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BERICHTE Sportwissenschaft im Dialog 10. Sportwissenschaftlicher Hochschultag yore 25.--27. September 1991 in OMenburg Der Dialog ist der eigentliche Zweck jedes Kongresses. Wenn die Sportwissenschaft die- se Selbstverst~indlichkeit zum Motto eines ganzen Hochschuttags erhebt, kann dies ent- weder mit dem besonderen Dialogbed~irfnis der Sportwissenschaftler/innen zusammen- h~ingen oder mit den besonderen Schwierig- keiten des Dialogs in unserem Fach. Letzte- res scheint der Fall zu sein, denn seit Jahren klagen nicht nur die Oberpriester der Sport- wissenschaft, da~ mit der Karriere des Fachs keineswegs auch die F~ihigkeit mitgewachsen sei, einen fruchtbaren Dialog zu fi~hren. Eher ist das Gespr'~ch zwischen den Teildis- ziplinen der Sportwissenschaft ins Stocken oder schon zum Erliegen gekommen. Die vielbeschworene Interdisziplinarit~it des Fachs ist nur noch eine diirftige Fassade, hin- ter der nicht selten exotische und private In- teressen ohne Bezug zum Ganzen -- was ist es? -- ein munteres Eigenleben fiihren. Die Disziplinierung der Disziplin hat nicht stattgefunden, und die klassischen Wissen- schaften scheinen den Sport wieder einzuho- len, wie der Hauptredner, Ji~rgen MITrEL- ST~SS (Konstanz), meinte. Die Multidiszi- plin Sportwissenschaft (MIT~rLSTWSS), die angetreten war, treu nach Carl DIEM alle Wissenschaften auf dem Sportplatz zu ver- sammeln, um dort das Beste fi.ir den Sport zu erreichen, hat ihr Ziel nicht erreicht, auch deshalb nicht, weil der Sport angesichts seines Wachstums und seiner sich ausweiten- den Grenzen seine Sinnmitte verloren hat. Der Dialog ist auch innerhalb des Sports miihsamer geworden. Die Notwendigkeit fiir einen (neuen?) Dia- log in Sport und Sportwissenschaft ist also 112 mehr als vorhanden, nicht zuletzt auch des- halb, weil er in Deutschland zwischen Ost und West bis vor kurzem gar nicht existierte und nun auch im sportlich und sportwissen- schaftlich vereinten Deutschland neu aufge- nommen werden mull Um den Dialog gelingen zu lassen, hatten sich die Kongref~manager aus Oldenburg ei- niges einfallen lassen: ein angenehm und lie- bevoll arrangiertes Ambiente im neuen O1- denburger Sportinstitut, eine rundum gelun- gene Organisation und vor allem eine beson- dere Kongref~didaktik. Neben den bereits dialogisch angelegten Hauptreferaten wur- den zu den Grundthemen des Kongresses (Gesundheit, Bewegung, Freizeit) sogenann- te Basisdialoge geftihrt, in denen Referenten mit bekanntermaf~en unterschiedlichen Aus- gangspunkten in ein Streitgesp~ch eintreten sollten, l~lberall, auch in den Arbeitskreisen mit Spezialthemen, wurde die Redezeit der Referenten auf ein Minimum reduziert, um dem Dialog eine Chance zu geben. /,.[rber die Hauptreferate des Kongresses kam es offiziell nicht zum Dialog. MITVeLSTR*SS stellte grundsiitzliche Uberlegungen zum ,,Dialogischen in der Wissenschaft" an und setzte sich damit auch kritisch mit dem Motto des Hochschultags auseinander. Sei es nicht so, daf~ wissenschaftliche Entdeckun- gen und Erkenntnisse weniger dialogisch als monologisch zustandek~imen? Die wirklich grof~en Fortschritte der Wissenschaften, so Mm~LSTRASS, seien jedenfalls nicht im Team herbeigeredet, sondern in der stillen und einsamen Kammer des Forschers ersonnen worden. Aber auch dieser Weg zur wissen- schaftlichen Wahrheit verlaufe keineswegs nur monologisch. Im Riickgriff auf KANT, der die Vernunft als ,Gerichtshof~ bezeich- net habe, vor dem die Natur Rede und Ant- wort stehen mhsse, entwarf M~VrELS'r~SS ein

