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B o g omilentum und B o g omilengräber i n d e n s üd s lawi s chen Länd e r n Von ALEXANDER V. SOLOV I EV, Genf I Die Erforschung des Bogomi l e nt ums ha t in den le t z ten J a h r en einen besonderen Aufschwung erlebt. Diese größte häretische Bewegung des Mittelalters hat schon viel früher die Aufmerksamkeit der gelehrten Welt auf sich gezo ge n; schon vor einem Jahrhundert h a t Charles Schmidt 1  darüber ausführlich geschrieben. Nach dem die wichtigste Que ll e, der T raktat des P resby t ers Kosmas im J 1864 ver öffentlicht worden war, hatte Franjo Racki sein Standardwerk über Bogomilen und Fatarenen erscheinen lassen ). Später erschienen lä n gere Zei t hindurch nur k l einere und lokale, nicht selten sogar dilettantische Aufsätze, besonders in Bulgarien und in den serbokroatischen L ändern. In Frankreich hat man die Katharer eingehend erforscht. Aus den letzten zehn Jahren können wir eine Reihe von tüchtigen Werken aufzeigen: den vorzüglichen Kommentar von A Vaillant und H C. Puech zu Kosmas' Traktat3), die englischen Veröffentlichungen von Steven Runciman 4  und Dimitri Obolensky1 1  , bulgarische Arbeiten von Dimitri Angelov 0  , e n dlich die Werke Söderbergs 1  u n d Arno Borsts8 übe r die Katharer. 1 ) Cbarles Schmidt , Histoire des Cathares e t Albigeois, t. I -11, P ar is-Gen f 1849. 2 ) Franjo Racki , Bogomili i Patareni. Rad jug. Akademije, VII, VIII u X, Agram 1869-70. Der erste Teil wurde verkürzt ins Fran:r-ösische übersetzt von L o u is Leger, L'heresic des Bogomiles en Bo s nie et cn Bulga r ie au Moyen Age. Revue des Questions Historiques, Band VIII (Paris 1870), S 479-517. Das ganze Werk ist von der Serbischen Akademie neu herausgegeben worden im Sammelband: Borba Juznih Slovena z a neod visnost. Bogomili i Patareni o d D -r Franje Rackoga (Poseboa izdanja SKA, Belgrad 1931), s 335-599. S H. C. P ue h ct A. Vaillant, L e traite comre l es Bogomiles de Cosmas le prctre Travaux publies par 'Institut d'Etudes slaves - XXI). Paris 1945. ) S t even Runciman, The M edie val Manichee. A Study of the Christian Dualist Heresy. Cambrid ge, 1947. 5 ) Dimitri Obolensky, The Bogomils · A Study in Balkan Neo-Manid1aeism. Cam bridge, 194 8 1  Dimitur Angelov, Bogomilstvoto V Biilgarija. Sofia, 1947; Filosofskite vuzglcdi n a bogomilite. Izvesrija na lost. o a Biilg. Istorija, B Ak. N., Sofia 1951 , 113-147. . 7 ) H . Söderberg, La religioo des Cathares. Etudes sur Je gnosticisme de Ia basse antt quite ct du Moycn Age· Uppsala, 1 949. 8 ) Arno Borst, Die Katharer. Stuttgart, 1953.

Solov'ev_1959_Bogomilentum und Bogomilengräber in den südslawischen Ländern_Südosteuropa-Verlagsgesellschaft.pdf

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  • Bogomilentum und Bogomilengrber in den sdslawischen Lndern

    Von ALEXANDER V. SOLOVIEV, Genf

    I. Die Erforschung des Bogomilentums hat in den letzten Jahren einen besonderen

    Aufschwung erlebt. Diese grte hretische Bewegung des Mittelalters hat schon viel frher die Aufmerksamkeit der gelehrten Welt auf sich gezogen; schon vor einem Jahrhundert hat Charles Schmidt1) darber ausfhrlich geschrieben. Nach-dem die wichtigste Quelle, der T raktat des P resbyters Kosmas im J. 1864 ver-ffentlicht worden war, hatte Franjo Racki sein Standardwerk ber Bogomilen und Fatarenen erscheinen lassen!).

    Spter erschienen lngere Zeit hindurch nur kleinere und lokale, nicht selten sogar dilettantische Aufstze, besonders in Bulgarien und in den serbokroatischen Lndern. In Frankreich hat man die Katharer eingehend erforscht.

    Aus den letzten zehn Jahren knnen wir eine Reihe von tchtigen Werken aufzeigen: den vorzglichen Kommentar von A. Vaillant und H. C. Puech zu Kosmas' Traktat3), die englischen Verffentlichungen von Steven Runciman4) und Dimitri Obolensky11), bulgarische Arbeiten von Dimitri Angelov0), endlich die Werke Sderbergs1 ) und Arno Borsts8) ber die Katharer.

    1) Cbarles Schmidt, Histoire des Cathares et Albigeois, t. I-11, Paris-Genf 1849. 2) Franjo Racki, Bogomili i Patareni. Rad jug. Akademije, VII, VIII u. X, Agram

    1869-70. Der erste Teil wurde verkrzt ins Fran:r-sische bersetzt von Louis Leger, L'heresic des Bogomiles en Bosnie et cn Bulgarie au Moyen Age. Revue des Questions Historiques, Band VIII (Paris 1870), S. 479-517. Das ganze Werk ist von der Serbischen Akademie neu herausgegeben worden im Sammelband: Borba Juznih Slovena za neod-visnost. Bogomili i Patareni od D-r Franje Rackoga (Poseboa izdanja SKA, Belgrad 1931), s. 335-599.

    S) H. C. Puech ct A. Vaillant, Le traite comre les Bogomiles de Cosmas le prctre (Travaux publies par !'Institut d'Etudes slaves - XXI). Paris 1945.

    ) Steven Runciman, The Medieval Manichee. A Study of the Christian Dualist Heresy. Cambridge, 1947.

    5) Dimitri Obolensky, The Bogomils A Study in Balkan Neo-Manid1aeism. Cam-bridge, 194 8.

    1) Dimitur Angelov, Bogomilstvoto V Biilgarija. Sofia, 1947; Filosofskite vuzglcdi na bogomilite. Izvesrija na lost. oa Biilg. Istorija, B. Ak. N., Sofia 1951 , 113-147. .

    7) H. Sderberg, La religioo des Cathares. Etudes sur Je gnosticisme de Ia basse antt-quite ct du Moycn Age Uppsala, 1949.

    8) Arno Borst, Die Katharer. Stuttgart, 1953.

    Vortrag, gehalten auf der 1. Internationalen Hochschulwoche der Sdosteuropa-Gesellschaft 1954.

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  • Die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeiten seien im folgenden ganz kurz vor-gelegt. Es ist jetzt klar, da das Bogomilentum keine "groe Manifestation des slawischen Geistes" war, sondern nur ein mchtiges Glied in der groen Kette der manichischen Bewegung, die mit einem Flgel China erreichte und mit dem anderen das ganze Mittelmeergebiet erfate.

    Auf gnostischen, persischen und christlichen Lehren fuend, hat Mani eine syn-kretistische Religion geschaffen, in der ein schroffer Dualismus, die Antithese des Lichtes und der Finsternis, des guten und des bsen Gottes scharf ausgeprgt war. E;- war eine mystische Lehre, welche die ganze sichtbare Welt als Werk Satans verdammte, den Glubigen zur Askese und zur esoterischen Spekulation rief und an eine langsame Befreiung der Seele von den Ketten der Materie glaubte. Es war die neuplatonische Antithese der Welt der Ideen und jener der Materie (\i),r, ).

    Zufolge dieser Lehre, die fr gewhnliche Leute kaum einzuhalten war, wur-den alle Glubigen in zwei Klassen geteilt: die e 1 e c t i, die Vollkommenen, und die gewhnlichen a u d i t o r es. Nur eine kleinere Auslese konnte dem asketischen Ideal entsprechen und die esoterische Lehre verstehen; alle anderen sollten sich langsam auf die Vollkommenheit vorbereiten.

    Mani hatte seine eigene Kirche, seine Liturgie und seine Hymnen geschaffen; in seiner Lehre erhlt das Evangelium einen groen Platz, aber nach Christus wird Mani selbst als der neue Paraklet betrachtet. Die christliche Kirche ist dem Manichismus schon im 4. Jh. feindselig, und der christliche Staat fhrt die Todesstrafe fr Manicher ein, was im Codex Justiniani besttigt wird. Die Manicher, welche die diesseitige Welt verdammen, werden von Kirche und Staat als grte Feinde der Gesellschaft betrachtet.

    Nach der Bekehrung des hl. Augustinus ist der Manichismus in Europa unter-drckt worden und bald verschwunden, aber in .Pi.gypten und besonders in Turke-stan hat er noch groe Erfolge gehabt. In diesen Lndern sind im 20. Jh. viele manichische Texte gefunden worden, welche neues Licht auf diese Bewegung werfen.

    Im 7. Jh. ist in Klein ismus erstanden, der eine weitere Chn uanisierung der Bewegung bedeutete. Die Lehre dieser Sekte ist uns weniger bekannt, da wir keine originalen Texte derselben besitzen, sondern nur den Bericht des Petrus Siculus aus dem J. 869. Man kann vermuten, da die gnostischen Elemente hier wemger ausgeprgt waren; Manis Hymnen wurden nicht gesungen, die Paulikianer beschrnkten sich auf das Neue Testament und verdammten das Alte als ein Werk des bsen Gottes. Es scheint, da sie keine eigene Literatur besaen und die Werke Manis nicht viel gelesen haben. Meistens Armenier, waren die Paulikianer t.\!.chtige Krieger; von einem asketischen Ideal ist bei ihnen nicht viel zu hren. Sie grndeten ihren eigenen Staat, und der byzantinische Staat war ihnen sehr feindlich; man kann bei den Paulikianern deutlich einen demo-kratischen und revolutionren Geist beobachten. Aber in vielen Zgen sind sie den Manichern hnlich: Es ist derselbe kosmogonische und ethische Dualismus, dieselbe Verachtung der Welt als Schpfung des bsen Geistes, dieselbe Verachtung

    174

  • von Kirchen, Bildern und Reliquien, derselbe Doketismus, nmlich die Lehre, da Christus keinen reellen, sondern nur einen scheinbaren Krper gehabt habe.

    Paulikianer wurden von den Kaisern seit dem 8. Jh. nach Thrazicn bersiedelt, um do.rt als Grenzsoldaten zu dienen; es ist sehr wahrscheinlich, da dort unter ihrem Einflu nach der Bekehrung Bulgariens zum Christentum die neue Bewe-gung - das Bogomilentum - entstanden ist.

    Die Quellen fr diese Bewegung waren lange Zeit immer nur dieselben, die schon Racki bekannt waren. 1913 hat dann M. Petrovski eine wichtige neue Quelle, einen Jlrjef des Patriarchen Theophylaktos an den Zaren Peter entdeckt, in dem die neue Hresis als nManichismvs mit Paul jkjanjsmus yermisdJt" be-zeichnet wird0). Diese genaue Bestimmung beweist, da der pferdefreundliche Patriarch in der Hresiologie gut unterrichtet war. In der Tat zeigt uns Puech's sorgfltige Analyse, da der Bogomilismus, obgleich mit dem Paulikianismus eng verbunden, in mancher Beziehung doch der Lehre Manis nher steht als sein direktes Vorbild.

    Diese Erscheinungen, welche zum Manichismus hinfhren, sind: 1. die Verachtung der Ehe und des Erzeugens von Kindern, 2. das Ritual der geistigen Taufe, welche den Glubigen zum Erwhlten

    erhht, 3. die Annahme des ganzen Neuen Testaments, und 4. die Lehre von der Sonne, als Schpfung des guten Gottes.

    H. C. Puech spricht sogar von "einer manichischen Enklave im Paulikianismus", welche ihm rtselhaft bleibt. Er meint, man knne nicht nachweisen, ob die reine Lehre Manis aus Persien oder vom Kaspischen Ufer zu den Slawen an der Donau gekommen wre10). Wir mchten aber eine Vermutung uern: D~ Bulgaren des 9. und 10. Jh.s waren noch nicht ganz slawisiert; die Oberschicht dieser "Hunno-bulgaren" (wie sie Zlatarski nannte), kannte noch ihren trkischen Dialekt. Zu diesen Bulgaren konnten doch, nach dem Zerfall des manichischen ujgurischen

    ~taates im I. 840, nomadische Flchtlinge auf dem bekannten Steppenweg ge-stoen sein und ihren Stammesverwandten Kenntnis von der wahren Lehre Manis gebracht haben.

