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Sonntag, 23. November 2014 / Nr. 47 Zentralschweiz am Sonntag Sonntag, 23. November 2014 / Nr. 47 Zentralschweiz am Sonntag Unterwegs Kobra in die Höhe und wirft sie dann auf die Ladefläche seines Jeeps. Die Hunde sind wenig begeistert und zie- hen verängstigt den Schwanz ein. Vie- le Jahre hat Miguel in einem Schweizer Hotel gearbeitet, bis das Heimweh zu gross wurde. Leben von der Hand in den Mund Eher unfreiwillig zurückgekehrt ist der junge Ingenieur Carlos, nachdem er in der Stadt seine Arbeit verloren hatte. Jetzt hilft er in dem winzigen Dorfcafé aus, das seiner Mutter gehört. Die sitzt zusammen mit dem einzigen Gast vor dem Fernseher und häkelt. «Es kommen nur wenige Touristen hierher», erzählt der Sohn. Etwa 140, vor allem ältere Menschen wohnen noch in Pitoes das Júnias. «Sie leben von der Hand in den Mund und von einem Tag zum anderen», erzählt Car- los. Das Klima ist rau hier oben, vor allem im Winter kann es recht unge- mütlich werden. «Anfang des Jahres ist es sehr kalt, und es fällt Schnee», sagt er. Die meisten Jungen scheuen das einsame und entbehrungsreiche Leben und wandern ab, manche bis nach Afrika oder Südamerika. «Fast alle jun- gen Leute gehen weg», bedauert der junge Mann. Doch die Verbundenheit zur alten Heimat bleibt. Viele kommen im Sommer zurück, um Ferien zu ma- chen. «Dann ist hier viel los», freut sich Carlos. ULRICH WILLENBERG [email protected] Es ist ein Bild wie aus vergangenen Zeiten. Kühe trotten am Abend gemüt- lich über die holprige Dorfstrasse zu ihrem Stall. Schwarz gekleidete Frauen klönen vor von Weinreben umrankten Häusern, während sie Gemüse putzen. Pünktlich um sechs versammeln sich die Bewohner zur Abendmesse in der kleinen Kirche von Germil. Nur noch 48 vor allem alte Menschen leben in diesem typischen Dorf im Südwesten des portugiesischen Nationalparks Pe- neda-Gerês. Einige der wunderschönen Bauernhäuser aus Granitstein sind in- zwischen verlassen und suchen nach einem Käufer. Ein Haus inmitten eines üppig blühenden Gartens wird an Fe- riengäste vermietet. Ideal für Men- schen, die Ruhe suchen in einer weit- gehend intakten Natur. Der einzige Nationalpark Portugals mit seinen dich- ten Wäldern und tief eingeschnittenen Tälern ist ein Paradies für Naturfreun- de und Wanderer. Zahlreiche Wege erschliessen jeden Winkel des 700 Qua- dratkilometer grossen, hufeisenförmi- gen Schutzgebietes, das sich über meh- rere Klimazonen erstreckt. Der «Weg nahe dem Himmel» Einer der schönsten Rundwege ist der Trilho Pertinho do Céu im Nordwesten des Nationalparks. Übersetzt heisst das «Weg nahe dem Himmel». Er führt durch einen Eichenhain und vorbei an Roggen- feldern hinauf zur Sommeralp Branda de Busgalinhas mit ihren einfachen Steinhütten. Der steile Anstieg auf über 1000 Meter wird belohnt mit einem traumhaften Panoramablick über die Berge des Nationalparks. Ein Ausgangspunkt für den Wander- weg ist São Bento de Cando, bekannt für seine religiösen Feste zu Ehren des heiligen St. Benedikt. In dem zwischen schroffen Granitfelsen eingebetteten Dörfchen oberhalb des Rio Grande leben einige Kleinbauern, die Schafe oder Kühe halten und etwas Gemüse in ihren Gärtchen anbauen. Es gibt auch einen winzigen Laden mit einem sehr überschaubaren Angebot. Von jedem Produkt finden sich nur ein oder zwei Packungen im Regal. Gross ist dagegen das Angebot im Kurort Gerês, dem ganz im Süden ge- legenen touristischen Zentrum des Na- tionalparks. Hier gibt es zahlreiche Läden, Hotels und Restaurants, die üppige Mahlzeiten anbieten. Kalorien zählen sollte man bei der fleischlastigen und fettigen Küche Portugals nicht. Gegen Dickleibigkeit soll angeblich das Heilwasser der ermalquellen von Gerês helfen. Marode Hotels und laute Touristen Der auf 400 Metern