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Als Sendboten der deutschen Sprache unterwegs in Russland Die Russen mögen Deutsch. 228 neue Mitglieder für den Verein Deutsche Sprache gewonnen. 14 Am 19. Oktober haben der Verein Deutsche Sprache und die Eberhard- Schöck-Stiftung in Kassel zum zweiten Mal den Kulturpreis Deutsche Sprache vergeben. Es war ein großes Fest mit viel Prominenz: Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf, Hessens Ministerprä- sident Roland Koch, der deutsche Botschafter in Moskau und der rus- sische Botschafter in Berlin sowie zahlreiche weitere Politiker, Diplomaten und Künstler erlebten mit 700 von nah und fern in den vollbesetzten Blauen Saal der Stadthalle angereisten Sprachfreunden einen Ehrentag für die deutsche Sprache, wie es ihn seit langem nicht gegeben hat. Der mit 35.000 EURO dotierte Jacob- Grimm-Preis, der Hauptteil des dreige- teilten Kulturpreises Deutsche Sprache, ging dieses Jahr an Ludmila Putina, die Frau des russischen Staatspräsidenten. Sie erhielt den Preis für die Förderung des Deutschunterrichts in Rußland; dort lernen über 4 Millionen Kinder und Jugendliche Deutsch, mehr als im Rest Europas zusammen. „Und jeder im Saal,“ sagte der Laudator Thomas Roth, der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin, „würde ihre Kinder Katja und Mascha der Sprache nach für deutsche Jugendliche halten.“ Auch Frau Putina begann ihre Dankrede in Deutsch, entschuldigte sich aber dann, daß sie nicht so gut deutsch spreche wie ihr Mann und ihre Kinder, und berichtete auf russisch, daß auch in ihrem Land die Kinder immer noch mit Hänsel und Gretel, dem tapferen Schneiderlein und den Bremer Stadtmu- sikanten aufwüchsen und der Jacob- Grimm-Preis deshalb für sie eine beson- dere Bedeutung habe. Wie für Jacob Grimm sei auch für sie die Sprache „die Seele der Nation und ein spannender Weg in die Welt eines anderen Volkes“. Der mit 10.000 EURO dotierte Initia- tivpreis Deutsche Sprache wurde dieses Jahr zum ersten Mal vergeben. Er wurde durch eine Zuwendung der Theo- Münch-Stiftung, die in diesem und dem nächsten Jahr auch einen großen Teil der sonstigen Kosten trägt, ermöglicht und ging an den Osnabrücker Verein zur Förderung der pädagogischen Arbeit mit Kindern aus Zuwandererfamilien. Die Vorsitzende des Vereins, Frau Professor Dr. Christa Röber-Siekmeyer, betonte in Ihrer Dankrede, wie wichtig „das Beherrschen der deutschen Sprache für eine sozial angemessene Existenz in Deutschland“ sei. Der undotierte Institutionenpreis Deutsche Sprache ging dieses Jahr an die Gemeinnützige Hertie-Stiftung in Frankfurt. Durch ihr Projekt „Jugend debattiert“ habe sie, so der Laudator und Jury-Sprecher Prof. Dr. Helmut Glück „bei vielen Teilnehmern eine Liebesaffäre mit der Sprache angezettelt.“ Umrahmt wurden die zahlreichen Gruß-, Dank- und Lobworte durch Schüler der Sobinow-Kunstschule aus der Kasseler Partnerstadt Jaroslawl; unter großem Beifall des Publikums tanzten und sangen sie (in deutscher Sprache) die Kaffee-Kantate von Johann Sebastian Bach. Mit dieser Veranstaltung ist der Verein Deutsche Sprache endgültig in die erste Liga der nationalen Kulturpolitik aufgestiegen. Alle Teilnehmer waren sich einig, daß eine Steigerung wohl kaum noch möglich sei. sprach nachrichten Ein Festtag für die deutsche Sprache »Eine Liebesaffäre mit der deutschen Sprache angezettelt« Helmut Glück Nr. 4 / Dezember 2002 • Verein Deutsche Sprache e.V. • www.vds-ev.de • 0,80 Kulturpreis Deutsche Sprache an Ludmila Putina verliehen. Verein Deutsche Sprache in der ersten Liga der Kulturpolitik. Warum ich Mitglied im VDS wurde Der 16-jährige Schüler Rufus Pfützner aus Dresden beschreibt seine Gründe. 2 Sprache und Politik 2, 6 Meinung 3-5 Aus den Regionen 7 Sprechen Sie Denglisch? 8 Aktionen 9 Aus dem Verein 10 Bücher 11-12 Deutsch in aller Welt 13-15 Zu guter letzt 16 Rubriken Dummen-Power am Brandenburger Tor Power for Peace, Power for Unity - Sprüche eines Energiekonzerns. 5 Eine starke Sprachfraktion im Deutschen Bundestag Aktion Wahlprüfsteine: Sprachfreundliche Abgeordnete quer durch alle Parteien. 6 Feierlicher Moment: Eberhard Schöck überreicht Ludmila Putina, der Gattin des russischen Präsi- denten, den Jacob-Grimm-Preis. Dank ihres Enga- gements lernen inzwischen über vier Millionen Kinder und Jugendliche in Russland Deutsch.

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Als Sendboten der deutschen Sprache unterwegs in RusslandDie Russen mögen Deutsch. 228 neue Mitglieder für den Verein Deutsche Sprache gewonnen. 14

Am 19. Oktober haben der Verein Deutsche Sprache und die Eberhard-Schöck-Stiftung in Kassel zum zweiten Mal den Kulturpreis Deutsche Sprache vergeben. Es war ein großes Fest mit viel Prominenz: Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf, Hessens Ministerprä-sident Roland Koch, der deutsche Botschafter in Moskau und der rus-sische Botschafter in Berlin sowie zahlreiche weitere Politiker, Diplomaten und Künstler erlebten mit 700 von nah und fern in den vollbesetzten Blauen Saal der Stadthalle angereisten Sprachfreunden einen Ehrentag für die deutsche Sprache, wie es ihn seit langem nicht gegeben hat.

Der mit 35.000 EURO dotierte Jacob-Grimm-Preis, der Hauptteil des dreige-teilten Kulturpreises Deutsche Sprache, ging dieses Jahr an Ludmila Putina, die Frau des russischen Staatspräsidenten. Sie erhielt den Preis für die Förderung

des Deutschunterrichts in Rußland; dort lernen über 4 Millionen Kinder und Jugendliche Deutsch, mehr als im Rest Europas zusammen. „Und jeder im Saal,“ sagte der Laudator Thomas Roth, der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios

in Berlin, „würde ihre Kinder Katja und Mascha der Sprache nach für deutsche Jugendliche halten.“

Auch Frau Putina begann ihre Dankrede in Deutsch, entschuldigte sich aber dann, daß sie nicht so gut deutsch spreche wie ihr Mann und ihre Kinder, und berichtete auf russisch, daß auch in ihrem Land die Kinder immer noch

mit Hänsel und Gretel, dem tapferen Schneiderlein und den Bremer Stadtmu-sikanten aufwüchsen und der Jacob-Grimm-Preis deshalb für sie eine beson-dere Bedeutung habe. Wie für Jacob Grimm sei auch für sie die Sprache „die Seele der Nation und ein spannender Weg in die Welt eines anderen Volkes“.

Der mit 10.000 EURO dotierte Initia-tivpreis Deutsche Sprache wurde dieses Jahr zum ersten Mal vergeben. Er wurde durch eine Zuwendung der Theo-Münch-Stiftung, die in diesem und dem nächsten Jahr auch einen großen Teil der sonstigen Kosten trägt, ermöglicht und ging an den Osnabrücker Verein zur Förderung der pädagogischen Arbeit mit Kindern aus Zuwandererfamilien. Die Vorsitzende des Vereins, Frau Professor Dr. Christa Röber-Siekmeyer, betonte in Ihrer Dankrede, wie wichtig „das Beherrschen der deutschen Sprache für eine sozial angemessene Existenz

in Deutschland“ sei. Der undotierte Institutionenpreis Deutsche Sprache ging dieses Jahr an die Gemeinnützige Hertie-Stiftung in Frankfurt. Durch ihr Projekt „Jugend debattiert“ habe sie, so der Laudator und Jury-Sprecher Prof. Dr. Helmut Glück „bei vielen Teilnehmern eine Liebesaffäre mit der Sprache angezettelt.“

Umrahmt wurden die zahlreichen Gruß-, Dank- und Lobworte durch Schüler der Sobinow-Kunstschule aus der Kasseler Partnerstadt Jaroslawl; unter großem Beifall des Publikums tanzten und sangen sie (in deutscher Sprache) die Kaffee-Kantate von Johann Sebastian Bach.

Mit dieser Veranstaltung ist der Verein Deutsche Sprache endgültig in die erste Liga der nationalen Kulturpolitik aufgestiegen. Alle Teilnehmer waren sich einig, daß eine Steigerung wohl kaum noch möglich sei.

sprachnachrichten

Ein Festtag für die deutsche Sprache

»Eine Liebesaffäre mit der deutschen Sprache angezettelt« Helmut Glück

Nr. 4 / Dezember 2002 • Verein Deutsche Sprache e.V. • www.vds-ev.de • 0,80 €

Kulturpreis Deutsche Sprache an Ludmila Putina verliehen. Verein Deutsche Sprache in der ersten Liga der Kulturpolitik.

Warum ich Mitglied im VDS wurdeDer 16-jährige Schüler Rufus Pfützner aus Dresden beschreibt seine Gründe. 2

Sprache und Politik 2, 6Meinung 3-5Aus den Regionen 7Sprechen Sie Denglisch? 8Aktionen 9Aus dem Verein 10Bücher 11-12Deutsch in aller Welt 13-15Zu guter letzt 16

Rubriken

Dummen-Power am Brandenburger TorPower for Peace, Power for Unity - Sprüche eines Energiekonzerns. 5

Eine starke Sprachfraktion im Deutschen BundestagAktion Wahlprüfsteine: Sprachfreundliche Abgeordnete quer durch alle Parteien. 6

Feierlicher Moment: Eberhard Schöck überreicht Ludmila Putina, der Gattin des russischen Präsi-denten, den Jacob-Grimm-Preis. Dank ihres Enga-gements lernen inzwischen über vier Millionen Kinder und Jugendliche in Russland Deutsch.

s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . DEZEMBER 2002 . NR. 42 sprache und politik.

„Der VDS will eine reine deutsche Sprache“

Diese Unterstellung dient dazu, uns als pedantische Saubermänner schlechtzuma-chen.

Die Vorstellung von einer reinen Sprache geht auf den Ausdruck sermo purus zurück. Damit bezeichneten die Römer ein von griechischen Entlehnun-gen freies Latein. Im 17. Jahr-hundert wurde in Deutschland gefordert, man solle sich „der besten Aussprache im Reden und der reinlichsten und deutlichsten Art im Schreiben befl eißigen.“

Wir halten es mit den Franzo-sen, die dem Grundsatz folgen: Ni laxisme, ni purisme - Weder Laxheit, noch Purismus. Wir wollen kein „reines“ Deutsch. Wir wollen jedoch die Flut überfl üssiger englischer Wörter zurückdrängen.

Einige englische Ausdrücke wie Laser, Jeans, Computer, dopen, surfen, Team, Stress, Internet tole-rieren wir, wenn sie international

sind und sich in das Laut- und Formensystem der deutschen Sprache einordnen lassen.

Die Zahl dieser englischen oder amerikanischen Anleihen sollte aber möglichst niedrig gehalten werden.

„Die Jugend spricht eng-lisch: Also spricht auch nichts gegen Denglisch!“

Dieses Vorurteil stellt die englische Sprache auf die glei-che Stufe wie die Halbsprache Denglisch. Es soll das Übermaß angloamerikanischer Brocken im heutigen Deutsch erklären - und verklären. Ihm zufolge halten diese fremden Brocken unsere Sprache so jung wie das ver-meintlich ewig junge Angloame-rikanische und belegen angeblich ihre „natürliche“ Entwicklung.

Sprachpanscher beschwören in diesem Zusammenhang gerne Bilder von Leben, Jugend und Entwicklung. Das haben sie auch nötig, denn ohne ihre anglo-manen Eingriffe in den leben-

digen Sprachgebrauch sähen diese Berufsjugendlichen und ihr Denglisch bald hoffnungslos alt aus. Deshalb lesen sie den Jugendlichen jedes englische Wort von den Lippen ab. Sie erpanschen sogar - eigens für sie - scheinenglische Wörter und jubeln sie ihnen als die neuesten Trendwörter unter, ohne die man nicht in sei.

Junge Leute, meint der Verein Deutsche Sprache, mögen gerne sprachlich experimentieren - sei es zur Abgrenzung von den Erwachsenen, sei es, um vor ihnen in der Zukunft anzukom-men. Niemand kann oder will sie daran hindern. Ein stabiles sprachliches Umfeld könnte davon sogar profi tieren.

Das ist heute allerdings nicht stabil. Berufsjugendliche (Groß-) Sprecher bringen es durcheinan-der. Sie verwechseln Panschen mit Experimentieren. Vielleicht hoffen sie auch, jugendlicher zu erscheinen als die Jugend selbst.

der vorsitzende meint

Liebe Sprach-freunde,ein Jahr geht zu Ende. Das fünfte seit Bestehen des Vereins. Am 30. Oktober 1997 haben sich sieben Sprachfreude in meinem Büro im Mathematikgebäude der Universität Dortmund getroffen und den Verein Deutsche Sprache gegründet (Damals noch „Verein zur Wahrung der deutschen Sprache“).

Aus diesen sieben sind heute mehr als zwei mal 7000 Sprachfreunde gewor-den.

Bitte helfen Sie, daß wir auch in Zukunft weiter wachsen. Wie schon in den letzten Heften fi nden Sie auch in dieser Ausgabe der Sprachnachrichten wieder ein Beitrittsformu-

lar. Bitte kopieren, ver-teilen, Sprachfreunde zum Beitreten bewegen! Allein durch Jammern wird die deutsche Sprache nicht genesen. Zumindest ein Familienmitglied müßte jeder im VDS doch ohne große Mühe einwerben können. Das kostet weni-ger als 3 Euro im Jahr und würde uns dem „Projekt 26.000“ schon sehr viel näher bringen. Also bitte gleich jetzt das Blatt ausfüllen und von Mutter, Vater, Schwester, Bruder, Sohn oder Tochter unter-schreiben lassen.

Jetzt, da die Sprachverhun-zerfront republikweit zu wackeln anfängt, dürfen wir nicht aufhören zu attackieren. Denglisch ist die Sprache der Verlierer, Denglisch steht für Zweit-

klassigkeit und Inkompe-tenz, wer nichts zu sagen hat, sagt es auf Denglisch - diese Botschaft sollten wir im nächsten Jahr auch im Kopf des letzten Werbe-fuzzis fest verankern.

