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Finanzdirektion Steuergesetz (StG) (Änderung) Antrag des Regierungsrates

Steuergesetz (StG) (Änderung) · 2020. 7. 24. · 2.3 Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und straflose Selbstanzeige 11 2.3.1 Allgemeines 11 2.3.2 Vereinfachungen der

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Finanzdirektion

Steuergesetz (StG)(Änderung)

Antrag des Regierungsrates

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InhaltsübersichtSeite

Vorbemerkung 5

1. Zusammenfassung 6

1.1 Einführung 6

1.2 Umsetzung von Bundesrecht 6

1.2.1 Unternehmenssteuerreformgesetz II 6

1.2.2 Umsetzung weiterer bundesrechtlicher Erlasse 7

1.3 Parlamentarische Vorstösse 7

1.3.1 Überwiesene Motionen 7

1.3.2 Überwiesene Postulate 7

1.3.3 Bis und mit in der Novembersession 2009 behandelte Vorstösse 8

1.4 Bedürfnisse aus der Praxis 8

1.5 Ausgleich der kalten Progression 8

1.6 Standortpolitische Massnahmen 8

1.6.1 Finanzpolitischer Handlungsspielraum 8

1.6.2 Steuerpolitischer Handlungsbedarf 8

1.6.3 Standortpolitische Massnahmen 8

1.7 Fahrplan 9

2. Umsetzung von Bundesrecht 9

2.1 Unternehmenssteuerreform II 9

2.1.1 Einleitung 9

2.1.2 Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung 9

2.1.3 Abbau von substanzzehrenden Steuern 10

2.1.4 Entlastungen für Personenunternehmungen 10

2.1.5 Aufhebung der Arbeitsbeschaffungsreserven 11

2.2 Verfahrensgarantien der EMRK im Nachsteuer- und Steuerstrafverfahren

2.3 Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und strafloseSelbstanzeige 11

2.3.1 Allgemeines 11

2.3.2 Vereinfachungen der Nachbesteuerung 11

2.3.3 Straflose Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung 11

2.4 Umsetzung des revidierten Gaststaatgesetzes 12

3. Umsetzung überwiesener Motionen 12

3.1 Motion 229/2008 FDP «Sofortiger Ausgleich der kalten Progression» 12

3.2 Motion 122/2005 Pauli «Kohärente Sozial- und Steuerpolitik» 12

3.3 Motion 194/2006 von Allmen «Zweitwohnungspolitik» 12

3.3.1 Gegenstand der Motion 12

3.3.2 Höhere Einkommenssteuer für Inhaberinnen und Inhaber vonFerienwohnungen (Ziffer 2 der Motion) 12

3.3.3 Gleichstellung von Ausländerinnen und Ausländern bei der Besteuerungvon Wohn- und Grundeigentum im Kanton Bern (Ziffer 3 der Motion) 13

4. Anpassungen an die Bedürfnisse der Praxis 14

4.1 Quellensteuer 14

4.2 Bezug, Sicherung und Erlass 15

4.3 Weitere Änderungen 15

5. Ausgleich der kalten Progression 15

5.1 Definition 15

5.2 Gesetzlicher Ausgleich der kalten Progression 15

5.3 Motion 229/2008 FDP «Sofortiger Ausgleich der kalten Progression» 16

6. Standortpolitische Massnahmen 16

6.1 Finanzpolitischer Handlungsspielraum 16

6.1.1 Finanzpolitische Zielsetzungen für die laufende Legislatur 16

6.1.2 Finanzpolitische Ausgangslage 17

6.1.3 Fazit 17

6.2 Standortpolitischer Handlungsbedarf 17

6.2.1 Massnahmen der vergangenen Jahre 17

6.2.2 Verschärfter Steuerwettbewerb 17

6.2.3 Einkommenssteuern 18

6.2.4 Vermögenssteuern 18

6.2.5 Gewinn- und Kapitalsteuern juristischer Personen 19

6.2.6 Fazit 19

6.3 Schlussfolgerungen für die Teilrevision des Steuergesetzes 19

6.4 Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer 19

6.5 Übergang zur proportionalen Gewinnsteuer 20

6.6 Mögliche Massnahmen im Rahmen künftiger Revisionen 20

6.6.1 Vermögenssteuersenkung 21

6.6.2 Erhöhung der Kinderabzüge 21

6.6.3 Senkung Vorsorgetarif 22

6.6.4 Systemwechsel Einkommenssteuer: Proportionaltarif («flat rate») 22

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6.6.5 Entlastung des Existenzminimums 23

6.7 Umweltsteuern mit einnahmenseitiger Kompensation 24

7. Die Änderungen im Einzelnen 24

7.1 Einkommens- und Vermögenssteuer natürlicher Personen 24

7.1.1 Artikel 2 (fakultatives Referendum) 24

7.1.2 Artikel 3 (jährlicher Ausgleich der kalten Progression) 24

7.1.3 Artikel 17 (Gaststaatgesetz) 24

7.1.4 Artikel 21a neu (Aufschubtatbestände) 25

7.1.5 Artikel 24 (Unternehmenssteuerreform II: Einführung desKapitaleinlageprinzips) 26

7.1.6 Artikel 25 (Vorzugsmietzins und Eigenmietwert von Ferienwohnungen) 26

7.1.7 Artikel 29 (Kapitalzahlungen bei Stellenwechsel) 26

7.1.8 Artikel 38 (Unternehmenssteuerreform II: Private Schuldzinsen) 27

7.1.9 Artikel 42 (Ausgleich der kalten Progression) 27

7.1.10 Artikel 43a neu (Unternehmenssteuerreform II: Liquidationsgewinne) 27

7.1.11 Artikel 44 (Ausgleich der kalten Progression) 28

7.1.12 Artikel 49 (Bewertung von Wertpapieren des Privatvermögens) 28

7.1.13 Artikel 51 (Unternehmenssteuerreform II: Geschäftliche Wertschriften) 28

7.2 Gewinn- und Kapitalsteuern juristischer Personen 28

7.2.1 Artikel 83 (Gaststaatgesetz) 28

7.2.2 Artikel 89 (Unternehmenssteuerreform II: Ersatzbeschaffung vonBeteiligungen) 28

7.2.3 Artikel 91 (Unternehmenssteuerreform II: Wertberichtigungen undAbschreibungen) 29

7.2.4 Artikel 95 (Proportionaler Gewinnsteuertarif) 29

7.2.5 Artikel 96 (Unternehmenssteuerreform II: Beteiligungsabzug) 29

7.2.6 Artikel 97 (Unternehmenssteuerreform II: Kapital- und Buchgewinne aufBeteiligungen) 29

7.2.7 Artikel 106 (Anrechnung Gewinnsteuer an Kapitalsteuer) 29

7.3 Quellensteuer für natürliche und juristische Personen 30

7.3.1 Artikel 112 (Wechsel zur ordentlichen Besteuerung) 30

7.3.2 Artikel 114 (Steuertabellen bei der Quellensteuer) 30

7.3.3 Artikel 116 (Tarifkorrekturen bei der Quellensteuer) 30

7.4 Grundstückgewinnsteuer 30

7.4.1 Artikel 132 (Ersatzbeschaffungen in der Landwirtschaft) 30

7.4.2 Artikel 133 (Ersatzbeschaffungen im Geschäftsvermögen) 30

7.5 Verfahren 30

7.5.1 Artikel 149 (ZPV-Nummer im Steuerregister) 30

7.5.2 Artikel 186 (Bescheinigungspflichten im Quellensteuerverfahren) 31

7.5.3 Artikel 206 (ordentliches Nachsteuerverfahren) 31

7.5.4 Artikel 208 (Hinweis auf Steuerstrafverfahren) 31

7.5.5 Artikel 208a neu (vereinfachte Erbennachbesteuerung) 31

7.5.6 Artikel 214 (Kosten des Inventarverfahrens) 31

7.6 Steuerstrafrecht 31

7.6.1 Artikel 217 (straflose Selbstanzeige) 31

7.6.2 Artikel 219 (straflose Selbstanzeige für Teilnehmende) 31

7.6.3 Artikel 220 (straflose Selbstanzeige im Inventarverfahren) 32

7.6.4 Artikel 221 (Steuerhinterziehung durch Ehegatten) 32

7.6.5 Artikel 225 (Gemeinsames Nachsteuer- und Steuerstrafverfahren) 32

7.6.6 Artikel 222a neu (straflose Selbstanzeige bei juristischen Personen) 32

7.6.7 Artikel 223 (straflose Selbstanzeige bei Steuerbetrug) 32

7.6.8 Artikel 224 (straflose Selbstanzeige bei Veruntreuung vonQuellensteuern) 32

7.6.9 Artikel 225 (Parteistellung bei Steuerbetrug) 32

7.6.10 Artikel 226 (Aussageverweigerungsrecht im Steuerstrafverfahren) 33

7.6.11 Artikel 227 (Beweisverwertungsverbot) 33

7.7 Bezug, Sicherung und Erlass 33

7.7.1 Artikel 233 (Haftungsverfügung) 33

7.7.2 Artikel 235 (Bezugsverfügung) 33

7.7.3 Artikel 237 (Verzugszinspflicht) 33

7.7.4 Artikel 240a neu (Zweck des Steuererlasses) 33

7.7.5 Artikel 240b neu (Erlassgründe) 33

7.7.6 Artikel 240c neu (Ausschlussgründe) 33

7.8 Änderung anderer Erlasse 34

7.8.1 Gesetz über die steuerbegünstigten Arbeitsbeschaffungsreserven 34

7.9 Übergangsbestimmungen 34

8. Auswirkungen der Gesetzesänderung 34

8.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Kanton 34

8.2 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf die Gemeinden 34

8.3 Auswirkungen auf die Wirtschaft 35

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9. Vernehmlassungsverfahren 35

9.1 Allgemeines 35

9.2 Zur Umsetzung von Bundesrecht 35

9.3 Zum Ausgleich der kalten Progression 35

9.4 Zu den parlamentarischen Vorstössen 35

9.4.1 Motion 122/2005 Pauli «Kohärente Sozial- und Steuerpolitik» 35

9.4.2 Motion 194/2006 von Allmen «Zweitwohnungspolitik» 35

9.5 Zu den Anpassungen aufgrund praktischer Bedürfnisse 36

9.6 Zu den standortpolitischen Massnahmen 36

9.7 Berücksichtigte Anliegen der Vernehmlassungsadressaten 36

9.8 Nicht berücksichtigte Anliegen der Vernehmlassungsadressaten 36

10. Antrag des Regierungsrates 37

11. Anhang 38

11.1 Steuergesetzrevisionen in anderen Kantonen 38

11.2 Modell «Entlastung des Existenzminimums»: Belastungsvergleichebei Erhöhung des Abzuges für bescheidene Einkommen 40

11.3 Ausgleich der kalten Progression 41

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Vortragdes Regierungsrates an den Grossen Rat betreffenddie Änderung des Steuergesetzes (StG)

Vorbemerkung

Die anfängliche Finanzmarktkrise entwickelte sich im Verlaufe des Jahres 2009 zueiner Weltwirtschaftskrise. Die Rezession erfasste allmählich sämtliche Absatzmärk-te der Schweiz und damit auch bernische Unternehmen.

Die bernische Regierung will alles tun, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Mass-nahmen sollen dort wirksam sein, wo die Wirtschaft am meisten leidet und wo diestaatlichen Massnahmen zusätzlich auch private Investitionen auslösen. Sie solleneinen möglichst hohen Effekt auf die Beschäftigung haben und zeitlich befristet sein,damit sie den Finanzhaushalt nicht dauerhaft belasten. Im Idealfall sollen sie zudemdie langfristige Wachstumspolitik unterstützen.

Gleichzeitig soll aber auch eine stabile Finanzpolitik ohne Neuverschuldungfortgesetzt werden. In diesem Zusammenhang haben die Direktionen und dieStaatskanzlei im Auftrag des Regierungsrates für das Voranschlagsjahr 2009 imRechnungsvollzug Kürzungen in der Höhe von CHF 70 Millionen erarbeitet. Über dieUmsetzung der Kürzungsvorschläge entscheidet der Regierungsrat Ende Juni 2009.Darüber hinaus müssen im laufenden Budgetprozess innert weniger Monate imRahmen des Finanzhaushaltes Entlastungsmassnahmen in der Höhe von knappCHF 300 Millionen realisiert werden, um im Voranschlagsjahr 2010 eine Neuver-schuldung zu vermeiden.

Der Grosse Rat scheint bereit zu sein, seinen Beitrag zu einem verantwortungs-bewussten Handeln beizutragen. Er hat in der Aprilsession 2009 auf Entlastungenbei der Handänderungssteuer verzichtet, um im Rahmen der SteuergesetzrevisionHandlungsspielraum zu behalten.

In der Vernehmlassungsvorlage zur Steuergesetzrevision 2011 vom 19. Dezember2008 waren Einnahmeausfälle von CHF 90 Millionen für den Ausgleich der kaltenProgression vorgesehen. In der Zwischenzeit steht fest, dass die von Ende 2006 bisEnde Oktober 2009 erwartete Teuerung nicht 5 Prozent, sondern bloss rund2,6 Prozent erreichen wird. Das geltende Recht sieht bei dieser Ausgangslage keinenAusgleich der kalten Progression vor. Der Grosse Rat hat in der Aprilsession 2009allerdings eine Motion überwiesen, welche den Regierungsrat beauftragt, dasSteuergesetz dahingehend anzupassen, dass die Einkommenssteuertarife gemässden Artikeln 42 und 44 des bernischen Steuergesetzes jährlich automatisch derTeuerung angepasst werden. Werden die Einkommenssteuertarife mit der Steuer-gesetzrevision 2011 entsprechend der erwarteten Teuerung angepasst, ergeben sichMindereinnahmen von rund CHF 20 Millionen anstelle der in der Finanzplanung fürden Ausgleich der kalten Progression eingestellten CHF 90 Millionen. Die Minder-einnahmen reduzieren sich somit um rund CHF 70 Millionen. Im Umfang der so frei

gewordenen Mittel resultiert für die vorliegende Steuergesetzrevision ein gewisserHandlungsspielraum, der sinnvoll zu nutzen ist.

Der Regierungsrat ist der Überzeugung, dass Entlastungen für Unternehmun-gen (mit den insbesondere im Kanton Bern vorherrschenden Unternehmensstruktu-ren) die steuerpolitisch wirksamsten und in der anhaltenden Wirtschaftskrise ambesten geeigneten Massnahmen sind, um dazu beizutragen, dass Arbeitsplätzeerhalten bzw. geschaffen werden und die Wirtschaft wieder angekurbelt wird. Aberauch mittel- und langfristig stärken sie den Wirtschaftsstandort Bern. Der Regie-rungsrat schlägt deshalb vor, den Handlungsspielraum zu nutzen und sowohl dieAnrechnung der Gewinn- an die Kapitalsteuer als auch die Einführung des propor-tionalen Gewinnsteuertarifs unter gleichzeitiger Senkung des Steuersatzes umzuset-zen. Diese zusätzlichen standortpolitischen Massnahmen für Unternehmungen ste-hen im Einklang mit den bisherigen wirtschaftspolitischen Massnahmen des Regie-rungsrates im Rahmen der anhaltenden Wirtschaftskrise.

Mit diesem Vorschlag zeigt die Regierung, dass sie bei der Bewältigung der Wirt-schaftskrise weiterhin eine Führungsrolle übernehmen will und aktiv Massnahmenvorschlägt, so wie sie dies unter anderem bereits mit der rückwirkenden Steueran-lagesenkung 2008 und mit der rückwirkend per 1. Januar 2009 in Kraft gesetztenAbschaffung der sog. Dumontpraxis getan hat. Sie liegt damit auch auf der Linie der61 Initianten der in der Junisession 2009 überwiesenen Motion 129/2009 «Kein Ver-zicht auf die Steuergesetzrevision 2011!». Darin wird der Regierungsrat nicht nuraufgefordert, die mehrfach angekündigte Steuergesetzrevision 2011 dem GrossenRat tatsächlich vorzulegen. Die Initianten äussern auch bereits die inhaltliche Forde-rung, dass die Revision materiell über die zwingende Umsetzung von Bundesrechtund den Ausgleich der kalten Progression hinauszugehen habe.

Die vorgeschlagene Entlastung von Unternehmungen wirkt gezielt dort, wo es fürden Wirtschaftsstandort Bern wichtig ist. Entlastungen nach dem Giesskannenprin-zip, wie sie der Auftrag 177/2008 Kohler-Jost (FDP), Mühlethurnen «Fit für die Zu-kunft durch Senkung der Steueranlage im Kanton Bern» vom 11. Juni 2008 (Sen-kung der Steueranlage um einen Zehntel mit Wirkung ab 2010) verlangt, lässt dieaktuelle finanzpolitische Situation nicht zu.

Der vorliegende Antrag des Regierungsrates verzichtet auf die im Zuge der Umset-zungsarbeiten zur überwiesenen Motion 122/2005 Pauli vorgesehene steuerlicheEntlastung des Existenzminimums, welche Mindereinnahmen von CHF 40 Mil-lionen auf Kantonsebene zur Folge hätte. Der Regierungsrat erachtet – wie verschie-dene Vernehmlassungsteilnehmende (SP, FDP, Gemeinde Biel) auch – die Verschie-bung der Umsetzung dieser Massnahme als angebracht. Eine Koppelung der Entlas-tung des Existenzminimums an die zweite Massnahme der Motion Pauli, der Stan-desinitiative für die Besteuerung von Sozialhilfeleistungen, ist sinnvoll. Denn wirddie Standesinitiative auf Bundesebene nicht umgesetzt, das Existenzminimum hin-gegen kantonsintern entlastet, verfehlt die Umsetzung der Motion das gewünschteZiel (Gleichstellung der nicht erwerbstätigen Sozialhilfeabhängigen insbesonderemit den sog. «Working poor»). Vor diesem Hintergrund spricht sich der Regierungs-rat für eine Verschiebung der Entlastung des Existenzminimums aus.

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Der so skizzierte Antrag des Regierungsrates zur Steuergesetzrevision 2011 hätte fürden Kanton Bern Mindereinnahmen von rund CHF 90 Millionen zur Folge, welche imaktuellen Aufgaben- und Finanzplan eingestellt sind.

1. Zusammenfassung

1.1 Einführung

Die vorliegende Revision betrifft das per 1. Januar 2001 total revidierte bernischeSteuergesetz1). Seit seinem Inkrafttreten wurde es verschiedentlich, insbesonderedurch die Teilrevisionen vom 23. November 2004 (Steuergesetzrevision 2005) undvom 24. Februar 2008 (Steuergesetzrevision 2008/2009), geändert.

Gegenstand der Steuergesetzrevision 2005 waren unter anderem der Steuerauf-schub bei der Umstrukturierung von Unternehmungen (inbegriffen die Handände-rungssteuer2)), die Erweiterung der Steueraufschubsmöglichkeiten bei Ersatzbe-schaffungen des beweglichen Anlagevermögens und die Senkung des Tarifs fürKapitalleistungen aus Vorsorge. Im Rahmen dieser Revision erfuhr zudem auch dasErbschafts- und Schenkungssteuergesetz3) eine Änderung, indem Zuwendungen anNachkommen, Stief- und Pflegekinder – wie die Zuwendungen an Ehegatten – vonder Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit wurden.

Die Steuergesetzrevision 2008/2009 galt in erster Linie den Familien und demMittelstand. So wurden namentlich verschiedene Abzüge (inklusive Kinderabzugund Sozialabzüge) erhöht und der Einkommenssteuertarif des Mittelstandes und derFamilien spürbar angepasst. Weiter wurden die Vermögenssteuer und auch dieQuellensteuer für Künstler, Sportler und Referenten generell gesenkt. Die Revisionbeinhaltete auch einen einmaligen Rabatt auf der Kantonssteuer für das Jahr 2008,da mehrere Elemente der Revision erst per 1. Januar 2009 umgesetzt wurden.Schliesslich erfuhr auch der Unternehmenssteuerbereich einige Anpassungen: Ins-besondere wurden die Teilbesteuerung auf Dividenden qualifizierter Beteiligungeneingeführt, die Unternehmensnachfolge durch nicht verwandte Personen erleichtertund zahlreiche Anpassungen infolge des Kollektivanlagegesetzes4) vorgenommen.

Die vorliegende Steuergesetzrevision 2011 handelt in erster Linie von der Um-setzung von Bundesrecht, behandelt im Weiteren mehrere parlamentarische Vor-stösse, trägt Bedürfnissen der Praxis Rechnung und berücksichtigt den Ausgleichder kalten Progression auf den Einkommenssteuertarifen. Im Rahmen der finanzpoli-tischen Möglichkeiten wird ausserdem eine wichtige standortpolitische Massnahmeverwirklicht, indem juristische Personen entlastet werden. Bei den Kapitalgesell-

1) Steuergesetz vom 21. Mai 2000 (StG; BSG 661.11)2) Artikel 12 Buchstaben h und l des Gesetzes vom 18. März 1992 betreffend die Handände-

rungs- und Pfandrechtssteuern (HPG; BSG 215.326.2)3) Gesetz vom 23. November 1999 über die Erbschafts- und Schenkungssteuer (ESchG; BSG

662.1)4) Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagege-

setz, KAG; SR 951.31)

schaften und Genossenschaften werden ein proportionaler Gewinnsteuertarif untergleichzeitiger Senkung des Steuersatzes und die in der Unternehmenssteuerre-form II des Bundes vorgesehene Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuereingeführt. Der Wirtschaftsstandort Bern wird auf diese Weise gezielt gefördert.

1.2 Umsetzung von Bundesrecht

1.2.1 Unternehmenssteuerreformgesetz II

Nach der Unternehmenssteuerreform I im Jahre 1997 beschlossen die eidgenössi-schen Räte im Jahr 2007 die Unternehmenssteuerreform II. Die durch die Kantonegrossteilig zwingend umzusetzenden Massnahmen werden für Kanton und Ge-meinden keine nennenswerten Mindereinnahmen zur Folge haben. Durch die zwin-gend vorzunehmende Abschaffung der Arbeitsbeschaffungsreserven werdensich demgegenüber gewisse Mehreinnahmen ergeben.

Konkret sieht das Unternehmenssteuerreformgesetz II5) für die direkte Bundessteuereine Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung vor, welche von denKantonen freiwillig übernommen werden kann. Der Kanton Bern hat im Zuge derSteuergesetzrevision 2008 bereits diesbezügliche Massnahmen eingeführt, weshalbin diesem Bereich zurzeit kein Handlungsbedarf besteht.

Zwingender Natur ist die unter dem Titel «Abbau von substanzzehrenden Steuern»vorgesehene Lockerung des Beteiligungsabzuges. Das bernische Steuergesetzist so anzupassen, dass Dividenden von der Gewinnsteuer befreit sind, wenn eineBeteiligung von 10 (statt bisher 20) Prozent bzw. im Wert von CHF 1 (statt bisherCHF 2) Millionen gehalten wird. Die Anrechnung der Gewinnsteuer an die Ka-pitalsteuer hingegen ist an sich nicht zwingend. Der Kanton Bern ist frei, ob erdiese Massnahme vorsehen will. Der Regierungsrat empfiehlt diese Massnahme zurUmsetzung und schlägt den gleichzeitigen Wechsel zu einem einstufigen Proportio-naltarif vor (vgl. Ziffern 6.4 und 6.5).

Mit der Unternehmenssteuerreform II werden weiter Personenunternehmen entlas-tet. Für den Kanton Bern besteht nur hinsichtlich der Milderung der Besteuerungvon Liquidationsgewinnen im Sinne von Artikel 43a StG – zwingender –Handlungsbedarf. Betreffend die Ausweitung der Ersatzbeschaffungstatbeständekennt der Kanton Bern bereits heute die nunmehr auf eidgenössischer Ebene einge-führte Reinvestitionstheorie, und auch bei der Übertragung von Anlageliegenschaf-ten vom Geschäfts- in das Privatvermögen besteht im Kanton Bern mit seinem mo-nistischen System bei der Grundstückgewinnsteuer kein Handlungsbedarf.

5) Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedin-gungen für unternehmerische Tätigkeiten und Investitionen (Unternehmenssteuerreform-gesetz II; BBl 2007 2321 ff.), gestaffeltes Inkrafttreten zwischen 2008 und 2011 (vgl. Me-dienmitteilung des EFD vom 21. Mai 2008, http://www.efd.admin.ch/aktuell/medieninformation/00462/index.html? lang=de&msg-id=18876)

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1.2.2 Umsetzung weiterer bundesrechtlicher Erlasse

Auch auf dem Gebiet des Nachsteuerverfahrens und des Steuerstrafverfah-rens hat sich infolge Änderungen beim Bundesrecht6) Anpassungsbedarf im Steu-ergesetz ergeben: Nebst der Festschreibung verfahrensrechtlicher Garantien wirddie Nachsteuer ab 1. Januar 2010 im Falle der Steuerhinterziehung durch den Erb-lasser unter bestimmten Umständen nur noch drei statt zehn Jahre zurück eingefor-dert. Neu wird zudem die erstmalige Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung untergewissen Voraussetzungen straflos sein.

Das revidierte Gaststaatgesetz7) schliesslich bringt auf Kantonsebene Änderungenformeller Natur. Daraus sind weder Minder- noch Mehreinnahmen zu erwarten.

1.3 Parlamentarische Vorstösse

Etliche parlamentarische Vorstösse zielen auf Änderungen im Steuergesetz.

1.3.1 Überwiesene Motionen

Mit der Motion 122/2005 Pauli8) soll verhindert werden, dass (ehemalige) Sozial-hilfeempfangende nach dem Wiedereinstieg in die Arbeitswelt bei bescheidenenEinkommen unter Umständen schlechter gestellt sind als von der Sozialhilfe unter-stützte Personen. Dazu sollen das Existenzminimum – mittels Abzug für beschei-dene Einkommen – teilweise steuerbefreit und die Sozialhilfeleistungen im Ge-genzug der Besteuerung unterstellt werden. Zu Letzterem hat der Grosse Rat am20. Januar 2009 eine Standesinitiative an den Bund verabschiedet. Die in der Ver-nehmlassungsvorlage noch enthaltenen Vorschläge des Regierungsrates für dieteilweise steuerliche Befreiung des Existenzminimums hätten Mindereinnahmenvon CHF 40 Millionen beim Kanton und CHF 21 Millionen bei den Gemeinden zurFolge. Im Rahmen der Vernehmlassung wurde das zweistufige Vorgehen kritisiert,und es wurde vorgeschlagen, zunächst die Behandlung der Standesinitiative abzu-warten. Die Besteuerung der Sozialleistungen und die Entlastung des Existenzmini-mums müssten als Paket gemeinsam verabschiedet werden. Die Mindereinnahmenaus der Entlastung des Existenzminimums liessen sich dadurch reduzieren. DerRegierungsrat schliesst sich dieser Auffassung an (vgl. hinten Ziffer 6.6.5).

6) Bundesgesetz vom 20. Dezember 2006 über Änderungen des Nachsteuerverfahrens unddes Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der direkten Steuern (AS2007 2973 ff.; BBl 2006 4021 ff.), sowie das Bundesgesetz vom 20. März 2008 über die Ver-einfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und die Einführung der straflosen Selbstan-zeige (BBl 2008 2321 ff.)

7) Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über die von der Schweiz als Gaststaat gewährten Vor-rechte, Immunitäten und Erleichterungen sowie finanziellen Beiträge (Gaststaatgesetz,GSG; SR 192.12)

8) Motion 122/2005 Pauli, Schliern (SVP), Hess, Stettlen (SVP), Guggisberg, Kirchlindach(SVP) «Kohärente Sozial- und Steuerpolitik» vom 13. Juni 2005, überwiesen am 28. März2006

Auch zur Motion 194/2006 von Allmen9) enthält die vorliegende Revision einenVorschlag. Die Umsetzung der überwiesenen Ziffer 3, wonach Ausländerinnen undAusländer bei der Besteuerung von Wohn- und Grundeigentum im KantonBern den Schweizerinnen und Schweizern gleichgestellt werden sollen, würde aberzu Mindereinnahmen und administrativem Mehraufwand führen, weshalb der Re-gierungsrat (wie schon anlässlich seiner Antwort vom 28. Februar 2007 auf die frag-liche Motion) deren Umsetzung ablehnt. Zur ebenfalls überwiesenen Ziffer 2, dieden Gemeinden Grundlagen für Mehreinnahmen zur Minderung unerwünschterEffekte des Zweitwohnungsbaus bringen will, schlägt der Regierungsrat vor, beiLiegenschaften, die nicht als Wohnsitz dienen, den für die direkte Bundessteuermassgeblichen höheren Eigenmietwert heranzuziehen.

Der Grosse Rat hat in der Aprilsession 2009 zudem die Motion 229/2008 FDP10)

überwiesen. Der Regierungsrat wird darin beauftragt, das Steuergesetz dahinge-hend anzupassen, dass die Einkommenssteuertarife gemäss den Artikeln 42 (fürregelmässig fliessende Einkünfte) und 44 (für Kapitalleistungen aus Vorsorge) StGjährlich automatisch der Teuerung angepasst werden, während die Abzüge und dieübrigen Tarife des Steuergesetzes wie bisher nach Erreichen einer aufgelaufenenTeuerung von fünf Prozent angepasst werden sollen. Die Motion wird mit der vor-liegenden Steuergesetzrevision umgesetzt (vgl. Ziffern 1.5 und 5).

Die in der Junisession 2009 überwiesene dringliche Motion 129/2009 Haas11) be-auftragt den Regierungsrat, dem Grossen Rat rechtzeitig eine Vorlage für eine Revi-sion des kantonalen Steuergesetzes vorzulegen, welche per 1. Januar 2011 in Krafttritt und materiell über die zwingende Umsetzung von Bundesrecht und den Aus-gleich der kalten Progression hinausgeht. Die Motion ist mit dieser Vorlage erfüllt.

1.3.2 Überwiesene Postulate

Weitere parlamentarische Vorstösse wurden vom Grossen Rat in der Novemberses-sion 2008 und in der Aprilsession 2009 überwiesen. Sie verlangen die Prüfung mög-licher standortpolitischer Massnahmen (vgl. Ziffer 6.6).

Dabei handelt es sich um das Postulat 178/2008 Haas, Bern (FDP), Brand, Mün-chenbuchsee (SVP), Friedli, Sumiswald (EDU) «Steuerpolitische Zukunft im KantonBern» und die in ein Postulat umgewandelte Motion 101/2008 Haas, Bern (FDP),Brand, Münchenbuchsee (SVP), Friedli, Sumiswald (EDU) «Vorteilhafte Standortbe-dingung nicht verspielen». In der Aprilsession 2009 wurde zudem die Motion249/2008 Kast «Steuerliche Entlastung für Familien» vom 10. September 2008 alsPostulat überwiesen.

9) Motion 194/2006 von Allmen, Gimmelwald (SP-JUSO) «Zweitwohnungspolitik» vom5. September 2006, Ziffern 2 und 3 überwiesen am 20. März 2007 (Ziffer 1: Annahme untergleichzeitiger Abschreibung)

10) Motion 229/2008 FDP (Sutter, Grosshöchstetten) «Sofortiger Ausgleich der kalten Progres-sion – mehr Geld im Portemonnaie» vom 8. September 2008, überwiesen am 7. April 2009

11) Motion 129/2009, Haas, Bern (FDP), Brand, Münchenbuchsee (SVP), Hess, Stettlen (BDP),Schneiter, Thierachern (EDU) «Kein Verzicht auf die Steuergesetzrevision 2011!» vom30. März 2009, überwiesen am 9. Juni 2009

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1.3.3 Bis und mit in der Novembersession 2009 behandelte Vorstösse

Voraussichtlich in der Septembersession 2009 wird der Grosse Rat

– das Postulat 331/2008 Zumstein, Langenthal (FDP) «Höhere Abzüge für Mehrkos-ten durch Drittbetreuung» vom 27. November 2008 und

– die dringliche Motion 202/2009 SP-JUSO (Näf, Muri) «Weg mit dem Dschungelvon Steuerabzügen – für tiefere Steuersätze zu Gunsten der breiten Bevölke-rung!» vom 2. Juni 2009

behandeln. Für die Novembersession 2009 ist die Behandlung verschiedener inder Aprilsession 2009 eingereichter parlamentarischer Vorstösse geplant. Diesestehen wie die zwei vorerwähnten Vorstösse in einem sachlichen Zusammenhangmit der Steuergesetzrevision 2011. Es handelt sich dabei um die folgenden dreiMotionen:

– M 085/2009 Marti Anliker, Bern (SP-JUSO) «Standesinitiative zur Abschaffung derBesteuerung nach dem Aufwand (Pauschalbesteuerung); Gleichbehandlung vonschweizerischen und ausländischen Steuerpflichtigen» vom 16. Februar 2009,

– M 138/2009 Blanchard, Malleray (SVP) «Steueramnestie zur Bekämpfung derFinanzkrise» vom 31. März 2009,

– M 171/2009 Fischer, Lengnau (FDP) «Gleich lange Spiesse beim Kinderabzug;Aus- und Weiterbildung gleich behandeln» vom 9. April 2009.