Sportwissenschaft im Dialog

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B E R I C H T E

Sportwissenschaft im Dialog

10. Sportwissenschaftlicher Hochschultag yore 25.--27. September 1991 in OMenburg

Der Dialog ist der eigentliche Zweck jedes Kongresses. Wenn die Sportwissenschaft die- se Selbstverst~indlichkeit zum Motto eines ganzen Hochschuttags erhebt, kann dies ent- weder mit dem besonderen Dialogbed~irfnis der Sportwissenschaftler/innen zusammen- h~ingen oder mit den besonderen Schwierig- keiten des Dialogs in unserem Fach. Letzte- res scheint der Fall zu sein, denn seit Jahren klagen nicht nur die Oberpriester der Sport- wissenschaft, da~ mit der Karriere des Fachs keineswegs auch die F~ihigkeit mitgewachsen sei, einen fruchtbaren Dialog zu fi~hren. Eher ist das Gespr'~ch zwischen den Teildis- ziplinen der Sportwissenschaft ins Stocken oder schon zum Erliegen gekommen. Die vielbeschworene Interdisziplinarit~it des Fachs ist nur noch eine diirftige Fassade, hin- ter der nicht selten exotische und private In- teressen ohne Bezug zum Ganzen -- was ist es? -- ein munteres Eigenleben fiihren. Die Disziplinierung der Disziplin hat nicht stattgefunden, und die klassischen Wissen- schaften scheinen den Sport wieder einzuho- len, wie der Hauptredner, Ji~rgen MITrEL- ST~SS (Konstanz), meinte. Die Multidiszi- plin Sportwissenschaft (MIT~rLSTWSS), die angetreten war, treu nach Carl DIEM alle Wissenschaften auf dem Sportplatz zu ver- sammeln, um dort das Beste fi.ir den Sport zu erreichen, hat ihr Ziel nicht erreicht, auch deshalb nicht, weil der Sport angesichts seines Wachstums und seiner sich ausweiten- den Grenzen seine Sinnmitte verloren hat. Der Dialog ist auch innerhalb des Sports miihsamer geworden. Die Notwendigkeit fiir einen (neuen?) Dia- log in Sport und Sportwissenschaft ist also

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mehr als vorhanden, nicht zuletzt auch des- halb, weil er in Deutschland zwischen Ost und West bis vor kurzem gar nicht existierte und nun auch im sportlich und sportwissen- schaftlich vereinten Deutschland neu aufge- nommen werden mull Um den Dialog gelingen zu lassen, hatten sich die Kongref~manager aus Oldenburg ei- niges einfallen lassen: ein angenehm und lie- bevoll arrangiertes Ambiente im neuen O1- denburger Sportinstitut, eine rundum gelun- gene Organisation und vor allem eine beson- dere Kongref~didaktik. Neben den bereits dialogisch angelegten Hauptreferaten wur- den zu den Grundthemen des Kongresses (Gesundheit, Bewegung, Freizeit) sogenann- te Basisdialoge geftihrt, in denen Referenten mit bekanntermaf~en unterschiedlichen Aus- gangspunkten in ein Streitgesp~ch eintreten sollten, l~lberall, auch in den Arbeitskreisen mit Spezialthemen, wurde die Redezeit der Referenten auf ein Minimum reduziert, um dem Dialog eine Chance zu geben. /,.[rber die Hauptreferate des Kongresses kam es offiziell nicht zum Dialog. MITVeLSTR*SS stellte grundsiitzliche Uberlegungen zum ,,Dialogischen in der Wissenschaft" an und setzte sich damit auch kritisch mit dem Motto des Hochschultags auseinander. Sei es nicht so, daf~ wissenschaftliche Entdeckun- gen und Erkenntnisse weniger dialogisch als monologisch zustandek~imen? Die wirklich grof~en Fortschritte der Wissenschaften, so Mm~LSTRASS, seien jedenfalls nicht im Team herbeigeredet, sondern in der stillen und einsamen Kammer des Forschers ersonnen worden. Aber auch dieser Weg zur wissen- schaftlichen Wahrheit verlaufe keineswegs nur monologisch. Im Riickgriff auf KANT, der die Vernunft als ,Gerichtshof ~ bezeich- net habe, vor dem die Natur Rede und Ant- wort stehen mhsse, entwarf M~VrELS'r~SS ein