Ihr 1. Vorsitzender

Prof. Dr. Walter Krämer

Wir widerlegen Vorurteile

Argumente für Deutsch

Es gibt mehrere Gründe, weshalb ich vor kurzem dem VDS beigetreten bin. Ohne die Bekanntschaft mit Hermann Dieter zum Beispiel hätte ich gar nicht von der Existenz dieses Vereins erfahren. Er hat uns gewissermaßen miteinander bekannt gemacht.

Selbstverständlich bin ich nicht aus Langeweile Mitglied geworden. Ausschlag-gebend war zum Beispiel die Sprache an meiner Schule. Dort herrschte der Tyrann Anakoluth (logischer Bruch im Satzbau, Red.). Leider tut er das auch heute noch. Anglizismen benutzte ich bis vor nicht allzu langer Zeit noch selbst, allerdings

nicht in dem Maß, wie es mich bei anderen manchmal ärgerte. Mein Gebrauch dieser Anglizismen - ich nenne sie eigentlich lieber „US-Amerikanismen“ - verringerte sich alsbald aber fast auf Null.

Sprachlosigkeit bei all den Fehlern, die ich bei Mitmenschen und auf Plakaten, im Fernsehen und woanders entdeckte, war ein Beweggrund für mich. Auch Entrüstung, die sich aber oft in Belustigung verwandelte. Das wirkte entspannend. Ohne Entspannung würde nämlich auch mein Spaß an der Sache verschwinden.

Im VDS hoffe ich, die Unterstützung von Gleichgesinnten zu finden, um der Sprachverwahrlosung Einhalt zu gebieten und um über Probleme zu diskutieren, wenn ich mein Deutsch verbessern will. Ich will also Leute treffen, mit denen ich mich, was mein Sprachinteresse angeht, identifi zieren kann. Und da ich solche Leute meines Erhoffens im VDS treffe, bin ich Mitglied geworden.

Rufus Pfützner ist 16 Jahre alt und besucht das Romain-Rolland-Gymnasium in Dresden.

Lesen Sie auf Seite 8 den Sprachtest von Einkaufsmarkt-Prospekten, geschrieben von Rufus Pfützner.

Warum ich VDS-Mitglied wurde

Rufu

s Pfü

tzner

(16)

»Mein Gebrauch von US-Amerikanismen ver-ringerte sich alsbald fast auf null.« Rufus Pfützner

s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 4 . DEZEMBER 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 3meinung.

Wer sich bei einem Aufenthalt in den Vereinigten Staaten eine Erfrischung verschaffen möchte, stößt vor vielen Schwimmbecken auf ein großes Schild mit dem Wort „OOL“. Um die Bedeu-tung dieser Aufforderung zu verstehen, muß man die englische Sprache, besser noch deren amerikanische Variante, schon ganz gut draufhaben, denn es gilt um die Ecke zu denken. Wer versteht‘s? Es wird schlicht und einfach darum gebeten, kein pee, zu Deutsch Pipi, ins Bassin zu machen, den pool also ohne P (engl. Pi) als „ool“ zu hinterlassen. Diese Bitte wird auf höchst subtile, pfi ffi ge und alles andere als unanständige Art formuliert. Witzig!

Darauf verstehen sich die Amerikaner, mehr noch als die Briten, zur Perfektion. Und sie lieben solche Scherzchen. Wofür stehen die drei Buchstaben XYZ in einer Herrentoilette? eXamine Your Zipper - ist der Reißverschluß auch dicht? Die Amis kapieren dergleichen annähernd instinktiv. Was ist ein L7, eine Art Zep-pelin? Nein, die Zeichenfolge, namentlich als digitale Anzeige, ergibt ein Quadrat. Jenes ist auf Englisch ein square. Und was ist dasselbe wiederum im US-Slang?

Ein Spießer, ein Betonkopf, von denen es, ganz im Gegensatz zu hiesigen Vor-stellungen, in Amerika jede Menge gibt. Oder: was ist ein gofer? Es handelt sich um einen Bürogehilfen, den man ausschickt, um Kaffee oder anderes zu holen (to go for). Weil das Wort klanggleich mit gopher, einer Art Murmeltier ist, gewinnt es enorm an Witzgehalt. Selbst Hemd-aufdrucke sind oft klug ersonnen, zum Beispiel „Thou shalt not Stihl!“ - das 8. Gebot der Ökologen, das den deutschen Kettensägenfabrikanten Stihl aufs Korn nimmt.

Dagegen sind hiesige Klamotten dieser Art, oft nur hier abgeladen, weil sie Druckfehler enthalten, mitunter ausge-sprochen doof. Egal, versteht ja eh nie-

mand. Hauptsache, es sieht englisch und somit weltgewandt aus. Im Bewußtsein, eine furchtbar spießige Existenz zu führen, schmücken Spießer sich damit, um ihrer Umgebung zu beweisen, daß sie keine Spießer sind - was übrigens für den gesamten Denglisch-Komplex zutrifft.

Aber können wir über so etwas lachen? Und was machen solche Beispiele ausge-rechnet in dieser Zeitung, dem „Organ“ des Vereins Deutsche Sprache? Nun - wir, das heißt jene, die sich auf die Beherrschung der fremden Sprache verstehen, werden die vokabularischen Kunststückchen gerne anerkennend mitbeschmunzeln, ohne gleich die marktübliche Untertanengesinnung an den Tag zu legen. Denn sie sind ja gekonnt, verraten Humor und Intelli-genz.

Doch wir wollen dort schmunzeln, wo die Sprache zu Hause ist. Nicht hier, wo man uns mit allesamt mißlungenen Nachahmungen dieser Kunststückchen zu traktieren versucht. Die amerikanische Werbung tut sich mit spezieller Raffi nesse hervor, und die Amis fahren bereitwillig darauf ab. Sie spüren, daß sich da

jemand Mühe gegeben hat, sein Produkt anzu-preisen, und sie hono-rieren das per Kaufre-fl ex. Wow - das möchten unsere Werbefuzzis auch können! Auf Englisch, versteht sich. Können sie aber nicht. Nicht die Spur.

Vielleicht würde man ja mal ein Auge zudrücken, wenn etwas Hübsches,

Gelungenes, wirklich Witziges dabei herauskäme. Zumindest eine winzige hiesige Minderheit hätte dann etwas zu lachen. Gar nicht dran zu denken. Das im Angebot Befindliche ist durch die Bank nicht nur saublöd, es ist großenteils auch falsch. Ein anglophoner Mensch wüßte gar nichts damit anzufangen. Und das trifft nicht nur auf alberne Wortschöpfungen wie Service Point und McClean zu, die stets erneut zur Wahl des ersten Sprachverhunzers rufen.

Auch in führenden deutschen Peri-odika wird alles Englische - einen Satz in direkter Rede oder ein erklärendes Beispiel läßt man sich ja mal gefallen - so beharrlich falsch orthographiert, daß sich bei Sachkennern alsbald der

Eindruck verfestigt: Die packen‘s nicht. Die haben‘s nie gelernt. Whow, looser, You, german, english, american, kid‘s - endlos vieles mehr, alles falsch, immer wieder nachzulesen. Selbst ein Bericht über den VDS im Stern bleibt von diesem Leiden nicht verschont. Man will witzig sein und bringt im entsprechenden Überschwang ein englisches Wort ein, nämlich einen Bookholder. Das soll „Buchhalter“ heißen, aber der Witz verpufft, weil bookkeeper korrekt wäre. Den mal im Wörterbuch nachzuschlagen, war man sich wohl zu fein.

Die ganze Werbebranche fühlt offen-bar, daß sie, wenn sie schon ihre Weis-heiten, schlimm genug, auf Englisch verzapft, das nicht nötig hätte. Wieso könnten sonst die Kölner Stadtversorger mit dem Wort colon auf sich aufmerksam machen, das auf Deutsch „Dickdarm“ heißt? Warum findet man in hiesigen Märkten ein Knusperzeug namens Corny, das sich schlicht als „blöd“ (auf Deutsch: uncool) übersetzt? Und so weiter und so fort.

Bei kompletten Sätzen wird‘s dann fürchterlich. Immer aufs Neue, ad nau-

seam, liest man den Spruch des Humphrey Bogart: „Ich seh‘ dir in die Augen, Kleines!“ Übertragen von: „Here‘s looking at you, kid!“ Zu Deutsch: „Na, dann prost!“

Oder wie wär‘s mit diesem Werbe-spruch einer Computerfi rma: We have a head for e-business. Das soll wohl so etwas heißen wie: „Wir haben den richtigen Kopf für das elektronische Geschäft.“ Aber es bedeutet etwas ganz anderes. So, wie er da steht, sagt der Satz einem Ami oder Tommy überhaupt nichts. Der Angesprochene wird sich jedoch auf eine andere Bedeutung des Wortes head besinnen, nämlich ein Klo. Und dann dämmert‘s ihm. Da kann man nämlich die tollen E-Ideen reinkippen und dem Neuen Markt hinterherspülen.

Aber bitte nicht meine. Ich möchte einem deutschen Parfümhersteller einen hübschen Markennamen andienen, den ich selbst erdacht habe und der, weil sowohl englisch als auch organisch, voll dem Zug der Zeit entspricht. Erwählt habe ich das englische Wort für „Gin-ster“: Furze. Jil Sander, denk‘ ich mal, würde sich bestimmt dafür begeistern.

Von Roland Hanewald

Roland Hanewald ist Ehrenmitglied des VDS und von Anbeginn mit dabei. Über 40 Bücher hat der polyglotte Schriftsteller verfaßt (darunter „Spaß mit Sprachen“ und das Buch „More American Slang, noch mehr Englisch Amerikas“) und ist zudem für Zeitschrif-ten und Verlage in mehr als 30 Ländern tätig. Der 60jährige Autor hat seine Sprachen, ein gutes Dut-zend, im Griff und vermischt deshalb nicht - es sei denn mit gewollter Ironie - Deutsch und Englisch zu Denglisch. Hanewald wohnt in der Nähe von Neuen-burg in der Friesischen Wehde.

Willkommen im »OOL«

s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . DEZEMBER 2002 . NR. 44 meinung.

Das „Christival“ in Kassel: Das Programmheft wim-melte von englischen Ausdrücken.

In kaum einem anderen Bereich außer der Werbung ist das deutsch-englische Kauderwelsch, auch Denglisch genannt, so verbreitet wie bei Evangelikalen. Auch im Programmheft des größten christli-chen Jugendkongresses in Deutschland, dem Christival, wimmelte es von eng-lischen Bezeichnungen. Zuviel oder angemessen?

Beim größten christlichen Jugend-kongreß Christival vom 2. bis 6. Oktober in Kassel gab es kaum eine Veranstaltung, die nicht auf Englisch bezeichnet wurde, von der Jesus Dance Xperience bis zu Jesus inside.

Message statt PredigtDoch auch sonst greift diese deutsche

Krankheit stark um sich: Da wird die Predigt zur Message, der Gästegottesdienst zum GoSpecial, da lädt der Pastor den Gemeindenachwuchs mit den Worten ein: „Hallo Kids, kommt zum Sing und

Pray!“ - vom allgegenwärtigen Worship ganz zu schweigen. Kaum ein Jugend-kreis, der nicht als Crossroads oder Upstairs fi rmiert.

Eine Jugendgruppe im norddeutschen Elmshorn nannte sich gar Message Tribe und erklärte: „Der Name stammt eigent-lich von einer der populärsten englischen Hip-Hop-Formationen: „World Wide Message Tribe“ - „So verstehen wir uns auch: Teens von heute mit einem starken Sinn in ihrem Leben: Jesus. Er verdient es, daß man ihn worldwide zur Message macht.“ Ob diese Sprache gerade in der christlichen Jugendarbeit hilfreich ist, darf bezweifelt werden. Denn alles, was man nicht in seiner Muttersprache ausspricht, bleibt auf Distanz. Eine Distanz zum Glauben an Jesus Christus? Verbreitet sind die englischen Begriffe auch in der Schweiz. Das bekannteste Nachrichtenmagazin hat dort bereits Maßstäbe gesetzt: Es nennt sich Facts.

Ein Missionswerk suchte kürzlich den Leiter der Swiss Sendingbase.

Der Widerstand gegen eine Mischspra-che aus Deutsch und Englisch wächst: Die Mehrheit ist dagegen. Viele, die kein Englisch können oder den Sprach-Mischmasch schlicht für peinlich halten - Jüngere und Ältere -, machen gute Miene zum bösen Spiel aus lauter Angst, sie könnten als unmodern oder gar deutschtümelnd abgestempelt werden. Doch immer mehr wehren sich auch. Tatsächlich ist eine Mehrheit der Deut-schen gegen den Englisch-Trend. 58 % sind laut Umfrage des Focus gegen die Anglizismenfl ut, in den neuen Bundesländern sogar 70 %. Der Wider-stand wächst: Der Verein Deutsche Sprache um den Dortmunder Stati-stik-Professor Walter Krämer, der sich ausdrücklich gegen die Denglisch-Flut wendet, kann sich vor Mitgliedsanträgen kaum retten.

Arbeitskreis „Klares Deutsch in der kirchlichen Arbeit“

Erst 1997 gegründet, zählt der Verein bereits 14.000 Mitglieder. Eine eigene Arbeitsgruppe kümmert sich um „Klares Deutsch im kirchlichen Bereich“. Immer mehr Politiker distanzieren sich vom Denglisch, wie Bundespräsident Rau, der gar vor einer Spaltung der Gesellschaft warnte, oder die stellvertretende SPD-Vorsitzende, Renate Schmidt, die die Anglizismenfl ut auf gut bayerisch „depp-bescheuert“ nannte.

Auch viele Journalisten werden überdrüssig. Die Stuttgarter Zeitung (Aufl age 215.000 Exemplare), eine der angesehensten Regionalzeitungen, sagte dem Kauderwelsch den Kampf an. Zum „Tag der Deutschen Sprache“ am 14. September erschien sie „ganz auf deutsch“. Denglisch will sie künftig verbannen.

Eckhard Nickig, idea-Spektrum

Christliches KauderwelschVon der »Jesus Dance Xperience« bis zu »Jesus inside«

Ein Schiff hat einen Heimathafen. Da ist es registriert. Ein zu seiner Zeit bekannter Fußballspieler, der 1974 Weltmeister wurde, sagte einmal, Köln sei seine Heimat. Da ist er geboren und aufge-

wachsen. Auch wenn die ganze Welt ihn als berühmten Fußballer kennt, bleibt die Stadt und die Gegend sein Zuhause. Die Leute dort und ihre Sprache sind ihm vertraut. Er ist mit ihnen durch

Erinnerungen und Gefühle verbunden.Gegen dieses unbefangene Verständnis

von Heimat hat der amerikanische Netz-dienstleister America Online Einwände. Wer Heimat schreibt und dazu das Recht-schreib-Überprüfungsprogramm von AOL benutzt, erhält die folgende Aus-kunft: „Nicht im Wörterbuch: Heimat. Fehlermeldung. Gefühlsgeladener (sic !) Ausdruck. Schreiben Sie den Satz um.

