2
Sport. Badminton. Happy Birthday, Swiss Open! Das Badminton Swiss Open feiert Jubiläum: Ab nächsten Dienstag wird das Turnier zum 25. Mal Von Andreas W. Schmid 1. War das Swiss Open am Anfang im Jahre 1991 auch so klein wie die Swiss Indoors, die einst vor 50 Zuschauern in einer Ballonhalle ausgetragen wurden? Nein, das Swiss Open stieg gleich viel höher ein und startete in der Kleinen St. Jakobshalle. Insgesamt kamen schon bei der Premiere 3000 Zuschauer. Allerdings begannen die Veranstalter auch nicht bei null, son- dern hatten in den Jahren zuvor in der Grossen St. Jakobshalle bereits nationale Ranglistenturniere auf 22 Courts durchgeführt. Sie waren also turniererprobt. Auf die Idee waren sie gekommen, weil die Inter- nationalen Meisterschaften in Lau- sanne nicht mehr durchgeführt wur- den, womit die Schweiz ihr einziges Badminton-Turnier von internationa- ler Güte verloren hätte. Also holten sie das Turnier kurzfristig nach Basel, erster Titelsponsor war Jeffery San- dragesan mit seinen Restaurants. 2. Der grösste Star, der jemals am Swiss Open auftrat? Mehrere Spieler liefern sich für die- sen Titel ein spannendes Kopf-an- Kopf-Rennen: Peter Gade, der eins- tige Ranglistenerste und zwölffache Einzel- und Team-Europameister aus Dänemark, die Olympiasieger Taufik Hidayat (Indonesien) und Lin Dan (China), Poul-Erik Hoyer-Larsen, der Gewinner des Swiss Open 1996, spä- tere Olympiasieger und heutige Präsi- dent des Weltverbandes, sowie natür- lich noch das Basler Badminton-Urge- stein Rémy Matthey de l’Etang. Bei den Frauen die fünffache Siegerin Camilla Martin (Dänemark). 3. Stand das Turnier auch schon mal auf der Kippe? Ja, 1998. Dies, weil der damalige Titelsponsor Ciba wegen der Fusion mit Sandoz zu Novartis die Partner- schaft nicht mehr verlängerte. Die Veranstalter mussten das Budget massiv kürzen, hatten plötzlich 200000 Franken weniger zur Verfü- gung, konnten aber immerhin die Hälfte auftreiben. Das Preisgeld von 125 000 Dollar – damals war die US-Währung noch massiv höher durfte nicht angepasst oder gesenkt werden, weil sonst der Weltverband das Turnier mit einer geringeren Gewichtung bestraft hätte. So blieb ein Verlust von 100000 Franken, die man jahrzehntelang mitschleppte. Nur dank den beiden Lotteriefonds Basel-Stadt und Baselland sowie einer Supportervereinigung blieb das Turnier am Leben. 4. Die verrückteste Geschichte in 25 Jahren Swiss Open? Da lassen wir doch am besten Charles A. Keller, neben Christian Wackerna- gel der Co-Turnierdirektor des Swiss Open, erzählen. Niemand hat mehr Geschichten auf Lager als er: «Es war in den 90er-Jahren, als sich ein Spie- ler aus Litauen anmeldete – mitsamt 29 Fans! Wir dachten zuerst an einen Scherz. Doch dann fuhren diese tat- sächlich in einem Bus vor der St. Jakobshalle vor. Als ich den Spie- ler fragte, ob er denn einen Platz zum Schlafen brauche, antwortete er mir, dass ich mir keine Sorgen machen müsse. Er scheide ohnehin gleich in der ersten Runde aus und werde danach mit seinen Fans weiterreisen. Ich fand das eine merkwürdige Ant- wort, dachte mir aber nicht viel dabei. Tatsächlich schied er aus. Ein paar Tage später erhielten wir in der Halle um Mitternacht plötzlich Besuch von zwei Grenzwacht-Polizisten, die in Begleitung eines dünnen Männchens waren, das nur Russisch verstand. Dieses wollte am Zoll mit einem Auto ausreisen, ohne Visum. Weil an sei- nem Auto ein Swiss-Open-Abziehbild angeklebt war, kamen die Beamten zu uns. Wir fanden dann heraus, dass jeder der 30 Litauer in der Schweiz ein Occasionsauto gekauft hatte und damit in der Gruppe in die Heimat zurückreisen wollte. Der dünne Mann hatte sich jedoch verfahren und konnte ohne Gruppenvisum nicht über die Grenze. Ich lotste ihn schliesslich nach Augst, wo die ande- ren warteten und zur Begrüssung ihre Scheinwerfer aufblitzen liessen, als wir ankamen. Es war eine gespensti- sche Szene und das Unglaublichste, was ich in all den Jahren am Swiss Open erlebte.» 