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Die Nahrung Chemie, Physiologie, Technologie 7. Jahrgang 1963 Heft 6 Sigwald Bornrner zum 70. Geburtstag Am 23. Juni 1963 feiert Professor Dr. med. SIGWALD BOMMER, Leiter der For- schungsstelle fur medizinische Ernahrungslehre an der Ernst-Moritz-Arndt-Uni- versitat in Greifswald sowie Bereichsleiter und Direktor am Akademie-Institut fur Ernahrung in Rehbrucke, seinen 70. Geburtstag. Alle Schliler und Mitarbeiter ubermitteln dem Jubilar zu diesem Tag die herz- lichsten Gliickwiinsche. S. BOMMER wurde 1893 in Dresden geboren. In Heidelberg studierte er, unter- brochen durch Kriegsdienst, Medizin und bestand dort 1919 das medizinische Staatsexamen. Als Assistent des Instituts fiir Krebsforschung in Heidelberg pro- movierte er 1921 mit der Arbeit ,,Bisherige Ergebnisse der experimentellen atiolo- gischen Geschwulstforschung". 1922 wandte sich BOMMER der Dermatologie zu, zunachst als Assistent und Oberarzt bei BETTMANN in Heidelberg und JESIONECK in GieDen. In der Lupusheilstatte in GieBen lernte er erstmals die Erfolge der Ernahrungs- therapie bei der Behandlung des Lupus vulgaris und anderer Formen der Haut- tuberkulose kennen. Dort habilitierte er sich mit einer grundlegenden und auch heute noch aktuellen Arbeit ,,Uber sichtbare Fluoreszenz beim Menschen". 1935 ubernahm BOMMER die Hautpoliklinik in der ZiegelstraSe in Berlin. Hier grundete er, nachdem er zum Professor ernannt worden war, 1938 das Institut fiir medizinische Ernahrungslehre, das den letzten Tagen der Kriegswirren zum Opfer fiel. 1950 wurde der Jubilar auf den dermatologischen Lehrstuhl der Universitat Greifswald berufen, wo er von 1954-1957 Dekan der medizinischen Fakultat war. 1958 ubernahm er den Bereich Klinische Physiologie der Ernahrung als Bereichs- leiter und Direktor am Institut fur Ernahrung in Rehbrucke. Er ist seit 1956 Mitglied der Sektion Emahrung und der Sektion Dermatologie bei der Klasse fur Medizin der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Will man das wissenschaftliche Lebenswerk des Jubilars in seiner Bedeutung fur die Zukunft der Medizin und damit der Menschheit iiberhaupt richtig ein- schatzen, so geniigt es nicht, einige seiner Arbeiten zu lesen oder landlaufige, zum Teil sogar boswillige Meinungen zu horen. Man muD sich schon die Muhe machen, in das Gesamtwerk einzudringen. Dabei wird einem die Fulle bearbeiteter Pro- bleme auffallen, darunter auch unterhaltend geschriebene Biicher, die neben dem wissenschaftlich-erzieherischen einen literarischen Wert besitzen, wie das in zwei- ter Auflage erschienene Buch : ,,Die Gabe der Demeter, Geschichte der griechischen und romischen Ernahrung". zS Die Nahrun:, Hrft 6

Sigwald Bommer zum 70. Geburtstag

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Die Nahrung Chemie, Physiologie, Technologie

7 . Jahrgang 1963 Heft 6

Sigwald Bornrner zum 70. Geburtstag

Am 23. Juni 1963 feiert Professor Dr. med. SIGWALD BOMMER, Leiter der For- schungsstelle fur medizinische Ernahrungslehre an der Ernst-Moritz-Arndt-Uni- versitat in Greifswald sowie Bereichsleiter und Direktor am Akademie-Institut fur Ernahrung in Rehbrucke, seinen 70. Geburtstag.

Alle Schliler und Mitarbeiter ubermitteln dem Jubilar zu diesem Tag die herz- lichsten Gliickwiinsche.

S. BOMMER wurde 1893 in Dresden geboren. In Heidelberg studierte er, unter- brochen durch Kriegsdienst, Medizin und bestand dort 1919 das medizinische Staatsexamen. Als Assistent des Instituts fiir Krebsforschung in Heidelberg pro- movierte er 1921 mit der Arbeit ,,Bisherige Ergebnisse der experimentellen atiolo- gischen Geschwulstforschung". 1922 wandte sich BOMMER der Dermatologie zu, zunachst als Assistent und

Oberarzt bei BETTMANN in Heidelberg und JESIONECK in GieDen. In der Lupusheilstatte in GieBen lernte er erstmals die Erfolge der Ernahrungs-

therapie bei der Behandlung des Lupus vulgaris und anderer Formen der Haut- tuberkulose kennen. Dort habilitierte er sich mit einer grundlegenden und auch heute noch aktuellen Arbeit ,,Uber sichtbare Fluoreszenz beim Menschen". 1935 ubernahm BOMMER die Hautpoliklinik in der ZiegelstraSe in Berlin. Hier

grundete er, nachdem er zum Professor ernannt worden war, 1938 das Institut fiir medizinische Ernahrungslehre, das den letzten Tagen der Kriegswirren zum Opfer fiel. 1950 wurde der Jubilar auf den dermatologischen Lehrstuhl der Universitat Greifswald berufen, wo er von 1954-1957 Dekan der medizinischen Fakultat war. 1958 ubernahm er den Bereich Klinische Physiologie der Ernahrung als Bereichs-

leiter und Direktor am Institut fur Ernahrung in Rehbrucke. Er ist seit 1956 Mitglied der Sektion Emahrung und der Sektion Dermatologie bei der Klasse fur Medizin der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.