    Auf paulikianischer und manichischer Tradition fuend, ist in Bulgarien in der ersten Hlfte des 10. Jh.s eine neue Lehre entstanden, die im Popen Bogomil ihren grten Lehrer fand.

    Seine Person bleibt uns immer rtselhaft, nichts Neucs hat man ber ihn er-fahren, keine genauen Daten, selbst was seinen Namen anbelangt, zweifelt man, ob er nicht ein Pseudonym ist. Was seinen Gegner Kosmas betrifft, kann man mit V aillant und Puech bereinstimmen, da dieser nach 970, gleich nach der Katastrophe Bulgariens, geschrieben habe.

    1) N. M. Petrovskij, Pismo patriarcha Konstantinopolskago Fcofilakta carju Bolgarii Petru. Jzvestija otd. russk, jazyka Imp. Akad. Nauk, d. XVIII, 3, (SPb. 1913)

    o) H. C. Puech et A. V aillant, a. a. 0., 306 ff. und 322.

    175

  • Eine vergessene Quelle sagt uns deutlich, da die Bogomilenlehre in de e-gend von Phili o oli entstanden war d. h. erade im Ge 1ete der Paulikianer11).

    1ese zwei Wurzeln des Bogomilentums erklren uns gewisse Schwankungen in seiner Lehre vom Dualismus. So sagt Theophylaktos, da die Hretiker an zwei Prinzipien ( oJo &tzrxi) glauben, dagegen meint Kosmas, da sie den Satan als den jngeren, unge orsamen Sohn Gottes betrachten. Die beiden Autoren be-tonen aber, da Satanael als Schpfer und Herr der materiellen Welt betrachtet wird (1t0llj'r~' xai apzw'l T~; UAY)~). Dieses Schwanken zwischen schroffem und mil-derem Dualismus (dualisme absolu et dualisme mitige) findet man spter auch in Italien: Der erste ist dort mit der "ecclesia Druguvitiae", der zweite mit der ,.ecclesia Bulgariae" verbunden. Die beiden Lehren waren schon am Balkan ent-standen.

    Es ist bewiesen, da gewisse soziale Ursachen den Aufschwung des Bogomilen-tums in Bulgarien begnstigt haben. Es war ein latenter Protest der buerlichen Massen gegen die Byzantinisierung, gegen die Schaffung einer teuren Kirche und eines halbfeudalen Staates. Doch, wie Dondaine fr Italien bemerkt, der Boden war gnstig und schon vorbereitet, um den Samen aufzunehmen; aber der Same selbst ist nicht aus dem Boden selber entsprossen, er wurde von auen gest12).

    Bald ist der Same dieser Lehre in Kleinasien ausgestreut: Euthymios aus Pery-bleptos findet dort am Anfange des 11. Jh.s Bogomilen oder Phundagiagiten13). In derselben Zeit kommen die Hretiker nach Oberitalien und Frankreich, und die in Orleans und Arras bezeugten Katharer zeigen uns, da es dieselbe dem Manichismus eng verwandte bogomilische Lehre war. Aus Bulgarien ist sie nach Westen gekommen, was durch die Namen "Bulgari, Bougres" in Italien und Frankreich bewiesen ist. Ein anderer Name ist Cathari (davon das deutsche Wort "Ketzer"); ber den Ursprung dieses Namens werden wir spter sprechen.

    Die Katharer hatten ihre Bischfe, vom f i 1 i u s m a j o r und f i 1 i u s m in o r begleitet; sie standen in engen Beziehungen zu den bulgarischen Gemeinden (ecc-lesia Bulgariae et ecclesia Druguvitiae), die immer als Mutterkirchen betrachtet wurden14) und zu denen die erwhlten italienischen "Bischfe" ad ordinem acci-piendum wallfahrten. Die bulgarische Kirche hatte auch ihren Bischof (auch "dedec" genannt) und ihren f i 1 i u s m a j o r15).

    Zur Zeit des Alexios Komnenos wurde eine bogomilische Gemeinde in Konstan-tinopel entdeckt und ihr Bischof Basilius auf dem Scheiterhaufen verbrannt; den besten Bericht ber das Bogomilentum hat Euthymios Zygabenos in seiner "Panop-lia" gegeben.

    11 ) A. V. Soloviev, Autour des Bogomiles. Byzantion XXII (1952), 105lf. u) A. Dondaine, L' origine de l'heresie medievale. Rivista di Storia dclla Chiesa in

    Itaha, anno VI, No 1 (Rom 1952), S. 631f. 13) Gerhard Ficker, Die Phundagiagiten. Leipzig, 1908. 14) A. Dondaine, Les actes du conci lc albigeois de St. Fclix de Caraman. Scudi e testi,

    vol. 125. Citta del Vaticano, 1946, 324-355. 16) Nazarus sagte, er "habuit hanc errorem ab episcopo et filio majori ccclesiae de

    Bulgariae. Rainer Sacchoni, Summa, in fine.

    176

  • Tafel IX

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  • Tafel XII

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  • Tafel XIV

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  • Tafel XV

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  • Tafel XVI

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    Sarkophag ,-on Domann (Stirnseite)

  • Zur Zeit Manuels Komnenos tauchen Bogomilen auch in Mazedonien auf, in Moglena, was durch die ltere Vita des Bischofs Hilarion von Moglcna bezeugt ist16). In derselben Zeit (zwischen 1168 und 1180) wurde das geheime Bogomilcn-tum durch Stefan Ncmanja in Serbien entdeckt und durd1 strenge Manahmen vernichtet17).

    Im 13. Jh. war die ketzerische Bewegung in Oberitalien und Sdfrankreich ziemlich stark verbreitet, wurde aber durch die Ppste grausam unterdrckt. Die Grndung der Inquisition und des Dominikaner- und Franziskanerordens steht damit in Zusammenhang.

    Die letzten Arbeiten von A. Dondaine und Ilariono de Milano erklren uns die Beziehung der Katharer zu den bulgarischen Gemeinden und zeigen uns auch das Schwanken der Doktrin zwischen den zwei Typen des Dualismus, zwischen den Albaneoses und Concorrezenses18). Die Katharer von Tuscia (Toskana) schicken ihre Bischfe nach der "ecclesia de Slavoma id est Bossina". Es ist eine neue Gemeinde, welChe wahrsCheinliCh eine dritte, selbstndige Stellung zwischen der bulgarischen und druguvitischen behielt.

    Il. Wir kommen zum eigentlichen Thema dieses Vortrages, zu Bosnien. Es ist bekannt, da sich das Problem des Bogomilcntums in Bosnien (und der

    Herzegowina) infolge verschiedener Meinungen stark kompliziert hat. Noch in den Jahren 1869 und 1870 verffentlid1te Franjo Racki sein ausgezeichnetes Werk ber die Bogomilen und Patarener, an dem er 15 Jahre gearbeitet hatte; er gab dort ein breites Bild der ganzen Bewegung auf dem Balkan und in Europa und schilderte die bosnischen Hretiker ausfhrlich als Bogomilen. In der Folge ver-wirrte ein heftiger politischer Streit die wissenschaftliche Erforschung von fast 100 Jahren. Es war der lange Streit zwisd1en Serben und Kroaten um Bosnien. Noch vor dem Ende der Trkentlerrsdlaft erwachte das junge Nationalbewut-sein der beiden Brdervlker in Bosnien: die Katholiken, die frheren "kr5cani", fingen an, sich als Kroaten zu betrachten und beriefen sich auf historische Rechte; die Orthodoxen, die frheren "riscani" oder" Vlasi", fhlten sich jetzt als Serben und beriefen sich ihrerseits auf ihre Mehrheit. Schon etwas vor Racki, 1867, ver- J ffentlichte der serbische Advokat Bozidar PetranCYUic ein kleines Buch in Zadar18), in dem er behauptete, da die mittelalterliche "bosnische Kirche" immer orthodox gewesen sei und die Bogomilen nur ein Auswuchs ("natruha") auf dem gesunden Krper der serbisch-bosnischen Orthodoxie gewesen wren.

    11) A. Jacimirskij, Melkije teksty i zametki. lzvestija otd. russk. jaz. Akad. Nauk, t. XIII, SPb. 1908, 149-160; A. Solovjev, Svedolanstva pravoslavnih izvora o bogomil-stvu. God. Ist. Drustva BiH., sv. V, 12-15, Sarajevo, 1953.

    17) A. V. Solovjev, o. c. 15-24. 18) A. Dondaine, Un traiu~ nco-manicheen du XIIIe sieclc. Le Liber de duobus prin-

    cipiis suivi d'u~ fragment de ritucl.

  • Spter, schon unter der sterreichisch-ungarischen Herrschaft, versuchten der orthodoxe Mnch Gennadios20) und der sptere Belgrader Dozent Sima T omic (unter dem Pseudonym "Atom") dieselbe These zu begrndcn2t). Atom behaup-tete sogar, da es in Bosnien und der Herzegowina berhaupt keine Bogomilen gegeben habe; die einheimischen Urkunden und Manuskripte beweisen ihm eine Orthodoxie; alle vatikanischen Zeugnisse seien nur Verleumdungen gewesen.

    Diese lokalen Schriften waren auerhalb Bosniens fast unbeachtet geblieben; ernste Gelehrte wie Klaic, jirecek, Sisic zweifelten nicht an dem Bogomilentum der "bosnischcn Kirche". Nach der Schaffung Jugoslawiens wiederholte 1924 ein serbischer Patriot aus Bosnien, Vaso Glusac, in einer Belgrader Zeitschrift alle Argumente Tomics, ohne seine Vorgnger zu nennen, und hatte damit groen Erfolg, seine Beweise wurden ernst genommen22). Rackis Werk schien veraltet zu sein.

    Zehn Jahre spter bernahm merkwrdigerweise ein junger Kroate, faro!f9v Sidak, alle Beweise von Glusac; er schrieb eine Dissertation, in der er die Literatur von Petranovic bis Glusac (ohne Gennadios und Atom zu kennen) revidierte und behauptete, da Rackis These immer wieder durch neue Beweise angefochten und widerlegt werde23). Da Sidak aber viele Zeugnisse kannte, in denen die ortho-

    (

    doxen Quellen die "bosnische Kirche" als hretisch verdammten24), schuf er eine nebelhafte Theorie: es wre eine ,.rechtglubige" (pravovjerna) christliche Kirche gewesen, dem Papste ungehorsam, von Rom und von Byzanz gleicherweise ver-leumdet und getrennt.

    Stdaks boktorthese, sehr geschickt geschrieben, fand Zustimmung. Sogar F. Sisic und ]. Radonic nahmen sie ernst, obgleich sie mit Sidaks Behauptungen nicht einverstanden waren. Der alte Forscher Ciro Truhelka, der frher immer von Bogomilen in Bosnien geschrieben hatte, ging jetzt weiter und behauptete 1942, da die ,.bosnische Kirche", gleich wie die abessinische, armenische und l

  • Franziskaner, Leo Petrovic, behauptete, da die .. ~snische Kirche" eine Bene-diktinerorganisation gewesen wre, dem Paeste ungehorsam qnd mit der kroati-sdieilN'ationalbewegung des i 1. )fi.s verbunden27). So ist die kroatische ,.Offen-sive" auf Bosnien und Herzegowina immer heftiger geworden2B).

    Anderseits beharrte V. Glusac auf seinem serbischen Standpunkte und ver-ffentlichte 1945 ein Buch, in dem er nicht nur behauptete, da die Bosnier immer ei,ne nationale orthodoxe Kirche bildeten, sondern da berhaupt keine bogo-milische Hresie in Bulgarien, Serbien und Byzanz existierte; es seien nur poli-tische Gegner vom Regime verleumdet worden, es sei ,.eine Mnchsmystifikation", wie er sich ausdrckt!).

