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Sonderdruck aus „ERDKUNDE, Archiv für wissenschaftliche Geographie", Band XVI, Lfg. l, 1962, Bonn BERICHTE UND KLEINE MITTEILUNGEN PROBLEM-KLIMATE DER ERDE (nach G. T. TREWARTHA) HERMANN FLOHN Seinem vielbeachteten, klassische und neuere Vor- stellungen geschickt kombinierenden Lehrbuch „Intro- duction to Climate" (3. Aufl. 1954) hat GLENN T. TREWARTHA, Professor für Geographie an der Staats- Universität von Wisconsin (USA), nunmehr eine Dar- stellung klimatischer Probleme (i) folgen lassen. Die- ses Werk ist ausdrücklich für die Fachwelt bestimmt; es setzt die Grundbegriffe der Meteorologie und die allgemeine Klimatologie — mit der normalen, von der Land—Meer-Verteilung beeinflußten Zirkulation der Atmosphäre und der aus ihr sich ergebenden Klima- klassifikation — als bekannt voraus. Dabei beabsich- tigt er keine systematische und methodische Behand- lung, sondern a) die Beschreibung und möglichst auch Erklärung der Problem-Klimate, die von der üblichen schemati- schen Anordnung der Klimazonen abweichen und als „klimatische Anomalien" aufgefaßt werden können, b) eine Klimatologie der atmosphärischen Störun- gen, Wettertypen und Großwetterlagen, besonders in den Tropen, und c) einen Versuch zur Behandlung der dynamischen Prozesse, die zu einer Differenzierung der Klimate führen. Ein solches Buch kann die üblichen Mittelwerte und Häufigkeits-Statistiken nur als Ausgangsbasis verwen- den; Statistiken der Wetterlagen und ihrer klimatischen Auswirkungen treten dazu. Die meteorologische Lite- ratur (darunter auch in beachtlichem Umfange die deutschsprachige) wird mit viel Verständnis herange- zogen; in den Tropen hat TREWARTHA verschiedene regionale Wetterdienststellen besucht (Recife, Rio de Janeiro, Accra, Leopoldville, Nairobi, Pretoria) und ertragreiche Diskussionen mit den dort tätigen Me- teorologen geführt. So ist es ihm gelungen, ein Werk zu schaffen, das geeignet ist, intensivere Forschungen anzuregen, und das schon wegen der Persönlichkeit sei- nes Verfassers in den Kreisen der Geographen wie der Meteorologen größte Beachtung verdient. Das Werk ist zur Gänze regional gegliedert; wegen der mehrfachen Zielsetzung ist wohl kaum ein größe- res Klimagebiet ganz unberücksichtigt geblieben. Gleich der einleitende Abschnitt über Südamerika behandelt eine Fülle klimatischer Probleme: die aride Zone der Westküste, die in Ecuador und den Galapagos bis zum Äquator reicht, aber den nach S rasch seltener werden- den Störungen (El Nino-Phänomen) unterworfen ist, die Winterregengebiete in Ostbrasilien, Honduras und in Teilen des karibischen Meers sowie die Trocken- zonen in Nordostbrasilien und an der Nordküste Süd- amerikas. Ähnliche Probleme studiert TREWARTHA in allen Teilen der Erde, stets unter Berücksichtigung der synoptisch-meteorologischen Ergebnisse. Die letzten Kapitel sind einer ausführlichen Erörterung des Jahres- ganges der Niederschlagsmenge in Nordamerika ge- widmet. Der Referent — der sich mit einem Großteil dieser Probleme ebenfalls befaßt hat, aber die Ergeb- nisse meist nur in Vorlesungen mitteilen konnte darf seiner Freude darüber Ausdruck geben, daß an keiner Stelle schwerwiegende Unterschiede gegenüber TREWARTHAS Befunden festzustellen waren. Da die große Fülle des Inhalts sich einem Referat entzieht, da aber auch an manchen Stellen noch Ergän- zungen notwendig wären, kann auf Einzelfragen hier nicht mehr eingegangen werden. Naturgemäß sind auch einige Probleme regionalen Charakters nicht behan- delt worden. Hierzu zählen z. B. das — beim Fluge