Negativ belastete Ausdrücke, besonders solche, die mit Faschismus und Krieg assoziiert werden, sind in förmlichen Schriftstücken unangebracht. Sie könnten falsch ausgelegt werden.“ Was hat Ame-rica Online an Heimat auszusetzen? Die Firma sollte sich schleunigst um Programmentwickler bemühen, die Deutsch können. Oder wünschen sie, daß Heimat durch home ersetzt wird?

Ist »Heimat« ein faschistischer Begriff?

s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 4 . DEZEMBER 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 5meinung.

Herrlicher Sonnenschein in Berlin. Noch ein paar Stunden, bis das Brandenburger Tor enthüllt wird. Jahrelang war es den Blicken verborgen. Renovierung, so hieß es. Und die Leute, die dort Werbefl ächen vermieteten, so munkelte man, verdienten sich eine goldene Nase.

In den letzten Minuten, bevor die Hüllen fallen, schaut man sich noch einmal die Werbung an. Eines Energie-Konzerns. Power for peace kann man da lesen. Power for unity. Power for understanding. Am Tag der Deutschen Einheit.

Das Brandenburger Tor ist eines der ganz wenigen nationalen Symbole dieses Landes. Schön, daß es ein Tor ist und keine Mauer mehr. Aber voll Entsetzen fragt man sich, was wohl in die Leute fährt, die dieses Tor mit Sprüchen in einer Sprache garnieren, die zwar unangefochten die Weltsprache Nummer eins ist. Aber nicht die Sprache dieses Landes.

Was fährt in Leute, in verantwortliche Leute, die angesichts der PISA-Studie die mangelnde Kenntnis der eigenen Spra-che als Quelle allen Übels ausmachen?

Und dann ausgerechnet am nationalen Feiertag dieses Landes das wichtigste Symbol mit Sprüchen in einer anderen Sprache verunzieren. Eine Sprache, in der sich zwar viele gebrochen, aber

wenige fl ießend verständigen können. Und dann beklagt man den miserablen Kenntnisstand der Schüler?

Es sei doch kleinkariert, sich über sowas aufzuregen. Aber dann soll man sich auch nicht wegen PISA erhitzen. Mangelnde Weltoffenheit, die sich in der Kritik an diesem Sprach-Desaster zeigt? Man stelle sich doch bitte vor, der Arc de Triomphe in Paris, die Nelson-Säule

auf dem Trafalgar Square in London, die Freiheitsstatue in New York würden mit Werbeaussagen in einer anderen Sprache versehen. In einer Sprache, die nur von einem Bruchteil der Bevölkerung richtig verstanden wird. Eine absurde Idee: In selbstbewußten Ländern wäre so etwas kaum möglich.

Es ist ja auch kein Zeichen von Welt-offenheit, so zu handeln. Sondern von schierer Dummheit. Voraussetzung von Weltoffenheit ist erstmal die Kenntnis der eigenen Kultur, der eigenen Geschichte, der eigenen Sprache. Erst wer die kennt, ist neugierig auf andere Kulturen. Wird sich ernsthaft und bewußt mit denen auseinandersetzen können.

Die Sprüche am Brandenburger Tor hingegen sind Zeichen einer erschreckenden Gedankenlosigkeit, einer Oberflächlichkeit, die nur eins sagt: Ich nehme weder mich selbst ernst geschweige denn irgend jemand anders. Ich plansche im flachen Wasser der Ahnungslosigkeit. Und ich scheue auch nicht davor zurück, die zu veralbern, die es mit der eigenen Kultur, der eigenen

Sprache, der eigenen Vergangenheit ernst meinen.

Alle führenden Politiker dieses Landes hatten sich ja vor diesem Tor mit seinen unsäglichen Texten versammelt. Ein Wort der Kritik? Fehlanzeige! Dazu sind sie nun einmal zu feige, selbst zu dumm, zu oberfl ächlich. Sie werden uns wieder Klagelieder singen über die mangelnde Fähigkeit einer wachsenden Zahl von jungen Menschen in diesem Land, die mit ihrer Muttersprache nichts anfangen können.

Doppelt schlimm: Auch mit anderen Sprachen können sie nichts anfangen. Und der Staat demonstriert ihnen sozu-sagen an prominentester Stelle, daß er das noch billigt. Wohlwollend unterstützt. Es war zwar kein schönes Zeichen, das da über die Bildschirme in Millionen Haushalte ausgestrahlt wurde. Aber dafür sehr aussagestark. Unsere Sprache ist uns, der politischen „Elite“, piep-egal. Die soll sich dann auch nicht darüber wundern, daß dieser Staat den Bürgern piep-egal ist.

Klaus Becker, Extra Tip Kassel

»Die Sprüche am Brandenburger Tor sind Zeichen einer erschreckenden Gedankenlosigkeit.« Klaus Becker

Power for Peace, Power for Unity - ein Energiekonzern schmückte das Brandenburger Tor mit englischen Sprüchen

Dummen-Power

Feierliche Enthüllung: Modeschöpfer Willi Bogner zog den

gigantischen Reißverschluss am 3. Oktober 2002 herunter und befreite

das runderneuerte Brandenburger Tor von seinem peinlichen Gewand

mit den englischen Sprüchen.

s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . DEZEMBER 2002 . NR. 46 sprache und politik.

Der Arbeitskreis „Kandidatenbefragung“ hat vor der Wahl Bewerber für den 15. Deutschen Bundestag befragt. Das Ergeb-nis macht Freude.

Genau 255 Kandidatinnen und Kan-didaten beantworteten unsere Fragen zur Bundestagswahl. Bei ca. 570 Empfängern entspricht das einer Antwortquote von fast 45%. Neulinge und alte Hasen sind dabei, die blutjunge Anna Lührmann (B90/Grüne) ebenso wie Wolfgang Thierse (SPD), Erika Steinbach (CDU/CSU), Eckardt Barthel (SPD) oder Dieter Thomae (FDP). Auch die Einzelkämpferin Petra Pau (PDS) hat uns geantwortet.

Durch die Summierung von „richtigen“ Antworten, d. h. sol-chen, die unseren Erwartungen entsprachen, konnten bis zu 6 Pluspunkte erworben werden. Im 15. Deutschen Bundestag sitzen 119 Abgeordnete, die unsere Fragen beantwortet haben. Die Umfrage macht ferner deutlich, wie die „Sprachfraktion“ im neuen Bundestag zusammengesetzt ist. Alle Fraktionen haben zumindest einige „sprachfreundliche“, SPD und vor allem die CDU sogar mehrere „sehr sprachfreundliche“ Kandidaten aufzu-bieten. Quer durch alle Parteien sind das mindestens 82 von 119 Köpfen ! Würde man dieses Verhältnis auf den gesamten Bundestag übertragen, so bestünde dort eine satte Zweidrittelmehrheit zugunsten einer aktiven Politik für unsere Landes- und Muttersprache. Besonders aufschlußreich ist die Aufschlüsselung

der Antworten nach Einzelfragen:- Fast ausnahmslos wird Deutsch bis

zum Abitur (mit Zentralprüfung) als Pfl ichtfach befürwortet.

- Allen Unkenrufen zum Trotz steht auch ein gesetzlicher sprachlicher Ver-

braucherschutz auf der Wunschliste von über 70 Mitgliedern der sprachfreundli-chen Gruppe.

- Fast ebenso viele derer, die uns geant-wortet haben und nun im Bundestag Sprachpolitik machen können, sind für eine Stützung der Wissenschaftssprache Deutsch im Inland (62,5/119).

- Einen Sprachrat wollen sie aber nicht einsetzen, sondern statt dessen (83,5/119) die bereits bestehenden zentralen Einrichtungen der Sprachpfl ege stärken.

- Positiv überraschend dagegen die starke Mehrheit (75/119) zugunsten einer Stärkung der deutschen Sprache in der EU, selbst neben bis zu 5 weite-

ren Arbeitssprachen - einschließlich Polnisch.

(6) Für mich besonders erstaunlich: Über die Hälfte der Antwortenden sprechen sich für mehr Sprachloyalität aus - manche nennen es auch „Liebe

zur Muttersprache“ - und befürworten „Leitlinien guter sprachlicher Praxis“, die für die Sprachbenutzer eine gewisse Verbindlichkeit haben. Diese Antwort kam aus allen Parteien.

Es liegt jetzt am VDS, dieses in großen Teilen ermutigende Ergebnis bekannt zu machen und in aktive Sprachpolitik umzumünzen. Zum Beispiel hat der Unmut in der angewandten Wissenschaft über den aufgezwungenen Verzicht auf die Muttersprache offenbar eine parlamentarische Entsprechung. Die Staatsministerin für Kultur und Medien, die Wissenschaftspolitiker der Länder, die Wissenschaftsorganisationen, die GfdS und das Institut für Deutsche

Sprache könnten das Umfrageergebnis nun aufgreifen und nutzen. Vorerst beherrscht Verzagtheit dort das Feld. Ähnliches gilt für die Stärkung von Deutsch in der EU und den Verbrau-cherschutz in sprachlicher Hinsicht. Der

Arbeitskreis „Kandidatenbefragung“ des VDS bleibt am Ball. Wir sind dabei, für die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen weitere Wahlprüfsteine auszuarbeiten. Abgestimmt auf die erhaltenen Antworten werden wir ferner den 82 Mitgliedern der spachfreundlichen Gruppe des Bundestages weitere Fragen stellen und ihnen konkrete sprachpoliti-sche Vorschläge unterbreiten.

Am wichtigsten ist es aber, die Abge-ordneten, die auf unsere Fragen ein-gegangen sind, alle voneinander zu informieren.

Weitere Informationen auf den VDS-Netzseiten und bei mir.

Hermann H. Dieter, [email protected]

Eine starke SprachfraktionAktion Wahlprüfsteine: Sprachfreundliche Abgeordnete quer durch alle Parteien

Wolfgang Thierse (SPD) Anna Lührmann (Grüne) Erika Steinbach (CDU) Petra Pau (PDS)

Die Zeitschrift Focus hat im April 1999 die erste größere Umfage zur Anglisierung der deutschen Sprache durchgeführt. Rund 57 Prozent der Befragten sprachen sich damals gegen Denglisch aus. In den neuen Bundesländern waren es 70 Prozent. Seitdem ist die Meinung der Men-schen in Deutschland zur Ausbrei-tung von Denglisch vielfach erforscht worden. Die Ergebnisse machen Mut. Die Mißbilligung der den Bürgern aufgenötigten englischen Ausdrücke ist deutlich und erreicht Spitzenwerte von bis zu 98 Prozent. Diese beinahe

hundertprozentige Ablehnung wurde bei einer auf die Region Colditz in Sachsen begrenzten Umfrage der FDP erreicht. Wie einige andere Ergebnisse ist diese Zahl mit einer gewissen Zurückhaltung zu verwen-den. Nicht alle Umfragewerte wurden mit Hilfe strenger demoskopischer Verfahren ermittelt. Die Ablehnung einer anglisierten Muttersprache ist jedoch so deutlich, daß die folgenden Zahlen durchaus als starkes Argument gegen die Benutzer und Befürworter von Denglisch gebraucht werden können. Die Prozentwerte drücken

den Grad der Ablehnung von Eng-lisch oder Denglisch aus. Zum Teil sind es Mittelwerte. Ausführliche Angaben fi nden sich auf den Netz-seiten des VDS.

1. Stickel/Volz, Institut für Deut-sche Sprache, September 1999: 58 % (bundesweite Befragung). 2. Ludger Gawlitta, Oktober 2000: 61 % (Eng-lisch in der Werbung). 3. Lübecker Nachrichten: 4./5. März 2001: 76 % (Leserbriefe für Sprachgesetz). 4. Rheinzeitung Koblenz: 6./7. März 2001: 70 %. (Leserbriefe). 5. Werthe-bach, Berliner Innensenator, 17. 3. 2001: 76 % (für Sprachgesetz). 6. Kölner Express, 2. August 2001: 87 % (Telephonumfrage). 7. Haße/Fischer, Herbst 2001: 82 % (Umfrage zu Englisch in der Medizin). 8. ZDF, 7. Januar 2002: 66 % (Telephonumfrage

zu „Zent“ und „ßent“). 9. Mann-heimer Morgen, 22. und 26. März 2002: 77 % (Leserbriefe). 10. Neues Volksblatt, Linz, 19. April 2002: 70 %. 11. Bund der Steuerzahler, 31. Mai 2002: 80 %. 12. Vote online, 17. Juni 2002: 80 % (für Sprachge-setz, feindselige Kommentare wie „Scheißdeutschland“, „Nürnberger Gesetze lassen grüßen“). 13. Saarlän-discher Turnerbund, 12. Juli 2002: 87 %. 14. Stadt Köpenick, 23. Juli 2002: 95 %. 15. Märkische Oderzeitung, 15. September 2002: 93 % (84 % für „Stolz auf die eigene Sprache“). 16. Der Standard, Wien: 18. September 2002: 70 %. 17. Kress Report, 4. Oktober 2002: 69 % (für Verzicht auf Anglizismen in der Stuttgarter Zeitung).

Gerd Schrammen

Mehrheit gegen Englisch und Denglisch

s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 4 . DEZEMBER 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 7aus den regionen.

Im Januar dieses Jahres bot der Großmarkt Lidl in Papenburg Red Grape Juice an. Das Getränk hatte bis dahin „Roter Traubensaft“ geheißen. Ähnlich war aus dem Apfelsaft ein Apple Drink und der Pfirsichnektar zum Peach Nectar geworden. Auch andere Fruchtsaftkartons trugen auf beiden Schauseiten englische Namen mit englischen Ergänzungen. Zusammen mit Französisch, Polnisch, Türkisch und anderen Sprachen fri-stete Deutsch in kleiner Schrift auf den Schmalseiten der Packungen ein Mauerblümchendasein.

Der Herr von der Werbeabteilung des Hauses Lidl, bei dem ich die Flucht aus der deutschen Sprache beanstandet hatte, erklärte mir, daß es sich vermut-lich um überschüssige Kontingente von in England vertriebenen Getränken handele. Sie würden jetzt in Nord-deutschland verkauft. Er versprach, die Angelegenheit zu prüfen und mich bald zu benachrichtigen.