    Diese zwei diametral entgegengesetzten Thesen haben die Frage des Bogo-milentums in Bosnien so verwickelt, da die beiden englischen Autoren in ihren vortrefflichen Bchern ber die Bogomilen Bosnien kaum berhrten: Runeiman spricht von Bosnien nur auf zehn kleinen Seiten und Obolensky nur auf drei Seiten im Anhang.

    Als ich 1947 nach Sarajewo versetzt wurde, wollte ich das Problem von Staat und Kirche in der slawischen Rechtsgeschichte auch fr Bosnien klren und stie dabei auf das Rtsel der "bosnischen Kirche". Wie immer bin ich an die Quellen herangegangen und habe dabei etwas bisher Unbemerktes gefunden.

    In den sprlichen bosnischen Bchern des Neuen Testa_ments kann man leichte Textnderungen und Scholien finden, die rein bogomilisch sindSO).

    Die kurze "bosnische Messe" in der Handschrift des Radoslav stimmt mit) der katbarischen aus Sdfrankreich, sowie auch mit dem von Euthymios von Akmonia beschriebenen bogomilischen Gottesdienst in Kleinasien berein31).

    Im Testament des Gost Radin erkennt man die neumanichische Teilung der

    ! 7) Dr. fra Leo Petrovic, Hrvatsko podrijetlo bogumilstva, .. Spremnost" I, (Agr:un, 1942. Dr. Leo Petrovic, Djed Hrvata-Chroatorum ded. Hrvatski kaiendar "Napredak" za 1943 g. (Sarajevo, 1942); Oporuka Radina Buckovica, ib. za 1944 g. (Sarajevo, 1943); Kdcani bosanske crkve, ib. za 1945 g. (Sarajevo, 1944). Neutim ersdtien nam dem Tode des Autors ein ganzes Buch, in dem dieselbe These entwilielt wird: Dr. L. P. Kdcani bosanske crkve. Sarajevo, 1953.

    !8) Jaroslav Sidak hat seine These popularisiert im Werke: Crkva bosanska i problern bogumilstva u Bosni. (Mala knjiznica Macice Hrvacske, knj. 28, Agram, 1940); siehe noch die Polemik: Miho Barada, Sidakov problern "bosanske crkve". Nascavni Vjesnik 49 (Agram, 1941), sv. 6; J. Sidak, Samoscalna "crkva bosanska" i njezini redovnici, ebda. 50 (Agrarn, 1942), sv. I, 1-17; :M. Barada, Osvrt na odgovor Jar. Sidaka, ib. SO, sv. I, l~-20. Endlim wurde Sidaks These von der "remtglubigen bosnismen Kirme" in kroaus~e Schulbcher bernommen: Barada-Katic-Sidak, Hrvacska poviest za VIII razred srednJlh

    ~kola, I sv. (Agram, 1943), S. 96-99 und 125-130. !v) Eine klare bersimt ber das Problem gib: Dr. Alois Schmaus, Der Neomanich:iis-

    mus auf dem Balkan. Saeculum li (Mnchen, 1951), H. 2, 271-299. 30) A. Soloviev, Vjersko ucenje bosanske crkve. Agram, 1948 (sollte im Rad Jug. Ak~

    demije 270 erscheinen); dasselbe franzsism, La doctrine de l'Eglise de Bosnie. Acadcmtc Royale de Belgique. Bulletin de Ia classe des lettrcs. Se seric. T. XXXIV, Bruxelles, 1948, 481-534.

    31) A. S(oloviev), Prilog pitanju bosanske crkve. Historijski Zbornik, g. III. (Agram, 1950), 213-215; A. Solovitv, La messe cathare. Cahiers d'c!tudes cathares No 12 (1952). 199-207.

    179

  • Glubigen in zwei Klassen: die wahren Christen" "m t astenden Leute" (mrsni ljudi, credentes)3!).

    Die Urkunden zeigen einen deutlichen Unterschied zwischen den pro f o r o e x t e r n o und jenen p r o f o r o i n t er n o. Whrend die ersten wirklich orthodox klingen (was man durch "Mimetismus" erklren kann, wie es Giraud fr die franzsischen Katharer bewies), sind die letzteren nicht so harmlos: man kann dort eine merkwrdige Identifikation des Banus mit dem hl. Gregor von Neocaesarea finden, welche uns an eine Metern s chosenlehre Scelenwan-

    erungs ehre denken lt33). nter en Grabden mlern finden sich anthropomorphe Kreuze, welche nur

    aus der paulikianschen Lehre vom Kreuze, als Symbol Christi mit ausgestreckten Hnden, erklrt werden knnen34).

    Indessen hat D. Kniewald die lateinischen Quellen musterhaft revidiert und bewiesen, da die katholischen Polemiker ihre Gegner gut kannten und (einige Einzelheiten ausgenommen) ein klares Bild der Hresie in Bosnien gaben, die mit dem Katbarismus bereinstimmt35).

    Auch ich habe nach derselben Methode die Beweise der orthodoxen Quellen ber das Bogomilentum in Serbien und Bosnien, sowie auch ber den bertritt der bosnischen Hretiker zum Islam, analysiert38).

    So kreuzten sich "Offensive" und "Gegenoffensive" in der bosnischen Frage, und es war fr mich eine Freude, als mir aus Jugoslawien im Mai 1954 Freunde meldeten, da am 1. Kongre der jugoslawischen Historiker in Belgrad ]aroslav Sidak ffentlich anerkannte, da doch Racki Recht hatte und die "bosnische Kirche immer bogomilisch war.

    III. Es ist jetzt klar, da die bosnische Kirche vom Anfang des 13. Jh.s bis zum

    Ende des 15. wirklich neo-manichisch war, da sie in der Zeit, als die Katharer in Frankreich und Italien vernichtet waren, die einzige Feste und auch das internationale Zentrum des Neo-Manichismus war. Hier weilte in den Jahren 1220 1230 der Hretikerbischof Belesmanza aus Verona, der als AntiPapst seme Legaten nach Frankreich sandte37); aus Bosnien kamen .Sclavoni" noch im -

  • 14_;_)h. nach Italien, u~,d nach Bosnien reisten aus Piemont die letzten Hretiker, um 'von der Quelle des wahren Glaubens zu trinken3B).

    Die Geschichte des Bogomilentums in Bosnien kann hier nicht dargestellt wer-den; wir knnen nur erwhnen, da die Bogomilen sich wirklich nach dem ]. 1463 massenhaft zum Islam bekehrten. bas gesChah freiwhg, wd sie glaub-teA, da Mohammed der neue Paraklet gewesen sei, den Christus am letzten Abendmahle seinen Jngern versprochen hatte. Und es war nicht so sehr der Adel (der meist ausgerottet oder emigriert war), sondern die Masse der Bauern, denn es ist bewiesen, da am Anfang des 17. Jh.s drei Viertel der Bevlkerung in Bosnien und der Herzegowina mohammedanisch waren39).

    Im folgenden geben wir eine Bilanz des Bogomilentums in Bosnien. Positiv scheint sie uns nicht zu sein.

    1) Die Bogomilen in Bosnien haben gegen die ppstliche Macht und gegen den lateinischen und ungarischen Klerus gekmpft. Die Entstehung groer Kirchen-gter hat das Bogomilentum verhindert. Aber revolutionr war es nicht mehr: es hat die Entstehung eines Feudalstaates begnstigt, in dem die Ritterschaft kein Gegengewicht besa, weil die Priesterschaft keinen Grundbesitz, keine ko-nomische Basis gehabt hat.

    2) Der Bogomilismus hat einen Nationalstaat ermglicht, der oft gegen die Knige von Ungarn kmpfte; man darf aber dieses nationale Verdienst nicht berschtzen. Die Herrscher von Bosnien sind doch Vasallen von Ungarn geblie-ben; und, wenn Kroatien und Ungarn viel enger verbunden waren, hat dies die kroatische Nationalkultur nicht gefhrdet: die hheren Klassen sprachen mit den Madjaren lateinisch, der Bauer, wie auch der Ritter, haben ihre Sprache erhalten; bis zum 19. Jh. hat niemand daran gedacht, die madjarische Sprache in Kroatien einzufhren.

    3) Das Bogomilentum hat aber Bosnien von den katholischen Kroaten und Dal-matinern sowie von den orthodoxen Serben getrennt und die groe Idee Tvrtkos I., ein sdslawisches Reich zu grnden, durch diese Trennung scheitern lassen.

    4) Das Bogomilcntum hat das Lesen de taments in der Mutter-~rache ge r ert, wie auch den Gebrauch dieser Sprache in der Verwaltung. Es hat damit Bosnien von dem groen Erbe der rmischen oder byzantinischen Kultur abgeschnitten. Die lateinische Kirche brachte nach Dalmatien das rmische Recht und die scholastische Philosophie, eine gewisse Kenntnis der rmischen und italienischen Literatur. Byzanz hat in Bulgarien und Serbien eine reiche kirchliche und historische Literatur eingefhrt, die groe Kodifikation Stephan Dusans erleichtert. Bosnien ist aber an der Pforte der Adria unkultiviert geblieben, ohne eine fremde Kultur zu kennen und ohne eine eigene zu schaffen. Wir kennen keine einheimische Literatur, keine geschriebenen Gesetze, nicht einmal Volks-

    38) I. Dllinger, Beitrge zur Sektengeschichte des Mittelaltcrs II. Mnchen 1908. 39) A. Soloviev, Nestanak bogomilstva i islamizacija Bosne. Godisnjak Istor. Dru~tva

    Bosne i Herc. B. I (Sar., 1949), 42-79; ders., Engleski izve~taj o bosanskim Poturima. GZM. N.F. VII (Sar. 1952), 101-109; ders., Le temoignagc de Paul Ricaut sur les reste> du bogomilisme en Bosnie. Byzantion XXIII (Br. 1953), 73-86.

    181

  • Iieder aus dem Mittelalter, weil der Bogomilismus in seiner Verachtung der dies-seitigen Welt kulturfeindlich war.

    5) Das Bogomilentum hat gegen den Kirchenprunk und gegen die Ikonolatrie gekmpft, aber dadurch ist die Kultur Bosniens ziemlich verarmt. In Serbien sind die Kirchen des 12.-15. Jh.s mit ihren Fresken wahre Kunstjuwelen. In Italien wird im Schoe der kirchlichen Kunst des t r e c e n t o und q u a t t r o -c e n t o die Renaissance vorbereitet, und in Dalmatien finden wir berall ihre Ausstrahlungen. In Bosnien wurden dagegen alle Kirchen aus der sptrmischen Zeit von den Bogomilen vernichtet; hier findet man keine Kirchenbauten, keine Fresken, berhaupt keine Kunst, nur rohe Grabdenkmler, die mit ihren primi-tiven Bildern an etwas Prhistorisches erinnern. Davon werden wir noch sprechen.

    6) Der Kompromi mit der feudalen Ritterschaft hat die bogomilischen Pre-diger zu ihren frommen Dienern gemacht, zu ihren Finanzagenten, welche nicht dafr gesorgt haben, den Sklavenhandel zu beseitigen und die Knechtschaft der Bauern zu erleichtern. Darum fiel Bosnien so leicht in die Hnde der Trken; der letzte Knig meldete selbst dem Papste, da die Bauern den Staat nicht verteidigen wollen.

    7) Der blinde Ha der Bogomilen gegen den Katholizismus und gegen die Orthodoxie hat zu einem paradoxen Schlu gefhrt. Die Bogomilen sind massen-haft zum Islam bergetreten, um in seinem Schoe ihren Aberglauben und ihre Passivitt zu bewahren. So hat sich der plumpe Bauer, der bosnische "balija", von den Osmanlien selbst verachtet, entwickelt. Diese Tatsache hatte auch das verwickelte Problem der drei Konfessionen in Bosnien zur Folge.

    Im allgemeinen hat der Bogomilismus in Bosnien sehr frh seinen frischen, revolutionren Schwung verloren und ist, wie es auch D. Angelov fr Bulgarien so schn bewiesen hat, eine reaktionre Sekte geworden, konservativ und kultur-feindlich40). Er hat sich selbst zum langsamen Tode verurteilt.

