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8 WER~V.R SCH~:SZE: Nic0~ins~urepr~parate. ~u,~sche Wochenschrift zunehmender Spannung der Wand in wachsender Zahl parallel geschalte~e elastische Elemente gestreckt und in die Dehnung einbezogen werden, die vorher ge- sehlgngelt und daher noeh nieht elastisch beansprueht waren. b) Fiir die Dynamik des Herzmuskels ergibt sicb, dal~ im Bereieh mittlerer Druckwerte die weitest- gehende Anngherung an die Bedingungen einer iso- tonisehen Muskelkontraktion erreieht wird: hier ist der Spannungszuwachs der Herzmuskelfasern wghrend der Austreibungsperiode am geringsten, er wird durch die Abnahme des Krfimmungsradius des Herzens am vollkommens~en kompensiert. Im Bereich niedriger und hoher Druekwerte verl~uft die Muskelkontraktion mehr auxotoniseh, wobei die Auxotonie bei niedrige m Druek wi~hrend der Austreibung" abnimmt, w~hrend sic oberhalb des physiologisehen Druckbereiehes zu- nimmt. Der ,,guBere" und der ,,innere" Kraftablauf im Herzmuskel stimmen im normalen Druckbereich am besten fiberein, wodnreh vom Muskel ein Maximum an mechanischer Arbeit geleistet werden kann. c) Ffir die Blutdruckregeiung durch die Blutdruck- zfigler bedeu~et der lineare VerlauI der Charakteristik im Bereich des Betriebsdruckes, dab hier einfaehe Be- zielmngen zwischen Eingangs- und AusgangsgrSBe des Reglers bestehen: die St~rke der Reizwirkung auf die Depressoren h~ngt bei gleichem Sehlagvolumen wahr- scheinlich nut yon der abso]uten HShe des erreichten Druckes ab, die Betriebssehwankungen des Druekes werden (lurch die Fiihler unverzerrt wiedergegeben. d) In g~bereinstimmung mit theoretiseh abgelei- teten Forderungen O. FRANKs mu~ nach dem Verlauf der Aorteneharakteristik angenommen werden, dai~ die Pulswellengeschwindigkeit im Anfangsteil der Aorta bis zu einem Druck yon etw~ 50 mm Jig ab: nimmt und im physiologisehen Druekbereieh bei stei- gendem Druek konstant bleibt oder nur wenig zu- nimmt. 4. Die Aorta zeigt wie jeder el~stische KSrper Er- seheinungen elastiseher UnvoUkommenheit. Die Hyste- resis is~ im mit$1eren Druckbereieh am geringsten, der Arbeitsverlust durch W~rmebildung ist hier also am niedrigsten. Besonders ausgepr~gt sind die Hysteresis- erscheinungen bei hohen Druekwerten, was in 13ber- einstimmung mit der oben gesehitderSen Auffassung fiber die Histoarehitektonik der Aortenwand steht. Auf mSgliehe pathologisch-anatomische Konsequenzen bei arterietlem Hoehdruek wird hingewiesen. Literatur. ~ BLEIOH:EI~T, A., u. F. MARTINI: Z. Biol. 104. 337 (1951). -- ~ B~A~mL~ und HILL: Proc. roy. Soc. Lond.. Ser. B 93, 298 (1922). -- ~ B~o~:, O. W., and C. ST~LL~: Proc. Soc. exper. Biol. a. ~Ied. 29, 443 (1932).- ~ FRA~;, O.: Z. Biol. 54, 531 (1910); 71, 255 (1920); 85, 91 (1926); 88, 88, 93, 105 (1928). -- Sitzgsber. Ges. Morph. u. Physiol. Miinch. 87, 23 (1926). - - ~FI~Im)L;4~Dlm: J. Amer. reed. Assoc. 83 {1924). -- ~ GOLL~TZ~-M~R, C., u. H. SC~VLT~ : Pflfigers Arch. 229, 234 (1934). ~ v H~LOCK, P~., and J.C. BE~so~: J. eHn. Invest. 16, 595 (1937). -- s Hoc~- n~:~, M.: Arch. exper. ~ed. 119, 193 (1926). -- Mtinch. reed. Wschr. 1926, 1512. -- Z. Xreislaufforschg 32, 2836 (1940). - - ~HW~5~W~TZKA~A, M. J.: Virchows Arch. 26], 243 (1926). __ ~0Koch, E.: Z. Kreisla:ufforschg 21, 586 (1929). -- ~ L~D~L~,E. G.T., ~nd C~. SH~r~o~o~: Proc. roy. Soc. Lond., Ser. B 97, 1925, 488. -- ~2MA.Y,F.: Inaug.- Diss. ~iinchcn 1922. --~3 M~wz, U.: Virchows Arch. 317, 385 (1949). -- Z. Kreisl~ufforschg 39, 599 (1950). -- ~ MoIss~- Z~F, E.: Z. exper, h~[ed. 53, 656 (1927). --~ P~s~r~s~.~, A.: Mfinch. reed, Wschr. 1924, 1115. --- Arch. Entw.mechan. 106 (1925). -- Bei~r. path. An~. 76, 221 (1926). -- ~ R~, O.F.: Bei~r. path. Anat. 73, 538 (1925); 75, 269 (1926).-- Z. Biol. 87, 377 (1928); 95, 179 (1934). - - Verb. d~sch. Ges. Kreislaufforschg 14. Tagg 1941. --lvR~DE~Z, E.: Beitr. path. Ana~. 76, 226 (1926). --~s R~UT~W~L~, O.E.: Vir- chows Arch. 239, 263 (1926).- ~S]~o¥: J. of Physiol. 1, 452 (1878/79); 3, 125 (1880); 9, 227 (1888). ---~0 S~axssBvr~v,n., j . : D~sch. reed. Wschr. 1907, 126. -- D~sch. Arch. klin. Mcd. 91, 378 (1907). - - ~ T~[o~: Virchows Arch. 236, 254 (1922). - - ~a~ o ~ u. KiFn~: Virchows Arch. 116, 9 (1889). -- ~ W~o- ~a, R.: Z. Biol. 83, 85 (1925); 103, 179 (1950). -- Naturwiss. 37, 128 (1950). :- Bayer. Akademie der Wissenschaften, Festvor~r~g 1950. ~ ~ WEZLF~, K., ti. A. B6oE~: Erg. Physiol. 41, 292 (1939). --~ W6H~ISC~, E.: Verb. physik.- ma~h. Ges. Wiirzburg 51, 53 (1926). -- W6~L~SC~, E., u. R. ~v l~f~s~m ~E Roc~r~o~vr: Beitr. path. Anat,. 76, 233 (1926). W6~L~so~, E., R. Du ~s~ D~ Roc~O~ u. H. G~sc~- L~v~a: Z. Biol. 85, 235 (1926). SIND DIE NICOTINS~UREPRAPARATE GEEIG~ET F~R DIE BEHANDLUNG YON DURCHBLUTUNGSST~RUNGEN AN DEN EXTREMIT~TENENDEN ~. Von Aus tier Universit~its-Hau~klinikFreiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. A. S~t~E~). Der Nicotins~ure und ihren Derivaten wird nach- gesagt, da$ sic die Eigensehaft besitzen, in hohem Mal~e die periphere Durehblutung zu f5rdern. Dieses Urteil besteht zweifellos zu Recht, sofern man die allerdings sehr wesentliche Einsehr~nkung maeht, dal3 die durchblutungslSrdernde Wirkung sich auf be- s~imm~e GefaBgebiete besehrankt, n~mlich vorzugs- weise auf die Gef~Be des Kopfes und der oberen KSr- perhalfte mit EinsehluB der proximalen Extremit~ten- a b s e h n i t ~ e ~, 9, 1~, 15 Von anderer Seite 1, 2, 1Gu. a. wird dagegen die Auifassung vertreten, dal~ aueh die Extremit~tenenden dureh die Zufuhr yon Nicotin- s~urepraparaten eine Mehrdurchblutung erfahren und demen~spreehend DurehblutungsstSrungen in diesem Bereieh ein dankbares Indika~ionsgebiet ffir die Nieo- tinsaure und ihre Derivate darstellen. Begfinstigt dutch Empfehlungen yon sei~en der int, eressierten pharmazeutischen Industrie beginnt diese Auffassung mehr und mehr an Boden zu gewinnen. Angesichts dieser Lage dfiffte eine Kl~rung der Frage, ob die NicotinsEure und ihre Derivate wirklich die F~higkeit besitzen, nicht mtr im Bereieh des Kopfes und der oberen K6rperteile, sondern auch an den Extremit~.~enenden eine ar~erielle ttyper~mie hervor- zurufen, dringend erforderlieh sein. Dieser Aufgabe sollen die weiter unten besehriebenen Untersuehungen dienen, die zum Tell unter Mitarbeit yon tt. MCSSL~,~ an Personen mit normaler und gestSrter Gef~l~funkbion durchgeffihrt wurden. Soweit die Versuche sich auf gesunde Versuchs- personen beziehen, ist zungchs$ zu der Frage Stellung zu nehmen, ob fiberhaupt Personen mit normalen peripheren Durchblutungsverh~'Itnissen fiir die Prfi- lung gef~Berweiternder Mittel geeignet sind. Es is~

