicht nur um ihr Land zu bekommen, sondernauch, um die Konkurrenz gegenber den weien Siedlern aus-zuschalten.In den Gebieten, in denen die Kolonisatoren des Klimasw~gen nicht schwere Arbeit leisten konnten, versuchten sie, dieEIngeborenen am Leben zu erhalten, um sie als Sklaven zu ver-wenden. In Westindien und in den Kstengebieten Sdamerikasgelang das eine Zeitlang, aber dann brachte Raubbau an den Men-schen die eingeborenen Arbeitskrfte zum Versiegen, und man

    mute die dritte Kolonisationsmethode anwenden, Volk ohneLand erobern: Fast vier Jahrhunderte lang wurden Sklaven-jagden in Mrika veranstaltet. Afrika hat wenig gute Hfen; esbesa keine sichtbaren Reichtmer, seine Erzeugnisse locktennicht zum Erobern des Landes. Wohl aber lockten die krftigenNeger.Die Portugiesen als bedeutendste Seefahrernation waren auchdie ersten Sklavenhndler dieser Epoche. Um so mehr, als dasschwach bevlkerte Mutterland neue Arbeitskrfte als Ersatz frdie Matrosen und Krieger brauchte: um 1500 wurden schonetwa 2000 Neger jhrlich in Portugal eingefhrt. Das Geschft

    Muskelkraftlohnte sich, denn 1446 verkauften die Huptlinge am Senegal25 bis 30 Sklaven fr ein altes Pferd, 1460 bekam ein Hndler amKongo sogar einmal 22 Sklaven fr einen fetten Hund. Immermehr Schwarze wurden also gekauft, und so waren 1551 schon10 der Bevlkerung Lissabons Sklaven; die Landarbeit wurdeim Sden nur mehr von Negern geleistet.Da trotzdem Portugal nicht vernegerte, hat seinen Grund inder Entdeckung Brasiliens, in der Erkenntnis, da die Sklaven-arbeit in den Kolonien, in Lndern, die bis zu drei Ernten im Jahrermglichen, weit gewinnbringender sein mute als auf demkargen Boden des Mutterlandes. Nachdem Versuche mit Zucker-rohrplantagen auf Madeira und in Westindien erfolgreich waren,begann die Erschlieung Brasiliens, und dadurch wurde der Stromder Schwarzen von Portugal abgelenkt und nach Amerika ge-leitet. 1517 hatte der Papst feierlich sein Einverstndnis erklrt,und so gab es siebzig Jahre spter allein inBahia schon 12000 Skla-ven. 1624, als die Hollnder Nordostbrasilien besetzten, war dasLand von den schwarzen Arbeitskrften schon so abhngig, dasie auch die westafrikanischen Kolonien Portugals erobernmuten, da die Jagdgrnde fr Sklaven und ihre Arbeitspltzenur in ein und derselben Hand Wert hatten. Mindestens 3,1 Mil-lionen Neger wurden zwischen 1535 und 1852 nach Brasilienverschifft.Ganz hnlich wie in Portugal entwickelte sich der SklavenhandelSpaniens. Um die Verluste auszugleichen, die der Kampf gegendie Mauren brachte, hatten schon zu Anfang des 15. JahrhundertsStdte wie Huelva, Palos, Moguer und Lepe Sklaven teils aus demwestlichen Afrika, teils aus Portugal eingefhrt; fu Sevilla gab eseinen groen Markt schwarzer Arbeiter, ber ganz Sdspanienwaren sie verbreitet. Als dann zweihundert Jahre nach PortugalSpanien seine groen Kolonien errang, hatte es zuerst versucht,mit den eingeborenen Arbeitskrften, mit den Indianern, auszu-kommen. Nach der Besitzergreifung Amerikas hatte jeder SoldatRecht auf einen Teil der Beute: er bekam ein Stck Land und dasBesitzrecht ber die darauf lebenden Menschen. Da diese Arbeiterwertvoll waren, brachte man sie nicht mutwillig um. Aber dafrrichtete Unkenntnis Verheerungen an. Die nackten Eingeborenensollten Christen werden und als solche Kleider tragen. Durch dieungewohnte Kleidung wurden sie empfindlich; beim Arbeitenkamen sie in Schwei, und Erkltungen, Lungenentzndungenrafften Unzhlige hinweg. Viele Landeigentmer zogen es vor,

