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Donnerstag, 26. April 1956 Blatt 11 9tcite<;3iird)cr teilung Abendausgabe Nr. 1203 START IN DIE TENNIS-SAISON 1956 Taktische Ratschläge für den Singlespieler Von Hans Huonder, Tennistrainer Wie wenige der mittelmäßigen, ja sogar Spitzenspieler denken während des Spiels an die Taktik. Ueber Technik wird viel geschrie- ben, doch verhältnismäßig wenig über Taktik, so daß ich den Versuch unternehme, dem Tennis- spieler einige wichtige Ratschläge zu unterbrei- ten. De r Leser wird staunen, wieviel mehr Wir- kung er aus seinem Spiel hervorbringen kann, wenn er von einigen wichtigen taktischen Er - wägungen ausgeht. De r Aufschlag De r vom Mittelpunkt der Grundlinie aus geschlagene Service sollte allgemein mit plötz- lich eingestreute n Cross-Serviceaufschlägen ver- mischt werden. Ein kurzer und flach geschlage- ner Service is t dann nützlich, wenn der Gegner einen langen erwartet und deshalb auf oder hinter der Grundlinie in dessen Erwartung steht. Ocsterreichs Meisterin Zic.il Bros mit einem an- mutigen SpitzcnröcJücin Daraus ergibt sich die Konsequenz, den Auf- schlag in der Länge, Härte und im Schnitt oft zu variieren. Ein weicher und ungenau geschla- gener Aufschlagball gibt dem Gegner die Mög- lichkeit, den Return hart in die Ecken zu placieren und zum Netz aufzuschließen. Stelle dich nach erfolgtem Aufschlag etwa einen Meter hinter die Grundlinie in die Mitte des Platzes, um für den Gegenschlag bereit zu sein. Vermeide es, unvorbereitet oder unentschlossen ans Netz aufzurücken. Verharre entweder an der Grund- linie oder greife konsequent an. Nach dem Service vorzulaufen, ist gegen einen ebenbürtigen Gegner gefährlich, gegen einen überlegenen sehr schwer. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den Aufschlag lang zu spielen und gut zu placieren, um auf diese Weise den Gegner in die Defensive zu drangen und den Return aus der Abwehrstellung heraus zu erwarten. Uni nach dem Aufschlag vorzulau- fen und ans Netz aufzuschließen, benötigst du viel Ausdauer und einen wirksamen Volley; denn jeder weiß, wie anstrengend auf die Dauer ein harter und placierter Aufschlag mit an- schließendem Vorlaufen ist. Für den mittel- mäßigen Spieler empfiehlt es sich, nach erfolg- tem Aufschlag knapp hinter der Grundlinie den Return zu erwarten, um erst später den Angriff aufzubauen. Viele Spieler stehen zu nahe der Mittellinie, um den gegnerischen Aufschlag abzunehmen. Das ist nicht der richtige Standort. Natürlich wird dir der Gegner wenig auf Backhand servieren können, doch einen gut gesetzten Aufschlagball auf die Mittellinie kannst du auch nicht umlaufen. Der Crossaufschlag ist für dich kaum ebzuneh- men, oder dann nur im Laufen. Aus diesem Grund lerne das Servicefeld gut zu decken. Den zweiten, weicheren gegnerischen Aufschlag soll- test du wenn möglich mit deinem besser n Schlag retournieren, jedoch auch hier die Felddeckung nicht vernachlässigen. De r Drive De r Drive ist der wichtigste Schlag im Ein- zel, und jeder erfahrene Spieler weiß, daß man den Ball möglichst lang und nahe an die gegne- rische Grundlinie spielen soll. Der Grund hegt darin, daß der zurückgedrängte Gegner in seinen Schlagen kurzer wird. Dadurch erwachsen dir größere Winkelmöglichkeiten, um den Gegner auszumanövrieren, und du kannst leicht ans Netz vorgehen. Spiele zuerst einen, eventuell zwei bis drei lange Grundlinieneckbälle, darauf auf die andere Seite einen kürzeren, gewinkelten Sejten- linienball, der den Gegner aus dem Platz drangt . Selbstverständlich sollte immer etwas variiert und der Gegner unter Druck gehalten werden. Der Lob Im Single wird der Lob meist als Defensiv- ball angewendet, außer wenn der Gegner zu nah ans Netz aufgerückt, ist und ein Passierball zu riskant wäre. In diesem Fall ist der Offensivlob am Platze, den der Gegner auch hochspringend nicht abzufangen imstande und der zu schnell ist, als daß er ihn im Rückwärtslaufen noch zu erreichen vormöchte. Wenn ein gegnerischer Aufschlag dich aus dem Platz drangt, dann wende den hohen und langen Grundlinienlob an; wenn der Gegner seine Chance picht am Netz wahrnimmt, genügt aber auch ein mittelhoher, langsamer und langer Ball. Auch bei einem stark gewinkelten Grundlinienball drangt sich ein Lob auf, um rechtzeitig wieder in Stellung zu laufen und den Platz zu decken. Stopbälle De r Stop ist für die meisten Spieler der am schwersten zu erlernende Ball. Er ist im Single jedoch so wertvoll, daß er unbedingt erlernt werden sollt«. Durch den kurz hinter das Netz gespielten Ball zwingt man den Gegner zum forcierten und schnellen Vorlaufen, und sofern er ihn doch erreicht, kan n er mit dem nächsten Ball überspielt (Lob) werden. Diese Taktik er- müdet den Gegner mehr als jeder andere Schlag, während er von dir kaum eine Anstrengung er - fordert. Grundbedingung jedoch ist und ritt liegt der Haken die perfekte Beherr- iing des Stops. Gerät er zu lang oder zu hoch, so stehst du selbst auf verlorenem Posten. Daß ein Stopball nicht unfair ist, sollte nicht mehr gesagt werden, doch gegen ältere Spieler sollte man ihn nicht zu oft anwenden. Smash und Volley Smash (Schmetterball) und Volley sind die Endschläge eines jeden Ballwechsels. Nachdem du den Gegner in Schwierigkeiten gebracht oder aus dem Platz gedrängt hast, mußt du den Funkt am Netz beenden. Dabei sind Smash oder Volley derart zu winkeln, daß der Gegner keine Chance mehr sieht, sie zu erreichen. Jeder ans Netz vorgehende Spieler sollte imstande sein, einen ungenau gespielten Lob durch Schmettern abzutun. Das Volleyieren geschieht sehr nah am Netz, worauf du nach beendetem Schlag etwa einen Meter zurückgehst, um für einen eventuell durch den Gegner angebrachten Lob genistet und in guter Stellung zu sein. Der Netzspieler sollte sich konstant leicht bewegen (hüpfen), um auf den folgenden Ball zu reagieren, sei es seitlich, vor- oder rückwärts. Am Netz sollte man fähig sein, ungefähr zu fühlen, auf welche Seite der Gegner den Ball zu spielen gedenkt. Durch genaues Beobachten deines Gegners fin- dest du heraus, ob er am Netz zu passieren trachtet, im allgemeinen lieber quer spielt oder den Ball der Linie entlang schlagt und unter Umständen Lobs einschaltet. Beobachte diese Passierschläge gut und merke dir die am meisten gespielten, um herauszufinden, wo du den Ball abfangen und zum Punkt auswerten kannst. Am Netz ist jeder Sekundenbruchteil von entschei- dender Bedeutung. Die argentinische Meisterin Mrs. Weiss posiert in Gstaad vor den Photographen Wann ist ans Nets vorzugehen? Das schwierigste Problem im Single stellt sich in der Bestimmung d&>; Zeitpunktes zum Vorgehen ans Netz. Es hängt so vieles vom Charakteristikum der beiden . Spieler ab. Der richtige Weg ist der; Entschließest du dich zum Vorgehen, zögere keinen Moment und bleibe nicht auf halbem Weg stehen. Fühlst du, daß der richtige Zeitpunkt noch n'cht gekommen ist, so warte ab und bereite eine günstigere Gelegen- heit vor. Wie aber soll der Schlag ausgeführt sein, wenn ich ans Netz vorgehe1? In dieser Hin- sicht gibt es viele Ansichten, c.och eine wird von jedermann anerkannt: der Schlag soll möglichst lang sein, damit ihn der Gegner erst hinter der Grundlinie retournieren kann. Soll dieser Schlag in die Ecken oder in die Mitte des Courts ge- spielt werden T Dies