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Monatshefte ffir Chemie 122, 21- 26 (1991) Monatshefte fiir Chemie Chemical Monthly © Springer-Verlag 1991 Printed in Austria Spektroskopische Eigenschaften von Bis(imidazol)kupfer(II)diacetat Enrique J. Baran I0 *, Evelina G. Ferrer I und Maria C. Apella 2 Departamento de Quimica, Facultad de Ciencias Exactas, Universidad Nacional de La Plata, 1900 La Plata, Argentinien 2 CERELA, Centro de Referencia para Lactobacilos, 4000 S.M. de Tucum/m, Argentinien Spectroscopic Properties of Bis(imidazol)copper(II)diacetate Summary. Electronic and vibrational spectra of bis(imidazol)copper(II)diacetate were investigated in order to obtain a wider insight into the structural properties of this interesting complex compound, which presents high cytotoxic activity. Electronic transitions were investigated by reflectance mea- surements of the solid and by absorption, using aqueous and methanolic solutions. IR spectra could be interpreted on the basis of the characteristic ligand vibrations. Some information could also be obtained for the Cu-N and Cu-O vibrations. For comparative purposes, the IR spectrum of Cu(imidazol)412 was also recorded and analyzed. Keywords. Bis(imidazol)copper(II)diacetate; Electronic spectra; IR spectra. Einleitung Im Rahmen unserer derzeitigen Untersuchungen einfacher Metall-Komplexe mit pharmakologischer Aktivitfit haben wit jetzt einige Arbeiten an Bis(imidazol)kupfer(II)diaceat, Cu(IMDH)2Ac2, begonnen. Wie vor kurzem gezeigt wurde, besitzt diese Verbindung eine sehr starke cytotoxische Aktivit/~t [11 und genau wie bei vielen anderen Cu(II)-Verbindungen mit pharmakologischer Wirkung [-21 konnte auch bei diesem Komplex eine gewisse Superoxid-Dismutase-Aktivitfit (SOD-Aktivitfit) nachgewiesen werden [31. In der vorliegenden Arbeit haben wir die spektroskopischen Eigenschaften dieses interessanten Komplexes untersucht. Ergebnisse und Diskussion Zur Struktur des Komplexes Die Struktur der Verbindung wurde yon Henriksson aus Einkristallmessungen ermittelt [-4]. Zwei Imidazol- und zwei Acetat-Gruppen sind an das Cu(II)-Ion mittels ihrer Pyridin-N- und Carboxylat-O-Atome koordiniert (Cu - O = 1.92 A und Cu-N = 2.00/~). Somit entsteht eine praktisch viereckig-planare Umgebung des

Spektroskopische Eigenschaften von Bis(imidazol)kupfer(II)diacetat

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Page 1: Spektroskopische Eigenschaften von Bis(imidazol)kupfer(II)diacetat

Monatshefte ffir Chemie 122, 2 1 - 26 (1991) Monatshefte fiir Chemie Chemical Monthly © Springer-Verlag 1991 Printed in Austria

Spektroskopische Eigenschaften von Bis(imidazol)kupfer(II)diacetat

Enrique J. Baran I0 *, Evelina G. Ferrer I und Maria C. Apella 2

Departamento de Quimica, Facultad de Ciencias Exactas, Universidad Nacional de La Plata, 1900 La Plata, Argentinien

2 CERELA, Centro de Referencia para Lactobacilos, 4000 S.M. de Tucum/m, Argentinien

Spectroscopic Properties of Bis(imidazol)copper(II)diacetate

Summary. Electronic and vibrational spectra of bis(imidazol)copper(II)diacetate were investigated in order to obtain a wider insight into the structural properties of this interesting complex compound, which presents high cytotoxic activity. Electronic transitions were investigated by reflectance mea- surements of the solid and by absorption, using aqueous and methanolic solutions. IR spectra could be interpreted on the basis of the characteristic ligand vibrations. Some information could also be obtained for the C u - N and C u - O vibrations. For comparative purposes, the IR spectrum of Cu(imidazol)412 was also recorded and analyzed.

Keywords. Bis(imidazol)copper(II)diacetate; Electronic spectra; IR spectra.

Einleitung

Im Rahmen unserer derzeitigen Untersuchungen einfacher Metall-Komplexe mit pharmakologischer Aktivitfit haben wit jetzt einige Arbeiten an Bis(imidazol)kupfer(II)diaceat, Cu(IMDH)2Ac2, begonnen. Wie vor kurzem gezeigt wurde, besitzt diese Verbindung eine sehr starke cytotoxische Aktivit/~t [11 und genau wie bei vielen anderen Cu(II)-Verbindungen mit pharmakologischer Wirkung [-21 konnte auch bei diesem Komplex eine gewisse Superoxid-Dismutase-Aktivitfit (SOD-Aktivitfit) nachgewiesen werden [31.