Sind die Nicotinsäurepräparate geeignet für die Behandlung von Durchblutungsstörungen an den Extremitätenenden?

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8 WER~V.R SCH~:SZE: Nic0~ins~urepr~parate. ~u,~sche Wochenschrift

zunehmender Spannung der W a n d in wachsender Zahl parallel geschalte~e elastische Elemente gestreckt und in die Dehnung einbezogen werden, die vorher ge- sehlgngelt und daher noeh nieht elastisch beansprueht waren.

b) Fiir die D y n a m i k des Herzmuskels ergibt sicb, dal~ im Bereieh mit t lerer Druckwer te d ie weitest- gehende Anngherung an die Bedingungen einer iso- tonisehen Muskelkontrakt ion erreieht wird: hier ist der Spannungszuwachs der Herzmuskelfasern wghrend der Austreibungsperiode am geringsten, er wird durch die Abnahme des Krf immungsrad ius des Herzens am vollkommens~en kompensier t . I m Bereich niedriger und hoher Druekwer te verl~uft die Muskelkontrakt ion mehr auxotoniseh, wobei die Auxotonie bei niedrige m Druek wi~hrend der Austreibung" abn immt , w~hrend sic oberhalb des physiologisehen Druckbereiehes zu- n immt.

Der , ,guBere" und der ,,innere" Kraf tab lauf im Herzmuskel s t immen im normalen Druckbere ich am besten fiberein, wodnreh vom Muskel ein Maximum an mechanischer Arbei t geleistet werden kann.

c) Ffir die Blutdruckregeiung durch die Blutdruck- zfigler bedeu~et der lineare VerlauI der Charakter is t ik im Bereich des Betriebsdruckes, dab hier einfaehe Be- zielmngen zwischen Eingangs- und AusgangsgrSBe des Reglers bes tehen: die St~rke der Reizwirkung auf die Depressoren h~ngt bei gleichem Sehlagvolumen wahr- scheinlich nu t yo n der abso]uten HShe des erreichten Druckes ab, die Bet r iebssehwankungen des Druekes werden (lurch die Fiihler unverzer r t wiedergegeben.

d) I n g~bereinstimmung mit theoret iseh abgelei- te ten Forde rungen O. FRANKs mu~ nach dem Verlauf der Aor teneharakter i s t ik angenommen werden, dai~ die Pulswellengeschwindigkeit im Anfangstei l der Aor ta bis zu einem Druck yon etw~ 50 m m Jig ab: n i m m t und im physiologisehen Druekbereieh bei stei- gendem Druek kons t an t bleibt oder nur wenig zu- n immt.

4. Die Aor ta zeigt wie jeder el~stische KSrper Er- seheinungen elastiseher UnvoUkommenhei t . Die Hyste- resis is~ im mit$1eren Druckbereieh am geringsten, der Arbei tsverlust durch W~rmebi ldung ist hier also am niedrigsten. Besonders ausgepr~gt sind die Hysteresis- erscheinungen bei hohen Druekwerten, was in 13ber- e ins t immung mit der oben gesehitderSen Auffassung fiber die His toarehi tektonik der Aor tenwand steht. Auf mSgliehe pathologisch-anatomische Konsequenzen bei arterietlem Hoehdruek wird hingewiesen.

Literatur. ~ BLEIOH:EI~T, A., u. F. MARTINI: Z. Biol. 104. 337 (1951). - - ~ B~A~mL~ und HILL: Proc. roy. Soc. Lond.. Ser. B 93, 298 (1922). - - ~ B~o~:, O. W., and C. ST~LL~: Proc. Soc. exper. Biol. a. ~Ied. 29, 443 (1932) . - ~ FRA~;, O.: Z. Biol. 54, 531 (1910); 71, 255 (1920); 85, 91 (1926); 88, 88, 93, 105 (1928). - - Sitzgsber. Ges. Morph. u. Physiol. Miinch. 87, 23 (1926). - - ~FI~Im)L;4~Dlm: J. Amer. reed. Assoc. 83 {1924). - - ~ GOLL~TZ~-M~R, C., u. H. SC~VLT~ : Pflfigers Arch. 229, 234 (1934). ~ v H~LOCK, P~., and J.C. BE~so~: J. eHn. Invest. 16, 595 (1937). - - s Hoc~- n~:~, M.: Arch. exper. ~ed. 119, 193 (1926). - - Mtinch. reed. Wschr. 1926, 1512. - - Z. Xreislaufforschg 32, 2836 (1940). - - ~HW~5~W~TZKA~A, M. J.: Virchows Arch. 26], 243 (1926). __ ~0 Koch, E.: Z. Kreisla:ufforschg 21, 586 (1929). - - ~ L~D~L~, E. G.T., ~nd C~. SH~r~o~o~: Proc. roy. Soc. Lond., Ser. B 97, 1925, 488. - - ~2 MA.Y, F.: Inaug.- Diss. ~iinchcn 1922. - -~3 M~wz, U.: Virchows Arch. 317, 385 (1949). - - Z. Kreisl~ufforschg 39, 599 (1950). - - ~ MoIss~- Z~F, E.: Z. exper, h~[ed. 53, 656 (1927). - - ~ P~s~r~s~.~, A.: Mfinch. reed, Wschr. 1924, 1115. --- Arch. Entw.mechan. 106 (1925). - - Bei~r. path. An~. 76, 221 (1926). - - ~ R ~ , O.F.: Bei~r. path. Anat. 73, 538 (1925); 75, 269 (1926).-- Z. Biol. 87, 377 (1928); 95, 179 (1934). - - Verb. d~sch. Ges. Kreislaufforschg 14. Tagg 1941. - - lvR~DE~Z, E.: Beitr. path. Ana~. 76, 226 (1926). - - ~ s R~UT~W~L~, O.E.: Vir- chows Arch. 239, 263 (1926) . - ~S]~o¥: J. of Physiol. 1, 452 (1878/79); 3, 125 (1880); 9, 227 (1888). ---~0 S~axssBvr~v,n., j . : D~sch. reed. Wschr. 1907, 126. - - D~sch. Arch. klin. Mcd. 91, 378 (1907). - - ~ T~[o~: Virchows Arch. 236, 254 (1922). - - ~a ~ o ~ u. KiFn~: Virchows Arch. 116, 9 (1889). - - ~ W~o- ~ a , R.: Z. Biol. 83, 85 (1925); 103, 179 (1950). - - Naturwiss. 37, 128 (1950). : - Bayer. Akademie der Wissenschaften, Festvor~r~g 1950. ~ ~ WEZLF~, K., ti. A. B6oE~: Erg. Physiol. 41, 292 (1939). - - ~ W6H~ISC~, E.: Verb. physik.- ma~h. Ges. Wiirzburg 51, 53 (1926). - - W6~L~SC~, E., u. R. ~v l~f~s~m ~E Roc~r~o~vr: Beitr. path. Anat,. 76, 233 (1926). W6~L~so~, E., R. Du ~ s ~ D~ R o c ~ O ~ u. H. G~sc~- L~v~a: Z. Biol. 85, 235 (1926).