Höhe gelegene Ort, der früher gerne von reichen Müs- siggängern besucht wurde, hat seine besten Tage hinter sich. Einige der einst prachtvollen Hotels sind völlig marode. An sonnigen Sommerwochenenden wird es turbulent in Gerês. Autokolon- nen wälzen sich über die kurvenreiche Strasse von Braga hinauf in den von Bergen umrahmten Ort. Auf dem Stau- see etwas unterhalb tummeln sich zahlreiche Wassersportler. Nervig sind die Ausflugsboote mit ihrer weit hör- baren Discomusik. Und das, obwohl der See innerhalb des Nationalparks liegt. Ruhe findet man auf den zahlreichen Wanderwegen rund um Gerês. Wunder- schön ist der einige Kilometer nördlich verlaufende Trilho Da Geira. Er führt durch einen traumhaften Märchenwald mit von Flechten und Moos überwu- cherten Eichen sowie Eschen, Erlen und Weiden. Der Pfad folgt einer von Meilensteinen gesäumten Heerstrasse der Römer, die die Stadt Braga mit dem nordspanischen Asturien verband. Reissende Bäche wie der glasklare Rio Homem durchziehen Urwald und er- giessen sich über Wasserfälle in stei- nerne Schwimmbecken. Eine willkom- mene Abkühlung an heissen Tagen. Wer Glück hat, begegnet einer Herde von Garranos, die das ganze Jahr draussen leben. Diese kleinen Wild- pferde sind zutraulich und wirken sehr ausgeglichen. «Man sollte sie aber nicht anfassen, dann schlagen sie aus», warnt Parkmitarbeiter Pedro. Nur von der Grösse eines Ponys können sie sich im meterhohen Farn vor Wölfen verste- cken. Zwölf Rudel soll es im National- park geben. «Die Raubtiere sind sehr scheu. Man bekommt sie nicht zu se- hen», sagt Pedro. Szenerie wie in Schottland Während sich der Tourismus im Raum Gerês konzentriert, fahren nur wenige Touristen in den einsamen Nordosten des Schutzgebietes. Eine kaum befahrene Strasse in Richtung der spanischen Grenze führt durch dichte, von kargen Berghängen über- ragten Wäldern hinauf zur fast baum- losen Hochebene Alto do Ouroso. Vor allem bei Nebel fühlt man sich nach Schottland versetzt. Eine schmale Nebenstrasse endet in Portugals höchstem Dorf Pitoes das Júnias am Fusse einer oft von Wolken verhangenen, wild gezackten Felswand. An trüben Tagen könnte man in dem auf über 1100 Metern hoch gelegenen und etwas düsteren Ort einen Psycho- thriller drehen. Am Rande führt ein herrlicher Rundweg zur Ruine des Klos- ters Santa Maria des Júnias, das Mön- che an einem rauschenden Wildbach errichteten. In der Nähe hütet Miguel seine klei- ne Rinderherde. Begleitet wird er von seinen drei Pastorales, einer kleinen Schäferhundrasse. Auf die wunder- schönen Tiere ist er sichtlich stolz. «Schaut, die habe ich gerade gefunden», sagt der freundliche Mann. Er hält die Haut einer über einen Meter langen NATIONALPARK Eine Reise durch das nordportugiesische Schutzgebiet Peneda-Gerês zeigt ein völlig anderes Bild des Landes auf der iberischen Halbinsel. Der einzige Nationalpark Portugals ist ein Paradies für Wanderer und jene, die dem Massentourismus aus dem Weg gehen möchten. Portugals paradiesischer Norden Die schönsten Hotels der Schweiz FÜHRER Der Hotelführer des Schweizer Heimatschutzes wurde von Grund auf neu überarbeitet und wartet mit zahlreichen Neuent- deckungen auf. 78 charaktervolle Hotels und 13 Bed & Breakfasts aus allen Landesteilen werden im neu- en Büchlein vorgestellt. Der Schwei- zer Heimatschutz hat sich auf die Suche gemacht nach aussergewöhn- lichen Gasthäusern, die ein ganz- heitliches Kulturverständnis pfle- gen. Dazu gehören unter anderem ein respektvoller Umgang mit his- torischer Bausubstanz, eine gute Einbettung in der Region, ein über- zeugendes Betriebskonzept und Gastfreundschaft mit Herzblut. Auch die Zentralschweiz ist ange- messen vertreten: So werden etwa die Klosterherberge Baldegg LU, das Jugendstil-Hotel Paxmontana in Flüeli-Ranft OW, das Hotel Terrasse am See in Vitznau LU, das Berg- hotel Maderanertal UR, das Bed & Breakfast 9 Luzern und das B & B Beromünster LU vorgestellt. HINWEIS Die schönsten Hotels der Schweiz, Schweizer Heimatschutz, 4. überarbeitete Auflage, 96 Seiten, Fr. 16.