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Kapitalstrukturen in Deutschland - Wege aus der Krise Dokumentation des Symposiums vom 9. Oktober 2009 Studien des Deutschen Aktieninstituts, Heft 47 Herausgegeben von Prof. Dr. Rüdiger von Rosen Frankfurt am Main, Juni 2010 DEUTSCHES AKTIENINSTITUT

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Kapitalstrukturen in Deutschland -Wege aus der Krise

Dokumentation des Symposiums vom 9. Oktober 2009

Studien des Deutschen Aktieninstituts, Heft 47Herausgegeben von Prof. Dr. Rüdiger von RosenFrankfurt am Main, Juni 2010

DEUTSCHES A KTIENI NSTI TU T

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Herausgeber: Prof. Dr. Rüdiger von RosenDeutsches Aktieninstitut e.V. Tel. 0 69/9 29 15-0 Niedenau 13-19 Fax 0 69/9 29 15-1260325 Frankfurt a. M. Internet http://www.dai.de

Redaktion: Dr. Uta-Bettina von Altenbockum Tel. 0 69/9 29 15-47E-Mail [email protected]

Dr. Franz-Josef Leven Tel. 069/9 29 15-24E-Mail [email protected]

1. Auflage, Juni 2010

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-934579-61-3

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Kapitalstrukturen in Deutschland – Wege aus der Krise

Dokumentation des Symposiums vom 9. Oktober 2009

Studien des Deutschen Aktieninstituts, Heft 47

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Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort 7

1. Empirische Erkenntnisse zur Kapitalstrukturpolitik von Aktiengesellschaften

Prof. Dr. Wolfgang Bessler 11

2. Vorschläge zur Verbesserung des Zugangs mittelständischer Unternehmenzum Markt für Beteiligungskapital

Prof. Dr. Christoph Kaserer 26

3. Die Deutsche Börse bietet mittelständischen Unternehmen das Tor zumMarkt für Beteiligungskapital

Dr. Martin Steinbach 48

4. Financial (Re)Structuring: Möglichkeiten der Eigenkapitalstärkung imMittelstand

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann 65

5. Vorsichtige Bilanzierung und Corporate Finance

Prof. Dr. Jochen Bigus 81

6. Debt-Equity-Swaps im deutschen Sanierungsrecht

PD Dr. Andreas Engert, LL.M. (Univ. Chicago) 82

Referenten 96

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Vorwort

Die deutsche Wirtschaft leidet unter Eigenkapitalmangel. Dabei kann –und das wissen wir nicht erst seit gestern – ein zu hoher Anteil anFremdkapital den Fortbestand eines Unternehmens gefährden. Die man-gelhafte Eigenkapitalausstattung hat sich auch in der internationalen Fi-nanzkrise hinsichtlich der Risikotragfähigkeit der Kreditinstitute gezeigt.Die hieraus resultierenden Ansteckungseffekte haben sogar die Stabilitätdes gesamten internationalen Finanzsystems erschüttert. Die Rettungs-und Konjunkturpakete mit bis dahin unvorstellbaren Milliardenbeträgensprechen Bände. Im Bankensektor werden wir deshalb künftig eine deut-liche Erhöhung der Eigenkapitalquote erleben. Allein der Kapitalbedarfder europäischen Großbanken wird auf knapp 80 Milliarden US-Dollargeschätzt. Diese Erkenntnisse aus der Finanzkrise machen besondersdeutlich, dass auch in der Finanzierung der Unternehmen der Faktor Ei-genkapital wieder verstärkt berücksichtigt werden muss. Eigenkapital istbekanntermaßen nicht nur ein Puffer für unerwartete Verluste, sondernsignalisiert auch potenziellen Kapitalgebern eine höhere Bonität und istdaher die Eintrittskarte für den Zugang zu weiteren Finanzierungen.

Was die derzeitige Eigenkapitalversorgung der Unternehmen betrifft,sind allerdings erste Hoffnungsschimmer zu erkennen. Dank der gutenStimmung an den Aktienmärkten fällt es vielen Unternehmen jetzt wie-der etwas leichter, den organisierten Kapitalmarkt und speziell die Börsein Anspruch zu nehmen. Dieses Bild wird in Deutschland bislang vonKapitalerhöhungen dominiert. Neuemissionen sind bis dato weitgehendFehlanzeige. 2009 hat nur ein deutsches Unternehmen im Entry Standardder Frankfurter Wertpapierbörse den Schritt auf das Parkett gewagt, bisMai 2010 waren es ganze vier.