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    17/193

    32 Sieg der Arbeitihres Indios statt auf den Feldern in Bergwerken arbeiten zulassen; man brachte Tiefenbewohner in hochgelegene Orte, undso nahm die Sterblichkeit weiter zu. Die Arbeitsmenge blieb diegleiche, und deshalb wurden die berlebenden immer mehr ge-hetzt. Schlielich verzweifelten sie, und es kam zu Massenselbst-morden. Die Indios wollten keine Kinder mehr, um diesen dasSklavendasein zu ersparen; eskam sogar soweit, da ganzeDrferfreiwillig in den Tod gingen. Besonders auf Haiti und Kubaveranstalteten die Indios ein letztes, groes Festessen und trankennach einer durchfeierten Nacht vergifteten Schnaps....San Domingo hatte 1508 eine Bevlkerung von 60000 Ein-geborenen. 1515 waren es noch 14000. In Haiti betrug die Be-vlkerung im Jahre 1507 ein Zwanzigstel derer von 1492. Solltendie reichen Besitzungen nicht verlorengehen, mute man sichnach neuen Arbeitskrften umsehen. Deshalb schrieben 1517 diePriore des Stiftes San Geronimo auf San Domingo im Namen derKolonisten an den spanischen Knig und erklrten ihm, nur dieEinfuhr groer Massen von Negern knne die Kolonien nochretten.Spanien hatte den Sklavenhandel zuerst seinen eigenen Schiffenvorbehalten wollen, 1501 hatte Ferdinand von Aragonien einentsprechendes Edikt erlassen. Aber diese Zufuhren gengtennicht, und so hatte Portugal Lieferungsvertrge erhalten; Karl V.erteilte 1517 Einfuhrlizenzen fr Negersklaven an die Nieder-lnder. Ein Jahr spter sicherte sich der Gromeister La Bresaein Monopol fr die Sklaveneinfuhr nach Westindien und ver-kaufte es fr 25000 Dukaten an Genueser Hndler weiter:4000 Neger jhrlich sollten verfrachtet werden. Ein Vielfachesder erlaubten Zahl wurde wirklich eingefhrt. Riesige Gewinnelockten, und so dauerte es natrlich nicht lange, bis man umdas Recht der Sklaveneinfuhr Kriege fhrte.Treibende Kraft war dabei England, das hier sehr spt insGeschfte gekommen war. Erst 1554 kam John Lock mit denersten fnf Negersklaven aus Guinea in England an, und einweiteres Jahrzehnt verging, bevor John Hawkins 300 Sierra-Leene-Sklaven nach Haiti schmuggelte. Als er heimkam, wurdeer der Knigin vorgestellt, der Hof beteiligte sich an seinerzweiten Sklavenreise; die jesus von Lbeck, eins der bestenHanseschiffe, wurde gekauft, wieder wurden Riesengewinne ein-geheimst. Am Ende des 16. Jahrhunderts waren die KaufleuteBristols und Londons auf allen Sklavenmrkten zu finden, unter

    Ob T' mph der menschlichen Muskelkraft. Eine sieben Meter hohe Statue wirdeil I. rruim alten Agypten vom Steinbruch zur Grabkammer befrdert. Das aus der Grotte vonBersheh stammende Relief zeigt, wie der auf den Knien der Skulptur stehende Werk-fhrer den Takt zu einem rhythmischen Arbeitsgesang klatscht, whrend unter ihm einMann l auf die Schlittenbahn giet, um das Gleiten zu erleichtern. (Sammlg. Handke)

    Villen 2.Die Hilfe der Tiere. Nachdem die tierische Muskelkraft sehr lange so gut wieunausgenutzt blieb, weil man sie nicht bertragen ko~nte, wurde um 200 v. ehr ' ,derGpel erfunden und damit eine der wichtigsten Arbeiten, das Mahlen des Getr~lde~,durch Tierkraft mglich. Das Bild zeigt eine Kornmhle aus dem Jahre 1606 Wie SIeder spanische General Spinola auf seinen Kriegszgen mitfhrte. (Sammlung Handke)

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    18/193

    Oben: 3. Afrikanischer Sklaventransport im Jahre 1880. Die brutalen Methoden libera-listischer Wirtschaftsgesinnung, fr die auch der Mensch nur Ware ist, gehren nochnicht allenthalben der Vergangenheit an. Praktisch gibt es noch zwei Millionen Leib-eigene auf der Welt. De jure wurde der Sklavenhandel in Brasilien erst 1888 abgeschafft,in Sdchina erst 1927, in Nepal 1924, in Athiopien 1923. (Historischer Bilderdienst)