Drei Monate nach meiner Be-schwerde und erst nach einem Anruf bei der Lidl-Zentrale in Neckarsulm kam die schriftliche Erklärung. Höfl ich wurde mir mitgeteilt, man habe sich zu der Deklaration auf englisch ent-schlossen, da Lidl-Artikel inzwischen „in sehr vielen europäischen Ländern“ vertrieben würden und da Englisch als „internationale Sprache am geläufi gsten“ sei. Um Waren zu nied-rigen Preisen anbieten zu können,

sei das Discount-Filial-Unternehmen Lidl gezwungen, auf eine sprachlich aufwendige Gestaltung seiner Artikel zu verzichten.

Gleichsam als Linsengericht im Tausch gegen die Solidarität mit meiner Sprache und Kultur wurde mir gegen Vorlage des Schreibens in einer Lidl-Filiale ein Pfund Kaffee angebo-ten. Man hoffe, mich „weiterhin als geschätzten Kunden“ betrachten zu dürfen. Solange die massive Anglisie-rung des deutschen Lidl-Filialnetzes nicht rückgängig gemacht wird, hofft Lidl vergeblich.

Zum Glück sind die Mitbewerber Lidls nach meinen Beobachtungen sprachlich noch nicht so auf die schiefe Bahn geraten. Hier soll besonders Aldi erwähnt werden. Die Produkte von Aldi - ich greife den Fruchtsaft „Wesergarten“ heraus - sind qualitativ mindestens ebenso gut und dabei tadellos und sogar ausschließlich in unserer Landessprache beschriftet.

Das wichtigste Argument für einen angemessenen Platz unserer Sprache bei der Beschriftung von Waren ist aber wohl, daß die Deutschsprachigen in der Europäischen Union mit Abstand die größte Konsumentengruppe bilden. Daß es möglich ist, Kultur und Kom-merz in der wünschenswerten Weise miteinander zu versöhnen, zeigt die Beschriftung eines Tetrapacks, der in diesem Herbst in den Lidl-Filialen auf-tauchte. Auf der einen Schauseite wird

der Inhalt als „Apfelsaft. Naturbelassen schonend gekeltert / naturtrüb / ohne Zuckerzusatz / Fruchtsaftgehalt 100%“ angegeben. Auf der anderen lesen wir die englische Übersetzung: Apple Juice. Natural. Gently pressed / cloudy / no added sugar / Fruit Content 100 %.

Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Gegenwärtig drängt sich eher der Eindruck auf, daß Deutschland von Lidl wie eine afrika-nische Kolonie im 19. Jahrhundert behandelt wird. Wer von den hiesigen Eingeborenen kein Englisch versteht, soll sich - und das ist beileibe nicht nur bei den Getränken so - wie ein Analphabet von den bunten Bildern auf der Verpackung leiten lassen. Unsere Landessprache zählt bei den Konzernstrategen wenig, sie wird offensichtlich als lästiges Hindernis bei der schrankenlosen Vermarktung ihrer Erzeugnisse angesehen. Weiterer Verzicht auf Deutsch im Hause Lidl ist zu befürchten.

Für ihr verbraucherfeindliches Ver-halten hätte die Firma Lidl einen öffentichkeitswirksamen Protest ver-dient. Sie sollte als „Sprachhunzer“ an den Pranger gestellt werden. Auch eine telephonische Beschwerde wäre angebracht. Lidl lädt dazu ein: In jeder Filiale der Marktkette wird unter der Hotline 0800 / 43 53 361 der Lidl-Help‘n Service angepriesen.

Karsten Reichardt, Papenburg

Ideenreichtum beim Tag der Deutschen SpracheDer „Tag der deutschen Sprache“ ist auf dem besten Weg, ein öffentlichkeitswirksamer Renner zu werden. Neben der deutschen Presse haben auch Zeitungen in Österreich und der Schweiz darüber berichtet. Eine Anfrage kam aus St. Petersburg.

Erfreulich war der Ideenreichtum in den einzelnen Regionen. Die Gestaltung der Info-Stände, die Kleidung der Akti-ven, die Rahmenprogramme oder die Aktionen selbst waren vielfältig und bunt. Diese farbenfrohe Vielfalt hat dazu beigetragen, daß der „Tag der deutschen Sprache“ am 14. September 2002 ein großer Erfolg wurde. Der Dank gilt allen Teilnehmern für ihren Einsatz und ihre originellen Aktionen. Folgende Regionalleiter haben sich mit ihren Mitstreitern beteiligt: Peter Ambros, Alfred Bielefeld, Ursula Blanke, Gerd

Büntzly, Volkhard Fabisch, Dr. Kurt Gawlitta und Wolfgang Bock, Werner Gierlich, Hans-Georg Harms, Wolfgang Hildebrandt, Günter Hollmann, Rainer Kaduk und Kurt D. Wachsmuth, Eva-Maria Kieselbach, Dietmar Kinder, Dr. Dieter Kupsch und Dr. Siegfried Uhlig, Irene Liefl änder, Peter U. Limberg und Martin Koldau, Thomas Maass, Tobias Mindner, Dr. Hermann Neemann, Prof. Hans-Manfred Niedetzky, Hannelore Pirlich und Dr. Geert Teunis, Heiner Schäferhoff, Frank R. Schmidt, Dr. Helmut Schumacher, Dr. Gisela Spieß, Dr. Hans-Joachim Thelen, Diethold Tietz und Dr. Jost Waldschmidt.

Der Stuttgarter Regionalvorsitzende Dr. Helmut Schumacher konnte die Redaktion der Stuttgarter Zeitung dazu bewegen, in der Ausgabe vom 14. Sep-tember 2002 auf Anglizismen zu ver-

zichten. Das ist das schönste Ergebnis aller Aktionen zum „Tag der deutschen Sprache“. Die großen überregionalen Blätter haben darüber berichtet. Chefre-dakteur Peter Christ kündigte an, daß die Stuttgarter Zeitung auch künftig Anglizismen vermeiden werde.

Einen originellen Beitrag zum „Tag der deutschen Sprache“ lieferte Tobias Mindner aus Weimar, der aus einem Ultraleichtflugzeug Postkarten mit witzigen und provokanten Sprüchen und Zeichnungen über Arnstadt, Weimar und Erfurt abwarf. - In Berlin-Spandau

sorgten Dr. Kurt Gawlitta und Wolfgang Bock mit einer Luftballonaktion für Aufsehen. - Die Regionalvorsitzenden Ursula Blanke, Gerd Büntzly, Hannelore Pirlich, Dr. Dieter Kupsch und ihre Mitstreiter führten Mehrpunktveranstal-tungen durch. - Die gelungene Sonder-stempelaktion von Prof. Niedetzky führte zu einer lebhaften Nachfrage von Leuten außerhalb des VDS.

Übereinstimmende Meinung der Beteiligten: Der „Tag der deutschen Sprache“ war ein großartiger Tag und ein voller Erfolg. H.-D. Dey

Wehret den Anfängen: Lidl macht Kunden zu Analphabeten

Rüge für Lidl, Lob für Aldi

Hitzige Diskussion: VDS-Mitglieder im Gespräch mit dem Niedersächsischen Justiz-minister Prof. Dr. Christian Pfeiffer. Die Aktion von Hermann Neemann mit seiner Regionalgruppe 30 hatte Erfolg: Die neue Auskunfts- und Dienstleistungsstelle im Amtsgericht Hannover wird nicht Service Point heißen. Stattdessen wird in der Ein-gangshalle des Amtsgerichts ein „i“ für „Information“ angebracht. (Foto: Drescher)

Kein Denglisch im RathausIm Rathaus von Vechta halten die städtischen Bediensteten ein Mittagsschläfchen, das sie Power Napping nennen. Sie selbst betrachten sich als Power Napper. Für diesen sprachlichen Unfug hat der VDS sie im September 2001 als „Sprachhunzer“ an den Pran-ger gestellt. Die Stadt Delmenhorst will eine solche Anglisierung der Muttersprache nicht mitmachen. Ende September dieses Jahres ging von der Verwaltungsspitze eine Empfehlung an die kom-munalen Beschäftigten, im Schrift-verkehr mit dem Bürger möglichst keine englischen oder denglischen Modewörter zu verwenden. Im Rathaus waren Beschwerdebriefe eingegangen, in denen sprach-bewußte Bürger den Verzicht auf Anglizismen forderten und den Gebrauch einer korrekten deut-schen Sprache anmahnten. Mit ihrer Empfehlung will die Stadtver-waltung von Delmenhorst keine Deutschtümelei betreiben, sie möchte jedoch einen Beitrag lei-sten zu einem bewußteren Um-gang mit der eigenen Sprache.

Highway to hellVor kurzem erreichte uns eine Mit-gliederzuschrift: Das Holiday Inn beschreibt seine Anfahrt mit High-way statt Autobahn und gebraucht Exit statt Ausfahrt. Nicht in London oder New York - nein, von Stuttgart nach Karlsruhe. Ist das der High-way to hell? E.B.

meldungen

s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . DEZEMBER 2002 . NR. 48 sprechen sie denglisch?

Seit über 2 Jahren beschäftigt Dietmar Kinder, rühriger VDS-Vertreter in der Region 51, die Kölner Stadtoberen mit seiner Eingabe, die Stadt Köln in Cologne umzubenennen. Das ist natürlich nicht ernst gemeint. Aber durch die konsequente Fortsetzung des „Anglizis-menwahns“ wollte Kinder den kritischen Blick auf die Flut englischer Ausdrücke in den Kölner Amtsstuben lenken. Mit Ausnahme der Grünen war den meisten Politikern entgangen, daß da jemand mit ihnen einen Schabernack trieb, um eine ernste Sache voranzubringen.

Als der Beschwerdeausschuß im alten Kölner Rathaus den Antrag am 11. November 2002 behandelte, war das öffentliche Interesse groß und der Saal zu klein, um die vielen Zuhörer unterzu-bringen.

Bei der Behandlung des Themas ließen die Volksvertreter jede Souveränität ver-missen. Keine Spur vom sprichwörtlichen rheinischen Humor am Tag des Karne-valsbeginns. Stattdessen gab es verärgerte

Äußerungen wie „Zumutung“ oder „Zeitverschwendung“.

Dietmar Kinder lieferte reichlich Anschauungsmaterial und ließ sich auch

nicht von der herablassenden Art der Vorsitzenden beeindrucken: Cologne Container Coaches, Corporate Volunteering, Faircolon, Call Center, Be a Part of Cologne,

The City never sleeps und weiteres mehr zitierte Kinder aus der Giftküche der Sprachüberheblichkeit. Faircolon bedeutet übrigens „fairer Dickdarm“ und hat der Stadt am Rhein schon viel öffentliches Gelächter eingebracht.

Die Stadt Köln solle endlich damit aufhören, den Leuten durch die Hintertür die eigene Sprache abzugewöhnen. Durch die Verleugnung der eigenen Sprache werde niemand zum Weltbürger. Im Gegenteil: Denglisch ist provinziell und kleinkariert. Kinder hat der Stadt etliche Alternativvorschläge für englische oder denglische Bezeichnungen unter-breitet. Doch die Resonanz blieb aus.

Falls es aber die Absicht der Verwal-tung sei, erklärte Kinder mit genüßlichem Spott, den Bürgern die englische Sprache aufzuzwingen, dann möge sie das den Kölnern sagen. Englisch wird dann ab sofort verbindliche Sprache im Rathaus und in den Ratssitzungen. Und der OB heißt dann mayor.

Diese Aktion hat so hohe Wellen geschlagen, das sie z. Zt. vom Verband angelsächsischer Studenten in Deutsch-land für angelsächsische Zeitungen aufbereitet wird.

Heiner Schäferhoff

Köln heißt auch in Zukunft KölnVDS-Regionalleiter Dietmar Kinder mischt die Verwaltung der Domstadt kräftig auf

Mit diesem Beitrag setzen wir unsere Sprachtests fort. Die Werbesprache von Firmen der gleichen Branche wird beob-achtet und bewertet.

Getestet wurden zehn Prospekte von großen und kleinen Einkaufsmärkten in Dresden. Prospekte sollen letztendlich Kunden anlocken. Es wird sich zeigen, ob dies mit anglifi ziertem Gefasel ver-sucht wird oder ohne. Kriterien für die Aufnahme in den Test gab es keine, es wurden einfach einige Prospekte gesammelt und diese unter die Lupe genommen.

Die Prospekte der folgenden Geschäfte wurden geprüft: Aldi, Douglas, Esprit, Görtz 17, Karstadt, Peek & Cloppenburg, Saturn, Sinn Leffers, Wöhrl und Zara. Die Punkteverteilung ergab sich wie folgt. Ein Kriterium war sprachliche Gestaltung der Frontseite. Für die Ver-wendung überfl üssiger Anglizismen gab es Minuspunkte: Je unverständlicher, unpassender und protziger, umso mehr (1). Gute deutschsprachige Ideen wurden dagegen mit Pluspunkten honoriert (2). Genauso geprüft wurde die Sprachkunst auf den darauf folgenden Seiten.

Bei Ersetzung weit verbreiteter und beliebter Anglizismen (card, center, design, event, highlight, hotline, news,

online, service, shop, store, trend usw. durch passende und verständliche deut-sche Wörter gab es besonders viele Pluspunkte (3). In jeder dieser drei Kategorien wurde die Punktzahl berech-net und in eine Benotung von 0 bis 10 umgewandelt. Die Höchstpunktzahl war so auf 30 festgelegt.

Die Prospekte im oberen Drittel mit dem besten Sprachgebrauch waren als Werbeblätter nicht durchgehend überzeugend, glänzten jedoch durch angenehme Unterversorgung mit Angli-zismen. Andererseits boten die Themen der Sieger auch kaum Gelegenheiten, um dämlich daherzureden.

Im Mittelfeld steht der Großteil der Geprüften Schlange. Hier sicherte man seinen Rang nur durch den Ver-gleich mit dem Umfeld.

Allein das er-bärmliche letzte Drittel hob die schlechten mitt-leren Plätze etwas empor. Sprachli-che Besonnenheit

zeigte sich hier lediglich dadurch, daß es einen weniger stark schauderte. Im unteren Drittel hatte man den Ein-druck, daß die Werbetexter ihren eigenen Kram selbst nicht mehr verstehen. Auf schlimmste Weise und völlig sinnlos wurden viele deutsche Wörter hartnäckig durch englische ersetzt, welche das Ver-stehen der Texte sehr erschwerten. Auf die Muttersprache wurde hier keinerlei Rücksicht mehr genommen.

Das erste Drittel erreichten die Pro-spekte von Zara und Peek&Cloppenburg. Beide Prospekte hielten sich mit Engli-schem fast gänzlich zurück. Zwar bot die Kleidung von Peek&Cloppenburg „Handytaschen“ an, aber „Funktaschen“

oder „-telefontaschen“ hätten die Leser wohl eher verwirrt.