    IV. Wir erwhnten schon, da die einzigen Denkmler der bogomilischen Kunst

    in Bosnien und Herzegowina (von den seltenen Handschriftenminiaturen abge-sehen) zahlreiche Grabdenkmler verschiedener Form sind, am hufigsten mch-tige Sarkophage in Wldern und auf Hgeln und Bergen zerstreut. Obgleich schon lngst bekannt, wurden sie noch nicht grndlich erforscht, da sie weit zer-streut und oft schwer zugnglich, dazu zu zahlreich sind. Nach einer Statistik, die 1889 von der sterreichisch-ungarischen Regierung aufgestellt wurde, soll es 28 000 Grabdenkmler geben, eine Zahl, die oft in der Literatur wiederholt ~rde41). Andersetts erwahnt K. Hrmann in einem 1899 in Moskau gehaltenen

    40) Dimitri Angelov, Bogomilstvoto v Bulgarija. Solija (1947), besonders S. 147 u. 168.

    41 ) Diese Zahl wird angefhrt von VI. Skaric, Bogomilski grobovi i bosancica. Ka-lendar Narodnog Jedinstva za 1932 godinu, 356 und von C. Truhelka im Sa=elwerk MPoviest hrvatskih zemalja Bosne i Hcrcegovine B. I (Sar. 1942), 630 ff.

    182

  • Vortrag deren 59 500, meist in Zentralbosnien und in der Herzegowina kon-zentriert42).

    Bemerkenswert ist, da die Mehrzahl dieser Denkmler ganz "nackt" ist: glatte Platten oder grge Sarkoph1ge ohne Inschriften, ohne Ornamente. C~ro Truhelka hat einmal gesagt, da von 3 Grabdenkmlern nur ein einziges ornamentiert sei; demzufolge drften nur etwa 2000 ornamentiert sein, doch zeigen uns die letzten Forschungen, da die Zahl der ornamentierten viel grer ist; immerhin ist die groe Mehrzahl, wahrscheinlich 90%, ganz ohne Schmuck geblieben. Kaum 100 Denkmler tragen Inschriften, sie sind alle schon verffentlicht und fr unser Thema wenig interessant.

    Uber die Ornamente dieser Grabdenkmler wurde schon viel geschrieben. Zu-erst befate sich damit 1802/03 der romantische polnische Frst Sapieha43), dann 1848 Sir Wilkinson44); der englische Archologe Artbur Evans hat in seiner Jugend 1875 Bosnien und Herzegowina zu Fu bereist und diese Grber kurz, aber klar als bogomilisch beschrieben45).

    In der sterreichischen Zeit schrieb der Prhistoriker Moritz Hoernes zuerst darber, gab jedoch ein ganz schiefes Bild davon. Ihm fielen die Denkmler "mit Jagd- und Turnierszenen und mit Kolotanz" besonders ins Auge; er glaubte, da sie "eine Gleichgltigkeit gegen Religionserkenntnis" beweisen. "Reiten, Jagen und Tanzen, in diesen wenigen Worten rsumiert sich das Leben der bos-nischen Ritter". "Es ist eine traurige Ideenarmut ... eines rohen Wilden". Die Bilder des Mondes, der Lilie und der Sterne mchte er als heraldisch deuten46). Ahnliehe Erklrungen finden wir auch bei Ciro Truhelka41).

    1924 schrieb Georg Wilke einiges ber die Symbolik der Bogomilengrber. Er bemerkte den symbolischen Sinn der Mondsichel, der Lilie, der Sterne, der Spi-ralen; aber in seiner breiten komparativen Methode griff er nach Parallelen aus Mexiko, aus gypten und aus Polynesien, um zu beweisen, da es nur Mond-symbole seien, die auf Tod und Auferstehung hindeuten. Es war immerhin ein Schritt vorwrts. Leider behauptete Wilke, da es sich auf den bosnischen Gr-

    42) Kosta Hrmann, Sredncvekovyje pamjatniki Bosnii i Hercegoviny. Trudy XI Ardleologileskogo Sjezda v Kijeve 1899 goda, t. II (Moskau 1902), 165-172; er hat der Kais. Russ. Archol. Gesellschaft auch eine ausfhrliche Landkarte Bosniens und Herze!lo-winas, wo alle Grabdenkmler angezeigt waren, geschenkt. In Sarajevo besteht so emc Karte nicht.

    43) Xi~ze Alexander Sapieha, Podr6z do kraj6w slowianskich. Warschau 1811. H) Sir Gardncr Wilkinson, Dalmatia and Montenegro, II (London, 1848), 182 ff. 45) Artbur Ev ans, Through Bosnia and the H erzegovina on foot. London 1876,

    174-177. Einige Bemerkungen findet man bei Luka Zore, Bosanski grobovi. Program c. kr. Dubrova~kog gimnazija za g. 1880/81. Dubr. 1880 und bei Johann v. Asb6th, Bos-nien und H ercegowina. Wien 1888, 94-118.

    48) Moritz Hoernes, Alterthmer der Hcrcegovina. Sitzungsberichte der K. K. Aka-demie Band 99 (Wien 1881), 801-882; derselbe, Alte Grber in Bosnien und der Herce-gowina. Mittheilungen der Anthropol. Ges. B. 13 (Wien 1883), 169-177; derselbe, Dina-riscl:J.e Wanderungen. Wien 1894.

    47) Ciro Truhelka, Osvrt na sredovjecne kulturne spomcnike Bosne. GZM 26 (1914), 221 ff.

    183

  • bern nur um "mechanische, unbewute Wiederholung lngst vergessener Symbole" handele. Eine Beziehung zur Lehre der Bogomilen sieht er nid:H48).

    In den letzten Jahren hat nun das Landesmuseum in Sarajewo mit einer systematischen Beschreibung der wichtigsten Nekropolen begonnen, von der sechs Lieferungen erschienen sind49) . Diese Verffentlichungen bedeuten einen groen Fortschritt. Bisher hatte man die Denkmler unsystematisch beschrieben, immer nur die interessantesten ausgewhlt. Jetzt wird jede Nekropole ausfhrlich, mit allen ihren ornamentierten und nichtornamentierten Grabdenkmlern verffent-licht unter Beigabe genauer Plne und Lichtbilder oder Zeichnungen aller ornamentierten Denkmler. Bis jetzt sind folgende Nekropolen beschrieben:

    ohne Anteil der Denkmler Ornamente ornamentiert ornamentierten in O'O I. Radimlja 133 70 63 47,3

    II. Olovo 263 202 61 23,3 III. Siroki Brijeg 157 94 63 40,1 IV. Ludmer 297 250 47 15,8 V. Kupres 957 856 101 10,5

    VI. Ljubuski 224 140 84 37,5 VII. Neretva 600 575 25 4,0

    2 631 2 187 444 16,9 Man hat also zuerst die am reiduten mit ornamentierten Denkmlern aus-

    gestatteten ausgewhlt, nunmehr sind 83,1 % der beschriebenen Denkmler ohne Ornamente.

    Zu erwhnen ist noch eine Monographie von Paola Korosec, welche nach der-selben Methode die Nekropolen bei Travnik bearbeitete50). Leider ist diese Aus-gabe sehr mangelhaft: die Zahlenangaben sind oft nicht genau, ganz summarisch, dazu nur sechs sehr mige Photographien. Von ungefhr 700 Grabdenkmlern bei Travnik sind nur etwa 30 Sarkophage ornamentiert, dazu kommen noch etwa 30 oder 40 anthropomorphe Kreuze auf einzelnen Friedhfen.

    Wenn man die etwas ungenauen Zahlen dieser letzten Beschreibung benutzt, sieht man, da von ungefhr 3330 bisher systematisch beschriebenen Grabdenk-mlern etwa 475 ornamentiert sind, weitere 30 bis 40 stellen Kreuze dar, etwa 2820 oder 85,6% sind ohne Ornamente geblieben.

    Leider sind die Archologen, denen wir diese wertvollen Monographien ver-danken, keine Medivisten: vom Bogomilcntum haben sie fast keine Ahnung. Sie

    48) Geoq~ Wilcke, Ober die Bedeutung einiger Symbole an den Bogumilendenkmlern. GZM 36 (Sar. 1924), 27-36.

    4') . Srednjevjekovni nadgrobni spomenici Bosne i Hercegovine, sveska I: Alojz

    Benac, Radimlja. Sar. 1950; sv. Il: A. Benac, Olovo. Bcograd 1951; sv. !II: A. Benac, Siroki Brijeg. Sar. 1952; sv. IV: D. Sergejevski, Ludmer. S. 1952; sv. V: Sefik Bt'Slagic, Kupres. Sar. 1954; sv. VI: Marko Vego, Ljubu~ki. Sar. 1954. Man kann dazu nod1 hin-zufgen: S. Be'Sl.tgic, Stecci u dolini Neretve . Na$c Starine, B. II (Sar. 1954), 180-212.

    60) Paola Korosec, Srednjevjekovne nekropole okolinc Travnika. GZM. N.F. 7 (1952), 375-407.

    184

  • stehen durchwegs noch unter dem Einflu von Sidaks veralteter Hypothese eines "rechtglubigen Christentums" in Bosnien und der Herzegowina. Obgleich sie selbst beweisen, da alle diese Denkmler in die Zeit vom 13. bis zum 15. oder 16. Jh. gehren, wollen sie von Bogomilismus nichts wissen. Ebenso wie Hoernes spricht A. Benac von "heraldischen Motiven" oder wie Wilke von allgemeinen "lunar-solaren Motiven", die ganz mechanisch wiedergegeben wren. A. Benac und S. BeSlagic wiederholen ein altes Argument Sidaks; da manche - sehr sel-tene - Denkmler Hirsche darstellen, knnten sie nicht den Bogomilen gehren, denn die Bogomilen seien alle Vegetarier gewesen51). Benac beruft sich auf die zahlreichen Kreuze auf den Denkmlern und behauptet, da es sich "um eine christliche Religion handle, aber nicht um die bogomilische"52), als ob die Bogo-milen nicht Christen wren.

    Der letzte Forscher, S. Be'Slagic, mchte die Ornamente im allgemeinen mit der sdslawischen Volkskunst zusammenbringen oder das Lilienmotiv als heral-disch erklren63).

    Diese Deutungen von Seite der Archologen haben auch den Kunsthistoriker Svetozar Radojcic beeinflut. In der neuen, 1953 erschienenen jugoslawischen Geschichte schrieb er ein kleines Kapitel ber die bosnische Kunst54). Hinsichtlich der Miniaturen nimmt er an, da sie in der "bosnischen Kirche" entstanden seien, bezglich der Grabdenkmler jedoch meint er merkwrdigerweise, da sie "gar nicht so an die bosnische Kirche gebunden seien, wie man gewhnlich behauptet". Derartige Denkmler gebrauchen sowohl ihre Glubigen, wie auch Orthodoxe und Katholiken. Die ersten fest datierten Denkmler mit Inschriften erscheinen erst im 14. Jh. Die grten Nekropolen in Bosnien und Herzegowina sind meist aus dem 15. und 16. Jh. Schon diese Tatsache erlaube es nicht, die Anfnge dieser Denkmler an die "bosnische Kirche" anzuknpfen.

    Sv. Radojcic spricht von "sehr alten Mustern" in der Ornamentik der Grber. Es sind dies Arkaden, "eine grobe Nachahmung" antiker Ornamente. Eine grere Zahl Denkmler trgt figurale oder ornamentale Verzierung im Stile einer "ganz vergrberten Gotik". Dann spricht er wieder von Bildern, die einen "ritter-lichen Zeitvertreib" darstellen, wie Jagd, Tanz und Turniere. Er mchte sie mit deutschen und franzsischen Teppichen des 15. Jh.s vergleichen, die hnliche Sze-nen zeigen; daher glaubt er, da es eine bosnische Teppichindustrie gegeben habe, welche die Grabdenkmler beeinflut habe.

    Jedoch meint Sv. Radojcic weiterhin: "Die Kunst in Bosnien war entschieden 61) A. Benac, Radimlja, 35; Olovo, 61-62; S. BeSlagic, Kupres, 186. Dieses Argument

    ist ganz. falsch, da es bekannt ist, da nur die wenigen "electi" fasteten und ihre Zahl nicht hher als 100 bis 200 fr ganz. Bosnien war. Um 1250 sagt Rainer Sacd10ni, da in fnf Gemeinden: "ecclesia Sclavoniae (i. e. Bosnae) et Philadelphiae et Graecorum, Bulgariae et Druguvithiae" insgesamt nur "fere D" echte Katharer seien. So hatte jede von diesen "Kirchen" nur ein Hundert immer fastende, erwhlte Glubige; alle andern waren "mrsni ljudi", wie es der Gost Rad in in seinem Testamente 1476 sagt.