Neben der Unternehmenssicht auf die Eigenkapitalfinanzierung darf auchdie Anlegersicht nicht vernachlässigt werden. Die Bereitschaft der Anle-ger, risikotragendes Kapital bereitzustellen, ist schließlich Voraussetzungdafür, dass Unternehmen ihr Eigenkapital stärken können. Ein effizienterinstitutioneller Rahmen der Aktienanlage ist dabei ein wesentlicherPunkt. Ein wesentlicher Grund für die geringe Eigenkapitalausstattungund mangelnden Aktienakzeptanz liegt nicht zuletzt in der unterschiedli-chen Besteuerung von Eigen- und Fremdkapital. Die Abgeltungsteuer mitder uneingeschränkten Besteuerung von Veräußerungsgewinnen und derAbschaffung des Halbeinkünfteverfahrens führt faktisch zu einer Ver-sechsfachung der steuerlichen Bemessungsgrundlage für Erträge aus der

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Aktienanlage. Sie muss dringend reformiert werden. Attraktive, die Ei-genkapitalanlage nicht diskriminierende steuerliche Rahmenbedingungenfür den Aktienbesitz werden gebraucht, um künftig wieder mehr privateAnleger für die Aktie zu begeistern.

Es ist also nicht verwunderlich, dass das Aktienengagement der deut-schen Privatanleger im internationalen Vergleich immer noch äußerstgering ist. Dabei kann vor dem Hintergrund einer stetig nachlassendenLeistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung nicht genug be-tont werden, wie wichtig die private Altersvorsorge auch mit der Aktieist. Das Ergebnis der Allensbach-Umfrage, wonach jeder dritte Berufstä-tige für das Alter voraussichtlich gar keine zusätzliche private Vorsorgetreffen wird, ist bestürzend und schreit geradezu nach entschiedenem po-litischem Handeln bei Altersvorsorge und Steuergesetzgebung, aber auchin der Bildungspolitik.

Vordringlich gilt es, die steuerliche Benachteiligung des Altersvorsorge-produkts Aktie zu beenden. Die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewin-nen bei längeren Haltedauern muss dringend wiedereingeführt werden.Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen notwendig, insbesondere einedeutliche Erhöhung des Sparer-Pauschbetrages, die Wiedereinführungdes Werbungskostenabzugs für Kapitalerträge und die Möglichkeit, Ver-luste aus Aktiengeschäften mit sonstigen Kapitalerträgen zu verrechnen.Es bleibt zu hoffen, dass die neue Bundesregierung diese längst fälligenReformschritte einleiten wird.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Mittelstandsfinanzierung. Diese be-findet sich in einer prekären Situation, beklagen doch einer Umfrage desBonner Instituts für Mittelstandsforschung zufolge 40 Prozent der Mittel-ständler negative Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Hier-zu trägt wesentlich bei, dass die Mittelständler keine neuen Kreditlinienihrer Hausbanken eingeräumt bekommen. Dies ist sicherlich auch demknappen Eigenkapital der Banken und einer hieraus resultierenden vor-sichtigeren Kreditpolitik geschuldet.

Viele Mittelständler sind nicht in der Lage, die verschiedenen Quellen derEigenkapitalfinanzierung kurzfristig zu nutzen, und daher auf Fremdka-pital angewiesen. Um die Kreditversorgung des Mittelstands zu gewähr-leisten, sollten Möglichkeiten der Verbriefung von mittelständischenKrediten wieder stärker genutzt werden können. Die KfW könnte hierfüreine Plattform zur Verfügung stellen. Damit könnten die Risikopositio-nen der Banken verringert und diese in die Lage versetzt werden, die

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vom Mittelstand benötigten zusätzlichen Kredite auszureichen. Eine er-folgreiche Verbriefung von Kreditrisiken setzt allerdings voraus, dasssich genügend Käufer finden. Hieran mangelt es aber bisher, so dass ge-meinsame Anstrengungen notwendig sind, um diesen Markt wiederzube-leben. Die absehbare Neu-Regulierung von Verbriefungen – so notwen-dig sie sein mag – darf nicht das Kind mit dem Bade ausschütten undunnötige Hürden schaffen. Ungeachtet dessen muss es oberstes Ziel blei-ben, die Eigenkapitalausstattung aller Unternehmen zu verbessern.