1.4 Bedürfnisse aus der Praxis

Die Entwicklung des Veranlagungsverfahrens ist technisch so weit gereift, dass dieQuellensteuer zukünftig elektronisch über das TaxMe-Portal abgerechnet werdenkann. Für die Unternehmungen bedeutet dies weniger administrativen Aufwand,das (auf drei Gemeinden konzentrierte) Abrechnungsverfahren wird effizienter unddie Betreuung kompetenter.

Bei der Einkommenssteuer soll neu die Überlassung einer Liegenschaft zu einemVorzugsmietzins der Selbstnutzung einer Liegenschaft gleichgestellt werden.

1.5 Ausgleich der kalten Progression

Beim Ausgleich der kalten Progression ergibt sich insofern eine Besonderheit, alsdass der letzte Ausgleich per 1. Januar 2009 beschlossen worden ist, dabei aber dieTeuerung zwischen Dezember 2006 und Dezember 2007 unberücksichtigt blieb.Diese Lücke gilt es daher bei der Berechnung der massgebenden 5-Prozent-Markemit einzubeziehen. Während im November 2008 noch davon auszugehen war, dassdie Teuerung vom Dezember 2006 bis Dezember 2009 diese 5 Prozent überschreitenwird, kann im heutigen Zeitpunkt (Juni 2009) nur noch mit einer Teuerung von2,6 Prozent gerechnet werden. Das geltende Recht lässt deshalb keinen Ausgleichder kalten Progression per 1. Januar 2011 zu.

Der Grosse Rat hat indessen am 7. April 2009 die bereits erwähnte Motion 229/2008FDP überwiesen. Der Regierungsrat hat das Steuergesetz dahingehend anzupassen,dass die Einkommenssteuertarife gemäss den Artikeln 42 und 44 StG jährlich auto-matisch der Teuerung angepasst werden.

Die Vorlage wurde deshalb nach Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens ent-sprechend angepasst. Einerseits wurde der jährliche Ausgleich der kalten Progres-sion auf den Tarifen in den Artikeln 42 und 44 StG eingefügt. Andererseits wurdeerstmals die bis Ende 2009 voraussichtlich aufgelaufene Teuerung von 2,6 Prozentbei den Tarifen in den Artikeln 42 und 44 StG ausgeglichen. Die in der Vernehmlas-sung noch zur Diskussion gestellten Varianten für einen linearen Ausgleich odereinen Ausgleich mit gezielten Entlastungen sind entsprechend hinfällig geworden.

Der Ausgleich der kalten Progression auf den übrigen Tarifen und Abzügen wird zueinem späteren Zeitpunkt, beim Erreichen der 5-Prozent-Schwelle für die Teuerung,vorgenommen.

1.6 Standortpolitische Massnahmen

1.6.1 Finanzpolitischer Handlungsspielraum

Welche standortpolitischen Massnahmen realisiert werden können, hängt einerseitsvon einer ganzheitlichen politischen Würdigung der Massnahmen und andererseitsvom finanzpolitischen Umfeld ab. Dieses ist geprägt vom Sanierungsziel, das sichder Regierungsrat gesetzt hat, von den sich daraus ergebenden Zielkonflikten undetlichen finanzpolitischen Risiken, aktuell namentlich der Wirtschaftskrise.

1.6.2 Steuerpolitischer Handlungsbedarf

Trotz etlicher standortpolitischer Massnahmen, die in den vergangenen Jahren imKanton Bern umgesetzt worden sind, besteht diesbezüglich weiterhin Handlungsbe-darf. Denn auch die meisten anderen Kantone führten und führen Steuergesetzrevi-sionen durch. Dadurch hat sich der Steuerwettbewerb unter den Kantonen zuneh-mend verschärft. Der Regierungsrat beurteilt die Situation jedoch differenziert undstellt den Vergleich mit den direkten Konkurrenten ins Zentrum seiner Analyse.

Insbesondere für die bei den letzten Revisionen kaum berücksichtigten natürlichenPersonen mit hohen Einkommen und Vermögen besteht ein gewisser Handlungs-bedarf. Um den Kanton Bern bei der Steuerbelastung vor allem gegenüber seinenwichtigsten Konkurrenten wettbewerbsfähig zu halten, ist auch eine generelle Sen-kung der Einkommens- und Vermögenssteuern zu prüfen. Bei den juristischen Per-sonen ist darauf zu achten, dass der Kanton Bern seine im interkantonalen Vergleichzurzeit noch relativ standortgünstige Position halten kann.

1.6.3 Standortpolitische Massnahmen

Im Interesse einer zuverlässigen und stabilen Finanzpolitik sollte nach Ansicht desRegierungsrates unter den gegebenen Umständen eine gezielte Entlastung der ber-

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nischen Unternehmungen vorgesehen werden. Der Regierungsrat ist der Überzeu-gung, dass Entlastungen für Unternehmungen die steuerpolitisch wirksamsten undin der anhaltenden Wirtschaftskrise am besten geeigneten Massnahmen sind, umdazu beizutragen, dass Arbeitsplätze erhalten bzw. geschaffen werden und die Wirt-schaft wieder angekurbelt wird. Weil damit der Wirtschaftsstandort mittel- und lang-fristig gestärkt wird, schlägt der Regierungsrat vor, den Handlungsspielraum zunutzen und sowohl die Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer als auchdie Einführung des proportionalen Gewinnsteuertarifs inkl. Tarifsenkung umzuset-zen (vgl. Ziffern 6.4 und 6.5).

1.7 Fahrplan

Ergeben sich keine unerwarteten Verzögerungen, sieht der weitere zeitliche Ablauffür die vorliegende Revision grob wie folgt aus:

– Novembersession 2009: 1. Lesung Grosser Rat

– Märzsession 2010: 2. Lesung Grosser Rat

– Bis ca. Ende Juli 2010: Referendumsfrist

– 1. Januar 2011: Inkrafttreten

Nachdem nachfolgend zuerst auf die Umsetzung bundesrechtlicher Bestimmungeneingegangen wird (Ziffer 2), folgen anschliessend Erläuterungen zu überwiesenenMotionen (Ziffer 3) und zu Bedürfnissen aus der Praxis (Ziffer 4). Daran anschlies-send folgen Erläuterungen über den Ausgleich der kalten Progression (Ziffer 5). DieVorlage setzt sich eingehend mit standortpolitischen Belangen im finanzpolitischenUmfeld auseinander und hält die Schlussfolgerungen für die vorliegende Revisionfest (Ziffer 6.3). Danach folgen schliesslich die Erläuterungen zu den einzelnen Arti-keln (Ziffer 7).

2. Umsetzung von Bundesrecht

2.1 Unternehmenssteuerreform II

2.1.1 Einleitung

Während die Unternehmenssteuerreform I (1997) eine Stärkung des schweizeri-schen Holdingstandorts zum Ziel hatte, wurde die Unternehmenssteuerreform II aufdie Bedürfnisse der Klein- und Mittelbetriebe (KMU) zugeschnitten. Im Zentrum derReform stehen die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung (vgl. unten Zif-fer 2.1.2.), der Abbau von substanzzehrenden Steuern (vgl. Ziffer 2.1.3.) sowie Ent-lastungen von Personenunternehmen (vgl. Ziffer 2.1.4.).

Das Unternehmenssteuerreformgesetz II wurde vom Volk in der Abstimmung vom24. Februar 2008 angenommen. Im Rahmen dieser Revision wurden das Bundesge-setz über die direkte Bundessteuer12) und das Steuerharmonisierungsgesetz13) indirekt

12) Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11)13) Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der

Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14)

geändert. Diese Änderungen treten gestaffelt per 1. Januar 2009 und 1. Januar 2011in Kraft. Die Übergangsbestimmungen (Art. 72h StHG) sehen vor, dass die Kantoneihre kantonalen Erlasse innert zwei Jahren nach Inkrafttreten der zwingenden bun-desrechtlichen Bestimmungen anpassen müssen. Wo die Anpassung unterbleibt,finden die Bestimmungen des StHG direkt Anwendung.

Die als vordringlich erachteten Regelungen der indirekten Teilliquidation und Trans-ponierung wurden bereits im Juni 2006 als «Bundesgesetz über dringende Anpas-sungen bei der Unternehmensbesteuerung»14) verabschiedet und im Rahmen derSteuergesetzrevision 2008 auf kantonaler Ebene umgesetzt (Art. 24a StG). Auf Bun-desebene noch nicht abschliessend behandelt wurde der sog. Quasi-Wertschriften-handel, der somit erst Gegenstand einer späteren Revision des Steuergesetzes seinwird.

2.1.2 Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung

Von einer wirtschaftlichen Doppelbelastung spricht man, wenn dasselbe wirtschaft-liche Substrat von verschiedenen Steuersubjekten belastet wird. Konkret bedeutetdies: Einerseits unterstehen die von juristischen Personen erzielten Gewinne derGewinnsteuer, andererseits sind die daraus erfolgenden Ausschüttungen (d.h. dervon der juristischen Person erzielte Gewinn) an die Inhaber der Beteiligungsrechte(natürliche Personen) der Einkommenssteuer unterworfen.

Auf Bundesebene wurde dieser unerwünschte Effekt im Zuge der Unternehmens-steuerreform II gemildert. Für Beteiligungen von mindestens 10 Prozent werden dieErträge daraus nicht mehr voll besteuert. Befinden sich die Beteiligungen im Ge-schäftsvermögen, werden die Erträge nur noch zu 50 Prozent besteuert, befinden siesich im Privatvermögen, werden sie noch zu 60 Prozent besteuert (sog. «Teil-besteuerungsverfahren»).

Die Kantone können infolge des Unternehmenssteuerreformgesetzes II Beteili-gungserträge nunmehr in gleicher Weise freistellen, wobei sie bezüglich der Fest-setzung der Quoten frei sind. Die meisten Kantone haben diese Milderung der wirt-schaftlichen Doppelbelastung mittels anderer Massnahmen erreicht. Denn bereitsvor der Unternehmenssteuerreform II war es den Kantonen gestattet, eine Milde-rung der wirtschaftlichen Doppelbelastung mit tarifarischen Massnahmen anzustre-ben. Wie viele andere Kantone hat der Kanton Bern deshalb im Rahmen der Steuer-gesetzrevision 2008 eine Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung über eineReduktion des Steuersatzes eingeführt. Erträge aus entsprechenden Beteiligungenwerden seit dem 1. Januar 2008 nur noch zum halben des für das gesamte Ein-kommen massgeblichen Steuersatzes besteuert. Die Beteiligungen selbst werden abdem 1. Januar 2009 nur noch zu 80 Prozent des für das gesamte Vermögen mass-geblichen Steuersatzes besteuert (sog. «Teilsatzverfahren»).

14) AS 2006 4883 ff., betreffend indirekte Teilliquidation und Transponierung überführt inArt. 20a DBG

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Insofern besteht für den Kanton Bern im heutigen Zeitpunkt kein Handlungsbe-darf. In Frage käme allenfalls ein Wechsel vom Teilsatzverfahren zum für die direkteBundessteuer anwendbaren Teilbesteuerungsverfahren. Das hätte zwar zum Vorteil,dass für die direkte Bundessteuer und die Kantons- und Gemeindesteuern die glei-chen Regeln zum Tragen kämen und das Veranlagungsverfahren dadurch für dieSteuerpflichtigen und die Steuerverwaltung einfacher würde. Wichtig ist aber inerster Linie, dass die Verfahren mit den anderen Kantonen harmonisiert sind – dennnur so ist eine funktionierende interkantonale Steuerausscheidung gewährleistet.Weil die meisten Kantone bereits das Teilsatzverfahren eingeführt haben oder des-sen Einführung planen, ist ein Methodenwechsel des Kantons Bern jedenfalls imMoment nicht angezeigt.

Zurzeit sind vor dem Bundesgericht Beschwerden gegen das in verschiedenen Kan-tonen eingeführte Teilsatzverfahren hängig (Kantone Zürich, Baselland und Bern).Das Bundesgericht wird über die Verfassungskonformität dieser Methode entschei-den und bestimmen, welche Entlastungen den Inhabern der Beteiligungsrechtehöchstens gewährt werden dürfen. Die gleichen Fragen stellen sich aber nicht nurbeim Teilsatzverfahren, sondern auch beim Teilbesteuerungsverfahren. Gutachtenzur Verfassungskonformität dieser Lösung kommen dabei zu unterschiedlichenErgebnissen. Vor einem allfälligen Wechsel zur Teilbesteuerungsmethode sind da-rum auf jeden Fall die Erwägungen des Bundesgerichts abzuwarten.

2.1.3 Abbau von substanzzehrenden Steuern

Die Unternehmenssteuerreform II ermöglicht den Kantonen zum Abbau von subs-tanzzehrenden Steuern weiter, einerseits die Gewinnsteuer an die Kapitalsteueranzurechnen, andererseits den Beteiligungsabzug auszuweiten.

Das Steuerharmonisierungsgesetz verpflichtet die Kantone, eine Kapitalsteuer zuerheben. Auch mit der Unternehmenssteuerreform II ändert sich daran nichts. Neukönnen die Kantone in ihren Erlassen aber die Anrechnung der Gewinnsteuer andie Kapitalsteuer vorsehen. Das heisst, wenn eine Gewinnsteuer geschuldet ist,wird die Kapitalsteuer im entsprechenden Umfang reduziert oder ist gar nicht ge-schuldet. Die Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer ist vom Bundes-recht nicht zwingend vorgeschrieben. Vor dem Hintergrund der bisherigen wirt-schaftspolitischen Massnahmen im Umfeld der Wirtschaftskrise schlägt der Regie-rungsrat die Umsetzung dieser Massnahme vor (vgl. Ziffer 6.4).

Ebenfalls mit dem Ziel, substanzzehrende Steuern abzubauen, werden die Voraus-setzungen für den Beteiligungsabzug gelockert. Nach geltendem Artikel 96 StGwerden Dividenden freigestellt, wenn eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschafteine Beteiligung an einer anderen Gesellschaft von mindestens 20 Prozent oderCHF 2 Millionen hält. Dadurch wird eine Mehrfachbelastung bei der den Gewinnausschüttenden und der empfangenden Gesellschaft vermieden. Dieser Beteili-gungsabzug wurde 1997 eingeführt und hat sich bewährt. Mit der Unternehmens-steuerreform II wird seine Wirkung nunmehr verbessert. Er wird neu bereits beieiner Beteiligung von mindestens 10 Prozent oder CHF 1 Million gewährt. Überdies

können neu auch Anteilsrechte wie Genussscheine vom Beteiligungsabzug profitie-ren, wenn ein Anrecht auf mindestens 10 Prozent des Gewinnes aus solchen Beteili-gungen besteht. Der Beteiligungsabzug auf Kapitalgewinnen ist neu ebenfalls be-reits für Beteiligungen von mindestens 10 Prozent möglich. Die tiefere Quote von10 Prozent gilt zudem auch für die Ersatzbeschaffung von Beteiligungen (vgl. Erläu-terungen zu den Art. 89, 91, 96 und 97). Der Beteiligungsabzug kommt nicht blossHoldinggesellschaften, sondern auch operativ tätigen Gesellschaften zugute. DieMassnahme verbessert die Standortattraktivität. Sie ist durch die Unternehmens-steuerreform II zwingend vorgegeben.

2.1.4 Entlastungen für Personenunternehmungen

Für Personenunternehmen sieht die Unternehmenssteuerreform II verschiedeneMassnahmen vor:

Ausweitung der Ersatzbeschaffungstatbestände: Bei der Ersatzbeschaffungvon Anlagevermögen verlangte das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer fürden Steueraufschub bis anhin den Erwerb eines funktionsgleichen Ersatzobjektes(Ersatzbeschaffungstheorie). Das geltende bernische Recht hat bereits auf die Funk-tionsgleichheit beim Ersatzobjekt verzichtet und lediglich gefordert, dass es sich umbetriebsnotwendiges Anlagevermögen handelt (Reinvestitionstheorie). Mit der Un-ternehmenssteuerreform II wechselt das Bundesgesetz über die direkte Bundes-steuer nunmehr von der Ersatzbeschaffungs- zur Reinvestitionstheorie. Damit wirddie Erhaltung von Personenunternehmen gefördert. Eine Anpassung der kantonal-bernischen Bestimmungen (Art. 23 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 1 StG) ist deshalb nichtnötig.

Aufschub der Besteuerung des Wertzuwachsgewinns bei der Übertragungvon Anlageliegenschaften vom Geschäfts- ins Privatvermögen: Bisher wur-de bei der direkten Bundessteuer und in Kantonen mit dualistischem System einallfälliger Grundstückgewinn bereits im Zeitpunkt der Übertragung vom Geschäfts-ins Privatvermögen besteuert. Um Restrukturierungen zu erleichtern, sieht die Un-ternehmenssteuerreform II einen Aufschub der Besteuerung dieses Wertzuwachs-gewinns vor. Die Besteuerung erfolgt erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräusse-rung der Liegenschaft (sog. monistisches System). Da der Kanton Bern bereits einesolche monistische Regelung kennt, besteht diesbezüglich kein Anpassungsbe-darf.

Milderung der Besteuerung von Liquidationsgewinnen: Die Unternehmens-steuerreform II sieht schliesslich vor, dass im Todesfall des Unternehmers oder beiendgültiger Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit nach dem vollendeten55. Altersjahr oder wegen Invalidität die Liquidationsgewinne neu milder besteuertwerden. Eine mildere Besteuerung der Liquidationsgewinne im Todesfall oder beiendgültiger Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit sieht das kantonalberni-sche Steuergesetz seit der Revision von 1987 vor (vgl. Art. 44 Abs. 1 Bst. d StG). DieRegelung des Kantons Bern ist nun zwingend durch die für die Kantone verbindli-che Neuordnung zu ersetzen (vgl. Erläuterungen zu Art. 43a neu).

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2.1.5 Aufhebung der Arbeitsbeschaffungsreserven

Mit der Unternehmenssteuerreform II werden die Voraussetzungen geschaffen, umdie beiden Bundesgesetze über die Bildung steuerbegünstigter Arbeitsbeschaf-fungsreserven15) aufzuheben (seit 1. Juli 2008 können keine Einzahlungen mehr getä-tigt werden). Sie werden gemeinhin weder als geeignetes Instrument der antizykli-schen Konjunkturpolitik noch als Massnahme zur Entlastung des Risikokapitals er-achtet. Infolge Aufhebung dieser beiden Erlasse werden für Bund, Kantone undGemeinden bei den Steuern gewisse Mehreinnahmen resultieren, welche zur Kom-pensation der Steuerausfälle dienen, die sich aufgrund der übrigen Massnahmender Unternehmenssteuerreform II ergeben. Die Abschaffung der Arbeitsbeschaf-fungsreserven trägt im Übrigen auch zur Vereinfachung der Steuerveranlagung bei.

Als Folge der geplanten Aufhebung der beiden erwähnten Bundesgesetze ist imKanton Bern zwingend das Gesetz vom 7. November 1989 über die steuerbegüns-tigten Arbeitsbeschaffungsreserven (ABRG; BSG 836.13) aufzuheben. Das becoBerner Wirtschaft stimmt der vorgeschlagenen Massnahme zu (vgl. Erläuterungenzur Änderung anderer Erlasse).

2.2 Verfahrensgarantien der EMRK im Nachsteuer- und Steuerstrafverfahren

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einem Entscheid vom 3. Mai2001 festgehalten, dass Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonven-tion16) verletzt sei, wenn in einem Steuerstrafverfahren das Aussageverweigerungs-recht nicht gewährt wird. Da die Schweiz dieses Abkommen ratifiziert hat, sind des-sen Bestimmungen verbindlich. Deshalb sieht das Bundesgesetz vom 20. Dezember2006 über Änderungen des Nachsteuerverfahrens und des Strafverfahrens wegenSteuerhinterziehung auf dem Gebiet der direkten Steuern (vgl. vorne Fussnote 6)nunmehr Anpassungen des DBG und des StHG vor. Damit ist gewährleistet, dassSteuerstrafverfahren den Anforderungen der EMRK und der entsprechenden Recht-sprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte genügen. Die Än-derungen betreffen namentlich folgende Verfahrensgarantien:

– Das Recht auf Aussage- und Mitwirkungsverweigerung im Steuerhinterziehungs-verfahren;

– die Verwendung von Beweismitteln aus dem Nachsteuerverfahren in einemnachgelagerten Steuerhinterziehungsverfahren (entsprechend der EMRK nurnoch einschränkend zugelassen).

Die Änderungen sind am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Die Kantone haben zweiJahre Zeit, ihre Erlasse anzupassen (vgl. Erläuterungen zu Art. 208, 221 und 225 ff.).

15) Bundesgesetz vom 20. Dezember 1985 über die Bildung steuerbegünstigter Arbeitsbe-schaffungsreserven (ABRG; SR 823.33) sowie Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über dieBildung von Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft (SR 823.32)

16) Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten(EMRK; SR 0.101)

2.3 Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und straflose Selbstanzeige

2.3.1 Allgemeines

Seit 1992 wurden im Bundesparlament mehrere Vorstösse eingereicht, welche eineallgemeine Steueramnestie für die Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern verlan-gen. Bei einer allgemeinen Steueramnestie könnten die Steuerpflichtigen bishernicht deklariertes Vermögen ohne Nachsteuer- und Straffolgen bekannt geben. Weiles dagegen grosse rechtliche und ethische Bedenken gibt, hat sich der Bundesge-setzgeber gegen eine solche Lösung ausgesprochen.

Stattdessen hat der Bundesgesetzgeber im DBG und im StHG Vereinfachungen beider Nachbesteuerung in Erbfällen und eine straflose Selbstanzeige eingeführt. DerBundesrat hat das Inkrafttreten auf den 1. Januar 2010 festgelegt. Weil das StHGdiesbezüglich keine Übergangsfristen vorsieht, finden die Bestimmungen des StHGab diesem Zeitpunkt direkte Anwendung. Im Rahmen der vorliegenden Revision desSteuergesetzes sollen die – zwingenden – Anpassungen an die Bestimmungen desStHG bzw. DBG per 1. Januar 2011 vorgenommen werden.

2.3.2 Vereinfachungen der Nachbesteuerung

Nach der geltenden Regelung kann bei einer Steuerhinterziehung durch den Erblas-ser die Nachsteuer (inklusive Verzugszins) bis zu zehn Jahre vor dessen Ablebeneingefordert werden. Neu wird diese Zeitspanne auf drei Steuerperioden be-schränkt. Die Erben kommen aber nur dann in den Genuss dieser vereinfachtenErbennachbesteuerung, wenn sie ihre Mitwirkungspflichten erfüllen (insbesonderebei der Errichtung eines vollständigen und genauen Nachlassinventars) und dieSteuerbehörden noch keine Kenntnis von der Hinterziehung hatten (vgl. Erläuterun-gen zu Art. 208a neu StG).

2.3.3 Straflose Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung

Die erstmalige Selbstanzeige durch die Steuerhinterziehenden ist als Ausdruck vonReue zu betrachten und bleibt neu ohne Straffolge. Diese so genannte strafloseSelbstanzeige ist einmal im Leben möglich. Die ordentliche Nachsteuer und derVerzugszins werden dabei weiterhin für höchstens zehn Jahre erhoben. Bei jederweiteren Selbstanzeige würde die Busse wie bisher ein Fünftel der hinterzogenenSteuer betragen und die Nachsteuer inklusive Verzugszins erhoben. Die Möglichkeitzu einer straflosen Selbstanzeige besteht für natürliche und juristische Personen.Wie bei der vereinfachten Erbennachbesteuerung kann die Privilegierung bei einerSelbstanzeige nur dann gewährt werden, wenn die Steuerbehörden noch keineKenntnis von der Hinterziehung hatten und die steuerpflichtige Person die Steuer-behörden vorbehaltlos unterstützt. Der Mechanismus der straflosen Selbstanzeigewird zudem auf Teilnehmende einer Steuerhinterziehung ausgedehnt: Anstifter,Gehilfen oder Mitwirkende sollen künftig unter den gleichen Voraussetzungen wiedie steuerpflichtige Person von der straflosen Selbstanzeige Gebrauch machen kön-nen (vgl. Erläuterungen zu Art. 217, 219, 220, 222a neu, 223 und 224).

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2.4 Umsetzung des revidierten Gaststaatgesetzes

Am 1. Januar 2008 traten das Gaststaatgesetz und die zugehörige Gaststaatverord-nung17) in Kraft. Das Gaststaatgesetz definiert die möglichen Begünstigten von Vor-rechten, Immunitäten und Erleichterungen sowie die entsprechenden Bedingungen.Die Vorrechte und Immunitäten ergeben sich aus dem internationalen Gewohn-heitsrecht und sind in zahlreichen Übereinkommen festgeschrieben. Die Verord-nung legt die Praxis fest, die seit Langem durch die Schweiz gemäss dem internati-onalen Recht im Rahmen der Gaststaatpolitik verfolgt wird.

Das revidierte Gaststaatgesetz und die Gaststaatverordnung ermöglichen einetransparentere, berechenbare und besser auf die Interessen der Schweiz ausgerich-tete Gaststaatpolitik. In der Anschlussgesetzgebung zum Gaststaatgesetz sind nundie entsprechenden kantonalen Bestimmungen analog zum Bundesrecht zwingendanzupassen (vgl. Erläuterungen zu Art. 17 und 83). Es handelt sich hierbei um An-passungen eher formeller denn materieller Natur, woraus weder Mehr- noch Min-dereinnahmen resultieren.

3. Umsetzung überwiesener Motionen

3.1 Motion 229/2008 FDP «Sofortiger Ausgleich der kalten Progression»

Der Grosse Rat hat am 7. April 2009 die Motion 229/2008 FDP (Sutter, Gross-höchstetten) «Sofortiger Ausgleich der kalten Progression – mehr Geld im Porte-monnaie» überwiesen. Der Regierungsrat wird beauftragt, das Steuergesetz dahin-gehend anzupassen, dass die Einkommenssteuertarife gemäss den Artikeln 42 und44 StG jährlich automatisch der Teuerung angepasst werden. Zur Umsetzung dieserMotion vgl. Ziffer 5.3 unten.

3.2 Motion 122/2005 Pauli «Kohärente Sozial- und Steuerpolitik»

Vgl. hierzu unten Ziffer 6.6.5.

3.3 Motion 194/2006 von Allmen «Zweitwohnungspolitik»

3.3.1 Gegenstand der Motion

Gegenstand der Motion 194/2006 von Allmen, Gimmelwald (SP-JUSO) «Zweitwoh-nungspolitik» sind die negativen Folgen des Zweitwohnungsbaus. Konkret lautet derMotionstext wie folgt:

«Der Regierungsrat wird beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen so anzupassen,

(1) dass Gemeinden mit einem hohen Anteil an Zweitwohnungen neue fiskalischeInstrumente zur Verfügung erhalten, um die Inhaberinnen und Inhaber von Zweit-

17) Verordnung vom 7. Dezember 2007 zum Bundesgesetz über die von der Schweiz als Gast-staat gewährten Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen sowie finanziellen Beiträge(Gaststaatverordnung, V-GSG; SR 192.121)

wohnungen, welche ihren steuerlichen Wohnsitz ausserhalb der Standortgemeindehaben, ausreichend an den verursachten Kosten (Infrastruktur, Verwaltung) zu betei-ligen;

(2) dass die Gemeinden finanzielle Mittel generieren können, welche zur Minderungunerwünschter Effekte des Zweitwohnungsbaus, wie:

Verminderung der Attraktivität der Destination,

hoher Landverbrauch,

hohe Mietzinsen für Einwohnerinnen und Einwohner mit ständigem Wohnsitz in derGemeinde eingesetzt werden könnten;

(3) dass Ausländerinnen und Ausländer bei der Besteuerung von Wohn- undGrundeigentum in Berner Gemeinden den Schweizern gleichgestellt werden.»

Der Grosse Rat des Kantons Bern hat an seiner Sitzung vom 20. März 2007

– Ziffer 1 mit 101 zu 38 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen und anschlies-send mit 72 zu 71 Stimmen bei 6 Enthaltungen abgeschrieben;

– Ziffer 2 mit 72 zu 68 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen;

– Ziffer 3 mit 71 zu 70 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen.

Der Regierungsrat schlägt vor, zur Umsetzung der Ziffer 2 der Motion eine höhereEinkommenssteuerbelastung für Inhaber von Ferienwohnungen vorzusehen. Das istunter Einhaltung der Vorgaben von Bundesrecht und Verfassung möglich und führtzu Mehreinnahmen von CHF 4,4 Millionen beim Kanton und CHF 2,3 Millionen beiden Gemeinden (nachfolgend Ziffer 3.3.2.).

Wie bereits in seiner Motionsantwort vom 28. Februar 2008 erwähnt, lehnt der Re-gierungsrat jedoch die Ziffer 3 der Motion bzw. deren Umsetzung aus den inZiffer 3.3.3 genannten Gründen ab.

3.3.2 Höhere Einkommenssteuer für Inhaberinnen und Inhaber von Ferienwoh-nungen (Ziffer 2 der Motion)

Der Beanspruchung bernischen Bodens durch die Inhaber von Ferienwohnungensteht eine verhältnismässig tiefe Steuerbelastung gegenüber. Als Einkommensteuerbar ist jeweilen der Eigenmietwert, von welchem die anteilsmässig auf diebernische Liegenschaft entfallenden Schuldzinsen zum Abzug gebracht werdenkönnen. Bei Liegenschaften, die in einem hohen Grad mit Hypotheken finanziertsind, sinkt das steuerbare Einkommen (Eigenmietwert abzüglich Schuldzinsen) ge-gen null.

Inhaber von Ferienwohnungen profitieren im geltenden Recht von der massvollenFestsetzung des Eigenmietwertes, wie sie von der bernischen Kantonsverfassungzur Förderung des Wohneigentums verlangt wird. Der kantonale Eigenmietwertbeträgt deshalb in der Regel lediglich rund sechzig Prozent des Marktmietwertes.

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Die bernische Kantonsverfassung18) hält die Grundsätze der Wohneigentumsförde-rung und der Selbstvorsorge fest: «Kanton und Gemeinden schaffen günstige Vo-raussetzungen zur breiten Streuung des privaten Grundeigentums, insbesonderezur Selbstnutzung und Selbstbewirtschaftung» (Art. 24 Abs. 3 KV). Die Steuern dernatürlichen Personen «sind so zu bemessen, dass [...] die Selbstvorsorge gefördertwird» (Art. 104 Abs. 2 KV). Auch die Bundesverfassung19) sieht vor, dass Wohneigen-tum zu fördern ist (Art. 108 BV).

Unter dem Blickwinkel der Wohneigentumsförderung ist es nun allerdings nichtrichtig, Ferienwohnungen in gleichem Mass zu fördern wie selbst genutztes Wohn-eigentum. Der Eigenmietwert dürfte deshalb bei Ferienwohnungen höher liegen alsbei Wohneigentum am Wohnsitz. Fünf Kantone kennen bereits eine entsprechendeDifferenzierung (AI, GL, GR, NW und TG), wobei die Entlastung beim selbst bewohn-ten Eigentum am Wohnsitz gegenüber jenem ausserhalb des Wohnsitzes 30 bis40 Prozent beträgt. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hat die gesetz-lich vorgesehene Entlastung von 30 Prozent im thurgauischen Steuergesetz mitEntscheid vom 6. Juli 1999 geschützt (StE B 25.3 Nr. 21).

Der Regierungsrat schlägt deshalb vor, für die nicht am Wohnsitz genutzten Liegen-schaften auf den für die direkte Bundessteuer massgeblichen Eigenmietwert(rund 70 Prozent des Marktmietwertes) und nicht auf den bernischen Eigenmiet-wert (rund 60 Prozent des Marktmietwertes) abzustellen.

Im Kanton Bern gibt es rund 27 000 Zweitwohnungen. Würde bei diesen Wohnun-gen für die Kantons- und Gemeindesteuern neu auf den Eigenmietwert des Bundesabgestellt, ergäben sich Mehreinnahmen von rund CHF 4,4 Millionen beim Kantonund rund CHF 2,3 Millionen bei den Gemeinden.