SIND DIE N I C O T I N S ~ U R E P R A P A R A T E G E E I G ~ E T F~R DIE BEHANDLUNG YON DURCHBLUTUNGSST~RUNGEN AN DEN E X T R E M I T ~ T E N E N D E N ~.

Von

Aus tier Universit~its-Hau~klinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. A. S~t~E~).

Der Nicotins~ure und ihren Der iva ten wird nach- gesagt, da$ sic die Eigensehaft besitzen, in hohem Mal~e die periphere Durehb lu tung zu f5rdern. Dieses Urtei l besteht zweifellos zu Recht , sofern ma n die allerdings sehr wesentliche Einsehr~nkung maeht , dal3 die durchblutungslSrdernde Wirkung sich auf be- s~imm~e GefaBgebiete besehrankt , n~mlich vorzugs- weise auf die Gef~Be des Kopfes und der oberen KSr- perhalf te mit EinsehluB der proximalen Extremi t~ten- absehnit~e ~, 9, 1~, 15 Von anderer Seite 1, 2, 1G u. a. wird dagegen die Auifassung ver t re ten, dal~ aueh die Ex t remi t~ tenenden dureh die Zufuhr yon Nicotin- s~ureprapara ten eine Mehrdurchblu tung erfahren und demen~spreehend Durehblu tungss tSrungen in diesem Bereieh ein dankbares Indika~ionsgebiet ffir die Nieo- t insaure und ihre Der iva te darstellen. Begfinstigt du tch Empfeh lungen yon sei~en der int, eressierten

pharmazeut i schen Indus t r ie beginnt diese Auffassung mehr und mehr an Boden zu gewinnen.

Angesichts dieser Lage dfiffte eine Kl~rung der Frage, ob die NicotinsEure und ihre Der ivate wirklich die F~higkei t besitzen, nicht mtr im Bereieh des Kopfes und der oberen K6rperteile, sondern auch an den Extremit~.~enenden eine ar~erielle t typer~mie hervor- zurufen, dr ingend erforderlieh sein. Dieser Aufgabe sollen die weiter un ten besehriebenen Untersuehungen dienen, die zum Tell un ter Mitarbei t yon t t . MCSSL~,~ an Personen mit normaler und gestSrter Gef~l~funkbion durchgeffihrt wurden.

Soweit die Versuche sich auf gesunde Versuchs- personen beziehen, ist zungchs$ zu der Frage Stellung zu nehmen, ob f iberhaupt Personen mit normalen peripheren Durchblutungsverh~'I tnissen fiir die Prfi- lung gef~Berweiternder Mittel geeignet sind. Es is~

dg. 30; t lefb 1/2 WEI~NER. S c ~ u L z ~ : N i c o ~ i n s g u r e p r g p a r a t e . 9 I. 5a i tua r 1952

verschiedentlieh darauf hingewiesen worden ii, la, da l es bei Gesunden nnr selten gelingt, die Wirkung gefglerweiternder Mittel auf die Extremi~itenenden dureh t tauttemperaturmessungen naehzuweisen. ])as ist zweifellos richtig und gilt f~r Hauttempera~ur- messungen, die unter n o r m a I e n Umwel~sbedingungen vorgenommen werden. Bei einer ftir die Versuchs- person behagliehen Raumtemperatur liegt nimlieh die

dauer in einem Wasserbad yon 15 oder 20 0 C befindet. So erh~tt man Temperaturkurven, die sehr ansehaulieh die Wirknng gefgleI~veiternder Mit~eI in ihrem Ver- lauf und in ihrer In tens i t i t zur Darstellung bringen. Voraussetzung fiir die Anwendbarkeit dieses Ver- fahrens is~, dag sich die Fingertemperatur konstan~ auf die Wasserbad~emperatur einstell~. Das ist bei der Mehrzahl gesunder Versuehspersonen der Fall. Sie

gp. l~.k1.,3o g., r~. °C , l?aumtemp. 2 1 ° C 35] ' . " - ~ . . . . . . " . ~ , . . . . . . . . /Vase

30 !

25- ~ Zehe

J I r__ I I I I I ; I I I ; I I I I IO 20 30 gO 50 80 70 80 90 700 "110 720 130 IgO 15g 7eO 170rain

°C Raumtemp. 13 °C 351 ' ~ ' ~ f f ~ ' * - - ~ ' * - ' ~ - ' . . . ~ / : Nase

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°Ci Raumtemp 20°C " ~,=oo s s d " . . . . ;A2_'"~2-7 ~ . _ , . . . . . . . . . . . ~ . . . . ~ . . . . . . , . . . .

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0 10 20 30 ~0 50 ~0 70 80 30 100 110 120 130 7~0 lee lee 170 180 150 200 2/0 220 rain

Abb. 1. E in f lug Yon N i c o t i n s g a r e g a b e n in~ravenSs, i n~ ramusku tg r (100 ~ng) t in4 p e r os (200 n~g) a u f d ie pe r iphe re D u r e h b l u t u n g . Grundsg tz t i ch gleiches VerhaI~en bei a l len 3 Ver suehea : S t a r k e r Ans~ieg do t O h r t e m p e r a t u r a l s A u s d r u c k tier t~yper~mie i m K o p l b e r e l c h ( , ,pos i t iver Nieot in- sttureeffekD") mad s tei ler T e m p e r a t u r a b f a l I a n d e m fre i l iegen4en F i n g e r ( , , nega t ive r N ieo t in s iu ree f f ek t " ) . Z n m Vergle ieh die sgarke gefiiBerweiternde

W l r k u n g des Keil]getr~tnkes m i t l ang a n b a l t e ~ d e r T e m p e r a t u r s t e i g e r u n g aueh a n 4em i m W a s s e r b a d (150 C) be f ind i i chen F inger .

Fingertemperatur sehon so hoeh, dab eine nennens- werte S~eigerung gar nicht mehr eintreten kann (vgI. auche).