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differenziertes und an vielen guten Beispie- len erl~iutertes Bild von der dialogischen Struktur des wissenschaftlichen Erkenntnis- prozesses. Die Abstimmung zwischen Theo- rie und Empirie bleibe das Grundproblem des wissenschaftlichen Dialogs. Wissen- schaft werde hie fiir sich allein betrieben und unterliege deshalb auch nicht nur inter- nen wissenschaftlichen, sondern auch le- bensweltlichen Normen. Moderne Dialog- und Diskurstheorien der Wissenschaft, z. B. von HABERMA.S, h~itten den rationalen Dialog als einzige Chance entdeckt, zur Wahrheit und Erkenntnis zu gelangen. Abet die Wirk- lichkeit des wissenschaftlichen Dialogs sehe meistens anders aus. Nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der F~icher und Dis- ziplinen gel~ingen Dialoge nur selten. Im Wissen um die Schwierigkeiten des Dialogs redete MI~CELSVI~SS deshalb keineswegs ei- ner unreflektierten Interdisziplinarit~it der Wissenschaften das Wort. Geboten sei zu- n~ichst eine Disziplinierung der Disziplinen. Erst wer sich in seinem Fach auskenne, k6n- ne auch die Grenzen des Fachs iiberschrei- ten. Echte Interdisziplinarit~it oder besser Trans-Disziplinarit~it diirfe nicht das Ergeb- nis disziplin~irer Einfallslosigkeit sein, son- dern entstehe aus problembedingten Not- wendigkeiten, wie sie in der Umweltfrage, wie sie aber auch im Sport und in der Sport- wissenschaft vorhanden seien. Die Sportwis- senschaft habe diesen Sprung zur Trans-Dis- ziplinarit~it auch deshalb nicht geschafft, weil sie bisher kein eigenes Paradigma habe entwickeln k6nnen. Sie bleibe eine Multi- Wissenschaft, und sie sei der lebende Beweis dafiir, dab der modernen Wissenschaft nichts entgehe, nicht einmal der Sport, der eine grunds~itzlich andere Sprache spreche als die Wissenschaft. Diese Einsicht, dab die Sprache der Wissen- schaft und des Sports nicht zueinander pas- sen und es noch nicht gelungen ist, eine ver- st~indliche Obersetzung zu finden, war wohl der einzige Ankniipfungspunkt zum zwei-

ten Hauptreferat: von Gunter GEBAUER (Ber- lin), der sich mit der Frage ,Welche Wissen- schaft fiir den Sport?" besch~iftigte Aber dem geschilderten Dilemma, daf~ n~imlich der Sport dutch seine wissenschaftliche Behand- lung genau das verliere, was seine Besonder- heit ausmacht, n~imlich seine Sinnlichkeit, seine K6rperlichkeit, sein -- nach Pierre Boura)iEU -- ,sense pratique", konnte auch GEB^UER nicht entkommen. Mit seiner For- derung, daf~ es die erste Aufgabe der Sport- wissenschaft sein miisse, ihre eigene Praxis zu erforschen und eine eigene Theorie dieser Praxis zu entwickeln, rannte der Redner of- fene Tiiren ein. Aber welche Praxis und wel- che Theorie? Er forderte, ~ihnlich wie dies be- reits in den 50er und 60er Jahren der Fall ge- wesen sei, Sportwissenschaft als ,anthropo- logische Wissenschaft ~ zu betreiben, ohne abet auf diese Tradition der Sportwissen- schaft und Sportp~idagogik einzugehen. GE- BAt~RS ,kulturelle Wende" der Sportwissen- schaft ist wohl als eine Art Anthropologie der sportlichen Geste zu verstehen, in der sowohl die sinnlich-k6rperliche Qualit~t des sportlichen Handelns als auch sein symboli- scher, habitueller Gehalt erforscht werden k6nnten. Den Dialog fiber und zwischen den Haupt- referenten muf~te jede/r Kongref~teilneh- mer/in mit sich selbst fiihren. Aber in den Basisdialogen sollte sich nun zeigen, ob die Sportwissenschaft zum Dialog f~ihig ist. Im Basisdialog Bewegung traten Karl-Heinz LEIST (Mfinchen) und Andreas TREBELS (Hannover) gegeneinander an, um die vielen unterschiedlichen Theorien zur menschli- chen Bewegung in einen Dialog zu bringen. LEIST lieferte einen differenzierten Vortrag zu neueren Ans2itzen in der Motorikfor- s c h u n g - mit zahlreichen komplizierten Beispielen aus der Neuroinformatik, der Synergetik oder der 6kologischen Psycholo- gie, die fiir weniger eingeweihte Experten schwer verst~indlich waren. T~BELS Forde- rung nach einer gemeinsamen Verst~indi-

