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DGZfP-Jahrestagung 2017 1 Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/ Strahlungsthermometrische Charakterisierung und Kalibrierung von Thermografiekameras an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Jörg HOLLANDT 1 , Berndt GUTSCHWAGER 1 , Sebastian KÖNIG 1 , Christian MONTE 1 1 Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Abbestraße 2-12, 10587 Berlin Kontakt E-Mail: [email protected] Kurzfassung. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt betreibt einen Messplatz zur strahlungsthermometrischen Charakterisierung und hochgenauen Kalibrierung von Thermografiekameras rückgeführt auf die Internationale Temperaturskala (ITS- 90). Der Messplatz verfügt über Wärmerohr-Hohlraumstrahler mit Aperturdurch- messern von bis zu 75 mm und über bezüglich ihrer Temperaturhomogenität und ihres spektralen Emissionsgrads genau vermessene Flächenstrahler, um die Kalibrierung von Thermografiekameras über einen Temperaturbereich von -60 °C bis 1000 °C zu ermöglichen. Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind an dem Messplatz geregelt und einstellbar. Mittels eines patentierten Verfahrens kann an dem Messplatz auch die Non-Uniformity-Correction (NUC) von Kameras sehr schnell und genau durchgeführt werden. Der Messplatz und beispielhafte Ergebnisse an Infrarot- Thermografiekameras werden vorgestellt. Einführung Die strahlungsthermometrische Charakterisierung und Kalibrierung einer Thermografie- kamera rückgeführt auf die Internationale Temperaturskala von 1990 (ITS-90) ist die Grundlage für jede quantitative Temperaturmessung mit dieser Kamera unter Angabe einer Messunsicherheit. Gegenüber punktförmig messenden Strahlungsthermometern sind Kameras in der Lage räumlich aufgelöste Temperaturmessungen sehr schnell durchzu- führen, sie benötigen jedoch einen deutlich höheren Aufwand für ihre Kalibrierung. Im VDI/VDE GMA Fachausschuss 8.16 Temperaturmessung mit Wärmebildkameras werden Richtlinien zur strahlungsthermometrischen Charakterisierung und Kalibrierung von Thermografiekameras erarbeitet [1,2]. Um den erhöhten Anforderungen zur Kalibrierung von Infrarot-Kamerasystemen gegenüber Strahlungsthermometern Rechnung zu tragen, hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt einen speziellen Messplatz für die Charak- terisierung und Kalibrierung von Thermografiekameras aufgebaut, der Kalibrierungen rückgeführt auf die ITS-90 unter Angabe einer Messunsicherheit gemäß dem Leitfaden Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement“ (GUM) [3] ermöglicht und damit die Anforderungen der genannten VDI/VDE-GMA-Richtlinien erfüllt.

Strahlungsthermometrische Charakterisierung und ...Ansprechverhaltens einer kommerziellen Thermografiekamera und der Temperaturinhomo-genität eines Flächenstrahlers nach dem genannten

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Page 1: Strahlungsthermometrische Charakterisierung und ...Ansprechverhaltens einer kommerziellen Thermografiekamera und der Temperaturinhomo-genität eines Flächenstrahlers nach dem genannten

DGZfP-Jahrestagung 2017

1 Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/

Strahlungsthermometrische Charakterisierung und Kalibrierung von

Thermografiekameras an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Jörg HOLLANDT 1, Berndt GUTSCHWAGER 1, Sebastian KÖNIG 1, Christian MONTE 1 1Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Abbestraße 2-12, 10587 Berlin

Kontakt E-Mail: [email protected]

Kurzfassung. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt betreibt einen Messplatz zur strahlungsthermometrischen Charakterisierung und hochgenauen Kalibrierung von Thermografiekameras rückgeführt auf die Internationale Temperaturskala (ITS-90). Der Messplatz verfügt über Wärmerohr-Hohlraumstrahler mit Aperturdurch-messern von bis zu 75 mm und über bezüglich ihrer Temperaturhomogenität und ihres spektralen Emissionsgrads genau vermessene Flächenstrahler, um die Kalibrierung von Thermografiekameras über einen Temperaturbereich von -60 °C bis 1000 °C zu ermöglichen. Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind an dem Messplatz geregelt und einstellbar. Mittels eines patentierten Verfahrens kann an dem Messplatz auch die Non-Uniformity-Correction (NUC) von Kameras sehr schnell und genau durchgeführt werden. Der Messplatz und beispielhafte Ergebnisse an Infrarot-Thermografiekameras werden vorgestellt.