Anders sind aber die Verbgl~nisse, wenn man das I-Iau~gefgl~system dureh einen lokalen, auf den Finger einwirkenden Kgltereiz funktionell belastet. Auf diese Weiso lassen sieh, wie auch aus eigenen Unter- suehungen mi~ K. KgAMEB hervorgeh~, Bedingungen sehaffen, tinter denen die Paratlelitglb zwischen Blut- zufluB und Oberfl~chentemperatur gewghrleistet ist,

Dieses Prinzip l~g~ sich in sehr einfacher Weise fiir die PrS{ung gefglerweiternder SubsSanzon ver- werten, indom man die IIau~temperatur an einem Finger migt, der sieh wghrend der ganzen Versuehs-

Klin ische Wochenseh r f f t . 30. J a h r g .

sprechen mit groBer Regelm/~ligkeit auf die gdgg- erweiternde Wirkung eines indirek~en thermischen I~eizes an, der, ausgel6s~ dutch ein tIeiBgetrgnk, im Sinne eines viscero-eutanen Reflexes wirksam wird. Man wird daher erwaiSen dfirfen, dag sieh anch die Wirkung gefgl3erweiternder Medikamente; sofern sie in der entspreehendon Gr6Benordnung liege, mit der gleichen Versuehsanordnung naehweisen li, Bt. Die Anwendung des indirekten Wgrmereizes (ira gleichen Versuch) hat sich als aulerordentl ich zweekmiigig erwiesen, weft man auf diese Weise fiber einen Bezugs- wert vel~iigg, mit dem man die Wirkung der versehie- denen gefggerweiternden Medikamente vergleiehen k a n n ,

lc

10 W ~ R ~ So~v~z~: Nicotins&urepr~parate. Klinische Wochensehrift

Da an dem auf Wasssrbadtempera tnr abgekiihl~en Finger nut Ge~6erweiterungen, nicht aber Gef~i~- constrietionen erfa]~ werden kSnnen, ergab sich gerade im Hinbliek auf die hier besonders inC~eressierende Frage, ob die Nicotins~ure an den Fingern eine Durch- b]u~ungsabnahme hervom'uft, dis Not, wendigkeit, auch

vp H.B., ~e ~., ~. °C RaumNmp. 19 °C 35- z::*~

.

35- Naxe

~ , ~ [ . 3f~rke zunehmende ~.~h ;s. I , ; , ; ' ~ :L~7o.~ t l .. H yperarme B/a#vePf6"rbun# rdz

==='~'~=-::~" *~ Ee~lc,~fu.4rme #zr Finger . . . . o-

_ ~ ~ frzi//egender fin~er

IO 20 30 40 50 60 70 80 90 700 710 120 130 140min Abb. 2. Vorfibergehender Temperaturabfa]l am frei liegenden Finger, ausge16s~ dutch das Einnehmen der Tabletten (Nieonacid). Die eigentliehe auf die pharmakologisehe Wirkung der l~icotins~ure zurfickzuffihrende Senkm~g der Fingertemperatur erfolg~

erst sp~iter, zusammen mit dem Aastieg der Ohr- und der 5Tasentemperatur.

dis Tempera tur sines nieht im Wasserbad befindlichen, sondern frei liegsnden Fingers (Ausgangstemp~ratur gew6hnlich 33--350 C) mitzumessen.

Kurz zusammengefal~ bes~eht die ffir die vorliegenden Un~ersuchungen angewendete, an anderer S~elle ~a ausffihr- lieher beschriebene Md/wde (,,Zwei]ingerversuch") darin, dab in kurzen Zeitabs~gnden mit einem an der ~ingerkuppe angebraehten Thermoelemen~ die Hau~tempera~ur eines frei-

~ . ~ . , 3a4m.

des Medikamen~es wird zum Vergleieh ein HeiBgetr~nk, 500 em :~ heiSes, Ieich~ gezucker~es Waseer yon 650 C, verabfolg~.

Urn unabh~ngig von den Temperaturmessungen an den Fingern ein Kriterium /iM das Eintreten der Nicotinsgurewirkung zu besitzen, wurde wegen der bevorzugten. Gefi~l~erweJterung im Kopfbereieh die

Temperatur des OhrIgppchens (und der N~sen- spitze) mitgemessen.

Versuche an Personen mit normalen peripheren DurchblutungsverMiltnissen. In Abb. 1 ist ~fir die verschisdenen Appli-

kationsformen der Nicotinsgure bzw. ihres Na-S~]zes die Wirkung auf die periphere Durchblutung wiedergegeben. Bei der intra- venSssn Verabfolgung macht sich schon nnter der Injekt ion die ~Virkung des ~[edikamentes subjektiv dureh ein zunehmendes W~rme- gefiih], objekt iv dureh die Haut r6 tung im Kopfbereich bemerkbar. I m Kurvenbi ld ist der Beginn der Medikamentenwirkung durch einen steilen Anstieg der Ohr tsmperatur gekennzeichnet. Wichtig ffir uns ist nun die

Frage, ob sich die im Kopfbereich beginnende Hypsr - ~mie aueh auf die Finger und Zehen erstreckt. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, die Temperatur- ]curve des /reiliegenden ~ingers zeigt einen star#on Ab]all yon 35 auf etwa 22 o C, und etwas spgter be- ginnt aueh die Zehentempsratur yon 31 a, uf 240 C abzusinken.

oC 35-

30-

25-

Ib" ~

0

oC 35-

25-

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15-

Raumtemp. 2O°C ~ ~ ~ ' ~ % Z ~ , ~ # , ~ , ~ , , ~ . . . . . ~ ~ ' ~ . ~ * * ~ fro#. Finger

r I I I I J i I ~0 20 W# 40 50 GO 70 80

V~umH.M. sod ~. temp. FS°C ~

~ ' ~ • • Fin~e~ ;~

I I I I I I I I I I L I ~# 1## 770 120 l~O 1~# 150 l## I70 18o F~O z#Omln

<, ["~"=~'""¢~'%) feel/. ~'nger

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%%%, f[~J

Abb. 3. Aufhebung tier A]koholwirkung dutch Ronicol. Oberes Kurvenpaar: Kontrollversuch- Unteres Kurvenpaar: Nicht nur Aufhebung der dutch Alkohol beding~en Hyper~imie (vgl. Temperaturkurven 4es ira Wasserba4 befindlichen Fingers), sondern .darfiber ifinaus noch Temperaturabfall des

freiliegenden Fingers.

liegenden und eines ira Wasserbad yon 150 bzw. 200 O befind- lichen Fingers gemessen wird.

Der im Wasserbad befind]iche Finger ist dabei yon einem weiten, die D~rchbtu~ung nich~ beeintr~eh~igenden Gummi- condom umgeben, um den Kontakt des Thermoelementes mit. dem Wasser zu vermeiden. Der dabei mSgliche ,,Bedeekungs- fehler ''8 f~ll~ bier nieh~ ins Gewieht., da. dieser Faktor ats Kons~nte in alle Messungen eingeh.~. Bei Temperaturmes- sungen an der un~eren Ex~remit~t wird das Therm.oelemen~ an die Kuppe der groBen Zehe angelegt.

Das zu prtifende gef~i~erweitemde Mi~tel wird gegeben, wenn sioh der im W~sserb~d befindliehe Finger auf die Wasser- ~emperatur eingestellt und diese Temperatur mindes~ens 30 rain beibehalten ha~. Naoh dem Abklingen der Wirkung

Sehr eindrueksvolt hebt sieh demgegeniiber die Wirkung des Heiflgetrgnkes ab, durch das nicht nur an dem frefliegenden Finger die Tempera tur in steilem Anstieg guf den Ausgangswert zuriickgefiihrt, sondern auch an dem im Wasserbad yon 15 ° C befindlichen Finger eine etwa 30 rain anhal~ende Temperatur- steigerung um maximal 5 ° C ~usgel5st wird. An den Zehen geht entsprechend der tr~gersn G e f ~ r e a k t i o n im Bereich der unteren Extrem~t~ten die ~¥ieder- srw~rmung langsamer vonstat ten. Die Ohrtemperatur reagier~ auf das HeiBgetr~nk nieht.