zu bestimmen ist der wunde Punkt. Mittelgrundlinienschläge gelten als Neu- heit, haben jedoch ebenso viele Anhänger wie Gegner. Meine Theorie ist die, daß ein tiefer und auch hart geschlagener Mittelfeldschlag kaum unnehmbar quer gespielt werden kann, ohne daß er ins Aus geht. Die gegnerische Ant- wort auf solche Bälle besteht in einem guten Lob über den ans Netz stürmenden Spieler. Um zum Erfolg zu gelangen, muß der Netzspieler gut sma-shen können. Doch ehrlich: wie viele Spieler besitzen dieses Können? Anders ist die Situation, wenn der Netzspieler auf einen harten und langen, in die Ecke des Courts gespielten Grundlinienball auf die schwächere Seite des Gegners vorgeht, vor allem wenn er den Gegner schon zuvor durch ausgedehnte Ballwechsel zum Laufen gebracht hat. Jetzt kommt die Chance, um am Netz abzuschließen. Richtig ist die Uebcr- legung, daß aus einer Ecke heraus gut Longline- bälle anzubringen sind. Auch ein Cross ist mög- lich, doch darf man nicht vergessen, daß ein zu hart geschlagener Cross leicht ins Out geht, und ein im Laufen geschlagener Longlineball ist nicht leicht auszuführen, speziell mit dem schwächeren Schlag. Natürlich gibt es noch ver- schiedene Abarten in der Taktik des Angriffs, doch gebe ich den guten Rat: Greift möglichst natürlich an; denn in der Einfachheit liegt der Erfolg, nicht in der Komplikation. Grundlinienspiel Ehe ein Schlag am Netz abgeschlossen wer- den kann, sind die Schlage von der Grundlinie aus vorzubereiten. Der Gegner ist aus dem Platz zu drängen oder muß in Schwierigkeit gebracht werden, damit seine Bälle an Länge verlieren. Nun ist der Moment des Vorgehens an Netz gekommen, doch das ist nicht immer leicht. Bist du schneil und wendig1, so stehe nahe der Grund- linie; willst du den Gegner mit langen Ball- wechseln ermüden, so stelle dich etwas hinter der Grundlinie auf. Halte dich nie in der Ge- fahrenzone zwischen Grundlinie und Service- linie auf, wenn du nicht Spezialist in tiefen Volleys oder Half volleys bist; diese beiden Schlage sind jedoch äußerst schwierig zu erler- nen. Halte dich also nie in diesem gefährlichen Raum auf, sondern laufe konsequent nach vorn oder bewege dich wieder zurück zur Grundlinie und warte die nächste, bessere Gelegenheit ab. Bist du auf Forehand stärker, so stehe trotzdem nicht in der Backhandecke, ansonst du unweiger- lich deine schwache Seite verrätst; tue dasselbe auch nicht umgekehrt. Tennismode einst und jetzt Von Lilly Wollerner, Nizea±rJ '* r.Otat Eines der besten Doppclpaare der Welt, die Australier Uoad (beim Schmettern) und Koscwall Als unsere Großmütter um 1890 herum in wallenden Leinenkleidern dem eben erst auf- gekommenen Tennissport huldigten, hätten sie es kaum für möglich gehalten, daß ihre Nachkom- men dereinst strumpflos, hutlos, ärmellos und in schamlos kurzen Höscheu, Shorts genannt, die- sem noblen Sport öffentlich frönen würden. Aber auch männlicherseits hat sich manches ge- ändert, obwohl hier «moralisch» nicht derart stark gefrevelt wurde wie bei den Damen. Tempora mutantur. Es sei jedoch gesagt, daß die Tennismode, wie wir sie heute als selbst- verständlich hinnehmen nackte Beine mit Söckchen, ärmellose Kleider oder Hemden, kurze Faltenröcke oder auf eine minimale Länge redu- zierte Shorts , sich hart durchzukämpfen hatte, ehe sie in der neuen Form etwa um 1935 herum geduldet wurde. Man weiß, daß der Tennissport seit seinem Bestehen von England aus dirigiert und beein- flußt wurde. Wimbledon ist seit jeher die Hoch- burg des Tennis gewesen, nicht nur in bezug auf das sportliche Verhalten, die Leistungen und Resultate, sondern auch hinsichtlich der Klei- dung. Da die englische Königsfamilie seit jeher dem Tennis gegenüber großes Interesse bekun- dete und es auch heute noch tut und an den «Championships» persönlich vertreten ist, kann man verstehen, daß 'auch die Fragen der Tennis- mode eng mit Wimbledon verknüpft sind. Wenn sich also eine modische Neuerung im Tennis durchsetzen will, mußte sie erst einmal in Wimbledon akzeptiert werden. Königin Mary war dem Tennis besonders er- geben, in ihren Ansichten jedoch sehr strikt. Daher wird es weiter nicht verwundern, zu ver- nehmen, daß auf dem Centrecourt Wimbledons die Abschaffung der weißen Zwirn- oder Baum- wollstrümpfe der Damen durch sie erst 1935 geduldet wurde. Simone Mathieu, während zehn Jahren Frankreichs Meisterin und die unmittel- bare Nachfolgerin Suzanne Lenglens, erzählt von ihrem ersten Kampf gegen Helen Wills 1926, als sie weiße Strümpfe trug. Sie gibt gerne zu, daß es bedeutend angenehmer ist, strumpflos zu spielen, um nicht der Gefahr aus- gesetzt zu sein, Punkte zu verlieren, wenn ein Strumpfband rieh lockern oder reißen sollte... Mme Mathieu war übrigens vor dem Krieg eine der ersten Spielerinnen, die sich Schuhen mit Bastsohlen bediente. Sie spielte nur in «espa- drilles», die sie sich eigens in Pau anfertigen ließ. Sie spricht sich noch heute gegen das Tragen von Tennisschuhen mit dicken Sohlen aus, deren Gewicht den Fuß ermüdet. Das Auftauchen der ersten Shorts erregte seinerzeit großes Aufseilen. Bunny Austin trug 1931 in Wimbledon die ersten Shorts, da er unter Wadenkrämpfen litt, deren Auftreten er den langen Hosen zuschrieb. Schon zehn Jahre zuvor hatte Hillyard, besonders an schweizeri- schen Turnieren, Shorts getragen. Als Helen Jacobs die weiblichen Shorts 1937 einführte, war die Tennismode bereits revolu- tioniert. Die bildhübsche Spanierin Lilly de Alvarez hatte schon sechs Jahre vorher einen Vorstoß in Richtung Shorts unternommen, als sie in ihren Hosenröckchen in Wimbledon an- trat. Suzanne Lenglen war im Grunde genommen die Vorläuferin aller heute noch exzentrischen Variationen in der Tennismode. Die große Per- sönlichkeit der «Göttlichen» brachte es mit sich. daß die graziöse Französin dem Sport, der sie berühmt gemacht hatte, auch in der Kleidung eine persönliche Prägung zu verleihen trachtete. Suzanne Lenglen hat vor allem den Turban ein- geführt, den sie kunstvoll um die Stirn zu win- den verstand. Sie trog diesen Turban in allen möglichen Pastellfarben mit dazu passenden Jäckchen. Sie trug auch bereits Unterwäsche Gräfin Clara von der Schulenburg gehörte «m die Jahrhundertwende ei» den zehn besten Spielerinnen der Welt mit Spitzensauro unter dem damals noch ziem- lich langen und wallenden Rock. Helen Wills, die im Gegensatz zu Mlle Len- glen die Eigenart der amerikanischen Sportlerin zu betonen versuchte, führte die Schildmütze ein; der Turban war damit abgesetzt. Cilly Aussem trug pastellfarbene Wollhemden zu einem sportlichen Röckchen. Alice Marble und ihre Nachfolgerinnen bis zu Gussie Moran hiel- ten die geraden Shorts oder den Faltenrock in Ehren. Dann erfolgte der Ruf: «Zurück zur Weiblichkeit!» Er kam aus Kalifornien, mit «glnniorous» Gussie, ihren Spitzenröekchen, den bunten Schleifen im Haar, den «Schlußrnndcn»- Kleidern. Mit ihr kam eine neue Branche: die- jenige der Tennismodeschöpfer. Teddy Tinling ist heute in London der Mann, der alle Tennisstars anzieht. Maureen Connolly war natürlich seine «Kundin»; er hat sogar ihr Brautkleid entworfen. Heute gibt es im Tennis genau so eine «H»-, «A»- oder «Z»-Linic wie in der Haute Couture. Es werden alle möglichen Stoffe verwendet: Spitzen und Stickereien, Lamö und Seide, Neue Zürcher Zeitung vom 26.04.1956