3.3.3 Gleichstellung von Ausländerinnen und Ausländern bei der Besteuerung vonWohn- und Grundeigentum im Kanton Bern (Ziffer 3 der Motion)

Wie bereits erwähnt, lehnt der Regierungsrat die Umsetzung der Ziffer 3 der Motionvon Allmen ab. Die angestrebte Gleichbehandlung von Ausländerinnen und Auslän-dern bei der Besteuerung von Wohn- und Grundeigentum im Kanton Bern würde –entgegen den Erwartungen des Motionärs – keine Mehreinnahmen für die Ge-meinden generieren. Als einzige Folge der Gleichbehandlung ergäbe sich eine Ver-komplizierung des Verfahrens.

Im geltenden Recht werden Ausländerinnen und Ausländer mit Wohn- und Grund-eigentum im Kanton Bern in zweierlei Hinsicht «ungleich» behandelt:

1. Steuerpflichtige Personen mit Wohnsitz im Ausland haben für Geschäftsbetriebe,Betriebsstätten und Grundstücke das im Kanton Bern erzielte Einkommen unddas im Kanton Bern gelegene Vermögen zu versteuern (Art. 7 Abs. 2 StG). DieAusscheidung im internationalen Verhältnis erfolgt damit «objektmässig». Mit

18) Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 (KV; BSG 101.1)19) Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR

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Bezug auf Schulden und Schuldzinsen hat das zur Folge, dass nur die auf denbernischen Liegenschaften lastenden Hypotheken zum Abzug gebracht werdenkönnen. Es findet keine «quotenmässige» Verlegung sämtlicher Schulden undSchuldzinsen nach Lage aller Aktiven statt. Wo die Hypothek auf der bernischenLiegenschaft grösser ist als der rechnerisch auf den Kanton Bern entfallende An-teil der Schulden, resultiert für die Steuerpflichtigen ein Vorteil, im umgekehrtenFall ein Nachteil.

2. Steuerpflichtige Personen mit Wohnsitz im Ausland entrichten die Steuern fürGeschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Kanton Bern zu demSteuersatz, der dem in der Schweiz erzielten Einkommen und dem in der Schweizgelegenen Vermögen entspricht (Art. 8 Abs. 2 StG). Anders als bei anderen Per-sonen, die nur für einen Teil des Einkommens und Vermögens in der Schweizsteuerpflichtig sind, entrichten sie die Steuern für die im Kanton Bern steuerbarenWerte nicht nach dem Steuersatz, der ihrem gesamten Einkommen und Vermö-gen entspricht. Das bedeutet für die steuerpflichtigen Personen ein Vorteil, weilder massgebliche Steuersatz dadurch tiefer ausfällt.

Diese besonderen Regeln für Personen mit Wohnsitz im Ausland und Geschäftsbe-trieben, Betriebsstätten und Grundstücken im Kanton Bern wurden im Rahmen derSteuergesetzrevision 2001 eingeführt. Bis dahin galt, dass Personen mit Wohnsitzim Ausland die Steuern für Geschäftsbetriebe und Grundstücke mindestens zudem Steuersatz zu entrichten hatten, der dem im Kanton Bern erzielten Einkommenund dem im Kanton Bern gelegenen Vermögen entsprach (Art. 13 Abs. 3 aStG). Inder Praxis wurden die ausländischen Faktoren satzbestimmend immer dann berück-sichtigt, wenn sich daraus eine höhere Besteuerung des schweizerischen Einkom-mens und Vermögens ergab. Wurden im Ausland hingegen Verluste erzielt, wurdendiese für die Satzbestimmung nicht berücksichtigt. Dieser Methodendualismus wur-de von der Rechtsprechung (Entscheid des zürcherischen Verwaltungsgerichtsvom 28. September 1994, StE 1995 ZH A 21.12 Nr. 10) als willkürlich und damit ver-fassungswidrig erkannt, weshalb der Kanton Bern – wie andere Kantone auch – diegesetzlichen Bestimmungen angepasst hat. Neu gelten bei diesen Personen immerdie gleichen Regeln: Einkommen und Vermögen werden immer objektmässig er-fasst. Satzbestimmend sind immer die in der Schweiz erzielten Einkünfte bzw. das inder Schweiz gelegene Vermögen. So wird eine willkürfreie und rechtsgleiche Be-steuerung im internationalen Verhältnis sichergestellt.

Gleichzeitig werden mit der neuen Regelung seit 2001 die Deklaration und die Ver-anlagung durch die Steuerbehörden vereinfacht, denn Personen mit Wohnsitz imAusland deklarieren neu nur noch die in der Schweiz steuerbaren Werte. Auskünfteüber das weltweite Einkommen und Vermögen werden nicht mehr eingeholt. Diefrüher häufige Situation, dass die einverlangten Auskünfte nicht geleistet wurdenund deshalb – im Sinne einer Ermessensveranlagung – der maximale Steuersatzsatzbestimmend angewendet wurde, kommt nicht mehr vor. In der Praxis hat sichdiese Regelung bewährt, denn sie schafft eine klare, einfache und willkürfreie Ord-nung. Entsprechend positiv fiel deshalb auch das Feedback aus.

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Es ist nach dem Gesagten davon auszugehen, dass durch die im Jahr 2001 einge-führte Regelung insgesamt keine Mindereinnahmen resultieren.

– Ein Vorteil resultiert für die Betroffenen nur, wenn die auf der bernischen Liegen-schaft liegenden Hypotheken verhältnismässig höher sind als die Schulden aufdem übrigen weltweiten Vermögen. Das dürfte indessen nicht die Regel sein. ImKanton Bern gibt es insgesamt rund 3000 Personen mit Auslandwohnsitz, welchehier Liegenschaften besitzen. Der insgesamt deklarierte amtliche Wert beträgtCHF 1,8 Milliarden, die deklarierten Schulden belaufen sich auf ca. CHF 0,9 Mil-liarden. Das ist vergleichsweise wenig. Geht man davon aus, dass der amtlicheWert ungefähr 70 Prozent des Verkehrswertes ausmacht, beträgt der Verkehrs-wert sämtlicher Liegenschaften rund CHF 2,6 Milliarden. Die Belastung mitSchulden macht somit ca. 34 Prozent aus. In Anbetracht der üblichen Beleh-nungsgrenze von 65 Prozent (erste Hypothek) bzw. 80 Prozent (zweite Hypothek)ist das ein sehr tiefer Wert. Das lässt sich vermutlich damit erklären, dass Perso-nen mit Wohnsitz im Ausland Hypotheken eher am Wohnsitz errichten. Weil dieSchweiz im internationalen Verhältnis günstige Steuerkonditionen aufweist, istdas Geltendmachen hoher Schulden in der Schweiz nicht erstrebenswert. Dasgleiche Bild wie bei den Schulden zeigt sich bei den Schuldzinsen. Der insgesamtdeklarierte Eigenmietwert beträgt rund CHF 34 Millionen. Die geltend gemachtenSchuldzinsen betragen rund CHF 24 Millionen. Ein grosser Teil des Eigenmietwer-tes bleibt also im Kanton Bern steuerbar.

– Eine Verminderung der Steuerbelastung resultiert daraus, dass zur Satzbestim-mung nur die schweizerischen Steuerfaktoren massgeblich sind. Weil den Perso-nen mit Wohnsitz im Ausland keine Sozialabzüge gewährt werden, ergibt sichumgekehrt eine höhere Steuerbelastung. Die Effekte gleichen sich in etwa aus.

Aktuell führen die oben genannten Werte zu Steuereinnahmen von rund CHF 2 Mil-lionen beim Kanton und CHF 1,1 Million bei den Gemeinden. Insgesamt dürften sichdie Mehr- und Mindereinnahmen ausgleichen, weshalb bei einer Rückkehr zur Ord-nung vor 2001 nicht mit höheren Steuereinnahmen gerechnet werden kann.Das eigentliche Ziel der Motion kann mit der verlangten absoluten Gleichstellungder Liegenschaftseigentümer mit Auslandwohnsitz nicht erreicht werden.

Als einzige wesentliche Folge wäre eine Verkomplizierung des Verfahrens zuerwarten. Der Veranlagungsaufwand wäre bedeutend grösser, weil bei Personenmit Wohnsitz im Ausland neu wieder das weltweite Einkommen und Vermögenerfragt werden müsste. Um eine quotenmässige Ausscheidung der Schulden undder Schuldzinsen vornehmen zu können, wären zudem die weltweiten Schulden undSchuldzinsen zu erfragen. Heute füllen Personen mit Wohnsitz im Ausland und Lie-genschaften in der Schweiz lediglich die Formulare 1 (allgemeine Angaben), 4 (ber-nische grundpfandgesicherte Schulden und Schuldzinsen) und 7 (Angaben zur Lie-genschaft) aus (vgl. hierzu Merkblatt 3b, Bernische Grundstücke und Geschäftsbe-triebe bei Wohnsitz im Ausland). Würde die Motion umgesetzt, müssten die Formu-lare 1 bis 7 komplett ausgefüllt werden. Zu deklarieren wären sämtliche Erwerbsein-künfte und weitere Einkünfte, sämtliche Wertschriften und weitere Vermögenswerte,sämtliche Schulden und Schuldzinsen, die Berufskosten, die Krankheitskosten, die

Angaben zu den Kindern etc. Bei unvollständigen Angaben müsste – wie in derVergangenheit – zur Ermessenstaxation gegriffen werden. Konkret heisst das, dasszur Satzbestimmung der Maximalsatz herangezogen würde. Schulden und Schuld-zinsen würden nur in einem reduzierten Umfang zum Abzug zugelassen.

Insgesamt sprechen nur wenige Gründe für die geforderte Gleichbehandlung derLiegenschaftseigentümer mit Auslandwohnsitz. Der Regierungsrat ist deshalb – wiebereits ausgeführt – weiterhin der Auffassung, dass auf die vom Grossen Rat gefor-derte Anpassung der Bestimmung verzichtet werden sollte. Sollte der Grosse Rataber trotzdem an der Umsetzung der Ziffer 3 der Motion von Allmen festhalten undzur absoluten Gleichbehandlung der Liegenschaftseigentümer mit Auslandwohnsitzzurückkehren, müssten die Grundstücke aus dem Anwendungsbereich von Artikel 7Absatz 2 StG und Artikel 8 Absatz 2 StG ausgeklammert werden.

4. Anpassungen an die Bedürfnisse der Praxis

4.1 Quellensteuer

Die bisherige Quellensteuer-Applikation wird im Jahre 2010 durch ein neues, mo-dernes Veranlagungssystem ersetzt. Dabei erfolgt eine bessere Anbindung an ande-re Informatiksysteme der Steuerverwaltung (sog. NESKO-Umsysteme). Für dieSchuldner der steuerbaren Leistung (vor allem Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber)wird dadurch die Möglichkeit geschaffen, die Quellensteuer elektronisch über dasTaxMe-Portal abzurechnen.

Gleichzeitig werden im Bereich Quellensteuer die administrativen Abläufe beider kantonalen Steuerverwaltung und den Gemeinden verbessert und ein elektro-nisches Meldeverfahren realisiert. Eine wesentliche Änderung stellt dabei diezentralisierte Abrechnung über die drei sog. Kompetenzgemeinden Bern, Biel undThun dar. Bisher musste der Schuldner der steuerbaren Leistung die zurückbehalte-ne Quellensteuer mit der jeweils anspruchsberechtigten Gemeinde des Arbeitneh-mers abrechnen. Auch die Anmeldung des Arbeitnehmers musste jeweils über die-se Gemeinde erfolgen. Dies bedeutete für Betriebe mit mehreren quellenbesteuer-ten Personen einen grossen administrativen Aufwand. Neu sind nur noch die dreierwähnten Gemeinden für die Abrechnung zuständig. Das führt zu einem effiziente-ren Abrechnungsverfahren und gewährleistet eine einheitliche Umsetzung und einenoch fachkompetentere Betreuung.

Im Zusammenhang mit diesen Neuerungen sind die seit 1995 geltenden Bestim-mungen des Steuergesetzes teilweise anzupassen (vgl. Erläuterungen zu Art. 112,114, 116 und 186 StG).

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4.2 Bezug, Sicherung und Erlass

Die bisherige Erlasspraxis war in der Bezugsverordnung20) kodifiziert. Mit der neuenRechtsweggarantie nach Artikel 29a der Bundesverfassung ist es notwendig, diewichtigsten Grundsätze auf Gesetzesstufe zu regeln. Die Neuerungen entsprechender bisherigen, in der Bezugsverordnung festgehaltenen Erlasspraxis, die sich aufdie bundesrechtlichen Regeln und die Beurteilung durch die Lehre stützt.

Auf Gesetzesstufe werden nebst den bisherigen in Artikel 240 StG dargelegtenGrundsätzen und Zuständigkeiten neu Ziel und Zweck des Erlasses, die Erlassgrün-de sowie die Ausschluss- und Nichteintretensgründe festgehalten (vgl. Erläuterun-gen zu Art. 240a, 240b und 240c).

4.3 Weitere Änderungen

Zu den weiteren Änderungen untergeordneter Bedeutung zählen u.a. Folgende:

– Anpassung von Artikel 2 StG (fakultatives Referendum bei der Erhöhung derSteueranlage, vgl. Erläuterungen zu Art. 2)

– Besteuerung bei Vermietung zu Vorzugskonditionen (vgl. Erläuterungen zuArt. 25)

– Bewertung von Wertschriften des Privatvermögens (vgl. Erläuterungen zu Art. 49)

5. Ausgleich der kalten Progression

5.1 Definition

Eine «kalte Progression» liegt vor, wenn eine steuerpflichtige Person zufolge reinteuerungsbedingter Zunahme der Steuerobjekte in eine höhere Progressionsstufegerät und damit eine grössere Steuerleistung zu erbringen hat, obwohl ihr Einkom-men real gleich geblieben ist.

5.2 Gesetzlicher Ausgleich der kalten Progression

Die kalte Progression ist gemäss Steuergesetz auszugleichen, wenn sich der Landes-index der Konsumentenpreise um mindestens 5 Prozent verändert hat. Für denAusgleich der kalten Progression ist vom Landesindex des vorletzten Dezembers vorInkrafttreten der letzten Anpassung auszugehen (Art. 3 Abs. 3 StG).

20) Verordnung vom 18. Oktober 2000 über den Bezug und die Verzinsung von Abgaben undanderen zum Inkasso übertragenen Forderungen, über Zahlungserleichterungen, Erlasssowie Abschreibungen infolge Uneinbringlichkeit (Bezugsverordnung, BEZV; BSG661.733)

Der letzte Ausgleich der kalten Progression war ursprünglich per 1. Januar 2008vorgesehen (vgl. Gemeinsamer Antrag des Regierungsrates und der Kommissionvom 18. Oktober 2006, Seite 6)21):

«Für den erstmaligen Ausgleich der kalten Progression seit dem Inkrafttreten desrevidierten Steuergesetzes im Jahr 2001 ist vom Landesindex der Konsumenten-preise vom Dezember 2000 auszugehen (Art. 3 Abs. 3 StG). Bis im Dezember 2006ist mit einem geschätzten Anstieg des Landesindexes der Konsumentenpreise vonüber 5 Prozent zu rechnen. Die kalte Progression ist somit per 1. Januar 2008 aus-zugleichen. Insgesamt sind für den Ausgleich der kalten Progression Entlastungenvon CHF 116 Millionen vorzunehmen. Für die Entlastung bei den Kantonssteuernsind Mittel von rund CHF 76 Millionen einzusetzen. Für die Entlastung bei den Ge-meindesteuern sind Mittel von rund CHF 40 Millionen vorzusehen.»

Der Grosse Rat hat danach im Rahmen der ersten Lesung (Januarsession 2007)festgestellt, dass die Teuerung im Dezember 2006 erst 4,9 Prozent betrug. Ein Aus-gleich der kalten Progression per 1. Januar 2008 war deshalb gesetzlich nicht zwin-gend. Der Grosse Rat hat hierauf beschlossen, die kalte Progression erst mit Wir-kung per 1. Januar 2009 auszugleichen (vgl. Übergangsbestimmungen der Teilrevi-sion vom 24. Februar 2008).

Die Höhe des Ausgleichs der kalten Progression wurde unverändert beiCHF 76 Millionen beim Kanton und CHF 40 Millionen bei den Gemeinden belassen.Der seit Dezember 2006 bis Dezember 2007 eingetretenen bzw. voraussichtlich ein-tretenden Teuerung wurde damit nicht Rechnung getragen. Würde nun für dieBestimmung des nächsten Ausgleichs der kalten Progression lediglich die Teuerungseit Dezember 2007 berücksichtigt, könnte die durch die Jahresteuerung 2007 verur-sachte kalte Progression nie ausgeglichen werden. Die Teuerung des Jahres 2007würde zum Nachteil der steuerpflichtigen Personen unberücksichtigt bleiben. Diesentspricht nicht der Absicht des Grossen Rates.

Für die Bestimmung des nächsten Ausgleichs der kalten Progression ist deshalbrichtigerweise von der für den Ausgleich der kalten Progression noch nicht berück-sichtigten Teuerung seit Dezember 2006 auszugehen. Die seither eingetretene Teue-rung wurde durch das Bundesamt für Statistik im November 2008 wie folgt ermit-telt:

– Teuerung Dezember 2006 bis Dezember 2007: 2,0 Prozent

– Teuerung Dezember 2007 bis Dezember 2008: voraussichtlich 1,8 Prozent

– Teuerung Dezember 2008 bis Dezember 2009: voraussichtlich über 1,2 Prozent.

Im heutigen Zeitpunkt (Juni 2009) steht fest, dass die Teuerung von Ende 2006bis Ende 2008 wider Erwarten nur 2,8 Prozent betragen hat (starke Veränderungenim November und Dezember 2008). Die Teuerung von Ende 2006 bis Ende 2009 wirdheute auf rund 2,6 Prozent (+/– 0,3%) geschätzt.

21) http://www.be.ch/gr/VosData/Gwd/Tagblatt%202007/01%20Januarsession/Beilagen/20070214_160742/Beilage%2003%20Steuergesetz%20Änderung.pdf

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Das geltende Recht sieht bei dieser Ausgangslage keinen Ausgleich der kalten Pro-gression vor.

5.3 Motion 229/2008 FDP «Sofortiger Ausgleich der kalten Progression»

Der Grosse Rat hat am 7. April 2009 die Motion 229/2008 FDP (Sutter, Gross-höchstetten) «Sofortiger Ausgleich der kalten Progression – mehr Geld im Porte-monnaie» überwiesen. Der Regierungsrat wird beauftragt, das Steuergesetz dahin-gehend anzupassen, dass die Einkommenssteuertarife gemäss den Artikeln 42 und44 StG jährlich automatisch der Teuerung angepasst werden. Die Abzüge und dieübrigen Tarife sollen wie bisher nach dem Erreichen einer aufgelaufenen Teuerungvon fünf Prozent der Teuerung angepasst werden. Die Vorlage wurde deshalb nachAbschluss des Vernehmlassungsverfahrens wie folgt angepasst:

– Artikel 3 Absatz 4 StG sieht für die Tarife in den Artikeln 42 und 44 StG neu denjährlichen Ausgleich der kalten Progression vor.

– Die bis Ende 2009 voraussichtlich aufgelaufene Teuerung von 2,6 Prozent wirdentsprechend dem erklärten Willen des Grossen Rates bei den Tarifen in den Ar-tikeln 42 und 44 StG ausgeglichen. Der Ausgleich der kalten Progression auf denübrigen Tarifen und Abzügen wird zu einem späteren Zeitpunkt, bei Erreichen der5-Prozent-Schwelle für die Teuerung, vorgenommen.

Die aus dem so vorgesehenen Ausgleich der kalten Progression resultierendenMindereinnahmen betragen gegenüber den in der Finanzplanung eingestelltenCHF 90 Millionen beim Kanton und CHF 47 Millionen bei den Gemeinden «nur»CHF 20 Millionen beim Kanton und CHF 11 Millionen bei den Gemeinden. GenauereZahlen werden im Zeitpunkt der parlamentarischen Beratungen im Grossen Rat zurVerfügung stehen (1. Lesung voraussichtlich Novembersession 2009; 2. Lesunggeplant Märzsession 2010). Der effektive Ausgleich der kalten Progression auf denTarifen in den Artikeln 42 und 44 StG kann gegebenenfalls entsprechend angepasstwerden.

In die gleiche Richtung gehen auch die Bestrebungen auf Bundesebene. Der Natio-nalrat hat am 29. April 2009 beschlossen, die kalte Progression bei der direktenBundessteuer jedes Jahr auszugleichen. Damit geht der Nationalrat weiter als derBundesrat, der den Ausgleich künftig bei 3 Prozent Teuerung statt bisher 7 ProzentTeuerung vornehmen möchte. Die Änderung des Bundessteuergesetzes geht nunan den Ständerat.

6. Standortpolitische Massnahmen

6.1 Finanzpolitischer Handlungsspielraum

6.1.1 Finanzpolitische Zielsetzungen für die laufende Legislatur

Der Regierungsrat hat sich zu Beginn der laufenden Legislatur zum Ziel gesetzt, diestabile und zuverlässige Finanzpolitik fortzusetzen und den eingeleiteten Schulden-abbau fortzuführen. Er hat das Sanierungsziel wie folgt definiert:

– Das zeitgemässe Grundangebot an staatlichen Dienstleistungen kann nachhal-tig finanziert werden.

– Es können zusätzlich jährlich substanzielle Beiträge (Zielgrösse von CHF 100 Millio-nen) zum Abbau der Schulden verwendet werden.

– Dem Personal können konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen angeboten wer-den.

– Es besteht Handlungsspielraum zur politischen Prioritätensetzung, sei es hin-sichtlich der Erfüllung wichtiger Aufgaben, sei es zur Verbesserung der steuerli-chen Konkurrenzfähigkeit.

Diese Zielsetzungen stellen für den Regierungsrat im Führungsalltag und in derjährlichen Planung der Aufgaben und Finanzen insofern eine ständige politischeHerausforderung dar, als diese in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zueinanderstehen und damit entsprechende Zielkonflikte auslösen:

– Der Schuldenabbau ist zu verstetigen. Das Parlament hat in der Novemberses-sion 2007 die bisherige Zielsetzung eines jährlichen substanziellen Schuldenab-baus von mindestens CHF 100 Millionen pro Jahr wiederum bestätigt.

– Mit parlamentarischen Vorstössen wird zum Ausdruck gebracht, dass auch nachder Annahme der Steuergesetzrevision weiterer Raum für Steuererleichterungengeschaffen werden muss.

– Mit Blick auf die Erfüllung des übergeordneten Sanierungsziels «Schuldenabbau»mussten in den vergangenen Jahren im Personal- und Gehaltsbereich verschie-dene Abstriche gemacht werden. So konnte beispielsweise in den vergangenenJahren die Teuerung nicht vollständig ausgeglichen werden. Diese aus Sicht desRegierungsrates in den letzten Jahren richtige und vertretbare finanzpolitischePrioritätensetzung hat im Personal- und Gehaltsbereich zu einem gewissen Nach-holbedarf geführt.

– Der Regierungsrat sah sich im diesjährigen Planungsumgang erneut mit einemwachsenden Investitionsbedarf konfrontiert.

Neben diesen Anliegen und Bedürfnissen ist der notwendige finanzpolitische Hand-lungsspielraum für die Herausforderungen der Zukunft zu schaffen. Dies gilt einer-seits für die politische Prioritätensetzung (z.B. Tagesschulen, öffentlicher Verkehr,Sicherheit und Energienutzung) und andererseits für nicht steuerbare Ereignisse wiedie demografische Entwicklung oder Unwetterkatastrophen.

Es ist für den Regierungsrat Ausdruck einer zuverlässigen und stabilen Finanzpolitik,alle diese Ziele – im Sinne einer permanenten Güterabwägung und mit Blick aufdie Gesamtsituation der Bürgerinnen und Bürger des Kantons Bern – ausgewogenzu berücksichtigen.

Mit Blick auf die vorstehend erwähnten mittel- bis langfristigen finanzpolitischenZielsetzungen ist die jährliche Planung der Aufgaben und Finanzen weiterhinauf die folgenden Vorsätze auszurichten:

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– Die Vorgaben der Schuldenbremse für die Laufende Rechnung (bisherige Defizit-bremse) sind im Sinne eines Minimalzieles jeweils in sämtlichen Planjahren zu er-füllen. Das heisst, die Laufende Rechnung sieht in sämtlichen Planjahren Ertrags-überschüsse vor.

– Im jeweiligen Voranschlag ist unter Berücksichtigung eines aus personalpoliti-scher Sicht genügenden Lohnsummenwachstums eine Neuverschuldung zu ver-meiden.

– Im jeweiligen Planungshorizont ist im Jahresdurchschnitt ein Schuldenabbauvorzusehen; als Zielgrösse gilt nach wie vor ein Betrag von CHF 100 Millionen proJahr. Mit dieser Zielsetzung werden auch die verfassungsmässigen Vorgaben derSchuldenbremse für die Investitionsrechnung erfüllt.

6.1.2 Finanzpolitische Ausgangslage

Als Basis der Vorarbeiten zur Steuergesetzrevision 2011 diente der Aufgaben- undFinanzplan 2010–2012. Aufgrund der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung hin zueiner Rezession drängte sich aber schon im Oktober 2008 eine Neubeurteilung derfinanzpolitischen Ausgangslage auf, welche im März 2009 nochmals aktualisiertwurde. Die Planungszahlen mussten dabei beide Male erheblich nach unten korri-giert werden, sodass der Regierungsrat bei den Direktionen und der Staatskanzleiverschiedene Verzichtsmassnahmen anordnete und die Erarbeitung eines Mass-nahmenpaketes zur Verhinderung einer Neuverschuldung im Jahr 2010 in Auftraggab. Unter den gegebenen Umständen ist auch der laufende Planungsprozess 2011–2013 noch mit grossen Unsicherheiten behaftet. Vor diesem Hintergrund macht eskeinen Sinn, an dieser Stelle – so noch im ersten Mitberichtsverfahren und im Ver-nehmlassungsverfahren – Zahlen betreffend den Voranschlag bzw. den Aufgaben-und Finanzplan aufzuführen. In der Novembersession 2009, in welcher die 1. Lesungder Steuergesetzrevision 2011 geplant ist, wird das definitive Zahlenwerk vorliegenund vom Grossen Rat behandelt. Damit ist sichergestellt, dass im relevanten Zeit-punkt auch die notwendigen Entscheidgrundlagen vorliegen.

6.1.3 Fazit

Der finanzpolitische Handlungsspielraum für steuerliche Entlastungen im Rahmender vorliegenden Teilrevision des Steuergesetzes ist eng, insbesondere weil diefinanzpolitischen Risiken, deren Quantifizierung und Eintretenswahrscheinlichkeitzum heutigen Zeitpunkt nur sehr schwer abschätzbar sind. Allein die verfassungs-mässigen Vorgaben zum Schuldenabbau behindern unter den gegebenen Umstän-den, dass steuerliche Entlastungsmassnahmen gebührend berücksichtigt werdenkönnten. Und zieht man ein adäquates Lohnsummenwachstum von 1,5 bzw.2,0 Prozent sowie die voraussichtlich hohen Zusatzbelastungen als Folge der KVG-Revision (ab dem Jahr 2012) mit in die Berechnungen ein, ist das Korsett noch engergeschnürt.

6.2 Standortpolitischer Handlungsbedarf

6.2.1 Massnahmen der vergangenen Jahre

Im Rahmen diverser Anpassungen des Steuergesetzes an die Vorgaben des Steuer-harmonisierungsgesetzes wurden zur Verbesserung der interkantonalen Situationjeweils auch verschiedene Entlastungen vorgesehen:

Tabelle 1

StG-Revision 2001: Entlastung der tiefen EinkommenEntlastung der hohen EinkommenAusgleich der kalten Progression

StG-Revision 2005: Senkung des Vorsorgetarifs auf das schweizerische Mittel

StG-Revision 2006: Steuerfreiheit für Nachkommen bei Erbschafts- und Schenkungs-steuern

StG-Revision 2008: Rabatt auf die Kantonssteuer im Jahr 2008Teilbesteuerung auf Dividenden qualifizierter BeteiligungenSenkung der Quellensteuer für Künstler, Sportler und ReferentenErleichterung der Unternehmensnachfolge durch nicht verwandtePersonen

StG-Revision 2009: Entlastung des MittelstandesEntlastung der Familien (Erhöhung der Kinderabzüge)Ausgleich der kalten ProgressionTeilbesteuerung auf dem Vermögenswert qualifizierter Beteili-gungenSenkung des Vermögenssteuertarifs

6.2.2 Verschärfter Steuerwettbewerb

In letzter Zeit hat sich die Steuerkonkurrenz unter den Kantonen zunehmend ver-schärft. Diese Entwicklung wurde teilweise ausgelöst durch zusätzliche Mittel, dieden Kantonen aus der Verteilung des Verkaufserlöses überschüssiger Goldreservender Nationalbank und aus Mehreinnahmen aus der Neugestaltung des Finanzaus-gleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) zur Verfügungstehen. Ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen (vgl. Übersicht über diesteuerpolitischen Massnahmen anderer Kantone im Anhang Ziffer 11.1.).

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Tabelle 2 Kurzübersicht über die Massnahmen anderer Kantone

Bereich Steuerpolitische Massnahmen Kantone

Entlastung der tiefen Einkommen AG, AR, SZ, SG, ZH

Entlastung der mittleren Einkommen AG, AR, GL, LU, NW,SH, SZ, SG, ZH

Entlastung der hohen Einkommen SG, ZH

Wechsel zu proportionalem Tarif TG, UR

Einkommenssteuer

Wechsel zum Teilbesteuerungsverfahren fürDividenden

GE, GR, TG, TI

Entlastung AG, AR, GR, GL, SH,SG, UR, ZG, ZH

Vermögenssteuer

Wechsel zu proportionalem Tarif AR, GR, UR, TG

Entlastung AG, GL, LU, OW, SG,UR, ZG

Gewinnsteuer

Wechsel zu proportionalem Tarif GL, UR

Entlastung –

Wechsel zu proportionalem Tarif –

Kapitalsteuer

Anrechnung der Gewinnsteuer AG, SG, BL, GE, GL,SZ, LU, VD

Für die weitere Entwicklung des Kantons Bern ist der Vergleich mit den direktenKonkurrenten wichtig: Dazu zählen in erster Linie jene Kantone, welche in Pendel-distanz zu den Berner Arbeitsmarktzentren Bern, Biel und Thun liegen. Es gilt zuvermeiden, dass Personen, die im Kanton Bern arbeiten, aus Steuergründen denLebensmittelpunkt in einen umliegenden Kanton verlegen. Gleichzeitig ist anzustre-ben, dass Personen, die als Pendler bereits im Kanton Bern arbeiten, auch ihrenWohnsitz in den Kanton Bern verlegen. So gesehen zählen zu den direkten Konkur-renten des Kantons Bern die Kantone Zürich, Luzern, Aargau, Solothurn, Freiburg,Neuenburg, Jura, Basel-Stadt und -Land sowie der Kanton Wallis.

6.2.3 Einkommenssteuern

Gemäss den neuesten Berechnungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung, wel-che die Belastungen der Kantonshauptorte der Steuerperiode 2007 vergleichen (dieBerechnung eines Index wurde eingestellt), nimmt der Kanton Bern in der Ranglisteder Kantone die nachstehend dargestellten Positionen ein. Gleichzeitig ist jeweilsauch der Rang vermerkt, der sich bei statischer Betrachtung (Zahlen der anderenKantone unverändert) mit den Entlastungen der letzten Steuergesetzrevision ab2009 ergibt. Zur besseren Übersicht sind die Positionen der Nachbarkantone und dererwähnten direkten Konkurrenten des Kantons Bern ebenfalls angegeben:

Tabelle 3

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2009 Rang 200713 11 3 17 9 21 24 25 10 22 7 20 14 26 2315 14 10 18 21 23 17 24 4 14 5 12 20 13 2213 7 12 21 24 14 15 7 1 9 8 5 18 23 1726 26 7 20 21 16 24 18 3 15 5 19 14 12 25

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2009 Rang 200716 13 4 14 6 20 22 24 18 23 9 21 17 26 2521 21 8 15 13 18 22 23 6 20 5 26 11 25 2424 17 5 19 22 15 21 20 3 13 7 14 12 26 2523 21 5 16 12 19 21 22 8 20 7 24 11 25 26

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2009 Rang 200716 16 6 8 3 18 20 22 21 24 14 19 23 26 2521 19 6 16 4 19 22 24 13 23 7 20 12 26 2523 18 4 16 6 18 22 24 14 21 8 19 9 26 2523 20 6 16 3 19 20 24 14 22 7 21 18 26 25

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2009 Rang 200720 20 13 9 2 14 19 21 24 18 12 25 17 22 2620 20 13 8 2 18 21 17 19 22 11 24 15 25 2620 19 12 8 2 18 21 17 19 22 11 24 14 25 2620 20 13 8 2 18 21 17 19 22 11 25 15 24 26

Ehepaar, ohne KinderEhepaar, 2 KinderEhepaar, Rentner

hohes EinkommenCHF 500'000Ledige PersonEhepaar, ohne KinderEhepaar, 2 KinderEhepaar, Rentner

Ehepaar, Rentner

mittleres EinkommenCHF 80'000Ledige PersonEhepaar, ohne KinderEhepaar, 2 KinderEhepaar, Rentner

gehobenes EinkommenCHF 150'000Ledige Person

tiefes EinkommenCHF 50'000Ledige PersonEhepaar, ohne KinderEhepaar, 2 Kinder

Bern vermag mit den Kantonen ZH und AG generell und mit LU teilweise nicht mit-zuhalten, gegenüber den übrigen direkten Konkurrenten steht BE auch bei den ge-hobenen und hohen Einkommen gut da. Im Rang per 2009 kommt jedoch wie ge-sagt nicht zum Ausdruck, dass andere Kantone in der Zwischenzeit weitere Steuer-gesetzrevisionen durchgeführt haben. So haben etwa die Kantone AR, LU, NW, SH,SZ und SG ihre Einkommenssteuern ebenfalls gesenkt oder sehen Senkungen vor,teilweise in Kombination mit dem Übergang zu einem proportionalen Tarif (AR, UR,TG). Es muss deshalb erwartet werden, dass der Kanton Bern durch die Steuerge-setzrevision 2008 effektiv keine Verbesserung in der Rangfolge erzielt. Beiden hohen Einkommen ist sogar mit einer Verschlechterung zu rechnen, da die kalteProgression mit der Steuergesetzrevision 2008 hier nur zur Hälfte ausgeglichenwurde.