    Unten : 4. Amerikanische Sklavenversteigerung in Richmond, Virginia, Sdstaaten von USA., 1861. Nach einem franzsischen Holzschnitt. (Sammlung Handke)

    Muskelkraft Karl II. wurde des Segens wegen sogar eine Erinnerungsmnzegeprgt, das nach Guinea benannte Goldstck, das einen Schillingmehr wert ist als das Pfund. Aber wenn die Gewinne dieser eng-lischen Sklavenhndler auch beraus bedeutend waren, so warensie doch sehr unsicher, denn die Englnder hatten keine Einfuhr-lizenzen; sie waren stndig in Gefahr, von spanischen Kriegs-schiffen abgefat zu werden. Beamte muten bestochen werden,stndig war man in Angst vor mchtigeren Konkurrenten.Nur zu bald erwies sich als ein solch bermchtiger Gegner dasFrankreich Ludwigs XIV. Seit die Sklaven statt ins Mutterlandin die Kolonien gesandt wurden, hatten Spanien und Portugalschwer unter dem Mangel an Arbeitskrften zu leiden, die Wirt-schaft lag darnieder, und dieNot fhrte zu unerhrter Korruption.Diese Zustnde ntzte in Spanien vor allem Frankreich aus.Neben politischen Vorrechten sicherte sich Ludwig XIV. auchwirtschaftliche, und schlielich gelang es der franzsischenGuinea-Gesellschaft sogar, ein Monopol auf zehn Jahre fr denSklavenhandel nach allen spanischen Kolonien zu erhalten. Frank-reich wollte durch Spanien sich zum Herrn Westindiens machen.

    England hatte dem nicht tatenlos zugesehen, es brachte 1701die Groe Koalition zustande, ein Bndnis mit Holland, Portugal,Preuen und sterreich; es kam zum Spanischen Erbfolgekrieg,der besser Englischer Sklavenkrieg heien wrde. Als dieserberaus blutige Krieg 1713 durch den Frieden von Utrecht be-endet war, hatte England nicht nur in Gibraltar und auf MenorcaFu gefat, sondern Spanien mute ihm auch das Monopol frden Negerhandel auf dreiig Jahre bertragen. 15000 Schwarzewurden schon in den ersten Jahren nach diesem Friedensschluan die spanischen Kolonien Amerikas verkauft. Allein Liverpool,von dem man nicht mit Unrecht sagte, da es mit Negerschdelngepflastert sei, verdiente 1732 an 22720 Negern 4292000 Mark.Auf diesem seinemHhepunkt wurde der Sklavenhandel fastausschlielich im Dreieckverkehr betrieben: Die Schiffe brach-ten Eisenbarren, Messer und Glasperlen, billige Baumwollwarenund Spiegel, vor allem aber riesige Mengen Rum von Europanach Mrika und tauschten dafr Sklaven ein. Sie fuhren weiternach Kuba oder anderen westindischen Hfen, verkauften dortihre Sklaven und luden besonders Zucker. Aus dem westindischenZucker wurde Rum gemacht und der Rum wieder nach Afrikageschafft. Die Neger, die mit Rum gekauft waren, erarbeiteten aufdem Umweg ber die Zuckerplantagen wieder Rum Es ging~ ZI SIEG