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Donnerstag, 26. April 1956 Blatt 11 9tcite<;3iird)cr teilung Abendausgabe Nr. 1203

START IN DIE TENNIS-SAISON 1956Taktische Ratschläge für den Singlespieler

Von Hans Huonder, Tennistrainer

Wie wenige der mittelmäßigen, ja sogarSpitzenspieler denken während des Spiels andie Taktik. Ueber Technik wird viel geschrie-ben, doch verhältnismäßig wenig über Taktik,so daß ich den Versuch unternehme, dem Tennis-spieler einige wichtige Ratschläge zu unterbrei-ten. D er Leser wird staunen, wieviel mehr Wir-kung er aus seinem Spiel hervorbringen kann,wenn er von einigen wichtigen taktischen E r-wägungen ausgeht.

D er Aufschlag

D er vom Mittelpunkt der Grundlinie ausgeschlagene Service sollte allgemein mit plötz-lich eingestreuten Cross-Serviceaufschlägen ver-mischt werden. Ein kurzer und flach geschlage-ner Service i st dann nützlich, wenn der Gegnereinen langen erwartet und deshalb auf oderhinter der Grundlinie in dessen Erwartung steht.

Ocsterreichs Meisterin Zic.il Bros mit einem an-mutigen SpitzcnröcJücin

Daraus ergibt sich die Konsequenz, den Auf-schlag in der Länge, Härte und im Schnitt oftzu variieren. Ein weicher und ungenau geschla-gener Aufschlagball gibt dem Gegner die Mög-lichkeit, den Return hart in die Ecken zuplacieren und zum Netz aufzuschließen. Stelledich nach erfolgtem Aufschlag etwa einen Meterhinter die Grundlinie in die Mitte des Platzes,um für den Gegenschlag bereit zu sein. Vermeidees, unvorbereitet oder unentschlossen ans Netzaufzurücken. Verharre entweder an der Grund-linie oder greife konsequent an.

Nach dem Service vorzulaufen, ist gegeneinen ebenbürtigen Gegner gefährlich, gegeneinen überlegenen sehr schwer. Daraus ergibtsich die Notwendigkeit, den Aufschlag lang zuspielen und gut zu placieren, um auf dieseWeise den Gegner in die Defensive zu drangenund den Return aus der Abwehrstellung herauszu erwarten. Uni nach dem Aufschlag vorzulau-fen und ans Netz aufzuschließen, benötigst duviel Ausdauer und einen wirksamen Volley;denn jeder weiß, wie anstrengend auf die Dauerein harter und placierter Aufschlag mit an-schließendem Vorlaufen ist. Für den mittel-mäßigen Spieler empfiehlt es sich, nach erfolg-tem Aufschlag knapp hinter der Grundlinie denReturn zu erwarten, um erst später den Angriffaufzubauen.

Viele Spieler stehen zu nahe der Mittellinie,um den gegnerischen Aufschlag abzunehmen. Dasist nicht der richtige Standort. Natürlich wirddir der Gegner wenig auf Backhand servierenkönnen, doch einen gut gesetzten Aufschlagball auf

die Mittellinie kannst du auch nicht umlaufen.Der Crossaufschlag ist für dich kaum ebzuneh-men, oder dann nur im Laufen. Aus diesemGrund lerne das Servicefeld gut zu decken. Denzweiten, weicheren gegnerischen Aufschlag soll-test du wenn möglich mit deinem bessern Schlagretournieren, jedoch auch hier die Felddeckungnicht vernachlässigen.

D er Drive

D er Drive ist der wichtigste Schlag im Ein-zel, und jeder erfahrene Spieler weiß, daß manden Ball möglichst lang und nahe an die gegne-rische Grundlinie spielen soll. Der Grund hegtdarin, daß der zurückgedrängte Gegner in seinenSchlagen kurzer wird. Dadurch erwachsen dirgrößere Winkelmöglichkeiten, um den Gegnerauszumanövrieren, und du kannst leicht ans Netzvorgehen. Spiele zuerst einen, eventuell zwei bisdrei lange Grundlinieneckbälle, darauf auf dieandere Seite einen kürzeren, gewinkelten Sejten-linienball, der den Gegner aus dem Platz drangt.Selbstverständlich sollte immer etwas variiertund der Gegner unter Druck gehalten werden.

Der Lob

Im Single wird der Lob meist als Defensiv-ball angewendet, außer wenn der Gegner zu nahans Netz aufgerückt, ist und ein Passierball zuriskant wäre. In diesem Fall ist der Offensivlobam Platze, den der Gegner auch hochspringendnicht abzufangen imstande und der zu schnellist, als daß er ihn im Rückwärtslaufen noch zuerreichen vormöchte. Wenn ein gegnerischerAufschlag dich aus dem Platz drangt, dannwende den hohen und langen Grundlinienlob an;wenn der Gegner seine Chance picht am Netzwahrnimmt, genügt aber auch ein mittelhoher,langsamer und langer Ball. Auch bei einemstark gewinkelten Grundlinienball drangt sichein Lob auf, um rechtzeitig wieder in Stellungzu laufen und den Platz zu decken.