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gungsebene, die aui~erhalb des eigenen Rah- mens bleiben miisse, konnte deshalb von vornherein nicht eingeRSst werden. Viel- mehr schien am Ende dieses Basisdialogs die auch yon T~BEtS thematisierte Klufi zwi- schen eher naturwissenschafttich-empiri- schen und geisteswissenschaftlich-subjektivi- stischen Konzepten der Bewegungsfor- schung noch breiter geworden zu sein. Im Basisdialog Gesundheit prallten die in der Sportwissenschaft vorhandenen unterschied- lichen Begriffe von Gesundheit aufeinander: der medizinische, vertreten durch Richard RosT (K61n), und der p~idagogische, vertre- ten durch Edgar BEcIie~s (Bochum). Dem Verlangen von seiten der Sportmedizin, ihre eindeutigen Erkenntnisse fiber die positiven Wirkungen sportlicher Betiitigung auf die Gesundheit nun auch p~idagogisch in Ge- sundheitsprogramme des Sports einzuset- zen, konnte sich die Sportp~idagogik nicht widerspruchslos ffigen. Vielmehr l~igen, so BEC~ERS, keineswegs klare Beweise ffir die p~ventive Potenz des Sports vor. Er wehrte sich auch gegen eine kritiklose Instrumenta- lisierung des Sports ffir gesundheitliche Zwecke und pl~idierte ffir eine differenzierte Betrachtung des Handlungsfeldes Sport. Die Diskussion zeigte am Ende, dal~ auch bei den Problemen der Gesundheit eine Abstim- mung zwischen medizinisch-naturwissen- schaftlichen und p~idagogisch-sozialwissen- schaftlichen Positionen nur sehr schwer m6glich ist. Blieb der Basisdiatog iiber ,,Freizeit in der Postmoderne~: Dietmar KalMwR, Professor fiir Philosophie und Soziologie in Berlin, ero 6ffnete den Dialog, nahm aber die Worte Sport und Freizeit nur gelegentlich in den Mund. Dem staunenden und teilweise auch kopfschiittelnden Publikum offenbarte sich in der Rede des Professors nur Dunkles, und wenn er am Rande auf den Sport zu spre- chen kam, dann h6chstens im Zusammen- hang mit allerlei Scheui~lichkeiten, z. B., daf~ er nichts als ,falscher Schein" oder eine ,Zu-

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richtung des K6rpers" sei. Sichtlich genervt trat denn auch sein Kontrahent, der Sport- p~idagoge Dietrich Ktn~z (Bielefeld), ans Red- nerpult. Nur mit Mfihe konnte er die an ihm so gesch~itzte vornehme Gelassenheit wahren. Systematisch widerlegte Kt:Rz die yon K*iMVER seit Jahren verbreiteten Unter- gangsmetaphern zum ,Verschwinden des K6rpers" oder ,Verschwinden der Sinne, die zwischendurch allerdings von einer ,Wieder- kehr des K6rpers" unterbrochen worden sei- en. KuRz versuchte nachzuvollziehen, was KAMVrR wohl meinen oder gemeint haben k6nnte, und bezweifelte am Ende, ob das al- les noch Sinn mach~ Es machte keinen Sinn. Statt dessen stellte Dietrich Kuv.z aus seiner sportp~idagogischen Perspektive den klassi- schen Sinn des Sports und besonders des Sports im Verein dar. Er scheute sich nicht, dabei auch traditionelle Werte wie Leistung und Wettkampf, Spiel und Gemeinschaft, Regelhaftigkeit und Regelm~iffigkeit des nor- mierten Sporttreibens in ihrer Bedeutung fiir die Menschen, vor allem die jungen Menschen, hervorzuheben. Es war zu erwar- ten, dai~ auch in diesem Basisdialog aneinan- der vorbeigeredet wurde. Dietmar KAMPER war nicht bereit, sich auf die Thesen von Kvl~z einzulassen und in die Niederungen der konkreten Sportp~idagogik hinabzustei- gen. So gut die Basisdialoge gemeint waren, so wenig konnten sie die Hoffnungen auf ei- nen echten Dialog erffillen. Vielmehr ver- st~irkten sie die Zweifel an der Dialogf~ihig- keit der Sportwissenschaft, weil entweder -- der gfinstigste Fall -- aneinander vorbeigere- det oder -- der schlechteste Fall -- dem Pu- blikum ein unfruchtbarer Schaukampf pN- sentiert wurde Alle Hoffnungen auf einen Dialog konzen- trierten sich deshalb auf die insgesamt 20 Ar- beitskreise, in denen thematisch geordnete Spezialfragen diskutiert werden sollten. Von Theorien des Bewegungslernens fiber moto- risches Lernen, Bewegungs- und Technikana- lysen, fiber K6rperideologien, Frauenfor-