    62) A. Benac, Siroki Brijeg, S. 58. 63) Sefik Be'Slagic, Kupres. Sar. 1954, S. 163-168. 54) "Istorija naroda Jugoslavije" (Sammelwerk), B. I (Belgrad 1953), 567-569.

    185

  • von Fatarenern bceinflut, und man mu es ganz diesem Einflu zuschreiben, da in diesem Lande keine monumentale Baukunst besteht". Warum dann die Grabdenkmler nicht von den Fatarenern stammen sollen, bleibt uns nicht klar, umso weniger, weil im historischen Kapitel desselben Sammelwerkes die "bos-nische Kirche" deutlich als patarenisch geschildert wirdG&).

    Im J. 1954 verffentlichte Drago Vidovic einen Aufsatz ber "Symbolische Darstellungen auf den s t e c c i"56). Im ersten Kapitel spricht er ber das Kreuz und mchte beweisen, da die wunderbaren Varianten des Kreuzes auf bosnischen Grbern "nichts Hretisches in sich haben", weil man sie auch bei katholischen Vlkern manchmal finden knne. Im zweiten Kapitel spricht er ber den Halb-mond und die Sonne und mchte diese an den "solaro-lunaren" Glauben der heidnischen Slawen anknpfen. Viele schne Bilder werden vorgefhrt, aber seine Beweise scheinen uns ganz mangelhaft: diese merkwrdigen Motive sehen doch ziemlich hretisch aus.

    Ein anderer jugoslawischer Kunsthistoriker, Franz Stele, zweifelt jedoch nicht an der bogomilischen Herkunft dieser Grabdenkmler. Er spricht von Bogomilen-kunst, welche "eine ausgesprochene Grabdenkmalkunst ist, die sich durch tech-nisch und stilistisch primitiv ausgefhrte Reliefkunst ausdrckt". Er meint, da sich 22 000 bis 30 000 erhalten htten und da "die gelufigsten Motive be-waffnete und unbewaffnete Mnner, Kampf-, Jagd- und Tanzszenen, Tiere, Waffen, Ornamentranken sind, aber auch Rudimente von Landschaftsdarstellun-gen, deren ikonographische Bedeutung zum grten T eile noch nicht gedeutet ist. Das ganze ist oft ein seltsames Gemisch von Motiven der Volkskunst und der dalmatinisch-romanischen Kunst, hinter welchem der Einflu der byzantinischen Kunst erst in dritter Reihe in Betracht kommt; er konnte sich deswegen nicht voll auswirken, da es sich seinem vorwiegend religisen Charakter und kultivierten Stil gegenber hier um eine r e i n e F r o f a n k u n s t von primitivistisch-magi-schem Stilausdruck handelt. Eher lieen sich von hier aus Brcken zu der ein paar Jahrhunderte lteren altkroatischen Kunst schlagen, obzwar auch diese kul-tiviert war"57). So sehen wir, da Stele, obgleich er von Bogomilenkunst spricht, darin nur eine "reine Frofankunst" sehen will (Kampf-, Jagd- und Tanzszenen) und deren Primitivitt besonders unterstreicht. Was er unter "primitivistisch-magischem Stilausdruck" einer p r o f a n e n Kunst versteht, ist uns nicht klar; von religisen Symbolen spricht er kein Wort.

    Der kroatische Schriftsteller M iroslav K rleia zweifelt auch nicht, da diese Grabdenkmler bogomilisch sind. Er nimmt jedoch an, da es sich um urslawische Elemente handele, welche die Slawen auf den Balkan mitgebracht htten und die mit der Skulptur des Baltikum und des Kaukasus und den skytho-sarmatischen Motiven zusammengehen. Er versucht nur ein Symbol zu erklren: die ausge-

    66) ebda. I, 517-522. ") Drago Vidovic, Simbolicne pretstave na stcccima. N:lSe Starine II (Sar. 1954),

    119-135. 67) Franz Stele, Mittelalterlime bildende Kunst in Jugoslavien im Limte der Ausstel

    lung im Palais Chaillot. Jahrbum der sterr. Byzant. Gesellschaft li (Wien 1952), S. 90.

    186

  • streckte Hand, die ihm ein Symbol des Trotzes des Bogomilentums "gegen die Majestt der byzantinischen oder rmischen Gtter und deren Vikare auf Erden" zu sein scheint. Es ist ihm die Geste "einer khnen Herausforderung zum Kampfe gegen alle moralischen Autoritten jener Zeit, in einer viel radikaleren Form, als es Wycliff, Hus oder Luther spter gemacht haben"58). Diese poetische Erkl-rung bleibt aber vereinzelt.

    So sehen wir, da, obgleich ber die bosnischen Grabdenkmler schon viel geschrieben wurde, es doch noch nicht klar ist, ob sie bogomilisch sind oder nicht, und, falls sie hogomilisch sind, welchen Charakter ihre merk wrdige Ornamentik hat - ob sie zur urslawischen, sdslawischen, dalmatinisch-romanischen oder gotischen Kunst gehrt und - was das wichtigste ist - ob das ganze Ornament-system nur profane Elemente bietet, die heraldische Zeichen, Kampf-, Jagd- und Tanzszenen usw., oder ob es auch einen tieferen religisen Sinn enthlt.

    V. Das verffentlichte Material bietet uns viele eigenartige Bilder und Ornamente,

    die sich von der jugoslawischen Volkskunst weitgehend unterscheiden und in ihrer Gesamtheit etwas Einzigartiges in Europa bilden. Man kann sie nur mit den sprlichen Katharerdenkmlern aus Sdfrankreich vergleichen.

    Wir mchten diese Bilder in drei Klassen teilen: profane, neutrale und sym-bolische.

    Vorerst sei betont, da die profanen Darstellungen, die Turnier-, Jagd-und Tanzszenen, ber die so viel geschrieben wurde, in Wirklichkeit sehr selten sind. In den acht erwhnten Werken sind etwa 3330 Grabdenkmler beschrieben, von denen nur etwa 475 ornamentiert sind. Von "profanen" Bildern begegnen wir am hufigsten einem Schild mit Schwert, dann einer Hand mit Schwert, manchmal auch einem Manne mit Schwert: alle diese Bilder bezeichnen klar den Ritterstand des Begrabenen. Turnierszenen sind ziemlich selten: sie finden sich nur auf 11 Denkmlern. Die folgende Tabelle bietet eine bersieht ber die Hufigkeit dieser Darstellungen:

    Bild

    Schild mit Schwert Hand mit Schwert Mann mit Schwert Turnier Reigentanz Hirschjagd Hirsch allein

    I!

    7 5

    3 5 2 3

    III IV V

    12 5 2 3

    1 6

    5 2 5 5

    1 4

    VI V !I

    25 2

    1

    7 4

    VIII Total ~9)

    49 12 3

    11 3 22 3 19 1 8

    Gesamtzahl der

    omament. Denkmler

    in Ofo 10,0 2,4 0,6 2,2 4,4 3,6 1,6

    68) Miroslav Krleia, Bogumilski grobovi. "Knjizevne Novine", Belgrad, 3. juna 1954. 59) Die Zahlen bezeichnen: I. Radimlja, II. Olovo, III. Siroki Brijeg, IV. Ludmer,

    V. Kupres, VI. Ljubuski, VII. Travnik, VIII. Neretva. Fr Travnik fehlen oft genaue Ziffern.

    187

  • Wir sehen, da sich rein ritterliche Motive, wie Schild, Schwert und Turnier zusammen nur auf 15% der ornamentierten und 1,5% der Gesamtzahl der Grab-denkmler finden'o), und am hufigsten in den Nekropolen an der westlichen Peripherie (Radimlja, Siroki Brijeg, Kupres, Ljubuski) vorkommen, was mit einem gewissen Einflu aus Dalmatien zu erklren ist. Und auch in diesen 75 Fllen sind sie fter mit religisen, symbolischen Motiven verbunden; rein profan sind nur 18 Denkmler (6 in Radimlja, 5 in Siroki Brijeg, 2 in Olovo und 5 in Ljubuski).

    Was den Reigentanz betrifft, liegt hier nicht ein "profanes Bild" vor; schon Luka Zore hat bemerkt, da er einen rituellen Reigen (mrtvacko kolo) darstellt, und diese Erklrung ist auch von f Be'Slagic angenommen worden: es soll ein "Trauertanz" sein.

    Die Hirschjagd, die auch ziemlich selten vorkommt, drfte gleichfalls einen tieferen symbolischen Sinn haben. Der Hirsch kommt auch allein vor und ist be-kanntlich ein frhchristliches Symbol der von ihren Snden verfolgten Men-schenseele81).

    Einige Ornamente sind n e u t r a l : bloe ornamentale Rahmen, Arkaden oder Flecht- und Pflanzenornamente. Sie knnen beiseite bleiben, da es schwer ist, in ihnen einen besonderen tiefen Sinn zu finden; brigens kommen sie allein nur auf etwa 60 Denkmlern vor, was nur 2% der Gesamtt'.ahl ausmacht.

    D ie meisten Denkmler tragen aber s y m b o l i s c h e Figuren: etwa 340 rein symbolische Denkmler sind vorhanden, auf 62 weiteren Denkmlern mit "pro-fanen" Figuren verbunden.

    II III IV V VI VII VIII Insgesamt A. Mondsichel 3 2 27 26 47 25 16-20 5 ca. 150-155 B. Rosette (Sonne) 3 35 23 20 95 18 ca. 15 15 ca. 225 C. Kreuz 11 18 9 12 37 31 6 ca. 124 D. Spiralen 6 43 16 9 3 1 3 ca. 81 E. Kranz 16 10 12 2 27 3 ca. 70

    39 98 69 86 188 78 60-65 32 ca. 655

    Alle diese Figuren haben, nach unserer Meinung, einen tiefen symbolischen Sinn, den wir in Obereinstimmung mit der bogomilischen, neo-manichischen Lehre erklren mchten.

    *

    '0) Die Zahl der profanen Denkmler ist viel geringer als die der profanen Bilder,

    da diese oft zusammen auf demselben Grabe stehen, z. 13. Turnier und Schild usw. 61) .Le cerf est Je symbole de Jesus-Christ, des docteurs, des saincs, des fidetes. 11 sig-

    nifiait Ia crainte de l'~me chretienne a l'approche des dangers qui menacent sa purete, en meme temps que Ia c~Herite de sa fuite devant ces dangen . Rene Gilles, Le symbo lisme de l'art rel igieux. Paris 1942, 27. Dieses Bild des "cervo assalito", wie es die Ita-liener sagen, findet sich in der christlichen Kunst vom 6. bis zum 9. Jh., dann versd1windet es, die Bogomilen in Bosnien haben es jedoch bis zum 15. Jh. treu bewahrt. Sv. Radojcic, Crkva u Konjuhu. Zbornik radova Vizantolookog Instituta, B. I (Bclgrad 1952), 163.

    188

  • Wir wollen aber zuerst die seltenen Grabdenkmler durmsehen, welche zweifel-los den Priestern der bosnischen Kirche zugehren. Obsmon viel frher verffent-limt, sind sie noch wenig bekannt und noch weniger analysiert worden.

    1. Inschriftloser Sarkophag aus Stupari (bei Tuzla); die Ornamentik ist ganz besmeiden: nur ein Bischofsstab in Tau-Form an der einen Schmalseite, er be-zeimnet wohl die Bischofswrde eines "djed". Die anderen Seiten sind glattG2).

    2. Inschriftloser Sarkophag derselben Form im Walde bei Gorani, in der Schlumt der Neretvica (Abb. 1). An der einen Schmalseite derselbe Bischofsstab, aber mit einer Mondsichel und einer Rosette (die die Sonne symbolisiert) ber ihm. Die Bauern in dieser Gegend sollen noch heute dieses Grab "didov stecak" nennen63).