In der vorliegenden Arbeit haben wir die spektroskopischen Eigenschaften dieses interessanten Komplexes untersucht.

Ergebnisse und Diskussion

Zur Struktur des Komplexes

Die Struktur der Verbindung wurde yon Henriksson aus Einkristallmessungen ermittelt [-4]. Zwei Imidazol- und zwei Acetat-Gruppen sind an das Cu(II)-Ion mittels ihrer Pyridin-N- und Carboxylat-O-Atome koordiniert (Cu - O = 1.92 A und C u - N = 2.00/~). Somit entsteht eine praktisch viereckig-planare Umgebung des

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Metallions mit trans-Anordnung der beiden N- bzw. O-Atome. Die restlichen Sau- erstoffatome der Carboxylatgruppen sind anscheinend nut ganz schwach an das Cu(II)-Ion gebunden (Cu-O=2.80~) und liegen jeweils fiber und unter dem CuN202-Viereck, womit ein stark verzerrter Oktaeder entsteht [4].

Auch das ESR-Spektrum der Verbindung zeigt deutlich das Vorliegen einer pseudo-quadratisch-planaren Koordination mit lokaler Czv-Symmetrie [1].

Elek tr onenspek trum

Es wurden sowohl das Reflexionsspektrum des Festk6rpers wie auch die Elektro- nenabsorptionsspektren wfi6riger und methanolischer L6sungen erhalten und ana- lysiert. Diese Spektren sind in Abb. 1 wiedergegeben. Wie man hieraus deutlich entnehmen kann, besitzt der Festk6rper ein gut definiertes Maximum bei 560 nm und eine schwach angedeutete Schulter bei 660- 670 nm.

Dieses Maximum verschiebt sich in L6sung ganz deutlich. In Wasser liegt es bei 680 nm (e = 35 lmol- lcm- l) und in Methanol bei 673 nm (e = 60 lmol - lcm- 1). Diese Verschiebung nach niederen Energien deutet auf eine m6gliche Wechselwir- kung des L6sungsmittels mit dem Cu(II)-Ion fiber die beiden axialen Stellungen, d.h. fiber und unter dem CuNzOz-Viereck. Ahnliche Wechselwirkungen wurden bereits frfiher bei Reaktion des Komplexes mit Nucleotiden und Aminen mittels ESR-Messungen festgestellt [1].

Das Maximum des Reflexionsspektrums kann man dem dxz yz---' dx2_y2-Uber- gang zuordnen, wfihrend die Schulter m6glicherweise.dem dxy ~ dx2-y2-Ubergang zugeschrieben werden kann (vgl. z. B. [5, 6]). Beim Ubergang zu einer tetragonal verzerrten oktaedrischen Koordination, welche durch Wechselwirkung mit dem L6sungsmittel an den axialen Stellen eintritt, wird nunmehr ein einziger Ubergang bei niederer Energie beobachtet, welcher etwa dem 2Eg ~ 2T2g-fJbergang eines ok- taedrischen Cu(II)-Komplexes entspricht [5, 6].

Diese Beobachtungen entsprechen den Erwartungen, da man im allgemeinen .o

bei Cu(II)-Komplexen erwarten kann, dal3 beim Ubergang von viereckiger zu ok- taedrischer Koordination eine Rotverschiebung der Absorptionsbanden stattfindet [5, 7].

Andererseits beweisen die vorliegenden Ergebnisse zusfitzlich die praktisch pla- nare Umgebung des Cu(II)-Ions in diesem Komplex und die M6glichkeit einer Anlagerung weiterer Liganden auf den relativ freien axialen Stellen.

-.q.

Z

t - O

<

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N / \ /

/ N / N \

/ \ / \

. . . . ~ ' 1 I I I I I I I

500 600 700 800 [ r i m ]

Abb. 1. Elektronenanregungsspektren von Cu(IMDH)2Ac2: Festk6rper (Reflexion) ( ); wfiBrige L6sung ( . . . . . ); metha- nolische L6sung ( - - - )

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Schwingungsspektrum

Die Analyse des IR-Spektrums ergibt weitere Informationen fiber die Bindungs- verh/iltnisse des Komplexes.