Einführung

Die strahlungsthermometrische Charakterisierung und Kalibrierung einer Thermografie-kamera rückgeführt auf die Internationale Temperaturskala von 1990 (ITS-90) ist die Grundlage für jede quantitative Temperaturmessung mit dieser Kamera unter Angabe einer Messunsicherheit. Gegenüber punktförmig messenden Strahlungsthermometern sind Kameras in der Lage räumlich aufgelöste Temperaturmessungen sehr schnell durchzu-führen, sie benötigen jedoch einen deutlich höheren Aufwand für ihre Kalibrierung. Im VDI/VDE GMA Fachausschuss 8.16 Temperaturmessung mit Wärmebildkameras werden Richtlinien zur strahlungsthermometrischen Charakterisierung und Kalibrierung von Thermografiekameras erarbeitet [1,2]. Um den erhöhten Anforderungen zur Kalibrierung von Infrarot-Kamerasystemen gegenüber Strahlungsthermometern Rechnung zu tragen, hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt einen speziellen Messplatz für die Charak-terisierung und Kalibrierung von Thermografiekameras aufgebaut, der Kalibrierungen rückgeführt auf die ITS-90 unter Angabe einer Messunsicherheit gemäß dem Leitfaden „Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement“ (GUM) [3] ermöglicht und damit die Anforderungen der genannten VDI/VDE-GMA-Richtlinien erfüllt.

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1. Aufbau und Messverfahren des Kalibriermessplatzes

Der Kalibriermessplatz befindet sich in einem Laborraum mit regulierter Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit. Die Temperatur kann über einen Bereich von 18 °C bis 30 °C mit einer Stabilität von ± 1 °C, die relative Feuchtigkeit über einen Bereich von 25% bis zu 60% mit einer Stabilität von ± 2% eingestellt werden. Der schematische Aufbau des Messplatzes ist als gezeichnete Draufsicht in Abbildung 1 dargestellt. Abbildung 2 zeigt ein Foto des Messplatzes. Die strahlungsthermometrische Charakterisierung und Kalibrierung von Thermografiekameras erfolgt mit Hilfe von Hohlraumstrahlern und Flächenstrahlern bekannter Strahlungstemperatur, die nebenein-ander angeordnet sind [4,5]. Vor den Strahlungsquellen befindet sich ein automatisiertes x-y-z-Präzisionspositioniersystem mit einer mechanischen Reproduzierbarkeit von 100 µm. Es besteht aus einer 4-m-Achse entlang der Strahlungsquellen, einer 1-m-Achse zur Distanzeinstellung zwischen Kamera und Strahlungsquelle und einer 0,2-m-Achse zur Höhenverstellung der Kamera. Auf dem x-y-z-Positioniersystem sitzt eine Dreh-Kipp-Vorrichtung zur Kameraaufnahme, die ein gezieltes Verdrehen und Verkippen der Kamera zur optischen Achse erlaubt.

Am Messplatz stehen vier, individuell von der KE-Technologie GmbH gefertigte Wärmerohr-Holraumstrahler zur Verfügung, die einen Temperaturbereich von -60 °C bis 1000 °C lückenlos abdecken. Darüber hinaus verfügt der Messplatz über zwei kommerzielle Flächenstrahler im Temperaturbereich von -15 °C bis 600 °C. Während die strahlende Fläche der Hohlraumstrahler auf einen maximalen Durchmesser von 75 mm begrenzt ist, ist die strahlende Fläche der Flächenstrahler bis zu 300 mm x 300 mm.

Abb. 1. Schematischer Aufbau des Thermografiekamera-Kalibriermessplatzes als Draufsicht