    3. Ein Sarkophag bei Hocevlje (Kreis Visoko) drfte wohl auch einem "djed" gehren: der Bischofsstab ist auf einer Langseite liegend dargestellt. Eine der Schmalseiten bietet ein schnes Bild: zwei romanische Arkaden, in der linken sitzt der Prediger mit demselben Stabe in seiner rechten Hand; mit der linken blttert er in einem mchtigen Budl, das die ganze linke Seite der Arkade einnimmt; ber dem Kopfe des Predigers schwebt eine Mondsichel (Abb. 2). Im dreieckigen Giebel ein Hahn mit groem Schweif, eine Mondsichel und eine Rosette, die wieder als Sonne gedeutet werden kann14).

    4. Ein Sarkophag beim Dorfe Dobraea (in Glasinac) hat zwei ornamentierte Schmalseiten. Auf der einen steht der Prediger im kurzen Kleide neben einem Tisdle, an den derselbe Stab angelehnt ist; ber dem Tische schwebt die Mond-sichel, die eine Kugel (die Sonne) umfat. An der anderen Seite ein hnlicher Tisch mit einem groen Hahn darauf st~::hend (Abb. 3 u. 4)85).

    5. Sarkophag, 1926 bei Skender-Vakuf entdeckt. Auf der einen Schmalseite nur eine Hand mit dem Stab; ber dem Stab schwebt ein Vogel (eine Taube?), dann wieder die Mondsichel, eine Kugel umfassend (Abb. 5). Die andere Schmalseite trgt eine Mondsichel, eine Rosette und ein kleines griechisches Kreuz ber die-sen Symbolen&&).

    6. Aus Cirici, anderthalb Kilometer weiter, stammt ein Sarkophag, an dem nur eine Seite ganz bescheiden geschmckt ist: eine Hand, welche denselben Stab hlt, keine anderen SymboleG7),

    U) Dimitri Sergejevski, Srednjevekovno groblje u Stuparima. GZM B. 53 (Sarajevo 1941 ). 65. Es ist die ltere Form des Bischofsstabes, welcher in der katholischen Kirche nur im 11.-12. Jh. durch den Stab cum curvatura ersetzt worden ist. Man sieht ihn zu-letzt auf dem Grabdenkmal Ottos von Bambcrg. M. Buchberg, Lexicon fr Theologie und Kirche. Freiburg i. Br. 1931.

    13) Ivan Rendjeo, Simbolika ~tapa na steccima. "Hrvatski Planinar", Agram 1943, 65-66; ein Lichtbild dieses Denkmals auch in nPovicst hrvatskih zcmalja Bosne i Hcrce-govine" I, 767 und bei A. Solovjev, Jesu Ii bogomili pootovali krst? GZM. N.F. III (1948), Tafel I.

    '4) Photographie bei A. Solovjev, o. c. Tafel I, Bild 2.

    ") F. Fijala im GZM, Bd. IV (Sar. 1892), 338; auch bei A. Solovjev, o. c. Taf. II, Bd. 1. .. ) M.Karanovic im GZM, Bd. XL (Sar. 1928), 135, mit Lichtbild. 17) Erwhnt von M. Karanovic im selben Bande, S. 137.

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  • 7. Eine Stele aus Rogatica, am Wege von Smrtic nach Veternik gefunden, knnte auch einem Prediger der bosnischen Kinne gehren. Sie zeigt auf einer Seite einen Mann mit entbltem Haupte und kurzem Kleide; ber seinen Schul-tern schwebt links ein Hakenkreuz, rechts eine Mondsichel&S).

    8. Ein weiterer Sarkophag aus dem Narentatal wurde 1954 verffentlicht: Auf einer Schmalseite steht der Prediger in langem Kleide; seine Hnde sind zum Himmel ausgestreckt, auf seinem Scho sieht man den Bischofsstab schweben; ber seinem Haupt, im Triglyphes, steht eine Rosette (die Sonne). Die andere Schmal-seite ist mit einem langen Kreuz geschmckt, dessen oberer Teil in Ankerform endet. Auf einer Langseite sieht man einen Reigentanz, auf der anderen einen Hirsch, von einem unbewaffneten Reiter verfolgt. Es ist klar, da diese zwei Motive - Reigen und Hirsch - auch einen religisen Sinn haben88).

    Keines von diesen acht Denkmlern trgt eine Inschrift, ein Beweis fr die bescheidenen Verhltnisse dieser frommen Priester, die man an ihrem Stabe er-kennen kann. Die bogomilische Kirche bewahrte bis zum 15. Jh. diese ltere, "apostolische" Form, welche in der westlichen Kirche vom 7. bis zum 12. Jh. bekannt war. Der Hahn auf zwei Denkmlern ist sicher ein Symbol des hl. Petrus, fr dessen Erben sich die bosnischen Bogomilenbischfe hielten70). Der kleine Tisch auf zwei Denkmlern ist gewi die "mensa" des katbarischen Kultus, auf der das Brot gebrochen wurde. Die Taube ist ein Symbol des hl. Geistes, des "Parakletos", dessen Erscheinen die Bogomilen immer erwartet haben71).

    Das groe Buch auf dem Sarkophag Nr. 3 kann das Neue Testament bezeich-nen, vielleicht auch "librum grossum, quem vocabant librum Civitatis Dei, in quo scribebant omnes facientes similem promissionem", auf dem 1370 Jacob Bech aus Piemont in Gegenwart eines Fatarenen "de Sclavonia" (gemeint ist Bosnien) seinen Eid abgelegt hatte72).

    Das Kreuz kommt auf diesen Denkmlern seltener vor: auf einem ist es ein Ankerkreuz, auf dem zweiten ein Hakenkreuz, auf dem dritten ein griechisches Kreuz. Die Bogomilenhupter bedienen sich selten dieser Symbole. fter sehen wir die Mondsichel und eine Rosette oder Kugel, die vermutlich die Sonne dar-stellt. Ich komme darauf noch zurck.

    Weitere drei Denkmler, wahrscheinlich aus dem 15. Jh., tragen auer Figuren auch interessante Inschriften, die beweisen, da hier wirklich Priester der "bos-nischen Kirche" begraben waren.

    18) Erwhnt von F. Fijala im GZM, Bd. IV, 339. ") S. Be'Slagic, Stecci u dolini Neretve. Na5e Starine, Bd. li (Sarajevo 1954), 194-196

    und Bilder 15-17. 70} "ltem dicunt se esse ecclesiam Christi et successores apostolorum, habentes unum

    de seipsis, qui dicitur se vicarium Christi et successorem sancti Petri", (Herrores here-ticorum Bosniensium, c. 11, Starine I, 139) . .,Se successores apostolorum et suum herc-siarcham episcopum ecclesie et vicarium ct succcssorem sancti Pctri dicunc", sage von den bosnischen Hretikern im J. 1461 der Kardinal Torquemada (Starine XIV, 9).

    71 } A. Soloviev, Le temoignage de Paul Ricaut sur les restes du bogomilisme en Bosnie. Byzancion XXIII (Bruxelles 1954), 83.

    71} Ignaz Dllinger, Beitrge zur Sektengeschichte H, 267.

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  • 9. In Puhavac (bei Zenica) wurde 1894 eine Stele mit folgender Inschrift ge-funden: .,A se lezi dobri gospodin gost Misljen, komu bae priredil po uredbi A vram svoje veliko gostoljubstvo. Gospodine dobri, kada prides pred gospodina nasego lsu(sa) jednoga, spomeni i nas svojih rabov"73).

    Dieses Denkmal ist einem "gost" (Gast, visitator) gewidmet, welcher dem f i I i u s m a j o r e t m i n o r der katbarischen Kirche entsprach. Er trgt den-selben Titel .,gospodin" (Herr), der im Texte auch Jesus Christus gegeben ist, whrend der fromme Abraham, welcher wahrsmeinlim das Denkmal erridJ.tet hat, mit seiner Familie sim demtig seine .,rabi" (Sklaven) nennen; im letzten Jahr-hundert ihres Bestehens war die bosnisme Kirche nimt mehr so demokratisch wie am Anfange.

    10. Eine bei Foca 1934 gefundene Stele zeigt vier reich ornamentierte Flchen. Die Inschrift besagt, da der hier bestattete .,Herr Gost Milutin zur Ehre der bosnismen Herrschaften lebte und viele Geschenke von diesen groen Herrschaften und von den griechischen Herren erhalten hatte". Auf der Ostseite befindet sich sein Bild: er ist ohne Kopfbedeckung, in sehr kurzem Kleide mit einem Strick umgrtet und hlt in der rechten Hand einen Stab und in der linken ein kleines Buch. Die Westseite zeigt eine groe Sonne mit acht Strahlen, in zwei Ringe ein-geschrieben und von vier kleineren {Sternen?) umgeben; zwei weitere astrologische Zeichen (von denen zwei den Zeimen der Venus und des Mars hnlim sind) stehen unter der Sonne. Die Nord- und Sdseiten tragen jede einen reim mit Laub ge-smmckten Stab. Dieses Denkmal gehrt den letzten Jahren des Bogomilentums an, weil seine prismatische Form bereits deutlim trkischen Einflu beweist; es war die Zeit, als angesimts der Trkengefahr in der Herzegowina zwischen Bogo-milen und Orthodoxen ("Griechen") gute Verhltnisse herrsmten74).

    11. Smlielid! eine Stele des "starac" (ancianus) Bogavac, 1891 im Kreise Stolac gefunden, sie trgt auch eine kurze Insd!rift und Ornamente75).

    VI. Wir sehen, da auf den Denkmlern der bosnischen Priester die Symbole der

    Sonne und des Mondes fter vorkommen als das Kreuz, was aum die Tabelle der symbolismen Figuren besttigt. Versuchen wir diese Symbole zu erklren, drfen wir es nicht wie Georg Wilke mamen, der sich zu weit in die vergleichende Ethnologie verliert. Die bosnische Grbersymbolik mu in Verbindung mit der bogomilismen und manimischen Lehre erklrt werden: dann finden diese geheim-nisvollen, stummen Grber wieder ihre alte Sprache und zeugen von einer merk-wrdigen christlichen Sekte.

    1) Der Ha Ibm o n d (oder genauer - eine schmale Sichel) befindet sich auf mindestens 160 analysierten Denkmlern (155 in den amt Nekropolen und

    73) Ciro Truhelka im GZM, B. VI (Sar. 1894), 778. 74) Verffentlicht, Vl. Skaric, GZM 44 (1934), 79-82; ber den trkischen Einflu auf

    die Form dieses Denkmals s. Dj. Mazalic, GZM N.F. B. 4-5 (1950), 232. 15) C. Truhelka, GZM 3 (1891), 87.

    191

  • fnfmal auf den Priestergrbern). Gewi ist er ein bekanntes Symbol, das man schon in 1\gypten, in Babylonien, in Gallien usw. findet; ob auch die alten Slawen "!uno-solare Mythen" hatten, wissen wir nicht76). Doch knnen alle diese Paral-lelen nicht erklren, warum der Halbmond (oft zusammen mit der Sonne) in der Zeit vom 13. bis zum 16. Jh. in einem lngst christlichen Lande, wie Bosnien, auf-taucht und fter als das Kreuz vorkommt.

    Die Vermutung, da es sich um "heraldische Motive" handelt, ist nicht ernst zu nehmen; es ist ein altes Miverstndnis, von Hoernes eingefhrt und leider noch von A. Benac wiederholt. Wir haben bewiesen, da Bosnien und Hum im 14. und 15. Jh. noch keine entwickelte Heraldik besaen; das Herrscherwappen (das auch das Landeswappen ist) ndert sich oft und trgt in der Zeit der Un-abhngigkeit keinen Halbmond77); nur 1472, in der Emigration in Rom, sehen wir zum ersten Mal einen kleinen Halbmond mit Stern auf dem vermehrten bos-nischen Wappen78). Es ist mglich, da er hier von den Grabdenkmlern ber-nommen ist, vielleicht erinnert er auch an die trkischen Hoheitsrechte; allein auf den Grbern hat er keine heraldische Bedeutung gehabt.

