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ANSYS Conference & 28 th CADFEM Users’ Meeting 2010 November 3-5, 2010 Eurogress Aachen, Germany Steifigkeitsuntersuchung von Wirbelkörpern mit ANSYS Norbert Babel 1) , Ganapathy Shankar Suresh Kumar 2) , Roland Mastel 3) , Timur Tarhan 4) 1) Hochschule Esslingen, Akadem. Mitarbeiter am Labor für Konstruktion und Simulation, Germany 2) Hochschule Esslingen, Masterstudent Design and Development in A. & MEng. 3) Hochschule Esslingen, Laborleiter des Labors für Konstruktion und Simulation, Germany 4) Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie, Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim gGmbH/Goethe-Universität Frankfurt am Main Summary The background of this study is the development of spinal implants with equivalent individual vertebral stiffness. Using special software tools, the vertebral material characteristics on the basis of CT data were assigned and carried out simulations with ANSYS to determine the vertebral body stiffness. The material properties (Young’s modulus, density) were calculated based on CT grey values by using appropriate formula approaches from the literature. The simulations should help on one side to derive a material law for calculating the stiffness of vertebral bodies and on the other side to generate a design in order to develop individually tailored vertebral implants. Keywords Vertebral stiffness; vertebral body implant; medical CT; bone material law; individual implant design

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ANSYS Conference & 28th CADFEM Users’ Meeting 2010 November 3-5, 2010 Eurogress Aachen, Germany

Steifigkeitsuntersuchung von Wirbelkörpern mit ANSYS

Norbert Babel1), Ganapathy Shankar Suresh Kumar2), Roland Mastel3), Timur Tarhan4)

1) Hochschule Esslingen, Akadem. Mitarbeiter am Labor für Konstruktion und Simulation, Germany

2) Hochschule Esslingen, Masterstudent Design and Development in A. & MEng.

3) Hochschule Esslingen, Laborleiter des Labors für Konstruktion und Simulation, Germany

4) Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie, Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim gGmbH/Goethe-Universität Frankfurt am Main

Summary

The background of this study is the development of spinal implants with equivalent individual vertebral stiffness. Using special software tools, the vertebral material characteristics on the basis of CT data were assigned and carried out simulations with ANSYS to determine the vertebral body stiffness. The material properties (Young’s modulus, density) were calculated based on CT grey values by using appropriate formula approaches from the literature. The simulations should help on one side to derive a material law for calculating the stiffness of vertebral bodies and on the other side to generate a design in order to develop individually tailored vertebral implants.

Keywords

Vertebral stiffness; vertebral body implant; medical CT; bone material law; individual implant design

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1. Komplikationen bei Implantaten im Wirbelsäulenbereich

Die individuelle Anfertigung von passgenauen Implantaten findet in der Hüftprothetik bereits seit Jahren mit steigender Tendenz Anwendung [20]. Aber nach heutigem Stand der Technik gibt es noch keine individuellen Wirbelsäulenimplantate. Doch gerade in diesem Bereich könnten individuell angepasste Implantate für die Patienten einen großen Fortschritt in Bezug auf Schmerzfreiheit, Folgeschäden und damit verbundene Folgeoperationen bedeuten, welche durch Verwendung von Standardimplantaten hervorgerufen werden können. Welche Probleme der Einsatz von Standard-implantaten mit sich bringen kann, zeigen Fig. 1 und 2.

Fig. 1: Schlechte Implantatanlage Fig. 2: In den Wirbel eingesunkener Harms Cage aufgrund unangepasstem simuliert auf Wirbelsäulenprüfstand [25] Wirbelendplattenwinkel [24]

Das Implantat berührt nur an einzelnen Punkten oder Kanten die benachbarte Wirbeloberfläche (Fig.1) und verursacht zum einen eine punktuelle Überlastung der Knochenstruktur und zum anderen, nach dem Gesetz von Wolff [28] das so genannte Stress Shielding1. Dadurch besteht einerseits die Gefahr der Degeneration der nicht belasteten Bereiche, während andere überlastet werden und versagen, wie dies durch Eindringen des Implantats in den Wirbelkörper in Fig. 2 deutlich sichtbar ist. Folgende konstruktive und fertigungstechnisch bedingte Merkmale von Wirbel-körperimplantaten können zu Komplikationen führen:

• Unangepasste Neigungswinkel der Implantatendplatten [26] (Fig. 3)

• Unangepasste Größe und Form der Implantatendplatten [6; 14; 23]

• Unangepasste Rauhigkeiten der Implantatendplatten.