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Abb. 2. Der Thermografiekamera-Kalibriermessplatz Über die lokalen Verdampfungs- und Kondensationsprozesse eines unter hohem Dampfdruck stehenden Materials (z.B. Ammoniak oder Natrium) erreicht man mit Wärmerohren innerhalb ihrer geschlossenen Wärmerohrstruktur eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit und damit eine sehr gute Temperaturhomogenität. Die vier Wärmerohre des Messplatzes bilden somit die Normalstrahler mit genau bekannter Strahlungstemperatur für die Kalibrierung von Thermografiekameras. Sie werden jeweils von einem Rohrofen mit einer bifilaren Heizwicklung und einer störstrahlungsarmen Gleichstrom-Leistungs-versorgung beheizt. Lediglich das Ammoniak-Wärmerohr wird mit Hilfe eines hochwertigen Flüssigkeitsthermostaten ab -60 °C temperiert. Die Rohröfen besitzen einen doppelwandigen wassergekühlten Edelstahlmantel zur Wärmeabschirmung und können so problemlos im temperaturstabilisierten Laborraum betrieben werden. Die Temperatur der Heizwicklung wird durch einen separaten Sensor auf eine zeitliche Stabilität von besser als 0,1 °C geregelt. Die Temperatur des Wärmerohrs und damit die Strahlungstemperatur des vom Wärmerohr umschlossenen Hohlraums wird mit einem Normal-Platinwiderstandsthermometer (Normal-PRT) gemessen und in einer den Sollwert der Heizwicklung beeinflussenden Schleife geregelt. Das Normal-PRT befindet sich jeweils in einer 200 mm (Cs- und Na-Wärmerohre) bzw. 150 mm (NH3-Wärmerohr) und 250 mm (H2O-Wärmerohr) langen Bohrung auf der Rückseite des Wärmerohrs, die unmittelbar bis an den Hohlraumboden führt.

Abbildung 3 zeigt beispielhaft den Aufbau eines Wärmerohr-Hohlraumstrahlers am Messplatz. Die Widerstandsverhältnisse der Normal-PRTs wurden direkt gegen die Fixpunkte der Internationalen Temperaturskala kalibriert. Durch die Feinregelung des Temperatursollwerts der Heizung und durch die hohe thermische Trägheit des Wärmerohrs weist die mit dem Normal-PRT gemessene Temperaturstabilität während der Kalibrierung einer Thermografiekamera eine Standardabweichung von typisch 4 mK auf. In den Tabellen 1 und 2 sind die vier Wärmerohrstrahler mit wichtigen technischen Daten aufgeführt.

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Abb. 3. Querschnitt des Natrium-Wärmerohr-Hohlraumstrahlers

mit Normal-PRT zur Messung der Hohlraumtemperatur

Tabelle 1. Technische Daten der vier Wärmerohr-Hohlraumstrahler: Material und Abmessungen der durch die Wärmerohre gebildeten Hohlräume

Hohlraumstrahler-Typ Temperaturbereich /

°C Material des Wärmerohrs

Länge des Hohlraums/

mm

Durchmesser des Hohlraums / mm

Ammoniak-Wärmerohr - 60 ... + 50 Edelstahl 300 75 Wasser-Wärmerohr 50 ... 270 Monel 400 442 63 Cäsium-Wärmerohr 270 ... 650 Inconel 600 368 41 Natrium-Wärmerohr 500 ... 1000 Inconel 600 368 41

Tabelle 2. Technische Daten der vier Wärmerohr-Hohlraumstrahler: Beschichtung der Hohlraumwände, ihre Wandemissionsgrade εW und die resultierenden effektiven

Emissionsgradwerte ε für den Hohlraum. Die Werte gelten für die in der Tabelle angegebenen Blendendurchmesser und isotherme Hohlraumwände. Die angegebenen Standardmessunsicherheiten

der Emissionsgradwerte gelten im Spektralbereich von 1 µm bis 15 µm.

Hohlraumstrahler-Typ Beschichtung εW Durchmesser der Blende

/mm

ε

Ammoniak-Wärmerohr Nextel 811-21, 100 µm 0,965 ± 0,015 75 0,999 5 ± 0,000 2 Wasser-Wärmerohr Senotherm, 20 µm 0,88 ± 0,04 50 0,999 8 ± 0,000 2 Cäsium-Wärmerohr oxidiertes Inconel 600 0,75 ± 0,10 30 0,999 6 ± 0,000 2 Natrium-Wärmerohr oxidiertes Inconel 600 0,75 ± 0,10 30 0,999 6 ± 0,000 2

Bei der Kalibrierung einer Thermografiekamera wird diese mit Hilfe des Positioniersystems in der gewünschten optischen Ausrichtung vor einem Hohlraumstrahler positioniert. Es kann im Temperaturbereich von -60 °C bis 1000 °C jede beliebige Strahlungstemperatur eingestellt werden. Bei den meisten Kameras ist jedoch das von der Kamera erfasste Mess- bzw. Gesichtsfeld größer, als die jeweils maximale Blende der am Messplatz zur Verfügung stehenden Wärmerohr-Hohlraumstrahler. Es kann dann nur die Temperaturanzeige eines Teils des Messfeldes der Kamera, z.B. des Zentrums kalibriert werden. Eine präzise Verschiebung der Kamera vor dem jeweiligen Strahler und damit eine schrittweise