Das Mittelfeld erreichten Aldi, Görtz 17, Saturn, Wöhrl, Karstadt und Sinn Leffers. Modern sein wollende Anglizis-men wurden vielerorts verwendet, so daß man gerade noch die Sätze und Ellipsen verstehen konnte. Dabei erfand Saturn das Wort „Vorraussetzung“.

Die Schlußlichter bildeten Douglas und Esprit. Douglas schmerzte schon mit der immer wieder auftauchenden Douglas Card, den neuesten Trends aus der Beauty-Szene und erfand sogar die Serviceleistungen. Daß News auch online zu fi nden sind, konnte man sich dann auch schon vorher denken.

Aber gegen ein Prospekt war selbst das der Dougläser machtlos. Der Schrecken der Sprache hieß Esprit, dem es an sel-bigem in sprachlicher Hinsicht allerdings komplett fehlte. Das Prospekt über den Esprit-Club war eine Seuche. Ihm/Ihn konnte man for free joinen, man konnte den Online Shop besuchen, den Call Center Service nutzen, eine e*Club Card für die ganzen Stores bekommen um e*Points zu sammeln. Dieser Sprachbrei von Esprit war sehr fl üssig, ja, eigentlich überfl üssig.

Rufus Pfützner

Überflüssiger SprachbreiSprachtest: Rufus Pfützner hat sich Prospekte von Einkaufsmärkten angeschaut

„Anglizismenwahn“: Mit seinem Antrag auf Umbenennung der Stadt Köln in „Cologne“ sensibilisiert Dietmar Kinder (l.) viele gegen Denglisch.

ZARA

PEEK & CLOP-PENBURG

ALDI

SATURN

GÖRTZ 17

WÖHRL

KARSTADT

SINN LEFFERS

DOUGLAS

ESPRIT

FRONTSEITE

10

10

7

10

7

10

8

10

5

4

REST

9

8

7

4

5

4

4

2

4

2

SCHLAGWÖRTER

+5-0=5

+3-0=3

+1-1=0

+2-4=-2

+2-2=0

+1-4=-3

+2-4=-2

+0-6=-6

+1-4=-3

+0-5=-5

GESAMT

24

21

14

12

12

11

10

6

6

1

s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 4 . DEZEMBER 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 9aktionen.

Sprachliche Nachrüstung eines Kleinwagens: »smart news sind on the road again«

AM PRANGER: Kathrin Schüssler, Kundenbetreuung der smart-GmbH

Es heißt smart, na schön! Geworben wird in einem krampfi gen deutsch-englischen Kauderwelsch, daß der Motor stottert. Das Werbeheft heißt Shortcuts (deutsch: „Abkürzungen“) und weist den kürzesten Weg zum sprachlichen Blödsinn.

Die smart news locken on the road again und preisen das Roadster Feeling live beim Blind Ride mit dem Road jumper. Viel Smartware und Accessories gibt es mit Soft Touch-Schaltung, Runners Tools, Autobodies, Body Panels und Cubic Printing in den Farben Numeric Blue, Stream Green oder Scratch Black. Auch eine Menge Crossblade Events werden angekündigt, z. B. Models On Tour oder Urban Running hinter dem smart follow me car. Laut einer unklaren Auskunft im Smart webmove wird dieses Auto ausschließlich an Australier und

Iren verkauft. Deutsche können es nur erwerben, wenn sie mindestens 17 Semester in Oxford studiert haben.

Kathrin Schüssler, Customer Relationship Management smart-Infocenter Vorschlag: Günter Vith, ZülpichPostfach 201443, 80014 München

AM PRANGER: Dr. Roland Werner, Leiter der Veranstaltung Christival

Bei den Machern von Christival, einem kirchlichen Jugendfest, das im Oktober 2002 in Kassel stattfand, darf eine Menge Verachtung für die eigene deutsche Sprache vermutet werden. Im Programmheft werden unzählige events angekündigt. Zwischen Jesus fi rst und Jesus last gibt es: Taste of Heaven ... S-Points ... Praise Aerobic ... Sketchboard PAINTing ... Painting & Talk ... Money makes my world go around ? ... The day before you came ... Peppery Teens ... Boys only ... Girls only ... Best friends ... Let‘s talk about sex - „für“ girls ... Just do it ! ... Feel the power ... Discover your own gift ... Do you open doors ? ... Use events ... Passion for the world ... Future talk ... Laugh parade ... Surprise-

surprise ... Girls Planet - „ein Café für“ girls „mit“ Daily soaps ... Bibel Basics ... Chill out. „Als“ Short Termer „im Auftrag Jesu unterwegs“ ... The Jesus Flow ... Downtown - Jesus in the city ... Jesus Dance Xperience ... Jesus inside ... Jesus freaks international ... Jesus moves on ... Discover Jesus ... „Wir“ PAINT“en“ Jesus ...

Dr. Roland Werner, Leiter von Christival e. V.Im Druseltal 8, 34131 Kassel, Fax 0561/3087650

AM PRANGER: Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin

Am 3. Oktober 2002 wehen große Stoffbahnen über dem Brandenburger Tor. Darauf die Werbesprüche Power For Peace und Power For Unity. Am Tag der Deutschen Einheit ist das Werbung in englischer Sprache für ein schwedisches Energieunternehmen an einem bedeutungsvollen Ort der deutschen Geschichte. Für diese Würdelosigkeit und peinliche Entgleisung ist der Regierende Bürgermeister von Berlin verantwortlich. Er hält bei der Feier auch eine Rede in englischer Sprache und liefert damit einen weiteren Beweis sprachlicher Unterwürfi gkeit.

Klaus Wowereit, Regierender Bügermeister von BerlinRathaus, 10173 Berlin, Fax 030/90262013

Mißachtung der MutterspracheDer VDS bekommt viele Kopien von Protestbriefen. Es zeigt sich, daß die Mitglieder nur selten im vorgeschlagenen Monat an den Sprachhunzer schreiben. Vielfach werden die kritischen Zeilen nach dem Erhalt der Sprachnachrichten zeitgleich an alle 3 Sprachhunzer gesandt. Wir wollen das berücksichtigen und Ihnen in jeder Nummer der Vereinszeitung 3 Sprach-verderber nennen, an die Sie sofort schreiben können. Ihre kritischen Briefe sollen nicht mehr an einen bestimmten Monat gebunden sein, sondern die anglomanen Sprachbenut-zer bald nach dem Erscheinen der Sprachnachrichten errei-chen. Diese Regelung hat auch den Vorteil, daß wir der Aktualität weniger hinterherhin-ken. Im Vergleich zu früher wird die Frist zwischen Sprach-frevel und Protest kürzer - zumindest bei 2 der 3 vorge-stellten Sprachhunzer.Sie können das in den letzten Nummern der Sprachnachrich-ten vorgestellte Aktionspaket mit Einzelblättern für unter-schiedliche Formen des Protests benutzen. Die Zentrale ver-schickt es auf Wunsch.Wiederum danke ich für die vielen Kopien von kritischen Briefen, die Sie mir geschickt haben. Hinweise auf anglo-mane Schwätzer - mit ver-wertbaren Belegen - nehme ich wie stets gern entgegen: Gerd Schrammen, Mohnstieg 5, 37077 Göttingen, Fax 0551/2097285, e-Post [email protected]. G. S.

am pranger

Lerne Denglisch bei der evangelischen Kirche: »discover Jesus«

Trauerspiel am Brandenburger Tor: »power for peace, power for unity«

s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . DEZEMBER 2002 . NR. 410 aus dem verein.

Neue Aufgabenverteilung im VDS-Vorstand

Anstelle von Hermann Neemann ist Peter Ambros für die Arbeitsgruppen verantwortlich. Betreuer und Koordi-nator der Regionalgruppen ist nunmehr Diethold Tietz. Das wurde auf der Vorstandssitzung vom 20. Septem-ber 2002 einstimmig beschlossen. Gerd Schrammen gibt dieses Amt ab. Er über-nimmt Aufgaben von Walter Krämer im Bereich der Vereinsführung. Walter Krämer wird sich verstärkt um den Wissenschaftlichen Beirat, den Kulturpreis Deutsche Sprache und die Stiftung Deut-sche Sprache kümmern. Die Anschrift von Diethold Tietz: Jan-Skala-Straße 34, 02625 Bautzen, Telephon/Fax: 03591/24207, e-Post: [email protected]

Seminar zum Umgang mit SprachverderbernDer Verein Deutsche Sprache bietet ab Anfang Februar 2003 in mehr als 30 Volkshochschulen von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes das Blockseminar „Englisch statt Deutsch?“ an. Ein Vortrag des Dozenten und eine Reihe von Übungen werden dazu dienen, die empörende Verluderung der deutschen Sprache deut-lich zu machen. Je nach Verlauf der Veranstaltung und Interesse der Teilnehmer kann in Rollenspielen geübt werden, wie man sich gegen die aufgenötigten Angli-zismen wehrt. Das Seminar geht über 3 Zeitstunden. Auskunft über Orte und Termine gibt es unter der unten aufgeführten Rufnummer. Das Wohlwollen, mit dem das Vorhaben von den vielen Volkshochschulen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland aufgenommen wurde, macht uns Mut. Wir wollen die Veranstaltung auch in anderen Bundesländern anbie-ten. Dazu brauchen wir Dozenten - von Schleswig-Holstein bis Bayern, von Brandenburg bis Nordrhein-Westfalen. Wer bereit ist, das Blockseminar „Denglisch statt Deutsch ?“ an seiner örtlichen Volkshochschule durchzuführen, erhält Informationen und Unterlagen ebenfalls unter der nachstehend genannten Rufnum-mer. Für alle künftigen Leiter der Veranstaltung ist eine gründliche Unterweisung und Einarbeitung vorgesehen. Sie soll im Frühjahr 2003 in Dortmund stattfinden. Kontakt: Reinhold Beuthner, 0203/4796427.

Zeitungen zitieren aus SprachnachrichtenIm Berliner Tagesspiegel vom 13.11.2002 schrieb Bernd Matthies über Pleitefirmen mit „beknackten“ englischen Namen. „Da hilft kein cool down“ heißt die Überschrift seiner Glosse, in der er auch deng-lische Werbesprüche aufspießt. Wir lesen: „Martin Ammermüller von der Deutschen Angestellten-Kranken-kasse sagte: ,Wenn beim tuning für die schlanke Linie mit crunches, cross lift und side lift die richtige fun im Fett-out ausbricht oder der fatburn-Puls nach oben geht, hilft ein cool down.‘ Unter dem Titel „To matsch: Das Denglisch der Verlierer“ erscheint in der Frankfurter Rundschau vom 15.11.2002 ein Beitrag von Alexander Kluy. „Wer heute Arbeit sucht“, heißt es dort, „geht ins job center. Je nach business unit, gibt es dort ein case management nach master plan. An einem guten Tag erhält der Arbeitssuchende via quick-Vermittlung ein bridging mit key account-Betreuung. Ohne das entspre-chende Quäntchen Glück ist sein Schicksal besiegelt: Er wird zum job floater. Na denn. Have a nice day.“Matthies und Kluy kritisieren den Gebrauch alberner Anglizismen. Darüber freuen wir uns. Sie zitieren dabei wörtlich aus der im September 2002 erschienenen Nr. 3 der Sprachnachrichten, wo auf S. 9 die Sprachhunzer des Monats vorgestellt werden. Das erfreut uns noch mehr. Noch größer wäre unser Entzücken, wenn die beiden Journalisten nicht nur bei uns abgekupfert, son-dern auch unsere Zeitung als Quelle genannt hätten.

vereinsnachrichten

Am 30. November verstarb an den Folgen eines Unfalls unser Mitstreiter Dieter Prick. Er wurde 70 Jahre alt. Die meisten Mitglieder des VDS werden ihn nicht kennen, denn Dieter Prick war kein Freund der großen Worte und öffentlichen Auftritte. Desto entschlossener wirkte er für uns im Hintergrund. Unter anderem erhielt ich zweimal Post von ihm mit mehr als nennenswerten Spenden für den VDS.

Solange er lebte, verbat sich Dieter Prick jede öffentliche Anerkennung dieser Unterstützung. Diese hole ich hiermit nach.

In tiefer Dankbarkeit, Walter Krämer, 1. Vorsitzender des VDS.

Nachruf

Wir haben ihn im November als „Sprachhunzer“ kritisiert. Darauf-hin erreichte uns der folgende, höchst bemerkenswerte Brief.

Sehr geehrter Herr Dr. Schram-men,

für Ihr Schreiben vom 4. November 2002 danke ich Ihnen. Sie sprechen damit an, daß ich als verantwortliches Vorstandsmitglied der DAK für den „Sprachhunzer des Monats November 2002“ vom Verein Deutsche Sprache e.V. vorge-schlagen werde. Das erfreut mich nicht. Da die DAK sehr viele Texte zu unter-schiedlichen Themen und für unterschiedliche Perso-

nenkreise veröffentlicht, ist nicht feststellbar, auf welche Veröffentlichung sich dieser Vorschlag bezieht. Die DAK will mit jeder Veröffentlichung den jeweiligen Leserkreis gut ansprechen, weil sonst der damit verfolgte Zweck nicht erreicht wird. Auch ich bin der Ansicht, daß dieser Zweck nicht mit einer „verhunzten“ Sprache erreicht wird, indem zum Bei-spiel englische Begriffe unnötig in deutsche Sätze eingebaut werden, um diesen damit einen modernen Anstrich zu geben.

(...) Nach Durchsicht Ihrer Unterlagen bin ich der Ansicht, daß die Deutsche Angestellten-

Krankenkasse besser als bisher Ihr Anliegen der Pflege der deutschen Sprache unterstützen soll. Obwohl Sie sehr schroff geschrieben haben, wäre ich dennoch an der Auskunft inter-essiert, ob einer Mitgliedschaft meiner Person oder der DAK in Ihrem Verein etwas im Wege stünde.

Mit freundlichen GrüßenDr. Martin Ammermüller, Mit-glied des Vorstandes der DAK

Dr. Martin Ammermüller ist am 23. November 2002 dem VDS beigetreten. Wir freuen uns und heißen das neue Mitglied herz-lich willkommen.