–, für Heimatschutzmitglieder Fr. 8.–, bestellen unter: www.heimatschutz. ch/shop Grosse Skitouren der Extraklasse BUCH 60 Skitouren vom Feinsten: Das verspricht der Rother Selection Band «Grosse Skitouren Ostalpen». Im Buch vorgestellt werden allesamt Touren, die ein ambitionierter Ski- tourengeher einmal gemacht haben will, jede für sich sei ein Höhepunkt in der Tourensaison, versprechen die Herausgeber. Grosse «Renommier- gipfel» befinden sich darunter – Grossvenediger, Grossglockner, Weisskugel und Cevedale –, aber auch eine Reihe von modernen Tou- ren, die erst mit dem gestiegenen technischen Können und der besse- ren Ausrüstung der letzten Jahre bekannter geworden sind. Für die beschriebenen Touren benötigt man eine angemessen gute Kondition, eine sichere Technik und entspre- chende Alpinerfahrung. Jeder Trip wird mit einer klaren Wegbeschrei- bung, Kartenausschnitt und Höhen- profil vorgestellt. GPS-Daten stehen zum Download bereit. Die vielen Farbbilder machen zudem Lust aufs Schmökern und noch viel mehr aufs Losgehen. HINWEIS Andrea und Andreas Strauss: Grosse Skitouren Ostalpen. 60 Touren zwischen Rätikon und Dachstein. Bergverlag Rother, 240 Seiten, Fr. 41.90. REISE-SPLITTER Nützliche Informationen Infos Nationalpark: www.visitgeres. com; www.adere-pg.pt, hier kann man sich kleine Karten der betreffenden Wanderwege herunterladen. Vermerkt ist auch der Zustand der einzelnen Wege. Für einige Routen gibt es auch GPS-Daten. Anreise: Flug nach Porto. Weiter mit Mietwagen. In ca. drei Stunden erreicht man den Kurort Gerês im Süden des Nationalparks. Unterkünfte: Kurhotel Águas do Gerês, im Zentrum gelegen, www. aguasdogeres.pt Casa Real Danaia, schönes Ferien- haus im Dorf Germil, ca. eine Stunde von Gerês entfernt, buchbar bei www. booking. com Essen und Trinken: Baltazar in Gerês, gute, traditionelle Küche. Hauptgerichte ab 10 Euro. Av. Manu- el Francisco da Costa. Restaurante Abocanhado, das Lokal liegt am Rande des restaurierten Berg- dorfes Brufe und bietet einen traum- haften Blick über die Berge des Na- tionalparks. Etwa eine Autostunde von Gerês entfernt, Hauptgerichte ab 14 Euro, www.abocanhado.com Reisezeit: Zum Wandern eignen sich besonders Frühjahr und Herbst. Auch der Winter ist reizvoll. In höhe- ren Lagen fällt Schnee. Im Hochsom- mer kann es sehr heiss werden. Verhaltensregeln im Nationalpark: Auf den ausgeschilderten Wegen blei- ben. Stabile Wanderschuhe sind er- forderlich. Wildes Zelten ist verboten. Ebenso Feuer machen und Rauchen. Auf der sehr beliebten und schmalen Autostrasse zwischen Gerês und Por- tela de Homem besteht Halteverbot, das von Parkrangern überwacht wird. Die Durchfahrt kostet 2.50 Euro. Links: In Lindosos drescht eine Frau den Mais von Hand, im Hintergrund sieht man einen Maisspeicher. Oben: Wenn man Glück hat, begegnet man im Nationalpark einer Herde Wildpferde. Rechts: Eine Bäuerin bei Gavieira trägt Gemüse auf ihrem Kopf nach Hause. Mitte: erfrischendes Bad im Rio Homem. Unten: Bei Gavieira bauen Bauern auf Terrassen Gemüse an. Bilder Ulrich Willenberg ANZEIGE Germil Braga Gerês Pitões das Junias Peneda-Gerês Nationalpark Porto Vila Real Aveiro Mirandela PORTUGAL SPANIEN ATLANTISCHER OZEAN Porto F I E Im Norden Portugals wandern IMBACH- Gäste durch die malerische Altstadt von Porto sowie durch das von Rebbergen umgebene Dourotal. Porto–Douro 16.05. – 23.05.15 Porto–Douro 11.09. – 18.09.15 Verlangen Sie das Detailprogramm! Imbach Wanderreisen, 6000 Luzern 041 418 00 00 oder www.imbach.ch Portugal zu Fuss entdecken wandern weltweit 40

