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landesverbände 39 DFZ 12 · 2013 Berlin Im Portrait: Thekla Wandelt, Landesvorsitzende FVDZ-Berlin Sprung in die Freiheit Die Suche nach Freiheit und der Drang, sein Leben aktiv zu gestalten: Ist das ein Widerspruch? Sicherlich nicht, doch einfach war es für Thekla Wandelt nicht immer, beide Ideale zu verwirklichen, auch wenn das Ziel schon früh klar war: Zahnärztin werden und frei praktizieren zu können. Die Oralchirurgin mit eigener Praxis im Süden Berlins ist seit diesem Jahr neue Vorsitzende des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) Berlin. Im Gespräch mit diesem Magazin wird klar: Haupt- stadt, Verband und Thekla Wandelt – das passt. Wie viele Zahnärzte und Zahn- ärztinnen auch stammt Wan- delt aus einer „Zahnarztfami- lie“ – ihr Vater hat einen guten Namen in der dentalen Welt. „Irgendwann stand einfach fest – das will ich auch machen“, sagt Wandelt, wenn sie sich zurück- erinnert, wie sie zu ihrem Beruf kam – doch ganz einfach war’s nicht, denn zunächst war der Numerus clausus eine Hürde. Sie arbeitete deshalb in der väter- lichen Praxis als Helferin mit, sah sich alles genau an, dann studierte Wandelt an der FU Berlin, für die Weiterbildung zur Oralchirurgin wechselte sie an die Universität Dresden. Eine Karriere in der Forschung, im universitären Betrieb, kam für sie nicht infrage: „Ich wollte frei praktizieren können“, sagt Wan- delt. Zunächst arbeitete sie bei einem Kollegen in Berlin mit. Die eigene Praxis war nur eine Frage der Zeit, sie übernahm eine im Süden Berlins. Pragmatisch setzte sie eigene Akzente, pflegte den alten Patientenstamm und gewann neue Patienten hinzu. Begeistert ist Wandelt von ihrem Mitarbeiterteam – zwei Mal im Jahr wird zusammen essen gegangen, „freitags, außer- halb der Arbeitszeit, auf Wunsch der Mitarbeiterinnen“, freut sich Wandelt. Berlin – meine Stadt „Berlin ist meine Heimatstadt – entweder man liebt Berlin oder man lässt es“, konstatiert Wandelt. Wie hat Wandelt die Wende erlebt? „Ganz direkt und hautnah“, erinnert sich die Landes- vorsitzende, „die Stadt schien zu platzen – kurz danach kam der Mauerfall.“ Was tut eine waschechte Berlinerin dann? Natürlich, Wandelt ist direkt über die Mauer geklettert. Neugier, Offen- heit und die Liebe zu ihrem „Handwerk“ schlagen einem im Gespräch mit ekla Wandelt entgegen; wenn sie beschreibt, wie sie den Patienten mit Fingerspitzengefühl behandelt, findet sie originelle Bilder: „Ich habe eine ausgeprägte Liebe zu Weich- und Hartgewebe“, resümiert Wandet. Wie darf man sich das vorstel- len? „Naja, ich versetze mich in die Rolle einer kleinen Knochen- zelle!“ Ach so, ja klar. Wandelt lacht, „klingt kryptisch, oder?“ Frei im Behandeln fühlt sich Wandelt jedoch trotz eigener Praxis nicht immer – um das Bestmögliche für den Patienten herauszuholen, müsse man vieles privat liquidieren, das nöti- ge Kleingeld sei nicht immer da, die gesetzliche Krankenversi- cherung macht das Arbeiten mit immer neuen Vorgaben nicht einfacher. Kommunikation, Arbeit, Zusammenarbeit Im Landeverband Berlin steht nun an, neue Akzente zu set- zen, vieles war eingefahren, vieles wurde nicht mehr hinter- fragt: „Man muss motivieren, um junge Menschen für die Sache gewinnen zu können!“ In Berlin führte der Vorstandswechsel jedoch nicht zum Abbruch der Kommunikation zwischen den Altvorderen, es gab Unterstützung für die neue Vorsitzende: „Ein Kollege kam zu mir und sagte: ‚Mach es so, wie Du denkst!’“ Von den Berliner Männern habe sie auch im Hinblick auf „Frausein“ Zuspruch erfahren: „Es wird Zeit, dass sich was ändert“, sei der Tenor gewesen. Politische Interessen noch effektiver und gezielter durchzuset- zen, das möchte Wandelt unter anderem mit der Stärkung der Bezirksgruppenarbeit erreichen. Helfen soll auch, mit anderen Verbänden und Körperschaſten in Kontakt zu kommen. Und sonst? „Man gewinnt nur an Erfahrungen, wenn man sich auf den Weg macht!“, überlegt Wandelt. Privat liebt die 48-jährige das Motor- radfahren – viel und auch weit weg: Mit Freunden macht sie Touren beispielsweise zur Krim - fast schon entschuldigend sagt Wandelt: „Abends nehmen wir uns schon ein Hotel!“ Mit Fünf- Sterne-Hotels für zahnärztliche Gremiensitzungen und Status- definition über Luxusschlitten scheint Wandelt wenig anfangen zu können. Verantwortung übernehmen, Verantwortung tragen können, das scheint Wandelt mit der freien Berufsausübung zu verbinden. Nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch auf standespolitischer Ebene. „Was bedeutet Freiheit für Sie?“, bleibt der Journalistin da als letzte Frage: „Alles“, sagt Wandelt. Eva Britsch © Fuse / thinkstockphotos.com ekla Wandelt

Sprung in die Freiheit

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DFZ 12 · 2013

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Im Portrait: Thekla Wandelt, Landesvorsitzende FVDZ-Berlin

Sprung in die FreiheitDie Suche nach Freiheit und der Drang, sein Leben aktiv zu gestalten: Ist das ein Widerspruch? Sicherlich nicht, doch einfach war es für Thekla Wandelt nicht immer, beide Ideale zu verwirklichen, auch wenn das Ziel schon früh klar war: Zahnärztin werden und frei praktizieren zu können. Die Oralchirurgin mit eigener Praxis im Süden Berlins ist seit diesem Jahr neue Vorsitzende des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) Berlin. Im Gespräch mit diesem Magazin wird klar: Haupt-stadt, Verband und Thekla Wandelt – das passt.

