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RÄTSEL | MAGAZIN © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 2/2013 (43) | Biol. Unserer Zeit | 125 RÄTSEL Straßenkinder seine zarte Schönheit im Pflaster- bereich auffällt und in der zweiten Jahreshälfte dekorative Rispen her- vorbringt. Die Vegetation zwischen haus- nahen Steinplatten kann zu Zwist führen. Einer will sie erhalten, der andere vernichten. Beim mechani- schen Entfernen hat man mit den genannten Poaceen kein Problem, wohl aber mit dem Löwenzahn (Taraxacum officinale), der über eine lange Pfahlwurzel verfügt. Seine rosettenständigen, fiederspal- tigen oder gezähnten Blätter sind allgemein bekannt. Auch der Breit- wegerich (Plantago major) mit seinen grundständigen, eiförmig- Das Foto auf dieser Seite zeigt einen Lebensraum, den wir alltäg- lich sehen: eine Spalte zwischen Steinen, mit denen wir erhebliche Teile unserer Städte versiegeln. Ob auf Gehwegen, Garten- oder Dach- terrassen, an Haltestellen von Bah- nen oder Bussen, überall präsen- tiert sich uns ein ähnliches Bild: Winzige Pflanzen sprießen aus den Fugen hervor, bei genauerem Hin- schauen wird man sogar Blüten entdecken. Am Rande viel began- gener Wege kann die Vegetation recht divers sein, in den schmalen Spalten der Trittpfade jedoch ist nur eine vergleichbar kleine Gruppe von Blütenpflanzen anzutreffen. Zu den häufigen Besiedlern zählt das Einjährige Rispengras (Poa annua). Es blüht schon, wenn wir es am wenigsten erwar- ten: im Winter sogar unter dem Schnee, aber auch später. Auf diese Weise können im Laufe eines Jahres mehrere Generationen entstehen. Ein Gras, welches im selben Lebensraum vor allem im Sommer auffällt, ist das Liebesgras (Eragros- tis), das mit mehreren Arten bei uns eingebürgert wurde, durch elliptischen Blättern und unschein- baren Blüten in Ähren ist häufig an- zutreffen und mechanisch nicht so leicht zu entfernen. Eine weitere Vertrittpflanze ist der Vogelknöte- rich (Polygonum aviculare). Die niederliegende Pflanze wird – je nach Belastung – wenige Zentime- ter bis zu einem halben Meter lang, und ihre linealischen bis eiförmi- gen Blätter sind 0,5–3 cm lang. Die kleinen Blüten sind grün oder rot und in der zweiten Jahreshälfte zu sehen. Poa annua und Polygonum aviculare werden von Pflanzen- soziologen als Kennart der Vogel- knöterich-Vertrittgesellschaft ange- sehen. Unsere Rätselpflanze wird von notorischen Fugensäuberern oft als Moos missinterpretiert. Sie ist die Kennart der Straßenpflaster- Trittgesellschaft, bildet kleine Rasen (Abbildung), wurzelt oft an den Knoten und bringt von Juli bis September kleine, unscheinbare Blüten hervor, denen die Kronblät- ter meist fehlen. Die Blütenstiele werden postfloral zunächst zurück- gebogen. Unserer Rätselpflanze sieht man nicht unmittelbar ihre Stellung im System der Pflanzen an. In ihre Familie gehört Dian- thus, aus Blumengeschäften und Bauerngärten kaum wegzudenken, aber auch die schöne, jedoch gif- tige Gattung Agrostemma. Wie heißt dieses „Straßenkind“? Volker Storch, Universität Heidelberg Schicken Sie bitte Ihre Lösung per Postkarte bis zum 28. Mai 2013 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Bitte keine Postfach-Anschriften angeben! Verlost wird dreimal... In Heft 1/2013 suchten wir: 1. Tridacna 2. Symbiodinium Gewonnen haben H. Adolphs, Mettmann S. Steitz, Wiesloch Dr. P. Reisinger, München Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ABB. Typische Straßenpflaster- Trittgesell- schaft.