Dr. Ammermüller tritt VDS bei

Region 38: Der Weg zu8000 Unterschriften16.03.01 Braunschweig Vortrag in der „Brücke“27.06.01 Wolfenbüttel Stand am Kornmarkt28.07.01 Gifhorn Stand in der Fußgängerzone17.08.01 Goslar Stand an der Jakobikirche18.09.01 Salzgitter Stand auf dem Wochenmarkt26.09.01 Braunschweig Stand auf dem Kohlmarkt13.10.01 Braunschweig Stand auf dem Burgplatz15.12.01 Wolfsburg Stand im Nordkopf-Center26.01.02 Helmstedt Stand in der Marktpassage20.02.02 Braunschweig Stand bei real,-: 5000. Unterschrift02.03.02 Halberstadt Stand in der Rathauspassage20.04.02 Wernigerode Stand in der Altstadtpassage: 550008.05.02 Braunschweig Gast der Braunschweiger Zeitung: 600001.07.02 6500. Unterschrift01.08.02 7000. Unterschrift14.09.02 T. d. dt Sprache 7500. Unterschrift08.12.02 Braunschweig Weihnachtsmarkt: 8000. Unterschrift

Leitspruch für den Verein gesuchtLiebes VDS-Mitglied, wie Sie sicher schon gemerkt haben, fehlt dem VDS noch ein einheitlicher Leit- oder Werbespruch, der zusammen mit dem VDS-Logo auf unserem Briefpapier und auf unseren Werbematerialien prangen könnte. Deshalb macht sich der Vorstand jetzt auf Ideen-Suche. Fällt Ihnen ein Spruch ein? Wenn ja, dann teilen Sie mir Ihre Idee bitte per e-Post ([email protected]) oder via Fax (02242-7359) mit. Ich sammle alle Spruch-Ideen, damit möglichst schnell eine Aus-wahl getroffen werden kann. Für alle Vorschläge gilt: Sie sollten möglichst kurz sein sowie Alt und Jung gleichermaßen ansprechen. Auf Ihre Vorschläge freut sich Ihr Björn Akstinat

Bürgerantrag in Herford erfolgreichDer im Mai diesen Jahres von der Regionalgruppe 32 des VDS gestellte Bürgerantrag an den Rat der Stadt Herford wurde entschieden.In diesem Antrag wurde gefordert, daß die Stadt in ihren Werbeaussagen und sonstigen Äußerungen überflüssige Anglizismen, vor allem aber Wortschöpfungen aus einer Sprachmischung von Deutsch und Englisch vermeiden soll. Der Haupt-und Finanzausschuß der Stadt Herford hat am 11. Juni 2002 diesen Bürgerantrag des VDS mit wenigen Einschränkungen positiv entschieden. Der Beschluß erfolgte einstimmig. Gerd Büntzly

Beitritte von Schülern in HamburgDie Sprachwahrer in Hamburg (Region 20 und 22) haben am 12. Oktober 2002 in der Möncke- bergstaße eine Informationsveranstaltung durch-geführt. Neben dem Jungfernstieg ist die Möncke-bergstraße die Haupteinkaufsstraße der Hanse-stadt. Der Zuspruch der Passanten war lebhaft und bis auf ein, zwei Ausnahmen ausgesprochen posi-tiv. Besonders erfreulich war das Interesse junger Leute sowie vieler Ausländer aus allen Gegenden der Welt. Ein Lehrer, der die Aktion der Gruppe sehr begrüßte, warb in seiner 9. Klasse 15 Schüler als neue Mitglieder des VDS. Lothar Gaßner

s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 4 . DEZEMBER 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 11bücher.

„Deutsch nix wichtig !“ - das war ein an die Außenwand der FU in Berlin geschmierter Schmähspruch, mit dem gewisse politische Gruppen eine Lehr-veranstaltung von führenden Leuten des VDS über Zustand und Rettung der deutschen Sprache behindern wollten.

Die Herausgeber Kurt Gawlitta und Fritz Vilmar wählten ihn - nun als Frage formuliert - zum Titel ihres Büchleins. Es bietet klare Linien, von der erbärmlichen Untertanensprache bis zu den politisch-ökonomischen Draht-ziehern, und enthält klare Standpunkte. Der VDS ist offenbar selbstbewußt geworden. Vor wenigen Jahren noch hätte man gefürchtet, als amerikafeindlich, nationalistisch, sprachpuristisch oder sonstwas mißverstanden und denunziert zu werden. Diese Schere war in unseren Köpfen. Heute sagt man die Wahrheit - ungeschminkt.

Alle schlagenden Argumente und Fakten, die man braucht, sind hier zusammengefaßt. Hussa! das ist nach meinem Geschmack. Wer angefangen hat, sich mit Denglisch und dem, was

dazu gehört, wirklich zu beschäftigen, wird unweigerlich zum Verfechter der Muttersprache als Träger nationaler Identität, Solidarität, Kultur, Wissen-

schaft und Demokratie. Der Sammelband kostet 10 EURO.

Besonders gut fand ich:- Die, von Gernot Meissner beschrie-

benen, offenkundigen Erfolge histori-scher deutscher Wortpräger. Sie machen Mut und zeigen, wie wir sachte, beharr-lich, überzeugend Ähnliches versuchen können.

- Die klaren Aussagen Prof. Fritz Vil-mars zum Sprachimperialismus. Endlich hat jemand den Mut, das Kind beim Namen zu nennen.

- Hermann Dieters radikale Entzau-berung des amerikanisierenden Wissen-schaftskults, der unter Mithilfe höchster deutscher Kultusgremien fast zur Auf-gabe deutscher Wissenschaftssprache geführt hätte. Die deutsche Mutterspra-che ist und bleibt die Wissenschaftsspra-che für unsere Sprachgemeinschaft: sie ist präzise, fl exibel, hochästhetisch und informativ.

- Die von Prof. Wolfgang Haße dafür vorgelegten unabweisbaren Fakten aus dem medizinischen Bereich.

- Nicht zuletzt die Forderung nach

einem deutschen Sprachschutzgesetz, mit dem die sprachzerstörende Werbe- und Medienübermacht endlich in die Schranken gewiesen werden kann. Ein Entwurf dazu ist abgedruckt.

Eine einzige kritische Bemerkung: Ich vermisse eine letzte, entschiedene Schlußfolgerung. Die Anglisierung der Sprache und die Amerikanisierung der Lebensformen sind gar kein deutsches Phänomen, sondern der imperiale Ver-such, den Völkern die Sprachen, und damit das Denken wegzunehmen.

Dennoch - ein großartiger Wurf. Unverzichtbar für alle, die sich einen Rest gesunden Menschenverstandes und gesellschaftlichen Verantwortungs-bewußtseins bewahrt haben. Für uns VDS-Streiter ist es eine reiche Fund-grube, eine Quelle von Motivation, nicht zuletzt ein Hochgenuß!

Lesen und weitergeben!Klaus Däßler, Radebeul

Kurt Gawlitta und Fritz Vilmar (Hrsg.) - Deutsch nix wichtig?, IFB-Verlag, Pader-born 2002, ISBN 3-931263-30-4, 224 S., EURO 9,90

VDS-Anglizismenliste 2003 im InternetDie seit Februar 2002 von der VDS-Internetseite herunterladbare Angli-zismenliste ist vom VDS-Arbeitskreis „Wörterliste“ grundlegend überar-beitet und ergänzt worden. Sie wird ab Januar 2003 im Netz verfügbar und als Buch erhältlich sein:

Herausgegeben von Gerhard H. Junker, in Verbindung mit dem VDS-Arbeitskreis Wörterliste, IFB -Verlag, ISBN 3-931263-34-7

Die „neue“ wird rund 5000 Einträge aufweisen, darunter deutlich ver-mehrt Einträge zu den Themenkrei-sen Berufe, Börse und Informatik. Ein Teil der Neueinträge ist über das Interaktivfenster der VDS-Inter-net-Seite eingegangen.

Der Sammelband »Deutsch nix wichtig?« bietet schlagende Argumente und Fakten.

»Deutsch nix wichtig?« Geschichte einer Schmiererei

Vor dem Hintergrund der zu Ende gehenden sogenannten Glücklichen Jahre, der Zeit der guten Beziehungen zwischen Rußland und Preußen, erzählt das Mädchen Emma von Mesenthin seine im Jahre 1833 angesiedelte Geschichte. Sie gehört zu einer märkischen Adelsfamilie, die seit den Zeiten Friedrichs des Großen mit besonderen Aufgaben betraut war. Als Waise im Hause ihres Großvaters, eines aufgeschlossenen, dem

Königshaus sehr verbundenen Mannes, ungewöhnlich großzügig erzogen, entspricht sie nur wenig dem üblichen Mädchenbild der Zeit.

Durch Zufall wird Emma in die geheim-dienstlichen Aktivitäten und auch Konfl ikte, die zwischen den damaligen Großmächten England und Frankreich auf der einen Seite und Rußland und Preußen andererseits ablaufen, hineingezogen. Während einer

Reise nach Schwedt, wo Ende August 1833 in Anwesenheit des Königs und des Zaren Nikolaus I. das große Hohenzollern- Familientreffen statt-gefunden hat, lernt sie den Zaren persönlich kennen. Ein Buch, bei dem die Zeit im Flug vergeht.Dagmar Kühl - Die Lilie des Königs, Rostock 2002, Altstadtverlag, ISBN 3-930845-741-1, 423 Seiten, EURO

»Die Lilie des Königs«Eine Zeitreise durch die russische Zaren-Welt

„Fuck deutsche Sprache“ und „Deutsch nix wichtig“ waren die markantesten studentischen Kommentare an der FU Berlin gegen das Seminar über Amerikanisierung.

s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . DEZEMBER 2002 . NR. 412 bücher.

Anzeigen

„(...) Eine faszinierende Reise durch die deutsche Sprachgeschichte in Literatur, Technik, Philosophie, Musik, Religion und Politik erwartet Sie. Dieses Werk enthält eine einmalige und mitreißende Samm-lung deutschsprachiger Texte vom Anfang der deutschen Sprachgeschichte bis zur Gegenwart - anregend kommentiert und erläutert von 35 sachkundigen Autoren.“ (Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek)

„Eine vollständig neue Konzeption. So ent-stand eine spannende Lektüre mit vielen großen und kleinen Aha-Erlebnissen.“ (Medien-Dienst)

„Zu loben ist vor allem die originelle Auswahl an vorgestellten Texten. (...) Das Deutsche wird dadurch nicht nur als Kul-tursprache, sondern gerade auch in seiner

Stärke als Sprache der Technik und Wis-senschaft wieder lebendig. (...) Durch ihre Aufbereitung sind die einzelnen Texte gut verständlich und ausgesprochen lehrreich. Insgesamt ein schönes Buch zur rechten Zeit, nicht nur für „sprachlich aufgeschlos-sene Menschen“, sondern gerade auch für die, die es nicht sind“. (Rheinischer Merkur)

„(...) Man wird dieses Buch immer wieder gerne in die Hand nehmen, um darin zu schmökern und sich an der Vielfalt unserer Muttersprache zu erfreuen.“ (Die deutsche Schrift)

Walter Krämer und Reiner Pogarell (Hrsg.) - Sternstunden der deutschen Sprache, Paderborn 2002, ISBN 3-931263-27-4, 431 Seiten, Leinen geb., EURO 24,90

»Sternstunden der deutschen Sprache«

„Gutes Deutsch - heute“: Der Obertitel zur vorliegenden Sprachanalyse ist bewußt allgemein, einfach, ‚volksnah‘ formuliert. Er will damit signalisieren, in welcher Absicht und für welche Leserschaft das Bändchen zuerst einmal konzipiert worden ist. Den Anstoß dazu lieferte die wach-sende Sorge des Sprachbeflissenen und Sprachlehrers um die Wahrung unserer Muttersprache. Gedacht ist es daher in erster Linie nicht als ein linguistisch-wis-senschaftlicher Beitrag zur Erhellung des Gegenwartsdeutschen, sondern eher als

eine Art Vademekum für den Hausge-brauch des deutschen Sprachteilnehmers. Geschrieben ist die Abhandlung „aus der Praxis für die Praxis“ (Vorwort).Ein Standardwerk für alle Menschen, die mit unserer Sprache kreativ und zielwirk-sam umgehen wollen.

Ferdinand Urbanek - Gutes Deutsch - heute, Vorstöße und Verstöße der deutschen Gegenwartssprache, Paderborn 2002, ISBN 3-931263-29-0, 138 S., EURO 16,90

»Gutes Deutsch - heute«

Alle, die schon einmal mit deutsch-englischer oder englisch-deutscher Übersetzung in irgendeiner Form zu tun hatten, werden dieses Buch lieben. Auf 161 Seiten behandelt dieses Buch ver-schiedenste Themen der englischen und deutschen Sprache.In einer ungezwungenen Abfolge von Arti-keln wird ein sprachwissenschaftlich fun-dierter Sprachvergleich Deutsch-Englisch dargeboten, der sich alles andere als aka-

demisch liest. Er ist aufgebaut auf die klassischen Elemente der Sprachbeschrei-bung wie Phonologie, Syntax, Semantik, Pragmatik; aufgelockert durch amüsante Anekdoten und Beispiele.

Wolfgang Schmidt - He Must Always Shit, Ein heiterer und lehrreicher Streifzug durch die englische und deutsche Sprache, Paderborn 2002, ISBN 3-931263-31-2, 161 Seiten, EURO 12,90

»He Must Always Shit«

Die Teilnahme des VDS, der zusam-men mit dem IFB-Verlag auf der Frankfurter Buchmesse vom 8. bis 14. Oktober einen Stand unterhielt, kann als großer Erfolg angesehen werden. Die Besucher, überwiegend Experten, die mit dem Thema „Spra-che“ täglich zu tun haben, stimmten den Zielen des VDS einhellig zu. Viele hatten vom VDS bereits gehört und kannten unsere Auffassungen. Inzwischen sind wir keine Unbe-kannten mehr.

Wir führten zahlreiche Gespräche mit US-Amerikanern oder Eng-ländern, die bei uns arbeiten oder wegen der Messe nach Deutschland gekommen waren. Sie hatten viel Verständnis für unser Anliegen und beurteilten den Widerstand gegen Denglisch durchaus nicht als Angriff auf ihre Sprache. Sie würden sich ebenfalls gegen eine Verunstaltung der eigenen Sprache verwahren, die in Deutschland im übrigen darin bestehe, daß englische Begriffe völlig falsch verwendet werden. Ausdrücke, die Englisch sein sollen, es aber nicht sind, fanden alle ziem-lich komisch.

Lehrer für Deutsch und Englisch, Übersetzer und Autoren zeigten sich verärgert und entsetzt über

die Anglisierung der deutschen Sprache.

Übersetzer berichteten, daß einige amerikanische Firmen auf gutem Deutsch bestehen, während deut-sche Firmen, vor allem Banken, die Beibehaltung originaler engli-scher Begriffe verlangen. Manche Übersetzer hatten wunderbare deutsche Entsprechungen gefunden, durften sie jedoch nicht verwenden.

Ein Europa-Abgeordneter sprach von seinem Kampf gegen die prak-tisch alleinige Verwendung der englischen Sprache in Brüsseler Gremien. Gemeinsam war all unseren Gesprächspartnern, daß sie unser Motto der „fröhlichen Aggressivität“ gut fanden. Sie hielten es für die einzig akzeptable Strategie bei unseren Aktionen. Verbissenheit und kleinliche Wortklaubereien brächten uns nur in den Geruch der Deutschtümelei.

