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Björn ist behindert, doch er macht seine Mutter Doris Stommel-Hes- seler zu einem glücklichen Men- schen. Foto:Weiser Leben mit einem schwerstbe- hinderten Kind – für viele Schwangere ist die Vorstel- lung der schlimmste Alp- traum. „Für uns ist unser Björn ein Segen“, sagt jedoch Doris Stommel-Hesseler aus Ruppichteroth. Björn kam 1981 als Drilling zehn Wochen zu früh auf die Welt. Seine beiden Brüder starben. Er überlebte, allerdings schwerstbehindert – wie sich erst später herausstellte. Im EXPRESS blickt die Mutter zu- rück. Von DORIS STOMMEL-HESSE- LER (Björns Mutter) B jörns Leben hing direkt nach seiner Geburt am sei- denen Faden, den Kabeln und den Schläuchen. Er hat gerade mal 1000 Gramm gewogen, je- des Gramm, dass er zugenom- men hat, war von großer Be- deutung. Nach drei Monaten durften wir ihn endlich nach Hause holen. Er war in der Entwicklung sehr zurück, hat geschrien und geschrien, aber von Behinde- rung war nicht die Rede. Nach einem halben Jahr rückte sein sonniges Wesen in den Vorder- grund. Er hat gestrahlt, als wol- le er die Vergangenheit einfach weglachen. Im zweiten Lebensjahr hatten wir einen Termin beim Kinder- arzt. „Ein Postbote wird er ja nicht“, sagte dieser und offen- barte uns die bittere Wahrheit: „Er wird nie laufen kön- nen.“ Ein Satz wie ein Donnerschlag. Björn hat alle Thera- pien bekommen, um die Behinderung zu lin- dern: Viermal täglich Kranken- gymnastik, außerdem Ergotherapie, Schwim- men, Reiten… Aber die Sprachtherapeutin machte mir dennoch wenig Hoffnungen: „Der Junge wird nur einzelne Worte lernen können.“ Sie sollte sich irren. Björn lernte sprechen, und es ist eine Freude, sich heute mit ihm zu unterhalten. Er hat so eine wunderbare positi- ve Lebenseinstellung. Mein Sohn kann zwar nicht laufen, aber er hat sich noch nie darüber beklagt. Natürlich, das Leben ist nicht immer einfach mit ihm. Björn ist so groß wie ich, wiegt so viel wie ich und der Elektroroll- stuhl erinnert mich an einen Minipanzer. Lifter, Toiletten- stuhl, Pflegebad und Pflegebett schmücken unser Haus. Wir sind in unserer Freizeit schon sehr eingeschränkt. Manchmal wünsche ich mir abends, ich wäre die „Bezaubern- de Jeannie“, und könnte ihn mit einem Finger- schnipp ins Bett zaubern. Doch es muss auch ohne Magie funktionieren. Zum Glück habe ich nach dem Scheitern meiner ersten Ehe – Björn war zehn und seine Schwes- ter Sandra acht Jahre alt - einen Mann ken- nenge- lernt, der mit uns alle Höhen und Tiefen meistert. Häufig hatte ich ein schlech- tes Gewissen, weil Björns Schwester so oft zurückstehen musste, aber sie hat mittlerwei- le selbst zwei Kinder und tröstet mich: „Mama, wenn das Leben mit Björn für mich nicht so gewesen wäre, wie es ver- laufen ist, dann wäre ich nicht der Mensch, der ich heute bin.“ Seit fünf Jahren be- treut Sandra selbst ein behin- dertes Mädchen. Ich habe mich oft gefragt, was ich getan hätte, wenn der Arzt mir während der Schwan- gerschaft gesagt hätte: „Frau Stommel, Sie erwarten ein schwerbehindertes Kind. Es wird zeitlebens auf Sie ange- wiesen sein. Sie werden Ihr Kind füttern und baden, auch wenn es schon erwachsen ist. Sie werden es im Rollstuhl schieben, sich den Rücken rui- nieren und ständig gebunden sein.“ Und ich muss ehrlich sagen: Ich weiß nicht, was ich mit dem Wissen getan hätte. Ich weiß heute nur, dass ich mich immer für das Leben mit Björn ent- schieden hätte, wenn ich ge- wusst hätte, wie schön es sein würde.“ MEINE GESCHICHTE 13 Sonntag, 23. März 2008 HEUTE LESEN SIE Das große Sonntagsrätsel Seite 14 Der Psychotest:Wie glücklich sind Sie in Ihrem Job Seite 15 Der Fotowettbewerb: Osterspaß Seite 16 Mode-Guru: Grün ist der neue Trend Seite 20 Prof. KLEX erklärt: So entsteht Zucker Seite 17 50-SEKUNDEN-RÄTSEL ONLINE-TIPP B rettspiele liegen im Trend. Eine Alternative zum herkömmlichen Spieleabend bietet www.brettspielwelt.de. Hier kann man eine ganze Menge Spiele mit Freunden online spie- len. Man muss sich zunächst anmelden und dann kann man sich in diverse Spiele einlog- gen und loszocken. Mit World of Warcraft oder anderen Online-Spielen, die man vorher auf dem PC installiert, können die Spiele hier grafisch zwar nicht mithalten, den Spielspaß stört das allerdings nicht. Spieleabend im Netz www.brettspielwelt.de Inselstaat vor Indien isra- elischer Staats- mann Frauen- name Tüchtigkeit Spur einer verheilten Wunde lautes Geräusch Eisenbahn- anhänger Urein- wohner Mexikos englischer Pferde- rennplatz franzö- sische Mittel- meerinsel geballte Hand Ausleger, Erklärer Teil des Gesichts Sternbild das Unsterb- liche 1 gewiss Schweizer Bodenmaß 4 Furcht farben- prächtiger Hühner- vogel 6 Insel- europäer Abgabe an die Kranken- kasse 5 Fluss in Nord- deutsch- land Zukunfts- traum kurz: in das Quader 3 Schnur- loch End- punkt der Erdachse unge- schickt befingern nieder- säch- sischer Höhenzug Augen- flüssigkeit 2 RM055365 200812 1 2 3 4 5 6 Eine bewegende Geschichte, die Doris Stommel-Hesseler über das Leben mit ihrem schwerstbehinderten Sohn er- zählt hat. Doch es ist eine Geschichte, die das Leben schrieb. Und genau solche Ge- schichten möchten wir von Ihnen, liebe Le- serinnen und Leser: Haben Sie ein beson- ders ausgefallenes Hobby,engagieren Sie sich ehrenamtlich für ein besonders Pro- jekt? Sammeln Sie ungewöhnliche Dinge, haben Sie den Schritt in ein neues Leben gewagt? Dann mailen Sie uns: leserrepor- [email protected] oder schreiben Sie an den Express, Stichwort „Meine Geschichte“, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln. Haben auch Sie eine Geschichte zu erzählen? Doris Stommel-Hesseler kümmert sich seit 25 Jahren um ihren behinderten Sohn Schwester Sandra und ihre beiden Kinder nehmen „Onkel Björn“ so wie er ist. Und das ist ihm viel lieber als Mitleid. Foto: privat „In mir ist Freude“ mit vielen Geschich- ten von Behinder- ten. Erschienen im Doris-Verlag. Das Leben mit Björn ist ein großes Geschenk