J g . 3 0 , t=[e~t 1 ] 2 W%I~nER SO~VLZE: - ~ -~ - ~ , - i , - ~ ' ~ e o * ; n s a u r e " r ~ a r e * e - 1i 1, ~anuar 1952

Die Nasengemperatur verl~uft mit der Fingertempera~m" parallel, eine Beobaektung, die, wenn auch nieht in allen F~llen, so dock reeh~ h~ufig gemaeht wurde.

Bei in~ramuskul~rer In jek t ion (10 cm a Nieodon) und bei oraler Darre ichung der Nicotins~ure biete$ sick das gleiche Bild.

Durck die Sehmerzkafgigkeig der in~ramuskularen Injek- ~ion beding~, se~z~ der Tempera, turabfall des freitiegenden Fingers vorzeitig ein, etwa 5 rain vor dam Ansticg der Ohr- ¢empera~ur. Die dem In]ektionsschmerz zuzuordnende Tem- pera~ursenkung (vgl. die in~ramuskulgre Injekgion yon des~itliertem Wasser, Abb. 1, unten) pflegt ~ber nut fliichtig zu sein, und as wiirde sick zweifellos auch im vor]iegenden Fall die Fingertemperatur schon nack kurzer Zeit wieder auf ihren Ausgangswer~ einges~ell~ kaben, wenn dies nick~ .dutch die en~gegengerich~ete Nico~insaurewirlmng verhinder~ worden ware. DaB bei sehr empflndlichen Personen auch schon durck das Einnehmen yon Tabletten (zusammen mi~ einigen Schlucken zimmcrwarmen Wassers) eine Temperatursenkung an den Fingern hervorgerufen werden k~nn, zeig~ die Abb. 2.

Der Nicotins~ure in der Wirkung gleich sind das ,,Tra/uril" (Tetrahydrofurfuryles ter der Nieotin- sgure) und der en~sprechende Alkohol, das ,,Roni- col . Sehr e ndrucksvoll geht die Herabse tzung der Durchblu~ung im Bereich der H ~ n d e - d u r e h Ronicol aus der Abb. 3 hervor, in der 2 Alkoholversuehe gegen- iibergestell~ sind. I m Vorversueh - - oberes Kurven- paar - - erhielt, die Versuchsperson 100 em a Weinbrand (35 % Alkohol). Dadureh wurde an dem im Wasserbad yon 150 C befindlichen Finger ein etwa 1 Std anhal ten- der Temperagurans~ieg hervorgbrufen, der im Maxi- m u m e twa 5 oC betrug. I n Nnem 2. Versueh - - unteres Kurvenpaa r - - warden w~hrend der durch den Alkohol" erzeug~en Erw~rmungsl~iiase 2 em a Ronicol intravenSs injiziert. Aus dem V~rgleieh der beiden

• . o £ Versuehe erg~bt smh dm sehr beacht~nswerte Tatsache, dab die dutch den Allcohol an den H~nden ausgel6ste Hypergmie vom Ronicol durchbrochen wird und dab t rotz Alkohol am ffeiliegenden Finger ein Tem- pera~urabfall yon etw~ I0 ° C zus tande kommt.

Durch Kombination mit Acetyleholin (Abb. 4) wird die tempera tursenkende Wirkung des t~onieols an Fingern und Zehen deutl ich abgesehwgeht und in manchen F/~llen aueh ganz aufgehoben. I m Gesamt- effekt ~ri~t aber auch durch diese Kombina~ion keine Gef~l~erweiterung an den Ex~remitg~enenden ein.

Tabelle 1. Ergebnis der Untersuchungen an ~7 gesunden Versuchspersonen.

d e n

Pr~parate s tark herab- gese~z~

Nicotinsaure8 Na 50 mg i.v . . . .

I00 mg i.v . . . . 50rag i.m. . .

100rag i.m. . .

Nicotin~iiure 50 mg per os

100 mg per os

RonicoI 25 mg i.v . . . . 50 mg i.v . . . .

100 mg i.v . . . . 100rag i.m. . .

Tra/uril lOOmg i.v. . .

1 1 1 3

7

1 11 2

4

31

Nicotins5ureamid besitzt, wie wir in einer Reihe yon Versuchen feslbstellen konn ten und wie auch yon anderer Seite 5, 7, s u. a. best~tigt wird, keine periphere GefaBwirkung.

Tabelle 1 gibt eine Zusammens~ellung der mi~ den verschiedenen Nicotins/~urepr~paraten angestell- ten Versuehe. Bei 2/~ atler Versuche wurden an dem ffeiliegenden Finger un te r der Einwirkung der Nieotin- s/~urepr/tparate eine Herabse tzung der Durchb lu tung festgestellt. Bei den iibrigen Versuchen blieb grSgten- teils die Fingertempera~ur unbeeinfluBt und nu t in wenigen Einzelfi~llen wurde ein Kurvenver lauf beob- aehte~, der - - freilieh auch nur mi~ Vorbehal t - - im

vp. e.z., a ~ m. °C RaumtemD. 2o°C

0 Y~ 20 30 ~-0 50 GO 70 80 90 I00 fro 120 lSWmin °C , Raumfemp. ao"C

3oi~ -

~,'~ . " ~ ' - ' ¢ ~ , ~ , . ~ ' \ " l " ~ \ J

25 ~ ~ ~ Finger im

I I I I I I I I I I l I [ I 0 10 20 30 tlO 50 ~0 70 80 90 foo 110 12g lgOmin

kbb . 4, Yersuehsperson, die sich mi~ ihrem ira Wasserba4 befindlichen Finger normalerweise nicht auf die Wasserbadtemperatm' (20 ~ C) einstellt. Oben: Nach Ronicol (100 mg intramuskul~r) Temperatursenkung an beiden Fingern bis auI Umgebungstemperatur . Unten: Abschw~chung, abet keine voltst~indige Aafhebung 4er ~onicolwirkung durch AcetyIcholinzusat,~

(50 rag).

Sinne einer durehblutungsfSrdernden Wirkung gewer- te t werden kSnnte. Naeh diesen a n 47 gesunden Versuchspersonen gemachten Fests~ellungen besteht die Wirkung der Nicotinsgure auf die Blutgef~fie der Extremiti~tenenden (Finger und Zehen) nicht in einer Steigerung, sondern in einer Herabsetzung der Haut- durchblutung.

Verfasser hat sick w/~hrend des Krieges eingehend mi~ der Prophylaxe lokaler K/~ltesck/iden besck~ftig~. Diesem Pro- blem komm~ heu~e keine besondere Bedeutung mehr zu. Man kann sick aber leick~ vors~ellen, welche kata~trophalen Folgen ein~reten kSnn~cn, wenn man die Nico~insaureprapa- rate in der Ann~kme, in itmen geeigne~e peripher gef~B- erwei~ernde Mi~el zu besi~zen, zur Prophylaxe lokalcr Erfrierungen anwenden wiirde.

Sehr eindrucksvoll ist immer wieder das zeitliche Zusammentreffen des Temperaturabfal ls an den Fin- g e m mit dem Anstieg der Ohr tempera tur . Der sieh bier offenbarende Antagonismus der Gef~l?reaktionen im Kopfbereich und an den Ext remi t~ tenenden is~ ein so hi~ufiges Ereignis, dab dar in eine Gesetzrag[3ig- keit gesehen werden muB. Wiirde m a n die Hyper/~mie im Kopfbereich und in der oberen KSrperh~lfte als eine positive GefN?wirkung der Nicotinsiiure betraeh- ten, so w~re dem die Tempera tu rsenkung an den

12 WE~EE Sc~vLzE : Nicotinsi~urepr/~parate. Klinische Woehenschrift

Fingern und Zehen fals ,,negativer Nicotins~ureeMekt" gegenfiberzustellen.