6.2.4 Vermögenssteuern

Bezüglich der Vermögenssteuern ergeben sich folgende Rangierungen des KantonsBern, der Nachbarkantone und der erwähnten direkten Konkurrenten des KantonsBern:

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19

Tabelle 4

Reinvermögen in CHF BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JUEhepaar 2007 2009 Rang 2007Tief, bis CHF 150'000 24 23 7 20 12 26 10 19 1 1 1 25 22 23 21Mittel, bis CHF 300'000 22 20 2 21 4 26 16 20 7 18 6 25 23 24 17Gehoben, bis CHF 800'000 15 14 5 17 1 25 21 19 23 18 9 24 20 26 12Hoch, bis CHF 5'000'000 20 16 10 11 1 22 15 24 25 13 12 23 19 21 14

Namentlich bei den gehobenen und hohen Vermögen steht Bern gegenüber denmeisten Konkurrenten gut da und verfügt zudem über das Instrument der «Vermö-genssteuer-Bremse», die für sehr hohe Vermögen attraktiv ist. Bei den tiefen bismittleren Vermögen fällt der Vergleich weniger günstig aus. Der «Terraingewinn»durch die Revision 2008 ist allerdings auch hier insofern zu relativieren, als die in derZwischenzeit in mehreren Kantonen (z.B. AR, SH, SG, UR und ZG) beschlossenenoder geplanten Entlastungen in den vorliegenden Zahlen noch nicht enthalten sind.So hat beispielsweise der Kanton Luzern die Vermögenssteuer mit Wirkung ab 2009halbiert.

6.2.5 Gewinn- und Kapitalsteuern juristischer Personen

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Rangierung bei den Gewinn- und Kapitalsteuernder juristischen Personen:

Tabelle 5

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JURang 2007

sehr kleine Unternehmung(z.B. GmbH) 20'000 / 100'000 6 20 18 3 8 12 26 24 17 14 23 2 19 22kleine Unternehmung 50'000 / 100'000 11 19 17 3 18 6 25 26 16 13 23 2 22 21mittelgrosse Unternehmung 400'000 / 2'000'000 13 15 10 1 19 16 26 24 8 14 23 11 22 21grössere Unternehmung 1'000'000 / 2'000'000 13 14 9 1 16 18 25 26 8 15 22 12 21 19

Reingewinn / Kapitalund Reserven in CHF

Die relativ tiefe Steuerbelastung der Unternehmen im Kanton Bern wird nur seitensdes Kantons VS und OW und teilweise der Kantone LU, SG und SO unterboten. Dadie Belastung der Gewinn- und Kapitalsteuern mit der Steuergesetzrevision 2008keine Änderung erfahren hat, demgegenüber aber verschiedene Kantone (z.B. GL,LU, SG, UR und ZG) Steuersenkungen planen, muss hingegen mittelfristig mit einerErosion der heutigen Platzierung gerechnet werden.

6.2.6 Fazit

Aus standortpolitischen Überlegungen besteht betreffend die Einkommenssteuerteilweise bei den hohen Einkommen Handlungsbedarf, da sich hier die Situationwegen der Nichtberücksichtigung in der Steuergesetzrevision 2008 tendenziell ver-schärft hat. Darüber hinaus sind mittelfristig aber auch generell Entlastungen beiden Einkommens- und Vermögenssteuern in Betracht zu ziehen, um im interkanto-nalen Vergleich wenigstens die gegenwärtige Position zu halten.

Bei den juristischen Personen gilt es zu verhindern, dass der Kanton in der Rang-folge der Kantone Terrain verliert.

6.3 Schlussfolgerungen für die Teilrevision des Steuergesetzes

In der Vernehmlassungsvorlage vom 19. Dezember 2008 waren CHF 90 Millionen fürden Ausgleich der kalten Progression vorgesehen. Die jetzige Vorlage sieht hier-für noch Mindereinnahmen von rund CHF 20 Millionen vor (vgl. vorne Ziffer 5). Ge-genüber den in der Finanzplanung für den Ausgleich der kalten Progression einge-stellten CHF 90 Millionen reduzieren sich die Mindereinnahmen somit um rundCHF 70 Millionen.

Der Regierungsrat ist der Überzeugung, dass Entlastungen für Unternehmungen(mit den insbesondere im Kanton Bern vorherrschenden Unternehmensstrukturen)die steuerpolitisch wirksamsten und in der anhaltenden Wirtschaftskrise am bestengeeigneten Massnahmen sind, um dazu beizutragen, dass Arbeitsplätze erhaltenbzw. geschaffen werden und die Wirtschaft wieder angekurbelt wird. Aber auchmittel- und langfristig stärken sie den Wirtschaftsstandort Bern.

Der Regierungsrat schlägt deshalb vor, den Handlungspielraum sinnvoll zu nutzenund sowohl die Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer (vgl. Zif-fer 6.4) als auch die Einführung des proportionalen Gewinnsteuertarifs (vgl.Ziffer 6.5) umzusetzen. Diese zusätzlichen standortpolitischen Massnahmen für Un-ternehmungen stehen im Einklang mit den bisherigen wirtschaftspolitischen Mass-nahmen des Regierungsrates im Rahmen der anhaltenden Wirtschaftskrise.

Die vorgeschlagene Entlastung von Unternehmungen wirkt gezielt dort, wo es fürden Wirtschaftsstandort Bern wichtig ist. Entlastungen nach dem Giesskannenprin-zip, wie sie der Auftrag 177/2008 Kohler-Jost, Mühlethurnen (FDP) «Fit für die Zu-kunft durch Senkung der Steueranlage im Kanton Bern» vom 11. Juni 2008 (Sen-kung der Steueranlage um einen Zehntel mit Wirkung ab 2010) verlangt, lässt dieaktuelle finanzpolitische Situation nicht zu.

6.4 Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer

Im geltenden Recht ist die Kapitalsteuer unabhängig davon geschuldet, ob eineUnternehmung Gewinn erzielt oder nicht. Unter dem Aspekt der wirtschaftlichenLeistungsfähigkeit wird ihre Berechtigung aber zunehmend in Frage gestellt. Bei derdirekten Bundessteuer wurde die Kapitalsteuer im Zuge der Unternehmenssteuerre-form I bereits im Jahre 1998 abgeschafft. Auf kantonaler Ebene ist eine Kapitalsteuerdurch übergeordnete Gesetze zurzeit noch vorgeschrieben. Mit der Unternehmens-steuerreform II wurde den Kantonen aber ermöglicht, in ihren kantonalen Erlassendie Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer vorzusehen.

Im Steuergesetz vor 2001 hatte die Kapitalsteuer noch die Funktion einer Ergän-zungssteuer. Sie hatte mitunter zum Zweck, bei renditeschwachen Unternehmen,welche im damals renditeabhängigen Gewinnsteuertarif nur eine verhältnismässigbescheidene Gewinnsteuer entrichteten, eine angemessene Besteuerung sicherzu-

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20

stellen. Mit dem Abschied von der renditeabhängigen Besteuerung verlor die Kapi-talsteuer jedoch ihre systembedingte Bedeutung. Die Anrechnung der Gewinnsteueran die Kapitalsteuer entlastet das Risikokapital und regt die Investitionstätigkeit an.Sie verringert die Steuerbelastung eigenkapitalfinanzierter Unternehmen und beein-flusst so Standortentscheide. Die Kantone AI und TG kennen die Anrechnung derGewinnsteuer an die Kapitalsteuer schon länger. Verschiedene Kantone haben dieMassnahme per 2009 eingeführt (AG, SG, VD) oder sehen die Einführung fest vor(BL, GE, GL, SZ, LU, NW). In einigen weiteren Kantonen wird die Massnahme zurzeitgeprüft.

Die folgende Tabelle zeigt die zu erwartende Verbesserung des Kantons Bern imVergleich mit den Nachbarkantonen und weiteren direkten Konkurrenten bei stati-scher Betrachtung (Zahlen der anderen Kantone unverändert):

Tabelle 6

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2011 Rang 2007

sehr kleine Unternehmung(z.B. GmbH) 20'000 / 100'000 6 6 20 18 3 8 12 26 24 17 14 23 2 19 22kleine Unternehmung 50'000 / 100'000 11 10 19 17 3 18 6 25 26 16 13 23 2 22 21mittelgrosse Unternehmung 400'000 / 2'000'000 13 11 15 10 1 19 16 26 24 8 14 23 11 22 21grössere Unternehmung 1'000'000 / 2'000'000 13 12 14 9 1 16 18 25 26 8 15 22 12 21 19

Reingewinn / Kapitalund Reserven in CHF

Der Regierungsrat ist, wie bereits vorne in Ziffer 6.3 dargelegt, überzeugt, dass dieUmsetzung dieser Massnahme gerade in der anhaltenden Wirtschaftskrise sinnvollist, da insbesondere Arbeitsplätze gesichert und die Wirtschaft angekurbelt werdenkönnen. Die Massnahme würde beim Kanton zu Mindereinnahmen vonCHF 20 Millionen und bei den Gemeinden zu Mindereinnahmen von CHF 11 Millio-nen führen.

6.5 Übergang zur proportionalen Gewinnsteuer

Anlässlich der Steuergesetzrevision 2001 wurde der damalige renditeabhängigeGewinnsteuertarif durch den heutigen proportionalen Dreistufentarif ersetzt.Bei höheren Gewinnen (ca. ab CHF 500 000) verhält sich dieser Tarif bereits annä-hernd proportional. Von der Einführung eines echten (einstufigen) Proportionaltari-fes wurde damals abgesehen, weil eine Komponente zur Milderung der wirtschaftli-chen Doppelbelastung eingebaut werden sollte, was durch einen tieferen Steuersatzfür die zwei ersten Gewinnstufen bewerkstelligt wurde. Mit der in der Steuergesetz-revision 2008 beschlossenen Teilbesteuerung der Dividenden wird die wirtschaftli-che Doppelbelastung auf Stufe Beteiligungsinhaber nun entscheidend gemildert.Deshalb braucht es auf Stufe Gesellschaft keine besondere Massnahme mehr zurMilderung, sodass sich der Dreistufentarif erübrigt.

In der Finanzwissenschaft wird die proportionale Gewinnsteuer als zeitgemässeBesteuerungsform für Unternehmen betrachtet. Unter dem Gesichtspunkt der wirt-schaftlichen Leistungsfähigkeit besteht bei den Unternehmen keine Veranlassung,Gewinne einer Steuerprogression zu unterwerfen. Ein proportionaler Steuersatz

entspricht internationalem Standard und vereinfacht die Berechnung der Steuer, vorallem auch im Zusammenhang mit interkantonalen Ausscheidungen und unterjäh-rigen Geschäftsjahren.

Ein für den Kanton und die Gemeinden ertragsneutraler Übergang vom Dreistufenta-rif zur proportionalen Gewinnsteuer würde grundsätzlich einen Steuersatz in derHöhe der bisherigen Durchschnittsbelastung von ca. 3,9 Prozent der einfachen Steuererfordern. Dies hätte für Unternehmen mit bisher unterdurchschnittlicher Belastung(d.h. Unternehmungen mit niedrigen Gewinnen) jedoch eine Mehrbelastung zurFolge. Um diesen Effekt wenigstens teilweise zu kompensieren, sollte der Steuersatzauf 3,5 Prozent festgelegt werden. Für Unternehmungen mit kleinen Gewinnen kannsich teilweise gleichwohl eine Mehrbelastung ergeben. Dies weil der 2001 einge-führte Dreistufentarif bei den kleinen Gewinnen zwecks Milderung der wirtschaft-lichen Doppelbelastung sehr tief angesetzt wurde. Diese Milderung aber hat mit der2008 erfolgten Einführung des Teilsatzverfahrens (vgl. oben Ziffer 2.1.2.) seine Be-deutung verloren, sodass in diesem Bereich eine Mehrbelastung hingenommenwerden kann. Die Mehrbelastung beträgt prozentual zwar bis zu 100 Prozent. Be-tragsmässig liegt die Mehrbelastung aber bei maximal CHF 2000.

Die folgende Tabelle zeigt die zu erwartende Verbesserung des Kantons Bern imVergleich mit den Nachbarkantonen und weiteren direkten Konkurrenten bei stati-scher Betrachtung (Zahlen der anderen Kantone unverändert), wenn nebst der An-rechnung der Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer (Ziffer 6.4) auch der proportionaleGewinnsteuertarif unter gleichzeitiger Senkung des Steuersatzes eingeführt wird:

Tabelle 7

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2011 Rang 2007

sehr kleine Unternehmung(z.B. GmbH) 20'000 / 100'000 6 17 20 18 3 8 12 26 24 17 14 23 2 19 22kleine Unternehmung 50'000 / 100'000 11 17 19 17 3 18 6 25 26 16 13 23 2 22 21mittelgrosse Unternehmung 400'000 / 2'000'000 13 10 15 10 1 19 16 26 24 8 14 23 11 22 21grössere Unternehmung 1'000'000 / 2'000'000 13 11 14 9 1 16 18 25 26 8 15 22 12 21 19

Reingewinn / Kapitalund Reserven in CHF

Der Regierungsrat erachtet es aus den oben in Ziffer 6.3 genannten Gründen alsrichtig, diese standortpolitische Massnahme umzusetzen. Die Massnahme würdebeim Kanton zu Mindereinnahmen von CHF 48 Millionen und bei den Gemeindenzu Mindereinnahmen von CHF 25 Millionen führen.

6.6 Mögliche Massnahmen im Rahmen künftiger Revisionen

Der Grosse Rat hat in der Novembersession 2008 Vorstösse überwiesen, welche diePrüfung möglicher standortpolitischer Massnahmen verlangen. Dabei handelt essich um das Postulat 178/2008 Haas, Bern (FDP), Brand, Münchenbuchsee (SVP),Friedli, Sumiswald (EDU) «Steuerpolitische Zukunft im Kanton Bern» und die in einPostulat umgewandelte Motion 101/2008 Haas, Bern (FDP), Brand, Münchenbuchsee(SVP), Friedli, Sumiswald (EDU) «Vorteilhafte Standortbedingung nicht verspielen».

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In der Aprilsession 2009 wurde überdies die Motion 249/2008 Kast «SteuerlicheEntlastung für Familien» als Postulat überwiesen.

Der Regierungsrat hat in seiner Antwort auf das Postulat 178/2008 Haas die Bereit-schaft erklärt, die vorgeschlagenen Punkte im Rahmen der geplanten Steuergesetz-revision zu prüfen. Er hat aber bereits damals darauf aufmerksam gemacht, dass ereinzelnen Punkten des Postulates kritisch gegenübersteht und dass eine Berücksich-tigung sämtlicher Anliegen zum jetzigen Zeitpunkt aus finanzpolitischer Sicht nichtmöglich sein wird. Diejenigen geprüften Massnahmen, die der Regierungsrat zurUmsetzung empfiehlt, sind in den vorstehenden Ziffern 6.3 ff. ausgeführt. Zu denje-nigen, welche nicht umgesetzt werden können vgl. nachstehende Ausführungen.Der Regierungsrat behält sich indessen vor, die entsprechenden Massnahmen beisich geänderten finanzpolitischen Rahmenbedingungen in einer rasch folgenden,späteren Steuergesetzrevision politisch zu würdigen und entsprechend vorzuschla-gen.

6.6.1 Vermögenssteuersenkung

Die vom Grossen Rat in der Steuergesetzrevision 2008 beschlossene Tarifreduktionvon durchschnittlich 24 Prozent wurde mit der Volksabstimmung vom Februar 2008auf 12 Prozent halbiert (Mindereinnahmen von CHF 30 Millionen statt CHF 60 Millio-nen). In der Zwischenzeit planen mehrere Kantone eine Senkung ihrer Vermögens-steuertarife oder haben eine solche beschlossen. Unter diesen Umständen dürftedie ab 2009 wirksame Tarifreduktion – mit Blick auf den interkantonalen Vergleich –mittelfristig neutralisiert werden.

Eine weitere Senkung um 9 Prozent würde Mindereinnahmen beim Kanton vonCHF 30 Millionen und bei den Gemeinden von CHF 16 Millionen nach sich ziehen.

Die folgende Tabelle zeigt die zu erwartende Verbesserung des Kantons Bern durchdiese Massnahme im Vergleich mit den Nachbarkantonen und weiteren direktenKonkurrenten bei statischer Betrachtung (Zahlen der anderen Kantone unverändert):

Tabelle 8

Reinvermögen in CHF BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JUEhepaar 2007 2009 2011 Rang 2007Tief, bis CHF 150'000 24 23 22 7 20 12 26 10 19 1 1 1 25 22 23 21Mittel, bis CHF 300'000 22 20 18 2 21 4 26 16 20 7 18 6 25 23 24 17Gehoben, bis CHF 800'000 15 14 13 5 17 1 25 21 19 23 18 9 24 20 26 12Hoch, bis CHF 5'000'000 20 16 9 10 11 1 22 15 24 25 13 12 23 19 21 14

6.6.2 Erhöhung der Kinderabzüge

Die als Postulat überwiesene Motion 249/2008 Kast, Bern (CVP) «Steuerliche Entlas-tung für Familien» vom 25. Februar 2009 verlangt eine bedeutende Erhöhung derKinderabzüge. Bereits im Rahmen der letzten Steuergesetzrevision wurden in ersterLinie die Familien und der Mittelstand entlastet. Mit Wirkung auf den 1. Januar 2009wurden konkret folgende Massnahmen beschlossen:

– Erhöhung des Kinderabzugs von CHF 4400 auf CHF 6300;

– Erhöhung des Abzugs für auswärtige Ausbildung von CHF 4400 auf CHF 6000;

– Erhöhung des Abzugs für die Drittbetreuung von Kindern von CHF 1500 aufCHF 3000;

– Erhöhung des zusätzlichen Versicherungsabzugs pro Kind von CHF 600 aufCHF 700;

– Senkung des Einkommenssteuertarifs ab steuerbarem Einkommen vonCHF 30 000.

Mit diesen Massnahmen konnte auf kantonaler Ebene eine spürbare Entlastung vonFamilien mit Kindern erreicht werden. Bei Familien mit Kindern, welche dem Mit-telstand angehören, fällt diese Entlastung besonders stark aus. Zusätzlich werdenFamilien mit Kindern voraussichtlich ab 2010 oder 2011 bei den Bundessteuernweitere bedeutende Entlastungen erhalten, wie die nachfolgenden Ausführungenzeigen:

Der Bundesrat hat am 12. November 2008 das Eidgenössische Finanzdepartementbeauftragt, eine Vorlage zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern beider direkten Bundessteuer zu erarbeiten. Konkret wird vorgeschlagen, den Kinder-abzug bei der direkten Bundessteuer von heute CHF 6100 pro Kind auf rundCHF 8000 anzuheben. Zusätzlich soll ein Abzug für die von den Familien getragenenKosten der Fremdbetreuung von Kindern eingeführt werden, dessen Höhe noch zubestimmen ist. Bei der direkten Bundessteuer werden diesbezügliche Varianten imUmfang von CHF 8000 bis CHF 18 000 geprüft.

Wollte man diese Entlastungen auch bei den Kantons- und Gemeindesteuern vor-nehmen, würden folgende Mindereinnahmen pro Jahr resultieren (Kanton bzw.Gemeinden):

– Erhöhung des Kinderabzugs von heute CHF 6300 auf

– CHF 8000: Mindereinnahmen von CHF 30 Millionen bzw. CHF 16 Millionen

– Erhöhung des Abzugs für Drittbetreuungskosten von heute CHF 3000 auf

– CHF 8000: Mindereinnahmen von CHF 12 Millionen bzw. CHF 6 Millionen

– CHF 13 500: Mindereinnahmen von CHF 27 Millionen bzw. CHF 14 Millionen

– CHF 18 000: Mindereinnahmen von CHF 40 Millionen bzw. CHF 21 Millionen

Der Bundesrat hat nun am 20. Mai 2009 die Botschaft an das Parlament verabschie-det22). Er schlägt vor, für Familien mit Kindern bei der direkten Bundessteuer einenElterntarif einzuführen, der zu einer Entlastung von CHF 170 pro Kind führt. Zudemsoll bei der direkten Bundessteuer ein Abzug für die Fremdbetreuung von Kindernbis zum 14. Altersjahr von maximal CHF 12 000 eingeführt werden.

22) http://www.efd.admin.ch/dokumentation/medieninformationen/00467/index.html?lang=de&msg-id=27016

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22

6.6.3 Senkung Vorsorgetarif

Mit der Steuergesetzrevision 2005 wurde der Tarif für Kapitalleistungen aus Vorsor-ge in den Bereich des schweizerischen Mittels gesenkt. Inzwischen ist die Belastungim interkantonalen Vergleich bereits wieder überdurchschnittlich. Je nach Höhe derKapitalleistung liegt der Kanton Bern auf Rang 13 bis 22. Die überdurchschnittlichenBelastungen finden sich dabei bei den Auszahlungen über CHF 200 000. Die Steuer-belastung der Leistungen aus Vorsorge gewinnt standortpolitisch zunehmend anBedeutung, da mit der Einführung des Pensionskassen-Obligatoriums ab 1985 undden Möglichkeiten der gebundenen Vorsorge (Säule 3a) der Umfang dieser Ein-kommen eine steigende Tendenz aufweist. Der Übertritt in den Ruhestand ist häufigmit einem Wohnortswechsel verbunden, wobei auch die Steuerbelastung einerallfälligen Kapitalleistung aus der Vorsorgeeinrichtung in die Überlegungen einbe-zogen wird.

Würde der Vorsorgetarif auf das schweizerische Mittel gesenkt (Reduktion um20 Prozent), ergäbe sich eine deutliche Verbesserung im interkantonalen Verhältnis.Die folgende Tabelle zeigt die zu erwartende Verbesserung des Kantons Bern imVergleich mit den Nachbarkantonen und weiteren direkten Konkurrenten bei stati-scher Betrachtung (Zahlen der anderen Kantone unverändert):

Tabelle 9BE ZH LU UR OW NW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU

2008 2011 Rang 200712 10 21 7 8 23 17 18 6 11 10 14 5 19 16 22 2014 8 13 11 6 20 16 22 9 19 5 12 15 21 10 25 1714 9 10 13 7 16 18 25 12 22 5 11 21 24 9 26 1717 10 9 14 7 13 20 26 12 22 3 11 23 24 10 25 1620 10 19 18 5 9 16 26 13 23 7 17 24 25 22 21 1119 15 25 12 3 6 11 23 10 18 26 21 22 24 17 15 819 17 25 11 3 6 10 20 9 17 26 21 18 22 16 13 8

BE ZH LU UR OW NW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2008 2011 Rang 200714 5 16 11 5 21 18 15 9 7 4 19 17 22 13 20 2316 9 10 15 7 17 19 18 14 13 2 12 23 24 8 21 2016 9 8 15 9 13 17 21 14 18 2 11 25 26 7 22 2016 9 8 15 10 11 17 24 14 19 1 12 25 26 7 22 2120 11 25 12 7 6 10 24 8 17 4 13 23 26 16 14 1921 19 26 4 2 1 16 9 15 8 25 23 22 10 6 5 720 17 26 9 5 4 7 19 6 16 25 21 18 22 13 11 15

Kapitalleistung in CHF, Rentner65-jährig, verheiratet

50'000

2'000'000

200'000

1'000'000500'000

1'000'000

200'000

Kapitalleistung in CHF Rentnerin64-jährig, alleinstehend

150'000

500'000

50'000100'000

2'000'000

100'000150'000

Eine Senkung des Vorsorgetarifs auf das schweizerische Mittel (Reduktion um rund20 Prozent) würde beim Kanton zu Mindereinnahmen von CHF 12 Millionen undbei den Gemeinden zu Mindereinnahmen von CHF 6 Millionen führen.

6.6.4 Systemwechsel Einkommenssteuer: Proportionaltarif («flat rate»)

Das Postulat 178/2008 Haas, Bern (FDP), Brand, Münchenbuchsee (SVP), Friedli,Sumiswald (EDU) «Steuerpolitische Zukunft im Kanton Bern» verlangt unter ande-rem, dass der Regierungsrat die Einführung eines proportionalen Einkommens-steuertarifes («flat rate») nach dem Muster des Kantons Thurgau prüft. Dieser siehteine «flat rate» unter Berücksichtigung eines Sockelfreibetrages anstelle von Sozial-abzügen (nach Bundesverfassung möglich) vor. Der Sockelfreibetrag fällt je nachZivilstand unterschiedlich hoch aus. Das Bundesgericht hat im Fall des KantonsObwalden am 1. Juni 2007 eine degressive Besteuerung als verfassungswidrig be-zeichnet. Aus der Urteilsbegründung kann jedoch geschlossen werden, dass eineproportionale Besteuerung verfassungskonform ist.

Im vorliegenden Modell, erstellt auf Grund vorläufiger Berechnungen der Steuer-verwaltung, wird das steuerbare Einkommen statt zum herkömmlichen progressivverlaufenden Staffeltarif mit einem einheitlichen Prozentsatz von 4,3 Prozent(einfache Steuer) besteuert. Die Sozialabzüge werden beibehalten und durch einenSockelabzug von CHF 6000 pro Person ergänzt. Dadurch verläuft die Steuerbelas-tung – gemessen am Reineinkommen – nach wie vor progressiv. Der Sockelab-zug dient im Weiteren dazu, die unvermeidliche Mehrbelastung der tieferen Ein-kommen auszugleichen. Dabei muss der Sockelabzug so hoch angesetzt werden,dass auch mittlere Einkommen nicht höher als bisher belastet werden. Unter diesenVoraussetzungen ergeben sich bei den hohen Einkommen Entlastungen von ca.25 Prozent, bei den mittleren Einkommen solche von 0 bis 3 Prozent und bei dentiefen Einkommen Entlastungen von 25 bis 100 Prozent.

Unter der Voraussetzung, dass die Umstellung für keine Steuerpflichtigen zu Mehr-belastungen führen darf, ergeben sich Mindereinnahmen beim Kanton in derGrössenordnung von CHF 350 Millionen und von CHF 184 Millionen bei den Ge-meinden oder ca. 10 Prozent des Einkommenssteuerertrages. Zu den Auswirkungenvgl. die nachfolgende Grafik und Tabelle, welche die zu erwartende interkantonaleRangverbesserung aufzeigt.

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Tabelle 10

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2009 Flat Rang 2007

Ledige Person 13 11 10 3 17 9 21 24 25 10 22 7 20 14 26 23Ehepaar, ohne Kinder 15 14 5 10 18 21 23 17 24 4 14 5 12 20 13 22Ehepaar, 2 Kinder 13 7 1 12 21 24 14 15 7 1 9 8 5 18 23 17Ehepaar, Rentner 26 26 15 7 20 21 16 24 18 3 15 5 19 14 12 25

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2009 Flat Rang 2007

Ledige Person 16 13 10 4 14 6 20 22 24 18 23 9 21 17 26 25Ehepaar, ohne Kinder 21 21 17 8 15 13 18 22 23 6 20 5 26 11 25 24Ehepaar, 2 Kinder 24 17 11 5 19 22 15 21 20 3 13 7 14 12 26 25Ehepaar, Rentner 23 21 21 5 16 12 19 21 22 8 20 7 24 11 25 26

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2009 Flat Rang 2007

Ledige Person 16 16 7 6 8 3 18 20 22 21 24 14 19 23 26 25Ehepaar, ohne Kinder 21 19 14 6 16 4 19 22 24 13 23 7 20 12 26 25Ehepaar, 2 Kinder 23 18 15 4 16 6 18 22 24 14 21 8 19 9 26 25Ehepaar, Rentner 23 20 15 6 16 3 19 20 24 14 22 7 21 18 26 25

BE ZH LU OW FR SO BS BL SG AG VD VS NE JU2007 2009 Flat Rang 2007

Ledige Person 20 20 6 13 9 2 14 19 21 24 18 12 25 17 22 26Ehepaar, ohne Kinder 20 20 6 13 8 2 18 21 17 19 22 11 24 15 25 26Ehepaar, 2 Kinder 20 19 6 12 8 2 18 21 17 19 22 11 24 14 25 26Ehepaar, Rentner 20 20 6 13 8 2 18 21 17 19 22 11 25 15 24 26

tiefes EinkommenCHF 50'000

mittleres EinkommenCHF 80'000

gehobenes EinkommenCHF 150'000

hohes EinkommenCHF 500'000

flat rate

Ehepaar

0

5

10

15

20

25

30

0 100 '000 200 '000 300 '000 400 '000 500 '000 600 '000 700 '000 800 '000 900 '000 1 '000 '000

Bruttolohnin CHF

Belastung in %(Kanton, Gemeinde, Kirche)

StG 2009Flat rate

6.6.5 Entlastung des Existenzminimums

Die Motion 122/2005 Pauli, Schliern (SVP), Hess, Stettlen (SVP), Guggisberg, Kirch-lindach (SVP) «Kohärente Sozial- und Steuerpolitik» (angenommen am 28. März2006) verlangt eine Koordination von Sozialhilfeleistungen und Krankenkassenprä-mienverbilligungen mit dem Steuerrecht. In der Praxis stört, dass (ehemalige) So-zialhilfeempfangende nach dem Wiedereinstieg in die Arbeitswelt bei bescheidenenEinkommen schlechter gestellt werden können als von der Sozialhilfe abhängigePersonen. Die Schlechterstellung resultiert namentlich aus der Besteuerung derErwerbseinkünfte bzw. der Nichtbesteuerung der Sozialhilfeleistungen.

Mögliche Massnahmen können bei der Besteuerung der Erwerbseinkünfte ansetzenund Entlastungen bei tiefen Einkommen vorsehen, oder sie können bei der Steuer-freiheit der Sozialhilfe ansetzen und eine Besteuerung der Sozialhilfeleistungenanstreben. Die Regierung hat diesbezüglich am 12. Dezember 2007 ein Vorgehen inzwei Phasen beschlossen:

– Einerseits soll mittels Standesinitiative an den Bund die Besteuerung vonSozialhilfeleistungen umgesetzt werden. Hierzu hat der Grosse Rat am20. Januar 2009 eine Standesinitiative an den Bund verabschiedet.

– Andererseits soll die Steuerbefreiung des Existenzminimums als eigenstän-dige Lösung realisiert werden. Hierzu hatte die Vernehmlassungsvorlage eine Er-höhung des Abzugs für bescheidene Einkommen vorgesehen.

In der Vernehmlassung wurde das zweistufige Vorgehen von der SP, der FDP undder Gemeinde Biel kritisiert. Es wurde vorgeschlagen, zunächst die Behandlung derStandesinitiative abzuwarten. Der Regierungsrat hat sich dieser Auffassung aus denoben unter Ziffern 0 und 1 aufgeführten Gründen angeschlossen. Erst nach Umset-zung der Standesinitiative an den Bund soll die Entlastung des Existenzminimumsverwirklicht werden. Dabei kann es sich jedoch nicht um eine vollständige Entlas-tung des Existenzminimums handeln:

– Die vorgenommenen Analysen und Berechnungen haben ergeben, dass einevollständige Befreiung des Existenzminimums zu unüberbrückbaren Verzerrun-gen der horizontalen und vertikalen Belastungsrelationen führen würde, verbun-den mit nicht vertretbaren Steuerausfällen von über CHF 100 Millionen alleinbeim Kanton.