5. Was war das beste Resultat eines Schweizers in all den Jahren? Die Walliserin Jeanine Cicognini, die heute für Italien spielt, schaffte es mal in den Achtelfinal – das höchste aller Gefühle für eine Schweizerin. Viel- leicht wäre mehr möglich gewesen, wenn das Turnier früher gegründet worden wäre. Denn die Baslerin Lise- lotte Blumer wurde 1980 Europa- meisterin. Am Swiss Open war sie in dessen Startjahren aber nicht als Teil- nehmerin, sondern in der Organisa- tion dabei. Einmal stand sie trotzdem auf dem Spielfeld: In der allerersten Austragung gab sie mit Rolf Knie ein Showspiel zum Besten; es handelte sich um seine Clownnummer, die er 1981 im Zirkus gezeigt hatte und die nun mit Blumer spontan um den einen oder anderen Gag ergänzt wurde. 6. Mit welcher Leistung liesse es sich vergleichen, wenn ein Schweizer dieses Jahr in den Final käme? Das wäre ein absolut sensationelles Weltereignis im Sport, vergleichbar mit dem Sieg von Nordkorea gegen Italien an der Fussball-Weltmeister- schaft 1966, mit der Nichtwieder- wahl von Sepp Blatter im Mai, ja, das wäre, wie wenn Roger Federer sich auf einen Kampf der Geschlechter einlassen und gegen Martina Hingis 2:6, 3:6 verlieren würde. Oder mit anderen Worten: Es ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99999 Prozent ausgeschlossen, dass ein Badmintonspieler aus der Schweiz am Swiss Open durchmarschiert und die Weltelite ausschaltet. Der beste Spieler von Swiss Badminton ist Anthony Dumartheray auf Position 216 im Weltranking. Bei den Frauen ist Sabrina Jaquet immerhin auf Rang 49 klassiert. Für den Sieg in Basel reicht das trotzdem nicht. 7. Was würde ein Tennisprofi denken, wenn er hören würde, was es am Swiss Open als Preisgeld gibt? Ein Spitzenspieler im Tenniszirkus würde leer schlucken, wenn er für den Turniersieg, so wie dies am Bad- minton Swiss Open in Basel der Fall ist, 10 000 Dollar überreicht bekäme. Da könnte ihn auch die obligate Glace von Eisverkäufer Lucas Suter, die die Finalisten jeweils überreicht erhalten, nicht trösten. Und trotzdem: Die 120 000 Dollar Preisgeld, die es insge- samt zu gewinnen gibt in Basel, sind nicht nichts. Die muss ein Veranstal- ter einer Schweizer Randsportart erst einmal aufbringen. Turnierdirektor Christian Wackernagel findet übri- gens, dass diese Problematik ja nicht nur den Badmintonsport betrifft: «Es ist wie in unserer Gesellschaft: Die Schere geht immer mehr auseinan- der – oben wird eindeutig zu viel ver- dient, unten zu wenig. Es ist absolut nicht gerechtfertigt, dass gewissen Sportlern Millionenbeträge richtigge- hend nachgeschmissen werden, wäh- rend andere, die nicht weniger leis- ten, fast noch drauflegen müssen, um ihren Sport überhaupt ausüben zu dürfen. Wie wärs mit einem Solidari- tätsfonds, der dies ein wenig ausglei- chen würde?» 8. Wer hat den schwierigsten Job am Swiss Open? Das ist nicht schwierig zu beantwor- ten: Der Platzspeaker oder die Platz- speakerin – es sind während der Woche mehrere Personen am Mikro- fon tätig – sind definitiv nicht zu beneiden. Sie müssen sich mit jeder Menge komplizierter Namen herum- schlagen. Ein Zungenbrecher ist bei- spielsweise der Pole Wojciech Szkud- larczyk – und trotzdem bubieinfach im Vergleich zu den Thailändern Sap- siree Taerattanachai, Porntip Burana- prasertsuk und Kunchala Voravichit- chaikul. 