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    19/193

    ;6 Siegder Arbeitausschlielich um die Gewinne derer, die den Kreislauf in Ganghielten ...Verglichen mit den reichen, ~utentwickelten. spanisc~en Ko-lonien, waren die englischen Niederlassungen In Amerika se~rlange nur Kunden zweiten Ranges gewesen, aber 1662 hatte dievom Herzog von York gegrndete Company of Royal ~dve?-turers trading with Africa doch einen Vertrag unterfertigt, l.ndem sie sich verpflichtete, jhrlich 3000 Negersklaven an dieenglischen Kolonisten zu liefern. Bis zum Ende des Jahrhundertslieferte sie sogar 140000 Sklaven, auerdem beso.rgten unab-hngige englische Hndler, S~hmug.gler also,. weitere 160000,denn inzwischen stellten auch die englischen Besitzungen Massen-erzeugnisse her und konnte~ die Skl~ven in der Pla?tag~nwirt-schaft einsetzen. Whrend die Portugiesen und Spanier sich aufZuckerrohr konzentrierten, hatten weitsichtige Englnder mitdem Baumwollanbau begonnen. Besonders der General Ogle-thorpe drang auf die Kultur der Faser, als er 17~3.Georgia - denheute zweitwichtigsten Baumwollstaat der Vereinigten Staaten -in Besitz nahm.Mit der neuen Anwendungsmglichkeit stieg die Nachfrage,stiegen die Preise der Sklaven: Zwischen. 1740 und 1840 ~erzehn-fachte sich ihr Wert die Sklavenhndler Jubelten. Aber die hohenPreise waren auch eine Gefahr. Da eine mittlere Plantage 150 biszo Neger brauchte, eine grere mindestens 300, wa:en j~tztKapitalien ntig geworden, die der Siedler und Kolorust ruc~tbesa. Aus der Unzufriedenheit dieser Kolonisten aber wuchs dieAntisklavereibewegung. Gerade als das Geschft in SchwarzemElfenbein ganz gro zu werden schien, als ~an bi~zu 200~ Markfr einen krftigen Neger bekam, whrend im antiken Griechen-land ein Arbeiter nur 100, selbst ein hervorragender Handwerkernur 500 Mark kostete, zeigten sich gefhrliche Widerstnde. .Nun hatte es natrlich auch schon frher Mnner gegeben, dieaus religisen und allgemein mens~hlichen Grnden g~gen dieSklaverei Propaganda trieben. Aber Ihre Aufrufe waren wirkungs-los geblieben, und auch die Unzufriedenheit der Kolonisten ht~ewohl wenig Eindruck gemacht, wenn sie sich nur ge~en dieSklaven und nicht noch mehr gegen die Hndler, gegen die Eng-lnder berhaupt gerichtet htte. Aber in den Kolonien grte esschon seit langem, sie sahen sich in allem von London ausge-plndert die amerikanischen Siedler erkannten genau, da berden Umweg des Sklavenhandels England alle Gewinne einsteckte.

    MuskelkraftEngland merkte die Gefahr, wute, da es sich nach Ersatzumsehen mute. Kolonien sind gleich Frchten, die nur biszur Reife am Baum hngen bleiben, hatte Turgor 25 Jahrevor der amerikanischen Unabhngigkeits erklrung geschrieben.Und manche Regierende in London gaben ihm recht und trafenVorsichtsmanahmen. Da 1773, als es zum Bostoner Tee-sturm kam, als die Boykottbewegung gegen englische Warenin Amerika ihren Hhepunkt erreichte, J ames Bruce bis zu denNilquellen vordrang, die ersten Berichte nach England kamen,die die Aufmerksamkeit auf das noch unerforschte Afrika lenk-ten, das war durchaus kein Zufall. Und diese Berichte warenentscheidend fr die Haltung Londons in der Sklavenfrage,sonst nichts.In Amerika waren alle Befrchtungen Englands noch ber-troffen worden: 1777 hatten bei Saratoga die Aufstndischenden General Bourgoyne und 6000 Mann gefangen, und im gleichenJahr schaffte der neugegrndete Staat Vermont Sklavenhandel undSklaverei durch Gesetz ab, um den englischen Handel entschei-dend zu treffen. Andere nordamerikanische Staaten hieen denSchritt gut, und so konnte 1780, als William Wilberforce insUnterhaus eintrat, um seine der Abschaffung der Sklaverei ge-widmete Laufbahn zu beginnen, kein Zweifel mehr darber be-stehen, da die amerikanischen Kolonien verloren waren, auchauf dem Umweg ber den Sklavenhandel keine Tribute mehrbringen wrden. Als 1781 auch noch der britische Oberbefehls-haber selber mit 7000 Mann gefangen wurde, blieb London nichtsanderes brig, als ein Jahr spter die Vereinigten Staaten anzu-erkennen und sich ein neues Kolonialreich aufzubauen.Hierfr blieb praktisch nur Afrika brig, und deshalb wurde1788 in London die Mrika-Gesellschaft({ gegrndet, um dieKolonisationsmglichkeiten zu erforschen. Ein Jahr frher ent-stand die Abolition Society als Zentrum der Antisklaverei-bewegung, denn die beiden bedingten ja einander. Jahrhunderte-lang hatte Afrikas schwarzes Menschenmaterial den Europern inbersee ein Leben des Reichtums ermglicht. Als die Neue Weltsich von Europa lossagte, blieb nur noch der Schwarze Erdteilzu erschlieen, und wenn Afrika kolonisiert werden sollte,konnte es nur wieder mit der Hilfe der Neger geschehen. DerSklavenhandel aber hatte furchtbare Lcken gerissen. Englandmute retten, was noch zu retten war, indem es die Ausfuhrder Arbeitskrfte, die ihm sein neues Kolonialreich bauen sollten,