– Die vollständige Freistellung des Existenzminimums bedeutete für die tiefen Ein-kommen eine massive Steuerentlastung. Dies hätte zur Folge, dass Ehepaare imVergleich zu Konkubinatspaaren mit gleich hohem Einkommen tendenziellschlechter gestellt würden, indem Letztere wegen der getrennten Veranlagung instärkerem Masse profitieren, während sich die Entlastung bei den Ehepaaren we-gen der Addition der Einkommen nicht oder nur begrenzt auswirkt. Eine vollstän-dige Befreiung des Existenzminimums wäre im heutigen Abzugs- und Tarifsys-tem deshalb nur unter Inkaufnahme verfassungswidriger Belastungsrelatio-nen bei der Besteuerung der Ehepaare realisierbar.

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Vor diesem Hintergrund müsste eine Regelung vorgesehen werden, welche eineteilweise Steuerbefreiung des Existenzminimums vorsieht. Sie lässt sich technischam besten über einen entsprechenden Abzug vom steuerbaren Einkommen be-werkstelligen. Dabei wurde eine mögliche, zu einem späteren Zeitpunkt umsetzbareLösung entwickelt, welche das Existenzminimum so weit freistellt, dass die verfas-sungsmässigen Belastungsrelationen noch eingehalten werden, die keine übermäs-sige Progression bewirkt und welche die finanziellen Auswirkungen zudem in einemvertretbaren Rahmen hält. Sie basiert auf einer Anpassung des bereits beste-henden Sozialabzuges für bescheidene Einkommen in Artikel 40 StG, indem die-ser von heute CHF 1000 bzw. 2000 (Alleinstehende/Ehepaare) aufCHF 5000 bzw. 10 000 erhöht würde. Auch der zusätzliche Abzug für Kinderwürde von CHF 500 auf CHF 2000 angepasst. Diese Abzüge würden gewährt,wenn das anrechenbare Einkommen den Betrag von CHF 15 000 bzw. 30 000(Alleinstehende/Ehepaare) nicht übersteigt (heute CHF 15 000 bzw. 20 000). ImAnhang (Ziffer 11.2) findet sich eine Modellberechnung, welche die Auswirkungendieser Lösung bei einer allfälligen späteren Umsetzung aufzeigt.

Die gewählte Abzugslösung ermöglicht eine spezifische Ausgestaltung der geplan-ten steuerlichen Entlastung. Die Zielgruppenorientierung kann verfeinert und Nicht-berechtigte können von der Abzugsgewährung ausgeschlossen werden. Nicht zu-letzt ermöglicht die gewählte Lösung einen Einbezug der steuerfreien Sozialhilfebe-züge in die Abzugsgewährung und damit in die steuerliche Entlastung, ohne dasseine Änderung von übergeordnetem Bundesrecht (StHG) nötig wäre. Indem sich dieHöhe des Abzugs an der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dersteuerpflichtigen Personen orientiert (unter Berücksichtigung steuerfreier Einkünfte),würde diese Lösung zu Mindereinnahmen von CHF 40 Millionen beim Kanton undCHF 21 Millionen bei den Gemeinden führen.

6.7 Umweltsteuern mit einnahmenseitiger Kompensation

Der Regierungsrat hat im Rahmen der laufenden Totalrevision des kantonalen Ener-giegesetzes (KEnG) und der Massnahme Nr. 16 der Wachstumsstrategie (Version2007) «Steuern reformieren» prüfen lassen, inwiefern sich umweltbelastende Tätig-keiten besteuern lassen, um damit – im Sinne einer möglichen Variante bezüglichder Rückerstattung der Erträge – die direkten Steuern zu senken. Eine solche Lösungwürde den Zielen der nachhaltigen Entwicklung gemäss den Regierungsrichtlinien2006–2010 entsprechen.

– In der KEnG-Totalrevision schlägt der Regierungsrat unter anderem eine Len-kungsabgabe auf Elektrizitätsverbrauch vor, für deren Rückerstattung fürdie juristischen Personen die Steueranlage gesenkt würde, während für die natür-lichen Personen ein Pro-Kopf-Abzug bei der Kantonssteuerrechnung vorgesehenwürde. Die erste Lesung der KEnG-Totalrevision im Grossen Rat findet voraus-sichtlich ebenfalls in der Novembersession 2009 statt.

– Im Rahmen der erwähnten Massnahme Nr. 16 «Steuern reformieren» wurdenauch weitere mögliche Umweltabgaben geprüft, die aber weder eine signifi-kante Umwelt- noch eine Einnahmenwirkung hätten.

7. Die Änderungen im Einzelnen

7.1 Einkommens- und Vermögenssteuer natürlicher Personen

7.1.1 Artikel 2 (fakultatives Referendum)

Gemäss Artikel 2 Absatz 4 unterliegt der Beschluss über die Steueranlage der fakul-tativen Volksabstimmung, sofern sie das Zweieinhalbfache der einfachen Steuerübersteigt (2,50 Einheiten). Steuerbelastungsverschiebungen nach dem Gesetz vom27. November 2000 über den Finanz- und Lastenausgleich (FILAG; BSG 631.1) wer-den diesem Wert hinzugerechnet.

Der Grosse Rat hat zusammen mit dem Voranschlag 2002 die Steuerbelastungsver-schiebung gemäss den Artikeln 40 ff. FILAG auf 7,6 Steueranlagezehntel festgelegt.Mit dieser Steuerbelastungsverschiebung wurden die neu vom Kanton übernom-menen Aufgaben und Lasten im Rahmen der Aufgabenteilung zwischen Kanton undGemeinden kompensiert. Die Gemeinden wurden verpflichtet, ihre Steueranlage aufdas Jahr 2002 in entsprechendem Umfang zu senken, sodass die Steuerbelastungs-verschiebung für den Steuerpflichtigen zu keiner Erhöhung der Steuerbelastungführte. Mit der im Jahr 2002 umgesetzten Steuerbelastungsverschiebung erhöhtesich somit der gemäss Artikel 2 Absatz 4 StG einer fakultativen Volksabstimmungunterliegende Grenzwert auf 3,26 Einheiten; die Steueranlage 2009 beträgt 3,06Einheiten. Die Bestimmung wird im Interesse der Verständlichkeit entsprechendformell angepasst.

7.1.2 Artikel 3 (jährlicher Ausgleich der kalten Progression)

Der Grosse Rat hat am 7. April 2009 die Motion 229/2008 FDP (Sutter, Gross-höchstetten) «Sofortiger Ausgleich der kalten Progression – mehr Geld im Porte-monnaie» überwiesen und den Regierungsrat beauftragt, die Tarife in den Arti-keln 42 und 44 StG jährlich der kalten Progression anzupassen. Die Vorlage wurdedeshalb nach Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens entsprechend angepasst.

7.1.3 Artikel 17 (Gaststaatgesetz)

Für die Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen der begünstigten Personenwird neu auf das Gaststaatgesetz verwiesen.

Die Bestimmung entspricht Artikel 15 Absatz 1 DBG und Artikel 4a StHG. Die Umset-zung im kantonalen Recht ist zwingend.

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7.1.4 Artikel 21a neu (Aufschubtatbestände)

Absatz 1 (Unternehmenssteuerreform II: Aufschubtatbestand bei Verpach-tung eines Geschäftsbetriebs)

Entschliesst sich ein Unternehmer zur Verpachtung des Betriebes, so werden nachder heutigen gesetzlichen Regelung und Praxis eine Betriebsaufgabe und eineAufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit angenommen, wenn die vertraglicheBetriebsüberlassung mehr als zwei Jahre dauert. Nur ausnahmsweise wird die Be-steuerung während maximal zwei Steuerperioden aufgeschoben. Dies beispielswei-se dann, wenn ein ganzer Betrieb aus familiären Gründen vorerst vorübergehend anDritte oder an Familienmitglieder verpachtet werden muss, weil der Unternehmeroder die Unternehmerin aus gesundheitlichen Gründen aufgeben muss und einedefinitive Nachfolgelösung innerhalb der Familie oder mit nahestehenden Personennoch nicht möglich ist. Als vorübergehend wird jede Vermietung oder Verpachtungbetrachtet, die auf maximal zwei Jahre abgeschlossen worden ist.

Die mit der Unternehmenssteuerreform II neu eingeführte Regelung sieht vor, dassdie Verpachtung eines Geschäftsbetriebs erst dann als Überführung ins Privatver-mögen gilt, wenn die steuerpflichtige Person einen entsprechenden Antrag stellt.Bis dahin werden die stillen Reserven nicht realisiert, und es ist lediglich der erzieltePachtzins als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit zu versteuern. Ver-langt die steuerpflichtige Person die Abrechnung, werden die stillen Reserven aufdem beweglichen Anlagevermögen und die wiedereingebrachten Abschreibungenbesteuert. Sind die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, kommt der mildereSteuersatz für Liquidationsgewinne nach Artikel 43a neu StG zur Anwendung.

Der Wertzuwachsgewinn auf den überführten Liegenschaften wird erst besteuert,wenn es zu einer tatsächlichen Veräusserung der Liegenschaft kommt (monistischesSystem).

Die Bestimmung entspricht Artikel 18a Absatz 2 DBG und Artikel 8 Absatz 2ter StHG.Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

Absatz 2 (Unternehmenssteuerreform II: Aufschubtatbestand bei Fortfüh-rung des Geschäftsbetriebes durch Hinterbliebene)

Die Abrechnung über die im Geschäftsbetrieb der Erblasserin oder des Erblassersvorhandenen stillen Reserven wird aufgeschoben, sofern die Hinterbliebenen denGeschäftsbetrieb zu den bisherigen Einkommenssteuerwerten fortführen und damitdie latente Steuerlast übernehmen. Führen nicht alle Erbinnen und Erben ge-meinsam das Unternehmen weiter, haben die Übernehmenden den Austretendenderen rechnerische Anteile an der Unternehmung abzukaufen. Sind im Nachlass –ausser der Unternehmung – keine weiteren Vermögenswerte enthalten, kann dies inder Praxis zu Liquiditätsproblemen beim übernehmenden Erben führen. Die Liquidi-tätsprobleme können entschärft werden, wenn es im Zeitpunkt der Erbteilung nichtzu einer Besteuerung der stillen Reserven kommt. Indem der Übernehmende dielatente Steuerlast übernimmt, reduziert sich die von ihm geschuldete Entschädigungder ausscheidenden Erben.

Die Bestimmung entspricht Artikel 18a Absatz 3 DBG und Artikel 8 Absatz 2quater

StHG. Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

Beispiel:

Sachverhalt:

A, B, C und D erben die Einzelfirma ihres Vaters. Die Bilanz sieht wie folgt aus:

Buchwert(TCHF)

Stille Reserven(TCHF)

(TCHF)

Aktiven 1000 600 1600

Total Aktiven 1000 600 1600

Fremdkapital 800 800

Eigenkapital 200 600 800

Total Passiven 1000 600 1600

Die stillen Reserven betragen, wie aus der Tabelle ersichtlich, 600. Der Wert derUnternehmung bei dieser Ausgangslage beträgt demnach zuzüglich 200 Eigenkapi-tal 800 (200 plus 600 stille Reserven).

Situation unter geltendem Recht:

Übernimmt A die Unternehmung, schuldet er B, C und D je 200, d.h. insgesamt 600.B, C und D realisieren damit ihren Anteil an den stillen Reserven von je ¼von 600 =150. Bei einem Steuersatz von 33 Prozent ergibt das für jeden eine Steuer von 50.Dadurch, dass die Steuern unmittelbar fällig werden, erhöht sich – unnötigerweise –der Kaufpreis für A.

Situation unter neuem Recht:

Übernimmt A die Unternehmung mit Aufschub der Besteuerung der stillen Reser-ven, schuldet er B, C und D nur je 150. Begründung: B, C und D schulden weder imRahmen der Erbteilung noch zu einem späteren Zeitpunkt Steuern auf den stillenReserven. Sie erhalten deshalb nur den Nettobetrag von je 150 ausbezahlt. DerKaufpreis beträgt insgesamt nur 450. Dafür übernimmt A die latente Steuerlast (von150) auf den stillen Reserven von 450.

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7.1.5 Artikel 24 (Unternehmenssteuerreform II: Einführung des Kapitaleinlageprin-zips)

Absatz 1:

Vorbehalten bleibt der neue Absatz 3 (vgl. dortige Erwägungen).

Die Bestimmung entspricht Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe c DBG. Die Umsetzung imkantonalen Recht ist zwingend.

Absatz 3 neu:

Für das Privatvermögen beruhte das Steuersystem des Bundes und der Kantonebisher auf dem sog. Nennwertprinzip. Aufgrund dieses Prinzips ist nur die Rück-zahlung von Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft oder Genossen-schaft (sog. Nennwertkapital) steuerfrei. Die Rückzahlung von Agio (Mittel, welchedie Anteilseigner zu einem früheren Zeitpunkt selbst eingebracht haben) wurdedagegen bisher gleich besteuert wie die Ausschüttung von Gewinnen (Dividenden).Das wurde schon seit Längerem als sachwidrig anerkannt, denn es handelt sich umeine ertragsunabhängige Substanzsteuer.

Mit der Einführung des Kapitaleinlageprinzips werden die von Beteiligungsinha-bern geleisteten Einlagen, Aufgelder und Zuschüsse bei Rückzahlung an den Inves-tor gleich behandelt wie die Rückzahlung von Grund- oder Stammkapital und blei-ben somit steuerfrei. Die Einführung des Kapitaleinlageprinzips drängt sich auchdeshalb auf, weil die angelsächsischen und die meisten europäischen Länder diesesPrinzip bereits anwenden.

Die Bestimmung entspricht Artikel 20 Absatz 3 DBG und Artikel 7b StHG. Die Umset-zung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.1.6 Artikel 25 (Vorzugsmietzins und Eigenmietwert von Ferienwohnungen)

Vorzugsmietzins: Die bernische Praxis, wonach die Überlassung einer Liegen-schaft zu Vorzugskonditionen der Selbstnutzung einer Liegenschaft gleichgestelltwird, soll in Artikel 25 StG verankert werden. Wer freiwillig ganz oder teilweiseauf Mietzins verzichtet, verfügt auf diese Weise über den Nutzen aus der Liegen-schaft und muss diesen Nutzen als Einkommen versteuern. Die bernische Praxiswird von der herrschenden Lehre gestützt (vgl. Peter Locher, Kommentar zum DBG,N 22 zu Art. 21 DBG).

Nach Auffassung des Bundesgerichts ist bei der Überlassung einer Liegenschaft zuVorzugskonditionen eine Besteuerung des Eigenmietwertes nur zulässig, wenn eineSteuerumgehung vorliegt oder wenn das kantonale Recht die Besteuerung aus-drücklich vorsieht. Eine entsprechende Regel ist in den Steuergesetzen einiger Kan-tone vorgesehen (Steuergesetze der Kantone TG, OW, NW, AR, AI, SG, GR, JU). DasBundesgericht hat in einem jüngeren Entscheid festgehalten, dass solche Regelun-gen mit dem Steuerharmonisierungsgesetz vereinbar sind. «Als spezielle gesetzge-berische Massnahme, die aufgrund und im Rahmen des dem Kanton belassenenGestaltungsspielraums getroffen wurde, dient sie dazu, eine sachlich richtige Be-

steuerung herbeizuführen und so ein Unterlaufen der Eigenmietwertbesteuerung zuverhindern» (BGE 2C_188/2007 vom 26. Juni 2008, Erwägung 2.3).

Die bernischen Steuerjustizbehörden haben der bestehenden bernischen Praxis imJahr 2007 bzw. 2008 eine Absage erteilt, weil die dafür erforderliche gesetzlicheGrundlage fehle (Die neue Steuerpraxis, März/April 2009, S. 45 ff.). Um diese Praxisgesetzlich abzusichern, soll Artikel 25 StG nach dem Vorbild des Kantons Thurgaumit der Regel ergänzt werden, dass die unterpreisliche Vermietung an eine nahe-stehende Person dem Eigengebrauch gleichgestellt ist.

Eigenmietwert von Ferienwohnungen: Unter dem Blickwinkel der Wohneigen-tumsförderung ist es nicht richtig, Ferienwohnungen in gleichem Mass zu fördernwie selbst genutztes Wohneigentum. Der Eigenmietwert dürfte deshalb bei Ferien-wohnungen höher liegen als bei Liegenschaften, die am Wohnsitz genutzt werden.Neu soll deshalb der bernische Eigenmietwert nur noch bei Liegenschaften zumTragen kommen, die am Wohnsitz genutzt werden. Bei den übrigen Liegenschaftenkommt neu der für die direkte Bundessteuer massgebliche Eigenmietwert zur An-wendung (ca. 70 Prozent statt 60 Prozent des Marktmietwertes, vgl. hierzu Zif-fer 3.3.2.).

7.1.7 Artikel 29 (Kapitalzahlungen bei Stellenwechsel)

Artikel 29 StG zählt die steuerfreien Einkünfte auf. Dazu zählen nach Buchstabe cdieser Bestimmung auch die Kapitalzahlungen, die bei Stellenwechsel vom Arbeit-geber oder von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge ausgerichtet werden, wennsie innert Jahresfrist zum Einkauf in eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge ver-wendet werden.

Die Bestimmung sieht in ihrer heutigen Fassung weiter vor, dass solche Kapitalzah-lungen auch steuerfrei sind, wenn sie innert Jahresfrist zum Erwerb einer Freizü-gigkeitspolice bzw. eines Freizügigkeitskontos verwendet werden. Das istjedoch nicht zulässig. Gestützt auf das Freizügigkeitsgesetz23) dürfen Überweisungenan Freizügigkeitseinrichtungen immer nur direkt von Pensionskassen oder anderenFreizügigkeitseinrichtungen erfolgen (Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 i.V.m. Art. 10 undArt. 12 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung24)).

Freizügigkeitskonten und Freizügigkeitspolicen sind ausschliesslich für Austritts- undFreizügigkeitsleistungen aus der 2. Säule vorgesehen, nicht jedoch für Kapitalabfin-dungen, die den Arbeitnehmenden bei Stellenwechsel ausbezahlt werden. Die demFreizügigkeitsgesetz widersprechende Bestimmung ist ungültig und des-halb anzupassen. Andere Kantone haben die entsprechenden Bestimmungen eben-falls angepasst (beispielsweise SG25)). Die Anpassung dient der Klarstellung der un-

23) Bundesgesetz vom 17. Dezember 1993 über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-,Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG; SR 831.42)

24) Verordnung vom 3. Oktober 1994 über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinter-lassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsverordnung, FZV; SR 831.425).

25) Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe d des St. Galler Steuergesetzes; sGS 811.1

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bestrittenen Praxis (vgl. auch Kreisschreiben Nr. 1 der Eidgenössischen Steuerver-waltung vom 3. Oktober 2002, Ziffer 3.4). Dass der gleiche gesetzgeberische Fehlerin Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe e StHG und Artikel 24 Buchstabe c DBG noch nichtkorrigiert wurde, spricht nicht gegen eine Anpassung der klarerweise ungültigenBestimmung.

7.1.8 Artikel 38 (Unternehmenssteuerreform II: Private Schuldzinsen)

Der in Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe a StG enthaltene Gesetzesverweis wurde aufden per 1. Januar 2008 neu geschaffenen Artikel 24a StG (Erlöse aus Transponie-rung und Teilliquidation) erweitert.

Die Bestimmung entspricht Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe a DBG und Artikel 9 Ab-satz 2 Buchstabe a StHG. Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.1.9 Artikel 42 (Ausgleich der kalten Progression)

Zum Ausgleich der kalten Progression (Motion 229/2008, vgl. die Ausführungen inZiffer 5.3 vorne) wird der Tarif in Artikel 42 angepasst.

7.1.10 Artikel 43a neu (Unternehmenssteuerreform II: Liquidationsgewinne)

Nach geltendem Recht werden die ersten CHF 250 000 des Liquidationsgewinnszum Tarif für Kapitalleistungen aus Vorsorge besteuert, wenn eine steuerpflichtigePerson die selbstständige Erwerbstätigkeit wegen Invalidität oder nach vollendetem55. Altersjahr endgültig aufgibt, sowie nach einem Todesfall, wenn der überlebendeEhegatte oder die Nachkommen das geerbte Geschäft innert zwei Jahren seit demTodesfall veräussern.

Diesen Grundgedanken hat die Unternehmenssteuerreform II sinngemäss aufge-nommen. Für die direkte Bundessteuer und die Kantons- und Gemeindesteuern istverbindlich vorgesehen, dass bei definitiver Aufgabe der selbstständigen Erwerbstä-tigkeit nach dem vollendeten 55. Altersjahr oder wegen Unfähigkeit zur Weiterfüh-rung infolge Invalidität der gesamte Liquidationsgewinn («Summe der in denletzten zwei Jahren realisierten stillen Reserven») einer separaten Besteuerung zueinem reduzierten Tarif zuzuführen ist.

Bei der direkten Bundessteuer kommt der für einen Fünftel des Liquidationsge-winnes massgebliche Steuersatz, mindestens zwei Prozent, zur Anwendung. Dasentspricht dem Steuersatz für Kapitalleistungen anstelle wiederkehrender Leistun-gen für fünf Jahre. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Liquida-tionsgewinn während einer längeren Periode erarbeitet wurde. Wird der währendJahren erarbeitete Gewinn gesamthaft der ordentlichen Besteuerung zugeführt,kommt es wegen der progressiven Wirkung der Tarife zu einer sachlich nicht ge-rechtfertigten Überbesteuerung. Indem für die Satzbestimmung auf einen Fünfteldes Liquidationsgewinnes abgestellt wird, wird die steuerpflichtige Person so ge-stellt, wie wenn sie den Liquidationsgewinn gleichmässig während fünf Jahrenbezogen hätte.

Die Kantone sind in der Bestimmung des anwendbaren Steuersatzes frei. AusGründen der vertikalen Harmonisierung mit der direkten Bundessteuer scheint esaber richtig, die gleichen Überlegungen zu berücksichtigen und für den Steuersatzebenfalls nur einen Fünftel des Liquidationsgewinnes zu berücksichtigen (vgl. An-wendungsbeispiel unten). Anders als bei der direkten Bundessteuer braucht es beimKanton keinen Mindestsatz, da die Steuer nach Artikel 42 StG immer höher ist alsjene nach Artikel 44 StG.

Artikel 37b DBG, Artikel 11 Absatz 5 StHG und nunmehr Artikel 43a StG sehen weitervor, dass die im Rahmen der Bundesgesetzgebung gleichzeitig geleisteten einmali-gen Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus Einrichtungen der beruflichenVorsorge («Einkauf») zum Abzug zugelassen werden. Der steuerbare Liquida-tionsgewinn reduziert sich in diesem Umfang. Solche Einkäufe sind möglich, wennsich Selbstständigerwerbende freiwillig anschliessen und eine entsprechende De-ckungslücke besteht. Werden keine solchen Einkäufe vorgenommen, wird dieSteuer im Umfang der «fiktiven Deckungslücke» zum Tarif für Kapitalleistungen ausVorsorge nach Artikel 44 StG erhoben. Die steuerpflichtige Person wird so gestellt,wie wenn sie den Einkauf vorgenommen und unmittelbar im Anschluss die Kapital-leistung aus Vorsorge bezogen hätte.

Durch den Einbezug der realisierten stillen Reserven der letzten zwei Geschäftsjahrewird ein gesetzlicher Revisionsgrund statuiert. Wie bei der direkten Bundessteuergilt sodann die mildere Satzbestimmung auch für die überlebenden Ehegatten, dieanderen Erbinnen und Erben sowie die Vermächtnisnehmerinnen und Vermächtnis-nehmer, sofern sie innert fünf Kalenderjahren nach Ablauf des Todesjahres derErblasserin oder des Erblassers die übernommene Unternehmung liquidieren.

Zur Besteuerung der Liquidationsgewinne bei definitiver Aufgabe der selbstständi-gen Erwerbstätigkeit wird der Bundesrat eine Vollzugsverordnung erlassen.

Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

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Anwendungsbeispiel zu Artikel 43a neu:

Liquidationsgewinn: CHF 1 000 000; «fiktive Vorsorge-Deckungslücke»: CHF 400 000.

Ehepaar, ev.-ref., Stadt Bern, Tarif 2009

Kantons-, Gemeindesteuern und Kirchensteuern:

CHF Massgeblicher Steuer-

satz

Steuersatz

%

Steuer

CHF

Liquidationsgewinn(abzüglich fiktiveDeckungslücke)

600 000 Ordentlicher Tariffür EinkommenCHF 120 000 (Art. 42i.V.m. Art. 43a StG)

(ohne Divisiondurch 5)

20,1177

(27,9841)

120 706

(167 905)

fiktive Deckungs-lücke

400 000 Vorsorgetarif(Art. 44 StG)

6,9353 27 741

Total 1 000 000 14.8447 148 447

Total (ohne Divisiondurch 5)

1 000 000 (19,5646) (195 646)

Direkte Bundessteuer:

CHF Massgeblicher

Steuersatz

Steuersatz

%

Steuer

CHF

Liquidationsgewinn(abzüglich fiktiveDeckungslücke)

600 000 Ordentlicher Tariffür Einkommenvon CHF 120 000(Art. 214 DBG)

2,9333 17 600

fiktive Deckungs-lücke

400 000 Vorsorgetarif (Art. 38i.V.m. Art. 36 DBG)

2,0180 8 072

Total 1 000 000 2,5672 25 672

7.1.11 Artikel 44 (Ausgleich der kalten Progression)

Zum Ausgleich der kalten Progression (Motion 229/2008, vgl. die Ausführungenvorne in Ziffer 5.3) wird der Tarif in Artikel 44 StG angepasst.

Die bisherige Privilegierung der Liquidationsgewinne, wenn eine steuerpflichtigePerson die selbstständige Erwerbstätigkeit wegen Invalidität oder nach vollendetem55. Altersjahr endgültig aufgibt, sowie nach einem Todesfall, wenn der überlebendeEhegatte oder die Nachkommen das geerbte Geschäft innert zwei Jahren seit demTodesfall veräussern, macht der Neuregelung in Artikel 43a neu StG Platz.

7.1.12 Artikel 49 (Bewertung von Wertpapieren des Privatvermögens)

Das geltende Recht sieht in Artikel 49 Absatz 2 StG für Wertpapiere des Privatver-mögens ohne regelmässige Kursnotierung eine Bewertung nach dem inneren Wertvor. Für die Beteiligungen an Immobilien-, Finanzierungs-, Vermögensverwaltungs-und Holdinggesellschaften ist eine Bewertung zum Substanzwert vorgesehen. DieseRegel erweist sich in der Praxis als zu starr. Sie stammt ursprünglich aus der Weg-leitung zur Bewertung von nicht kotierten Wertpapieren. Auch in den Steuergeset-zen anderer Kantone sind keine vergleichbar starren Normen zu finden. Die Formu-lierung ist deshalb ersatzlos zu streichen, sodass die allgemeinen Grundsätzeauch bei diesen Gesellschaften zur Anwendung kommen.

7.1.13 Artikel 51 (Unternehmenssteuerreform II: Geschäftliche Wertschriften)

Nach geltendem Recht sind Wertschriften des Geschäftsvermögens zum Ver-kehrswert zu bewerten. Die Unternehmenssteuerreform II sieht vor, dass Wert-schriften des Geschäftsvermögens neu dem Buchwertprinzip folgen. Das bewirkteine Entlastung bei der Vermögenssteuer und bedeutet beim Ausfüllen der Steuer-erklärung eine administrative Erleichterung.

Die Bestimmung entspricht Artikel 14 Absatz 3 StHG. Die Umsetzung im kantonalenRecht ist zwingend.

7.2 Gewinn- und Kapitalsteuern juristischer Personen

7.2.1 Artikel 83 (Gaststaatgesetz)

Für die Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen der begünstigten Personenwird neu auf das Gaststaatgesetz verwiesen.

Die Bestimmung entspricht Artikel 56 Buchstabe i DBG und Artikel 23 Absatz 1Buchstabe h StHG. Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.2.2 Artikel 89 (Unternehmenssteuerreform II: Ersatzbeschaffung von Beteiligun-gen)

Seit der Steuergesetzrevision vom 23. November 2005 (Umsetzung steuerrechtlicherBestimmungen des Fusionsgesetzes26)) können beim Ersatz von Beteiligungen stilleReserven auf eine neue Beteiligung übertragen werden, sofern die veräusserte Be-teiligung mindestens 20 Prozent des Grund- oder Stammkapitals der anderen Ge-sellschaft ausmacht und als solche während mindestens eines Jahres im Besitz derKapitalgesellschaft oder Genossenschaft war. Mit Rücksicht auf die vorgeschlageneHerabsetzung der Beteiligungsquote für die Erlangung des Beteiligungsabzugs (vgl.unten Ziffer 7.2.5) muss beim Ersatz von Beteiligungen die veräusserte Beteiligungneu ebenfalls mindestens 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals oder min-

26) Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögens-übertragung (Fusionsgesetz, FusG; SR 221.301)

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destens 10 Prozent des Gewinns und der Reserven der anderen Gesellschaft betra-gen und diese Beteiligung während mindestens eines Jahres im Besitz der Kapital-gesellschaft oder Genossenschaft gewesen sein.

Die Bestimmung entspricht Artikel 64 Absatz 1bis DBG und Artikel 24 Absatz 4bis StHG.Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.2.3 Artikel 91 (Unternehmenssteuerreform II: Wertberichtigungen und Abschrei-bungen)

Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Beteiligungsabzugs auf Beteiligungenvon 10 Prozent (Art. 97 Abs. 4 Bst. b StG) ist Artikel 91 Absatz 4 StG anzupassen.Was in diesem Absatz bezüglich der allfälligen Zurechnung von Abschreibungenund Auflösung von Wertberichtigungen steht, gilt nicht mehr für Quoten von20 Prozent, sondern bereits für Quoten von 10 Prozent und tiefere Restquoten mitmindestens einem Verkehrswert von CHF 1 Million.

Die Bestimmung entspricht Artikel 62 Absatz 4 DBG und Artikel 28 Absatz 1ter StHG.Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.2.4 Artikel 95 (Proportionaler Gewinnsteuertarif)

Die Gewinnsteuer wurde bisher mit einem dreistufigen Gewinnsteuertarif ermittelt.Auf den ersten 20 Prozent des steuerbaren Reingewinnes, mindestens CHF 10 000,hat der Steuersatz für die einfache Steuer 1.55 Prozent betragen, auf den nächstenCHF 50 000 betrug der Steuersatz 3,1 Prozent und auf dem übrigen Reingewinn lagder Steuersatz bei 4,6 Prozent.

Neu beträgt der Steuersatz für den gesamten steuerbaren Reingewinn von Kapital-gesellschaften und Genossenschaften einheitlich 3,5 Prozent. Der Gewinnsteuertarifist damit proportional ausgestaltet.

Die einfache Steuer der Vereine, Stiftungen und übrigen juristischen Personen be-trägt wie bisher 2,0 Prozent des Reingewinnes (Art. 100 Abs. 1 StG).

7.2.5 Artikel 96 (Unternehmenssteuerreform II: Beteiligungsabzug)

Nach geltendem Recht werden Dividenden über den Beteiligungsabzug freigestellt,wenn eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eine Beteiligung von mindes-tens 20 Prozent oder CHF 2 Millionen hält. Der Beteiligungsabzug wird neu bereitsgewährt, wenn die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eine Beteiligung vonmindestens 10 Prozent hält (Bst. a) oder einem Verkehrswert von CHF 1 Million(Bst. c) entspricht. Der Beteiligungsabzug wird in seiner Wirkung dadurch verbes-sert.

Neu können auch Anteilsrechte wie Genussscheine vom Beteiligungsabzug profi-tieren, wenn ein Anrecht auf mindestens 10 Prozent des Gewinnes aus solchen Be-teiligungen besteht (Bst. b).

Die Bestimmung entspricht Artikel 69 DBG und Artikel 28 Absatz 1 StHG. Die Umset-zung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.2.6 Artikel 97 (Unternehmenssteuerreform II: Kapital- und Buchgewinne auf Be-teiligungen)

Nach geltendem Recht werden Veräusserungsgewinne auf Beteiligungen über denBeteiligungsabzug freigestellt, wenn eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschafteine Beteiligung von mindestens 20 Prozent während mehr als einem Jahr gehaltenhat. Der Beteiligungsabzug wird neu bereits gewährt, wenn die Kapitalgesellschaftoder Genossenschaft eine Beteiligung von mindestens 10 Prozent hält. Das Erfor-dernis der einjährigen Haltedauer besteht weiterhin.