9. Wird das Swiss Open 2015 nur wegen dem Jubiläum ein besonderer Jahr- gang? Nein, denn für einmal gibts keine Konkurrenz durch die Fasnacht oder Skiferien, keine Baselworld und kein FCB-Heimspiel. Der Basler Sportfan kann sich also ganz auf das Badmin- tonturnier konzentrieren – es sei denn, er ist ein Schönwetterfan und hat keine Lust, seine Freizeit in einer Betonhalle bei künstlichem Licht zu verbringen. Denn für die kommenden Tage ist wunderbares Frühlingswetter angesagt. 2016 wird das Swiss Open dann wieder während der Baselworld stattfinden, was immer mit einem erhöhten Aufwand für das OK ver- bunden ist. Bereits jetzt mussten die Veranstalter gegen 200 Zimmer in Zürcher Hotels reservieren. Und 2019 wird das Swiss Open wieder in der Fasnachtswoche liegen. Spielraum für ein anderes Datum gibt es nicht: Der Termin ist mit dem internatio- nalen Badminton-Turnierkalender ab- gestimmt und birgt nur Vorteile: Die Woche nach dem German Open und dem All England bringt stets zahl- reiche Top-Spielerinnen und Top- Spieler nach Basel. 10. Das Swiss Open wird seit Jahren von rund 20000 Zuschauern besucht. Was würde dem Turnier einen Schub verleihen, damit es auf 40000 kommt? Turnierdirektor Christian Wacker- nagel weiss die Antwort: «Ein Roger Federer im Badminton wäre schön, dazu noch einer, der in unserem Sport Ähnliches vollbringt wie Simon Ammann oder Dario Cologna – dann könnten wir locker alle Plätze verkau- fen. Dass wir aber auch ohne Aushän- geschilder auf 20 000 Zuschauer kommen, zeigt, wie attraktiv Badmin- ton ist und wie viele Menschen sich für diesen Sport interessieren.» 11. Das Swiss Open ist ein Multikulti- Anlass mit einem herrlichen Sprachen- Mischmasch. Deshalb: Was heisst Federball auf Chinesisch, Malaysisch, Indonesisch, Thailändisch, Dänisch? Ach Gott, auf Italienisch wüssten wir es: volano. Belassen wir es deshalb beim international anerkannten Begriff Badminton.* Der Sport ver- dankt seinen Namen übrigens dem englischen Landsitz des Duke of Beaufort aus der Grafschaft Glouces- tershire. Auf diesem Landsitz mit dem Namen «Badminton House» wurde 1872 das als «Poona» bezeichnete Spiel von einem britischen Offizier aus Indien mitgebracht. 12. Wird es wieder nach asiatischer Küche riechen in der Joggelihalle? Ja, aber nur noch von einer Seite her: In den Gängen gibt es wieder feine thailändische Küche zu geniessen. Früher duftete es auch noch von der anderen Seite herüber. Die Südkorea- ner hatten es sich nämlich in einem separaten Trakt der Joggelihalle gemütlich eingerichtet, sie übernach- teten dort (praktisch gratis) und kochten ihre Spezialitäten. Im 2014 Jahr war dies das letzte Mal der Fall. Für dieses Jahr wurde ihnen mitge- teilt, dass das wegen der anstehenden Renovation der Joggelihalle nicht mehr möglich sei. 13. Hatte Turnierdirektor Christian Wackernagel in den 25 Jahren schon mal Tränen in den Augen? Klar, und zwar jedes Jahr! Aber nicht aus Trauer, sondern aus Freude und Rührung. «Wenn es so richtig tolle Spiele gibt, bei denen der Bär tanzt und die Zuschauer begeistert sind, dann kommt mir das Augenwasser», sagt Wackernagel dazu, «das berührt mein Badminton-Herz am meisten: wenn sich auch andere von meiner Begeisterung für diesen Sport anste- cken lassen.» 14. Wie viele Federbälle gehen wäh- rend des sechstägigen Anlasses kaputt? Unwiderbringlich oder lassen sie sich reparieren? Die Badminton-Aficionados vermei- den den Begriff Federball fast ähnlich wie die Tischtennisspieler den Aus- druck Pingpong. Für sie heisst die Sportart wie in Frage 11 erläutert Badminton und die Spielgeräte dazu Shuttles – das klingt internationaler. Rund 5000 Shuttles werden pro Tur- Etwas fürs Auge. Action satt – hier mit den letztjährigen Doppel-Finalistinnen Maheswari/Polii aus Indonesien. Foto Key Etwas fürs Gehör. Der Däne Viktor Axelsen zeigte letztes Jahr allen den Meister. Foto Keystone