    Weiter kommen wir, wenn wir uns den manicbischen Quellen des Bogomilen-tums zuwenden. Der hl. Augustin (der selbst neun Jahre lang Manichcr war) berichtet, da diese Hret"Iker "lunam dicunt factam ex bona acqua, solem ex l.gno bono" und "in sole virtutein, in luna sapientiam ponunt"70). Diese zwei groen Leudnen seien doch Schpfungen des guten Gottes gewesen. Oft werden sie von den Manichern als himmlische Schiffe betrachtet, auf denen sich die Seelen der Erwhlten versammeln, um dann in den hchsten Himmel zu wandern. Mani sagte sogar, da der Mond als "Lichtschiff" zuerst die erwhlten Seelen aufnehme,

    / ul!? sie jeden Mont'Z'm greren Schiffe, zur Sonne zu sendenl>o). Dieselbe Dok-trin finden wir bei den Paulikianern: ein griechisches Anathema des 10. Jh.s gegen die Manicher (in dem aber die Paulikianer und vielleicht auch die Bogomilen gemeint waren) besagt: "Anathemizamus eos, qui humanas animas Deo consub-stantionales .(of).oouato~) dicuht et a materia absolven; nuncque scdcre Deum ac

    ea~ haurire ab imo per solem et luna~ae etiam navigia dicunt". Und weiter-hin: "Anathemizamus eos qui affirmant Christum esse solem, et ad solem vel lunam vcl astra preces deferunt"81). Solch eine Verehrung des Mondes und der

    ") Die Beweise D. Vidovit sind ganz ungengend. Na!e Starine II (1954), 130-132. 77) A. Solovje1., Porodica Ohrnut evit i postanak ilirske heraldike. GI. Skop. N. Dr.

    XII (Skoplje 1932}, 79-132 (dort die frhere Literatur) und ders. Prinosi za bosansku i ilirsku heraldiku. GZM. N.F. IX (1954}, 87-135.

    78) Auf der jetzt verschwundenen Grabplatte der Knigin Katharina, Bild bei L. Thalloczy, Beitrge zur Geschichte Bosniens und Serbiens im Mittelalter. Leipzig 1914.

    11) De haeresibus, ca. 46; Contra Faustum, cap. 20. 80) F. Cumont, Recherehes sur Je manichcisme. I. La cosmogonie manid1t~cnnc d'apres

    Theodore Bar Kh6ni. Bruxclles 1908, p. 30 et 55; in den manich:iischcn Hymnen sind oft die zwei "LichtsdJiffe" erwhnt. Manichische Handschriften aus der Sammlung A. Che-ster Beatty. Band I. Manichische Homilien, herausgegeben von H. J. Polotzky. Stute-gart 1934.

    81) Anathema papae Clementis dubium. Migne. P. Gr. t. I, col. 1465 seq.; cf. H.-C. Putch et A. Vaillant, o. c. 138.

    192

  • Sonne erklrt uns am besten dieses so hufige Auftreten dieser Symbole auf den Bogomilengrbern; der Begriff des H lb als eines "himmlischen Schiffes" erklrt uns, warum dieser immer als eine schmale Sichel dargeste t wu , te emer Barke sehr hnlich ist, und noch mehr, warum er so oft als "liegend" oder "umge-kehrt" dargestellt wird - weil er in dieser letzten Haltung die Seelen auf die Sonne ausschttet.

    2) Die S o n n e ist oft als Kugel, aber noch fter als groe acht-, sieben- oder sechsstrahlige Rosette dargestellt. Oft kommt sie mit dem Halbmond zusammen vot, was sich leiCht als zwei "Lichtschiffe" erklrt. Ziemlich oft sehen wir die Sonne aber auch allein, dann wird sie zum Symbol Christi selbst. Davon spter. Bisweilen finden wir kleinere Rosetten, zwei, drei oder mehr auf derselben Flche; sie sind als Sterne zu erklren.

    3) Oft finden wir auch das Kreuz, obgleich etwas seltener als den Halbmond und die Sonne; da immer wieder behauptet wird, da die Bogomilcn das Kreuz verachtet htten, wre es ein ernster Beweis gegen das Bogomilentum dieser Grab-denkmlerSt).

    Allein, d i s t i n g u e n d um e s t. Das realistische Kruzifix, seit dem 8. Jh. in der lateinischen Kirche bekannt, war fr die Manicher und Bogomilen ein Greuel, weil sie Doketisten waren und nicht glaubten, da Christus einen mensch-lichen Krper gehabt htte. Aber schon Mani verkndete eine esotherische Lehre, in der er das Kreuz als Symbol Christi hoch gepriesen hatte. Seine Psalmen, un-lngst in gypten gefunden, machen uns diese Lehre klar. Ein Psalm singt:

    "D a s K r e u z d e s L i c h t e s" "Jesus ist erstanden; erstanden in drei Tagen; das Kreuz des Lichtes

    ersteht in drei Mchten. Die Sonne, der Mond und der vollkommene Mensch - diese drei Mchte bilden die Kirche des Makrokosmos. Jesus, die Jungfrau und die Vernunft ( .. orr~) zwischen den beiden - diese drei Mchte bilden die Kirche des MikrokosmosB3)."

    Ein anderer manichischer Text, die "Acta sancti J ohannis", beschreibt, wie in der Stunde der "scheinbaren" Kreuzigung Jesus mit Johannes in einer Hhle stehen und Jesus seinem Jnger auf dem Golgatha ein "stehendes Kreuz des Lichtes" zeigt. "Dort sah ich den Herrn, aber in einer anderen Gestalt", sagt Johannes, und Jesus antwortet ihm: "Fr sie nenne ich dieses Lichtkreuz bald das Wort, bald die Vernunft, bald Christus, bald die Tr"M).

    B!) So behaupten es z. B . .Atom, V. Glusac, J. ~idak, A. Benac (Oiovo, 53-54), Leo Petrovic (Kdcani, 130). Man zitiert die Worte der "Horrores hereticorurn Bosnensium" - "itcm contemnunt picturas et imagincs, praecipuc sanctam cruccm" und Torqucmadas: "signaculum crucis est eis caracter diaboli" (Starine I, 139 u. XIV, 12).

    83) C . .Alberr:y, A Manichaean Psalm-Book (Manichische Handschriften, B. li. Stutt-gart 1930), 159. .

    84) Mansi, Collectio XII, 271; zitiert von Pr . .Alfaric, Les ecrirures manach~cnnes I, Paris 1918, 190. Der hl. Augustin wei auch, da die Manich3er oft mit Begeisterung das "Lichtkreuz" besangen (In Psalm. 140, 12); zit. von .Al/arie, ebda.

    13 Vlker und Kulturen Sdosteuropas 193

  • Diese gnostische Lehre von der scheinbaren Kreuzigung Jesu finden wir etwas einfacher bei den Paulikianern formuliert. Paulus Siculus berichtet vom Pauli-kianerfhrer Gegnesios folgendes: Als ihn der Patriarch von Konstantinop~l selbst fragte, ob er das Kreuz verehre, antwortete Gegnesios: "Verdammt sei jeder, der das kostbare und belebende Kreuz nicht verehrt", - "unter dem Kreuze ver-stand er jed0d1 Christus selbst, der durch seine ausgestreck-;en Hnde em Kreuz gebildet htte"B6).

    Auf den bosnischen Grabdenkmlern sieht man deutlich, da das Kreuz oft "anthropomorph" gestaltet ist, da es sogar manchmal ein Gesicht, manchmal zwei Fe, und sehr oft einen runden Kopf und runde Schultern hat. Man findet auch solche selbstndige menschenhnliche Kreuze, die Christum selbst, in ein Kreuz

    (

    verwandelt, bezeichnen (Abb. 7- 10). Eine realistische Kreuzigung finden wir in Bosnien nie dargestellt; ein Christus-Kreuz, auch ein Sonnenkreuz findet sich dagegen sehr oft auf Grabsttten (Abb. 12).

    Ich glaube, da die bogomilische Lehre am besttn mit diesen Worten charak-terisiert werden kann : Crux non es t a d o r an da (man soll ein Kruzifix nicht kssen, sich vor ihm nicht verbeugen), s e d v e n e r a n d a (als Symbol Christi und der knftigen Auferstehung).

    In Sdfrankreich, im Katharergebiete, hat man kleine Grabdenkmler gefun-den, die immer ein griechisches Kreuz zeigen (wie in Bosnien), oft in einen Kreis eingeschrieben, manchmal mit zwlf Perlen geschmckt (croix de Toulouse), aber nie ein lateinisches (Tafel VI). Deodat Roche hat dieses Kreuz sehr schn als "croix solaire" erklrt, als ein altes mithrisches und manichisches Symbol, das bei den Katharern auch Christus als ewiges Licht, als ewige Sonne darstellteBO).

    3b) Merkwrdig ist die Darstellung des Kreuzes mit Weintrauben, die aus der Wurzel oder den Balken des Kreuzes wachsen. Dieses Symbol findet sich oft auf bosnischen Grbern (Abb. 22, 25, 32, 42-44, 48). Es ist leicht zu erklren: Die Bogomilen haben meist das gnostische Johannisevangelium verehrt. Im 15. Kap. sagt Jesus zu seinen Jngern: "Ich bin der reine Weinstock, und mein Vater ist der Weingrtner. Eine jegliche Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird er reinigen, da sie mehr Frucht bringt. Ihr seid schon rein um des Wortes Willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in mir, und ich in euch."

    "Ihr seid schon rein" - dnt xaOapo!, lautet der griechische Text. Wir sehen, da dieser Spruch die beste Erklrung des Namens "cathari" bietet. Man hat ber diesen Namen viel geschrieben, doch wute Arno Borst 1953 nur soviel, da dieser Name den Anspruch auf Reinlichkeit bedeutet, sagt aber nicht, woher dieser Ausspruch kommt87). Das Johannisevangelium erklrt uns die bogomilische eso-therische Lehre. Nur die Erwhlten, die wahren Jnger Christi sind "Katharoi",

    84) Migne. P. Gr. CIV, col. 1284; dieselbe Episode befindet sich auch in Photii contra Manichaeos. P. Gr. CII, c. 53; cf. A. Soloviev, Les bogomiles v~n~raient-ils Ia croix? p 57.

    llt) D~odat RocM, Le catharisme. Toulouse 1947, p. 98. 87) Arno Borst, Die Katharer, S. 5.

    194

  • sie sind die reinen Reben, die Ranken (x),y;p.a-ra) des mystischen WeinstocksBa). Diese Ranken knnen auch durch bloe Spiralen symbolisiert werden, sie sind auch die Triebe des ewigen Weinstocks (Abb. 14, 21, 22, 26-30, 36-38).

    Man knnte denken, da diese Doppelspiralen, die so oft auf den bosnischen Grbern vorkommen, immer die "wahren Christen" (pravi krstjani, veri christiani), die Vollkommenen bedeuten.

    Wir finden weiters symbolische Bilder, auf denen Christi Hnde als Spiralen, als Ranken stilisiert sind (Abb. 33, 34, 38-40). Be'ilagic wollte diese Darstellung als "stilisierte Lilie" erklren, er bringt aber selbst einige Bilder, wo diese Figur auf zwei Fen steht. Die vielen Varianten dieser Figur zeigen, da es sich immer um das Kreuz mit Ranken handelt, das merkwrdigerweise immer sche-matischer, immer abstrakter wird.

    3c) Eine eigenartige Variante zeigt ein Kreuz, das unten dreifach ist: zwei schrge Balken sprieen noch aus der Wurzel des Kreuzes. Auch dieses Bild kann einen tiefen symbolischen Sinn haben (Abb. 24, 25, 32). In der "Interrogatio sancti Johannis" findet sich eine Glosse ber den Baum der Erkenntnis, welchen Satan im Paradies gepflanzt htte: "et dedit de tribus arboribus Moysi ad cruci-ficiendum me, ut faceret crucem, et hoc lignum erit salus mundi"SO). Es ist eine typisch bogomilische zweideutige Lehre: das Kreuz ist eigentlich Satans Werk (davon das "signaculum diaboli"), aber es wird auch als Erlsung der Welt ge-priesen. Das Bild auf den Grabdenkmlern, auf denen, das Kreuz mit drei Balken, die aus einer Wurzel entsprieen, dargestellt ist, kann wohl diese "crux de tribus arboribus" vorstellen.