Ein Ausschnitt des interessantesten Teils dieses Spektrums ist in Abb. 2 wie- dergegeben. Um eine genauere Diskussion zu erm6glichen, haben wir die Analyse in vier Bereichen durchgeffihrt: 1. Schwingungsbereich zwischen 4000 und 1 800cm- 1; 2. Imidazol-Schwingungen zwischen 1 800 und 600cm- 1; 3. Acetat- Schwingungen zwischen 1800 und 600cm-1; 4. Schwingungsbereich unter 600 cm-

1. Schwingungsbereich 4 000 - 1800 cm- I. In diesem Bereich treten nur C - H- und N-H-Streckschwingungen auf. Die beobachteten Banden liegen bei 3 151 (sst), 3 130 (sst), 3 075 (st), 2 969 (st), 2 927 (Sch), 2 880 (m), 2 830 (s), 2 749 (s) und 2 648 (s) cm-1. In diesem Bereich sind auger den erw/ihnten keine weiteren Schwin- gungsbanden zu beobachten.

2. Imidazol-Schwingungen zwischen 1800 und 600 cm- 1. Um diese Schwingungen zuzuordnen, haben wit in Tabelle 1 das Spektrum von Cu(IMDH)zAc 2 mit dem- jenigen des freien Imidazols [8] und des Komplexes Cu(IMDH)412 verglichen.

3. Acetat-Schwingungen zwisehen 1800 und 600cm -1. Die Zuordnung dieser Schwingungen ist in Tabelle 2 wiedergegeben. Zum Vergleich haben wir auch ein Spektrum von reinem Natrium-Acetat-Trihydrat mitangeffihrt.

Die Lage der v ( C - O)- und v ( C - O-)-Schwingungen beweist eindeutig, dab im Cu(IMDH)2Ac2 die Acetat-Gruppe als einz/ihniger Ligand auftritt. Bei zwei- z/ihniger Koordination liegen diese beiden Schwingungen n/imlich viel n/iher zu- sammen [-9].

4. Bereich unter 600 cm-1. In diesem Bereich erwartet man vor allem die Metall- Ligand-Schwingungen und, m6glicherweise, noch einige Deformationsschwingun-

T

1700 #°15'00 13'00 11'00 ' 9+o I

tcm-~]

Abb. 2. IR-Spektrum von Cu(IMDI-1)2Ac2 zwischen 1 800 und 600 c m - 1. Imidazol-Ban- den ( x ), Acetat-Banden (0)

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Tabelle 1. Imidazol-Schwingungen im freien Imidazol und in den Komplexverbindungen

Cu(IMDH)2Ac 2 und Cu(IMDH)4I 2 (sst: sehr stark; st: stark; m: mittelstark; s schwach; ss: sehr

schwach; Sch: Schulter)

I M D H Cu(IMDH)2Ac 2 Cu(IMDH)4I 2 Zuordnung

1497 m 1503 m 1490 m

1481 m Ringstreckschwing.

1449 m 1451 s 1465 sst

1 343 m 1 329 m 1330 st 1325 m 5(CH)

1264 m 1 280 s 1260 m 1254 s 1 235 st Ringstreckenschwing.

1149 m 1 146 st 1165 m ~ ( N H )

1 139 m

1101 m 1110 s

1055 st 1077 sst

950 m 957 st

920 m 859 s 830 m 824 sst

776 Sch 745 m

764 st

625 m 625 st

1 080 sst 6 (CH)

976 ss

955 st

857 m 5 (Ring) 842 rn

821 st

782 st ~, (CH)

757 sst

665 in z (NH)

Tabelle 2. Acetat-Schwingungen in Cu(IMDH)2Ac a und im Na(CH3COO). 3 H20 (sst: sehr stark; st:

stark; m: mittelstark; s: schwach; Sch: Schulter)

Cu(IMDH)2Ac 2 Na(CH3COO ) • 3 H20 Zuordnung

1 588 sst 1 575 sst v (C = O)

1 569 sst

1397 st 1414 st v ( C - O - )

1 050 Sch 1 047 st

1 019 m 1 018 sst 9(CH3) 934 s 926 m v(CC)

679 sst 649 st ~ (OCO)

656 sst

gen. Obwohl eine eindeutige Zuordnung ohne weitere Daten ziemlich schwierig ist, haben wir die drei ersten Banden in diesem Bereich wie folgt zugeordnet:

- eine mittelstarke Bande bei 509 c m - 1 den v Cu-O-Schwingungen; - ein starkes Dublett bei 345/303 cm-1 den v Cu-N-Schwingungen;

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eine vierte starke Bande bei 258 c m - 1 ist nicht mit Sicherheit zuzuordnen. Die f/ir die Metall-Liganden-Schwingungen getroffene Zuordnung st/itzt sich auf folgende Beobachtungen: a) die C u - O - S c h w i n g u n g liegt auch bei anderen Carboxylat- Komplexen in einem/ihnlichen Bereich [9], b) im Falle yon Cu(IMDH)4I 2 konnten wir auch ein Dublet t bei 357/331 cm-~ feststellen; in diesem Bereich zeigt das freie Imidazol keine Banden.