Die Bestimmung präzisiert neu, dass in denjenigen Fällen, wo die Beteiligungsquoteinfolge Teilveräusserung unter 10 Prozent sinkt, die Ermässigung für folgende Ver-äusserungsgewinne nur zulässig ist, wenn die Beteiligungsrechte am Ende desSteuerjahres vor dem Verkauf einen Verkehrswert von mindestens CHF 1 Millionhatten.

Anteilsrechte wie Genussscheine berechtigen neu ebenfalls zum Beteiligungsab-zug, wenn ein Anrecht auf mindestens 10 Prozent des Gewinnes aus solchen Betei-ligungen besteht.

Die Gewährung des Beteiligungsabzugs auf Veräusserungsgewinnen ist den Kanto-nen an sich nicht verbindlich vorgeschrieben (vgl. Art. 28 Abs. 1bis StHG in der bisEnde 2008 gültigen Fassung: «Die Kantone können die Ermässigung auf Kapitalge-winne aus Beteiligungen [...] ausdehnen»). Die Gewährung des Beteiligungsabzugsauf Veräusserungsgewinnen ist im Interesse der vertikalen Harmonisierung mit demDBG (Art. 70 Abs. 4 DBG) sinnvoll, und der Kanton Bern hat eine entsprechendeBestimmung im Rahmen der Totalrevision 2001 eingeführt (Art. 97 Abs. 4 StG). DieVoraussetzungen für den Beteiligungsabzug sind im StHG verbindlich geregelt. DieLockerung der Voraussetzungen für den Beteiligungsabzug im Rahmen der Unter-nehmenssteuerreform II und die gleichzeitige Ausdehnung auf Anteilsrechte (Art. 28Abs. 1bis StHG in der ab 2009 gültigen Fassung) ist für Kantone mit einem bestehen-den Beteiligungsabzug auf Veräusserungsgewinnen (wie im Kanton Bern) zwin-gend.

Die Bestimmung entspricht Artikel 70 Absatz 4 Buchstabe b DBG und Artikel 28Absatz 1bis StHG. Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.2.7 Artikel 106 (Anrechnung Gewinnsteuer an Kapitalsteuer)

Die Gewinnsteuer wird neu an die Kapitalsteuer angerechnet. In den Fällen, wo eineGewinnsteuer geschuldet ist, verringert sich die Kapitalsteuer im gleichen Umfang.Wo die Gewinnsteuer die Kapitalsteuer übersteigt, reduziert sich die Kapitalsteuerauf null. Die folgenden Beispiele veranschaulichen den Mechanismus:

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Tabelle 11

Kapitalsteuer VOR Anrechnung Gewinnsteuer Kapitalsteuer NACH Anrechnung

10 000 20 000 0

10 000 10 000 0

10 000 5 000 5 000

10 000 0 10 000

Bei Holding- und Domizilgesellschaften findet keine Anrechnung der Gewinnsteueran die Kapitalsteuer statt. Holding- und Domizilgesellschaften sind teilweise von derGewinnsteuer befreit und schulden dafür eine besondere Kapitalsteuer. Eine An-rechnung der Gewinnsteuer an diese besondere Kapitalsteuer ist nicht angezeigt.

7.3 Quellensteuer für natürliche und juristische Personen

7.3.1 Artikel 112 (Wechsel zur ordentlichen Besteuerung)

Artikel 112 Absatz 3 StG zählt die Gründe auf, die dazu führen, dass eine bisher ander Quelle besteuerte Person zwingend in das ordentliche Veranlagungsverfahrenaufgenommen wird. Der Übertritt in die ordentliche Veranlagung wird jeweils rück-wirkend auf den 1. Januar des Jahres vorgenommen. Die im betreffenden Jahr be-reits erhobene Quellensteuer wird hierbei an die im ordentlichen Verfahren geschul-deten Kantons- und Gemeindesteuern sowie die direkte Bundessteuer angerechnet.

In Artikel 112 Absatz 3 StG wird neu präzisiert, dass die erhobene Quellensteuerohne Anrechnung eines Vergütungszinses angerechnet wird. Dies ist sachlichgerechtfertigt, da die an der Quelle erhobenen Steuerbeträge gleich zu behandelnsind wie die im ordentlichen Verfahren im laufenden Steuerjahr mit Ratenrechnun-gen eingeforderten Steuerbeträge. Die gleiche Regelung kennt bereits Artikel 115Absatz 5 StG für diejenigen Fälle, in denen (auf Antrag der quellenbesteuerten Per-son oder aber von Amtes wegen) eine nachträgliche ordentliche Veranlagungdurchgeführt wird.

Gemäss langjähriger Praxis werden der Quellensteuer unterstellte Personen, die imKanton Bern Grundbesitz erwerben, in die ordentliche Veranlagung übernommen.Diese Praxis, die elf weitere Kantone (AG, BS, FR, GE, JU, LU, OW, SO, SZ, UR undZG) kennen, wird neu gesetzlich geregelt. Sie hat sowohl für die betroffenen Perso-nen als auch für die kantonale Steuerverwaltung Minderaufwand zur Folge.

7.3.2 Artikel 114 (Steuertabellen bei der Quellensteuer)

Bisher sind in den in Artikel 114 Absatz 1 StG genannten Steuertabellen nicht nurdie anwendbaren Prozentsätze, sondern auch die Steuerbeträge separat aufgeführtworden. Neu sollen in den Steuertabellen nur noch die Prozentsätze aufgeführtwerden. Dies hat für Schuldner der steuerbaren Leistung zwar zur Folge, dass sieden jeweiligen Steuerbetrag neu berechnen müssen. Der damit verbundene zusätz-

liche Aufwand ist jedoch gering. Vorteil dieser Änderung ist aber, dass die Quel-lensteuer für alle quellenbesteuerten Personen neu gleich berechnet und damit vonder kantonalen Steuerverwaltung einheitlich auf ihre Richtigkeit hin überprüft wer-den kann.

Diese Änderung hat keine finanziellen Auswirkungen.

7.3.3 Artikel 116 (Tarifkorrekturen bei der Quellensteuer)

Der neu vorgesehene Artikel 116 Absatz 2 StG sieht zur Berücksichtigung spe-zieller Abzüge (insbesondere bei internationalen Wochenaufenthaltern, die An-spruch auf Berücksichtigung höherer Berufskosten als die in den Steuertabelleneingerechnete Pauschale haben) eine durch die kantonale Steuerverwaltung vorzu-nehmende sogenannte Tarifkorrektur vor. Dieses Verfahren ist im Gegensatz zumnachträglichen ordentlichen Verfahren, das nur für im Kanton Bern ansässige Quel-lenbesteuerte gilt, einfacher und weniger aufwendig. Die sogenannte Tarifkorrekturkennen mit wenigen Ausnahmen praktisch alle Kantone. Diese Regelung entsprichtjener in den Artikeln 112 Absatz 3 und 115 Absatz 5 StG.

7.4 Grundstückgewinnsteuer

7.4.1 Artikel 132 (Ersatzbeschaffungen in der Landwirtschaft)

Artikel 132 StG regelt den Steueraufschub bei Ersatzbeschaffungen in der Landwirt-schaft. Im Rahmen der Steuergesetzrevision 2008 wurden Verweise auf sinngemässanwendbare Bestimmungen bei der Ersatzbeschaffung des beweglichen Vermögenseingefügt. Dabei wurde übersehen, dass im Rahmen der Teilrevision vom 23. No-vember 2004 ein neuer Artikel 89 Absatz 2 StG eingefügt wurde und die Nummerie-rung der anderen Absätze daher geändert hat, was nun korrigiert wird.

7.4.2 Artikel 133 (Ersatzbeschaffungen im Geschäftsvermögen)

Artikel 133 StG regelt den Steueraufschub bei Ersatzbeschaffungen im Geschäfts-vermögen. Im Rahmen der Steuergesetzrevision 2008 wurden – wie in Artikel 132 –Verweise auf sinngemäss anwendbare Bestimmungen bei der Ersatzbeschaffungdes beweglichen Vermögens eingefügt. Dabei wurde übersehen, dass im Rahmender Teilrevision vom 23. November 2004 ein neuer Artikel 89 Absatz 2 StG eingefügtwurde und die Nummerierung der anderen Absätze daher geändert hat, was nunkorrigiert wird.

7.5 Verfahren

7.5.1 Artikel 149 (ZPV-Nummer im Steuerregister)

Artikel 149 StG regelt die Aufgaben der kantonalen Steuerverwaltung. Sie betreibt inZusammenarbeit mit den Gemeinden die Steuerregister für natürliche und juristi-sche Personen. Absatz 3 nennt die darin enthaltenen Abgaben. Die bisher geführte

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AHV-Versichertennummer wurde durch die ZPV-Nummer ersetzt27). Die Bestimmungist entsprechend anzupassen.

7.5.2 Artikel 186 (Bescheinigungspflichten im Quellensteuerverfahren)

Die Pflicht zur Ausstellung eines Lohnausweises betrifft nicht nur Personen, die imordentlichen Verfahren besteuert werden, sondern auch quellenbesteuerte Perso-nen. Die bisherige Einschränkung «auf Verlangen» ist somit zu streichen. Anderseitswird die Formulierung «der quellensteuerpflichtigen Person» durch «der quellenbe-steuerten Person» ersetzt und damit die in den Artikeln 112 und 234 StG verwendeteFormulierung übernommen.

7.5.3 Artikel 206 (ordentliches Nachsteuerverfahren)

Mit der Einführung der «vereinfachten Nachbesteuerung der Erben» im neuen Arti-kel 208a StG wird das bisherige Nachsteuerverfahren (Art. 206 StG) zum «ordentli-chen Nachsteuerverfahren». Die Marginalie ist entsprechend anzupassen.

7.5.4 Artikel 208 (Hinweis auf Steuerstrafverfahren)

Wird ein reines Nachsteuerverfahren eingeleitet, wird neu auf die Möglichkeit derspäteren Einleitung eines Steuerstrafverfahrens hingewiesen.

Die Bestimmung entspricht Artikel 153 Absatz 1bis DBG und Artikel 53 Absatz 4 StHG.Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.5.5 Artikel 208a neu (vereinfachte Erbennachbesteuerung)

Nach der heutigen Regelung schulden die Erben bei einer Steuerhinterziehung desErblassers die Nachsteuer inklusive Verzugszins für bis zu zehn Jahre vor dem Toddes Erblassers (Art. 207 Abs. 1 StG). Neu haben die Erben das Recht, eine verein-fachte Nachbesteuerung der durch den Erblasser hinterzogenen Werte zu verlangen,wobei das Recht jedem einzelnen Erben zusteht (Art. 208a Abs. 1 StG). Sind dieentsprechenden Voraussetzungen erfüllt, ist die Nachsteuer mitsamt Verzugszinsnur noch für die letzten drei Jahre vor dem Todesjahr des Erblassers geschuldet(Art. 208a Abs. 2 neu StG).

Die Erben kommen nur dann in den Genuss der vereinfachten Erbennachbesteue-rung, wenn sie ihren Mitwirkungspflichten nachkommen (insbesondere bei derErrichtung eines vollständigen und genauen Nachlassinventars) und die Steuerbe-hörden noch keine Kenntnis von der Hinterziehung hatten (Art. 208a Abs. 1 neuStG).

Die Bestimmung entspricht Artikel 153a DBG und Artikel 53a StHG. Die Umsetzungim kantonalen Recht ist zwingend.

27) Artikel 6 des Gesetzes vom 28. November 2006 über die Harmonisierung amtlicher Regis-ter (RegG; BSG 152.05)

7.5.6 Artikel 214 (Kosten des Inventarverfahrens)

Die anlässlich der Steuergesetzrevision 2001 aufgenommene Norm, wonach derKanton die Kosten trägt, wenn die Erbschaft nicht ausreicht (Art. 214 Abs. 6 Satz 2StG), birgt ein grosses Risiko für Kostenforderungen gegenüber dem Kanton. Denndas Steuerinventar wird ungeachtet des Nettovermögens aufgrund des vorhande-nen Rohvermögens angeordnet. In all jenen Fällen, wo das Nettovermögen kleinerist als die Inventarkosten, können Letztere derzeit gegenüber dem Kanton geltendgemacht werden. Dies war mit der Steuergesetzrevision 2001 aber ausdrücklichnicht beabsichtigt (vgl. die entsprechenden Erläuterungen zu Art. 214 Abs. 6 StG).Vielmehr wollte man im damaligen Recht lediglich Artikel 189 Absatz 3 aStG undArtikel 55 Absatz 1 des früheren Inventardekrets anpassen, welche bestimmten, dassder Kanton die Inventarkosten trage, wenn das Rohvermögen CHF 25 000 nichtübersteige.

Mit der beantragten Änderung von Artikel 214 Absatz 2 StG wird die vor dem Re-gime des Steuergesetzes 2001 geltende Regelung wieder in Kraft gesetzt. Sie siehtvor, dass der Kanton die Kosten trägt, wenn die verstorbene Person und die überle-bende Ehegattin oder der überlebende Ehegatte zusammen nur ein geringes Roh-vermögen besessen haben. Artikel 44 Absatz 1 der Inventarverordnung28) konkreti-siert die in Aussicht genommene Änderung des Steuergesetzes.

7.6 Steuerstrafrecht

7.6.1 Artikel 217 (straflose Selbstanzeige)

Sind die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, so führt die erstmalige Selbstan-zeige einer Steuerhinterziehung zu keiner Busse. Die straflose Selbstanzeige ist nureinmal im Leben möglich. Bei jeder weiteren Anzeige würde die Busse wie bisherein Fünftel der hinterzogenen Steuer betragen (Art. 217 Abs. 4 StG).

Die steuerpflichtige Person hat nur dann Anspruch auf Straflosigkeit, wenn dieSteuerbehörden noch keine Kenntnis von der Hinterziehung hatten und die steuer-pflichtige Person die Steuerbehörden bei der Festsetzung der Nachsteuer vorbehalt-los unterstützt.

Die Bestimmung entspricht Artikel 175 Absätze 3 und 4 DBG und Artikel 56 Ab-satz 1bis und 1ter StHG. Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.6.2 Artikel 219 (straflose Selbstanzeige für Teilnehmende)

Der Anspruch auf eine straflose Selbstanzeige steht auch den Teilnehmenden aneiner Steuerhinterziehung zu. Anstifter, Gehilfen oder Mitwirkende können künftigunter den gleichen Voraussetzungen wie die steuerpflichtige Person von der straflo-sen Selbstanzeige Gebrauch machen.

28) Verordnung vom 18. Oktober 2000 über die Errichtung des Inventars (BSG 214.431.1)

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Die Bestimmung entspricht Artikel 177 Absatz 3 DBG und Artikel 56 Absatz 3bis StHG.Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.6.3 Artikel 220 (straflose Selbstanzeige im Inventarverfahren)

Die straflose Selbstanzeige ist auch für Übertretungen im Inventarverfahren vorge-sehen.

Die Bestimmung entspricht Artikel 178 Absätze 1 und 4 DBG und Artikel 56 Absät-ze 4 und 5 StHG. Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.6.4 Artikel 221 (Steuerhinterziehung durch Ehegatten)

Artikel 221 Absatz 2 StG hält fest, dass Ehegatten nur für die Hinterziehung der eige-nen Steuerfaktoren gebüsst werden. Vorbehalten bleibt die Teilnahme nach Arti-kel 219 StG (Anstiftung, Gehilfenschaft oder sonstige Mitwirkung). Explizit festgehal-ten wird neu, dass die blosse Mitunterzeichnung der Steuererklärung durch Ehegat-ten noch keine strafrechtliche Mittäterschaft darstellt.

Die Bestimmung entspricht Artikel 180 DBG und Artikel 57 Absatz 4 StHG. Die Um-setzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.6.5 Artikel 225 (Gemeinsames Nachsteuer- und Steuerstrafverfahren)

Der bisherige Wortlaut der Bestimmung sieht vor, dass das Steuerstrafverfahren «inder Regel» gemeinsam mit dem Nachsteuerverfahren durchgeführt wird. Dasmacht aus prozessökonomischen Gründen Sinn und liegt im Interesse der steuer-pflichtigen Personen an einer raschen und unbürokratischen Erledigung.

Beruft sich die steuerpflichtige Person auf das ihr (im Hinterziehungsverfahren)zustehende Aussageverweigerungsrecht (vgl. revidierter Art. 226 Abs. 1 StG), kanndie Steuerverwaltung die beiden Verfahren formell trennen und separat zum Ab-schluss führen. Die Bestimmung wird sprachlich angepasst, indem festgehaltenwird, dass die beiden Verfahren gemeinsam durchgeführt werden «können».

Werden die beiden Verfahren separat durchgeführt, gilt Folgendes:

– Im Nachsteuerverfahren sind die Mitwirkungspflichten nach Artikel 208 Absatz 5StG zu beachten, wobei die Mitwirkung auch unter Androhung einer Busse nachArtikel 216 StG oder einer ermessensweisen Festsetzung der Nachsteuer (Art. 174Abs. 2 StG) verlangt werden kann.

– Im Steuerstrafverfahren bestehen keine Mitwirkungspflichten. Die steuerpflichtigePerson kann ihre Mitwirkung verweigern (vgl. Art. 226 Abs. 1 StG). Falls in einemseparat laufenden Nachsteuerverfahren Beweismittel unter Androhung einerBusse oder einer ermessensweisen Veranlagung eingereicht wurden, dürfen die-se Beweismittel im Steuerstrafverfahren nicht berücksichtigt werden (vgl. Art. 227Abs. 4 StG).

7.6.6 Artikel 222a neu (straflose Selbstanzeige bei juristischen Personen)

Die straflose Selbstanzeige ist auch bei juristischen Personen vorgesehen. Sind dieentsprechenden Voraussetzungen erfüllt, führt auch hier die erstmalige Selbstanzei-ge einer Steuerhinterziehung zu keiner Busse. Die straflose Selbstanzeige ist auchhier nur einmalig möglich. Bei jeder weiteren Anzeige würde die Busse wie bisherein Fünftel der hinterzogenen Steuer betragen (Art. 222a Abs. 5 neu StG).

Die juristische Person hat nur dann Anspruch auf Straflosigkeit, wenn die Steuerbe-hörden noch keine Kenntnis von der Hinterziehung hatten und die juristische Persondie Steuerbehörden vorbehaltlos unterstützt (Art. 222a Abs. 1 neu StG). Die Selbst-anzeige muss von den Organen oder den Vertretern der juristischen Person einge-reicht werden, die selber ebenfalls straffrei bleiben (Art. 222a Abs. 3 neu StG). Zu-lässig ist auch die Strafanzeige ehemaliger Organe und Vertreter (Art. 222a Abs. 4neu StG).

Die Bestimmung entspricht Artikel 181a DBG und Artikel 57a StHG. Die Umsetzungim kantonalen Recht ist zwingend.

7.6.7 Artikel 223 (straflose Selbstanzeige bei Steuerbetrug)

Wer zum Zwecke einer Steuerhinterziehung gefälschte, verfälschte oder inhaltlichunwahre Urkunden zur Täuschung gebraucht, wird wegen Steuerbetrugs bestraft(Art. 223 Abs. 1 StG). Liegt bezüglich der Steuerhinterziehung eine straflose Selbst-anzeige vor, wird auf die Erhebung der Busse wegen Steuerbetrugs verzichtet.

Die Bestimmung entspricht Artikel 186 Absatz 3 DBG und Artikel 59 Absatz 2bis StHG.Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.6.8 Artikel 224 (straflose Selbstanzeige bei Veruntreuung von Quellensteuern)

Die straflose Selbstanzeige ist auch für die Veruntreuung von Quellensteuern vorge-sehen.

Die Bestimmung entspricht Artikel 187 Absatz 2 DBG und Artikel 59 Absatz 2ter StHG.Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.6.9 Artikel 225 (Parteistellung bei Steuerbetrug)

Die Bestimmung sieht (wie bisher) vor, dass Strafverfahren wegen Steuerbetrugund Veruntreuung von Quellensteuern gerichtlich beurteilt werden. Das Verfahrenrichtet sich aber (voraussichtlich) ab dem 1. Januar 2011 nicht mehr nach dem ber-nischen Gesetz über das Strafverfahren (StrV; BSG 321.1), sondern nach derSchweizerischen Strafprozessordnung (Strafprozessordnung, StPO). Die Strafpro-zessordnung wurde am 5. Oktober 2007 beschlossen (BBl 2007, 697729)). Voraussicht-lich wird die Schweizerische Strafprozessordnung im Jahr 2011 in Kraft treten.

29) http://www.admin.ch/ch/d/ff/2007/6977.pdf

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Gemäss Artikel 188 Absatz 2 DBG sowie Artikel 61 StHG sind die Kantone befugt, dieParteistellung der Steuerverwaltung im Steuerbetrugsverfahren vorzusehen. Diesinngemäss gleiche Ermächtigung enthält Artikel 104 Absatz 2 StPO. Mit einer ent-sprechenden Ergänzung des Artikels 225 StG wird die Parteistellung der kantonalenSteuerverwaltung gesetzlich verankert.

Die Parteistellung der kantonalen Steuerverwaltung war bis zum 1. Januar 2008noch in Artikel 228 StG vorgesehen. Weil mit der Aufhebung der gerichtlichen Beur-teilung für Steuerhinterziehung, Verletzung von Verfahrenspflichten und Übertre-tungen im Inventarverfahren der damalige Artikel 228 StG aufgehoben wurde, fehlteseither eine Bestimmung, welche die Parteistellung der kantonalen Steuerverwal-tung im gerichtlichen Verfahren vorsieht.

7.6.10 Artikel 226 (Aussageverweigerungsrecht im Steuerstrafverfahren)

Artikel 226 StG sieht vor, dass die Einleitung eines Strafverfahrens der steuerpflich-tigen Person schriftlich mitgeteilt wird. Neu wird bei der Einleitung des Strafverfah-rens ausserdem explizit auf das Aussageverweigerungsrecht hingewiesen.

Die Bestimmung entspricht Artikel 183 Absatz 1 DBG und Artikel 57a Absatz 1 StHG.Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.6.11 Artikel 227 (Beweisverwertungsverbot)

Artikel 227 Absatz 3 StG regelt das rechtliche Gehör im Steuerstrafverfahren. DieBestimmung sieht vor, dass der betroffenen Person vor Erlass der StrafverfügungGelegenheit zu geben ist, sich zu den erhobenen Anschuldigungen zu äussern.

Artikel 227 Absatz 4 StG enthält ein Beweisverwertungsverbot im Steuerstrafverfah-ren. Wird (ausnahmsweise) ein Nachsteuerverfahren separat durchgeführt, können –für die Zwecke des Nachsteuerverfahrens – eine Busse und die Veranlagung nachErmessen angedroht werden. Die für die Zwecke des Nachsteuerverfahrens auf dieseArt beschafften Beweismittel dürfen für die Festsetzung der Busse nicht verwendetwerden. Organisatorische Massnahmen (wie z.B. die Durchführung des Steuerstraf-verfahrens vor dem Nachsteuerverfahren, die personelle Trennung der Verfahrenetc.) unterstützen die Einhaltung des Beweisverwertungsverbots.

Die Bestimmung entspricht Artikel 183 Absätze 1 und 1bis DBG und Artikel 57a Ab-satz 2 StHG. Die Umsetzung im kantonalen Recht ist zwingend.

7.7 Bezug, Sicherung und Erlass

7.7.1 Artikel 233 (Haftungsverfügung)

Die den Ehegatten im Jahr der Scheidung oder Trennung gemeinsam in Rechnunggestellten und bezahlten Beträge werden entsprechend der Haftungsquote nachArtikel 15 Absatz 2 StG auf die Ehegatten aufgeteilt, wenn diese nicht gemeinsamrechtzeitig einen anderen Antrag stellen. Dabei wird der Anteil jedes Ehegatten durchVerfügung festgesetzt. Die Verfügung unterliegt den gleichen Rechtsmitteln wie eineVeranlagungsverfügung. Das wird in Artikel 233 StG präzisierend festgehalten.

7.7.2 Artikel 235 (Bezugsverfügung)

Die in der Schlussabrechnung ausgewiesene Forderung stellt eine separat anfecht-bare Bezugsverfügung dar (vgl. Entscheide der Steuerrekurskommission vom9. Dezember 2008 i.S. D.M. und R.A.). Aus Gründen der Rechtssicherheit wird diesim Gesetz zum Ausdruck gebracht.

7.7.3 Artikel 237 (Verzugszinspflicht)

Im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer und in zahlreichen kantonalenSteuergesetzen ist eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Verzugszinsenwährend der Dauer von Zahlungserleichterungen enthalten. Entsprechend der bis-herigen bernischen Praxis soll deshalb im Steuergesetz neu explizit festgehaltenwerden, dass die Verzugszinspflicht weder durch das Ergreifen eines Rechtsmittelsnoch durch die Gewährung einer Zahlungserleichterung berührt wird.

7.7.4 Artikel 240a neu (Zweck des Steuererlasses)

Artikel 240a StG umschreibt den Zweck des Steuererlasses und bezeichnet diemassgeblichen Beurteilungsgrundlagen. Der Steuererlass soll zu einer langfristigenund dauernden Sanierung der wirtschaftlichen Lage der steuerpflichtigen Personbeitragen. Für den Entscheid sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse dersteuerpflichtigen Person im Zeitpunkt des Entscheides unter Berücksichtigung derZukunftsaussichten massgebend. Die Bestimmung entspricht inhaltlich den Arti-keln 34 bis 36 BEZV.

7.7.5 Artikel 240b neu (Erlassgründe)

Artikel 240b StG bezeichnet die typischen Konstellationen, welche zu einem Steuer-erlass berechtigen. Sie entsprechen den in Artikel 42 BEZV aufgeführten Tatbestän-den. Dass beim Erlass von Grundstückgewinn-, Erbschafts- und Schenkungssteuernsowie bei Liquidationsgewinnsteuern höhere Anforderungen gestellt werden, ergibtsich aus Artikel 43 BEZV.

7.7.6 Artikel 240c neu (Ausschlussgründe)

Artikel 240c StG nennt die Fälle, in welchen der Steuererlass nicht oder nur teilweisegewährt werden kann. Die Ausschlussgründe entsprechen Artikel 45 ff. der BEZVund führen die bestehende Praxis weiter. Absatz 2 sieht u.a. vor, dass nach Zustel-lung eines Zahlungsbefehls auf ein Erlassgesuch nicht mehr eingetreten wird, wäh-rend Artikel 46 Absatz 2 BEZV dies erst für den Fall der Fortsetzung der Betreibungvorsieht. Die vorgeschlagene Bestimmung entspricht Artikel 13 der Steuererlassver-ordnung des Bundes30) und soll aus praktischen Gründen auch für die Kantons- undGemeindesteuern gelten. Die BEZV ist entsprechend anzupassen.

30) Verordnung des EFD vom 19. Dezember 1994 über die Behandlung von Erlassgesuchenfür die direkte Bundessteuer (SR 642.121)

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7.8 Änderung anderer Erlasse

7.8.1 Gesetz über die steuerbegünstigten Arbeitsbeschaffungsreserven

Das Bundesgesetz über die Bildung steuerbegünstigter Arbeitsbeschaffungsreser-ven31) sieht vor, dass Arbeitsbeschaffungsreserven nur noch bis zum Inkrafttreten derÄnderung vom 23. März 2007 vorgenommen werden können. Der Bundesrat hat dasInkrafttreten per 1. Juli 2008 festgelegt. Per 1. Juli 2008 entfiel damit die Möglichkeitzur Bildung steuerbegünstigter Arbeitsbeschaffungsreserven (ABR). Für getätigteEinlagen vor dem 1. Juli 2008 ändert sich vorerst nichts.

Der Bundesrat hat im Dezember 2008 sodann beschlossen, die gesamten Arbeitsbe-schaffungsreserven per 1. Januar 2009 freizugeben. Damit ist die Sperrung der ABR-Konten formell aufgehoben.

Das bernische Gesetz über die steuerbegünstigten Arbeitsbeschaffungsreserven32)

sieht in Artikel 1 vor, dass der Kanton und die Gemeinden den Unternehmen, dieReserven nach dem eidgenössischen ABRG bilden, Steuervergünstigungen gewäh-ren. Mit dem Wegfall der Möglichkeit, entsprechende Reserven zu bilden, ist dasbernische ABRG anzupassen:

Absatz 1 hält der Klarheit halber fest, dass seit dem 1. Juli 2008 keine Arbeitsbe-schaffungsreserven mehr gebildet werden können. Das Bundesrecht lässt dies nichtmehr zu.

Absatz 2 überträgt dem Regierungsrat die Kompetenz, analog zum Bundesrecht dieAuflösung der bestehenden Arbeitsbeschaffungsreserven zu regeln. Konkret geht esum die Kompetenz, von der Vorschrift abzuweichen, wonach Unternehmen, dieArbeitsbeschaffungsreserven auflösen, einen Verwendungsnachweis zu erbringenhaben.

Absatz 3 ermächtigt den Regierungsrat, das Gesetz über die steuerbegünstigtenArbeitsbeschaffungsreserven aufzuheben, sobald die bestehenden Reserven aufge-löst sind. Dies wird erst möglich sein, nachdem auch allfällige Nachbesteuerungs-verfahren abgeschlossen sind.

7.9 Übergangsbestimmungen

Auf Erbgängen, die vor Inkrafttreten dieser Teilrevision eröffnet wurden, sind dieBestimmungen über die Nachsteuern nach bisherigem Recht anwendbar. Die Be-stimmung entspricht Artikel 220a DBG und Artikel 78d StHG. Die Umsetzung imkantonalen Recht ist zwingend.

31) Bundesgesetz vom 20. Dezember 1985 über die Bildung steuerbegünstigter Arbeitsbe-schaffungsreserven (ABRG; SR 823.33)

32) Gesetz vom 7. November 1989 über die steuerbegünstigten Arbeitsbeschaffungsreserven(ABRG; BSG 836.13)

8. Auswirkungen der Gesetzesänderung

8.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Kanton

Die vom Regierungsrat vorgeschlagenen Entlastungen haben für den Kanton ab2011 Mindereinnahmen von CHF 88 Millionen zur Folge. Sie setzen sich wiefolgt zusammen:

Massnahmen Mindereinnahmen

Umsetzung Bundesrecht (Ziffer 2) –

Ausgleich kalte Progression (Ziffer 5) CHF 20 Mio.

Anrechnung Gewinn- an Kapitalsteuer (Ziffer 6.4) CHF 20 Mio.

Proportionaler Gewinnsteuertarif (Ziffer 6.5) CHF 48 Mio.

Total CHF 88 Mio.

Zu erwähnen bleiben die sich aus der Umsetzung von Ziffer 2 der Motion von All-men ergebenden Mehreinnahmen von CHF 4,4 Millionen infolge der Erhöhungder Einkommenssteuer für Inhaber von Ferienwohnungen.

In der Vernehmlassungsvorlage vom 19. Dezember 2008 wurden noch Minderein-nahmen von CHF 130 Millionen aufgeführt. Sie setzten sich zusammen aus demAusgleich der kalten Progression in der Höhe von CHF 90 Millionen und der Entlas-tung der tiefen Einkommen in der Höhe von CHF 40 Millionen. Gegenüber der Ver-nehmlassungsvorlage haben sich die Mindereinnahmen aus dem Ausgleich derkalten Progression um CHF 70 Millionen und durch den Verzicht auf die Entlastungder tiefen Einkommen um weitere CHF 40 Millionen verringert. Für die Entlastungder bernischen Unternehmungen (Anrechnung Gewinn- an Kapitalsteuer und pro-portionaler Gewinnsteuertarif) werden dafür CHF 68 Millionen eingesetzt. Insgesamtbleibt die Teilrevision des Steuergesetzes damit CHF 40 Millionen unter den imRahmen der ursprünglich im Finanzplan eingesetzten Mittel.

Es sind keine personellen Auswirkungen auf den Kanton zu erwarten.

8.2 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf die Gemeinden

Für die Gemeinden bedeutet die vorliegende Revision Mindereinnahmen ab 2011von CHF 47 Millionen. Sie setzen sich wie folgt zusammen:

Massnahmen Mindereinnahmen

Umsetzung Bundesrecht (Ziffer 2) –

Ausgleich kalte Progression (Ziffer 5) CHF 11 Mio.

Anrechnung Gewinn- an Kapitalsteuer (Ziffer 6.4) CHF 11 Mio.

Proportionaler Gewinnsteuertarif (Ziffer 6.5) CHF 25 Mio.

Total CHF 47 Mio.

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Die Mehreinnahmen aus der in vorstehender Ziffer erwähnten Motion von Allmenbetragen CHF 2,3 Millionen.