Will man das wissenschaftliche Lebenswerk des Jubilars in seiner Bedeutung fur die Zukunft der Medizin und damit der Menschheit iiberhaupt richtig ein- schatzen, so geniigt es nicht, einige seiner Arbeiten zu lesen oder landlaufige, zum Teil sogar boswillige Meinungen zu horen. Man muD sich schon die Muhe machen, in das Gesamtwerk einzudringen. Dabei wird einem die Fulle bearbeiteter Pro- bleme auffallen, darunter auch unterhaltend geschriebene Biicher, die neben dem wissenschaftlich-erzieherischen einen literarischen Wert besitzen, wie das in zwei- ter Auflage erschienene Buch : ,,Die Gabe der Demeter, Geschichte der griechischen und romischen Ernahrung". z S Die Nahrun:, Hrft 6

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Wenn man sich als jiingerer Wissenschaftler in die Ansichten BOMMERS vertieft hat, so wird man feststellen, daB diese sehr modern sind und mit den in letzten Jahren entstandenen Tendenzen und Entwicklungen der medizinischen Forschung in verbluffender Weise ubereinstimmen. Ich meine hier das Gebiet der Fermento- pathien und StoffwechselmiBbildungen, das neuerdings sehr an Aktualitat gewon- nen hat und an seinem Bereich in Rehbriicke mit Erfolg bearbeitet worden ist.

Damit ist gezeigt worden, daB mit einer Ernahrungstherapie Krankheiten ge- heilt werden konnen, die friiher als unabwendbares Schicksal hingenommen werden muBten, wie die Imbezillitas phenylpyruvica oder die Coliakie bzw. das Sprue- syndrom. Wenn man den Stoff, der im Metabolismus solcher Kranken nicht rich- tig umgesetzt werden kann, also den Organismus belastet, aus der Nahrung fort- lafit, so kommt es zur Gesundung. Das ist das alte.Prinzip der Entlastung nicht optimal funktionierender Mechanismen, wie es auch in dem Heilfasten, Saftfasten u. a. zum Ausdruck kommt.

Anderseits konnen verschiedentlich propagierte Ernahrungsweisen mit hoher EiweiBzufuhr unter Umstanden einen nicht darauf eingerichteten Stoffwechsel so belasten, daB pramorbide, krankheitsfordernde Zustande auftreten.

Man kann die Ernahrung eines Volkes nicht dem Selbstlauf iiberlassen. Die Entwicklung der modernen Gesellschaft und Zivilisation bedarf auBerst dringend der Ernahrungsforschung aus medizinischer Sicht, wenn man schwere Zivilisations- schaden in Zukunft verhuten will. Dieses Hauptanliegen BOMMERS sei am besten durch ein Zitat aus seinem Buch ,,Die Gabe der Demeter" zum Ausdruck ge- bracht : ,,Leben, Gesundheit und Vergehen der Volker wie des einzelnen Menschen wird durch Naturgesetze bestimmt. Nicht dadurch, daB wir uns unter diese Gesetze beugen und sie erleiden noch sie unbeachtet lassen, konnen wir Gesund- heit verbessern und Leben verlangern. Notwendig ist allein, jene Gesetze zu erken- nen und danach zu handeln. Eine dieser GesetzmaiBigkeiten ist die Ernahrung".

Vielleicht ist es auch kein Zufall, daB BOMMER Dermatologe und Ernahrungs- forscher geworden ist ; denn gerade der Hautzustand ist eines der feinsten Kriterien fur eine ausreichende Vitaminversorgung.

Freilich darf man nicht vergessen, daB er zu jener Generation von Wissenschaft- lern gehort, die immer wieder Zerstortes aufbauen mul3ten und so erst verhaltnis- maI3ig spat iiber einen Apparat verfugten, der es ermoglichte, Gedachtes und aus der Empirie des arztlichen Alltags Erspiirtes in die wissenschaftliche Tat umzu- setzen. Das ist die groBe Tragik im Leben vieler Wissenschaftler nach dem ersten Weltkrieg.

Den Menschen BOMMER kann man wegen seiner untadeligen, geraden Haltung immer nur bewundern. Dabei neigt sein Wesen zu Toleranz und Bescheidenheit, die auch die Leistung des anderen anerkennen. Mancher Schiiler verdankt dieser BoMMERschen Art seinen Werdegang. A. KNAPP