Sonntag, 23. November 2014 / Nr. 47 alschweiz am ... · 48 vor allem alte Menschen leben in diesem typischen Dorf im Südwesten des portugiesischen Nationalparks Pe- ... der wunderschönen

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Sonntag, 23. November 2014 / Nr. 47 Zentralschweiz am Sonntag UnterwegsSonntag, 23. November 2014 / Nr. 47 Zentralschweiz am Sonntag Unterwegs

Kobra in die Höhe und wirft sie dann auf die Ladefläche seines Jeeps. Die Hunde sind wenig begeistert und zie-hen verängstigt den Schwanz ein. Vie-le Jahre hat Miguel in einem Schweizer Hotel gearbeitet, bis das Heimweh zu gross wurde.

Leben von der Hand in den MundEher unfreiwillig zurückgekehrt ist

der junge Ingenieur Carlos, nachdem er in der Stadt seine Arbeit verloren hatte. Jetzt hilft er in dem winzigen Dorfcafé aus, das seiner Mutter gehört. Die sitzt zusammen mit dem einzigen Gast vor dem Fernseher und häkelt. «Es kommen nur wenige Touristen hierher», erzählt der Sohn. Etwa 140,

vor allem ältere Menschen wohnen noch in Pitoes das Júnias. «Sie leben von der Hand in den Mund und von einem Tag zum anderen», erzählt Car-los. Das Klima ist rau hier oben, vor allem im Winter kann es recht unge-mütlich werden. «Anfang des Jahres ist es sehr kalt, und es fällt Schnee», sagt er. Die meisten Jungen scheuen das einsame und entbehrungsreiche Leben und wandern ab, manche bis nach Afrika oder Südamerika. «Fast alle jun-gen Leute gehen weg», bedauert der junge Mann. Doch die Verbundenheit zur alten Heimat bleibt. Viele kommen im Sommer zurück, um Ferien zu ma-chen. «Dann ist hier viel los», freut sich Carlos.

ULRICH [email protected]

Es ist ein Bild wie aus vergangenen Zeiten. Kühe trotten am Abend gemüt-lich über die holprige Dorfstrasse zu ihrem Stall. Schwarz gekleidete Frauen klönen vor von Weinreben umrankten Häusern, während sie Gemüse putzen. Pünktlich um sechs versammeln sich die Bewohner zur Abendmesse in der kleinen Kirche von Germil. Nur noch 48 vor allem alte Menschen leben in diesem typischen Dorf im Südwesten des portugiesischen Nationalparks Pe-neda-Gerês. Einige der wunderschönen Bauernhäuser aus Granitstein sind in-zwischen verlassen und suchen nach einem Käufer. Ein Haus inmitten eines üppig blühenden Gartens wird an Fe-riengäste vermietet. Ideal für Men-schen, die Ruhe suchen in einer weit-gehend intakten Natur. Der einzige Nationalpark Portugals mit seinen dich-ten Wäldern und tief eingeschnittenen Tälern ist ein Paradies für Naturfreun-de und Wanderer. Zahlreiche Wege erschliessen jeden Winkel des 700 Qua-dratkilometer grossen, hufeisenförmi-gen Schutzgebietes, das sich über meh-rere Klimazonen erstreckt.

Der «Weg nahe dem Himmel»Einer der schönsten Rundwege ist der

Trilho Pertinho do Céu im Nordwesten des Nationalparks. Übersetzt heisst das «Weg nahe dem Himmel». Er führt durch einen Eichenhain und vorbei an Roggen-feldern hinauf zur Sommeralp Branda de Busgalinhas mit ihren einfachen Steinhütten. Der steile Anstieg auf über 1000 Meter wird belohnt mit einem traumhaften Panoramablick über die Berge des Nationalparks.

Ein Ausgangspunkt für den Wander-weg ist São Bento de Cando, bekannt für seine religiösen Feste zu Ehren des

heiligen St. Benedikt. In dem zwischen schroffen Granitfelsen eingebetteten Dörfchen oberhalb des Rio Grande leben einige Kleinbauern, die Schafe oder Kühe halten und etwas Gemüse in ihren Gärtchen anbauen. Es gibt auch einen winzigen Laden mit einem sehr überschaubaren Angebot. Von jedem Produkt finden sich nur ein oder zwei Packungen im Regal.

Gross ist dagegen das Angebot im Kurort Gerês, dem ganz im Süden ge-legenen touristischen Zentrum des Na-tionalparks. Hier gibt es zahlreiche Läden, Hotels und Restaurants, die üppige Mahlzeiten anbieten. Kalorien zählen sollte man bei der fleischlastigen und fettigen Küche Portugals nicht. Gegen Dickleibigkeit soll angeblich das Heilwasser der Thermalquellen von Gerês helfen.