Es sind keine personellen Auswirkungen auf die Gemeinden zu erwarten.

8.3 Auswirkungen auf die Wirtschaft

Der Regierungsrat ist der Überzeugung, dass Entlastungen für Unternehmungen(mit den insbesondere im Kanton Bern vorherrschenden Unternehmensstrukturen)die steuerpolitisch wirksamsten und in der anhaltenden Wirtschaftskrise mit Ab-stand am besten geeigneten Massnahmen sind, um Arbeitsplätze zu sichern bzw. zuschaffen und die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Aber auch mittel- und langfristigstärken sie den Wirtschaftsstandort Bern. Positive Auswirkungen auf die Wirtschaftsind zudem aus der Umsetzung der zwingenden Bestimmungen der Unternehmens-steuerreform II zu erwarten.

9. Vernehmlassungsverfahren

9.1 Allgemeines

Zum vorliegenden Gesetzesentwurf wurde vom 19. Dezember 2008 bis zum19. März 2009 bei den politischen Parteien, den Gemeinden und den interessiertenVerbänden innerhalb des Kantons Bern ein Vernehmlassungsverfahren durchge-führt. Aus den rund 40 Vernehmlassungen ergibt sich ein differenziertes Bild.

9.2 Zur Umsetzung von Bundesrecht

Die Umsetzung von Bundesrecht blieb weitgehend unbestritten. Das Verwaltungs-gericht wirft die Frage auf, ob der für die direkte Bundessteuer vorgesehene Steuer-aufschub bei Überführung von Anlagevermögen ins Privatvermögen nicht auch beiden Kantons- und Gemeindesteuern vorgesehen werden müsste. Die Grüne KantonBern sowie die Agro Treuhand kritisieren zudem den vorgesehenen Steuersatz fürLiquidationsgewinne als zu tief bzw. zu hoch.

9.3 Zum Ausgleich der kalten Progression

Zustimmung fand auch der gesetzlich vorgesehene Ausgleich der kalten Progressi-on. Dabei wurde die Variante «linearer Ausgleich» gegenüber den beiden Variantenmit gezielten Entlastungen für höhere Einkommen oder die Unternehmungen deut-lich bevorzugt.

Im Rahmen der Vernehmlassung noch nicht berücksichtigt werden konnten dieaktuelle Entwicklung der Teuerung und die zwischenzeitlich überwiesene Motion229/2008 FDP «Sofortiger Ausgleich der kalten Progression – mehr Geld im Porte-monnaie» (vgl. hierzu Ziffer 5 und Ziffer 11.3).

9.4 Zu den parlamentarischen Vorstössen

9.4.1 Motion 122/2005 Pauli «Kohärente Sozial- und Steuerpolitik»

Grundsätzliche Zustimmung fand die geplante Entlastung tiefer Einkommen, mitwelcher die Ziele der Motion 122/2005 Pauli «Kohärente Sozial- und Steuerpolitik»aus steuerlicher Sicht erreicht werden sollen (vgl. vorne Ziffer 3.2).

Kernpunkt des erweiterten Abzugs für bescheidene Einkommen ist die Verknüpfungmit der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, welche auch durch öffent-liche und private Unterstützungen erhöht wird. Die Grüne kritisiert die Mitberück-sichtigung dieser Einkünfte und schlägt vor, die Unterstützungen aus öffentlichenMitteln, namentlich Unterstützungen für die Inanspruchnahme von Angeboten ausder institutionellen Sozialhilfe, nicht oder nur teilweise zu berücksichtigen. Sieschlägt zudem vor, den Abzug auch bei höheren Einkommen zu gewähren.

Teilweise wird befürchtet, dass der höhere Abzug für bescheidene Einkommen auch(vermögenden) Personen mit hohem Liegenschaftsunterhalt oder Einkäufen in diezweite Säule zustehe. Weil die entsprechenden Kosten zur Bestimmung des für denAbzug massgebenden Einkommens hinzugerechnet werden, ist die Befürchtungallerdings nicht berechtigt.

Die Gemeinden Ittigen und Ostermundigen, die EVP und der Steuerverwalterver-band weisen darauf hin, dass die Standesinitiative nebst der Besteuerung der So-zialhilfe konsequenterweise auch die Besteuerung von Ergänzungsleistungen, Hilf-losenentschädigungen und Zuschüssen nach Dekret vorsehen müsste.

SP, FDP und die Gemeinde Biel kritisieren das zweistufige Vorgehen und schlagenvor, zunächst die Behandlung der Standesinitiative abzuwarten. Die Besteuerungder Sozialleistungen und die Entlastung des Existenzminimums müssten als Paketgemeinsam verabschiedet werden. Die Mindereinnahmen aus der Entlastung desExistenzminimums liessen sich dadurch reduzieren. Der Regierungsrat schliesst sichdieser Auffassung an (vgl. vorne Vorbemerkung, Ziffern 1.3.1 und 6.6.5).

9.4.2 Motion 194/2006 von Allmen «Zweitwohnungspolitik»

Kritischer ist die Haltung zur geplanten Erhöhung des Eigenmietwertes von Ferien-wohnungen, mit welcher die Anliegen der Motion 194/2006 «Zweitwohnungspolitik»(vgl. vorne Ziffer 3.3) umgesetzt werden sollen. Bemängelt wurden die geringenMehreinnahmen, welche zu unverhältnismässigem Aufwand führten. Vereinzeltwird vorgeschlagen, den Eigenmietwert noch weiter zu erhöhen, also über den fürdie direkte Bundessteuer massgeblichen Wert. Die SP, Gemeindevertreter und derSteuerverwalterverband schlagen stattdessen vor, für Zweitwohnungen höhereSteuersätze bei der Liegenschaftssteuer in Betracht zu ziehen.

Es ist zwar zutreffend, dass die Erhöhung des Eigenmietwertes nur zu Mehreinnah-men von rund CHF 4,4 (Kanton) bzw. CHF 2,3 (Gemeinden) Millionen führt. Es istaber ein verfassungskonformes und unkompliziertes Anliegen, den Inhabern vonFerienwohnungen den privilegierten Eigenmietwert für die Kantons- und Gemein-

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desteuern zu verweigern. Rechtlich problematisch wären höhere Steuersätze fürZweitwohnungen bei der Liegenschaftssteuer. Die Liegenschaftssteuer kann als«ergänzende Vermögenssteuer» neben der eigentlichen Vermögenssteuer vor demSteuerharmonisierungsgesetz nur Bestand haben, wenn die Belastung tief bleibt.Die Liegenschaftssteuer sollte deshalb nicht erhöht werden.

9.5 Zu den Anpassungen aufgrund praktischer Bedürfnisse

Die vorgeschlagenen Anpassungen aufgrund praktischer Bedürfnisse sind weitge-hend unbestritten geblieben.

Die FDP, Grüne Partei Bern, Treuhandkammer, Berner KMU und der HIV sprechensich gegen die Abschaffung des fakultativen Referendums bei einer Erhöhung derSteueranlage aus (Art. 2 Abs. 4 StG), weil dies eine unnötige Einschränkung derVolksrechte bedeute. Der Einwand ist berechtigt. Die Bestimmung wird deshalb nurformell angepasst (vgl. vorne Ziffer 7.1.1).

Von der SVP, den Wirtschaftsverbänden und dem Burgergemeindenverband kriti-siert wurde die Einführung einer Bestimmung, welche vorsieht, dass bei der Über-lassung einer Liegenschaft zu Vorzugskonditionen immer mindestens der Eigen-mietwert steuerbar ist (Art. 25 Abs. 2 StG). An der vorgeschlagenen Bestimmungwird im Interesse der Steuergerechtigkeit festgehalten. Sie wurde auch von anderenKantonen eingeführt und vom Bundesgericht als zulässig erachtet.

Daneben wurden verschiedene eher technische Anpassungen und Ergänzungenvorgeschlagen, die aus Sicht der Regierung unbestritten sind und in die Vorlageübernommen wurden.

9.6 Zu den standortpolitischen Massnahmen

Unterschiedlich beurteilt wurde die Frage, ob im aktuellen finanz- und wirtschaftspo-litischen Umfeld standortpolitische Massnahmen vorgesehen werden sollen odernicht.

Während die SVP und FDP zusammen mit den Wirtschaftsverbänden die Notwen-digkeit steuerpolitischer Massnahmen auch oder gerade im aktuellen Wirtschafts-umfeld betonen, zeigen die übrigen Parteien und die anderen Stellungnahmen Ver-ständnis für die vorsichtige Haltung der Regierung.

Die SP, Grüne Partei Bern und der Gewerkschaftsbund schlagen die Abschaffungder Aufwandbesteuerung vor, weil diese ungerecht sei. Die maximal möglichenAusfälle von CHF 8 Millionen seien für den Kanton Bern erträglich (SP). Die FDP undWirtschaftsverbände sprechen sich klar gegen eine Abschaffung der Aufwandbe-steuerung aus.

9.7 Berücksichtigte Anliegen der Vernehmlassungsadressaten

Neben formellen und redaktionellen Hinweisen wurden insbesondere folgendeHinweise berücksichtigt:

– Auf die Abschaffung des fakultativen Referendums bei einer Erhöhung derSteueranlage (Art. 2 Abs. 4 StG) wird verzichtet. Die Bestimmung wird nur formellim Interesse der besseren Verständlichkeit angepasst, d.h. es wird die effektiveSteuerbelastungsverschiebung gemäss FILAG berücksichtigt.

– Die Steuerrekurskommission hat auf die jüngere Rechtsprechung hingewiesen,welche festhält, dass die in der Schlussabrechnung ausgewiesene Forderung ei-ne separat anfechtbare Bezugsverfügung darstellt (Entscheide der Steuerrekurs-kommission vom 9. Dezember 2008 i.S. D.M. und R.A.). Aus Gründen der Rechts-sicherheit scheint es angezeigt, dies im Gesetz zum Ausdruck zu bringen (vgl.vorgenommene Anpassungen in Art. 235 StG).

– Die JGK hat zudem auf einen Entscheid ihrer Direktion vom 9. Februar 2009 hin-gewiesen. Daraus geht hervor, dass bei der Handänderungssteuer eine gesetzli-che Grundlage für die Erhebung von Verzugszinsen während der Dauer von Zah-lungserleichterungen fehlt. Eine entsprechende gesetzliche Grundlage sei hinge-gen im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer und in zahlreichen kantona-len Steuergesetzen vorgesehen. Die JGK führt aus, dass es richtig sei, die Weiter-dauer der Verzugszinspflicht während der Dauer von Zahlungserleichterungengesetzlich zu verankern. Entsprechend der bisherigen bernischen Praxis soll des-halb im Steuergesetz neu explizit festgehalten werden, dass die Verzugszins-pflicht weder durch das Ergreifen eines Rechtsmittels noch durch die Gewährungeiner Zahlungserleichterung berührt wird (vgl. vorgenommene Anpassung inArt. 237 StG).

– Die umfassendere Regelung der Erlasspraxis im Steuergesetz bzw. die Überfüh-rung der bisherigen Bestimmungen der Bezugsverordnung in das Steuergesetz(Art. 240 Bst. a bis c StG) blieb unwidersprochen. Die Steuerrekurskommissionhat einzelne Präzisierungen vorgeschlagen, welche den Sinn der Regeln der Be-zugsverordnung besser wiedergeben (vgl. Anpassungen in Art. 240a und 240cStG).

9.8 Nicht berücksichtigte Anliegen der Vernehmlassungsadressaten

Einzelne weitere Anliegen der Vernehmlassungsadressaten wurden nach vertiefterPrüfung abgelehnt:

– Im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform II wirft das Verwaltungs-gericht die Frage auf, ob der für die direkte Bundessteuer vorgesehene Steuer-aufschub bei Überführung von Anlagevermögen ins Privatvermögennicht auch bei den Kantons- und Gemeindesteuern vorgesehen werden müsste.Zu denken sei an die Liegenschaftshändler, bei welchen die Einkommenssteuerzum Tragen komme. Wo diese ausnahmsweise Anlagevermögen halten, müssteein Steueraufschub möglich sein. Das gelte umso mehr, als das DBG unter Um-ständen über seinen Wortlaut hinaus ausgelegt werden könne und einen Steuer-aufschub auch für Umlaufvermögen vorsehen könnte. Abklärungen mit den zu-ständigen Stellen der Eidgenössischen Steuerverwaltung bestätigen, dass nur fürAnlagevermögen ein Steueraufschub in Frage kommt. Weil bei Anlagevermögen

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von Liegenschaftshändlern nach bernischer Praxis keine Einkommenssteuer er-hoben wird, kann auf die vorgeschlagene Ergänzung des Steuergesetzes verzich-tet werden.

– Zu Artikel 43a: Ebenfalls im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerre-form II kritisieren die Grüne Partei Bern und die Agro Treuhand den vorgesehe-nen Steuersatz für Liquidationsgewinne. Während die Grüne Partei Bern denTarif als zu tief empfindet, erscheint er der Agro Treuhand als zu hoch. Modell-rechnungen zeigen, dass die zur Anwendung kommenden Steuersätze gegen-über der bestehenden Regelung in den meisten Fällen günstiger sind. Das gilt vorallem bei Liquidationsgewinnen über CHF 250 000 und fiktiven Einkäufen in diezweite Säule. Bei Liquidationsgewinnen unter CHF 250 000 und fehlenden fiktivenEinkäufen kann gegenüber der heutigen Regelung eine geringe Mehrbelastungresultieren, weil anstelle des bisherigen Vorsorgetarifs der «5-Jahres-Rentensatz»zur Anwendung kommt. Insgesamt erscheint die neue Tarif-Regelung damit alsausgewogen.

– Zu Artikel 40 Absatz 6 und 7: Die Grüne Partei Bern kritisiert die Mitberücksich-tigung der öffentlichen Unterstützungen bei der Bestimmung des zuläs-sigen Abzugs für bescheidene Einkommen. Sie schlägt vor, Unterstützungenfür die Inanspruchnahme von Angeboten aus der institutionellen Sozialhilfe nichtoder nur teilweise zu berücksichtigen und den Abzug generell auch bei höherenEinkommen zu gewähren. Gegen die vorgeschlagene Differenzierung bei den Un-terstützungen sprechen zum einen Gründe der Praktikabilität. Zum anderen wi-derspräche es verfassungsmässigen Grundsätzen und es wäre dem System derSteuerrechts fremd, würden nicht alle Einkünfte, egal aus welcher Quelle undegal für welchen Zweck sie bestimmt sind, gleichermassen berücksichtigt. DieGewährung des Abzugs für bescheidene Einkommen bei höheren Einkommenwürde zu einer weitergehenden Entlastung der tiefen Einkommen führen und hät-te nicht vertretbare zusätzliche Mindereinnahmen zur Folge.

– Zu Artikel 127: Der Verband bernischer Burgergemeinden und burgerlicher Kor-porationen beantragt, die Burgergemeinden und burgerlichen Korporatio-nen – wie die Einwohnergemeinden – von der Grundstückgewinnsteuer-pflicht auszunehmen. Dass die Burgergemeinden gemäss Kantonsverfassungund Gemeindegesetz gehalten sind, ihre Mittel zum Wohl der Allgemeinheit ein-zusetzen, rechtfertigt indessen keine Gleichbehandlung mit den Einwohnerge-meinden.

10. Antrag des Regierungsrates

Gestützt auf diese Ausführungen beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat, dervorliegenden Gesetzesänderung zuzustimmen. Die Gesetzesänderung soll per 1. Ja-nuar 2011 in Kraft treten.

Bern, 12. August 2009 Im Namen des Regierungsrates

Der Präsident: KäserDer Staatsschreiber: Nuspliger

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11. Anhang

11.1 Steuergesetzrevisionen in anderen Kantonen

Kantone Bereich Steuerpolitische Massnahmen33)

AppenzellAusserrhoden

Einkommenssteuer Erhöhung der Abzüge für Versicherungs-prämien/Sparzinsen und des Zweiverdiener-abzugsReduktion Tarif, Milderung der Progression(bis CHF 150 000 für Verheiratete undCHF 105 000 für Alleinstehende)

Vermögenssteuer Senkung des Tarifs für Vermögen überCHF 250 000 auf 0,55 Promille einfache SteuerErhöhung Vermögensfreibeträge(für Verheiratete auf CHF 150 000, für Allein-stehende auf CHF 75 000)

Aargau Einkommenssteuer Ab steuerbarem Einkommen von CHF 43 000(Alleinstehende) und CHF 86 000 (Verheiratete)Senkung des TarifsMaximalsatz neu bei 12 ProzentPer 1.1.2009 in Kraft getreten

Vermögenssteuer Senkung aller Tarifstufen um 0,3 PromilleNeuer Maximalsatz von 2,3 PromillePer 1.1.2009 in Kraft getreten

Gewinnsteuer Senkung Tarif von 7 bzw. 11 Prozent auf 6 bzw.9 Prozent; geplant per 1.1.2009

Kapitalsteuer Anrechnung der Gewinnsteuer an dieKapitalsteuer

Basel-Landschaft

Kapitalsteuer Anrechnung der Gewinnsteuer an dieKapitalsteuer

Freiburg Einkommenssteuer Teilbesteuerung der Dividenden (zu 50%) beiqualifizierten Beteiligungen (10%), per 1.1.2009in Kraft getreten

Genf Einkommenssteuer Teilbesteuerung der Dividenden analog zurdirekten Bundessteuer

Kapitalsteuer Anrechnung der Gewinnsteuer an die Kapi-talsteuer, Reduktion von maximal CHF 8 500

33) Quelle: Gesetzgebungsagenda in IFF, Forum für Steuerrecht, 2009/1, S. 60 ff.

Kantone Bereich Steuerpolitische Massnahmen33)

Glarus Einkommenssteuer Neuer Sozialabzug von CHF 2 000 für Allein-stehende ist bereits in KraftNeu geplant: Entlastung der natürlichen Per-sonen, insbesondere der Familien (Einführungeines Teilsplittings), Reduktion des Tarifs fürKapitalleistungen mit Vorsorgecharakter

Vermögenssteuer Erhöhung Abzüge vom Reinvermögen(CHF 150 000 für Verheiratete, CHF 75 000für Alleinstehende), bereits in Kraft

Gewinnsteuer Senkung Tarif auf proportional 9 Prozent,bereits in Kraft

Kapitalsteuer Anrechnung der Gewinnsteuer an dieKapitalsteuer

Graubünden Einkommenssteuer Teilbesteuerung der Dividenden bei qualifizier-ten Beteiligungen analog zur direkten Bundes-steuerErhöhung des Abzugs für Kinderbetreuungs-kosten auf CHF 10 000

Vermögenssteuer Erhöhung der SteuerfreibeträgeReduktion des Maximalsatzes auf 1,75 Promille

Gewinnsteuer Reduktion auf 5,5 Prozent, Wechsel zu propor-tionalem Tarif

Luzern Einkommenssteuer Abflachung des ProgressionsverlaufsVorzeitige Ausgleichung der kalten Progres-sion bei Tarif und AbzügenSchaffung eines generellen Kinderbetreuungs-abzugs (Eigenbetreuung CHF 3 000; Fremd-betreuung bis max. CHF 6 700)

Gewinnsteuer Schrittweise Senkung der Gewinnsteuer-belastung auf 4,3 bis 6,5 Prozent (je nachGemeinde)

Kapitalsteuer Anrechnung der Gewinnsteuer an dieKapitalsteuer

Nidwalden Einkommenssteuer Senkung des Tarifs um max. 7 Prozent;geplant per 1.1.2009

Anrechnung der Gewinnsteuer an dieKapitalsteuer

Obwalden Gewinnsteuer Reduktion des Tarifs für übrige juristischePersonen auf 6 Prozent (gleich wie für Kapital-gesellschaften)

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Kantone Bereich Steuerpolitische Massnahmen33)

Schaffhausen Einkommenssteuer Verflachung des Tarifs, höchste Entlastung fürEinkommen von CHF 40 000 bis 100 000Erhöhung des Kinderabzugs auf CHF 8 000

Schwyz Einkommenssteuer Erhöhung des Kinderabzugs auf CHF 8 000,Erhöhung des Abzugs für volljährige Kinderin Ausbildung auf CHF 10 000

Vermögenssteuer Erhöhung des Sozialabzugs (pro erwachsenePerson) auf CHF 100 000

Gewinnsteuer Vereinheitlichung des Satzes auf 2,25 Prozent(einfache Steuer)

Kapitalsteuer Anrechnung der Gewinnsteuer an dieKapitalsteuer

St.Gallen Einkommenssteuer Streckung aller Tarifstufen; Senkung Maximal-progression auf 8,5 ProzentErhöhung Nullstufe auf CHF 11 000Erhöhung des Abzugs für Kinderbetreuungs-kosten auf CHF 10 000, des Kinderabzugs aufCHF 6 000 bzw. 8 000Neuer Abzug für Eigenbetreuung der Kindervon CHF 2 000

Vermögenssteuer Reduktion Steuersatz auf 1,7 Promille

Gewinnsteuer Reduktion Steuersatz auf 3,75 Prozent

Kapitalsteuer Anrechnung der Gewinnsteuer an dieKapitalsteuer

Tessin Einkommenssteuer Teilbesteuerung der Dividenden analog zurdirekten Bundessteuer

Thurgau Einkommenssteuer Flat Rate Tax: Proportionaler Tarif von5,85 Prozent und Einführung von Sockelfrei-beträgen bei den Sozialabzügen (VerheirateteCHF 28 000, Alleinstehende CHF 14 000)Teilbesteuerung der Dividenden (zu 50%) beiqualifizierten Beteiligungen (10%)Erhöhung des Kinderbetreuungskostenabzugsauf CHF 10 000Zusätzlicher Sozialabzug für Steuerpflichtige inbescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen

Uri Einkommenssteuer Flat Rate Tax. Die Steuerlast auf steuerbaremEinkommen soll ca. 14,5 Prozent betragen(Kantons- und Gemeindesteuern). AllgemeinerAbzug für alle in der Höhe von CHF 14 500,Verheiratete zusätzlich CHF 11 000 und Kinder-abzug von CHF 8 000; geplant per 1.1.2009

Kantone Bereich Steuerpolitische Massnahmen33)

Vermögenssteuer Wechsel zu proportionalem Tarif; die Steuer-last auf dem Reinvermögen soll ca.2,2 Promille betragen (Kantons- und Gemein-desteuer). Allgemeiner Abzug von CHF 80 000,Verheiratete zusätzlich CHF 80 000; geplantper 1.1.2009

Gewinnsteuer Wechsel zu proportionalem Tarif; die Steuer-last soll ca. 10 Prozent betragen (Kantons- undGemeindesteuern); geplant per 1.1.2009

Waadt Einkommenssteuer Erhöhung des Familienabzugs

Kapitalsteuer Anrechnung der Gewinnsteuer an dieKapitalsteuer

Wallis Einkommenssteuer Erhöhung des Kinderabzugs um rund75 Prozent

Erhöhung des Abzugs für Drittbetreuungs-kosten auf CHF 4 000

Vermögenssteuer Besteuerung der qualifizierten Beteiligungenzu 60 Prozent

Zürich Einkommenssteuer Erhöhung der Nullstufe auf CHF 11 300Senkung oberste Progressionsstufe auf12 ProzentErhöhung des Kinderabzug auf CHF 8 300Kinderbetreuungskostenabzug bis zuCHF 7 500 je betreutes Kind

Vermögenssteuer Die oberste Progressionsstufe soll neu bei2,5 Promille liegen

Eine Übersicht über die Steuergesetzrevisionen des Kantons Bern 2001–2009 findetsich in Ziffer 6.2.1.

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11.2 Modell «Entlastung des Existenzminimums»: Belastungsvergleiche bei Erhö-hung des Abzuges für bescheidene Einkommen (vgl. vorne Ziffer 6.6.5)

Alleinstehende(r), keine KinderUnselbstständige Erwerbstätigkeit

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 Modell gemäss Ziffer 6.6.5 Differenz

Bruttolohn SteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

25 000 7 100 888 3,6 335 1,3 –553 –62,3

30 000 10 700 1 517 5,1 1 028 3,4 –489 –32,2

35 000 14 400 2 163 6,2 1 814 5,2 –349 –16,1

40 000 18 100 2 898 7,2 2 695 6,7 –203 –7,0

45 000 22 900 3 874 8,6 3 833 8,5 –41 –1,1

50 000 27 600 4 829 9,7 4 829 9,7 0 0,0

60 000 36 500 6 734 11,2 6 734 11,2 0 0,0

70 000 45 400 8 671 12,4 8 671 12,4 0 0,0

80 000 54 300 10 608 13,3 10 608 13,3 0 0,0

90 000 63 200 12 790 14,2 12 790 14,2 0 0,0

100 000 72 100 14 982 15,0 14 982 15,0 0 0,0

130 000 99 000 22 123 17,0 22 123 17,0 0 0,0

Alleinstehende(r), 2 Kinder (ohne Drittbetreuung)Unselbstständige Erwerbstätigkeit

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 Modell gemäss Ziffer 6.6.5 Differenz

BruttolohnSteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

25 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

30 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

35 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

40 000 400 30 0,1 0 0,0 –30 –100,0

45 000 4 800 365 0,8 0 0,0 –365 –100,0

50 000 9 200 903 1,8 428 0,9 –475 –52,6

60 000 18 600 2 354 3,9 2 049 3,4 –305 –13,0

70 000 28 200 4 076 5,8 4 076 5,8 0 0,0

80 000 37 700 5 836 7,3 5 724 7,2 –112 –1,9

90 000 46 800 7 534 8,4 7 385 8,2 –149 –2,0

100 000 55 700 9 221 9,2 9 051 9,1 –170 –1,8

130 000 82 600 15 022 11,6 14 832 11,4 –190 –1,3

Ehepaar, keine KinderUnselbstständige Erwerbstätigkeit

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 Modell gemäss Ziffer 6.6.5 Differenz

BruttolohnSteuerbaresEinkommen Steuer in % Steuer in % Steuer in %

25 000 1 100 82 0,3 0 0,0 –82 –100,0

30 000 4 700 357 1,2 0 0,0 –357 –100,0

35 000 8 300 778 2,2 22 0,1 –756 –97,2

40 000 11 800 1 264 3,2 286 0,7 –978 –77,4

45 000 16 200 1 923 4,3 765 1,7 –1 158 –60,2

50 000 21 200 2 820 5,6 1 625 3,2 –1 195 –42,4

60 000 31 300 4 642 7,7 3 950 6,6 –692 –14,9

70 000 40 400 6 340 9,1 6 340 9,1 0 0,0

80 000 49 300 8 001 10,0 8 001 10,0 0 0,0

90 000 58 200 9 753 10,8 9 753 10,8 0 0,0

100 000 67 100 11 648 11,6 11 648 11,6 0 0,0

130 000 94 000 17 721 13,6 17 721 13,6 0 0,0

Ehepaar, 2 Kinder (ohne Drittbetreuung)Unselbstständige Erwerbstätigkeit

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 Modell gemäss Ziffer 6.6.5 Differenz

BruttolohnSteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

25 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

30 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

35 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

40 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

45 000 1 200 89 0,2 0 0,0 –89 –100.0

50 000 5 600 428 0,9 0 0,0 –428 –100.0

60 000 14 500 1 639 2,7 612 1,0 –1 027 –62,7

70 000 24 600 3 430 4,9 2 641 3,8 –789 –23,0

80 000 34 700 5 277 6,6 5 015 6,3 –262 –5.0

90 000 44 200 7 049 7,8 7 049 7,8 0 0,0

100 000 53 100 8 710 8,7 8 710 8,7 0 0,0

130 000 80 000 14 406 11,1 14 406 11,1 0 0,0

Page 41: Steuergesetz (StG) (Änderung) · 2020. 7. 24. · 2.3 Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und straflose Selbstanzeige 11 2.3.1 Allgemeines 11 2.3.2 Vereinfachungen der

41

11.3 Ausgleich der kalten Progression

Nachstehende Darstellungen ermöglichen einen Belastungsvergleich zwischendem ab 1. Januar 2009 geltenden Recht und dem ab 1. Januar 2011 geltenden Rechtnach Vornahme des Ausgleichs der kalten Progression auf den Tarifen in denArtikeln 42 und 44 StG.

Ehepaar, 2 Kinder (ohne Drittbetreuung)Unselbstständige Erwerbstätigkeit

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 StG 2011 Differenz

BruttolohnSteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

40 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

50 000 5 600 428 0,9 427 0,9 –1 –0,2

60 000 14 500 1 639 2,7 1 626 2,7 –13 –0,8

70 000 24 600 3 430 4,9 3 401 4,9 –29 –0,8

80 000 34 700 5 277 6,6 5 242 6,6 –35 –0,7

90 000 44 200 7 049 7,8 7 015 7,8 –34 –0,5

100 000 53 100 8 710 8,7 8 675 8,7 –35 –0,4

150 000 98 000 18 669 12,4 18 550 12,4 –119 –0,6

200 000 143 000 30 305 15,2 30 066 15,0 –239 –0,8

300 000 232 900 55 717 18,6 55 334 18,4 –383 –0,7

500 000 412 800 109 818 22,0 109 097 21,8 –721 –0,7

1 000 000 862 600 249 562 25,0 248 738 24,9 –824 –0,3

Alleinstehende(r), 2 Kinder (ohne Drittbetreuung)Unselbstständige Erwerbstätigkeit

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 StG 2011 Differenz

BruttolohnSteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

40 000 400 30 0,1 30 0,1 0 0,0

50 000 9 200 903 1,8 891 1,8 –12 –1,3

60 000 18 600 2 354 3,9 2 325 3,9 –29 –1,2

70 000 28 200 4 076 5,8 4 047 5,8 –29 –0,7

80 000 37 700 5 836 7,3 5 802 7,3 –34 –0,6

90 000 46 800 7 534 8,4 7 500 8,3 –34 –0,5

100 000 55 700 9 221 9,2 9 160 9,2 –61 –0,7

150 000 100 600 19 284 12,9 19 165 12,8 –119 –0,6

200 000 145 600 31 027 15,5 30 788 15,4 –239 –0,8

300 000 235 500 56 463 18,8 56 080 18,7 –383 –0,7

500 000 415 400 110 614 22,1 109 894 22,0 –720 –0,7

1 000 000 865 200 250 371 25,0 249 546 25,0 –825 –0,3

Rentner alleinstehendEinkommen aus AHV und Pensionskasse

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 StG 2011 Differenz

RenteSteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

20 000 8 300 1 098 5,5 1 086 5,4 –12 –1,1

30 000 18 700 3 020 10,1 2 997 10,0 –23 –0,8

40 000 29 300 5 175 12,9 5 152 12,9 –23 –0,4

50 000 39 300 7 343 14,7 7 309 14,6 –34 –0,5

60 000 49 300 9 520 15,9 9 485 15,8 –35 –0,4

80 000 69 300 14 292 17,9 14 218 17,8 –74 –0,5

100 000 89 300 19 478 19,5 19 350 19,4 –128 –0,7

150 000 139 300 33 437 22,3 33 267 22,2 –170 –0,5

200 000 189 300 48 009 24,0 47 800 23,9 –209 –0,4

300 000 289 300 78 033 26,0 77 799 25,9 –234 –0,3

500 000 489 300 139 516 27,9 139 194 27,8 –322 –0,2

1 000 000 989 300 294 996 29,5 294 674 29,5 –322 –0,1

Rentner verheiratetEinkommen aus AHV und Pensionskasse

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 StG 2011 Differenz

RenteSteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

20 000 1 200 89 0,4 89 0,4 0 0,0

30 000 11 200 1 181 3,9 1 168 3,9 –13 –1,1

40 000 21 800 2 928 7,3 2 899 7,2 –29 –1,0

50 000 33 200 4 997 10,0 4 962 9,9 –35 –0,7

60 000 43 200 6 862 11,4 6 828 11,4 –34 –0,5

80 000 63 200 10 818 13,5 10 746 13,4 –72 –0,7

100 000 83 200 15 164 15,2 15 045 15,0 –119 –0,8

150 000 133 200 27 586 18,4 27 347 18,2 –239 –0,9

200 000 183 200 41 575 20,8 41 267 20,6 –308 –0,7

300 000 283 200 70 386 23,5 69 840 23,3 –546 –0,8

500 000 483 200 131 584 26,3 130 759 26,2 –825 –0,6

1 000 000 983 200 287 064 28,7 286 239 28,6 –825 –0,3

Page 42: Steuergesetz (StG) (Änderung) · 2020. 7. 24. · 2.3 Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und straflose Selbstanzeige 11 2.3.1 Allgemeines 11 2.3.2 Vereinfachungen der

42

Zweiverdiener-Ehepaar, 2 Kinder (ohne Drittbetreuung)Unselbstständige Erwerbstätigkeit

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 StG 2011 Differenz

BruttolohnSteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

40 000 0 0 0,0 0 0,0 0 0,0

50 000 3 000 222 0,4 222 0,4 0 0,0

60 000 10 000 1 014 1,7 1 002 1,7 –12 –1,2

70 000 16 900 2 049 2,9 2 020 2,9 –29 –1,4

80 000 25 100 3 520 4,4 3 491 4,4 –29 –0,8

90 000 34 800 5 295 5,9 5 261 5,8 –34 –0,6

100 000 44 100 7 030 7,0 6 996 7,0 –34 –0,5

150 000 87 700 16 230 10,8 16 110 10,7 –120 –0,7

200 000 131 300 27 059 13,5 26 844 13,4 –215 –0,8

300 000 219 300 51 813 17,3 51 456 17,2 –357 –0,7

500 000 395 600 104 552 20,9 103 831 20,8 –721 –0,7

1 000 000 845 300 244 183 24,4 243 358 24,3 –825 –0,3

Konkubinatspaar, 2 Kinder (ohne Drittbetreuung)Unselbstständige Erwerbstätigkeit

Steueranlage Kanton 3.06, Gemeinde 1.54, Kirche 0.184

StG 2009 StG 2011 Differenz

BruttolohnSteuerbaresEinkommen

Steuer in % Steuer in % Steuer in %

40 000 682 1,7 678 1,7 –4 –0,6

50 000 1 290 2,6 1 278 2,6 –12 –0,9

60 000 1 918 3,2 1 907 3,2 –11 –0,6

70 000 2 773 4,0 2 749 3,9 –24 –0,9

80 000 3 815 4,8 3 791 4,7 –24 –0,6

90 000 5 327 5,9 5 291 5,9 –36 –0,7

100 000 6 880 6,9 6 844 6,8 –36 –0,5

150 000 16 043 10,7 15 974 10,6 –69 –0,4

200 000 25 770 12,9 25 624 12,8 –146 –0,6

300 000 48 180 16,1 47 898 16,0 –282 –0,6

500 000 98 931 19,8 98 415 19,7 –516 –0,5

1 000 000 234 404 23,4 233 411 23,3 –993 –0,4

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502

Steuergesetz (StG) 661.11(Änderung)

Der Grosse Rat des Kantons Bern,

auf Antrag des Regierungsrates,

beschliesst:

I.