Sonderdruck aus „ERDKUNDE, Archiv für wissenschaftliche ... · stenzone Westafrikas sowie das Trockengebiet am Nord-osthorn Brasiliens. In all diesen Gebieten kommt es von Zeit

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Sonderdruck aus „ERDKUNDE, Archiv für wissenschaftliche Geographie", Band XVI, Lfg. l, 1962, Bonn

B E R I C H T E U N D K L E I N E M I T T E I L U N G E N

PROBLEM-KLIMATE DER ERDE(nach G. T. TREWARTHA)

HERMANN FLOHN

Seinem vielbeachteten, klassische und neuere Vor-stellungen geschickt kombinierenden Lehrbuch „Intro-duction to Climate" (3. Aufl. 1954) hat GLENN T.TREWARTHA, Professor für Geographie an der Staats-Universität von Wisconsin (USA), nunmehr eine Dar-stellung klimatischer Probleme (i) folgen lassen. Die-ses Werk ist ausdrücklich für die Fachwelt bestimmt;es setzt die Grundbegriffe der Meteorologie und dieallgemeine Klimatologie — mit der normalen, von derLand—Meer-Verteilung beeinflußten Zirkulation derAtmosphäre und der aus ihr sich ergebenden Klima-klassifikation — als bekannt voraus. Dabei beabsich-tigt er keine systematische und methodische Behand-lung, sondern

a) die Beschreibung und möglichst auch Erklärungder Problem-Klimate, die von der üblichen schemati-schen Anordnung der Klimazonen abweichen und als„klimatische Anomalien" aufgefaßt werden können,

b) eine Klimatologie der atmosphärischen Störun-gen, Wettertypen und Großwetterlagen, besonders inden Tropen, und

c) einen Versuch zur Behandlung der dynamischenProzesse, die zu einer Differenzierung der Klimateführen.

Ein solches Buch kann die üblichen Mittelwerte undHäufigkeits-Statistiken nur als Ausgangsbasis verwen-den; Statistiken der Wetterlagen und ihrer klimatischenAuswirkungen treten dazu. Die meteorologische Lite-ratur (darunter auch in beachtlichem Umfange diedeutschsprachige) wird mit viel Verständnis herange-zogen; in den Tropen hat TREWARTHA verschiedene

regionale Wetterdienststellen besucht (Recife, Rio deJaneiro, Accra, Leopoldville, Nairobi, Pretoria) undertragreiche Diskussionen mit den dort tätigen Me-teorologen geführt. So ist es ihm gelungen, ein Werkzu schaffen, das geeignet ist, intensivere Forschungenanzuregen, und das schon wegen der Persönlichkeit sei-nes Verfassers in den Kreisen der Geographen wie derMeteorologen größte Beachtung verdient.

Das Werk ist zur Gänze regional gegliedert; wegender mehrfachen Zielsetzung ist wohl kaum ein größe-res Klimagebiet ganz unberücksichtigt geblieben. Gleichder einleitende Abschnitt über Südamerika behandelteine Fülle klimatischer Probleme: die aride Zone derWestküste, die in Ecuador und den Galapagos bis zumÄquator reicht, aber den nach S rasch seltener werden-den Störungen (El Nino-Phänomen) unterworfen ist,die Winterregengebiete in Ostbrasilien, Honduras undin Teilen des karibischen Meers sowie die Trocken-zonen in Nordostbrasilien und an der Nordküste Süd-amerikas. Ähnliche Probleme studiert TREWARTHA inallen Teilen der Erde, stets unter Berücksichtigung dersynoptisch-meteorologischen Ergebnisse. Die letztenKapitel sind einer ausführlichen Erörterung des Jahres-ganges der Niederschlagsmenge in Nordamerika ge-widmet. Der Referent — der sich mit einem Großteildieser Probleme ebenfalls befaßt hat, aber die Ergeb-nisse meist nur in Vorlesungen mitteilen konnte —darf seiner Freude darüber Ausdruck geben, daß ankeiner Stelle schwerwiegende Unterschiede gegenüberTREWARTHAS Befunden festzustellen waren.