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    20/193

    38 Siegder Arbeitunterband. Aus den Sklavenhndlern muten Freiheitsapostelwerden, um die anderen daran zuhindern, Afrika vllig menschen-leer zu machen.Wie rasch dieser Umschwung kommen mute, wenn es nic~tendgltig zu spt sein sollte, wute England a.m besten. NIewurden ja nur die Sklaven ihrem Land entzogen, ~mmerkostetendie Jagden selbst unzhlige Opfer. Tausende gillgen auf demTransport zugrunde; noch zur Zeit Livingst?nes un~ Stanleyserreichte nur jeder fnfte oder sechste Sklaveseinen Bestimmungs-ort, und Gustav Nachtigal versichert, da auf jeden Gefangener:,der die Mrkte erreichte, vier gerechnet werden mssen, dieumkamen. Vogel, der eine Sklavenjagd in Musgu miterlebt hat,berichtet, da von den 4000 Erbeuteten nur 500 Kuka erreichten.Seit 1517, als die Genuesen den afrikanischen Sklavenhandelorganisierten, sind schtzungsweise 30 Millionen Afrikaner nachAmerika verkauft worden; mindestens hundert Millionen Men-schen also wurden dem Schwarzen Erdteil entzogen. HundertMillionen betrug der unmittelbare Menschenverlust Afrikas, dennder Gesamtverlust ist ja noch ungleich hher. Die gesamte mnn-liche Bevlkerung weiter Landstriche wurde entfernt, wird nochheute durch Arbeiteranwerbung in vielen tropischen Gebietender Volkskraft entzogen. Die Geburtenziffern sanken und sinkenkatastrophal ...Wute die herrschende Schicht Englands gut, was die Auf-hebung der Sklaverei fr sie bedeutete, so war der Umschwungdeswegen doch nicht leicht. Man konnte seine wahren Grndenicht bekanntmachen, mute sich wieder einmal das Mntelchender Menschenliebe umhngen. Man war auch untereinander nichteinig. Obwohl die an Ostindien interessierten Kreise durchausnichts dagegen hatten, wenn man so wenig als mglich Rcksichtauf Westindien nahm, so konnten diese wenigen noch ver-bliebenen Kolonien doch nicht ohne weiteres geopfert werden.Wilberforce mute gegen die Kreise kmpfen, die an Sklaven-fracht und Sklavenarbeit unmittelbar verdienten, und er hatteschlielich selbst die Kirche zum Feind, die ja immer langsam imUmdenken ist und sich hinter das in der Bibel festgelegte Rechtder Sklavenhaltung verschanzte. Die Baumwollindustrie hatteBedenken wegen ihrer Rohstoffversorgung aus den amerika-nischen Sdstaaten, tausend Wenn und Aber gab es. Dennochhatten im Jahre IS07 die entscheidenden Leute Englands all-gemein eingesehen, da es bei der Antisklavereibewegung nicht

    Muskelkraft 39um Menschenrechte, sondern um ein groes Geschft ging;weniger darum, die Sklaverei an sich abzuschaffen, als ihre Vor-teile zu monopolisieren: Nur Afrika hatte nennenswerte Reservenan Arbeitskrften. Wenn man deren Ausfuhr verhinderte, wrdensich schon Methoden finden lassen, sie fr England auch ohneausdrckliches Besitzrecht an den Schwarzen fronen zu lassen.Und so trat am 1. Januar IS0S das berhmte Gesetz ber die Auf-hebung des Sklavenhandels in England in Kraft. Um das Geschftnicht an Konkurrenten bergehen zu lassen, wurden I S 14 imFrieden von Wien Spanien ~lndPortugal gezwungen, auf allenSklavenhandel nrdlich des Aquators zu verzichten. ISI6 mutendas besiegte Frankreich den Negerhandel, IS17 Spanien, IS23Portugal den Rest ihrer Rechte aufgeben.Diese Ereignisse konnten natrlich nicht ohne Wirkung aufAmerika ~leiben. Fr die nach dem Norden der VereinigtenStaaten Eingewanderten, fr die freien Arbeiter, bedeuteten dieNeger der Sdstaaten seit jeher eine schwere Konkurrenz. DieSklaverei in den Sdstaaten bedeutete weiter, da der Nordensogut wienichts von seinerraschwachsenden Industrieproduktionim Baumwollgebiet absetzen konnte, denn dieMillionen schwarzerArbeiter besaen ja keine Kaufkraft, die weie Herrenschlchtaber war vllig auf europische Luxuswaren eingestellt. DerNorden brauchte Rohstoffe fr seine aufblhenden Spinnereien,aber der Sden verkaufte sie lieber nach Europa, neun Zehntelder Baumwolle Sd- und Nordkarolinas, Georgias, Virginias,Tennesseesund Alabamas, Louisianasund Mississippisgingen berSee. Sollten die Baumwollschlffeleer zurckkommen? Sienahmeneuropische Fertigwaren zu so niedrigen Frachtstzen mit, da derTransport amerikaaiseher Produkte nach dem Sden teurer wurdeals der aus Europa.