• Zu große Steifigkeit des Implantats in Verbindung mit punkt- und linienförmiger Implantatauflage (Fig. 1 und 2)

• Unangepasste Einbauposition, meist im Zentrum der benachbarten Wirbelkörper [5; 7]

Fig. 3: Winkeländerungen innerhalb der Wirbelsäule, untersucht von VON STREMPEL [15]

1 Stress Shielding entsteht durch die Verringerung der Knochendichte aufgrund der Beseitigung von normaler physiologischen Belastung auf einen Knochen. Diese Annahme beruht auf dem schon Ende des 19-ten Jahrhunderts formulierten Gesetzes von Wolff [28], das besagt, dass Knochen bei Mensch und Tier nur als Reaktion auf „Belastung“ aufgebaut wird. Ein weniger belasteter Knochen dagegen wird abgebaut. Dies zeigt sich durch eine Verringerung seiner Dichte, weil der entsprechende Stimulus in Form eines gewissen Belastungsniveaus nicht vorhanden ist.

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Aus diesen Untersuchungen und den Erkenntnissen von Bogduk [2] und Khoa et. al [15] bezüglich der kortikalen Randschicht und der altersbedingten Veränderungen des Wirbelkörpers leitet sich die Em-pfehlung ab, dass der größte Teil der Belastungen, besonders bei durch Osteoporose geschwächten Patienten, über die Wirbelrandzonen geleitet werden soll.

Ziele individueller Wirbelkörperimplantate

Aufgrund der oben genannten Punkte ergeben sich folgende Ziele für die Entwicklung individueller Wirbelkörperimplantate:

• Optimal individuell angepasstes Wirbelimplantat in Bezug auf den individuellen Wirbelwinkel sowie die Berücksichtigung der individuellen Wirbelendplattentopologie und -größe.

• Individuell angepasste Implantatsteifigkeit.

• Optimierte Oberflächenrauhigkeit.

• Industrietaugliche Produktionsweise in Bezug auf den engen Zeit- und Kostenrahmen in dem ein individuelles Implantat hergestellt werden muss (in der Regel 7-10 Tage). Die Kosten für ein individuelles Implantat dürfen nicht wesentlich höher als für ein heute übliches Standardimplantat sein, das bei ca. 1500.-€ liegt [20].

Vorteile gegenüber Standardimplantaten:

• Weniger Flächenpressung infolge gleichmäßiger Kraftverteilung

• Weniger / keine Probleme mit Stress Shielding aufgrund gleichmäßigem Oberflächenkontakt

• Besseres Einwachsen des Implantats durch optimierte Oberflächenrauhigkeit

• Weniger / keine Revisionsoperationen 2. Zielsetzung der vorgestellten Untersuchung

Ziel unserer FEM-Untersuchungen ist es ein Materialgesetz vorzuschlagen, mit dem die Wirbelkörpersteifigkeit auf Grundlage von CT-Daten annähernd bestimmt und , unter Einsatz einer automatisierten Materialzuweisung, eine Anpassung der Implantatsteifigkeit erfolgen kann. Die Grundlage für die Auslegung und Herstellung eines individuellen Implantats mit den oben genannten Eigenschaften sind die Informationen, die aus dem medizinischen CT (Computer-Tomographie) eines Patienten direkt gewonnen oder abgeleitet werden. So dienen die Geometrieinformationen wie Implantathöhe, Endplattenform, -größe und –topologie der Konstruktion des Implantats. Zur Ermittlung der Steifigkeit werden die Materialkennwerte aus der Knochendichte und der Dichteverteilung mit Hilfe der radiologischen Schwächung als Maß für das Materialverhalten der Knochen zur Beurteilung der angepassten Implantatsteifigkeit abgeleitet. Bei der Auswahl der CT-Datensätze wird darauf geachtet, dass weder Cages noch Fixateure vorhanden sind, da diese zu Metallartefakten führen die über das ganze Bild verschmiert werden und die radiologischen Schwächung verfälschen [3; 11]. Gegenstand der Untersuchung sind drei Lendenwirbelkörper von osteoporosefreien Patienten.