Da die große Fülle des Inhalts sich einem Referatentzieht, da aber auch an manchen Stellen noch Ergän-zungen notwendig wären, kann auf Einzelfragen hiernicht mehr eingegangen werden. Naturgemäß sind aucheinige Probleme regionalen Charakters nicht behan-delt worden. Hierzu zählen z. B. das — beim Fluge

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58 Erdkunde Band XVI

Asmara—Port Sudan unmittelbar sichtbar werdende —Nebeneinander des semiariden Hochlandes von Ery-thräa mit Sommerregen und des Winterregen-Nebel-waldes an seinem Abhang zum Roten Meere (2) (3),sowie das recht weit verbreitete Phänomen der aridenTalfurchen in tropisch-subtropischen Hochgebirgen (4)(5), aber auch der im Winter so scharfe Gegensatz inBewölkung und Niederschlag zwischen Mittel- undOstsibirien. Von mehr lokalem Charakter ist etwa derGegensatz zwischen der intensiv überregneten Außen-küste Norwegens und den auffällig trockenen Tälernim Inneren (Ottatal mit unter 300 mm Niederschlag),der in homologer Form auch im Westen Nordamerikasauftritt. Auf jeden Fall verdient für alle Fragen derregionalen Klimatologie dieses Buch ein gründlichesStudium.

Mit Recht betont TREWARTHA, daß die „Problem-Klimate" in manchen Fällen gar keine Ausnahmen dar-stellen, sondern bei einer vollständigen Kenntnis derklimabildenden Prozesse sich als gesetzmäßig heraus-stellen werden. In vielen Fällen lassen sie sich aufgeographische Besonderheiten (Orographie, Küsten-verlauf und Windrichtung usw.) zurückführen. Hierliegt ein Kernpunkt: viel zu lange sind diese „klima-bildenden Prozesse" — wie sie besonders m Sowjet-rußland heute systematisch studiert werden — als be-kannt vorausgesetzt worden, und die von HUMBOLDT1842 geforderte t h e o r e t i s c h e K l i m a t o l o g i ewird erst heute wieder als Problem gesehen, das überder Sammlung von Verarbeitung des riesigen Beobach-tungsmaterials d e r b e s c h r e i b e n d e n K l i m a -t o l o g i e im Laufe der Zeit völlig in den Hinter-grund getreten war. In diesem regional gegliedertenBuch geht TREWARTHA auf diese allgemeinen Problemenicht ein; es enthält den Versuch " to make genesis anintegral part of tbe climatic analysis".

Diese können nur zum Teil durch die Behandlungder Wetterlagen — so wertvoll diese Methode ders y n o p t i s c h e n K l i m a t o l o g i e auch is t —erhalten werden: tatsächlich erweitert und ergänztdieses Verfahren nur die Beschreibung. Da die in derMeteorologie zwischen 1920 und 1945 vorherrschendeModellvorstellung der Luftmassen und Fronten zuerstdurch unmittelbare aerologische Messungen, in denletzten Jahren aber auch durch numerische Modell-rechnungen abgelöst wird, erscheint das aus der Lite-ratur zu gewinnende Bild vielfach widerspruchsvoll— als Beispiel sei TREWARTHAS Darstellung von Ost-afrika genannt — und uneinheitlich. Tatsächlich sind(besonders in den Tropen) wesentliche Eigenschaftender klimatisch so wichtigen vorherrschenden Vertikal-schichtung nicht als konservative Luftmassenmerkmaleanzusehen, sondern nur als Folgen dynamischer Pro-zesse verständlich. Wichtiger als Luftmassen und Fron-ten sind daher die ihnen zugrunde liegenden Gesetz-mäßigkeiten der atmosphärischen Dynamik. Der Re-ferent möchte deshalb den Versuch machen, einige die-ser Gesetzmäßigkeiten zu formulieren, um damit we-nigstens andeutungsweise die wichtigsten „Problem-Klimate" systematisch auf ihre Ursachen zurückzufüh-ren. Dies geschieht hauptsächlich aus didaktischenGründen und mag als Ergänzung von TREWARTHAJregionaler Darstellung vielleicht nützlich sein, um somehr, als einzelne dieser Gesetzmäßigkeiten bis in die

jüngste Zeit hinein unberücksichtigt blieben. Hierbeisoll — ebenso wie bei TREWARTHA, was viele Lesersicher als Vorzug seines Buches ansehen werden — aufeine mathematische Einkleidung verzichtet werden.