Sport. Badminton. Happy Birthday, Swiss Open!...2015/03/07  · Dänemark, die Olympiasieger Taufik Hidayat (Indonesien) und Lin Dan (China), Poul-Erik Hoyer-Larsen, der Gewinner des

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Sport. Badminton.

    Happy Birthday, Swiss Open!Das Badminton Swiss Open feiert Jubiläum: Ab nächsten Dienstag wird das Turnier zum 25. Mal a

    Von Andreas W. Schmid

    1. War das Swiss Open am Anfang imJahre 1991 auch so klein wie die SwissIndoors, die einst vor 50 Zuschauern ineiner Ballonhalle ausgetragen wurden?

    Nein, das Swiss Open stieg gleich vielhöher ein und startete in der KleinenSt. Jakobshalle. Insgesamt kamenschon bei der Premiere 3000Zuschauer. Allerdings begannen dieVeranstalter auch nicht bei null, son-dern hatten in den Jahren zuvor inder Grossen St. Jakobshalle bereitsnationale Ranglistenturniere auf22 Courts durchgeführt. Sie warenalso turniererprobt. Auf die Ideewaren sie gekommen, weil die Inter-nationalen Meisterschaften in Lau-sanne nicht mehr durchgeführt wur-den, womit die Schweiz ihr einzigesBadminton-Turnier von internationa-ler Güte verloren hätte. Also holtensie das Turnier kurzfristig nach Basel,erster Titelsponsor war Jeffery San-dragesan mit seinen Restaurants.

    2. Der grösste Star, der jemals amSwiss Open auftrat?

    Mehrere Spieler liefern sich für die-sen Titel ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen: Peter Gade, der eins-tige Ranglistenerste und zwölffacheEinzel- und Team-Europameister ausDänemark, die Olympiasieger TaufikHidayat (Indonesien) und Lin Dan(China), Poul-Erik Hoyer-Larsen, derGewinner des Swiss Open 1996, spä-tere Olympiasieger und heutige Präsi-dent des Weltverbandes, sowie natür-lich noch das Basler Badminton-Urge-stein Rémy Matthey de l’Etang. Beiden Frauen die fünffache SiegerinCamilla Martin (Dänemark).

    3. Stand das Turnier auch schon malauf der Kippe?

    Ja, 1998. Dies, weil der damaligeTitelsponsor Ciba wegen der Fusionmit Sandoz zu Novartis die Partner-schaft nicht mehr verlängerte. DieVeranstalter mussten das Budgetmassiv kürzen, hatten plötzlich200000 Franken weniger zur Verfü-gung, konnten aber immerhin die

    Hälfte auftreiben. Das Preisgeld von125000 Dollar – damals war dieUS-Währung noch massiv höher –durfte nicht angepasst oder gesenktwerden, weil sonst der Weltverbanddas Turnier mit einer geringerenGewichtung bestraft hätte. So bliebein Verlust von 100 000 Franken, dieman jahrzehntelang mitschleppte.Nur dank den beiden LotteriefondsBasel-Stadt und Baselland sowieeiner Supportervereinigung blieb dasTurnier am Leben.

    4. Die verrückteste Geschichte in25 Jahren Swiss Open?

    Da lassen wir doch am besten CharlesA. Keller, neben Christian Wackerna-gel der Co-Turnierdirektor des SwissOpen, erzählen. Niemand hat mehrGeschichten auf Lager als er: «Es warin den 90er-Jahren, als sich ein Spie-ler aus Litauen anmeldete – mitsamt29 Fans! Wir dachten zuerst an einen

    Scherz. Doch dann fuhren diese tat-sächlich in einem Bus vor derSt. Jakobshalle vor. Als ich den Spie-ler fragte, ob er denn einen Platz zumSchlafen brauche, antwortete er mir,dass ich mir keine Sorgen machenmüsse. Er scheide ohnehin gleich inder ersten Runde aus und werdedanach mit seinen Fans weiterreisen.Ich fand das eine merkwürdige Ant-wort, dachte mir aber nicht viel dabei.Tatsächlich schied er aus. Ein paarTage später erhielten wir in der Halleum Mitternacht plötzlich Besuch vonzwei Grenzwacht-Polizisten, die inBegleitung eines dünnen Männchenswaren, das nur Russisch verstand.Dieses wollte am Zoll mit einem Autoausreisen, ohne Visum. Weil an sei-nem Auto ein Swiss-Open-Abziehbildangeklebt war, kamen die Beamtenzu uns. Wir fanden dann heraus, dassjeder der 30 Litauer in der Schweizein Occasionsauto gekauft hatte unddamit in der Gruppe in die Heimatzurückreisen wollte. Der dünne Mannhatte sich jedoch verfahren undkonnte ohne Gruppenvisum nichtüber die Grenze. Ich lotste ihnschliesslich nach Augst, wo die ande-ren warteten und zur Begrüssung ihreScheinwerfer aufblitzen liessen, alswir ankamen. Es war eine gespensti-sche Szene und das Unglaublichste,was ich in all den Jahren am SwissOpen erlebte.»

    5. Was war das beste Resultat einesSchweizers in all den Jahren?

    Die Walliserin Jeanine Cicognini, dieheute für Italien spielt, schaffte es malin den Achtelfinal – das höchste allerGefühle für eine Schweizerin. Viel-leicht wäre mehr möglich gewesen,wenn das Turnier früher gegründetworden wäre. Denn die Baslerin Lise-lotte Blumer wurde 1980 Europa-meisterin. Am Swiss Open war sie indessen Startjahren aber nicht als Teil-nehmerin, sondern in der Organisa-tion dabei. Einmal stand sie trotzdemauf dem Spielfeld: In der allererstenAustragung gab sie mit Rolf Knie einShowspiel zum Besten; es handeltesich um seine Clownnummer, die er1981 im Zirkus gezeigt hatte und dienun mit Blumer spontan um deneinen oder anderen Gag ergänztwurde.