Besondere Aufmerksamkeit und viel Lob fand die von G. Junker und seiner AG ausgearbeitete Anglizis-menliste. Sie wird oft konsultiert werden und manchem eine Hilfe sein. Dadurch werden auch unsere übrigen Internetseiten mehr Besu-cher haben.

Peter Ambros

Viel Zustimmung zu den VDS-Ver-einszielen in Frankfurt

VDS auf der Buchmesse

s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 4 . DEZEMBER 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 13deutsch in aller welt.

Die Sängerin Marén Berg ist in Deutschland geboren und lebt in Frankreich. Sie gibt Konzerte

in Rostock und H a m b u r g , Nantes und Paris, wo sie zuhause ist. Mal leichtfüßig, mal kraftvoll, hin und wieder zart, oft jazzig und swingend trägt sie deut-sche und

französische Texte vor. Sie singt über Liebe, schwierigen Alltag und

brüderlichen Umgang mit Fremden. Jung und Alt in beiden Ländern spenden ihr begeistert Beifall.

Gezielt schreibt und singt Marén Berg auch deutsche Texte für französische Schüler. Mit Erfolg - „Deutsch ist super!“, heißt es wörtlich in einer franzö-sischen Zeitung und gibt die Meinung von Jugendlichen wieder, für die Marén Berg gesun-gen hat. Dem Deutschunterricht in Frankreich wird das zugute kommen. Er geht zurück. Das liegt an der Allgegenwart des Englischen, aber auch an festsitzenden Vorurteilen. Deutsch gilt in Frankreich als schwie-rige Sprache, an die sich nur tüchtige

Schüler herantrauen. Und für viele Franzosen ist es immer noch die Sprache rauher miltärischer Kom-mandos - der Ausdruck „Achtung“ ist in Frankreich überall bekannt. Mit ihren Liedern hat Marén Berg diese Auffassung vom Deutschen ein wenig zurechtgerückt und Vorurteile abgebaut.

Marén Berg ist Mitglied des VDS und hat in Frankreich Unterschriften gesammelt. Für ihre guten Dienste als Mittlerin zwischen Deutschland und Frankreich wurde sie in Paris ausge-zeichnet. Der VDS beglückwünscht die sympathische Sängerin und freut sich mit ihr. G.S.

Wir staunen zum zweiten Mal: Die ganze Welt hält die Deutschen für die angenehmsten Touristen, wie wir in Nummer 3/2002 der Sprachnachrichten lesen konnten. Nun erfahren wir von den Dänen, die auffälligste Eigenschaft der Deutschen sei Freundlichkeit. Nichts mehr über patziges Auftre-ten in Smörrebrödkneipen, keine Beschwerden über protzige Sand-burgen am Strand von Bornholm oder RomØ ?

Das Meinungsforschungsinstitut Megafon hat im Oktober dieses Jahres 1000 Personen befragt und

um eine Einschätzung der Deut-schen gebeten. Die Eigenschaft „freundlich“ wurde am häufi gsten genannt. Das Ergebnis der Umfrage sorgte auch in Dänemark selbst für Überraschung. Als gute Eigenschaften wurden ferner erwähnt: Ordentlich, fleißig, gründlich, tüchtig. Aber für die Dänen sind die Deutschen auch arrogant und autoritätsgläubig. Und - kleiner Wermutstropfen - auf die Frage, mit wem die Dänen am liebsten abends ausge-hen würden, nannten 34 Prozent eine Begleiterin oder einen Beglei-

ter aus Norwegen, 30 Prozent aus Großbritannien, 27 Prozent aus Schweden. Nur 9 Prozent wollten mit einer Frau oder einem Mann aus Deutschland ausgehen.

Zu dieser Einschätzung paßt ein Ausspruch von Brigitte Sauzay, Dolmetscherin des ehemaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand und Kanz-lerberaterin mit Arbeitsplatz in Schloß Genshagen bei Berlin: „Die Deutschen lieben die Franzosen, nehmen sie aber nicht ernst. Die Franzosen bewundern die Deut-schen, lieben sie aber nicht.“

Deutsche Eltern auf der rechten Rheinseite wollen, daß ihre Kinder schon in der Grundschule Englisch lernen. Sie wehren sich gegen die vom Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg beschlossene Einführung von Frühfranzösisch im Landesteil Baden. Auf der französischen Seite des Rheins ist das anders: Etwa 70 Prozent der Elsässer wünschen sich Deutsch als erste Fremdsprache. Das hat eine repräsentative Befragung von 600 Per-sonen ergeben, die das Meinungsfor-schungsinstitut ISERCO durchführte. Nach Auffassung der Befragten sollen

die Schüler Englisch nach Deutsch lernen.

In Frankreich verliert Deutsch als Fremdsprache immer mehr an Boden. Im Elsaß dagegen lernen 90 Prozent der Kinder im Kindergarten oder in der Grundschule Deutsch. In der Sekundarstufe sind es 47 Prozent der Schüler.

Um 1970 herum entwickelte sich im Elsaß ein Bewußtsein für die eigene sprachliche und kulturelle Identität. Vereine zur Pflege der elsässischen Sprache entstanden und bekamen Zulauf. Liedermacher singen nun auf elsässisch, Autoren

von satirischen Kabaretts schreiben elsässische Texte.

Paris fördert neuerdings zwar die Regionalsprachen, aber immer weni-ger Menschen im Elsaß sprechen ihren Dialekt. Nur ein Drittel der Jugendlichen gebraucht ihn im Gespräch mit den Eltern oder nahen Angehörigen. Junge Leute unter sich sprechen Französisch. Nicht mehr als 10 Prozent reden Elsässisch. Neuerdings verlegen zunehmend mehr Deutsche ihren Wohnsitz ins Elsaß. Von ihnen könnte ein Anstoß zur Belebung der deutschen Sprache ausgehen.

Aktuelle Umfrage zeigt: Elsässer wollen Deutsch als erste Fremdsprache

Kinder im Elsaß sollen Deutsch vor Englisch lernen

Bei Dänen gelten Deutsche als freundlichGroßes Staunen macht sich breit - Überraschung auch in Dänemark

Kroatien will Deutsch vor EnglischMit einer persönlich vorgestellten Broschüre hat der kroatische Staatspräsident Stjepan Mesic für die deutsche Sprache geworben. Er tritt dafür ein, daß in den Schulen seines Landes Deutsch als erste Fremdsprache gelernt wird. Damit unterstützt er eine Initiative des Goethe-Instituts Zagreb, das im Oktober 2002 den kroatischen Schülern und ihren Eltern den gleichen Vorschlag gemacht hatte. Die Initiative wird vom ehemaligen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher und dem aus Kroatien stammenden Schauspieler Miroslav Nemec - bekannt aus Münchener Tat-ort-Folgen - gefördert. Sie stützt sich auf einen Kerngedanken der „Zagreber Resolution für Mehrsprachigkeit“: Deutsch oder eine andere europäische Sprache soll vor dem Englischen gelernt werden, da Englisch leichter sei und daher weni-ger Zeit brauche.

Sprachgesetz in RumänienDer Senat in Bukarest hat im Oktober 2002 ein Gesetz zum Schutz der rumänischen Sprache beschlossen. Hinter dem Gesetz steht der Abgeordnete und Sprachwissenschaftler Gheorghe Pru-teanu. Pruteanu verweist darauf, daß 80 Prozent der 22 Millionen Rumänen ausländische Fachausdrücke nicht verste-hen. Wer die neuen Vorschriften nicht befolgt, kann mit einem Bußgeld von bis zu 1500 Euro bestraft werden. Das sind ungefähr 9 Monatsgehälter eines durch-schnittlich verdienenden Rumänen. Der Eingriff des Staates in den öffentlichen Sprachgebrauch behagt nicht allen Rumänen. Leute der Wirtschaft kritisieren das Gesetz als hinterwäldlerisch und europafeindlich. In den Zeitungen erscheinen Karikaturen und Witze. Einige der Gegner haben sich bereits an Präsident Ion Iliescu gewandt und ihn gebeten, das Sprachgesetz nicht zu unter-schreiben.

Sprachbewußtsein in ÖsterreichGottfried Fischer hatte schludrigen Umgang mit der Muttersprache im Klas-sik- und Kulturprogramm des Senders Österreich 1 kritisiert. Die Antwort kam umgehend und war erfreulich: Der Sender fühle sich „gutem Deutsch beson-ders verpflichtet“. Ein Schulungspro-gramm für alle Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter sei angelaufen. Man erhoffe sich davon eine „deutliche Verbesserung des Sprachgebrauchs“. - Dienste, die für die Sicherheit in Verkehrsbetrie-ben, großen Kaufhäusern, Fußballstadien oder bei anderen Massenveranstaltungen sorgen, heißen meist Security. Nicht so in der U-Bahn von Wien. Dort tragen die mobilen Stationswarte Dienstjacken mit der Bezeichnung „U-Bahn-Aufsicht“.

meldungen

Marén Berg: Botschafterin der deutschen Sprache in Frankreich

Marén Berg

s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . DEZEMBER 2002 . NR. 414 deutsch in aller welt.

Es gibt schnurgerade und leere Straßen in Rußland, wohlschmeckende Suppen, herzhafte Buchweizengrütze und viele Leute, die hervorragend Deutsch spre-chen. Während einer Vortragsreise, die uns im September dieses Jahres nach Sankt-Petersburg, Nowgorod und Pskow führte, haben wir das erfahren. Manfred Schroeder, Leiter der Internationalen Deutschlehrer-Initiative und rastlos tätiger Sprachfreund, hatte von Riga aus wichtige Fäden zu Deutschlehrern und Uni-Dozenten in Rußland geknüpft. Die Einladung zum Besuch der Städte im Nordwesten des Landes ging von Arina Nemkowa aus. Sie leitet das Deutsch-Russische Begegnungszentrum an der Petrikirche in Sankt-Petersburg.

Vom 14. bis 21. September 2002 hielten wir Vorträge über Deutsch, Englisch und Denglisch, den VDS und die Internationale Deutschlehrer-Initia-tive. Wir sprachen in Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, in einer Oberschule und in der Begegnungsstätte von Arina Nemkowa. Die Einrichtungen befi nden sich in alten Bauten aus der Zarenzeit, ehemaligen Waisenhäusern oder Klöstern, oder in einem Parteigebäude mit wuchtiger Säulenfront aus den Anfängen der Sowjetunion. Die Räume des Deutsch-Russischen Zentrums sind in einem Seitenteil der Petrikirche untergebracht. Sie liegt

am berühmten Newskij Prospekt und wurde während der sowjetischen Epoche als Hallenbad und Trainingsstätte für erfolgreiche Schwimmer benutzt. Heute

fi nden darin wieder (evangelische) Gottes-dienste statt. Einen der charakteristischen grau-weißen Backstein-bauten aus der späteren sowjetischen Zeit lern-ten wir bei unserem Vortrag im „Gymna-sium 75“ von Peters-burg kennen.

Ärger über Denglisch

Der Besuch unserer Vorträge war gut. Wir hatten nie unter 30, einmal über 80 Zuhörer. Das war im „Gymnasium 75“ von Petersburg. Es war ein Vergnügen, den aufmerksamen, gesitte-ten und sympathischen Schülern unsere Auf-fassungen von Spra-che und Sprachpfl ege darzulegen. Einige schwärmten von schönen Aufenthalten in Deutschland. Von Studentinnen hörten

wir das Gleiche am nächsten Tag in Now-gorod. Die Anglisierung der deutschen Sprache und die vielen englischen Brok-ken, mit denen sich russische Deutschler-ner herumschlagen, wurden entschieden kritisiert. Eine Dozentin der Deutschab-teilung der Uni Nowgorod, die Deutsch als Fremdsprache gelernt hat und fehler-los beherrscht, klagte wörtlich: „Es ist sehr schlimm, daß es in meiner Sprache (der deutschen) so viele englische Wörter gibt. Ich unterstütze Ihren Verein und Ihre Aktionen.“ In Petersburg fragte uns eine deutsche Austauschschülerin, ob wir unsere Vorträge nicht auch in deutschen Schulen halten wollten. Sie selbst spreche zu Hause die Anglisie-rung der Muttersprache und einzelne aufgenötigte englische Wörter bei jeder sich bietenden Gelegenheit an.

Seit den Zeiten der Hanse gibt es im Russischen viele deutsche Wörter wie „Maßstab“, „Schachta“ (Bergwerk), „Buchgalter“ und das berühmte „Bju-terbrod“, das wir auf einer Speisekarte antrafen. Natürlich haben sich auch englische Begriffe eingebürgert: business, teenager, manager oder computer. Ein Hin-dernis für die Verbreitung englischer Werbesprüche scheint die kyrillische Schrift zu sein. Die Markennamen „Mer-cedes“, „Persil“ oder „Jaguar“ erblickten wir zwar in lateinischer Schrift auf großen Werbeflächen, die Texte dazu sind jedoch kyrillisch geschrieben. Außer Lipton Yellow Label Tea und Camel -

Flow Down haben wir kaum Englisches gesehen. Im Radio erklingt das gleiche breiige Popgedudel, das uns auch in Deutschland den ganzen Tag lang heim-sucht, der Gesang dazu ist jedoch überwiegend russisch.

Fürsorgliche Betreuung Vielleicht stimmt es, was über die

„weite“ russische Seele gesagt wird. Wir wurden überaus herzlich empfangen und fürsorglich betreut. Wer durch Petersburg wandelt und auf Spuren der 900 Tage währenden Blockade stößt, der von 1941 bis 1944 fast eine Million Menschen zum Opfer fi elen, weiß das besonders zu würdigen.

An einem kalten Septemberabend wartete Arina Nemkowa eine Stunde auf uns im Freien, weil wir in der Riesenstadt Petersburg den Treffpunkt in der Nähe der Troitskij-Brücke nicht fanden. Alla Rjabtschenko, diplomierte Germanistin der Uni Petersburg, führte uns zu den Prachtbauten des Newskij Prospekt und ins Winterpalais, jenem atemberau-bend schönen Prunkschloß mit der weltberühmten Gemäldesammlung der Eremitage. (Die aus Deutschland stam-mende Zarin Katharina II. [1729-1796] ließ sie erbauen.) Unterwegs fand sich Gelegenheit zur Besichtigung einer eleganten U-Bahn-Station. Unser Kunst-verstand wurde erheblich beansprucht, als Alla Petrowna uns - kenntnisreich und in makellosem Deutsch - die „Danaë“

Als Sendboten der deutschen Sprache unterwegs in Rußland. 228 neue Mitglieder für den Verein Deutsche Sprache gewonnen / Von Gerd Schrammen

Die Russen mögen Deutsch

St. Petersburg: Der Fluß Newa bei Nacht.