Stopbälle

D er Stop ist für die meisten Spieler der amschwersten zu erlernende Ball. Er ist im Singlejedoch so wertvoll, daß er unbedingt erlerntwerden sollt«. Durch den kurz hinter das Netzgespielten Ball zwingt man den Gegner zumforcierten und schnellen Vorlaufen, und sofern erihn doch erreicht, k a nn er mit dem nächstenBall überspielt (Lob) werden. Diese Taktik er-müdet den Gegner mehr als jeder andere Schlag,während er von dir kaum eine Anstrengung e r-fordert. Grundbedingung jedoch ist und

ritt liegt der Haken die perfekte Beherr-iing des Stops. Gerät er zu lang oder zuhoch, so stehst du selbst auf verlorenem Posten.Daß ein Stopball nicht unfair ist, sollte nichtmehr gesagt werden, doch gegen ältere Spielersollte man ihn nicht zu oft anwenden.

Smash und Volley

Smash (Schmetterball) und Volley sind dieEndschläge eines jeden Ballwechsels. Nachdemdu den Gegner in Schwierigkeiten gebracht oderaus dem Platz gedrängt hast, mußt du denFunkt am Netz beenden. Dabei sind Smash oderVolley derart zu winkeln, daß der Gegner keineChance mehr sieht, sie zu erreichen. Jeder ansNetz vorgehende Spieler sollte imstande sein,einen ungenau gespielten Lob durch Schmetternabzutun. Das Volleyieren geschieht sehr nah amNetz, worauf du nach beendetem Schlag etwaeinen Meter zurückgehst, um für einen eventuelldurch den Gegner angebrachten Lob genistetund in guter Stellung zu sein. Der Netzspielersollte sich konstant leicht bewegen (hüpfen), umauf den folgenden Ball zu reagieren, sei esseitlich, vor- oder rückwärts. Am Netz sollteman fähig sein, ungefähr zu fühlen, auf welcheSeite der Gegner den Ball zu spielen gedenkt.Durch genaues Beobachten deines Gegners fin-dest du heraus, ob er am Netz zu passierentrachtet, im allgemeinen lieber quer spielt oderden Ball der Linie entlang schlagt und unterUmständen Lobs einschaltet. Beobachte diesePassierschläge gut und merke dir die am meistengespielten, um herauszufinden, wo du den Ballabfangen und zum Punkt auswerten kannst. AmNetz ist jeder Sekundenbruchteil von entschei-dender Bedeutung.

Die argentinische Meisterin Mrs. Weiss posiert inGstaad vor den Photographen

Wann ist ans Nets vorzugehen?

Das schwierigste Problem im Single stelltsich in der Bestimmung d&>; Zeitpunktes zumVorgehen ans Netz. Es hängt so vieles vomCharakteristikum der beiden

.

Spieler ab. Derrichtige Weg ist der; Entschließest du dich zumVorgehen, zögere keinen Moment und bleibenicht auf halbem Weg stehen. Fühlst du, daßder richtige Zeitpunkt noch n'cht gekommen ist,so warte ab und bereite eine günstigere Gelegen-heit vor. Wie aber soll der Schlag ausgeführtsein, wenn ich ans Netz vorgehe1? In dieser Hin-sicht gibt es viele Ansichten, c.och eine wird vonjedermann anerkannt: der Schlag soll möglichstlang sein, damit ihn der Gegner erst hinter derGrundlinie retournieren kann. Soll dieser Schlag

in die Ecken oder in die Mitte des Courts ge-spielt werden T Dies zu bestimmen ist der wundePunkt. Mittelgrundlinienschläge gelten als Neu-heit, haben jedoch ebenso viele Anhänger wieGegner. Meine Theorie ist die, daß ein tieferund auch hart geschlagener Mittelfeldschlagkaum unnehmbar quer gespielt werden kann,ohne daß er ins Aus geht. Die gegnerische Ant-wort auf solche Bälle besteht in einem gutenLob über den ans Netz stürmenden Spieler. Umzum Erfolg zu gelangen, muß der Netzspielergut sma-shen können. Doch ehrlich: wie vieleSpieler besitzen dieses Können? Anders ist dieSituation, wenn der Netzspieler auf einen hartenund langen, in die Ecke des Courts gespieltenGrundlinienball auf die schwächere Seite desGegners vorgeht, vor allem wenn er den Gegnerschon zuvor durch ausgedehnte Ballwechsel zumLaufen gebracht hat. Jetzt kommt die Chance,um am Netz abzuschließen. Richtig ist die Uebcr-legung, daß aus einer Ecke heraus gut Longline-bälle anzubringen sind. Auch ein Cross ist mög-lich, doch darf man nicht vergessen, daß ein zuhart geschlagener Cross leicht ins Out geht, undein im Laufen geschlagener Longlineball istnicht leicht auszuführen, speziell mit demschwächeren Schlag. Natürlich gibt es noch ver-schiedene Abarten in der Taktik des Angriffs,doch gebe ich den guten Rat: Greift möglichstnatürlich an; denn in der Einfachheit liegt derErfolg, nicht in der Komplikation.

Grundlinienspiel

Ehe ein Schlag am Netz abgeschlossen wer-den kann, sind die Schlage von der Grundlinieaus vorzubereiten. Der Gegner ist aus dem Platzzu drängen oder muß in Schwierigkeit gebrachtwerden, damit seine Bälle an Länge verlieren.Nun ist der Moment des Vorgehens an Netzgekommen, doch das ist nicht immer leicht. Bistdu schneil und wendig1, so stehe nahe der Grund-linie; willst du den Gegner mit langen Ball-wechseln ermüden, so stelle dich etwas hinterder Grundlinie auf. Halte dich nie in der Ge-fahrenzone zwischen Grundlinie und Service-linie auf, wenn du nicht Spezialist in tiefenVolleys oder Halfvolleys bist; diese beidenSchlage sind jedoch äußerst schwierig zu erler-nen. Halte dich also nie in diesem gefährlichenRaum auf, sondern laufe konsequent nach vornoder bewege dich wieder zurück zur Grundlinieund warte die nächste, bessere Gelegenheit ab.Bist du auf Forehand stärker, so stehe trotzdemnicht in der Backhandecke, ansonst du unweiger-lich deine schwache Seite verrätst; tue dasselbeauch nicht umgekehrt.

Tennismode einst und jetzt

Von Lilly Wollerner, Nizea±rJ'* r.Otat

Eines der besten Doppclpaare der Welt, die Australier Uoad (beim Schmettern) und Koscwall

Als unsere Großmütter um 1890 herum inwallenden Leinenkleidern dem eben erst auf-gekommenen Tennissport huldigten, hätten sie eskaum für möglich gehalten, daß ihre Nachkom-men dereinst strumpflos, hutlos, ärmellos und inschamlos kurzen Höscheu, Shorts genannt, die-sem noblen Sport öffentlich frönen würden.Aber auch männlicherseits hat sich manches ge-ändert, obwohl hier «moralisch» nicht derartstark gefrevelt wurde wie bei den Damen.

Tempora mutantur. Es sei jedoch gesagt,daß die Tennismode, wie wir sie heute als selbst-verständlich hinnehmen nackte Beine mitSöckchen, ärmellose Kleider oder Hemden, kurzeFaltenröcke oder auf eine minimale Länge redu-zierte Shorts , sich hart durchzukämpfen hatte,ehe sie in der neuen Form etwa um 1935 herumgeduldet wurde.