    6. Mit welcher Leistung liesse es sichvergleichen, wenn ein Schweizer diesesJahr in den Final käme?

    Das wäre ein absolut sensationellesWeltereignis im Sport, vergleichbarmit dem Sieg von Nordkorea gegenItalien an der Fussball-Weltmeister-schaft 1966, mit der Nichtwieder-wahl von Sepp Blatter im Mai, ja, daswäre, wie wenn Roger Federer sichauf einen Kampf der Geschlechtereinlassen und gegen Martina Hingis2:6, 3:6 verlieren würde. Oder mitanderen Worten: Es ist mit einerWahrscheinlichkeit von 99,99999Prozent ausgeschlossen, dass einBadmintonspieler aus der Schweizam Swiss Open durchmarschiert unddie Weltelite ausschaltet. Der besteSpieler von Swiss Badminton istAnthony Dumartheray auf Position216 im Weltranking. Bei den Frauenist Sabrina Jaquet immerhin aufRang 49 klassiert. Für den Sieg inBasel reicht das trotzdem nicht.

    7. Was würde ein Tennisprofi denken,wenn er hören würde, was es am SwissOpen als Preisgeld gibt?

    Ein Spitzenspieler im Tenniszirkuswürde leer schlucken, wenn er fürden Turniersieg, so wie dies am Bad-minton Swiss Open in Basel der Fallist, 10000 Dollar überreicht bekäme.Da könnte ihn auch die obligate Glacevon Eisverkäufer Lucas Suter, die dieFinalisten jeweils überreicht erhalten,nicht trösten. Und trotzdem: Die120000 Dollar Preisgeld, die es insge-samt zu gewinnen gibt in Basel, sindnicht nichts. Die muss ein Veranstal-ter einer Schweizer Randsportart ersteinmal aufbringen. TurnierdirektorChristian Wackernagel findet übri-gens, dass diese Problematik ja nichtnur den Badmintonsport betrifft: «Es

    ist wie in unserer Gesellschaft: DieSchere geht immer mehr auseinan-der – oben wird eindeutig zu viel ver-dient, unten zu wenig. Es ist absolutnicht gerechtfertigt, dass gewissenSportlern Millionenbeträge richtigge-hend nachgeschmissen werden, wäh-rend andere, die nicht weniger leis-ten, fast noch drauflegen müssen, umihren Sport überhaupt ausüben zudürfen. Wie wärs mit einem Solidari-tätsfonds, der dies ein wenig ausglei-chen würde?»

    8. Wer hat den schwierigsten Job amSwiss Open?

    Das ist nicht schwierig zu beantwor-ten: Der Platzspeaker oder die Platz-speakerin – es sind während derWoche mehrere Personen am Mikro-fon tätig – sind definitiv nicht zubeneiden. Sie müssen sich mit jederMenge komplizierter Namen herum-schlagen. Ein Zungenbrecher ist bei-spielsweise der Pole Wojciech Szkud-larczyk – und trotzdem bubieinfachim Vergleich zu den Thailändern Sap-siree Taerattanachai, Porntip Burana-prasertsuk und Kunchala Voravichit-chaikul.

    9. Wird das Swiss Open 2015 nur wegendem Jubiläum ein besonderer Jahr-gang?

    Nein, denn für einmal gibts keineKonkurrenz durch die Fasnacht oderSkiferien, keine Baselworld und keinFCB-Heimspiel. Der Basler Sportfankann sich also ganz auf das Badmin-tonturnier konzentrieren – es seidenn, er ist ein Schönwetterfan undhat keine Lust, seine Freizeit in einerBetonhalle bei künstlichem Licht zuverbringen. Denn für die kommendenTage ist wunderbares Frühlingswetterangesagt. 2016 wird das Swiss Opendann wieder während der Baselworldstattfinden, was immer mit einemerhöhten Aufwand für das OK ver-bunden ist. Bereits jetzt mussten dieVeranstalter gegen 200 Zimmer inZürcher Hotels reservieren. Und 2019wird das Swiss Open wieder in derFasnachtswoche liegen. Spielraumfür ein anderes Datum gibt es nicht:Der Termin ist mit dem internatio-nalen Badminton-Turnierkalender ab-gestimmt und birgt nur Vorteile: DieWoche nach dem German Open unddem All England bringt stets zahl-reiche Top-Spielerinnen und Top-Spieler nach Basel.

