1
Rechtsprechung bbl 2008, Heft 1 Februar 27 © Springer-Verlag 2008 gen im angefochtenen Bescheid darzulegen, warum sie vom Fehlen einer UVP-Pflicht und damit von ihrer Zuständigkeit ausgeht. Die Möglichkeit einer Kumula- tionswirkung iSd § 3 Abs 2 UVP-G 2000 hat die bel Beh gar nicht in Betracht gezogen. Sie belastete daher schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl hiezu das Erk v 10.6.1999, Zl. 96/07/0209). (Auebung) Standsicherheit der Nachbargebäude; Privatgutach- ten; Sachverständigengutachten DOI 10.1007/s00738-008-0319-0 § 6 Abs 2 Z 1 nö BauO 1996; §§ 45 Abs 2, 46, 52  AVG  Ein Amtssachverständiger kann – nach Überprü- fung mit Hilfe seines Fachwissens und vor dem  Hintergrund seiner Obliegenheit zur Objektivität  und Wahrheitspflicht – auch Aussagen in einem  (hier: vom Bauwerber vorgelegten) Privatgutach- ten als zutreffend werten und in sein Gutachten  integrieren. VwGH 21.9.2007, 2005/05/0087 <5> Oberösterreich Abstandsbestimmungen; geschlossen bebautes Ge- biet; Beurteilungsgebiet DOI 10.1007/s00738-008-0320-7 § 2 Z 24 oö BauTG 1994 Bei  der  Beurteilung,  ob  ein  „geschlossen  be- bautes Gebiet“ vorliegt, führt auch die Wahl eines  zu großen Beurteilungsgebietes zu irreführenden  Ergebnissen. Bei einem Um- und Zubau eines an einer Straße liegenden  Hauptgebäudes  ergibt  sich  als  Beur- teilungsgebiet naturgemäß ein räumlich zusam- menhängendes und abgrenzbares Gebiet entlang  dieser Straße. VwGH 31.7.2007, 2006/05/0114 <6> Aus der Begründung: Der VwGH hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die von ihm entwickelten Tat- bestandsmerkmale eines „geschlossen bebauten Ge- bietes“ in § 32 Abs 2 Oö BauO 1976 – das erste der vom Erstbf zit Judikate bezieht sich noch auf diese Rechts- lage – nicht undifferenziert auf die nach der neuen Rechtslage vorliegende Legaldefinition des „geschlos- sen bebauten Gebietes“ in § 2 Z 24 Oö BauTG 1994 angewendet werden könnten, liege doch nun eine Le- galdefinition vor, in der die Jud des VwGH nicht wört- lich übernommen worden sei. Es sei nämlich ein gra- dueller Unterschied, ob davon ausgegangen werde, dass Häuser relativ eng – wenn auch mit Zwischenräumen – beieinander stünden und sich die Gebäude überwie- gend in der Nähe der Grundgrenzen befänden (vgl das Erk v 18.1.1994, 93/05/0158), oder ob verlangt werde, dass Gebäude zumindest in einem räumlichen Nahe- verhältnis zur gemeinsamen Nachbargrenze oder Bau- platzgrenze errichtet seien, wobei die durch dieses Lan- desgesetz festgelegten Abstände nicht gegeben seien (vgl die Erk v 29.8.2000, 2000/05/0101, und v 28.9.1999, 99/05/0108). Der Vorstellungsbeh lagen in diesem Zusammen- hang zum einen die von der Baubeh zweiter Instanz eingeholte Stellungnahme und die von dieser in ihrem Bescheid zusätzlich getroffenen Feststellungen, zum anderen das Privatgutachten der Bf vor. Ausgehend vom Befund des Privatgutachtens traf die bel Beh die Feststellung, der Erstbf wäre durch die Beurteilung des Gebietes als geschlossen bebaut nicht in Rechten ver- letzt. Dabei ging die bel Beh von dem Beurteilungsgebiet aus, das dem Privatgutachten zu Grunde lag, nämlich dem Gebiet zwischen Attergaustraße, Wildenhager- straße, Dr. Greil-Straße und Schulgasse. Der Privatgut- achter teilte dieses Gebiet nun in die Zonen A bis C, wobei die Zonen B und C locker oder kaum verbaut seien. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser „Zo- nierung“ und der Lage des Bauprojektes vornehmlich im Bereich B zog der Sachverständige daraus den Schluss, für den Bereich des geplanten Vorhabens lägen die Voraussetzungen eines „geschlossen bebauten Ge- bietes“ nicht vor. Fraglich ist im vorliegenden Fall die Größe des Be- urteilungsgebietes. Dass die Bedachtnahme allein auf die Umgebung des Bauplatzes nicht genügt, hat der VwGH in seinem zu § 32 Abs 2 Oö BauO 1976 ergan- genen Erk v 18.1.1994, 93/05/0158, ausgesprochen; dies gilt auch für die Beurteilung des § 2 Z 24 Oö BauTG 1994. Andererseits führt auch die Wahl eines zu großen Gebietes zu irreführenden Ergebnissen. Aus dem Ge- setz selbst ergibt sich, dass es sich um ein räumlich zusammenhängendes und abgrenzbares Gebiet han- deln muss, in dem die Lage der straßenseitig situierten Hauptgebäude bewertet wird. Handelt es sich – wie im vorliegenden Fall – um den Um- und Zubau eines an einer Straße liegenden Hauptgebäudes, so ergibt sich als Beurteilungsgebiet naturgemäß ein räumlich zu- sammenhängendes und abgrenzbares Gebiet entlang dieser Straße (hier: entlang der Attergaustraße, zwi- schen Schulstrasse und Wildenhagerstraße). Dem ent- sprechend bezog sich die von der Baubeh eingeholte Stellungnahme auch auf beide Seiten der Attergaustra- ße und die dort gegebene vorherrschende Bebauung. Das vom Privatsachverständigen gewählte Beurtei- lungsgebiet bezieht diese Straße hingegen nur am Ran- de (als eine der vier Begrenzungsstraßen) in die Beur- teilung des Gebietes ein. Allerdings ist auch diesem Gutachten zu entnehmen, dass der Bereich entlang der einen in die Betrachtung einbezogenen Seite der Atter- gaustraße als „geschlossen bebautes Gebiet“ zu beurtei- len ist.