Sonntag, 23. März 2008 13 Das Leben mit Björn ist ein großesDer Psychotest:Wie glücklich sind Sie in Ihrem Job Seite 15 Der Fotowettbewerb: OsterspaßSeite 16 Mode-Guru: Grün

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Björn ist behindert, docher macht seine Mutter

Doris Stommel-Hes-seler zu einem

glücklichen Men-schen.

Foto:Weiser

Leben mit einem schwerstbe-hinderten Kind – für vieleSchwangere ist die Vorstel-lung der schlimmste Alp-traum. „Für uns ist unserBjörn ein Segen“, sagt jedochDoris Stommel-Hesseler ausRuppichteroth. Björn kam1981 als Drilling zehn Wochenzu früh auf die Welt. Seinebeiden Brüder starben. Erüberlebte, allerdingsschwerstbehindert – wie sicherst später herausstellte. ImEXPRESS blickt die Mutter zu-rück.

Von DORIS STOMMEL-HESSE-LER (Björns Mutter)

Björns Leben hing direktnach seiner Geburt am sei-

denen Faden, den Kabeln undden Schläuchen. Er hat gerademal 1000 Gramm gewogen, je-des Gramm, dass er zugenom-men hat, war von großer Be-deutung. Nach drei Monatendurften wir ihn endlich nachHause holen.

Er war in der Entwicklungsehr zurück, hat geschrien undgeschrien, aber von Behinde-rung war nicht die Rede. Nacheinem halben Jahr rückte seinsonniges Wesen in den Vorder-grund. Er hat gestrahlt, als wol-le er die Vergangenheit einfachweglachen.

Im zweiten Lebensjahr hattenwir einen Termin beim Kinder-arzt. „Ein Postbote wird er janicht“, sagte dieser und offen-barte uns die bittere Wahrheit:„Er wird nie laufen kön-nen.“ Ein Satz wie einDonnerschlag.