    Zu den wirtschaftlichen Gegenstzen kamen parteipolitische,kam die durch die Sklavenbefreiung in Europa entfesselte Pro-paganda. Schlielich entluden sich die verschiedenen Spannungenim Brgerkrieg, der mehr als eine Million Opfer kostete, der dieStaatsschuld der Vereinigten Staaten von 90 Millionen Dollar imJahre Is61 auf 2S00 Millionen im Jahre IS65 steigen lie. Aberdie Arbeiterfrage der amerikanischen Sdstaaten lste dieser blu-tige Kampf ebensowenig wie die englischen Gesetze die Sklaven-frage Afrikas. Er leitete nur eine Wanderbewegung der Negernach Norden ein, zwang Weie auf die Felder des Sdens,whrend imNorden die Rassenfrage immer schwieriger wurde ...

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    21/193

    40 Sieg der ArbeitEs gibt keine Ketten bei uns, es gibt keine Sklavenhalter undkeine Sklaverei in unserem Land, hatte der Kampfruf der Nord-staaten gelautet. Sie hatten gesiegt und der Freiheit ein mchtigesStandbild im Hafen von New York errichtet. Die VereinigtenStaaten waren in den Weltkrieg eingetreten um der Freiheitewillen; sie hatten nach dem Weltkrieg Gesetze erlassen, die dieEinfuhr aller Erzeugnisse ausschalten sollten, die mit Hilfe von

    Zwangsarbeit zustande gekommen waren. Sie hatten das ErbeEnglands angetreten und sich zum Champion der Demokratieeund des Freihandels aufgeworfen. Aber gerade dadurch hatten sieauch ihre eigenen Baumwollarbeiter den Kolonialvlkern gleich-gestellt, die Schlagworte des Brgerkrieges als hohle Phrasenentlarvt. Die Gesetze und Proklamationen hatten nicht verhin-dern knnen, da in Amerika selber zumindest 1790000 Pchter-familien, rund 9 Millionen Menschen, in den Baumwoll-gebieten praktisch Leibeigene blieben ...C.T. Carpenter, Rektor des Woodland-College in Jonesboro,schilderte im Oktober 1935 in ScribnersMagazine die Arbeits-methoden auf diesen rund 120 Millionen Hektar, ein Fnftelder Vereinigten Staaten umfassenden, mehr als 2Millionen Farmenfolgendermaen:Dieoft tausend Hektar groen Plantagen werden an ein Heervon Pchtern zur Bearbeitung bergeben; vier bis fnf Hektarje Familie. Der Grundherr liefert eine Bretterhtte, Gespann,Saatgut und Gerte. Der Pchter leistet alleArbeit, bekommt dafrtheoretisch die Hlfte des Reinertrages der Ernte. Die Buch-haltung fhrt der Grundherr.Whrend der Zeit des Pflgens und Sens, vom 1.Mrz bis1. Juli bekommt der Pchter Vorschsse von etwa 8 Dollarmonatlich. Er bekommt sie natrlich nicht bar, sondern in Formvon Waren, ebenso die Vorschsse whrend der Erntezeit vom1. September bis zum 1. Januar. Praktisch ist der Pchter stndigin der Schuld des Grundherren.Vor dem Brgerkrieg wurde die Baumwolle von Sklaven an-gebaut und geerntet. Als die gesetzmige Sklaverei aufhrte,mute eine neue Methode gefunden werden, und es ist bezeich-nend, da binnen wenigen Jahren das jetzige System allgemeineingefhrt wurde. Seine Wirkung kann in das eine Wort Hrig-keitzusammengefat werden. Der Pchter mu gehorchen, nichtnur dem Grundherrn, sondern auch den berittenen Aufsehern,die gewhnlich bewaffnet sind und sich benehmen, als ob sie