Standsicherheit der Nachbargebäude; Privatgutachten; Sachverständigengutachten

  • Upload
    k-giese

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Standsicherheit der Nachbargebäude; Privatgutachten; Sachverständigengutachten

Rechtsprechungbbl2008, Heft 1Februar 27

© Springer-Verlag 2008

gen im angefochtenen Bescheid darzulegen, warum sie vom Fehlen einer UVP-Pflicht und damit von ihrer Zuständigkeit ausgeht. Die Möglichkeit einer Kumula-tionswirkung iSd § 3 Abs 2 UVP-G 2000 hat die bel Beh gar nicht in Betracht gezogen. Sie belastete daher schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl hiezu das Erk v 10.6.1999, Zl. 96/07/0209). (Aufhebung)

Standsicherheit der Nachbargebäude; Privatgutach-ten; Sachverständigengutachten

DOI 10.1007/s00738-008-0319-0

§ 6 Abs 2 Z 1 nö BauO 1996; §§ 45 Abs 2, 46, 52 AVG 

Ein Amtssachverständiger kann – nach Überprü­fung mit Hilfe seines Fachwissens und vor dem Hintergrund seiner Obliegenheit zur Objektivität und Wahrheitspflicht – auch Aussagen in einem (hier: vom Bauwerber vorgelegten) Privatgutach­ten als zutreffend werten und in sein Gutachten integrieren.

VwGH 21.9.2007, 2005/05/0087 <5>

Oberösterreich

Abstandsbestimmungen; geschlossen bebautes Ge-biet; Beurteilungsgebiet

DOI 10.1007/s00738-008-0320-7

§ 2 Z 24 oö BauTG 1994

Bei  der  Beurteilung,  ob  ein  „geschlossen  be­bautes Gebiet“ vorliegt, führt auch die Wahl eines zu großen Beurteilungsgebietes zu irreführenden Ergebnissen.

Bei einem Um­ und Zubau eines an einer Straße liegenden  Hauptgebäudes  ergibt  sich  als  Beur­teilungsgebiet naturgemäß ein räumlich zusam­menhängendes und abgrenzbares Gebiet entlang dieser Straße.