Versuche an Personen mit peripheren Durchblutungsst6rungen.

Es war nich~ gerade sehr wahrseheinlich, dab sich bei Kranken mit Gefi~Bfunktionsst6rungen im Bereich der Hande und FfiBe das in Untersuehungen an gesunden Versuchspersonen gewonnene Ergebnis - -

Vp. dWt.,s~d.,~ °C . ~aumfemfl. 20°C

25 ....... ~ l z u n e h m e a d . ~

25- de~" Hdnde ~ ) ~frei[ F/n~er

20 ~ ..... Zehe e;ser~ed 2o~C

~0 20 30 qO D - D ~ 80 90 ]00 /I0 /;Omen Abb, 5. Versueh mit 100 mg Nieotinsi~m'e per os bei Patientin mi& Akro- eyanose. S~eiler Ansi, leg der Ohrtemperatur mid naehfolgen.dem Tem- peratnrabfalI. Searker Abf~ll each der Nasen~empera~ur. Vertauf der Fiilger- un4 Zehentemperatm' praktisch nnbeeiniluBt (eingestetlb auf Umgebnngstemperaf;vx). Heigge&r~nk: Nur Anstieg der Nasentempera&ur, keine Temperaturerhfhung an Fingern un4 Zehen infolge hochgradiger

Ftmkf~ionsstfmng tier GeifSe.

Herabsetzung der Durchblutung start Durehblutungs- zunahme - - umkehren wiirde. Trotzdem bedurfte aueh diese Frage einer experimentellen Prfifung.

Die Beobachtungen an Gef~Bkranken erstrecken sieh auf 21 FiCHe, vorwiegend Akro- und Erythro-

vp. f.t:., 2s4 ~n. °C ~ R~Tumfemfl. 73.5 °C 35 ~ . . . . . . . . . . r" '-,- - ""* ~ . .. ~ . . . . . ~ Nese

301.~ . . . . . I . . . . . . . . . . . . . . . . . " ......... [ i

t ~qesunde Hand ~, ]

20 ~ * ; : " . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ' - ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . .::.2..~,~.~.~.w.~yza~z-z~,-.. 20oC

I 301 ~eldhmfe Hand /J Fin qer

25I~ ...... o, ,''~'>'" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j Fin fee/m 20 @ W~sserb(zd

I 20oC

Abb. 6. Yergleieh der Nieo&ins~m~ewirMmg (100 mg per os) auf die Finger tempe~tur ciner gesm~den und e iIler gel~ihmten Extremit~t, ~bliehes Verhalten der Finger- temperatur an der gemmden tIand, 5Tormales Verhalten auf tteiBgetrlink. - - An der gel~ihnlten 1tend dutch Nico~ins~i~re keine ~n4eruag der schon yon Anfang an niedrig

liegenden Firlgerteml)era~uren. Dutch EieiBgetr~nk Temperaturanstieg nut 4es freiliegenden, nieh~ des im Wasserbad befindlichen Fingers,

eyanosen, daneben Einzelf~lle von Erfrierungen, spastischen Gef~Berkrankungen und gangr~nSsen Ge- f/~13prozesses verschiedener ~iologie. In den Abb. 5 und 6 sind als Beispiel 3 dieser Versuehe wiedergegeben.

Die Temperaturkurven der Abb. 5 wurden yon einem 14j/~hrigen Madchen mit Akrocyanose an Han- den und FfiBen aufgenommen. Der steile Anstieg der Ohrtemperatur -gon etwa 25 auf 350 C entspricht dem Beginn der Nieotins~urewirknng, die I0 rain nach oraler Verabfolgung yon 2 Tabletten (I00 mg) Nicon- acid eintritt, und mit einer starken R6~ung des Oe-

siehtes, einsehliet31ieh der Con]unctiven einhergeht,. Au/ den Verlau/ der Finger- und Zehentemperatur hat abet die Nicotinsgure so gut wie keinen Einflufi. Die Ohrtemperatur sinkt im weiteren Verlauf allm~hlich wieder ab, mit ihr die Temperatur der Nase. Da bei den Nicotinsfinreversuehen am Gesunden des Absinken der Nasentemperabur in der l~egel mit einer Abnahme der Durchblutung aM denFingern einhergeht, wird man daran denken mfissen, dab fiir den vorliegenden Fall des gleiehe gilt. Des wiirde bedeuten, dab iLber die ah den Extrem~tatenenden bereit,s bestehende ~Hinder- durchbtutung hinaus eine weitere Einschr~inkung der Durehblutung e ingetreten w/~re. Die Temperatur- messung gibt hierfiber keine Anskunft. Fiir eine der Nicotins£ure zuzuschreibende Verschleehterung der Durehblutung spricht aber die parallel mit dem Absinken der Nasentemperatur an Intensitgt zuneh- mende Btauver/grbung der HiLnde. Dutch die Verab- folgung des Hei[Jgetriinlces wird die Blauverfgrbung der H~nde in kurzer Zeit wieder ausgeglichen. Mehr vermag alterdings des HeiBgetrgnk auch nieht zu leisten. Eine Durchblutungssteigerung fiber die Aus- gangslage hinaus wird nieht erreich~.

Sehr eindeutig geht des Versagen der Nieotin- saurepr~parate bei GefaBfunktionsstfrungen an den Hgnden auch aus dem Versueh an einem Pa~ienben hervor, bei dem infolge einer Xriegsvefletzung links- seitig eine kombinierte Ulnaris-Medianusparese mit trophischen Stfrungen und Kontrakturstellung der livid verf~rbten, leicht geschwollenen Finger bestand. Hier gab sich die MfglichkeiL einen Vergleich anzu- stellen fiber die Wirkung der Nieotinsgure auf die

Blu~gef/ige der gesunden und der kranken Extremi~i~t.

Die Tempera~urmessung erfolgte beiderseits am Zeigefinger und am Meinen Finger. Die Zeigefinger befanden sich jeder in einem Wasserbad yon 20 o C.

Der Versuch zeigt an der gesunden Hand (Abb, 6) den iibliehen Verlauf. Etwa 10 rain nach dem Einnehmen yon 100 mg Niconacid beginnt die Rftung des Gesichtes mit steilem Anstieg der Ohrtemperatur. Gleiehzeitig er- folg~ am freiliegenden Finger ein starker Temperaturabfall. Er wird dureh des Heifi- getriinlc wieder aufgehoben und dabei auch der im ~Vasserbad befindtiche Finger mit- erw~rmt.

An. der gelghmten Hand liegt die Tem- peraturkurve des freiliegenden Fingers infolge der schlechten Durchblatungsverhgltnisse yon Anfang an wesentlieh niedriger als an der gesunden Hand. Eine Xnderung des Temperaturverlaufes tr i~ naeh der Nicotin- siiurezufuhr nicht ein. Unter der Einwirkung des Heifigetr~nlces kommt es zu einem Tem-

peraturanstieg, der zwar triiger verlfi, n~t als an dem entsprechenden Finger der gesunden Hand, schlieB- lich aber doeh den ~ gleichen Endwer~ erreicht. An dem im Wasserbad befir~dliehen Finger bleibt auch auf das Hei6getr~nk die Temperatursteigerung aus.