Zusammenfassend hat also diese Untersuchung folgende Beweise erbracht:

- Die axialen Stellen fiber und unter dem CuNzO2-Viereck scheinen ziemlich reaktiv zu sein. Dies wird einerseits durch die Wechselwirkung des Metalls mit den L6sungsmitteln an Hand der Elektronenabsorptionsspektren bewiesen, und andererseits durch die Tatsache, dab die Aceta t -Gruppen praktisch als einz/ih- nige Liganden fungieren. Die erw/ihnte axiale Reaktivitfit ist sicherlich ffir die pharmakologische Aktivitfit des Komplexes verantwortlich.

- Die Anwesenheit von N - H - S t r e c k - und Deformationsschwingungen erbringt einen zus~itzlichen Beweis ffir das Vorhandensein protonierter Imidazol-Mo- lek/ile.

- Die Lage der C u - N - S c h w i n g u n g e n konnte sowohl beim C u ( I M D H ) z A c 2 wie auch beim Cu(IMDH)412 festgelegt werden.

Die Ergebnisse sind ffir die bioanorganische Chemie des Kupfers von Interesse, da die Imidazol-Gruppe des Histidins eine der wichtigsten Liganden-Gruppen fiir Kupfer in biologischen Systemen darstellt [10, 11].

Experimenteller Teil

Cu(IMDH)2Ae 2 wurde aus einer L6sung yon Kupfer(II)-Acetat und Imidazol in n-Butanol erhalten [4]. Das zu Vergleichszwecken benutzte Cu(IMDH)4I 2 wurde durch Zugabe von KI zu einer etha- nolischen Kupfer(lI)-Acetat-L6sung, welche einen geringen Imidazol-Uberschul3 enth/ilt, und vor- sichtigem Eindampfen derselben, erhalten [12].

Das Festk6per-Reflexionsspektrum wurde mit einem Beckman Acta-IV-Spektrometer aufge- nommen; MgO diente als Standard.

Die Elektronenabsorptionsspektren wurden mit einem Shimadzu UV-600-Spektrophotometer erhalten.

Die IR-Spektren wurden mit einem Perkin Elmer 580-B-Spektrophotometer an KBr-Prel31ingen der feingepulverten Proben gemessen.

Dank

Diese Arbeit wurde mit Unterstfitzung des CONICET durchgeffihrt.

Literatur

[1] Tamura H., Imai H., Kuwahara I., Sugiura Y. (1987) J. Am. Chem. Soc. 109:6870 [2] Baran E. J. (1985) Acta Farm. Bonaerense 4:125 [3] Ferrer E. G., Baran E. J., Apella M. C. (1989) VI ° Congreso Argentino de Fisicoquimica,

Termas de Rio Hondo [4] Henriksson H. A. (1977) Acta Crystallogr. B33:1947 [5] Lever A. B. P. (1984) Inorganic Electronic Spectroscopy, 2nd Edn. Elsevier, Amsterdam [6] Hathaway B. J., Tomlinson A. A. G. (1970) Coord. Chem. Rev. 5:1 [7] Hathaway B. J. (1972) J. Chem. Soc. Dalton Transact.: 1196

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[8] Drolet D. P., Manuta D. M., Lees A. J., Katnani A. D., Coyle G. J. (1988) Inorg. Chim. Acta 146:173

[9] Nakamoto K. (1978) Infrared and Raman Spectra of Inorganic and Coordination Compounds, 3rd Edn. Wiley, New York

[10] Baran E. J. (1984) Quimica Bio-Inorg~tnica. Ediciones FABA, La Plata [11] Sigel H. (ed.) (1981) Metal Ions in Biological Systems, Vols. 12 and 13. Dekker, New York-

Basel [12] Akhtar F., Goodgame D. M. L., Goodgame M., Rayner-Canham G. W., Skapski A. C. (1968)

Chem. Comm.: 1389

Eingegangen 18. Juni 1990. Angenommen 30. Juli 1990