Die Frauen in der Zentrale staunten nicht schlecht, als sie Post aus Riga bekamen. Manfred Schroeder hatte Mit-glieder im Ausland geworben. Zwei Listen mit je 40 Neuen lagen in Dortmund auf dem Tisch. Sie haben fremd klingende Namen wie Jesuca Cabarcas, Adelaida Ibarra, Tamriko Tschumburidse oder

Msewinar Bibaschwili. Es sind Freunde der deut-schen Sprache aus Kolumbien und aus Geor-gien. Angeführt von Prof. Samson Karbela-schwili ist die gesamte Belegschaft des Deut-schen Seminars der Staatlichen Universität Tiflis dem VDS beigetreten. Die 40 Kolumbianer hatte VDS-Mitglied Horst Jessen in Bogotá um sich geschart. Die Germanisten aus dem Kau-kasus und die Sprachfreunde aus den Anden heißen wir herzlich willkommen im VDS.

2 x 40 auf einen Streich: Mitglieder aus der Ferne

Wirbt Mitglieder im Aus-land: Manfred Schroeder.

s p r a c h n a c h r i c h t e nNR. 4 . DEZEMBER 2002 . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . WWW.VDS-EV.DE 15deutsch in aller welt.

US-Leinwandhelden sprechen DeutschAus dem „Rosenkrieg“ kennen wir Michael Douglas. Sein Vater Kirk hat in einem älteren Streifen den Odys-seus gespielt. Wie bekannt wurde, spricht Kirk Douglas sehr gut Deutsch. Sein jüngerer Kollege Robert Redford wird sich demnächst dem Studium der deutschen Spra-che widmen. Deutsch gefalle ihm sehr, erklärte er einer Reporterin. Redford hat sich unlängst kritisch über die Amerikanisierung Europas geäußert. Er bezeichnete es als „ungesunden Zustand“, daß die Vielfalt der Kulturen und Lebensstile in Europa durch einen amerikanischen Einheitsgeschmack eingeebnet werde. Daß Deutsche oder Franzosen diese Amerikanisierung noch lange hin-nehmen werden, halte er für unwahrscheinlich.

Auch James Bond hat Deutsch gelerntIm Dienste der englischen Königin kämpft er sich durch die Welt. Er steuert Flugzeuge und schnelle Motorräder, macht Fieslinge, die ihm nach dem Leben trachten, mit gezieltem Schuß aus dem Kugelschreiber unschädlich oder streckt sie mit wohlgesetztem Fausthieb zu Bo-den. Auch Frauen weiß er umsichtig zu handhaben. Aber James Bond kann noch mehr. Zu seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten gehört auch die Beherrschung der französischen Sprache - und der deutschen. Fremdsprachenkenntnisse galten bislang als unbritisch. Aber um das Böse in der Welt niederzuhal-ten, muß man wohl polyglott sein.

Deutsch ist Verkehrssprache in OsteuropaDie Studie „Eurobarometer 2001“ der EU-Kommission hat ergeben: Viele Bürger der EU-Beitrittsstaaten in Ost-europa betrachten Deutsch als die nützlichste Fremd-sprache. Durchschnittlich 10 Prozent der Osteuropäer verfügen über ausreichende Kenntnisse, um sich an einem Gespräch in deutscher Sprache zu beteiligen. Mit 38 Prozent ist in Slowenien der Anteil von deutsch-kundigen Bürgern am höchsten. In der Tschechischen Republik sind es 27 Prozent, in der Slowakei 20, in Polen 16, in den drei baltischen Ländern Estland, Lett-land und Litauen sowie in Ungarn jeweils 13 Prozent. In den Staaten Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn halten über zwei Drittel der Bevölkerung Deutsch für eine nützliche Sprache. Das sind Länder, in denen deutsche Unternehmen besonders aktiv sind.

Die Großen reden deutsch miteinanderAls der russische Präsident Putin in der Pekinger Großen Halle des Volkes zum ersten Mal auf Jiang Zemin traf, wurde er von ihm gleich auf deutsch angesprochen. Der chinesische Staatschef spricht perfekt Deutsch und ist ein großer Freund Deutschlands: „Die deutsche Nation hat weltberühmte Schriftsteller, Philosophen und Kom-ponisten hervorgebracht. Während meiner Studienzeit habe ich Deutsch gelernt und Werke von Kant, Goethe, Hegel und Marx gelesen. Die Mentalität der Deutschen, ihre logische Denkweise, ihre Intelligenz und Disziplin sowie ihr Fleiß haben mich immer beeindruckt.“ Nicht nur der russische und der chinesische Staatspräsident beherrschen die deutsche Sprache. Es gibt zahlreiche andere amtierende und ehemalige Staatsoberhäupter, die Deutsch auf internationalem Par-kett gebrauchen. Einer von ihnen ist der slowakische Staatschef Schuster, der deutsche Vorfahren hat.

sie sprechen deutschvon Tizian oder den „Bohnenkönig“ von Jordaens erläuterte.

In Nowgorod und Pskow wurden wir durch die Kreml-Burgen geführt. Zwei Studentinnen begleiteten uns zum Mittagessen in die Mensa der Uni Nowgorod und achteten darauf, daß wir satt wurden. Der Fruchtsaft zur Mahlzeit hieß „Kompott“. In einem abendlichen Deutschkurs für Erwachsene bewirtete man uns mit Tee und Konfekt. Es wurde still, und alle Anwesenden hörten beklommen zu, als eine ältere Deutschrussin in pfälzisch gefärbtem Deutsch ihre Verschleppung nach Kasachstan schilderte. Die Russen fragten nach unseren Vätern und ihrer Beteiligung am Zweiten Weltkrieg. Am Ende bekamen wir ein paar Gravensteiner-Äpfel für den Heimweg in die Hand gedrückt. Sie schmeckten wie die Äpfel, die wir früher in Deutschland aßen.

Hilfen für Deutsch

In Rußland herrschen im Fach Deutsch die Frauen. Die russischen Deutschlehrerinnen beobachten eine zunehmende Dominanz des Engli-schen an Schulen und Universitäten. Vor 10 Jahren und früher - in der Sowjetunion wurden die Quoten von der Unterrichtsbehörde festgesetzt - lernten und studierten rund 60 Prozent der jungen Russen Deutsch

und etwa 40 Prozent Englisch. Heute ist das Verhältnis nicht einmal umge-kehrt, sondern Deutsch ist auf einen Anteil von vielfach unter 30 Prozent herabgesunken. Prof. Ludmila Niko-lajewa, die Leiterin der Abteilung für Deutsch an der Uni Nowgorod, plant Aktionen zur Aufklärung der Eltern. Zusammen mit ihren Kolleginnen will sie für das Erlernen und das Studium der deutschen Sprache werben.

In der Region Nowgorod mit einer entwickelten Holzwirtschaft und Maschinenbauindustrie bestehen Verbindungen zu deutschen Unter-nehmen. Deutschkenntnisse sind nützlich für junge Russen. Die Leite-rin des Fachbereichs Deutsch der Pädagogischen Hochschule in Pskow, Prof. Galina Kusina, gab uns genaue Zahlen. Pskow (Pleskau) ist eine Großstadt mit rund 150.000 Ein-wohnern. (Im März 1917 erklärte Zar Nikolaus II. hier im Wagen seines Luxuszuges, den revolutionäre Sol-daten an der Weiterfahrt hinderten,

seinen Verzicht auf den Kaiserthron.) In der „Schule 15“ und in der „Schule 26“ von Pskow lernten im Schuljahr 2001/02 nur 19 bzw. 25 Prozent der Schüler Deutsch. Für das Studienjahr 2002/03 haben sich 147 Bewerber für Englisch und 36 für Deutsch angemeldet. Auch als Zweitfach, z. B. in Verbindung mit Französisch, ist Englisch auf dem Vormarsch auf Kosten von Deutsch.

Die schwindende Bedeutung von Deutsch als Sprache und als Unter-richtsgegenstand sehen die russi-schen Germanistinnen mit Sorge. Sie fürchten auch um ihre Arbeitsplätze. Ihr Interesse an Deutsch und an deutschen Dingen scheint freilich noch andere Quellen zu haben. In Rußland gibt es eine unübersehbare Wertschätzung der deutschen Sprache und trotz einer furchtbaren Vergan-genheit doch Wohlwollen gegenüber Deutschland. Es soll nicht wenige russische Kinderzimmer geben, in denen Hänsel und Gretel und die Bremer Stadtmusikanten zuhause sind. Die Töchter des Präsidenten-ehepaares Putin sprechen fl ießend Deutsch, und Studentinnen begei-stern sich für die „Buddenbrooks“.

All das belegt ein offenkundiges Interesse an Deutschland und an deutscher Sprache und Kultur, das uns bei unserem Werben für die deutsche Sprache zugute kam. Insge-

samt haben wir 228 neue Mitglieder für den VDS gewonnen. Das ist der sichtbare Ertrag unserer Reise und hat dazu beigetragen, daß die Gesamtzahl der Mitglieder unseres Sprachvereins nun deutlich auf über 14.000 angestiegen ist. Als ebenso wichtig erscheint mir, daß wir in Rußland Verständnis und Zustim-mung für unser Anliegen fanden und eine Reihe von fähigen und energi-schen Mitstreiterinnen gewinnen konnten.

Die russischen Germanistinnen wollen sich an hochrangige Perso-nen und zuständige Einrichtungen wenden und Maßnahmen zur Erhal-tung der deutschen Sprache fordern. Nach beinahe all unseren Auftritten wurde uns zugesagt, daß Briefe an den Konsul in Petersburg, den deut-schen Botschafter in Moskau, an das nächste Goethe-Institut und an maßgebliche Empfänger in Deutsch-land geschickt werden. Wir rechnen damit, daß das geschehen ist, und hoffen, bald davon zu erfahren.

»In Rußland gibt es eine unübersehbare Wertschätzung der deutschen Sprache und trotz einer furchtbaren Vergangenheit doch Wohlwol-len gegenüber Deutschland. Es soll nicht wenige russische Kinderzimmer geben, in denen Hänsel und Gretel und die Bremer Stadtmusikanten zuhause sind.« Gerd Schrammen

Pierce Brosnan

Robert Redford

s p r a c h n a c h r i c h t e nWWW.VDS-EV.DE . VEREIN DEUTSCHE SPRACHE . DEZEMBER 2002 . NR. 416 zu guter letzt.

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Herausgeber:Verein Deutsche Sprache e.V.Postfach 10 41 28, 44041 DortmundTel. (0231) 79 48-520, Fax (0231) 79 48-521http://www.vds-ev.de, [email protected] Dortmund, Kto. 248 162 660 0, BLZ 441 600 14

Redaktionsleitung:Heiner Schäferhoff (V.i.S.d.P.)Stellvertretung: Renate Hanke

Redaktion: Erika Braunshausen, Maria Fabian, Renate Hanke

Lektorat: H. Dieter Burkert

Produktion/Satz: Maximilian Kall, k²c²

Gesamtprojektleitung: Heiner Schäferhoff, Allee 18, 59439 [email protected]

Druck: Lensing-Wolff Druck GmbH & Co, Dortmund

Auflage: 15.000

Bitte nur Berichte von überregionalem Inter-esse schicken! Bitte senden Sie uns Ihre Texte in digitaler Form. Wir müssen uns auch vor-behalten, Texte redaktionell zu bearbeiten und insbesondere zu kürzen. Wir verwenden die Alte Rechtschreibung.

Schlußtermin für Anzeigen und redaktionelle Beiträge: 15. Februar 2003.

»Das Flugblatt, das Sie Flyer nennen ...«

Ulrich Wickert zu Guido Westerwelle, ARD-Tagesthemen,

25. November 2002

Das Blended-Learning-Konzept mit Crash CoachingKurzmitteilung der FAZ: Für eine Frankfurter Bank wurde eine Guided Tour für das Finanz-Managementanwendungsmodul Treasury Cockpit, basierend auf einem Blended-Learning-Konzept zur Optimierung des Cashma-nagements erstellt. Wir wollen aber vorher noch ein English Crash Coaching belegen. Danke, Hörzu: Ein Brief mit Wirkung: Der Chefredakteur der Fernseh- und Radio-Zeitschrift Hörzu, Jörg Walberer, schrieb in seinem Leitartikel in der Nummer

35/2002 über Anglizismen. Ein Mitglied unseres Vereins aus Hannover verwies auf den Aus-druck Editorial. In der Ausgabe 38/2002 erschien dann wieder „Leitartikel“ - und nicht mehr Editorial. Verlierer sprechen Denglisch: Walter Krämer hat eine Liste von Unternehmen mit englischem Namen zusam-mengestellt. Ihnen war kein geschäftlicher Erfolg beschieden. Sie gingen alle pleite. Von der SVC AG Schmidt Vogel Con-sulting (Pleite am 1. 9. 2000)

bis Arxes Information Design AG (schied am 6. 9. 2002 aus dem Neuen Markt aus) sind das ins-gesamt 47 Firmen, die bankrott gingen. Ein ursächlicher Zusam-menhang zwischen englischer Firmenbezeichnung und unab-wendbarem Konkurs kann nicht nachgewiesen werden. Aber daß sprachliche Schaumschlägerei und unordentliche Geschäfts-führung irgendwie miteinander zu tun haben, ist zu vermuten. Die Liste hat viel Aufmerksamkeit in der Presse gefunden.

In ihrem Büchlein Der Schatz im Silbensee - Aktu-elle Wortspüle (2002 im Verlag Droemer und Knaur, EUR 7,90) haben Klaus Nissen und Ekkehart W. Dallmeyer eine Liste mit 170 wichtigen Begriffen für den Reisealltag in angelsächsischen Ländern zusammengestellt. Bei stockender Verständigung empfehlen sie, lauter

zu sprechen. Hier - mit deutscher Übersetzung - einige der Ausdrücke, auf die kein Reisender in Irland, Australien oder Kanada verzichten wird: Afterwards – Warze am Po, bad – Bad, beggar – Bäcker, blood – blöd, cake – Kacke, case – Käse, chief – schief, cool – Kohl, drum – deshalb, fart – Fahrt, flash – Flasche, from – fromm, ham –

haben, him – Himbeere (Kurzform), I get – Igitt!, kid – Kitt, kitchen – Gefängnis, make – Macke, mice – Miezekatze, mud – Mut, night – nicht, pen – schlafen, pregnant – prägnant, pull – Pulle, rich – riechen, sex – sechs, sexy – sechzig, the – Tee, to let – Toilette, too sexy – zweiundsechzig, vomit – womit, wish – wischen, worst – Wurst.

Ein fröhliches Weihnachtsfest und ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr wünschen wir allen Vereinsmitgliedern und Gönnern des Vereins Deutsche Sprache.Vorstand, Redaktion und Geschäftsstelle

Zur besseren Verständigung lauter sprechen

Mehrsprachiger Wegweiser: Aufgenommen in einer Schnapsbrennerei auf Madeira.