Aus der Tabelle 2 geht eindeutig hervor, dab bei keinem der untersuchten Kranlcheitsfglle durch die An- wendung yon Nie0~ins/~urepr~paraten eine Durch- blutungs/grderung erzielt wurde. Im Gegenteil, in einem Teii der Versuehe, bei denen die Ausgangstemperaturen der Finger oder Zehen fiber der Umgebungstemperatur

Jg. 80, Keft ~/2 WE~Sc~v~z~: Nicotins~urepr~parate. 13 1. Januar 1952

T~belle 2. Ergebnis der Untersuchungen an 21 Versuchspersonen mit gestb'rter peripherer Durchblutung.

Pr~parate

Nicotinsaures Na 50 mg i.v.

100 mg i.v.. 50 mg i.m:

100 mg i.m. N icotinsdiure

100rag per o s . . . R(micol

100 mg i.v. 100 mg i.m.

Zahl der

Durchblutung an den Extremit~ttenenden

Versuche ge- s te iger f

14 2

un- herab- ver~nder t i gesetz$

3 1

1

9 , 5

i

[ 22 l0

lagen und dementsprechend noch absinken konnten, hat sich gezeigt, da$ die Tendenz zu einer Herabsetzung der Durchblutung, die bei einem hohen Prozentsatz gesunder Versuehspersonen naeh Anwendung yon Nico- tinsKurepr~paraten in sehr ausgepr/igter Form vor- handen is~, auch bei Kranken mit Funktionsst6rungen der peripheren Ge/gfie beobachtet werden kann. Mit dieser Tatsache werden sick die AnhKnger der I~ieotin- s~uretherapie peripherer Durchblutungsst5rungen aus- einandersetzen miissen.

Aueh bei Dauerverabfolgung yon Nicotins~ure- tabletten ergaben sich in den yon uns beobachteten F/illen weder aus den Temperaturmessungen noch aus dem klinisehen Befund Anhaltspunk~e ffir eine Ver- besserung der Durchblutung an den Extremit~ten- enden.

Ziehen wir aus unseren experimentellen Befunden die prakMsehen Folgerungen fiir die Therapie, dann gibt es keine andere M6glichkeit ats die flit das Thema dieser Abhandlung gewiihlte Frage, ob die Nicotin- s~urederivate ffir die Behandlung der peripheren DurchblutungsstSrungen an den Extremit/itenenden geeignet sind, zu verneinen, wenigstens ffir die bier zur Anwendung gekommenen fibliehen Applikations- formen. Wenn gegen diese Ablehnung der Nieotin- s£urepr~parate Einspruch erhoben wird unter Hinweis auf klinisehe Erfolge, so wKre dem entgegenzuhalten, daft es oft sehr sehwer sein kann, zu entscheiden, ob dig Besserung des klirrischen Befundes auf das zu prfifende ~edikamen~ oder auf andere Umst~nde zuriiekzufiihren ist. Es gib~ j~ Beispiele in beliebiger Zahl, dig zeigen, wie durch a]Izu oPtimistisehe klinische Beurteilung pharmazeutische Pri~parate sick zun/~ehst einen Iqamen erwarben, aber ebensosehnell, wie sic erschienen waren, wieder yon der Bfldfl~che ver- schwanden, weft sic sieh letzten Endes dock nicht bew/~hrten. Man daft eben nieht auSer acht lassen, da$ oft schon die Khnikaufnahme dureh Bet~ruhe, ErnKhrung, Rauchverbot, psyehische Faktoren usw. eine einschneidende Umstellung in der Lebensweise bedeutet, die sich auf den Krankheitsverlauf giinstig auswh'ken kann. Hinzukommt, dug man auch mit spontanen Remissionen reehnen mull Auf die Seh@ie- rigkeiten, die dadurch in der Bewertung ther~peu- tiseher MaSnahmen entstehen kSnnen, wurde kiirzlich yon RATSCHOW a m Beispiel der RAY~AVDschen Krankheit hingewiesen.

Klin ische Wochenschri~t . 30. $ah rg .

Giinstigstenfalls kSnnte man sick neck vorstellen, dab bei hohen Gef~f~verschliissen dutch die Nicotins~urepri~loarate eine ErSffnung der spastisch kon~rahicrl~n Kollateralen effolgt, die den Extremit£~enenden zugute komm~, wobei die Blutgef/~f~e in diesen Gebieten sick passiv verhalten und yon der Nicotinsgurewirkung nich~ unmit~elbar betroffen werden. So gesehen wiirden sich die klinisehen Erfotge erkl~ren lassen, die CO~DO~mLI mit Nieo~insaure bei Embolien und End- aagiitis obli~erans beobacktet ka~. Im allgemeinen sind sick sonst beziiglich der unteren Extremi~ten, die j~ vorzugsweise Sitz der Endangiitis obli~erans sind, auek die Untersucher mi~ positiver Einstellung zur Nicotins/~ure d~rtiber einig, dal~ gerade hier die l~icotinsam*ewirkung nur schwack aus- gepriigt ist.

Besonders bedenklieh erseheint es dem Verfasser, wenn auch noeh das Ulcus cruris in das Indik~tions- gebiet der Nicotins~urepr~parate mit einbezogen wird. Objektiv bewiesen ist hier niehts, und im fibrigen gibt es kaum ein Krankheitsbild, das besser geeignet w/ixe, jede gewfinschte Wh'kung eines Medikamen~es nachzuweisen ~ls das Uleus eruris.

Fiir die Nieotinsgureprgparate liegen die Verhglt- nisse klar. Es besteht a.ber auf dem pharmazeutisehen Mark~ zur Zeit eine Hoehkonjunk~ur in gefaBemvei- ternden Mi~teln, so dab man naeh Ansicht des Ver- fassers gut tun wird, auch ihnen gegeniiber nicht a]lzu optimistiseh zu sein. Man macht sieh leicht eine falsche Vorstellung fiber die Leistungsfi~higkei~ der gef~Berweiternden Medikamente. Sehr aufsehluBreich is~ der Vergleieh mi~ dem indirekten Wi~rmereiz des Heil3getr~nkes. Man sollte yon einem gefi~$erwei- ternden Medikament doch eigentlich erwarten, dab es mindestens das gleiehe leistet wie ein Hefl3getr/~nk. Davon kann abet kelne Rede sein. Wit haben bereits an anderer Stelle darauf hinge~%sen, dab es bisher taSsgchlich kein gefgf~erweiterndes Medikament gibt, welches, in der therapeutischen Einzeldosis gegeben, die Wirkung des Hei$getrgnkes auf die periphere Durehblutung an Hgnden und FfiSen erreieht. Am ehesten sehein~ fiir die FSrderung der Durehblutung an den Extremi~gtenenden noch das Priscol geeignet zu sein, so da$ die weitere Suche naeh gefgSerwei- ternden Mitteln, wenn sie nieht ganz neue Wege geht, vielleieht veto Priscol bzw. Histamin als Grnnd- kSrper ihren Ausgang nehmen sollte.

Bei der Prfifung der gefgl~erweiternden Mittel hat man vielfach das Gewich~ al~usehr auf kreislauf- dynamische Untersuchungen gelegt. Man sollte aber bei solchen Priifungen den besonders gearteten Ver- hgltnissen an den Extremitgtenenden volle Aufmerk- samkeit schenken, um auf diese Weise.zu einer genauen AbgTenzung der Indikation zu gelangen, die allein den rationellen Einsatz der gefgBerweiternden Medika- menbe gewghrleiste~.