Man weiß, daß der Tennissport seit seinemBestehen von England aus dirigiert und beein-flußt wurde. Wimbledon ist seit jeher die Hoch-burg des Tennis gewesen, nicht nur in bezug aufdas sportliche Verhalten, die Leistungen undResultate, sondern auch hinsichtlich der Klei-dung. Da die englische Königsfamilie seit jeherdem Tennis gegenüber großes Interesse bekun-dete und es auch heute noch tut und an den«Championships» persönlich vertreten ist, kannman verstehen, daß 'auch die Fragen der Tennis-mode eng mit Wimbledon verknüpft sind. Wennsich also eine modische Neuerung im Tennisdurchsetzen will, mußte sie erst einmal inWimbledon akzeptiert werden.

Königin Mary war dem Tennis besonders er-geben, in ihren Ansichten jedoch sehr strikt.Daher wird es weiter nicht verwundern, zu ver-nehmen, daß auf dem Centrecourt Wimbledonsdie Abschaffung der weißen Zwirn- oder Baum-wollstrümpfe der Damen durch sie erst 1935geduldet wurde. Simone Mathieu, während zehnJahren Frankreichs Meisterin und die unmittel-bare Nachfolgerin Suzanne Lenglens, erzähltvon ihrem ersten Kampf gegen Helen Wills1926, als sie weiße Strümpfe trug. Sie gibtgerne zu, daß es bedeutend angenehmer ist,strumpflos zu spielen, um nicht der Gefahr aus-gesetzt zu sein, Punkte zu verlieren, wenn einStrumpfband rieh lockern oder reißen sollte...Mme Mathieu war übrigens vor dem Krieg eineder ersten Spielerinnen, die sich Schuhen mitBastsohlen bediente. Sie spielte nur in «espa-drilles», die sie sich eigens in Pau anfertigenließ. Sie spricht sich noch heute gegen dasTragen von Tennisschuhen mit dicken Sohlenaus, deren Gewicht den Fuß ermüdet.

Das Auftauchen der ersten Shorts erregteseinerzeit großes Aufseilen. Bunny Austin trug1931 in Wimbledon die ersten Shorts, da erunter Wadenkrämpfen litt, deren Auftreten erden langen Hosen zuschrieb. Schon zehn Jahrezuvor hatte Hillyard, besonders an schweizeri-schen Turnieren, Shorts getragen.

Als Helen Jacobs die weiblichen Shorts 1937einführte, war die Tennismode bereits revolu-tioniert. Die bildhübsche Spanierin Lilly deAlvarez hatte schon sechs Jahre vorher einenVorstoß in Richtung Shorts unternommen, alssie in ihren Hosenröckchen in Wimbledon an-trat.

Suzanne Lenglen war im Grunde genommendie Vorläuferin aller heute noch exzentrischen

Variationen in der Tennismode. Die große Per-sönlichkeit der «Göttlichen» brachte es mit sich.daß die graziöse Französin dem Sport, der sieberühmt gemacht hatte, auch in der Kleidungeine persönliche Prägung zu verleihen trachtete.Suzanne Lenglen hat vor allem den Turban ein-geführt, den sie kunstvoll um die Stirn zu win-den verstand. Sie trog diesen Turban in allenmöglichen Pastellfarben mit dazu passendenJäckchen. Sie trug auch bereits Unterwäsche

Gräfin Clara von der Schulenburg gehörte «m dieJahrhundertwende ei» den zehn besten Spielerinnen

der Welt

mit Spitzensauro unter dem damals noch ziem-lich langen und wallenden Rock.

Helen Wills, die im Gegensatz zu Mlle Len-glen die Eigenart der amerikanischen Sportlerinzu betonen versuchte, führte die Schildmützeein; der Turban war damit abgesetzt. CillyAussem trug pastellfarbene Wollhemden zueinem sportlichen Röckchen. Alice Marble undihre Nachfolgerinnen bis zu Gussie Moran hiel-ten die geraden Shorts oder den Faltenrock inEhren. Dann erfolgte der Ruf: «Zurück zurWeiblichkeit!» Er kam aus Kalifornien, mit«glnniorous» Gussie, ihren Spitzenröekchen, denbunten Schleifen im Haar, den «Schlußrnndcn»-Kleidern. Mit ihr kam eine neue Branche: die-jenige der Tennismodeschöpfer.

Teddy Tinling ist heute in London derMann, der alle Tennisstars anzieht. MaureenConnolly war natürlich seine «Kundin»; er hatsogar ihr Brautkleid entworfen.

Heute gibt es im Tennis genau so eine «H»-,«A»- oder «Z»-Linic wie in der Haute Couture.Es werden alle möglichen Stoffe verwendet:Spitzen und Stickereien, Lamö und Seide,

Neue Zürcher Zeitung vom 26.04.1956

Nylon unif P"üsses7 und was" sich alles in Weißerfinden läßt.

Wimbledon i st zu einer Modeschau gewor-den. Jede internationale Spielerin besitzt ihre<;Wimbledon>;-Garderobe. An zweitklassigen Tur-nieren werden «unmodernere» Kleider getragen.Als besonders gut angezogen gelten Mme Cha-trier-Partridge, Mrs. Davidson-Scof icld, Frl. Kol-ler und Mrs. Fleitz-Baker, um nur einige derTennismodedamen zu nennen. Gussie Moran undLea Pericoli haben auf dem Gebiet der Exzen-trik viel von sich reden gemacht Vom wallen-

Gussic Moran (USA) mit sportlichen Shorts

den Rock unserer Großmütter i st man beinahebeim «Bikini» gelandet . .

Auch im Herrenlagef hat sich einiges ge-ändert. Der Strohhut, den Schwedens König,«Mr. G.», bis 1939 an den Rivieraturnieren trug,gilt als «passe», die Jockeymütze mit Schild je-doch als guter Sonnenschutz. Neben den Shortsbegegnet man noch immer der langen Tennis-hose, dagegen sind die' aufgekrempelten Aermelweißer Leinenhemden fast ganz verschwundenund haben den Zwirn- und Wollshirts, denenLacoste seinen Namen gab (später auch Perry),Platz gemacht. Auch die langen, vornehm wir-kenden weißen Wollmäntel, eine Kreation derDohertys, gibt es nicht mehr. Man erscheint ein-fach mit seinem Mantel auf dem Platz, welcherFarbe und welchen Materials er auch immer sei.Der Clubblazer, eine Wolljacke mit aufgestick-tem Wappen, ist ebenfalls am Aussterben, wo-gegen die Pullovers, Strickjacken und sehr oftgeschmackvolle Mannschaftsjacken sich zuneh-mender Beliebtheit erfreuen.

Im großen und ganzen hat das Bifit'sder '.Tennismode gewonnen. Neue Zeiten neueMenschen. Und hier kann man

_nur noch an-

fügen: neue Kleider neuer Geist.