Björn hat alle Thera-pien bekommen, umdie Behinderung zu lin-dern: Viermal täglich Kranken-gymnastik, außerdemErgotherapie, Schwim-men, Reiten… Aber dieSp ra ch the r apeu t i nmachte mir dennochwenig Hoffnungen:„Der Junge wird nureinzelne Worte lernenkönnen.“

Sie sollte sich irren.Björn lernte sprechen,und es ist eine Freude,sich heute mit ihm zuunterhalten. Er hat soeine wunderbare positi-ve Lebenseinstellung.Mein Sohn kann zwarnicht laufen, aber er hatsich noch nie darüberbeklagt.

Natürlich, das Lebenist nicht immer einfachmit ihm. Björn ist sogroß wie ich, wiegt soviel wie ich und der Elektroroll-stuhl erinnert mich an einenMinipanzer. Lifter, Toiletten-stuhl, Pflegebad und Pflegebettschmücken unser Haus. Wirsind in unserer Freizeit schonsehr eingeschränkt. Manchmal

wünsche ich mir abends,ich wäre die „Bezaubern-de Jeannie“, und könnteihn mit einem Finger-schnipp ins Bett zaubern.Doch es muss auch ohneMagie funktionieren.

Zum Glück habe ich nachdem Scheitern meinerersten Ehe – Björnwar zehn undseine Schwes-ter Sandraacht Jahrealt - einenMann ken-n e n g e -l e rn t ,d e r

mit uns alle Höhen und Tiefenmeistert.

Häufig hatte ich ein schlech-tes Gewissen, weil BjörnsSchwester so oft zurückstehenmusste, aber sie hat mittlerwei-le selbst zwei Kinder und tröstet

mich: „Mama,wenn das Lebenmit Björn für michnicht so gewesenwäre, wie es ver-laufen ist, dannwäre ich nicht derMensch, der ichheute bin.“ Seitfünf Jahren be-

treut Sandra selbst ein behin-dertes Mädchen.

Ich habe mich oft gefragt,was ich getan hätte, wenn derArzt mir während der Schwan-gerschaft gesagt hätte: „FrauStommel, Sie erwarten ein

schwerbehindertes Kind. Eswird zeitlebens auf Sie ange-wiesen sein. Sie werden IhrKind füttern und baden, auchwenn es schon erwachsen ist.Sie werden es im Rollstuhlschieben, sich den Rücken rui-nieren und ständig gebundensein.“

Und ich muss ehrlich sagen:Ich weiß nicht, was ich mit demWissen getan hätte. Ich weißheute nur, dass ich mich immerfür das Leben mit Björn ent-schieden hätte, wenn ich ge-wusst hätte, wie schön es seinwürde.“

MEINE GESCHICHTE 13Sonntag, 23. März 2008

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Mode-Guru:Grün ist der neue Trend Seite 20

Prof.KLEX erklärt:So entsteht Zucker Seite 17

50-SEKUNDEN-RÄTSEL

ONLINE-TIPP

Brettspiele liegen im Trend. Eine Alternativezum herkömmlichen Spieleabend bietet

www.brettspielwelt.de. Hier kann man eineganze Menge Spiele mit Freunden online spie-len. Man muss sich zunächst anmelden unddann kann man sich in diverse Spiele einlog-gen und loszocken. Mit World of Warcraftoder anderen Online-Spielen, die man vorherauf dem PC installiert, können die Spiele hiergrafisch zwar nicht mithalten, den Spielspaßstört das allerdings nicht.

Spieleabend im Netz

www.brettspielwelt.de

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Tüchtigkeit

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Eine bewegende Geschichte, die DorisStommel-Hesseler über das Leben mitihrem schwerstbehinderten Sohn er-zählt hat. Doch es ist eine Geschichte, diedas Leben schrieb. Und genau solche Ge-

schichten möchten wir von Ihnen, liebe Le-serinnen und Leser: Haben Sie ein beson-ders ausgefallenes Hobby, engagieren Siesich ehrenamtlich für ein besonders Pro-jekt? Sammeln Sie ungewöhnliche Dinge,

haben Sie den Schritt in ein neues Lebengewagt? Dann mailen Sie uns: [email protected] oder schreiben Sie an denExpress, Stichwort „Meine Geschichte“,Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln.

Haben auch Sie eine Geschichte zu erzählen?

Doris Stommel-Hesseler kümmertsich seit 25 Jahren um ihrenbehinderten Sohn

Schwester Sandra und ihre beiden Kinder nehmen„Onkel Björn“ so wie er ist. Und das ist ihm viel lieberals Mitleid. Foto: privat

„In mir ist Freude“mit vielen Geschich-ten von Behinder-ten. Erschienen imDoris-Verlag.

Das Leben mit Björnist ein großesGeschenk