    4) Mit dem Kreuz-Weinstock geht ein Bild parallel, bei dem der Kopf des Kreuzes durch eine Rosette ersetzt ist (Abb. 12, 24-27). Es ist wieder ein Sym-bol, Christi Kreuz ist ein Sonnenkreuz; Christus strahlt wie eine Sonne, wieder im Sinne des Johannisevangeliums: "In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschheit. Und das Licht scheint in der Finsternis" (Kap. I, 4). Erinnern wir uns, da dieses Kapitel in jeder Bogomilcnversammlung verlesen wurde. Und im einzigen Bogomilenapokryphon, welches mit Bosnien verbunden ist, in der "Interrogatio sancti Johannis", finden wir eine Glosse, in der Christus "sol septuplum lucens" genannt wird. In den manichischen Hymnen finden wir auch das Lob des "Lichtkreuzes"to).

    88) Die katholische Symbolik kennt auch Weintrauben; es ist aber ein realistisches Bild: Jesus selbst ist die Weintraube, welche in der Kelter zerdrckt worden ist, und der Trau-bcnsaft ist Jesu Blut. Dieses Symbol ist mit dem Texte von lsaia Kap. 63, nicht ~it dem Evangelium verbunden. Alois Thomas, Die Darstellung Christi in der Kelter. Feetburger Diss. 1936.

    81) Die beste Ausgabe der "Interrogatio" findet sich bei R. Reitzenstein, Die Vor-geschichte der christlichen Taufe. Leipzig-Berlin 1929, 297-311. Ober ihren Ursprung und Inhalt s. Emile T urdeanu, Apocryphes bogomiles et pseude-bogomiles. Revue de I'Histoire des Religions, t. 137 (1950), 22-52 u. 138 (1950), 176-218.

    10) C. Alberry, o. c. 86, 159.

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  • Diese Rosette, welche das wahrhaftige Licht, Christus als Sonne (im Geiste der schon frher zitierten Lehre Manis) symbolisiert, findet sich ziemlich oft auf den bosnischen Grabdenkmlern.

    4a) Sehen wir nom, wie die Sonne sich vom Kreuz abtrennt und ber ihm schwebt (Abb. 15). Das Kreuz ist ein griechisches Tau geworden; die .i\ste dieses Taues knnen auch nach oben gebogen sein, es sind manchmal die Ranken des schematischen Kreuzes (Abb. 16, 19, 37).

    4b) Die Sonne kann aber auch statt ber einem Kreuz ber einem einfachen P f a h 1 erscheinen (Abb. 28-31). Es ist kein Kreuz mehr, nur eine Abstraktion; dieses Bild bezeichnet noch besser Christus als ewige Sonne, oft wieder mit Spiralen (Ranken) verbunden. Der Pfahl erinnert uns an die Sule ("stylos") der Weis-heit, von der die manichischen Hymnen sprechen91).

    5) Ein weiteres Symbol ist ein R i n g , welchen die Annologen bald als ,.Feuerkesscl", bald als "Wasserrad" (vodenica) fr halbheidnische Libationen er-klren wollen. Wir glauben aber, besonders da dieser Ring oft gedreht ist, da er einen Kranz, eine Binde darstellen soll, eine einfache "corona". Wieder in der "lnterrogatio s. Johannis" finden wir, da am jngsten Gerichte die Erwhlten "coronas immarcescibiles" tragen werden; dieser unbefleckte weie Kranz, der den Gerechten versprochen ist, pat gut zu Bogomilengrbern (Abb. 8, 36, 41).

    VII. Es ist sehr lehrreich1 die bosnischen Grabdenkmler mit den sprlidlen Katharer-

    denkmlern in Sdfrankreich zu vergleichen2). Dort hat man in der letzten Zeit kleine, stets anonyme Grabdenkmler gefunden, die meist ein in einen Kreis eingeschriebenes, griechisches Kreuz, eine "croix solaire" auf einem Pfahle dar-stellen. Manchmal sind es auch kurze steinerne Kreuze mit rundem Kopf und Schultern, "croix trilobale", wie man sie auch in Bosnien und bei Ston finden kann93) (Abb. 54, 55).

    Der einzige katbarische Sarkophag, unlngst in Domazan in der Provence ge-funden, bietet gleichfalls manche Khnlichkeit mit den bosnischen SarkophagenD4). Auf der stlichen Schmalseite befindet sich ein griechisches Kreuz, zwischen Orna-menten, welche auch in Kupres (in Bosnien) vorkommen (Abb. 18). Auf den Lang-seiten schwebt eine groe Sonne (Rosette mit 8 oder 9 Strahlen) ber Spiralen und merkwrdigen dreifachen Frchten, die auch in Kupres zu finden sind

    II) Manichische Handschriften I, 6. 11) R. Dorbes, Les ste!es manich~ennes et cathares du Lauragais. Cahiers d' !tudes

    Cathares No. 4 (Arques 1949), 3-6; G. Coutant, Un lieu cathare: Baraigne. CEC No 8 (1951), 211-216.

    83) Zum Beispiel, bei Fojnica. J. Asboth, o. c. 98, und bei Ston, Nikola Zv. Bjclovucic, Povijcst poluotoka Peljeka. Dubrovnik 1923, Tafel I. Es ist eine Verkleinerung der groen "anthropomorphen" Kreuze.

    04) Deodat Rache, Sur un sarcophage cathare de Domazan. CEC No 8 (1951), 216-217 hat schon die Ji.hnlichkeit dieses Sarkophags mit bosnischen Denkmlern vermutet. Ich danke herzlich Dr. Rene Gutmann aus Paris, dem Eigentmer dieses Sarkophags, fr die schnen Lichtbilder des prchtigen Denkmals (Taf. IX-XVI).

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  • (Abb. 19). Weiters sehen wir einen nackten Menschen, wahrscheinlich die bloe Seele; auf der Nordseite streckt er die Hnde mit groen Fingern waagrecht aus, wobei sich neben seiner Linken eine groe Spirale befindet. Auf der Sdseite streckt er beide Hnde zum Himmel empor, links von ihm liegt ein Bogen mit Pfeil95), rechts eine zweifache Frucht. Oben befinden sich runde Arkaden (wie in Bosnien) ber einer Nachahmung von hlzernen Wnden und Pforten. Alle diese Bilder finden wir auch in Bosnien, z. B. den Menschen mit ausgestreckten Hnden96). Dort ist er auf den Denkmlern aus dem 15. Jh. mehr realistisch gekleidet dargestellt; die Adorationsgeste ist dieselbe geblieben: die eine Hand zur Sonne ausgestreckt, auf seiner linken Seite befindet sich derselbe symbolische Bogen mit dem Pfeil (Abb. 41, 45, 47).

    Die Darstellung der Umzunung mit Pforten in Domazan lt uns vermuten, da die Arkaden auf den bosnischen Denkmlern nicht "neutral" sind, da sie also einen tieferen Sinn haben knnen. Ist es nicht die c a u 1 a o v i um (Ev. Joh. 10, 1), in der Jesus selbst die einzige Tr ist (cbda. 10, 7)? Diese Erklrung knnte durch manche anthropomorphe Kreuze bewiesen werden, auf denen zwei sehr schmale Arkaden eingehauen sind (Abb. 10). Hier ist Christus als Kreuz und als Pforte dargestellt, ganz im Sinne des Johannisevangeliums und noch mehr im Sinne der schon zitierten "Acta sancti Johannis", in denen Jesus sagt: "Fr sie, nenne ich dieses Lichtkreuz ... bald Christus, bald die Tr". Und eine mani-chische Hymne sagt ausdrcklich:

    "Mge eine Tr sich vor mir ffnen an der Sule (der Herrlichkeit) ... Mge ich bersetzen in den Lichtschiffen."

    So sehen wir, da die bosnischen Grabdenkmler aus der Zeit vom 13. bis zum 16. Jh. sehr viel Khnlichkeitcn mit den sdfranzsischen haben, welehe sicher nur aus dem Ende des 12. und dem Anfange des 13. Jh.s stammen, weil dort spter die katharische Hresie grausam ausgerottet wurde. Wir knnen vermuten, da schon im 12. Jh. die Bogomilen und Katharer eine umfassende, gut ausgebil-dete Symbolik der Grabzeichen besaen, die sie vielleicht aus Kleinasien, aus manichischen und paulikianischen Wurzeln geerbt hatten.

    Wir knnen auch vermuten, da alle symbolischen Bilder auf den bosnischen Grabdenkmlern "Erwhlte", "wahre Christen" bezeichnen. Es ist aus fran-zsischen Quellen bekannt, da die Ritter das c o n s o 1 a m e n tu m , die geist-liche Taufe, am Sterbebett empfangen haben97); so kann man die Grber mit

    85) Ober den symbolischen Sinn des Bogens mit dem Pfeil spricht D. Roche, CEC No 5, 34; im Gnostizismus symbolisiert er die Harmonie der Gegenstze .

    88) Paola Karosec beschreibt einen Sarkophag aus Travnik, auf dem auf einer Seite e~ne Menschenfigur (in langem Kleide) dargestellt ist, deren Hnde waagrecht ausgestreckt smd, als ob der Mann gekreuzigt wre; die Handwurzeln und Finger sind ungeheuer gro. Auf der anderen Seite befindet sich eine hnliche Figur, nur sind die Hnde nach unten gestreckt. Diese Beschreibung erinnert uns sehr an den Sarkophag aus Domazan, wo auch zwei Menschenfiguren auf zwei Langseiten stehen. Leider gibt P. Karosec kein Bild dieses Denkmals. GZM. N.F. VII (1952), 392.

    87) Beispiele bei Jean Guiraud, Histoire cfe l'inquisition au Moyen Age. Cathares et Vaudois, t. I. Paris 1935, 135 ff.

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  • gemischten symbolischen und ,.profanen", ritterlichen Bildern erklren. Rein sym-bolische Grabornamentik bezeichnet aber die Priester und die immer fastenden Glubigen, die man in Bosnien schlechthin Patarenen, in Frankreich e a t h a r i nannte.

    Die gewhnlichen c reden t es, die "mrsni ljudi", die Snder, hatten kein Recht auf Bildnisse, auf Ornamente. So knnte man die groe Mehrheit von stummen Denkmlern erklren, die zwar genau so gro sind wie die ersten, aber keine Bilder, keine Ornamente zeigen98).

    Die sehr seltenen Denkmler mit rein profanen Bildern (Turnier, Schild mit Schwert, bewaffnete Hand) gehren vielleicht ungetauften Rittern aus den letzten Jahren des Verfalls des Bogomilentums, als die Vorschriften nicht mehr so streng waren; sie knnen aber auch katholischen oder orthodoxen Nachkommen bogo-milischer Ritter gehren, welche den Stil der Grabdenkmler ihrer Ahnen nach-ahmten, aber keine Symbolik mehr trugen.

    Zusammenfassend mchte ich sagen: Die bosnischcn (und herzegowinischcn) Grber beweisen eine christliche Religion, aber eben die bogomilische, welche sich als die einzige wahre christliche Lehre betrachtete. Ihre tiefe esoterische Symbolik soll durch das Johannisevangelium und durch die "lnterrogatio sancti Johannis" erklrt werden, und darin findet man auch die reine manichische Tradition.

    Vielleicht knnte man in Kleinasien, im Paulikianergebiete, etwas hnliches finden, wie man es ja auch schon in Sdfrankreich gefunden hat. Slawische Volks-kunst ist es bestimmt nicht. Orthodox-christlich ist es auch nidn. Wenn einige Darstellungen ausnahmsweise sogar in der katholischen Kunst des Mittelalters zu finden sind, so bildet der primitiv abstrakte und symbolische Stil der bosnischen Grabdenkmler doch ein fest geschlossenes, abgegrenztes System, etwas Einzig-artiges im christlichen Europa.

    08) Man wollte den Unterschied zwischen den ornamentierten und stummen Denkm-lern aus wirtSchaftlichen Ursamen erklren: die ersten sollten den reichen, den Rittern, die zweiten den armen Bauern gehren. Doch sind die stummen Sarkophage oft eben so gro und teuer wie die manchmal sehr bescheiden ornamentierten.

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  • SDOSTEUROPA SCHRIFTEN DER SDOSTEUROPA-GESELLSCHAFT

    im Namen der Sdosteuropa-Gesellschaft herausgegeben von

    WILHELM GLICH 1. Band

    Vlker und Kulturen Sdosteuropas

    Kulturhistorische Beitrge

    Sdosteuropa-Verlagsgesellschaft m.b .H.

    Mnchen 1959

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