«Tennis-Bilder geben unterricht»Als bekannt wurde, daß der_ Zürcher Tennis-

pädagoge Hugo de Senarclens ein drittes Tennis-buch in Arbeit habe, nachdem er schon zweiherausgebracht hatte, fragte man sich, was erwohl mit diesem neuen Werk bezwecke. DerAutor hat die Antwort schon im Titel erteilt:<;TennisbiTder geben' Unterrieht», der das Buchtreffend charakterisiert. Denn sein Versuch^ anHand von Tennisbildern Unterricht zu erteilen,darf als gelungen betrachtet werden. Dabei hater sich bewußt der Zeichnung bedient und dasWesentliche in Form und Akzentuierung vieldeutlicher herausgearbeitet, als es mit Hilfe derPhotographie möglich gewesen wäre. Diese Artder Behandlung der Materie erfordert allerdingse i n en sichern und eindeutigen Stellungsbezug zuden Problemen» den lediglich der Fachmann ein-zunehmen imstande ist. Hinter der einfach an-mutenden bildlichen Darstellung verbirgt sichnicht nur eine enorme Kleinarbeit, sondern einauf jahrelanger Forschungsarbeit basierendesWissen um den Tennissport.

Den Pädagogen erkennt man an den verschie-denen Wegen, die der Autor beschreitet, um demLeser die Materie leicht verständlich zu machen.Man merkt, daß de Senarclens sich in seinemElement fühlt; er unterrichtet im wahrsten Sinndes Wortes. Neben der Beleuchtung des Spielersaus den verschiedensten Gesichtspunkten, wie siedie entsprechenden Bewegungsphasen erfordern,hat der Autor leicht verständliche Vorübungenfür jeden Schlag in wenigen markanten Bildernschematisiert, an Hand deren sich der Spielerteils vor dem Spiegel, teils frei in den Bewe-gungsabläufen vorbereiten, das heißt automati-sieren kann, um sie nachher reaktionsmäßig mitdem Ball anzuwenden. Dabei läßt er es aberkeinesfalls bewenden. Um sich die Bewegung

vorzustellen und ihr den natürlichen Impuls zuverleihen, bedient sich der Verfasser vieler Ver-gleiche aus dem täglichen Leben. Er gibt sichaber nicht mit der Vermittlung der Bewegungs-

abläufe zufrieden. Ihn beschäftigt das Haupt-problem im Tennis, das Treffe^ des Balls. Aas

er durch ein sinniges Schema gelbst hat. Wasuns bei der Lektüre des Buches besonders fes-selt, ist die Art, wie de Senarclens im zweitenTeil die Technik in den Dienst der Spielführung

stellt. Hier wird einmal in einem Lehrbuchpraktischer Unterricht erteilt, der dem Spieler

ieder Klasse sowie dem Meister von unschätz-barem Wert sein wird. Der Spieler fühlt heraus,

wie wichtig es ist, «Techniker» zu sein.

Schon zu Beginn horcht der Leser auf. Hiernicht dogmatisierend belehrt, sondern in

einem flüssigen Dialog der Stoff zwischen Lehrerund Schüler als Frage- und Antwortspiel zer-pflückt, Die

' Regeln werden im Anschauungs-

unterricht dargestellt, wobei dem Spieler an

Hand eines Wettkampfes alles Wissenswertebeigebracht wird. Nach dem gleichen Rezept

wird der Leser auch in der Wahl des Sport-geräts beraten, und es werden ihm viele brauch-bare Hinweise vermittelt.

Es folgt der eigentliche technische Unterricht,die Grundschläge in ihrer Standardform

sowie ihren Abarten bildlich zur Darstellung

gelangen. Griffe und Bewegungsabläufe werftennicht angeordnpt, sondern ergeben sich in logi-scher Entwicklung einer folgerichtigen Anlei-tung. Hier' erscheinen erstmals in einem Lehr-buch in vergleichender Form die Handgriffeoder Bewegungsphasen aus dem Leben.

Vom Aufschlag fließt der Unterricht sinn-gemäß durch die Fragestellung des Schulers indie Verwendung der Schlage im Wettkampfüber. So lernt der Leser im zweiten Teil dieAufschlagvaria-nten und ihre Anwendung fürden Wettkampf kennen. Das Kapitel «Der Auf-schlag» endet mit einer leicht verständlichenVorübung der drei Aufschlagsvarianten. Dabeibedient sich de Senarclens zuerst einmal desDrives, um anschließend dasselbe Manöver mitdem Slice zu versuchen. Die Verwendung dieserbeiden Schlagvarianten für den Wettkampf istin zahlreichen Skizzen so bebildert, daß nebenden Schlagdarstellungen das Situationsbild ihrewettkampfmäßige Anwendung vermittelt.

Auf besonders anschauliche Art ist der Drop-shot in Bild und Schema dargestellt, wodurchdie Bewegung auch dem weniger ballgefühl-begabten Schüler im Schlagrhythmus vermitteltwird.

Auch beim Unterricht des Volleys soll derLeser vorerst einmal als Autodidakt das gesamteBewegungsbild in sich aufnehmen, um späterdurch eine einfache Vorübung das Treffen desBalles im Flug zu erlernen. Der Verfasser hatauch an die Varianten des Volleyspiels gedacht,und auch dem wettkampfmäßig angewandtenFlugball ist ein breiter Raum gewährt, wobeidie Sitnationsbilder kein totes Schema, sondernpraktische Mittel und Wege beim Vorgehen ansNetz aufdecken. Auch Halfvolley und Smashwerden zuerst durch Vorübungen abgewandelt,ehe der Spieler beide Schlagarten normal an-wenden kann.

Im letzten Kapitel wird dem Leser der Wegfür seine Entwicklung vom Anfänger bis zumWettkampfspieler gezeigt: ein langer und harterWeg, der zeigt, wie viele menschliche Werte indiesem so leicht anmutenden Spiel enthaltensind. Hier spricht der Betreuer des Tennis-spielers, der nur den einen Wunsch kennt: ihnweiter zu fördern. Daß er sich dabei von demnonchalent seinen Sport ausübenden «Tennis-wunder» sowie von dem physisch überzüchteten«Tennisroboter», der lediglich Gymnastik treibt,um dorn Sport zu huldigen, distanziert und dengesunden Mittelweg einhält, scheint uns beson-ders wertvoll.

Das 140 Seiten starke Buch enthält 311Zeichnungen und sechs.Großaufnahmen.Das Lehrmittel «Tennis-Bilder geben Unter-

richt» erschien im Verlag Arthur Niggli und WillyVerkauf, Teufen.

Roland Hug

Porträt eines großen Spielers

Jaroslav Drobny

Im Juni des Jahres 1938 horchte die Tennis-welt auf, als ein bis dahin unbekannter Junior,der 17jährige Tscheche Jaroslav Drobny, aller-dings «hon damals Jugendmeister seines Landes,am Berliner Pfingstturnier des TC Rotweiß imHalbfinal den Deutschen Henner Henkel elimi-nierte. Henkel war damals immerhin nach Gott-fried von Gramm Deutschlands Nr. 2, hatte diesenim Final der französischen Meisterschaften ge-schlagen und stand in der Weltrangliste 1937 alsVierter zu Buch. Daß dieser erste große ErfolgDrobnys keine Eintagsfliege war, bewies er jn derSchlußrunde der Berliner Veranstaltung, indemer den Wiener Reell in fünf Sets besiegte. Schondamals waren sich die Kenner einig, daß hier einganz großes Talent heranreifte und dem Tennis-zenit entgegenschwebte, den er über kurz oderlang erreichen mußte.