368 mm

ø 92 mm

ø 41 mm

bifilare Heizwicklung doppelwandiger, wasser-gekühlter Edelstahlmantel

200 mm

Schutzrohr 950 mm Keramik-Isolation Wärmerohr Blende

Normal- PRT

Pt100 bzw. Platin-

Thermoele-ment

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Kalibrierung des gesamten Messfeldes der Kamera ist möglich. Angaben zur Position und Fläche des für die Kalibrierung verwendeten Messfeldausschnittes sind dann wesentlicher Bestandteil des Kalibrierscheins.

Tabelle 3. Kleinstmögliche Messunsicherheit für die Kalibrierung einer Thermografiekamera

rückgeführt auf die Internationale Temperaturskala. Angegeben ist die erweiterte Temperaturunsicherheit (k=2)

mit einem Vertrauensintervall von 95%

t / °C Temperaturunsicherheit in °C

bei 1,6 µm

Temperaturunsicherheit in °C

bei 3,9 µm

Temperaturunsicherheit in °C

bei 10 µm -50 0,11 0,065 -20 0,063 0,062 -10 0,062 0,061 0 0,061 0,061 50 0,060 0,060

100 0,064 0,065 0,066 200 0,14 0,15 0,15 300 0,18 0,18 0,19 400 0,036 0,055 0,10 500 0,042 0,065 0,12 600 0,052 0,082 0,14 660 0,083 0,11 0,17 700 0,088 0,11 0,18 800 0,10 0,14 0,21 900 0,13 0,17 0,25 960 0,15 0,19 0,28

Die Verwendung der beiden Flächenstrahler am Kalibriermessplatz ermöglicht die Kalibrierung von größeren Teilen des Messfeldes einer Thermografiekamera oder auch des gesamten Messfeldes. Wenngleich die Flächenstrahler von hoher metrologischer Qualität bezüglich ihres Oberflächenemissionsgrads und ihrer Temperaturhomogenität sind, ist die Unsicherheit ihrer Strahlungstemperatur und ihre Nichtisothermie über die strahlende Fläche gegenüber den Wärmerohr-Hohlraumstrahlern deutlich erhöht. Der Messplatz verfügt jedoch über hochwertige Transfer-Stahlungsthermometer, die als quasi punktförmig messende Vergleichsinstrumente zwischen den als Normalstrahlern betriebenen Wärmerohr-Hohlraumstrahlern und den Flächenstrahlern eingesetzt werden. Auf diese Weise kann die Strahlungstemperatur der Flächenstrahler vor der Kalibrierung einer Thermografiekamera direkt gegen die Wärmerohr-Hohlraumstrahler gemessen werden. Über das punktweise Abrastern der strahlenden Fläche eines Flächenstrahlers mit einem Transfer-Strahlungs-thermometer kann auch dessen Temperaturinhomogenität genau bestimmt werden. Darüber hinaus verfügt die PTB über Emissionsgradmessplätze, die es erlauben den spektralen Gang des Emissionsgrads der Oberfläche des Flächenstrahlers genau zu bestimmen. In Kombination mit diesen Messmöglichkeiten können die Flächenstrahler so als hochwertige Referenzstrahler für die Kalibrierung von Thermografiekameras eingesetzt werden und erlauben eine auf die Internationale Temperaturskala rückgeführte Kalibrierung mit genauer Angabe der Messunsicherheit. In Tabelle 4 sind die Flächenstrahler mit wichtigen technischen Daten aufgeführt.

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Der Messplatz ermöglicht so einerseits die direkte Kalibrierung von Thermografie-kameras an den Wärmerohr-Hohlraumstrahlern und Flächenstrahlern der PTB, und ander-seits über den Einsatz der Transfer-Strahlungsthermometer als Vergleichsinstrumente auch die Kalibrierung von Flächenstrahlern für Kunden gegen die Wärmerohr-Hohlraumstrahler.