A) Äquatoriale AnomalienInfolge des thermischen Gegensatzes zwischen Arktis und

Antarktis (und mitbeeinflußt durch die stärkere sommer-liche Erwärmung der Nordkontinente) liegt im Mittel fürdie Gesamterde der meteorologische Äquator auf der Nord-halbkugel. In den ozeanischen Bereichen, in denen bei ge-ringer jahreszeitlicher Änderung seine Position das ganzeJahr über auf der Nordhalbkugel verbleibt, kommt es inder Zone südlich des Äquators, stellenweise bis etwa 1°"5̂übergreifend, zu großräumigem Absinken innerhalb des denÄquator überschreitenden Südostpassates. Dieser Absink-effekt beruht zum Teil auf der Wirkung der vertikalenKomponente der Coriolis-Beschleunigung auf die Ost-West-Komponente des Windes, zum Teil auch auf der Wir-kung der Änderung der horizontalen Komponente derCoriolisbeschleunigung mit der Breite auf die Nord-Süd-Komponente (6). Die unter D, E und F genannten Effektetreten unterstützend hinzu.

Hierzu gehören die ausgedehnte trockene Äquatorialzonedes Pazifiks nebst den anschließenden trockenen Küsten -gürtein von Peru und Ecuador, die Trockenzone des Süd-ostpassats auf dem Atlantik nebst der angrenzenden Kü-stenzone Westafrikas sowie das Trockengebiet am Nord-osthorn Brasiliens. In all diesen Gebieten kommt es vonZeit zu Zeit zu weiträumigen Zirkulationsanomalien, beidenen ausnahmsweise der meteorologische Äquator auf dieSüdhalbkugel übertritt, die dann zu anormalen Nieder-schlägen führen.

Charakteristisch ist das weiträumige gleichzeitige Auf-treten dieser Anomalien, die in einzelnen Gebieten vonkatastrophaler Wirkung sein können.

B) Quasistationäre HöhentrögeDie annähernd ortsfesten Auslenkungen der Westdrift

zum Äquator hin entstehen auf beiden Halbkugeln alsFolge der orographischen Konfiguration der Erdoberfläche,zum Teil infolge der direkten Ablenkung der Höhenströ-mung durch die Gebirge, zum größeren Teil jedoch infolgeder thermischen Wirkung der Hochländer bzw. der Unter-schiede zwischen Land und Wasser. Auf der Nordhalb-kugel existieren drei dieser Höhentröge: über dem östlichenNordamerika, über Osteuropa (im Sommer nach Zentral-asien verschoben) und über Ostasien. Auf der Südhalbku-gel sind offenbar vier derartige Höhentröge zu erkennen,wenn auch die bisherigen Daten noch nicht genügend voll-ständig sind. Gesichert sind die Höhentröge östlich Süd-amerika und östlich Südafrika (bei Madagaskar); wenigergesichert, aber wahrscheinlich sind zwei weitere Höhen-tröge bei 110° Ost (vor der Westküste Australiens) undvor allem bei 175° Ost, im Raum Neuseeland.

In all diesen Gebieten treten am Boden subtropischeHochdruckzellen nur ausnahmsweise auf; die quasistationä-ren Höhentröge entstehen also in Lagen zwischen den subtro-pischen Hochdruckzellen, in denen in der Höhe kalte Luftpolaren Ursprungs weit äquatorwärts ausgreift. Hier kommtes infolgedessen häufig zu Niederschlägen bei feuchtlabilerSchichtung, deren Ursachen mit Hilfe nur der Bodenwetter-karte — ohne entsprechende Höhenkarten — nicht richtigerkannt werden können. Ebenso werden in diesen Lückender subtropischen Trockenzone bevorzugt tropische Orkanepofwärts umbiegend in die Westdrift einbezogen, wie über-haupt im Bereich der Höhentröge tropische Störungen ver-stärkt werden und polwärts ausgreifen. Im Bereich der qua-sistationären Höhentröge an den Ostflanken der Kon tinenteist infolgedessen auch die Passatregion niederschlagsreicherund die Passatinversion liegt höher als im Bereich der sub-tropischen Hochdruckzellen.