Marode Hotels und laute TouristenDer auf 400 Metern Höhe gelegene

Ort, der früher gerne von reichen Müs-siggängern besucht wurde, hat seine besten Tage hinter sich. Einige der einst prachtvollen Hotels sind völlig marode. An sonnigen Sommerwochenenden wird es turbulent in Gerês. Autokolon-nen wälzen sich über die kurvenreiche Strasse von Braga hinauf in den von Bergen umrahmten Ort. Auf dem Stau-see etwas unterhalb tummeln sich zahlreiche Wassersportler. Nervig sind die Ausflugsboote mit ihrer weit hör-baren Discomusik. Und das, obwohl der See innerhalb des Nationalparks liegt.

Ruhe findet man auf den zahlreichen Wanderwegen rund um Gerês. Wunder-schön ist der einige Kilometer nördlich verlaufende Trilho Da Geira. Er führt durch einen traumhaften Märchenwald mit von Flechten und Moos überwu-cherten Eichen sowie Eschen, Erlen und Weiden. Der Pfad folgt einer von

Meilensteinen gesäumten Heerstrasse der Römer, die die Stadt Braga mit dem nordspanischen Asturien verband. Reissende Bäche wie der glasklare Rio Homem durchziehen Urwald und er-giessen sich über Wasserfälle in stei-nerne Schwimmbecken. Eine willkom-mene Abkühlung an heissen Tagen. Wer Glück hat, begegnet einer Herde von Garranos, die das ganze Jahr draussen leben. Diese kleinen Wild-pferde sind zutraulich und wirken sehr ausgeglichen. «Man sollte sie aber nicht anfassen, dann schlagen sie aus», warnt Parkmitarbeiter Pedro. Nur von der Grösse eines Ponys können sie sich im meterhohen Farn vor Wölfen verste-cken. Zwölf Rudel soll es im National-park geben. «Die Raubtiere sind sehr scheu. Man bekommt sie nicht zu se-hen», sagt Pedro.

Szenerie wie in SchottlandWährend sich der Tourismus im

Raum Gerês konzentriert, fahren nur wenige Touristen in den einsamen Nordosten des Schutzgebietes. Eine

kaum befahrene Strasse in Richtung der spanischen Grenze führt durch dichte, von kargen Berghängen über-ragten Wäldern hinauf zur fast baum-losen Hochebene Alto do Ouroso. Vor allem bei Nebel fühlt man sich nach Schottland versetzt.

Eine schmale Nebenstrasse endet in Portugals höchstem Dorf Pitoes das Júnias am Fusse einer oft von Wolken verhangenen, wild gezackten Felswand. An trüben Tagen könnte man in dem auf über 1100 Metern hoch gelegenen und etwas düsteren Ort einen Psycho-thriller drehen. Am Rande führt ein herrlicher Rundweg zur Ruine des Klos-ters Santa Maria des Júnias, das Mön-che an einem rauschenden Wildbach errichteten.

In der Nähe hütet Miguel seine klei-ne Rinderherde. Begleitet wird er von seinen drei Pastorales, einer kleinen Schäferhundrasse. Auf die wunder-schönen Tiere ist er sichtlich stolz. «Schaut, die habe ich gerade gefunden», sagt der freundliche Mann. Er hält die Haut einer über einen Meter langen

NATIONALPARK Eine Reise durch das nordportugiesische Schutzgebiet Peneda-Gerês zeigt ein völlig anderes Bild des Landes auf der iberischen Halbinsel.

Der einzige Nationalpark Portugals ist ein Paradies für Wanderer und jene, die dem Massentourismus aus dem Weg gehen möchten.

Portugals paradiesischer Norden Lyon: Die muntere, unbekannte Metropole FRANKREICH Lyon, war da nicht immer der Stau auf der Autobahn Richtung Mittel-meer? Kam da nicht dieser berühmte Koch her? Ja, ge-nau – aber die Metropole hat noch viel mehr zu bieten und ist mehr als nur einen kurzen Zwischenstopp wert.

Vor der Aussichtsplattform auf dem rund 300 Meter hohen Fourvière-Hügel breitet sich ganz Lyon aus. Vorne die Kathedrale Saint-Jean und die verschachtelten Häuser der Alt-stadt, dann die elegant geschwunge-ne, grünlich schimmernde Saône und hinter deren Uferpromenade das Viertel Presqu’île mit seinen Häuser-fassaden aus dem 17. Jahrhundert, dem Place des Terreaux samt Rat-haus, schicken Einkaufspassagen und dem avantgardistischen Opernbau. Noch hinter der breiten Rhone ragen im modernen Quartier Part-Dieu avantgardistische Hochhäuser in den Himmel. Bei gutem Wetter kann man in der Ferne sogar die westlichen Ausläufer der Alpen ausmachen. Die Aussichtsplattform gehört zur Basili-ka Notre-Dame de Fourvière, einem der Wahrzeichen der Stadt. Sie steht auf dem Grund eines Forums noch aus römischen Zeiten, ihr Vorgänger-bau wurde zum Dank errichtet, weil 1643 die europäische Pestwelle Lyon verschonte.