Wie viele Zahnärzte und Zahn-ärztinnen auch stammt Wan-delt aus einer „Zahnarztfami-lie“ – ihr Vater hat einen guten Namen in der dentalen Welt. „Irgendwann stand einfach fest – das will ich auch machen“, sagt Wandelt, wenn sie sich zurück-erinnert, wie sie zu ihrem Beruf

kam – doch ganz einfach war’s nicht, denn zunächst war der Numerus clausus eine Hürde. Sie arbeitete deshalb in der väter-lichen Praxis als Helferin mit, sah sich alles genau an, dann studierte Wandelt an der FU Berlin, für die Weiterbildung zur Oralchirurgin wechselte sie an die Universität Dresden. Eine Karriere in der Forschung, im universitären Betrieb, kam für sie nicht infrage: „Ich wollte frei praktizieren können“, sagt Wan-delt. Zunächst arbeitete sie bei einem Kollegen in Berlin mit. Die eigene Praxis war nur eine Frage der Zeit, sie übernahm eine im Süden Berlins. Pragmatisch setzte sie eigene Akzente, pflegte den alten Patientenstamm und gewann neue Patienten hinzu. Begeistert ist Wandelt von ihrem Mitarbeiterteam – zwei Mal im Jahr wird zusammen essen gegangen, „freitags, außer-halb der Arbeitszeit, auf Wunsch der Mitarbeiterinnen“, freut sich Wandelt.

Berlin – meine Stadt „Berlin ist meine Heimatstadt – entweder man liebt Berlin oder man lässt es“, konstatiert Wandelt. Wie hat Wandelt die Wende erlebt? „Ganz direkt und hautnah“, erinnert sich die Landes-vorsitzende, „die Stadt schien zu platzen – kurz danach kam der Mauerfall.“ Was tut eine waschechte Berlinerin dann? Natürlich, Wandelt ist direkt über die Mauer geklettert. Neugier, Offen-heit und die Liebe zu ihrem „Handwerk“ schlagen einem im Gespräch mit Thekla Wandelt entgegen; wenn sie beschreibt, wie sie den Patienten mit Fingerspitzengefühl behandelt, findet sie originelle Bilder: „Ich habe eine ausgeprägte Liebe zu Weich- und Hartgewebe“, resümiert Wandet. Wie darf man sich das vorstel-len? „Naja, ich versetze mich in die Rolle einer kleinen Knochen-zelle!“ Ach so, ja klar. Wandelt lacht, „klingt kryptisch, oder?“

Frei im Behandeln fühlt sich Wandelt jedoch trotz eigener Praxis nicht immer – um das Bestmögliche für den Patienten herauszuholen, müsse man vieles privat liquidieren, das nöti-ge Kleingeld sei nicht immer da, die gesetzliche Krankenversi-cherung macht das Arbeiten mit immer neuen Vorgaben nicht einfacher.

Kommunikation, Arbeit, Zusammenarbeit Im Landeverband Berlin steht nun an, neue Akzente zu set-zen, vieles war eingefahren, vieles wurde nicht mehr hinter-fragt: „Man muss motivieren, um junge Menschen für die Sache gewinnen zu können!“ In Berlin führte der Vorstandswechsel jedoch nicht zum Abbruch der Kommunikation zwischen den Altvorderen, es gab Unterstützung für die neue Vorsitzende: „Ein Kollege kam zu mir und sagte: ‚Mach es so, wie Du denkst!’“ Von den Berliner Männern habe sie auch im Hinblick auf „Frausein“ Zuspruch erfahren: „Es wird Zeit, dass sich was ändert“, sei der Tenor gewesen.

Politische Interessen noch effektiver und gezielter durchzuset-zen, das möchte Wandelt unter anderem mit der Stärkung der Bezirksgruppenarbeit erreichen. Helfen soll auch, mit anderen Verbänden und Körperschaften in Kontakt zu kommen.

Und sonst?„Man gewinnt nur an Erfahrungen, wenn man sich auf den Weg macht!“, überlegt Wandelt. Privat liebt die 48-jährige das Motor-radfahren – viel und auch weit weg: Mit Freunden macht sie Touren beispielsweise zur Krim - fast schon entschuldigend sagt Wandelt: „Abends nehmen wir uns schon ein Hotel!“ Mit Fünf-Sterne-Hotels für zahnärztliche Gremiensitzungen und Status-definition über Luxusschlitten scheint Wandelt wenig anfangen zu können. Verantwortung übernehmen, Verantwortung tragen können, das scheint Wandelt mit der freien Berufsausübung zu verbinden. Nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch auf standespolitischer Ebene.

„Was bedeutet Freiheit für Sie?“, bleibt der Journalistin da als letzte Frage: „Alles“, sagt Wandelt.

Eva Britsch

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