    10. Das Swiss Open wird seit Jahrenvon rund 20000 Zuschauern besucht.Was würde dem Turnier einen Schubverleihen, damit es auf 40000 kommt?

    Turnierdirektor Christian Wacker-nagel weiss die Antwort: «Ein RogerFederer im Badminton wäre schön,dazu noch einer, der in unseremSport Ähnliches vollbringt wie SimonAmmann oder Dario Cologna – dannkönnten wir locker alle Plätze verkau-fen. Dass wir aber auch ohne Aushän-geschilder auf 20 000 Zuschauerkommen, zeigt, wie attraktiv Badmin-ton ist und wie viele Menschen sichfür diesen Sport interessieren.»

    11. Das Swiss Open ist ein Multikulti-Anlass mit einem herrlichen Sprachen-Mischmasch. Deshalb: Was heisstFederball auf Chinesisch, Malaysisch,Indonesisch, Thailändisch, Dänisch?

    Ach Gott, auf Italienisch wüssten wires: volano. Belassen wir es deshalb

    beim international anerkanntenBegriff Badminton.* Der Sport ver-dankt seinen Namen übrigens demenglischen Landsitz des Duke ofBeaufort aus der Grafschaft Glouces-tershire. Auf diesem Landsitz mit demNamen «Badminton House» wurde1872 das als «Poona» bezeichneteSpiel von einem britischen Offizieraus Indien mitgebracht.

    12. Wird es wieder nach asiatischerKüche riechen in der Joggelihalle?

    Ja, aber nur noch von einer Seite her:In den Gängen gibt es wieder feinethailändische Küche zu geniessen.Früher duftete es auch noch von deranderen Seite herüber. Die Südkorea-ner hatten es sich nämlich in einemseparaten Trakt der Joggelihallegemütlich eingerichtet, sie übernach-teten dort (praktisch gratis) undkochten ihre Spezialitäten. Im 2014Jahr war dies das letzte Mal der Fall.Für dieses Jahr wurde ihnen mitge-teilt, dass das wegen der anstehendenRenovation der Joggelihalle nichtmehr möglich sei.

    13. Hatte Turnierdirektor ChristianWackernagel in den 25 Jahren schonmal Tränen in den Augen?

    Klar, und zwar jedes Jahr! Aber nichtaus Trauer, sondern aus Freude undRührung. «Wenn es so richtig tolleSpiele gibt, bei denen der Bär tanztund die Zuschauer begeistert sind,dann kommt mir das Augenwasser»,sagt Wackernagel dazu, «das berührtmein Badminton-Herz am meisten:wenn sich auch andere von meinerBegeisterung für diesen Sport anste-cken lassen.»

    14. Wie viele Federbälle gehen wäh-rend des sechstägigen Anlasseskaputt? Unwiderbringlich oder lassensie sich reparieren?

    Die Badminton-Aficionados vermei-den den Begriff Federball fast ähnlichwie die Tischtennisspieler den Aus-druck Pingpong. Für sie heisst dieSportart wie in Frage 11 erläutertBadminton und die Spielgeräte dazuShuttles – das klingt internationaler.Rund 5000 Shuttles werden pro Tur-

    Etwas fürs Auge. Action satt – hier mitden letztjährigen Doppel-FinalistinnenMaheswari/Polii aus Indonesien. Foto Key

    Etwas fürs Gehör. Der Däne ViktorAxelsen zeigte letztes Jahr allen denMeister. Foto Keystone

  • | Samstag, 7. März 2015 | Seite 45

    l ausgetragen – wir stellen Fragen, für jedes Jahr eine

    Die Weltelite schaut wieder in Basel vorbei

    Basel. Weil nächste Saison die Olym-pischen Spiele in Rio de Janeiro anste-hen, müssen sich die Badmintonak-teure, die dort dabei sein wollen, soallmählich in Stellung bringen und möglichst viele Gelegenheiten wahr-nehmen, um für die Weltrangliste zupunkten. Das spürt auch das 25. Bad-minton Swiss Open: Zahlreiche Welt-klassespieler haben sich eingeschrie-ben. Bei den Männern führtK. Srikanth – weil sein voller Vornamemit Nammalwar Kidambi doch ein biss-chen länglich ist, begnügt er sich mitder Initiale – das Tableau als Nummer 5

    der Welt an. Seine grössten Herausfor-derer dürften der dänische Vorjahres-sieger Viktor Axelsen sowie TommySugiarto aus Indonesien sein. Bei denFrauen hat sich fast die Hälfte derTop 30 angemeldet. Mit Yihang Wangaus China ist die letztjährige Gewinne-rin ebenfalls dabei. Das Turnier, dessenBudget rund 1,3 Millionen Frankenbeträgt, beginnt am kommenden Dienstagmittag mit den Qualifikati-onsspielen und wird am selben Tag um18 Uhr mit der ersten Runde im Män-ner-Einzel fortgesetzt. awswww.swissopen.com

    nier verbraucht. Reparieren kannman die Shuttles nicht; gewisse kön-nen immerhin noch gerettet und denVereinen als Training-Shuttles ange-boten werden. Ein normaler Turnier-Shuttle kostet übrigens zwischen vierund fünf Franken pro Stück. Jene, diean den Topveranstaltungen wie demSwiss Open eingesetzt werden, nochein paar Franken mehr.