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Berichte und kleine Mitteilungen 59

C) Regionale Störungen durch HochländerIn drei Gebieten der Tropen- und Subtropenzone errei-

chen Hochländer über große Gebiete hinweg Höhen von4000—4500 m (Tibet, Bolivien) bzw. 2000—3000 m (Ost-afrika, Äthiopien). Diese Hochländer wirken für die At-mosphäre als hochgelegene Heizfläche, was im Bereich Ti-bet (7) und Bolivien (8) inzwischen aerologisch nachgewie-sen ist. Hierdurch entsteht — im Falle der subtropischenHochländer wenigstens im Sommer der jeweiligen Halb-kugel — eine zusätzliche thermische Zirkulation, die imRandgebiet der Hochländer zu einem System konvergieren-der Winde in Bodennähe und divergierender Komponentenin der Höhe führt. Wegen der Existenz des Hochlandeskann sich die bodennahe Konvergenzzone wettermäßig nurgebietsweise auswirken. Dagegen ist die überwiegend ther-misch bedingte Ablenkung der Höhenströmung von weit-reichender Wirkung. Die Erwärmung der Hochländer läßtim Sommer den meteorologischen Äquator weit polwärtsausgreifen, in Indien bis etwa 28° N, im Inneren Südame-rikas bis etwa 16° S; entsprechend verbreitert sich deräquatoriale Regengürtel. Im Randgebiet zwischen den gro-ßen planetarischen Windgürteln und der thermischen Hoch-landzirkulation kommt es zu regionalen Strömungsdiver-genzen, wie über der Wüste Tharr sowie im Grenzgebietzwischen Kenya und Äthiopien und im Innern der Somali-Halbinsel, die zu Absinken und damit zu ausgedehntenTrockengebieten Anlaß geben.

D) Divergenzen und Konvergenzen infolge unterschied-licher Bodenreibung

Weht der Gradientwind parallel zu einer Küste, so ent-steht infolge der unterschiedlichen Bodenreibung im Küsten-gebiet eine Reibungsdivergenz, wenn das Druckgefalle land-einwärts gerichtet ist, eine Reibungskonvergenz, wenn dasDruckgefälle meerwärts gerichtet ist. Der erstgenannte Fall— den TREWARTHA auf der Grundlage von LAHEY'S schönerArbeit behandelt — ist von Bedeutung an der NordküsteSüdamerikas, sowie an der Ostküste der Somali-Halbinselund an der Küste Südwestafrikas, wobei jedesmal eineTrockenzone den Divergenzbereich charakterisiert. Die ent-sprechende Reibungskonvergenz über See wirkt sich offen-bar weniger deutlich aus, da über See allgemein die Rei-bung viel geringer ist; die Reibungskonvergenz bei auflan-digen Winden an der Küste ist allgemein bekannt (vgl. hier-zu auch BRYSON und KÜHN, Erdkunde 15, 1961, 287—294);eine Reibungs-Divergenz ist meist auch mit aufquellendemTiefenwasser gekoppelt.

E) Divergenzen und Konvergenzen der GeschwindigkeitWenn innerhalb einer einheitlichen großräumigen Luft-strömung in Bodennähe die Geschwindigkeit abnimmt (Kon-vergenz) oder zunimmt (Divergenz), kommt es gleichfallszur Auslösung der entsprechenden Vertikalbewegung. Bei-spiele für eine Geschwindigkeits-Konvergenz mit aufstei-gender Luftbewegung, also Verstärkung der Konvektionund der Niederschläge, bilden die Passate bei Annäherungan die Äquatorzone, insbesondere der Nordostpassat aufdem Pazifik und dem Atlantik sowie der Südostpassat aufdem Indischen Ozean. Geschwindigkeits-Divergenzen führenzu Absinken und Aridität, so über dem Seegebiet des Kari-bischen Meeres (Niederländisch West-Indien) und im Süd-westmonsun im Seegebiet ostwärts der Somali-Halbinsel,aber auch allgemein im Einzugsgebiet der Passate, beson-ders auf der Ostseite der subtropischen Hochdruckzellen.