Pilgerziel für FeinschmeckerVom imposanten Kirchenbau zu-

ckelt die Zahnradbahn direkt in die Altstadt am Ufer der Saône. Zu Fuss geht der Abstieg über kurvige Wege und lange Treppen den baumbestan-denen Fourvière-Hügel hinunter. Schon 1998 hat die Unesco Teile des Viertels Presqu’île zwischen beiden Flüssen und die Altstadt Vieux Lyon zum Kulturerbe der Menschheit er-klärt.

Rechts und links der Rue Saint-Jean, die autofrei durch das histori-sche Quartier führt, verführen ele-gante Restaurants und traditionelle Bouchons zu kulinarischen Erkun-dungen. Sie begründen den Ruhm der Stadt als Gourmet-Fixpunkt in dem an besten Adressen nicht gera-de armen Frankreich. «Bouchons», kleine Restaurants mit Lyoner-Küche servieren Coq au vin, in Wein ge-schmorte Hühnchen, und Andouil-lette, eine Wurst aus Schweineinne-reien und Kalbfleisch oder Cervelats, die anderswo schlicht Lyoner ge-nannt werden, auf Linsen, natürlich zu einem Gläschen Beaujolais. Die feine Küche dagegen ist untrennbar mit dem Namen von Paul Bocuse verbunden, dem Jahrhundertkoch

und bekennenden Lyoner. Bocuse und andere Meisterköche der Stadt sehen sich in der Tradition der Mères Lyon-naises, Köchinnen, die zunächst in Haushalten der reichen Gesellschaft kochten und sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts selbstständig machten.

Stadt der WeberIn der «Soierie Saint-Georges», nicht

weit von der Kathedrale, demonstriert Ludovic de la Calle fast vergessene traditionelle Handwerkstechniken in der einstigen Metropole der Weber und der Seidenmanufakturen. Auf seinem Webstuhl kombiniert er bis zu 4000 Fäden zu einem hochwertigen Gewebe, das, vor allem wenn auch Gold ver-arbeitet wird, problemlos für einen laufenden Meter einen Preis von 2000 Euro erreichen kann. Glücklicherweise sind in seiner weithin berühmten Bou-tique auch günstigere Stücke zu haben. Mehrere Jahrhunderte lang war Lyon eine Hochburg der hier «Canuts» ge-nannten Seidenweber. Mit ihren Jac-quard-Webstühlen verarbeiteten sie vor allem im Viertel Croix-Rousse die Seide zu edlen Stoffen. Aus Platzmangel bau-te man schon früh mehrstöckige Häuser mit mehreren Hinterhöfen. Diese waren von versteckten Gängen, Traboules, durchzogen, die mehrere Innenhöfe miteinander verbanden.

Die meisten existieren noch heute, führen noch immer durch Treppen-häuser, zu überraschenden Ausblicken und durch dämmerige Passagen, bis man plötzlich an einer anderen Strasse der Altstadt wieder aus einem Hausein-gang tritt. Während der deutschen Be-satzung im Zweiten Weltkrieg waren die Traboules beliebte Fluchtwege bei den Kämpfern der Résistance. Inzwischen gehört das Quartier, das Besucher auch bei geführten Stadttouren erkunden können, mit diversen Theatern, Cafés und Bars zu den beliebten Ausgehvier-teln. Und dies nicht nur bei den vielen Studenten in der Stadt, die fast ein Viertel der Bevölkerung ausmachen.

Haus der StadtprominenzViele, die durch Croix-Rousse auf der

Rue de la Martinière zum Ufer der Saône herunterschlendern, bleiben plötzlich verblüfft stehen. An der Ecke zum Quai Saint-Vincent lässt sich ein Passant zu-sammen mit Paul Bocuse ablichten, auf einem Balkon hantieren die Gebrüder Lumière mit dem von ihnen entwickel-ten Filmprojektor herum, auf einem anderen zeigt sich der Autor und Flie-ger Saint-Exupéry mit dem «kleinen Prinzen». Natürlich ist alles Illusion. Die inzwischen auf der ganzen Welt als Wandmaler tätigen Künstler der Lyoner «Cité Création» haben Mitte der 1990er-Jahre fast drei Dutzend berühmten Lyoner Bewohnern der letzten 2000 Jahre mit dem riesigen Fassadenbild «Fresque des Lyonnais» ein ungewöhn-liches Denkmal geschaffen.