Wer war dieser Drobny ein untersetzterund stämmiger Bursche, der für seine 17 Jahreschon ein unwahrscheinlich vielseitiges Reper-toire an Schlagen sein e i g en nannte. In Prug alseinziger Sohn des Platzwarts des großen LTCPrag 1921 geboren, wuchs der junge Drobny imureigensten Milieu des Tennissports auf der Hetz-inscl auf, einer prächtig inmitten einer kleinenMoldauinsel gelegenen Platzanlage, auf der sichin den «guten sltcn Zeiten» die TenniseliteEuropas und der Welt eifrig Stelldichein gab.Drobny junior betätigte sich eifrig als Balljungeund warf den Koryphäen des Welttennis dieweißen Kugeln zu, studierte ihre Schläge, war obder Wucht und Präzision der Schmetterbälle,Drives, der fein gesetzten Lobs an die Grund-linie oder der «gestreichelten» und wie tot nieder-fallenden Stops erstaunt. Wie herrlich müßte essein, diese Perfektion im Spiel zu erlangen! tiodachte sich der kleine Prager Ballboy, der amRande der riesigen Anlage m einer bescheidenenHolzbehausung mit seinen Eltern wohnte. Er ver-suchte es schließlich selbst, wenn er einmal einesvergessenen Schlagers habhaft werden konnte.Vorerst übte er ganz im Verborgenen, mittags beibrütender Hitze, abends vor dem Einnachten,wenn sich die Mitglieder längst ins Clubhaus zu-rückgezogen hatten.

Fortschritte mußten bei der Beharrlichkeit desjungen Drobny schließlich zum Ziel führen. Esging stetig vorwärts. Der intelligente Burschehatte das Anfängertura längst hinter sich gelas-

sen und war allmählich den Vorstandsmitgliederndes berühmtesten tschechischen Tennisclubs, demauch eine Eishockeysektion angegliedert war, auf-gefallen. Es sprach sich herum, daß ein neuesTalent im Kommen sei, und so mußte sich auchbald der tschechische Tennisverband des Jungenannehmen, der 1938 Juniorenmeister wurde undbald mit größeren repräsentativen Aufgaben be-traut wurde, nachdem der Stern eines JanKozeluh im Verblassen war, Siba, Menzel undCejnar schwächer geworden waren und_ Hechtsich vor dem Antisemitismus nach Amerika ge-flüchtet hatte.

Plötzlich war Drobny der TschechoslowakeiNr. 1, deren Meisterschaft er in den Jahren 1939bis 1949 in ununterbrochener Reihenfolge ge-wann, um seinem Land auch im Daviscup wert-volle Dienste zu leisten, vorerst mit Vodicka,später mit Cernik zusammen. Zweimal wurde dieTschechoslowakei Europazonensieger, vor allemdank Drobny, der sein Land im Interzonenfinalgegen Australien in den Jahren 1947 und 1948vertrat, ohne jedoch die «Känguruhs» zu ge-fährden, die 4:1 resp. 3:2 erfolgreich blieben.Drobny war während des Zweiten Weltkrieges

und des Boykotts seiner Heimat auf inländischeVeranstaltungen angewiesen. In dieser Zeit zeigte

er den nach ihm stärksten Tschechen, Siba und

Cejnar, immer" wieder den Meister, und ah sichdie Tore nach Prag vorübergehend wieder öffne-ten, zeigte es sich, daß die Isolierung dem weite-rcn Aufstieg Drobnys keinen Schaden zugefügt'hatte. Nun wurde man gewahr, daß der ehemaligeBalljiingo in sich aufgenommen hatte, was erTilden, Cochet, Alonso, Timmer, Moldcnhaucr,Landmann, Prenn und Menzel abgeschaut, als erihnen noch barfuß die Bälle zugeworfen hatte,damals in den dreißiger Jahren . .

1946 horchte die Tenniswelt erneut auf, alsder Draht die Niederlage Jack Kramers gegenDrobny in Wimbledon meldete. Dieser Erfolgtrug dem tschechischen Meister erstmals einenPlatz in der Weltrangliste ein, aus welcher er inder Folge ,-iiicht mehr wegzudenken war. DerPrager Plätzwartsohn hatte die Aufmerksamkeitder goßfin Turnierveranstalter der Alten undNeuen Welt auf sich gelenkt und die engen Fes-seln bald gesprengt, die ihn an Mitteleuropa ge-bunden hatten. Die Welt stand Drobny offen.

Wohl selten hat ein Tennisstar mehr Konti-nente und Länder als er bereist. Drobny war zumKassenmagnet geworden. Die Tennisenthusiastenaller Länder sehnten sich danach, seinem Spielvon der Galerie folgen zu dürfen. Drobny befandsich bald mehr auf Reisen als in seiner Heimat-stadt Prag, die ihm von Jahr zu Jahr ein frem-deres Gesicht zeigte. Er bereiste Australien, Nord-und Südamerika, Indien, Aegypten, die Riviera,England, Frankreich, Italien, Deutschland unddie nordischen Staaten. Sein Leben spielte sichbald in den Pnlacc-Hotels ab. Er bewegte sichruhig und natürlich in der internationalen Ge-sellschaft, nahm den rauschenden Applaus aufden Centre Courts der größten Städte gelassen

hin mit einem innerlich-wissenden leinenLächeln ob der Vergänglichkeit des Ruhms.

Drobnys Spiel verfeinerte sich zusehends. Erfügte seiner Technik immer neue Varianten hinzuund beherrschte bald jeden Schlag, spielte einenhaargenauen Lob, winkelte den Stop knapp hin-ter das Netz, verfügte über einen scharf ge-schnittenen Rückhandschlag und einen unfehl-baren Smash. Sein wuchtiger Aufschlag, lockeraus der Schulter heraus geschlagen, wurde zueiner fürchterlichen Waffe, besonders auf Rasen.Und wenn der ersto Ball mißriet, verlieh derLinkshänder dem zweiten eine derartige Drehung

Spin , die den Gegner weit aus dem Platzdrängte und den Court für den unfehlbarenRetourn weit öffnete. Longline-Drives und Cross-bällc wechselten geschickt mit Chops: kurzum, esgab keinen Schlag, den der Tscheche nicht be-herrscht hätte. Alle Voraussetzungen zum_ Welt-meister waren vorhanden, da Drobnys Spiel vonKlugheit getragen und mit seltenen Einfällen ge-würzt war. Es konnte .sich nur noc.h um. kurzeZeit handeln, daß DroBnys Name mit goldenen

Lettern auf die Siegertafeln Wimbledons ein-getragen würde.

Dennoch hat Drobny sein Ziel erst 1954 er-reicht. Denn als Voraussetzung zur Erringungder Weltmeisterkrone gilt ein Sieg im «Mekkades Tennissports», in Wimbledon, und dieser Er-folg blieb ihm Jahre hindurch verwehrt. Un-erklärliche Niederlagen schlichen sich in die ge-waltiprc Erfolgsserie ein, Niederlagen gegenCucelli, Sada, Cochcll; Patty, Parker, Sedgman,Larsen, Stwrgess, Horec. SkoneckJL, Tg 'Scixas, ^lotnram^'^'Aiirpoliv'^" SpielB«PWB|'-"UerTscheche bei anderer Gelegenheit wieder ^schlug.

Des Rätsels Lösung nach diesen Mißerfolgen istschwer zu finden. Aber selbst Weltmeister laisteteusich komische Niederlagen. Denken wir an Til-den, der sich einmal durch den Engländer Petersausbooten ließ, an Cochet, der in den erstenWimblcdonrundcn Sharpe und Collins unterlag,an Perry, der Siba zwei Matchbälle zugestehen

mußte. Die Beispiele ließen sich vermehren undbeleuchten schlagartig, daß die Tagesform selbstdem Besten oft einen Schabernack spielt.