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3. Wirbelkörpersteifigkeit

Die Vorgehensweise zur Berechnung der Wirbelkörpersteifigkeit wird ausgehend vom medizinischen CT-Datensatz nachfolgend dargestellt und kritisch beleuchtet. 3.1 Aufbau der Datenkette zur Ermittlung der Wirbelkörpersteifigkeit

Der Aufbau einer Datenkette zur Ermittlung der Wirbelkörpersteifigkeit setzt sich aus folgenden Einzelschritten zusammen (Fig. 4):

• Segmentierung der medizinischen CT-Daten mit MMICS und Ausgabe einer STL-Datei.

• Vernetzung mit ICEM von ANSYS und Erzeugung einer in MIMICS einlesbaren Datei.

• Import in MIMICS für die E-Moduli Zuweisung über einen Formelapparat in Abhängigkeit von den Dichten, die aus der radiologischen Schwächung in Hounsfield Units [HU] errechnet werden und Erzeugung einer in ANSYS APDL weiterverarbeitbaren Datei.

• Bestimmung der Wirbelkörpersteifigkeit mit ANSYS APDL.

Fig. 4: Datenkette zur Ermittlung der Wirbelkörpersteifigkeit

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

0,0 0,5 1,0 1,5

Dichte [g/cm3]

E-M

odul

[MP

a] [Car-1977]

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3.2 Segmentierung

Die Segmentierung, d. h. die Trennung von Knochen- und Weichteilbereichen auf Grundlage der Schwächungsintensität (Fig. 5) ist mit entsprechender Software (MIMICS/AMIRA/SIMPLEWARE) heute relativ einfach durchführbar. Aus einem medizinischen CT lassen sich mit solchen Programmen STL-Files mit der Knochengeometrie generieren die anschließend in ein Volumenmodell umgewandelt werden können um daraus die Implantathöhe und die Implantatendplattentopologien zu bestimmen. Für die Segmentierung wird das Programm MIMICS von der Firma Materialise in der Version 13.0 eingesetzt.

Fig. 5: Segmentierung der Knochenbereiche aus dem Gesamt-CT

3.3 Vernetzung der segmentierten Geometrie

Die Vernetzung der segmentierten Wirbelgeometrie wurde mit dem Programm ICEM CFD von ANSYS in der Version 12.0.1 vorgenommen. Dabei wurden die Standardeinstellungen des Programmes übernommen bei der Tetra_4 und Tri_3 Elemente erzeugt werden und die durchschnittliche Elementkantenlänge ca. 3mm beträgt. 3.3 Auswahl des Materialgesetzes

Für die FEM-Steifigkeitsuntersuchung wird für jedes Finite Element ein isotropes Werkstoffverhalten in Abhängigkeit von der Dichte zugrunde gelegt. Dies bedeutet, dass lokal ein homogenes Materialmodell, aber global für den ganzen Wirbel aufgrund der unter-schiedlichen Dichteverteilung, ein in-homogenes und somit anisotropes Materialmodell mit unterschiedlichen E-Modulwerten vorliegt. In der Fachliteratur werden mehrere Hypothesen für den Zusammenhang zwischen der apparenten Dichte und dem E-Modul postuliert, wobei diese auch vom Ort der Knochenprobenent-nahme abhängig sind (Fig. 6). Der Grund für die Ortsabhängigkeit liegt in dem jeweils verwendeten Homogenisierungsverfahren und der Trabekelorientierungsrichtung, welche im Femur anders als im Wirbelkörper verläuft [2]. Deshalb werden die Steifigkeitsuntersuchungen mit ver-

Fig. 6: Auswahl von postulierten Thesen über den Zusam- menhang der apparenten Dichte und des E-Moduls

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schiedenen Werkstoffgesetzen durchgeführt, um dann an Hand von Simulationsversuchen herauszufinden, welches Gesetz für unsere Entwicklung am geeignetsten erscheint. Daneben existieren auch Hypothesen, die direkt auf Basis von HU-Werten eine E-Modulberechnung angeben [4; 22; 27]. Diese konnten jedoch nicht eingesetzt werden, da das Programm MIMICS nur über die Berechnung der Dichte aus den HU-Werten den E-Modul bestimmen kann. Der Zusammenhang zwischen der Dichte und den HU-Werten wird in der Literatur meist als linear angegeben [18; 4; 22; 9]. In der vorliegenden Untersuchung wird der von McBroom 1985 [18] postulierte Zusammenhang

verwendet, der sich auf mechanische Versuche an den Lendenwirbeln L1 und L3 stützt. 3.4 Zuweisung der Materialwerte

Die Zuweisung der Materialwerte findet nach einem Import des FEM-Netzes in MIMICS statt. Die HU-Werte werden nach bestimmten Formeln zuerst in Dichtewerte und anschließend in E-Moduli umgerechnet. Die „Feinheit“ der Materialabstufung, das heißt wie groß der Bereich an HU-Werten ist, für den derselbe E-Modul gilt, kann ebenfalls festgelegt werden (Fig. 7). Für unsere Untersuchungen haben wir eine E-Modulabstufung von 35 gewählt. Damit ergibt sich bei einer HU-Wertverteilung, die bei von uns untersuchten Wirbeln zwischen 0 – 1500 HU liegt, für 43 HU-Werte ein E-Modulwert.