    15. Hat es auch Vorteile, eine Rand-sportart zu sein?

    Im ersten Moment denkt natürlich je-der: nein. Die Veranstalter des SwissOpen sehen das jedoch anders. Sielassen verlauten: «Kein überborden-der Kommerz bedeutet auch, dasskeine Personen oder Firmen dabeisind, die sich aus rein kommerziellenÜberlegungen für das Turnier interes-sieren. Die Veranstaltung ist somitsehr familiär; man spürt viel Solida-rität und Freude, dass es solcheAnlässe auch noch geben kann. Undab und zu finden wir gar einen Part-ner, der uns finanziell unterstützt,weil er genau dort helfen will, wokeine Millionen fliessen.»

    16. Was hat sich am Swiss Open seit1991 verändert?

    Anfang des 20. Jahrhundertsherrschte die Annahme, dass es 100Jahre braucht, damit sich das Wissenin der Welt verdoppelt. Zur Jahrtau-sendwende hiess es: Nun reichenzehn Jahre dafür. Heute sind wir soweit, dass sich das Wissen in gerademal 24 Stunden verdoppelt! Entspre-chend rasant verlief auch die Ent-wicklung am Swiss Open. Zu Beginnwar noch Handarbeit gefragt, beimAufstellen des Tableaus, der Auslo-sung, bei den Anmeldungen und vie-lem mehr. Es gab keine Mails, keinInternet, keinen Live-Stream, keineHandys. Heute ist vieles einfacher –und doch auch wieder komplizierter.Denn die Welt ist vernetzter und kom-plexer geworden, die Ansprüche sindgestiegen. Wer vermarktungstech-nisch eine Rolle spielen will, kann dasfast nicht mehr im Alleingang bestrei-ten, sondern braucht Agenturen undSpezialisten dafür.

    17. Am Swiss Open wird gerannt, ohneRücksicht auf Verluste. Wie steht es umSpätschäden bei Badmintonspielern?

    Badminton geht, das lässt sich nichtleugnen, auf die Gelenke. Vor allemKnie- und Fussgelenke werden starkbeansprucht. Das hängt mit den vie-len Richtungswechseln während desSpiels zusammen. Deshalb ist eineoptimale Balance entscheidend.Einige Spieler betreiben ein speziellesBalancetraining. Und die Asiaten trai-nieren oft barfuss, damit auch derhinterste Muskel beansprucht wird.Es gibt aber auch andere Sportarten,bei denen ein stetiges Stop-and-goherrscht und die Verschleisserschei-nungen gross sind.

    18. Es heisst vonseiten der Veranstal-ter stets, dass über hundert Millionen inaller Welt zuschauen. Mal ehrlich: Ist dasnicht ein wenig dick aufgetragen?

    Wir geben die Frage gleich an Tur-nierdirektor Christian Wackernagelweiter, dem die provokante Frageschon wieder Augenwasser insGesicht treibt. Der Allschwiler ant-wortet vehement: «Neee! Absolutnicht!!! Das Swiss Open wird seit einpaar Jahren zentral TV-vermarktet,seit 2014 von der IMG Media. 2015werden weltweit Fernsehstationenmit 250 Millionen Haushalten (Asien,PanAmerika etc.) vom Swiss Openberichten; plus via den Badminton-Y-outube-Channel sogar die ganze Welt

    (z. B. ergänzt mit Wettangeboten). Sogesehen können wir theoretisch so-gar von einer bis zwei MilliardenZuschauerinnen und Zuschauernsprechen. 100 Millionen sind so gese-hen eher bescheiden gemessen …»Na ja, wäre Wackernagel kein guterVerkäufer seines Turniers, gäbe esdieses wohl nicht mehr. Nicht selbst-verständlich ist, dass SRF den Final-tag seit 1991 stets abdeckt.

    19. Werden wir am Badminton SwissOpen demonstrierende Tierschützersehen, weil die Shuttles ja aus Federnbestehen?

    Kaum. Die Federn der Enten undGänse sind ein willkommenes Neben-produkt auf den Farmen, die sichhauptsächlich der Fleischverwertungwidmen.