Tabelle 4. Technische Daten der zwei Flächenstrahler

Flächenstrahler-Typ Fluke 4180 Mikron M315X12HT

Strahlende Fläche Ø 152,4 mm 300 mm x 300 mm

Temperaturbereich -15 °C bis 120 °C Umgebungstemperatur bis 600 °C

Temperaturauflösung der Sollwertvorgabe

0,01 °C 0,1 °C

Temperaturstabilität ± 0,05 °C bis ± 0,10 °C ± 0,2 °C

Temperaturhomogenität über Ø 5,0 Zoll: ± 0,10 °C

bis ± 0,25 °C über (10 x 10 Zoll): ± 1 °C

bei 200 °C

2. Schnelle und genaue Bestimmung der NUC

Die einzelnen Detektorelemente des Matrixempfängers einer Thermografiekamera besitzen in der Regel ein unterschiedliches Ansprechverhalten auf die einfallende Strahlung. Das unterschiedliche Dunkelsignal (off-set) und die unterschiedliche Empfindlichkeit (responsivity) der einzelnen Detektorelemente erfordern eine Korrektur der Ungleich-förmigkeit des Ansprechverhaltens (Non-Uniformity-Correction, NUC) für jedes Detektor-element. Diese Korrektur wird im Allgemeinen über die Beobachtung einer möglichst homogen strahlenden Fläche mit bekannter Strahlungstemperatur, die das Messfeld der Kamera voll ausleuchtet, bei mehreren Strahlungstemperaturen durchgeführt. Flächen-strahler liefern jedoch, insbesondere bei Temperaturen, die deutlich von der Umgebungs-temperatur abweichen, nur mit Einschränkungen eine homogene Strahlungstemperatur-verteilung. Abweichungen von der Homogenität in der Strahlungstemperatur des Strahlers werden so bei der NUC auf die Kamera übertragen.

Ein genaues Vermessen der Inhomogenität des Flächenstrahlers mit einem Strahlungsthermometer ist an dem Kalibriermessplatz, wie oben bereits erläutert, möglich. Es ist jedoch sehr zeitintensiv und muss für jede Strahlertemperatur neu durchgeführt werden. Es erfordert darüber hinaus zeitlich sehr stabile Strahler.

Die PTB hat ein patentiertes Verfahren entwickelt, das eine sehr schnelle und sehr genaue NUC von Thermografiekameras auch mit inhomogen strahlenden Flächenstrahlern ermöglicht, wenn sie nur über eine ausreichende Kurzzeitstabilität verfügen [6]. Das Verfahren beruht auf einer planvollen horizontalen und vertikalen Verschiebung der Kamera vor dem Flächenstrahler und der Aufnahme mehrerer (mindestens 3) versetzter thermografischer Bilder des Strahlers. Für die NUC werden relative Informationen des Ansprechverhaltens der einzelnen Detektorelemente bezogen auf ein frei wählbares Referenzdetektorelement verwendet, die sich aus den versetzten Bildaufnahmen ergeben. Das Verfahren ist im Detail in [7,8] beschrieben. Es ermöglicht darüber hinaus auch die schnelle Bestimmung der Verteilung der Strahlungstemperatur (Temperaturinhomogenität) auf dem Flächenstrahler.

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Im Weiteren wird beispielhaft die simultane Ermittlung der Ungleichförmigkeit des Ansprechverhaltens einer kommerziellen Thermografiekamera und der Temperaturinhomo-genität eines Flächenstrahlers nach dem genannten patentierten Verfahren vorgestellt. Die verwendete Thermografiekamera arbeitet in einem Spektralbereich von 7,7 µm bis 9,3 µm mit einem gekühlten Matrixempfänger von 320 x 256 Detektorelementen. Sie ist vom Hersteller auf der Grundlage ihrer Werkskalibrierung mit einer Temperaturmessunsicherheit von 2 °C bzw. 2 % des angezeigten Temperaturwerts spezifiziert (es gilt dabei immer der jeweils größere Wert). Die Bestimmung der Ungleichförmigkeit erfolgte an einem Flächenstrahler mit einer strahlenden Fläche von 300 mm x 300 mm. Die Kamera wurde so auf den Strahler justiert, dass die gesamte Strahlerfläche innerhalb des Messfeldes der Kamera (320 x 256 Pixel) lag. Diese Art der Justierung erlaubt eine Bestimmung der Temperaturinhomogenität des Strahlers über die gesamte Strahlerfläche. Eine Justierung der Kamera, bei der die gesamte Detektormatrix durch den Strahler ausgeleuchtet wird, wäre ebenfalls möglich und würde zu einer Bestimmung der Ungleichförmigkeit über das gesamte Messfeld (Gesichtsfeld) der Kamera führen. Der Strahler wurde für diese Messungen bei den vier Sollwerttemperaturen 55 °C, 155 °C, 420 °C und 520 °C betrieben.