Zusammen/assung. Dutch Messung der Hauttem- pera~uren an F.ingern und Zehen unter Bedingungen, welehe sowohl gefgBconstrietorische als auch gefgB- dilatatorische V0rggnge ~rkennen lassen, ~-arde fest- gestellt, da$ die ~ico~in~gure und; ihre Derivate Ronicol und Traluril bei den fiblichen Applikations- formen (intravenSs, intraInuskulgr, per os) keine Durehblutungssteigerung an den Extremitgtenenden auszul6sen vermSgen. Es kommt vielmehr sehr ha.ufig zu einem Ab~all der Fingertemperatur, der bei gesunden Versuehspersonen 100 C und mehr betragen kann (,,negativer ~icotinsgureel/ekt" ). Aus den an gesunden Versuehspersonen und a n Kranken mR peripheren DurchblubungsstSrungen gem~ehten Beobachtungen

ld

14 G. M ~ ¥ o ~ und H. W. STm~: Zur 0xydation anomerer Zueker. Klinische Wochenschrift

wird der SchluG gezogen, da$ die Nicotinsaure- pr/~paraf~ fiir die Behandlung der peripheren Durch- blutungsstSrungen an den Extremit/~ten nicht geeignet sind.

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ZUR OXYDATION ANOMERER ZUCKER.

V o n

G. iVIALYOT~ und H. W. ST]~I~¢. Aus dem Forschungslabora~;orium (Direktor: Prof. Dr. reed. A. WISKOTT) der UniversitK~s-:Kinderklinik Mfinchen

(Leiter: Prof. Dr. med. et phil. G~NTItER MAI~YOTH).

Die Zuckerarten weisen bei ihrer Resorption im Darm Eigengesetzliehkeiten auf. Im Widersprueh zum Diffusionsgesetz werden Hexosen mit ungleicher Gesehwindigkeit resorbiert. Dieses ist der augen- fglligste Hinweis auf die Beteiligung einer vitalen T/~tigkeit bei der Darmresorption gewisser tIexosen. Es wird nieht fiir unmSglich gehalten, dab die Phos- phorylierung irgendwie mit der Transportfunktion in Verbindung steht. Sieher geht aber der Phosphory- lierungsprozeB fiber die einer einfachen reversiblen Zwisehenreaktion mit den Zuekern hinaus. Vielmehr seheint die Phosphorylierung hier, wie im Muskel- stoffweehsel, eine Folge yon miteinander verknfipften Transphosphorylierungen zu sein, an denen die intra. eellulgre Wirkung einer Gruppe yon Enzymen, als den Vermitflern, beteiligt ist *. Sie sind verbunden mit einem oxydativen Abbau eines Bruchteiles des verffigbaren Zuckers und so mit der Freisetzung yon Energie, die wahrscheinlich fiir den Transportmeeha- nismus benfitzt wird (S. P. CoLowm~, H. M. KALCx~ und C. F. CoRI u. a.1). Auch in Ern~hrungsversuchen wird die selektive l~esorption der Zucker ungetroffen. Zur Erkl~rung der Vorrangstellung der /~-Form der Lactose in Ern~hrungsversuchen gegeniiber der ~- Lactose kSnnen solehe Erklgrungen.dienen. Bis zur ersehSpfenden Erkl/~rung wird man die klinischen Ergebnisse ~ zusammen mit dem recht zuverl~ssigen Test, der Vermehrung der Bifidusflora ~ , wie munches in der Di~tetik, zun~chst hinnehmen mfissen. Ob jemats genfigend physikalische oder chemische Vor. g~nge solche Besonderheiten werden erkliiren kSnnen, bleibt fl:~glich, doch diirften die Ergebnisse fiber die untersehiedliehen Oxydationswerte der Gal*ktosen und tier Lactosen bier nieht nut yon Interesse sein, sondern ~delleieht auch ein Stfick in der Beweiskette darstellen.

Sucht man nach ehemischen Unterschieden z~d- schen ~- und /LLaetose, sa fi~llt der Befund yon H. S. I S ~ L ~ ~, naeh dem die ~-Laetose durch Brom doppelt so schnell wie die ~-Lactose oxydiert wird, am meistea auf. K . S . ISBELL und C. S. HuDso~¢ ~ fanden, da2 die Aldosen bei Oxydation mR Brom- wasser in schwach saurem Medium in ~-Lactone um- gewandelt werden, w~Lhrend tI . S. ISB]~LL ~ zeig~e, da$ die /~-Zucker schneller als die c¢-Zucker oxydiert

* I n diesem Zusammenhang ist tier Befund yon C. F. CORI und G. T. CORI yon wesenttichem Interesse: Glucose hemmt die Phosphorylase- uktivit~t in jeder RichSung, dabei wirkt a-Glucose hemmender als fl- Glucose.

werden und dab die pyranolden Formen ~-Laetone geben, ohne intermedii~re Bildung einer freien Si~ure. H. S. ISBELL und W.W. P~GMAN5 unterwarfen die ~- und #-Modifikgtionen versehiedener Zucker bei 0 ° C der Bromoxydation in Gegenwart yon Barium- carbonat und Kohlendioxyd, wobei sich das Gleich- gewicht zwischen den Isomeren nicht vor der Oxy- darien einstellt. Zum Beispiel wh'd die fl-d-Galaktose naeh 20 min vollst~ndig oxydiert, wahrend die ~-d- Galaktose naeh 5 Std zu etwa 80% oxydiert ist. fl-L~etose ist nach 30 min zu 97 % oxydiert, w/~hrend ~-Lactose erst naeh 300 rain zu 72 % oxydiert ist. Wir konnten diese bei 0 ° erhaltenen ~¥erte repro- duzieren.

Bei IS~LL und t~GM~'¢ 5 finder sich schon der Satz: ,,Die Bestimmung der entspreehenden Reak- tionsf~higkeit verschiedener Modifikationen ist wieh- tig zum Verst~ndnis ihrer Reaktionen im biologisehen System und in w/iSriger LSsung." Es war deshalb fiir uns yon Interesse festzustellen, ob sich aueh bel h6herer Temperaiur meBbare Unterschiede in der Oxydationsgesehwindigkeit zwischen ~- und ~- Zuekern finden lassen. Wir oxydier ten die Zueker bei 200 mit Bromwasser ohne Zusatz yon BaCO 8, wobei die Zueker im UbersehuB vorhanden waren. Unter diesen Bedingungen erfolgt die Oxydation sehr lang- sam und kann in ihrem Fortsehreiten kolorimetriseh gut verfolg~ werden. Die Kurven, Abb. 1 und 2, zeigen deutlich, da$ auch bei 200 ~-, fl- und Gleieh- gewiehtszucker verschieden raseh oxydiert werden. Aus beiden Kurven ist ersiehtlich, dab j eweils der fl-Zucker naeh 1 Std doppelt so ~del Brom Verbraucht hat wie der ~-Zueker. Die Kurve der Gleiehgewichts- galaktose liegt naher bei der Kurve der ~-Galaktose als die Kurve der Gleichgewichtslactose bei der Kurve der fl-Lactose, weil im Falle der Galaktose im Gleichgewieht 29,6% ~-Galaktose und 70,4% fl-Galaktose enthalten ist, w/~hrend im Falle der Lactose im Gleichgewicht 37,5% ~-Lactose und 62,5% fl-Lactose enthalten ist **. fJbereinstimmend mit ISB:~LL und Pm~-A~¢ 5 werden die 3 Galaktosen erheblich schneller als die entsprechenden 3 Lactosen oxydiert.

"~Vir sind welter damit besch~ftigt, die fermen- tative Dehydrierung yon anomeren Zuckern zu unter- suchen.

** Aus der optischen Drehung berechnet unter der Vorausse~zung, da$ die LSsung nur 2 Isomere enth~lt.