VwGH 31.7.2007, 2006/05/0114 <6>

Aus der Begründung: Der VwGH hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die von ihm entwickelten Tat-bestandsmerkmale eines „geschlossen bebauten Ge-bietes“ in § 32 Abs 2 Oö BauO 1976 – das erste der vom Erstbf zit Judikate bezieht sich noch auf diese Rechts-lage – nicht undifferenziert auf die nach der neuen Rechtslage vorliegende Legaldefinition des „geschlos-sen bebauten Gebietes“ in § 2 Z 24 Oö BauTG 1994 angewendet werden könnten, liege doch nun eine Le-galdefinition vor, in der die Jud des VwGH nicht wört-lich übernommen worden sei. Es sei nämlich ein gra-dueller Unterschied, ob davon ausgegangen werde, dass Häuser relativ eng – wenn auch mit Zwischenräumen

– beieinander stünden und sich die Gebäude überwie-gend in der Nähe der Grundgrenzen befänden (vgl das Erk v 18.1.1994, 93/05/0158), oder ob verlangt werde, dass Gebäude zumindest in einem räumlichen Nahe-verhältnis zur gemeinsamen Nachbargrenze oder Bau-platzgrenze errichtet seien, wobei die durch dieses Lan-desgesetz festgelegten Abstände nicht gegeben seien (vgl die Erk v 29.8.2000, 2000/05/0101, und v 28.9.1999, 99/05/0108).

Der Vorstellungsbeh lagen in diesem Zusammen-hang zum einen die von der Baubeh zweiter Instanz eingeholte Stellungnahme und die von dieser in ihrem Bescheid zusätzlich getroffenen Feststellungen, zum anderen das Privatgutachten der Bf vor. Ausgehend vom Befund des Privatgutachtens traf die bel Beh die Feststellung, der Erstbf wäre durch die Beurteilung des Gebietes als geschlossen bebaut nicht in Rechten ver-letzt.

Dabei ging die bel Beh von dem Beurteilungsgebiet aus, das dem Privatgutachten zu Grunde lag, nämlich dem Gebiet zwischen Attergaustraße, Wildenhager-straße, Dr. Greil-Straße und Schulgasse. Der Privatgut-achter teilte dieses Gebiet nun in die Zonen A bis C, wobei die Zonen B und C locker oder kaum verbaut seien. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser „Zo-nierung“ und der Lage des Bauprojektes vornehmlich im Bereich B zog der Sachverständige daraus den Schluss, für den Bereich des geplanten Vorhabens lägen die Voraussetzungen eines „geschlossen bebauten Ge-bietes“ nicht vor.

Fraglich ist im vorliegenden Fall die Größe des Be-urteilungsgebietes. Dass die Bedachtnahme allein auf die Umgebung des Bauplatzes nicht genügt, hat der VwGH in seinem zu § 32 Abs 2 Oö BauO 1976 ergan-genen Erk v 18.1.1994, 93/05/0158, ausgesprochen; dies gilt auch für die Beurteilung des § 2 Z 24 Oö BauTG 1994. Andererseits führt auch die Wahl eines zu großen Gebietes zu irreführenden Ergebnissen. Aus dem Ge-setz selbst ergibt sich, dass es sich um ein räumlich zusammenhängendes und abgrenzbares Gebiet han-deln muss, in dem die Lage der straßenseitig situierten Hauptgebäude bewertet wird. Handelt es sich – wie im vorliegenden Fall – um den Um- und Zubau eines an einer Straße liegenden Hauptgebäudes, so ergibt sich als Beurteilungsgebiet naturgemäß ein räumlich zu-sammenhängendes und abgrenzbares Gebiet entlang dieser Straße (hier: entlang der Attergaustraße, zwi-schen Schulstrasse und Wildenhagerstraße). Dem ent-sprechend bezog sich die von der Baubeh eingeholte Stellungnahme auch auf beide Seiten der Attergaustra-ße und die dort gegebene vorherrschende Bebauung.

Das vom Privatsachverständigen gewählte Beurtei-lungsgebiet bezieht diese Straße hingegen nur am Ran-de (als eine der vier Begrenzungsstraßen) in die Beur-teilung des Gebietes ein. Allerdings ist auch diesem Gutachten zu entnehmen, dass der Bereich entlang der einen in die Betrachtung einbezogenen Seite der Atter-gaustraße als „geschlossen bebautes Gebiet“ zu beurtei-len ist.