Straßenkinder

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R Ä T S E L | M AG A Z I N

© 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 2/2013 (43) | Biol. Unserer Zeit | 125

R Ä T S E L

Straßenkinder

seine zarte Schönheit im Pflaster-bereich auffällt und in der zweitenJahreshälfte dekorative Rispen her-vorbringt.

Die Vegetation zwischen haus-nahen Steinplatten kann zu Zwistführen. Einer will sie erhalten, derandere vernichten. Beim mechani-schen Entfernen hat man mit dengenannten Poaceen kein Problem,wohl aber mit dem Löwenzahn(Taraxacum officinale), der übereine lange Pfahlwurzel verfügt.Seine rosettenständigen, fiederspal-tigen oder gezähnten Blätter sindallgemein bekannt. Auch der Breit-wegerich (Plantago major) mitseinen grundständigen, eiförmig-

Das Foto auf dieser Seite zeigt einen Lebensraum, den wir alltäg-lich sehen: eine Spalte zwischenSteinen, mit denen wir erheblicheTeile unserer Städte versiegeln. Obauf Gehwegen, Garten- oder Dach-terrassen, an Haltestellen von Bah-nen oder Bussen, überall präsen-tiert sich uns ein ähnliches Bild:Winzige Pflanzen sprießen aus denFugen hervor, bei genauerem Hin-schauen wird man sogar Blütenentdecken. Am Rande viel began-gener Wege kann die Vegetationrecht divers sein, in den schmalenSpalten der Trittpfade jedoch istnur eine vergleichbar kleineGruppe von Blütenpflanzen anzutreffen.

Zu den häufigen Besiedlernzählt das Einjährige Rispengras(Poa annua). Es blüht schon,wenn wir es am wenigsten erwar-ten: im Winter sogar unter demSchnee, aber auch später. Auf dieseWeise können im Laufe eines Jahres mehrere Generationen entstehen.

Ein Gras, welches im selben Lebensraum vor allem im Sommerauffällt, ist das Liebesgras (Eragros-tis), das mit mehreren Arten beiuns eingebürgert wurde, durch

elliptischen Blättern und unschein-baren Blüten in Ähren ist häufig an-zutreffen und mechanisch nicht soleicht zu entfernen. Eine weitereVertrittpflanze ist der Vogelknöte-rich (Polygonum aviculare). Dieniederliegende Pflanze wird – jenach Belastung – wenige Zentime-ter bis zu einem halben Meter lang,und ihre linealischen bis eiförmi-gen Blätter sind 0,5–3 cm lang. Diekleinen Blüten sind grün oder rotund in der zweiten Jahreshälfte zusehen.

Poa annua und Polygonumaviculare werden von Pflanzen -soziologen als Kennart der Vogel-knöterich-Vertrittgesellschaft ange-sehen. Unsere Rätselpflanze wirdvon notorischen Fugensäuberernoft als Moos missinterpretiert. Sieist die Kennart der Straßenpflaster-Trittgesellschaft, bildet kleine Rasen (Abbildung), wurzelt oft anden Knoten und bringt von Juli bisSeptember kleine, unscheinbareBlüten hervor, denen die Kronblät-ter meist fehlen. Die Blütenstielewerden postfloral zunächst zurück-gebogen. Unserer Rätselpflanzesieht man nicht unmittelbar ihreStellung im System der Pflanzenan. In ihre Familie gehört Dian-thus, aus Blumengeschäften undBauerngärten kaum wegzudenken,aber auch die schöne, jedoch gif-tige Gattung Agrostemma.

Wie heißt dieses „Straßenkind“?

Volker Storch,Universität Heidelberg

Schicken Sie bitte Ihre Lösung per Postkarte bis zum 28. Mai 2013 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Bitte keinePostfach-Anschriften angeben! Verlost wird dreimal...

In Heft 1/2013 suchten wir:1. Tridacna2. Symbiodinium

Gewonnen haben• H. Adolphs, Mettmann• S. Steitz, Wiesloch• Dr. P. Reisinger, München

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

A B B . TypischeStraßenpflaster-Trittgesell-schaft.