    20. Wie rasant geht es am Swiss Openzu und her?

    Sehr rasant. Die schnellste Geschwin-digkeit eines Schlages im Badmintonwurde 2013 gemessen: Sie betrug493 Stundenkilometer! Da kommtdas Auge manchmal nicht mehr mit.

    21. Ist die Renovation der Joggelihallefür das Swiss Open Fluch oder Segen?

    Ein Fluch sicher nicht, denn es istabsolut notwendig, dass die Hallesaniert wird – da sind sich alle einig,sonst wäre das Renovationskonzeptim Grossen Rat nicht so problemlosdurchgewinkt worden. «Wie weit derAusbau die Event-Konzepte tangiert,können wir aktuell nicht abschät-zen», sagt Christian Wackernagel zurFrage, «wir müssen uns von Jahr zuJahr anpassen und umplanen. Derwichtigste Punkt ist, dass dieSt. Jakobshalle bezahlbar bleibt! Wirsetzen hier auf die Zusagen des Parla-mentes und der Kommissionen, dassweiterhin auch Breiten- und Rand-sportarten ausgeübt werden sollenund müssen.»

    22. Wie könnte ein Fasnachts-Verszum Swiss Open lauten?

    Im Joggeli haue sie uff e Fäderballund gänn däm Shuttle e wilde DrallMalaye sind do, Inder und vili Chinesenur bi de Schwiizer haissts:Ausser Spese, nix gewese.

    23. Was war an der letztjährigen Aus-gabe des Swiss Open so besonders?

    Eine lange Durststrecke von 16 Jah-ren ging für die Europäer im MännerEinzel zu Ende. 1998 war es, alsPeter Gade in der Joggelihalle denletzten Titel eines Spielers von die-sem Kontinent holte. Danach gewan-nen nur noch Asiaten. Bis 2014. Da

    siegte der dänische Jungstar ViktorAxelsen. Es versteht sich von selbst,dass der 21-jährige auch dieses Jahrwieder in der Joggelihalle mit dabeisein will.

    24. Die Ticketpreise wurden extra ausAnlass der Jubiläumsaustragung auf25 Franken gesenkt. Gibt es einen Weg,noch günstiger Einlass zu finden?

    Also am Dienstag und Mittwoch istder Eintritt ohnehin frei. Wer einenViertages-Pass ab Donnerstag wählt,bezahlt 90 Franken und kommt so zueinem Rabatt, mit dem er sich in denGängen einen Drink gönnen kann.Und dann gibt es den Wettbewerb derBaZ, der noch bis am Montag läuft.Dabei verlosen wir 5 x2 Busi-ness-Tickets, bei denen Getränke undVerpflegung mitsamt tollen Sitzplät-zen inbegriffen sind, sowie 20 x2gewöhnliche Eintrittskarten mitfreier Platzwahl für den Finaltag vom15. März. Schicken Sie eine Postkartean: Basler Zeitung, Badminton,Sportredaktion, Aeschenplatz 7, Post-fach 2250, 4002 Basel. Oder aber Siesenden eine Mail mit dem Betreff«Badminton» an: [email protected] nicht vergessen! Einsende-schluss ist wie gesagt am Montag,9. März 2015. Nun müssen Sie nurnoch hoffen, dass unsere GlücksfeeIhre Zuschrift auswählt.

    25. Gibt es das Swiss Open auch nochim Jahre 2040 – wenn das 50. Turnieranstehen würde?

    Das wissen nur die Götter. ChristianWackernagel hat keine Ahnung, aberer hofft, dass es so sein möge: «Wirwerden alles daran setzen, langfristigeine Übergabe zu planen und natür-lich soll der Anlass in Basel bleiben.»Aber 25 Jahre sind lang, da kannnoch viel passieren. Wer Freude amBadminton Swiss Open hat, dersoll deshalb die Gegenwart genies-sen. Diese beginnt am kommendenDienstag um 12 Uhr mit den erstenPartien der Qualifikationsrunde inder Joggelihalle.

    *Es sei denn, Sie wissen es und senden esuns unter [email protected] zu. Zur Beloh-nung gibts einen Federball.

    Etwas fürs Gemüt. Das waren noch Zeiten! Das Gründungs-OK des Swiss Openmit Christian Wackernagel, Liselotte Blumer und Charles A. Keller (vordere Reihe).

    Etwas für Nostalgiker. Der allererste Final mit Sieger Pär-Gunnar Jönsson(vorne) und Ib Frederiksen mit den Siegerpokalen im Vordergrund.

    Etwas für den Sportfan. Im 2014 war der Final am Swiss Open gutbesucht, im Jubiläumsjahr dürfte das erst recht der Fall sein.

    Etwas für Akrobaten. Der dänischeDoppelweltmeister Jonas Rasmussenfliegt 2002 durch die Lüfte.

    Swiss Open in der BaZ 1Swiss Open in der BaZ 2