AXEL [email protected]

Die schönsten Hotels der SchweizFÜHRER Der Hotelführer des Schweizer Heimatschutzes wurde von Grund auf neu überarbeitet und wartet mit zahlreichen Neuent-deckungen auf. 78 charaktervolle Hotels und 13 Bed & Breakfasts aus allen Landesteilen werden im neu-en Büchlein vorgestellt. Der Schwei-zer Heimatschutz hat sich auf die Suche gemacht nach aussergewöhn-lichen Gasthäusern, die ein ganz-heitliches Kulturverständnis pfle-gen. Dazu gehören unter anderem ein respektvoller Umgang mit his-torischer Bausubstanz, eine gute

Einbettung in der Region, ein über-zeugendes Betriebskonzept und Gastfreundschaft mit Herzblut. Auch die Zentralschweiz ist ange-messen vertreten: So werden etwa die Klosterherberge Baldegg LU, das Jugendstil-Hotel Paxmontana in Flüeli-Ranft OW, das Hotel Terrasse am See in Vitznau LU, das Berg-hotel Maderanertal UR, das Bed & Breakfast 9 Luzern und das B & B Beromünster LU vorgestellt.

HINWEISDie schönsten Hotels der Schweiz, Schweizer Heimatschutz, 4. überarbeitete Auflage, 96 Seiten, Fr. 16.–, für Heimatschutzmitglieder Fr. 8.–, bestellen unter: www.heimatschutz.ch/shop

Grosse Skitouren der ExtraklasseBUCH 60 Skitouren vom Feinsten: Das verspricht der Rother Selection Band «Grosse Skitouren Ostalpen». Im Buch vorgestellt werden allesamt Touren, die ein ambitionierter Ski-tourengeher einmal gemacht haben will, jede für sich sei ein Höhepunkt in der Tourensaison, versprechen die Herausgeber. Grosse «Renommier-gipfel» befinden sich darunter – Grossvenediger, Grossglockner, Weisskugel und Cevedale –, aber auch eine Reihe von modernen Tou-ren, die erst mit dem gestiegenen technischen Können und der besse-ren Ausrüstung der letzten Jahre bekannter geworden sind. Für die beschriebenen Touren benötigt man eine angemessen gute Kondition, eine sichere Technik und entspre-chende Alpinerfahrung. Jeder Trip wird mit einer klaren Wegbeschrei-bung, Kartenausschnitt und Höhen-profil vorgestellt. GPS-Daten stehen zum Download bereit. Die vielen Farbbilder machen zudem Lust aufs Schmökern und noch viel mehr aufs Losgehen.

HINWEISAndrea und Andreas Strauss: Grosse Skitouren Ostalpen. 60 Touren zwischen Rätikon und Dachstein. Bergverlag Rother, 240 Seiten, Fr. 41.90.