    Muskelkraft 1Wchter eines Strflingstrupps wren. Die Pchter mssen sichdemtig fgen, sie mssen pflgen, pflanzen, behufeln, pflckenund entkrnen, wann, wo und wie es ihnen befohlen wird, mssen.aber dem Grundherren gestatten, die Ernte zu verkaufen, wannund wo es ihm beliebt. Wenn die Baumwolle verkauft ist, muder Pchter die Gewinnrechnung des Grundherren anerkennen.Vielleicht sind ihm ungeheure Preise fr die gelieferten Warenberechnet; vielleicht auch fr Waren, die er nie erhalten hat; viel-leicht sind ihm Strafen angerechnet fr etwas, was er getan oderunterlassen hat, aber ermu sich fgen. Denn dasind die Schuldenund die Furcht, auch noch die Bretterhtte zu verlieren, denn derPachtvertrag luft ja nur fr ein Jahr.Nein, Sklaverei gibt es natrlich nicht mehr in Amerika. Dafraber ist in dem herrlich freien, alle Segnungen der Demokratiegenieenden Bundesstaate Florida nicht nur praktisch, sondernauch de [ure heute noch ein Gesetz in Kraft, das dem Arbeiterverbietet, seinen Posten zu verlassen, solange er dem ArbeitgeberGeld schuldet. Wie der staatliche Arbeitsinspektor von Austin inTexas, Robert B. Grogg, im Februar 193I schrieb, besteht tat-schlich Leibeigenschaft, das heit ein Pachtsystem auf Grundvon Darlehen, das den Pchter an das Land kettet.Da es in den englischen Kolonien Afrikas nicht anders war,versteht sich von selbst. Auch dort ist die Sklaverei aufgehoben,aber man verschafft sich die Arbeit eben durch unerschwinglicheSteuern, durch Kopfgelder und Httenabgaben, Wege-, Umsatz-und Ausfuhrsteuern. Ich bezweifle, schrieb im Juni 1939 derSonderberichterstatter des Daily Expre, Morley Richards, berdie Einwohner Gambias, ob diese Nachkommen freigelassenerSklaven tatschlich ihrer Sklaverei entronnen sind: sie sind inKnechtschaft, diese schwarzen Briten, in Schulden von der Wiegebis zum Grabe ... Als im Juli 1939 - wenige Wochen vorAusbruch des Krieges gegen die Feindealles wahren Menschen-tums - der Bericht der englischen Regierungskommission ver-ffentlicht wurde, die seit drei Jahren die Ernhrungslage imKolonialreich studierte, da schrieb das gleiche Blatt: Englnder,beuge deinHaupt und liesmit Scham eine Geschichte von Hungerund Krankheit in britischem Land Die Daily Mailsagte: DerBericht ber die Ernhrungslage im KoloniaIreich gibt einenklglichen Lesestoff ab. Er bietet ein furchtbares Bild von Unter-ernhrung, Armut und Krankheit, das das Gewissen des eng-lischen Volkes wachrtteln mte. Niemand kann mit Stolz auf

  • 7/14/2019 Sieg Der Arbeit_Anton Zischka_1941

    22/193

    42 Sieg der Arbeitdas Kolonialreich blicken, solange die gegenwrtigen Zustndeandauern. Was milde ausgedrckt war, denn. hundertzweiund-dreiig Jahre nach der feierlichen Abschaffung der Sklaverei hattedieser Bericht der Kniglichen Kommission schlicht erklrt:Wir haben Anzeichen im berma gefunden, da die von denEingeborenen verdienten Lhne nicht ausreichen, um die Arbeiterund ihre Familien zu ernhren ...