Fig 7: Zuweisung der Materialwerte über definierbare Formeln Wie sich die Materialien auf einen untersuchten Wirbel verteilenkönnen ist in Fig. 8 dargestellt (zur besseren Übersicht werden in Fig. 8 nur fünf verschiedene Materialien gewählt). Die Darstellung zeigt sehr deutlich, dass die höheren Dichtewerte vor allem in den posterioren Elementen am Übergang zu den Facettengelenken auftreten, was nach dem Gesetz von Wolff [28] auf höhere Belastungen dieser Wirbelbereiche schließen lässt.

0132,0*001,0 +−= WertHUρ

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Fig. 9: Simulationsrandbedingungen: Caudal Festlagerung; cranial Verschiebung um 0,1mm

Fig. 8: Material- bzw. Dichteverteilung innerhalb eines Wirbels mit fünf verschiedenen Materialen

Nach der Materialzuweisung wird das Modell (Netz + Materialwerte) in eine für ANSYS APDL Version 12.1 lesbare Datei ausgelesen, um dort die strukturmechanischen Simulationen zur Ermittlung der Steifigkeit zu berechnen. 3.5 Randbedingungen und Berechnung der Wirbelkörpersteifigkeit

Als Randbedingungen für die Berechnung der Steifigkeit werden alle Knoten der caudalen Wirbelendplattte mit einer Festlagerung versehen, während die Knoten der cranialen Endplatte mit einer Verschiebung in caudaler Richtung von Δs = 0,1mm beaufschlagt werden (Fig. 9). Die von uns definierte Wirbelkörpersteifigkeit K berechnet sich mit der Formel

, das heißt durch Bildung des Quotienten aus der Summe der Reaktionskräfte Fn und der Verschiebung Δs (n= 120 -150 Knoten, je nach Wirbelendplattengröße).

sowieso 3.6 Vor- und Nachteile der medizinischen CT-Datenauswertung

Die Vorteile in der Verwendung eines medizinischen CT-Datensatzes für ein Implantatdesign unter Einsatz der FEM liegen in der einfachen nicht invasiven Datengewinnung und in dem Umstand, dass dieser für die Operationsvorbereitung, unabhängig vom eingesetzten Implantatmodell auf jeden Fall erzeugt wird ohne dass ein Mehraufwand entsteht. Des weiteren gibt ein medizinisches CT bei einer Auflösung von 1mm Schichtdicke die Geometrie für eine industrietaugliche Datenweiterverarbeitung hinreichend genau wieder.

sF

K n

Δ= ∑

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Die Nachteile des Verfahrens liegen darin, dass weder die Trabekelorientierung noch die Trabekelstruktur Berücksichtigung finden (Fig. 10) und dass medizinische CTs eine relativ grobe Auflösung (Minimum 1mm) haben, die aus Gründen der Strahlenbelastung nicht unterschritten werden kann. Ein weiterer Nachteil beruht auf dem Auftreten des Volumenpartialeffektes (Fig. 11), das heißt, dass die CT-Daten in den Randbereichen nicht richtig ausgewertet werden und somit Ungenauig-keiten in Bezug auf den Dichtewert und die Dichteverteilung entstehen. Trotzdem überwiegen die Vorteile, so dass die Verbesserungen für die Patienten gegenüber einem Standardimplantat signifikant sind.

Fig. 10: Trabekelstruktur im Fig. 11: Volumenpartialeffekt in den Wirbelknochen [10] Randbereichen [21]

4. Ergebnisse der Steifigkeitsuntersuchungen

Die Ergebnisse der Steifigkeitsberechnungen für drei verschiedene Lendenwirbelmodelle sind in Fig. 12 zusammengefasst. Ein Vergleich mit in der Literatur angegebenen, experimentell gewonnenen Werten [12; 27] zeigt, dass die von Keavney et. al [13] und Hanssen et al. [8] postulierten Formeln zur Berechnung des E-Moduls nach unseren Untersuchungen am geeignetsten erscheinen.