Abbildung 4 zeigt für die vier genannten Sollwerttemperaturen die Temperatur-differenzen der von der Kamera angezeigten Strahlungstemperaturen für alle ausge-leuchteten Detektorelemente bezogen auf die im zentralen Detektorelement gemessene Temperatur. Die dargestellten Temperaturdifferenzen resultieren zum Teil aus der Inhomgenität der Strahlungstemperatur des Flächenstrahlers und zum Teil aus der Un-gleichförmigkeit des Ansprechverhaltens der Thermografiekamera.

Abb. 4. Darstellung der mittels einer Thermografiekamera ermittelten örtlichen Strahlungstemperatur-differenzen eines Flächenstrahlers bezogen auf das Zentrum bei vier verschiedenen Temperaturen

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Mit der Aufnahme von jeweils drei gegeneinander leicht verschobenen Messungen bei einer Sollwerttemperatur des Strahlers und dem PTB-Auswerteverfahren kann schnell zwischen den beiden Ursachen unterschieden werden. Es liefert so die vollständige Information über die Inhomogenität der Strahlungstemperatur des Flächenstrahlers im empfindlichen Spektralbereich der verwendeten Thermografiekamera (Abbildung 5) und die Ungleichförmigkeit der Thermografiekamera (Abbildung 6) für die jeweiligen Sollwerttemperaturen des Strahlers.

Abb. 5. Ermittelte Ungleichförmigkeit der Strahlungstemperatur des Flächenstrahlers aus Abbildung 4 bezogen auf das Zentrum bei vier verschiedenen Temperaturen unter Anwendung des PTB-Verfahrens. Die Ergebnisse sind befreit vom Einfluss der Ungleichförmigkeit der Anzeige der Thermografiekamera.

Abbildung 6 zeigt die Ungleichförmigkeit der Thermografiekamera bei den vier verschiedenen Temperaturen des Flächenstrahlers aus Abbildung 4, als Ergebnis der Anwendung des PTB-Verfahrens. Aus diesen ermittelten Ungleichförmigkeiten der Anzeige der Thermografiekamera können die Korrekturdaten (NUC) für die Thermografiekamera berechnet werden.

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Abb. 6. Ermittelte Ungleichförmigkeit der Anzeige einer Thermografiekamera bei den vier verschiedenen Temperaturen des Flächenstrahlers aus Abbildung 4, nach Anwendung des PTB-Verfahrens.

Referenzen

[1] VDI/VDE-Richtlinie 5585 Blatt 1 “Technische Temperaturmessung - Temperaturmessung mit Thermografiekameras - Messtechnische Charakterisierung“, Gründruck Oktober 2016 [2] VDI/VDE-Richtlinie 5585 Blatt 2 “Technische Temperaturmessung - Temperaturmessung mit Thermografiekameras - Kalibrierung von Thermografiekameras“, in Vorbereitung [3] ISO/IEC Guide 98-3:2008 “Uncertainty of measurement – Part 3: Guide to the expression of uncertainty in measurement”, ISO, Genf 2008, ISBN 92-67-10188-9. [4] B. Gutschwager, D. Taubert, J. Hollandt, “Analysis of Reference Sources for the Characterization

and Calibration of Infrared Cameras”, International Journal of Thermophysics 36, Numbers 2-3, 303-314 (2015)

[5] B. Gutschwager, D. Cárdenas-García, J. Hollandt, “Determination of the Responsivity Non-uniformity of an Infrared Camera with Regard to the Measurement of Radiance Temperatures”, Meas. Sci. Technol. 26, 115402 (2015)

[6] “Verfahren zum Ermitteln von Korrekturparametern zum Korrigieren von Messwerten von Bildpunkten, um die Ungleichheit des Übertragungsverhaltens einzelner oder aller Bildpunkte eines Bildaufnahmesystems zu korrigieren,” Deutsches Patent- und Markenamt, Germany, 10 2014 018 340.8.

[7] B. Gutschwager and J. Hollandt, “Nonuniformity correction of imaging systems with a spatially nonhomogeneous radiation source”, Applied Optics 54, Issue 36, 10599-10605 (2015) https://doi.org/10.1364/AO.54.010599

[8] B. Gutschwager, J. Hollandt, “Nonuniformity correction of infrared cameras by reading radiance temperatures with a spatially nonhomogeneous radiation source”, Meas. Sci. Technol. 28, 015401 (2017)