F) Einseitige und zweiseitige ozeanische DivergenzenDa die primär vom Windschub angetriebenen O b e r -

f l ä c h e n s t r ö m u n g e n der Ozeane von der Windrich-tung um etwa 30° im antizyklonalen Sinn abweichen (aufder Nordhalbkugel nach rechts, auf der Südhalbkugel nachlinks), kommt es in verschiedenen Küstengebieten bei etwaküstenparallelen oder ablandigen Winden zu dem wohl-

bekannten Phänomen des kalten Auftriebwassers. Beispielehierfür sind Humboldtstrom und Benguelastrom auf derSüdhalbkugel, der Kalifornienstrom auf der Nordhalbkugel;in geringerem Umfang gibt es entsprechende Auftriebs-gebiete an der Nordküste Südamerikas, in einem kleinenTeil der Guinea-Küste (Ghana) sowie an der Somaliküste.

Im Bereich des äquatorialen Pazifik (sowie vielleicht auchin dem des Atlantik) wird auf die vom (nur schwach kon-vergierenden) Windfeld hervorgerufene, auf beiden Seitendes Äquators entgegengesetzt gerichtete Ablenkung derOberflächenströmung (des Äquatorialstroms) eine weitrei-chende zweiseitige Divergenz des Oberflächenwassers unddamit der Auftrieb kühleren Tiefenwassers hervorgerufen.In all diesen Gebieten kommt es zu auffallend niedrigenLufttemperaturen, ziemlich großer Häufigkeit von Nebeloder Hochnebel und tiefliegenden Inversionen, d. h. imganzen zu sehr stabiler Schichtung mit völligem Fehlenkonvektiver Vorgänge, also Niederschlagsarmut.

Diese Beispiele mögen genügen, um anzudeuten, wiedurch den Ausbau des üblichen Lehrgebäudes der Kli-matologie und die Einbeziehung dynamischer Gesetz-mäßigkeiten viele Problem-Klimate aus ihrer Sonder-stellung herausgelöst werden können und physikalischverständlich werden. Vom Standpunkt des Nicht-Spe-zialisten aus ist schon die Formulierung klimatischer„Probleme" — deren Existens vielfach gar nicht gese-hen wird — durch TREWARTHA ein wirkliches Ver-dienst, das die Forschung erheblich befruchten sollte.

Das Schwergewicht von TREWARTHAS Darstellungliegt auf dem Gebiet der synoptischen, nur z. T. auchauf dem der dynamischen Klimatologie (im Sinne vonHESSELBERG). Dagegen wird nach Auffassung des Re-ferenten die primäre Bedeutung des Strahlungs- undWärmehaushalts nicht genügend herausgestellt, dieauch dynamische Vorgänge — z. B. die thermisch be-dingten Strömungskonvergenzen oder -divergenzen —verursachen kann. Hier haben sich aus den klassischenArbeiten von MILANKOVITCH, SVERDRUP und AL-BRECHT (9) grundsätzliche Fragestellungen ergeben,die sich keinesfalls auf die Mikroklimatologie be-schränken, sondern auch in der Makroklimatologiegrundlegend sind. Aber für eine systematische Behand-lung dieser Zusammenhänge ist die Zeit offenbar nochnicht reif.

In jedem Falle — ganz unabhängig von den hiergegebenen Ergänzungen allgemeiner Natur und vonden in Einzelfragen möglicherweise abweichenden Stel-lungnahmen — gehört TREWARTHAS Buch zu den an-regendsten und fruchtbarsten Darstellungen der Kli-matologie, mit der sich jeder Klimatologe auseinander-setzen muß, und die jedem regional tätigen Geogra-phen reiche Informationen übermittelt.

Literatur:1) G. T. TREWARTHA: The Earth's Problem Climates. The

University of Wisconsin Press, 1961, 334 S., 7,50 $.2) C. TROLL: Z. Ges. Erdk. Berlin 1935, 241—281.3) C. TROLL, R. SCHOTTE'NLOHER. Peterm. Geogr. Mitt. 85

(1939), 217—238.4) C. TROLL: Bonner Geogr. Abh. 9 (1952), 124—182.5) U. SCHWEINFURTH: Erdkunde 10 (1956), 297—302.6) H. FLOHN: Beitr. Phys. Atmos. 30 (1957), 18—46.7) H. FLOHN, K. P. RAMAKRISHNAN, P. KOTESWARAM,

P. R. PISHAROTY u. a. in "Monsoons of the World",New Delhi 1960.

8) W. SCHWERDTFEGER: Meteor. Rundsch. 14 (1961), 1—6.9) F. ALBRECHT: Wiss. Abhandl. Reichsamt f. Wetter-

dienst 8, 2 (1940).