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Acta anaesth. Scandinav. 1962, Supplementum XII, 72. STE RE 0 TAKT I S C H E 0 PE RAT I0 NE N I N ALLGEMEINNARKOSE H. G. FISCHER, F. ROEDER & H. ORTHNER, Gottingen, Deutschland Es wird uber Erfahrungen rnit der Allgemeinnarkose bei 70 stereotaktischen Eingriffen berichtet, es handelte sich vorwiegend um Pallidotomien. Das Alter der Patienten schwankte zwischen 50 und 72 Jahren, ihr Allgemeinzustand war abgesehen von der Altersreduzierung im allgemeinen gut. Die Narkose- dauer betrug im Durchschnitt 2 bis 3 Stunden, der eigentliche stereotaktische Eingriff ohne Narkose 1% bis 2 Stunden. Friiher waren diese Eingriffe in tiefer neurovegetativer Blockade mit lyti- schen Mischungen in Kombination mit der Lokalanaesthesie durchgefuhrt worden, die Erfahrungen waren aber unbefriedigend. Halothane erlaubt eine flache, gut steuerbare Allgemeinnarkose und l&st den Patienten zum entscheidenden stereotaktischen Eingriff wegen seiner raschen Abflutung voll wach und reaktionsfahig sein, das setzt allerdings eine automatische Wechsel- druckbeatmung mit Hyperventilation voraus. Der rnit Atropin vorbereitete Patient wird unter Vermeidung von Barbituraten nur mit Halothane-Sauer- stoff narkotisiert, im Stadium 111, ohne Succinylcholin intubiert und so- fort automatisch mit Wecheldruck hyperventiliert. Unter diesen Umstanden kann die Narkose sehr flach, und damit zu jedem gewunschten Zeitpunkt rnit einer Fehlerbreite von hochstens 10 Minuten beendet werden. Patienten, die den kontralateralen Eingriff in Lokalanaesthesie erlebt hatten, empfanden die Allgemeinnarkose als grosse Erleichterung, auch hatten sie den Koagulations- vorgang wie das feste Aufsitzen des Riechert’schen Zielgerates weniger un- angenehm in Erinnerung. Der Operateur hatte in jedem Fall guten Kontakt mit dem aus der Narkose envachten Patienten und konnte die Sonden sicher legen, sowie sich sofort vom Koagulationseffekt uberzeugen. Postoperative Komplikationen insbesondere von Seiten des Kreislaufs oder der Lungen traten nicht auf. Eine Patientin verstarb am 8. Tag nach der Operation an einem nicht zu beherrschenden Herz-Kreislaufversagen, dessen Ursache wir in dem jahrelangen extremen Morphinabusus von taglich 3 Ampullen Eukodal sahen.

STEREOTAKTISGHE OPERATIONEN IN ALLGEMEINNARKOSE

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Page 1: STEREOTAKTISGHE OPERATIONEN IN ALLGEMEINNARKOSE

Acta anaesth. Scandinav. 1962, Supplementum XII, 72.

STE R E 0 TAKT I S C H E 0 PE RAT I 0 N E N I N ALLGEMEINNARKOSE

H. G. FISCHER, F. ROEDER & H. ORTHNER, Gottingen, Deutschland

Es wird uber Erfahrungen rnit der Allgemeinnarkose bei 70 stereotaktischen Eingriffen berichtet, es handelte sich vorwiegend um Pallidotomien. Das Alter der Patienten schwankte zwischen 50 und 72 Jahren, ihr Allgemeinzustand war abgesehen von der Altersreduzierung im allgemeinen gut. Die Narkose- dauer betrug im Durchschnitt 2 bis 3 Stunden, der eigentliche stereotaktische Eingriff ohne Narkose 1% bis 2 Stunden.

Friiher waren diese Eingriffe in tiefer neurovegetativer Blockade mit lyti- schen Mischungen in Kombination mit der Lokalanaesthesie durchgefuhrt worden, die Erfahrungen waren aber unbefriedigend. Halothane erlaubt eine flache, gut steuerbare Allgemeinnarkose und l&st den Patienten zum entscheidenden stereotaktischen Eingriff wegen seiner raschen Abflutung voll wach und reaktionsfahig sein, das setzt allerdings eine automatische Wechsel- druckbeatmung mit Hyperventilation voraus. Der rnit Atropin vorbereitete Patient wird unter Vermeidung von Barbituraten nur mit Halothane-Sauer- stoff narkotisiert, im Stadium 111, ohne Succinylcholin intubiert und so- fort automatisch mit Wecheldruck hyperventiliert. Unter diesen Umstanden kann die Narkose sehr flach, und damit zu jedem gewunschten Zeitpunkt rnit einer Fehlerbreite von hochstens 10 Minuten beendet werden. Patienten, die den kontralateralen Eingriff in Lokalanaesthesie erlebt hatten, empfanden die Allgemeinnarkose als grosse Erleichterung, auch hatten sie den Koagulations- vorgang wie das feste Aufsitzen des Riechert’schen Zielgerates weniger un- angenehm in Erinnerung. Der Operateur hatte in jedem Fall guten Kontakt mit dem aus der Narkose envachten Patienten und konnte die Sonden sicher legen, sowie sich sofort vom Koagulationseffekt uberzeugen. Postoperative Komplikationen insbesondere von Seiten des Kreislaufs oder der Lungen traten nicht auf. Eine Patientin verstarb am 8. Tag nach der Operation an einem nicht zu beherrschenden Herz-Kreislaufversagen, dessen Ursache wir in dem jahrelangen extremen Morphinabusus von taglich 3 Ampullen Eukodal sahen.