REISE-SPLITTER

Tipps & InfosHerumkommen: Lyon City Card, freier Eintritt in 20 Museen, öffent-liche Verkehrsmittel umsonst, Stadt-führungen und Besichtigungen, dazu diverse Vergünstigungen von der Oper bis zum Kaufhaus Galerie La-fayette, 1–3 Tage, 19–39 Euro, Junior-preis (bis 18 J.) 50 Prozent. «Vélo’v» das öffentliche System für Leihvelos ist günstig (1.50 Euro am Tag) und mit 340 Stationen in der Stadt bes-tens verbreitet, www.velov.grand-lyon.com. Übernachtung: Hôtel Bayard Belle-cour, 23 place Bellecour, 69005 Lyon, Tel. +33(0)4 78 37 39 64, www.hotel-bayard.fr. Einfache, zentral gelegene Herberge, die meisten Zimmer mit Bad, DZ ab 55 Euro.College Hotel, 5 place Saint-Paul, 69005 Lyon, Tel. +33(0)4 72 10 05 05, www.college-hotel.com. Minimalis-tisch im Stil einer alten Schule ein-gerichtet, beste Lage am Beginn der Fussgängerzone, ordentliches Früh-stück, kostenloses WLAN, DZ ab 125 Euro.Villa Florentine, 25 montée Saint-Barthélémy, 69005 Lyon, Tel. +33(0)4 72 56 56 56, www.villaflorentine.com. Elegantes Relais & Châteaux Hotel in ehemaligem Konvent auf dem Fourvière-Hügel (Zahnradbahn). DZ ab 290 Euro.Essen und Trinken: Le Selcius, 43 quai Rimbaud, 69002 Lyon, Tel. +33(0)4 78 92 87 87, www.selci-us.fr. Trendiges Restaurant im ehe-maligen Salzlager des neuen Stadt-viertels Confluence. Hauptgerichte ab 15 Euro.Bouchon «Le Laurencin», 24 rue Saint-Jean, 69005 Lyon, Tel. +33(0)4 78 37 97 37. Traditionelles Bouchon in einem Gebäude aus dem frühen 16. Jh., gemütliche Atmosphäre. Hauptgerichte ab 9 Euro.Paul Bocuse, 40 rue de la Plage, Collonges-au-Mont-d’Or, Tel. +33 (0)4 72 42 90 90, www.bocuse.fr. Gourmettempel, gleich nördlich von Lyon (20 Minuten vom Bahnhof Part Dieu). Olymp der französischen und Lyoner Küche, Hauptgerichte ab 52 Euro, Menüs ab 140 Euro. Einkaufen: Soierie Saint-Georges, 11 rue Mourguet, 69005 Vieux-Lyon, Tel. +33(0)4 72 40 25 13, http://soierie.st.georges.free.fr. Traditionel-le Weberei. L’Atelier de Soierie, 33 rue Romarin, 69005 Lyon, Tel. +33(0)4 72 07 97 83, www.atelierdesoierie.com. In der Manufaktur werden die Seidenstoffe nach traditioneller Art bedruckt. Grosses Angebot in der angeschlos-senen Boutique.Les Halles Paul Bocuse, 102 cours Lafayette, 69005 Lyon, Tel. +33(0) 4 78 62 39 33, www.hallespaulbocuse.lyon.fr. Edelmarkthalle mit feinsten Spezialitäten der Region.

Nützliche InformationenInfos Nationalpark: www.visitgeres.com; www.adere-pg.pt, hier kann man sich kleine Karten der betreffenden Wanderwege herunterladen. Vermerkt ist auch der Zustand der einzelnen Wege. Für einige Routen gibt es auch GPS-Daten.

Anreise: Flug nach Porto. Weiter mit Mietwagen. In ca. drei Stunden erreicht man den Kurort Gerês im Süden des Nationalparks.

Unterkünfte: Kurhotel Águas do Gerês, im Zentrum gelegen, www.aguasdogeres.pt

Casa Real Danaia, schönes Ferien-haus im Dorf Germil, ca. eine Stunde von Gerês entfernt, buchbar bei www.booking. com

Essen und Trinken: Baltazar in Gerês, gute, traditionelle Küche. Hauptgerichte ab 10 Euro. Av. Manu-el Francisco da Costa.

Restaurante Abocanhado, das Lokal liegt am Rande des restaurierten Berg-dorfes Brufe und bietet einen traum-haften Blick über die Berge des Na-tionalparks. Etwa eine Autostunde von Gerês entfernt, Hauptgerichte ab 14 Euro, www.abocanhado.com

Reisezeit: Zum Wandern eignen sich besonders Frühjahr und Herbst. Auch der Winter ist reizvoll. In höhe-ren Lagen fällt Schnee. Im Hochsom-mer kann es sehr heiss werden.

Verhaltensregeln im Nationalpark: Auf den ausgeschilderten Wegen blei-ben. Stabile Wanderschuhe sind er-forderlich. Wildes Zelten ist verboten. Ebenso Feuer machen und Rauchen. Auf der sehr beliebten und schmalen Autostrasse zwischen Gerês und Por-tela de Homem besteht Halteverbot, das von Parkrangern überwacht wird. Die Durchfahrt kostet 2.50 Euro.

Links: In Lindosos drescht eine Frau den Mais von Hand, im Hintergrund sieht man einen Maisspeicher. Oben: Wenn man Glück hat, begegnet man im Nationalpark einer Herde Wildpferde. Rechts: Eine Bäuerin bei Gavieira trägt Gemüse auf ihrem Kopf nach Hause. Mitte: erfrischendes Bad im Rio Homem. Unten: Bei Gavieira bauen Bauern auf Terrassen Gemüse an.

Bilder Ulrich Willenberg

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Gleich zwei Flüsse fliessen durch Lyon: die Rhone und die Saône. Ein Spazier-gang entlang des Wassers ist also fester Bestandteil einer Städtereise.

Bild Peter Frischmuth

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Im Norden Portugals wandern IMBACH-Gäste durch die malerische Altstadt vonPorto sowie durch das von Rebbergen

umgebene Dourotal.

Porto–Douro 16.05. –23.05.15Porto–Douro 11.09. –18.09.15

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Imbach Wanderreisen, 6000 Luzern041 418 00 00 oder www.imbach.ch

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