Das Steuergesetz vom 21. Mai 2000 (StG) wird wie folgt geändert:

Art. 2 1 bis 3Unverändert.4 Der Beschluss über die Steueranlage unterliegt der fakultativenVolksabstimmung, sofern sie 3.26 übersteigt.5 Unverändert.

Art. 3 1 bis 3Unverändert.4 Die Tarifstufen in den Artikeln 42 und 44 werden jährlich an den ver-änderten Geldwert angepasst. Im Übrigen gilt Absatz 3 sinngemäss.

Der bisherige Absatz 4 wird zu Absatz 5.

Art. 17 1Die von der Steuerpflicht ausgenommenen begünstigtenPersonen nach Artikel 2 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 22. Juni2007 über die von der Schweiz als Gaststaat gewährten Vorrechte,Immunitäten und Erleichterungen sowie finanziellen Beiträge (Gast-staatgesetz; GSG)1) werden insoweit nicht besteuert, als das Bundes-recht eine Steuerbefreiung vorsieht.2 und 3Unverändert.

Aufschub-tatbestände

Art. 21a (neu) 1Die Verpachtung eines Geschäftsbetriebs gilt nurauf Antrag der steuerpflichtigen Person als Überführung in das Privat-vermögen.2 Wird bei einer Erbteilung der Geschäftsbetrieb nicht von allen Erbenfortgeführt, so wird die Besteuerung der stillen Reserven auf Gesuchder den Betrieb übernehmenden Erben hin bis zur späteren Reali-sierung aufgeschoben, soweit diese Erben die bisherigen für die Ein-kommenssteuer massgebenden Werte übernehmen.

1) SR 192.12

Antrag des Regierungsrates

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Art. 24 1Steuerbar sind die Erträge aus beweglichem Vermögen,insbesonderea und b unverändert;c Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und geld-

werte Vorteile aus Beteiligungen aller Art (einschliesslich Gratisak-tien, Gratisnennwerterhöhungen u.dgl.). Ein bei der Rückgabe vonBeteiligungsrechten im Sinne von Artikel 4a des Bundesgesetzesvom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG)1) an dieKapitalgesellschaft oder Genossenschaft erzielter Liquidations-überschuss gilt in dem Jahre als realisiert, in dem die Verrech-nungssteuerforderung entsteht (Art. 12 Abs. 1 und 1bis VStG); Arti-kel 42 Absatz 3 bleibt vorbehalten;

d bis f unverändert.2 Unverändert.3 Die Rückzahlung von Einlagen, Aufgeldern und Zuschüssen, die vonden Inhabern der Beteiligungsrechte nach dem 31. Dezember 1996geleistet worden sind, wird gleich behandelt wie die Rückzahlung vonGrund- oder Stammkapital.

Art. 25 1Unverändert.2 Als Eigengebrauch im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b gilt auch dieVermietung an eine nahestehende Person zu einem Mietzins unterdem Eigenmietwert.3 Die Mietwerte bei Eigengebrauch sind, ausgehend vom orts-üblichen Marktwert, unter Berücksichtigung der Förderung von Eigen-tumsbildung und Selbstvorsorge massvoll festzulegen. Bei Liegen-schaften, die nicht als Wohnsitz dienen, gilt der für die direkte Bundes-steuer massgebliche Eigenmietwert.

Der bisherige Absatz 3 wird zu Absatz 4.

Art. 29 Steuerfrei sinda und b unverändert,c «oder zum Erwerb einer Freizügigkeitspolice oder eines Freizügig-

keitskontos» wird aufgehoben,d bis l unverändert.

Art. 38 1Von den Einkünften werden abgezogena «Artikeln 24» wird ersetzt durch «Artikeln 24, 24a»,b bis m unverändert.2 Unverändert.

1) SR 642.21

Page 45: Steuergesetz (StG) (Änderung) · 2020. 7. 24. · 2.3 Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und straflose Selbstanzeige 11 2.3.1 Allgemeines 11 2.3.2 Vereinfachungen der

45

Art. 42 1Für Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennterEhe leben, sowie für verwitwete, gerichtlich oder tatsächlich getrenntlebende, geschiedene und ledige Steuerpflichtige, die mit Kindernoder unterstützungsbedürftigen Personen im gleichen Haushalt zu-sammenleben und deren Unterhalt zur Hauptsache bestreiten, beträgtdie Einkommenssteuer:Einfache SteuerProzent

zu versteuerndes EinkommenFranken

1,55 für die ersten 3 1001,65 für die weiteren 3 1002,90 für die weiteren 9 2003,75 für die weiteren 15 3003,90 für die weiteren 25 4004,45 für die weiteren 25 4004,95 für die weiteren 25 4005,30 für die weiteren 25 4005,80 für die weiteren 41 2005,90 für die weiteren 51 3006,00 für die weiteren 51 3006,20 für die weiteren 51 3006,40 für die weiteren 133 4006,50 für jedes weitere Einkommen

2 Die Einkommenssteuer beträgt für die übrigen Steuerpflichtigen:Einfache SteuerProzent

zu versteuerndes EinkommenFranken

1,95 für die ersten 3 1002,90 für die weiteren 3 1003,65 für die weiteren 9 2004,25 für die weiteren 15 3004,55 für die weiteren 25 4005,15 für die weiteren 25 4005,70 für die weiteren 25 4005,85 für die weiteren 25 4006,00 für die weiteren 25 4006,10 für die weiteren 25 4006,20 für die weiteren 35 6006,30 für die weiteren 82 1006,40 für die weiteren 143 6006,50 für jedes weitere Einkommen

3 und 4 Unverändert.

Liquidations-gewinne

Art. 43a (neu) 1Wird die selbstständige Erwerbstätigkeit nach demvollendeten 55. Altersjahr oder wegen Unfähigkeit zur Weiterführunginfolge Invalidität definitiv aufgegeben, so ist die Summe der in den

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46

letzten zwei Geschäftsjahren realisierten stillen Reserven getrennt vomübrigen Einkommen zu besteuern. Einkaufsbeiträge gemäss Artikel 38Absatz 1 Buchstabe d sind abziehbar. Werden keine solchen Einkäufevorgenommen, so wird die Steuer auf dem Betrag der realisiertenstillen Reserven, für den der Steuerpflichtige die Zulässigkeit einesEinkaufs gemäss Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe d nachweist, zum Tariffür Kapitalleistungen aus Vorsorge nach Artikel 44 berechnet. Für dieBestimmung des auf den Restbetrag der realisierten stillen Reservenanwendbaren Satzes ist ein Fünftel dieses Restbetrags massgebend.2 Absatz 1 gilt auch für den überlebenden Ehegatten, die anderenErben und die Vermächtnisnehmer, sofern sie das übernommeneUnternehmen nicht fortführen; die steuerliche Abrechnung erfolgt spä-testens fünf Kalenderjahre nach Ablauf des Todesjahres der Erb-lasserin oder des Erblassers.

Art. 44 1Einer separaten Besteuerung unterliegen ohne Berück-sichtigung von Sozialabzügena bis c unverändert,d aufgehoben.2 Für Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Eheleben, sowie für verwitwete, gerichtlich oder tatsächlich getrennt le-bende, geschiedene und ledige Steuerpflichtige, die mit Kindern oderunterstützungsbedürftigen Personen im gleichen Haushalt zusammen-leben und deren Unterhalt zur Hauptsache bestreiten, beträgt die ein-fache Steuer:Einfache SteuerProzent

zu versteuernde Kapitalleistungin Franken

0,80 für die ersten 54 0001,15 für die weiteren 54 0001,45 für die weiteren 108 0001,60 für die weiteren 108 0001,85 für die weiteren 215 0002,25 für die weiteren 323 0002,40 für die weiteren 539 0002,50 für jedes weitere Einkommen3 Die einfache Steuer beträgt für alle andern Steuerpflichtigen:Einfache SteuerProzent

zu versteuernde Kapitalleistungin Franken

0,80 für die ersten 27 0001,05 für die weiteren 27 0001,35 für die weiteren 54 0001,40 für die weiteren 54 0001,60 für die weiteren 108 0002,00 für die weiteren 162 000

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Einfache SteuerProzent

zu versteuernde Kapitalleistungin Franken

2,30 für die weiteren 269 0002,40 für die weiteren 539 0002,50 für jedes weitere Einkommen

4 und 5 Unverändert.6 Aufgehoben.

Art. 49 1Unverändert.2 «Die Bewertung der Beteiligungsrechte von Immobilien-, Finan-zierungs-, Vermögensverwaltungs- und Holdinggesellschaften erfolgtausschliesslich nach dem Substanzwert» wird aufgehoben.3 Unverändert.

Art. 51 1«Für Wertschriften gilt Artikel 49 sinngemäss» wird auf-gehoben.2 bis 4 Unverändert.

Art. 83 1Von der Steuerpflicht sind befreita bis i unverändert,k die ausländischen Staaten für ihre inländischen, ausschliesslich

dem unmittelbaren Gebrauch der diplomatischen und konsulari-schen Vertretungen bestimmten Liegenschaften sowie die von derSteuerpflicht befreiten institutionellen Begünstigten nach Artikel 2Absatz 1 des Gaststaatgesetzes für Liegenschaften, die Eigentumder institutionellen Begünstigten sind und die von deren Dienst-stellen benützt werden,

l bis n unverändert.2 Unverändert.

Art. 89 1Unverändert.2 Beim Ersatz von Beteiligungen können die stillen Reserven auf eineneue Beteiligung übertragen werden, sofern die veräusserte Beteili-gung mindestens zehn Prozent des Grund- oder Stammkapitals odermindestens zehn Prozent des Gewinns und der Reserven der anderenGesellschaft ausmacht und diese Beteiligung während mindestenseines Jahres im Besitz der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaftwar.3 und 4 Unverändert.

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Art. 91 1 bis 3Unverändert.4 Wertberichtigungen und Abschreibungen auf den Gestehungs-kosten von Beteiligungen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 97Absatz 4 Buchstabe b erfüllen, werden dem steuerbaren Gewinn zuge-rechnet, soweit sie nicht mehr begründet sind.

Art. 95 1Die einfache Steuer für die Gewinnsteuer beträgt 3,5 Pro-zent des steuerbaren Reingewinnes.2 Unverändert.

Art. 96 Die Gewinnsteuer einer Kapitalgesellschaft oder Genossen-schaft ermässigt sich im Verhältnis des Nettoertrags aus den Beteili-gungsrechten zum gesamten Reingewinn, wenn die Gesellschaft oderGenossenschaft:a zu mindestens zehn Prozent am Grund- oder Stammkapital einer

anderen Gesellschaft beteiligt ist,b zu mindestens zehn Prozent am Gewinn und an den Reserven

einer anderen Gesellschaft beteiligt ist, oderc Beteiligungsrechte im Verkehrswert von mindestens einer Million

Franken hält.

Art. 97 1 bis 3Unverändert.4 Kapitalgewinne werden bei der Berechnung der Ermässigung nurberücksichtigt,a unverändert,b wenn die veräusserte Beteiligung mindestens zehn Prozent des

Grund- oder Stammkapitals einer anderen Gesellschaft betrug odereinen Anspruch auf mindestens zehn Prozent des Gewinns und derReserven einer anderen Gesellschaft begründete und währendmindestens eines Jahres im Besitz der veräussernden Kapitalgesell-schaft oder Genossenschaft war. Fällt die Beteiligungsquote infolgeTeilveräusserung unter zehn Prozent, so kann die Ermässigung fürjeden folgenden Veräusserungsgewinn nur beansprucht werden,wenn die Beteiligungsrechte am Ende des Steuerjahrs vor dem Ver-kauf einen Verkehrswert von mindestens einer Million Franken hat-ten.

5 und 6 Unverändert.

Art. 106 1 bis 3Unverändert.4 Die Gewinnsteuer wird an die Kapitalsteuer angerechnet. Bei Hol-ding- und Domizilgesellschaften findet keine Anrechnung statt.

Der bisherige Absatz 4 wird zu Absatz 5.

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Art. 112 1 und 2Unverändert.3 An Stelle der Quellenbesteuerung findet für das ganze Steuerjahr,unter zinsloser Anrechnung der abgezogenen Quellensteuer, eineordentliche Veranlagung statt, wenn eine bisher an der Quellebesteuerte Persona bis c unverändert,d im Kanton Bern Grundbesitz erwirbt.

Art. 114 1Der in jeder Lohnabrechnungsperiode von den Brutto-einkünften vorzunehmende Steuerabzug wird in Steuertabellen mitgerundeten Prozenten aufgeführt.2 bis 4 Unverändert.

Art. 116 1Wer ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt inder Schweiz für kurze Dauer, als Grenzgänger oder Grenzgängerinbzw. als Wochenaufenthalter oder Wochenaufenthalterin im KantonBern in unselbstständiger Stellung erwerbstätig ist, entrichtet am Ar-beitsort für sein Erwerbseinkommen die Quellensteuer nach den Arti-keln 112 bis 114.2 Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in derSchweiz können besondere, in den Steuertabellen nicht berücksich-tigte gesetzliche Abzüge bis am 31. März des folgenden Jahres schrift-lich geltend machen.3 Die an der Quelle abgezogenen Steuern werden ohne Vergütungeines Zinses angerechnet. Zu wenig bezogene Steuern werden zinslosnachgefordert, zu viel bezogene Steuern zinslos zurückerstattet.

Art. 132 1Die Besteuerung des Grundstückgewinns wird aufge-schoben beia «Artikel 89 Absatz 2» wird ersetzt durch «Artikel 89 Absatz 3»,b unverändert.2 Unverändert.

Art. 133 1Die Besteuerung des Grundstückgewinns wird aufge-schoben beia «Art. 89 Abs. 3» wird ersetzt durch «Art. 89 Abs. 4» und «Artikel 89

Absatz 2» wird ersetzt durch «Artikel 89 Absatz 3»,b und c unverändert.2 Unverändert.

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Art. 149 1 und 2Unverändert.3 Sie betreibt in Zusammenarbeit mit den Gemeinden die Steuer-register für natürliche und juristische Personen. Darin sind insbe-sondere Angaben über die Steuerpflicht, die ZPV-Nummer nach Arti-kel 6 des Gesetzes vom 28. November 2006 über die Harmonisierungamtlicher Register (RegG)1), der Zivilstand und die Zugehörigkeit zueiner Landeskirche enthalten.

Art. 151 «Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege» wird ersetztdurch «Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege(VRPG)2)».

Art. 186 1Schuldnerinnen oder Schuldner der steuerbaren Leistungsind insbesondere verpflichtet,a und b unverändert,c der quellenbesteuerten Person für jeden Steuerabzug eine Aufstel-

lung oder Bestätigung und eine Zusammenstellung über dieSteuerabzüge eines Kalenderjahres auszustellen,

d und e unverändert.2 und 3 Unverändert.

OrdentlicheNachsteuer

Art. 206 Unverändert.

Art. 208 1Die Einleitung eines Nachsteuerverfahrens wird dersteuerpflichtigen Person schriftlich mitgeteilt. Wenn bei Einleitung desVerfahrens ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung weder ein-geleitet wird noch hängig ist noch von vornherein ausgeschlossenwerden kann, wird die steuerpflichtige Person auf die Möglichkeit derspäteren Einleitung eines solchen Strafverfahrens aufmerksam ge-macht.2 bis 5 Unverändert.

VereinfachteNachbesteuerungvon Erben

Art. 208 (neu) 1Alle Erben haben unabhängig voneinander An-spruch auf eine vereinfachte Nachbesteuerung der von der Erblasserinoder vom Erblasser hinterzogenen Bestandteile von Vermögen undEinkommen, wenna die Hinterziehung keiner Steuerbehörde bekannt ist,b sie die Steuerbehörde bei der Feststellung der hinterzogenen Ver-

mögens- und Einkommenselemente vorbehaltlos unterstützen,und

1) BSG 152.052) BSG 155.21

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c sie sich ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuerbemühen.

2 Die Nachsteuer wird für die letzten drei vor dem Todesjahr abgelau-fenen Steuerperioden nach den Vorschriften über die ordentliche Ver-anlagung berechnet und samt Verzugszins nachgefordert.3 Die vereinfachte Nachbesteuerung ist ausgeschlossen, wenn dieErbschaft amtlich oder konkursamtlich liquidiert wird.4 Auch die Willensvollstreckerin, der Willensvollstrecker, die Erb-schaftsverwalterin oder der Erbschaftsverwalter kann um eine verein-fachte Nachbesteuerung ersuchen.

Art. 214 1 bis 5Unverändert.6 Die Kosten des Inventarverfahrens gelten als Schulden der Erb-schaft. Wenn die verstorbene Person und die überlebende Ehegattinoder der überlebende Ehegatte zusammen nur ein geringes Rohver-mögen besessen haben, trägt der Kanton die Kosten des Inventar-verfahrens.

Art. 217 1 und 2Unverändert.3 Zeigt die steuerpflichtige Person erstmals eine Steuerhinterziehungselbst an, so wird von einer Strafverfolgung abgesehen (strafloseSelbstanzeige), wenna die Hinterziehung keiner Steuerbehörde bekannt ist,b sie die Steuerbehörde bei der Festsetzung der Nachsteuer vorbe-

haltlos unterstützt, undc sie sich ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuer

bemüht.4 Bei jeder weiteren Selbstanzeige wird die Busse unter den Voraus-setzungen nach Absatz 3 auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuerermässigt.

Art. 219 1 und 2Unverändert.3 Zeigt sich eine Person nach Absatz 1 erstmals selbst an und sind dieVoraussetzungen nach Artikel 217 Absatz 3 Buchstaben a und b erfüllt,so wird von einer Strafverfolgung abgesehen und die Solidarhaftungentfällt.

Art. 220 1Mit Busse wird bestraft,a wer Nachlasswerte, zu deren Bekanntgabe er im Inventarverfah-

ren verpflichtet ist, verheimlicht oder beiseiteschafft in der Ab-sicht, sie der Inventaraufnahme zu entziehen,

b unverändert.2 und 3 Unverändert.

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4 Zeigt sich eine Person nach Absatz 1 erstmals selbst an, so wird voneiner Strafverfolgung wegen Verheimlichung oder Beiseiteschaffungvon Nachlasswerten im Inventarverfahren und wegen allfälliger ande-rer in diesem Zusammenhang begangener Straftaten abgesehen(straflose Selbstanzeige), wenna die Widerhandlung keiner Steuerbehörde bekannt ist, undb die Person die Behörden bei der Berichtigung des Inventars vorbe-

haltlos unterstützt.

Art. 221 1 und 2Unverändert.3 Vorbehalten bleibt Artikel 219. Die Mitunterzeichnung der Steuer-erklärung stellt für sich allein keine Widerhandlung nach Artikel 219dar.

SelbstanzeigejuristischerPersonen

Art. 222a (neu) 1Zeigt eine steuerpflichtige juristische Person erst-mals eine in ihrem Geschäftsbetrieb begangene Steuerhinterziehungselbst an, so wird von einer Strafverfolgung abgesehen (strafloseSelbstanzeige), wenna die Hinterziehung keiner Steuerbehörde bekannt ist,b sie die Steuerbehörde bei der Festsetzung der Nachsteuer vorbe-

haltlos unterstützt, undc sie sich ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuer

bemüht.2 Die straflose Selbstanzeige kann auch eingereicht werden:a nach einer Änderung der Firma oder einer Verlegung des Sitzes

innerhalb der Schweiz,b nach einer Umwandlung nach den Artikeln 53 bis 68 des Bundes-

gesetzes vom 3. Oktober 2003 über Fusion, Spaltung, Umwand-lung und Vermögensübertragung (Fusionsgesetz; FusG)1) durchdie neue juristische Person für die vor der Umwandlung begange-nen Steuerhinterziehungen,

c nach einer Absorption (Art. 3 Abs. 1 Bst. a FusG) oder Abspaltung(Art. 29 Bst. b FusG) durch die weiter bestehende juristische Personfür die vor der Absorption oder Abspaltung begangenen Steuer-hinterziehungen.

3 Die straflose Selbstanzeige muss von den Organen oder Vertreternder juristischen Person eingereicht werden. Von einer Strafverfolgunggegen diese Organe oder Vertreter wird abgesehen und ihre Solidar-haftung entfällt.4 Zeigt ein ausgeschiedenes Organmitglied oder ein ausgeschiedenerVertreter der juristischen Person diese wegen Steuerhinterziehungerstmals an und ist die Steuerhinterziehung keiner Steuerbehörde

1) SR 221.301

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bekannt, so wird von einer Strafverfolgung der juristischen Person,sämtlicher aktueller und ausgeschiedener Mitglieder der Organe undsämtlicher aktueller und ausgeschiedener Vertreter abgesehen. IhreSolidarhaftung entfällt.5 Bei jeder weiteren Selbstanzeige wird die Busse unter den Voraus-setzungen nach Absatz 1 auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuerermässigt.6 Nach Beendigung der Steuerpflicht einer juristischen Person in derSchweiz kann keine Selbstanzeige mehr eingereicht werden.

Art. 223 1 und 2Unverändert.3 Liegt eine Selbstanzeige nach Artikel 217 Absatz 3 oder Artikel 222aAbsatz 1 vor, so wird von einer Strafverfolgung wegen anderer Straf-taten abgesehen, die zum Zweck dieser Steuerhinterziehung begangenwurden. Diese Bestimmung ist auch in den Fällen nach den Arti-keln 219 Absatz 3 und 222a Absätze 3 und 4 anwendbar.

Art. 224 1 und 2Unverändert.3 Liegt eine Selbstanzeige nach Artikel 217 Absatz 3 oder Artikel 222aAbsatz 1 vor, so wird von einer Strafverfolgung wegen Veruntreuungvon Quellensteuern und anderen Straftaten, die zum Zweck der Ver-untreuung von Quellensteuern begangen wurden, abgesehen. DieseBestimmung ist auch in den Fällen nach den Artikeln 219 Absatz 3 und222a Absätze 3 und 4 anwendbar.

Art. 225 1Verfahren wegen Steuerhinterziehung, Verletzung vonVerfahrenspflichten und Übertretungen im Inventarverfahren könnengemeinsam mit einem Veranlagungs-, Nachsteuer- oder Rechtsmittel-verfahren nach Massgabe dieses Gesetzes durchgeführt werden.2 Strafverfahren wegen Steuerbetrugs und Veruntreuung von Quel-lensteuern werden gerichtlich beurteilt und nach Massgabe derSchweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Straf-prozessordnung, StPO1)) durchgeführt. Die kantonale Steuerverwal-tung kann im Strafverfahren gestützt auf Artikel 104 Absatz 2 StPOvolle Parteirechte ausüben.

Art. 226 1Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens wird der betrof-fenen Person schriftlich mitgeteilt. Diese wird auf ihr Recht hingewie-sen, die Aussage und ihre Mitwirkung zu verweigern.2 Unverändert.

1) SR ■■■

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Art. 227 1 und 2Unverändert.Steuer-strafverfahren

3 Vor Erlass der Strafverfügung wird der betroffenen Person Gelegen-heit gegeben, sich zu der gegen sie erhobenen Anschuldigung zu äus-sern.4 Beweismittel aus einem Nachsteuerverfahren dürfen in einem Straf-verfahren wegen Steuerhinterziehung nur dann verwendet werden,wenn sie weder unter Androhung einer Veranlagung nach pflicht-gemässem Ermessen (Art. 174 Abs. 2) noch unter Androhung einerBusse wegen Verletzung von Verfahrenspflichten beschafft wurden. ImÜbrigen sind die Beweismittel gemäss Artikel 19 Absatz 1 VRPGzulässig.5 und 6 Unverändert.

Art. 233 1 bis 4Unverändert.5 Der Anteil jedes Ehegatten wird durch Verfügung festgesetzt undden beiden Ehegatten je separat eröffnet.6 Die Verfügung unterliegt den gleichen Rechtsmitteln wie eine Ver-anlagungsverfügung. Ist die zugrunde liegende Veranlagung rechts-kräftig, kann im Rechtsmittelverfahren nur die unrichtige Zuweisungder Faktoren geltend gemacht werden. Andernfalls kann auch die Un-richtigkeit der Faktoren geltend gemacht werden.

Art. 235 1Auf der Grundlage der Veranlagungsverfügung und derbisher geleisteten Zahlungen wird definitiv abgerechnet.2 Zu wenig bezahlte Beträge werden nachgefordert. Zu viel bezahlteBeträge werden zurückerstattet, soweit nicht eine Verrechnung erfolgt.3 Die Forderung zugunsten oder zulasten der steuerpflichtigen Personwird in einer selbstständig anfechtbaren Bezugsverfügung festgehal-ten.

Art. 237 1Für nicht oder verspätet bezahlte Beträge wird vom31. Tag ab Fälligkeit ein Verzugszins geschuldet. Die Verzugszinspflichtwird durch das Ergreifen eines Rechtsmittels oder die Gewährung vonZahlungserleichterungen nicht berührt.2 und 3 Unverändert.

Zweck undBeurteilungs-grundlage

Art. 240a (neu) 1Der Steuererlass soll zu einer langfristigen unddauernden Sanierung der wirtschaftlichen Lage der steuerpflichtigenPerson beitragen. Er hat dabei der steuerpflichtigen Person selbst undnicht ihren Gläubigerinnen und Gläubigern zugutezukommen.2 Für den Entscheid sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisseder steuerpflichtigen Person zum Zeitpunkt des Entscheides unterBerücksichtigung der Zukunftsaussichten massgebend. Mitberücksich-

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tigt wird, ob der steuerpflichtigen Person im Zeitpunkt der Fälligkeitder Forderung eine fristgerechte Zahlung möglich gewesen wäre.3 Eine Beschränkung der Lebenshaltungskosten auf das betreibungs-rechtliche Existenzminimum zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuer-forderung und des Erlassentscheides gilt als zumutbar.4 Der Erlass von bereits bezahlten Steuerbeträgen ist nur möglich,wenn die Zahlung unter ausdrücklichem oder sich aus den Umständenergebendem Vorbehalt geleistet worden ist.5 Eine rechtskräftige Veranlagung kann im Rahmen des Erlassverfah-rens nicht überprüft werden.

Erlassgründe Art. 240b (neu) 1Eine Steuer wird insbesondere ganz oder teilwei-se erlassena bei offensichtlicher Härte der gesetzlichen Ordnung oder stossen-

der Ungerechtigkeit des Einzelfalles, die vom Gesetzgeber wedervorausgesehen noch beabsichtigt worden waren,

b wenn der geschuldete Steuerbetrag trotz Beschränkung der Le-benshaltungskosten auf das betreibungsrechtliche Existenz-minimum in absehbarer Zeit nicht vollständig beglichen werdenkann,

c bei einer drohenden Notlage durch ausserordentliche Familien-lasten und Unterhaltsverpflichtungen sowie durch selber zu tra-gende Krankheits- und Pflegekosten,

d bei erheblichen Geschäfts- und Kapitalverlusten von selbstständigErwerbstätigen und juristischen Personen, wenn dadurch die wirt-schaftliche Existenz des Unternehmens und Arbeitsplätze gefähr-det sind und die anderen gleichrangigen Gläubigerinnen undGläubiger im gleichen Ausmass auf ihre Forderungen verzichten,

e bei einer für die steuerpflichtige Person unzumutbaren Belastungoder Verwertung des Vermögens zur Tilgung der Steuerschulden,insbesondere wenn es sich dabei um einen unentbehrlichen Be-standteil der Altersvorsorge handelt.

2 Erhöhte Anforderungen werden an einen Erlass von Grundstück-gewinn-, Erbschafts- und Schenkungs- sowie Liquidationsgewinn-steuern gestellt, die grundsätzlich aus der Vermögenssubstanz oderbei der Grundstückgewinnsteuer aus dem Erlös zu entrichten sind.Bussen und damit zusammenhängende Nachsteuern werden nur inbesonders begründeten Ausnahmefällen erlassen.

Ausschluss- undNichteintretens-gründe

Art. 240c (neu) 1Von einem Steuererlass kann ganz oder teilweiseabgesehen werden, wenn die steuerpflichtige Persona ihre Pflichten im Veranlagungsverfahren ernstlich verletzt hat,

sodass eine Beurteilung der damaligen finanziellen Situation nichtmehr möglich ist,

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b die Mitwirkungspflichten im Steuererlassverfahren verletzt (wieNichteinreichen verlangter Belege),

c überschuldet ist und ein Steuererlass vorab ihren übrigen Gläu-bigerinnen und Gläubigern zugutekommen würde, es sei denn,die anderen gleichrangigen Gläubigerinnen und Gläubiger ver-zichten im gleichen Ausmass auf ihre Forderungen,

d während des Beurteilungszeitraums andere gleichrangige Gläu-bigerinnen oder Gläubiger bevorzugt behandelt,

e zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuerforderung trotz vorhan-dener verfügbarer Mittel weder Zahlungen leistet noch Rückstel-lungen vornimmt,

f verstorben ist und bei den Erben keine Steuererlassgründe vor-liegen,

g in der Lage ist, mit zumutbaren Zahlungserleichterungen dieSteuerausstände in absehbarer Zeit zu tilgen.

2 Nach Zustellung des Zahlungsbefehls, bei einem Nachlass-, Liquida-tions- oder Konkursverfahren wird auf ein Erlassgesuch nicht mehreingetreten.

II.

Das Gesetz vom 7. November 1989 über die steuerbegünstigten Ar-beitsbeschaffungsreserven (ABRG)1) wird wie folgt geändert:

LetztmaligeAnwendung

Art. 14a (neu) 1Arbeitsbeschaffungsreserven nach den Artikeln 2 ff.können nach dem 1. Juli 2008 nicht mehr gebildet werden.2 Der Regierungsrat regelt die Auflösung der bestehenden Arbeits-beschaffungsreserven analog zum Bundesrecht.3 Er wird ermächtigt, nach Auflösung der bestehenden Arbeits-beschaffungsreserven dieses Gesetz aufzuheben.

III.

Übergangsbestimmung

Auf Erbgänge, die vor Inkrafttreten dieser Änderung eröffnet wordensind, sind die Bestimmungen über die Nachsteuern nach bisherigemRecht anwendbar.

Inkrafttreten

Diese Änderung tritt am 1. Januar 2011 in Kraft.

1) BSG 836.13

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Bern, 12. August 2009 Im Namen des Regierungsrates

Der Präsident: KäserDer Staatsschreiber: Nuspliger

Das geltende Recht kann vor der Session bei der Staatskanzlei undwährend der Session beim Weibeldienst bezogen werden.