schung und human6kologischen Sportst~it- tenbau bis zu Fragen der Gesundheitsf6rde- rung, der Pr~ivention und Rehabilitation oder der Bewegungstherapie war in diesen Arbeitskreisen alles zu finden, was die mo- derne Sportwissenschaft derzeit umtreibt. Uber Erfolg oder Mif~erfolg dieser Arbeits- kreise kann generell nichts gesagt werden, daftir waren die Themen zu breit gestreut, die Referenten zu unterschiedlich und die Diskussionen und Diskutanten zu zufiillig. Aber in den Arbeitskreisen war am ehesten die Chance gegeben -- die in vielen F~illen auch genutzt wurde --, einen fruchtbaren Dialog tiber Disziplingrenzen hinweg zu ftihren, wie ihn Miv'rrtsT~ss in seinem Vor- trag angedeutet hatte: Diskussionen, die sich an echten lebensweltlichen Problemen ent- ztindeten, z. B. die Notwendigkeit eines hu- man-6kologischen Sportst~ittenbaus der Zu- kunft oder die vielschichtigen Fragen der motorischen Entwicklung. Hier kam selten jemand auf die tiberfltissige Idee zu fragen, in welche Zust~indigkeit solche Probleme letzt- lich fallen. Die in Oldenburg versammelte Sportwissen- schaft nutzte den KongreB auch zu einem Dialog mit und tiber sich selbst. Zwei Gele- genheiten boten sich dafiir: die erste auf der Mitgliederversammlung der dvs, auf der ein neuer Vorstand mit Karlheinz SCrtE~ER an die Spitze gew~ihlt und die endgtiltige Aufl6- sung des Ausschusses Deutscher Leibeserzie- her (ADL) beschlossen wurde; eine weitere, letzte (?) Klammer zwischen der theoreti- schen Sportwissenschaft und der Sportun- terrichtspraxis ist damit gel6st. Die zweite bot sich auf einer spontan eJnberufenen dvs- Dopingkonferenz, auf der eine Stellungnah- me der Sportwissenschaft zur Dopingfrage beschlossen werden sollte Aber auch dieser interne Dialog scheiterte, nicht zuletzt, well die heftig angegriffene und ins Zwielicht ge- ratene Sportmedizin dutch Abwesenheit gliinzte. Nur die knapp bemessene Zeit ver- hinderte, dab die Meinungsunterschiede zwi-

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schen den anwesenden Sportwissenschaft- lern/innen noch deutlicher zum Ausbruch kommen konnten. Streit und weniger Dialog war schliefflich auch auf der abschlief~enden Podiumsdiskus- sion angesagt, auf der sich die Sportwissen- schaft, vertreten durch die dvs, erstmals st~ir- ker politisch profilierte, indem heftige Kri- tik an den Prinzipien und der Praxis der Forschungsf6rderung gefibt wurde Gelungen ist der Dialog der Sportwissen- schaft auf jeden Fall dort, woes -- wie beim Sport -- um sinnliche und k6rperliche Qua- lit~iten ging, sprich beim Kalten Btiffet (,O1- denburger Genuf~ auf leichte Art") und beim Sporttheater (,Das aktuelle Spottstu- dio"). Aber dieser Erfolg geht nicht auf das Konto der Sportwissenschaft, sondern auf das des Oldenburger Kongref~teams.

M. KROCER

Crber die .verlorene Einheit" in der Kirche und im Sport

22. Studienkurs der EKD yore 17. his 28. Februar in Sils

Die Kooperation zwischen Kirche und Sport w~ihrt schon lange und ist auch inten- siv. Die Grundfrage hierbei ist und bleibt, wie die beiden Partner einander helfen k6n- nen. Man darf sich nichts vormachen: Das Verh~iltnis ist asymmetrisch. Die Kirche hat dem Sport mehr zu sagen, als das umgekehrt der Fall sein kann. Das heit~t nicht, dab nicht auch die Kirche vom Sport lernen k6nnte Eine der besten Gelegenheiten bier- zu ist der j~ihrliche Studienkurs des Arbeits- kreises Kirche und Sport der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Zum ,Leit- thema" hatte der AK-Vorstand die Losung des 23. Deutschen Evangelischen Kirchen- tages •989 in Berlin gew~ihlt: Unsere Zeit in Gottes H~inden! Es zeigte sich dann aller- dings, dab es zwar gelingen kann, sich hier-

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