    Nein, auer dem Wort Sklaverei war nichts abgeschafft worden.Im 20. Jahrhundert taten sogar Staaten, was dreihundert Jahrefrher nur die Pioniere des Dreieckverkehrs getan hatten: InIndochina wurden dieKulis nicht nur gezwungen, auf den Zucker-rohrplantagen zu arbeiten, sondern sie muten auch den aus demZucker gewonnenen Alkohol trinken; Da hatte im Jahre 1934das staatliche Monopol groe Vorrte liegen gehabt; es drohteein Defizit und als Folge davon ein Rffel aus Paris. Um denBranntwein loszuwerden, verfgte die franzsische Verwaltungdeshalb, da jedes Dorf, das jeMonat weniger alssieben Liter Rumfr zehn Einwohner verbrauche, des Schmuggels angeklagtwerden wrde und die Dorfltesten zu bestrafen seien. In Quang-Ngai, einer Prfektur der franzsischen Kolonie Annam, hatte dasDekret folgenden Wortlaut: Befehl, den Alkoholverbrauch be-treffend. Vom 19. Tage des 7.Monats des 9. Jahres von Bao Dai(28. August 1934): Der Tri-Phu (Prfekt) befiehlt, da in seinersechs Kantone umfassenden Zirkumskription monatlich 6200 LiterAlkohol zuverbrauchen sind. Jeder Kantonalhuptling hat deshalbdafr zu sorgen, da die Drfer fr je zehn Einwohner monatlichsieben Liter Alkohol vom Sitz der Prfektur holen kommen. DieDrfer, die mehr verbrauchen, werden belobt, die weniger kaufen,werden bestraft werden.Wie alle franzsischen Amtspapiere trug natrlich auch diesesdie schne Aufschrift Liberte, Egalite, Fraternite, Freiheit,Gleichheit, Brderlichkeit, genau wie die Berichte aus Fran-zsisch-Sornaliland, die 1934 mit allen Einzelheiten den Sklaven-handel zwischen Athiopien und Sdarabien beschrieben, demVlkerbund erklrten, warum diefranzsischen Behrden machtlosseien. Denn so wenig wie die Sklaverei selber war der Sklaven-handel verschwunden. Arabien war ein guter Markt geblieben, undso fand sich auch die Ware.Im Jahre 1934 nicht anders als zurZeit Mohammeds.Mohammed, der Stifter des Islams, hatte seine Gesetze inmanchem nach den jdischen gebildet, und er bernahm auch die

    Muskelkraft 43Regel, da es keinen Unterschied zwischen den Kindern gibt,die ein Mann mit seiner Frau oder mit seiner Sklavin zeugt. Immohammedanischen wie imjdischen Recht erbt der Erstgeborene,gleichgltig, ob er von der Magd oder der Gattin stammt.Aber whrend das jdische Ritual dafr sorgte, da keinfremdes Blut in die Rasse kam, der Jude mit seinemNachbarvolknicht einmal essen und trinken durfte, wollte Mohammed seineReligion leicht machen; er lie alle rassenmigen Beschrn-kungen weg, und es war, wie bei der katholischen Kirche, alleindas Glaubensbekenntnis entscheidend. Die Folge davon ist, daheute Araber nur mehr in den Wsten, im Kernland um Riad,im Nedschd und den Gebirgen Yemens leben, da alle Stmmeder Ksten vernegert sind. Die Frsten fhren ihren Stammbaumauf Mohammed zurck, aber sie sind von schwarzen Sklavinnengeboren, sie gleichen in allem den Gallas Athiopiens. Denn dieGallamdchen, die noch heute bis zu 2000 Mark kosten, sind inden Augen der Araber ungleich schner als ihre eigenen Frauen.Ein glubiger Sklave soll eher der Mann deiner Tochter wer-den 'als ein unglubiger Frst, lehrte Mohammcd. Das hatte zurFolge, da es heute kaum mehr als zwei Millionen reine Arabergibt, da bis zur Besitzergreifung Abessiniens durch die Italienerder Sklavenhandel von Ostafrika nach Arabien blhte.Zwar hatte die Regierung von Addis-Abeba, als Athiopien 1923Mitglied des Vlkerbundes wurde, feierlich die Abschaffung derSklaverei versprochen. Aber das berhrte den Emir Abbu-Schiffar,der dieProvinz Dschimma und etwa 100000 Leibeigenebeherrschte,wenig, das nderte durchaus nicht die Gewohnheiten Y0-Yos, desHerrn von Aschemaro. Ihre Krieger brannten nach wie vor dieGrenzdrfer im britischen Sudan und in Kenia nieder, verkauftendie Mnner als Diener, die Frauen fr die Feldarbeit, die jungenMdchen als Konkubinen. Ein Netz von Agenten sorgte fr denTransport der Ware bis Tadjurah im franzsischen Somalilandund weiter bis Arabien. Unter den Augen der europischen Kriegs-schiffe wurden Sklavenmrkte auf der zwischen Eritrea und Sd-arabien liegenden Insel Dschebel-Zigur abgehalten, denn dieGromchte konnten sich nicht einigen, wer sie in Besitz nehmensollte; sie blieb arabisch und war damit der Polizeigewalt derEuroper entzogen.1931 schrieb