Fig. 12: Ergebnisse der Berechnung der Wirbelkörpersteifigkeiten mit unterschiedlichen E-Modul Formelansätzen. Aufgrund unserer Ergebnisse für die Wirbelkörpersteifigkeitsbestimmung (Fig. 12) schlagen wir den von Hansson et al. [8] postulierten Formelansatz E= 700*ρ1,91 vor, da dieser auf Untersuchungen speziell im Wirbelkörperbereich beruht.

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5. Generierung der Implantatgeometrie

Zur Volumengenerierung aus den CT-Daten, welche auch die Grundlage für das Design der Implantatgeometrie bildet, wird das Programm RAPIDFORM in der Version XOR2 von INUS Technology, Inc. and Rapidform Inc. eingesetzt. Mit Hilfe dieses Programms wird ein Volumenkörper („Werkzeuggeometrie“) mit einer an die benachbarten Wirbelkörper passenden Topologie erzeugt. Die einzelnen Arbeitsschritte hierfür stellen sich wie folgt dar (Fig. 13):

• Segmentierten STL-Datensatz in RAPIDFORM einlesen

• Erzeugung der Endplattengeometrie in RAPIDFORM mit Volumenkörper, der als „Werkzeug“ zur Erstellung der Implantatgeometrie dient

• Einlesen der Werkzeuggeometrie in ein 3D-CAD-Programm (hier ProEngineer) zur Erzeugung der Implantatgeometrie.

Fig. 13: Ablauf zur Generierung der Implantatgeometrie

STL-Datensatz in RAPIDFORM

Erzeugung der Endplattengeometrie

„Werkzeuggeometrie“ für das Implantat

Im CAD generierte Implantatgeometrie

Virtuelles „Roh“-Implantat

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6. Zusammenfassung und Ausblick

Medizinische CT-Daten können für die individuelle Implantaterzeugung zweifach genutzt werden (Fig. 14). Zum einen ist es aufgrund der Geometriedaten möglich das Implantat optimal an die vorhandene Wirbelsäulengeometrie wie die Endplattentopologie, den Wirbelwinkel und den Wirbelabstand anzupassen. Zum zweiten kann mit Hilfe der CT-Daten die Implantatsteifigkeit der individuellen Wirbelkörpersteifigkeit angepasst werden.

Fig. 14: Ablauf der individuellen Wirbelkörperimplantaterzeugung Die in dem laufenden Projekt durchgeführten Simulations- und Fertigungsschritte sind in Fig 15 zusammengestellt. Ein virtuelles Wirbelkörperimplantat wird basierend auf dem CT-Datensatz der individuellen Wirbelsäulengeometrie entworfen, mit ANSYS ausgelegt und mit Hilfe der Selektive Laser Melting Methode hergestellt, aber noch nicht steifigkeitsoptimiert. Die Weiterentwicklung durch Einbringung einer nachgiebigen Struktur sowie deren Auslegung und Optimierung mit Anpassung an eine individuelle Wirbelkörpersteifigkeit könnte dann wie in Fig. 16 dargestellt aussehen.

Individuelles Wirbelkörperimplantat angepasster Steifigkeit und Geometrie

Implantatgeometrie Wirbelkörpersteifigkeit

Medizinische CT-Daten

Endplattentopologie +

Implantatwinkel +

Implantathöhe

Wirbelgeometrie

E= f (Dichteverteilung) +

Wirbelkörpergeometrie

Radiologische Schwächung

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Fig. 15: Im laufenden Projekt bis jetzt durchgeführte Simulations- und Fertigungsschritte

Fig. 16: Weiterentwicklung durch Einbringung einer nachgiebigen Struktur sowie deren Auslegung Nach unseren Erkenntnissen gibt es außer den von uns dargestellten Untersuchungen der Wirbelkörpersteifigkeit [12; 27] keine anderen experimentellen Versuchergebnisse. Alle in der Literatur gefundenen Arbeiten hierzu konzentrieren sich auf die Ermittlung der Steifigkeit ganzer Wirbel-segmente bestehend aus zwei Wirbeln mit dazwischenliegender Bandscheibe. Aus diesem Grund streben wir die Durchführung eigener Kompressionsversuche an Wirbelkörpern an. 6. References

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