Wenn Drobny haushoher Favorit war, strau-chelte er bestimmt in entscheidenden Momenten.Plötzlich verlor er die Konzentration über seine

-Schlage, für deren Ausführung ihm die Menge

soeben noch .zugejubelt hatte. Plötzlich stelltensich Doppelfehler ein. Der Backhand, der nochSekunden zuvor pfcilartip übers Netz gesaustwar, wurde plötzlich noch mehr unterschnittenund dadurch verlangsamt. Ein Stopball nach demandern senkte sich auf der eigenen Seite desCourts zu Boden. Es mißlang alles, und damitsehwand das Vertrauen. Auf diese Weise ergaben

unverständliche Niederlagen; der Traum von3er Krone Wimbledons war ausgeträumt. Und alsniemand mehr daran glauben wollte, daß demPrager noch ein Wimbledonsieg gelingen werde,stellte sich dieser in dessen 33. Altersjahr ein.Spät aber Drobnys Name prangt nein ingoldenen Lettern auf den Marmortafeln des AllEngland Tennis Club.

Die vielen Reisen haben es mit sich gebracht,daß sich das Verhältnis zwischen ihm und seinemVolk allmählich abkühlte. Man nahm es demLandesmeister in Prag übel, daß er den Großteilseiner Zeit im Ausland verbrachte, und es be-durfte wenig, um den Stein ins Rollen zu brin-

Die englischen Zwillingsbrüder William und ErnestBenshaw, Vorkämpfer des Tennis von 1881 bis J889

Jaroslav Drobny, der 1954 Wimbledon nach mehr'fachem Anlauf gewann, bei einem Hefen Forehand-

volley im Halfcourt

gen, als 1949 das hoehfayorisierte tschechischeDaviscuppaar Drobny/Cernik, das ein Jahr zuvornoch Australien im Interzonenfinal nur 2:3 unter-legen war, in der dritten Runde im PariserRoland-Garros-Stadion gegen Frankreich 2:3 ver-lor. Was war geschehen? Marcel Bernard hatteeinen in Unterform spielenden Drobny in vierSets geschlagen, und nachdem auch Cernik gegenBernard und Abdesselam, der von Drobny über-fahren worden war, beide Singles eingebüßthatte, hatte auch der Gewinn des Doppels gegenBernard Bolelli die Situation nicht mehr zu rettenvermocht.

Das war für den tschechischen Nationalstolzzuviel gewesen. Das Volk hatte von seinem Idolnur Siege erwartet. Die kommunistischen Zeitun-gen ergossen sich in Schmähartikeln über Drobny,der Prag bald wieder den Rücken kehrte und insAusland ging. Während die Prager 1946 nachdem Wimbledonsieg Drobnys über Kramerihrem Spieler Nr. 1 wie einem Schlachtensiegerzugejubelt hatten, ^tand- nun plötzlich von einerLandesschmach zu lesen . . . Der Geschlagene vonParis wurde ausgepfiffen. Haß und Liebe sindin der slawischen Volksseele nahe verwandt.

Der Bruch Drobnys mit seinem Vaterlandvollzog sich im gleichen Jahr 1949 und ist weit-gehend dem undiplomatischen Benehmen einigerin Bern akkreditierter tschechischer Diplomatenzuzuschreiben, die jeglichen Anstand und jeglichesFingerspitzengefühl vermissen ließen; Es warnicht eigentlich ein Bruch mit dem Vaterland,sondern mit dessen Regierung. Man hatte diesenBruch vorausgesehen, -doch den "-«Absprung», demsieh auch Drobnys Doppelpartner Cernik an-schloß, nicht zu diesem Zeitpunkt erwartet. Erwar durch die Schmähungen Drobnys in derPresse nach der Pariser Niederlage gegenBernard nur beschleunigt worden. In den tsche-chischen Gazetten 'varen Ausdrücke wie «Wall-street-Knecht», «Abtrünniger» und «Ueberläufer»an der Tagesordnung, was in einer staatlich ge-lenkten Presse weiter nicht verwundern konnte.Drobnys spätere Erfolgo wurden auf höherenBefehl verschwiegen. Der Nationalheros war zumVolksfeind gestempelt worden.

Der äußere Anlaß zum «Absprung» hatte sichin Gstaad ergeben, das die Internationalen Tennis-meisterschaften der Schweiz durchgeführt hatte.Erstmals waren daran wieder deutsche und spa-nische Spieler beteiligt. Die volksdemokratischeDespotie wurde ins grellste Licht gerückt, als inder Mitte des Turniers plötzlich zwei Vertreterder tschechoslowakischen Gesandtschaft in Bern,die jugendlichen Kultur- und Presseattaches, imBerner Oberland auftauchten, Drobny und Cernikbefahlen, das Turnier zu verlassen und nach Pragzurückzukehren. Grund: die Teilnahme der Deut-schen und Spanier. Die beiden ^Tschechen

willig-ten vorläufig ein. Die Attaches reisten wiedernach Bern, nachdem sie ihren Landsleuten mitGeheimpolizei, Schutzhaft und ähnlichen Vor-kehren gedroht hatten.

Drobny und Cernik beratschlagten, was zuunternehmen sei. Der Draht spielte mit Prag, woDrobny seinen greisen Vater zurückgelassenhatte, Cernik seine Frau und ein wenige Monatealtes Kind. Als anderntags die tschechischenAttaches wieder in Gstaad eintrafen und ihreLandsleute mit dem Auto mitnehmen und perFlugzeug nach Prag verfrachten wollten, klopftensie an. leere Hoteltüren. Auf der Tennisanlage

erfuhren sie, daß Drobny und Cernik nicht mehrin die Heimat zurückzukehren dächten, so daßdie beiden Attaches unverrichteter Dinge wiederabreisen mußten, allerdings nicht, ehe sie nocheine Probe fehlenden Anstandes gegeben hatten.

Die Gstaader Gemeindebehörden setzten sichsofort für ihre Schützlinge ein, besorgten ihneninnert weniger Tage Pässe und waren ihnen injeder Beziehung behilflich. 1950, als Drobny undCernik in Aegypten weilten, wurde ihnen dieägyptische Staatsbürgerschaft verliehen. Drobnyi st der Schweiz in Dankbarkeit verbunden geblie-ben und stellte sich dem HC Gstaad als Spieler-trainer im Eishockey zur Verfügung. Cernik ver-reiste nach Südamerika und wurde von Freundenaufgenommen.

Die menschlichen Qualitäten Drobnys sindebenso hoch wie seine spielerischen einzuschätzen.Die Erfolge haben ihm den Kopf nicht zu ver-drehen vermocht. Er denkt nüchtern, ist im Er-folg bescheiden geblieben und wird auch in dennächsten Jahren Tausende in seinen Bann zu zie-hen vermögen, die auf den Centre Courts der gro-ßen Städte seinem Spiel applaudieren, einemSpiel, das alle technischen Details and Finessenenthält Wir mögen es dem sympathischen Pra-ger von Herzen gönnen, daß sein innigsterWunsch Wimbledon zu gewinnen in Erfül-lung gegangen ist. Drobny hat den Lockungendes Professionalismas widerstanden und seinenVorsatz, Wimbledon nach zahlreichen Fehlschlä-gen noch zu gewinnen, dank seiner Ausdauer undseinem hohen Können in die Tat umgesetzt.

Roland Hug

Neue Zürcher Zeitung vom 26.04.1956