Diese und andere Themen sind auf dem Symposium „Kapitalstrukturen inDeutschland – Wege aus der Krise“, das das Deutsche Aktieninstitut inZusammenarbeit mit der Wissenschaftlichen Kommission für Bankbe-triebslehre und Finanzierung im Verband der Hochschullehrer für Be-triebswirtschaft und mit der Unterstützung der PricewaterhouseCoopersAG im Oktober 2009 in Frankfurt veranstaltet hat, erörtert worden. Aus-gehend von einer breiten Bestandsaufnahme unseres durch Befragungenund empirische Tests gewonnenen Wissens über die Kapitalstrukturpoli-tik von Aktiengesellschaften durch Prof. Dr. Wolfgang Bessler von derUniversität Gießen beleuchtete Dr. Martin Steinbach von der DeutschenBörse in Frankfurt die Funktionen der Börse als Tor zur internationalenEigenkapitalfinanzierung. Dabei ging er auf die jüngsten Entwicklungenan den Börsen ebenso ein wie auf organisatorische Maßnahmen sowieVorschläge zur Verbesserung des Zugangs mittelständischer Unterneh-men zum Markt für Beteiligungskapital. Im letzten Punkt konnte er sichu.a. auf Vorarbeiten von Prof. Dr. Christoph Kaserer von der TechnischenUniversität München stützen, der seine Vorschläge krankheitsbedingtleider nicht vortragen konnte, aber im Rahmen dieser Dokumentationschriftlich zur Verfügung stellt.

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann von PricewaterhouseCoopers arbeitete inseinem Vortrag insbesondere die verschiedenen Optionen der Eigenkapi-talstärkung im Mittelstand heraus, während die Analysen von Prof. Dr.Jochen Bigus von der Universität Bern deutlich machten, dass sich dieArt der Bilanzierung auf die Beziehungen zu den Finanzmittelgebernauswirkt und hier insbesondere zwischen der Insiderfinanzierung (Haus-bank) und der Outsiderfinanzierung zu differenzieren ist. Schließlich be-schäftigte sich PD Dr. Andreas Engert, LL.M. von der Universität Mün-chen mit dem speziellen Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap undden rechtlichen Möglichkeiten des Einsatzes dieser durchaus attraktivenOption in der Krise der Unternehmen.

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Das Symposium hat unzweifelhaft dazu beigetragen, Theorie und Praxisin Bezug auf die aktuellen Fragen der Kapitalstrukturpolitik von Unter-nehmen zusammenzuführen. Als konstruktiver Beitrag zu der sicherlichnoch andauernden Diskussion über die Kapitalstrukturen in Deutschlandsowie Wege aus der Krise sind die Vorträge in der vorliegenden Doku-mentation zusammengefasst.

Prof. Dr. Rüdiger von Rosen Prof. Dr. Bernd Rudolph

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1. Empirische Erkenntnisse zur Kapitalstrukturpolitikvon Aktiengesellschaften

Prof. Dr. Wolfgang Bessler, Justus-Liebig-Universität Gießen

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich möchte Sie zu diesergemeinsamen Veranstaltung des Deutschen Aktieninstituts und derKommission „Finanzierung und Banken“ im Verband der Hochschulleh-rer für Betriebswirtschaftslehre herzlich begrüßen. Für die Einladung unddie Möglichkeit, heute zu Ihnen über das Thema „Kapitalstrukturpolitikvon Aktiengesellschaften“ zu sprechen und Ihnen den aktuellen Standder Forschung vorstellen zu können, möchte ich mich bei den Organisa-toren, den Kollegen Rüdiger von Rosen und Bernd Rudolph, herzlich be-danken. Auch ich halte es für außerordentlich wichtig, dass wir immerwieder versuchen, Theorie und Praxis zusammenzubringen. Ich bin mirsicher, dass sich viele interessante Diskussionspunkte ergeben werden,insbesondere auch deshalb, weil die Forschung bisher zu diesem Themazwar interessante Ansätze und empirische Ergebnisse vorzuweisen hat,aber bisher keine eindeutigen Lösungen und Handlungsanweisungenaufzeigen kann.

Ziel des Vortrages

Das Ziel meines Vortrages ist es, Ihnen zunächst einen Überblick überdas Forschungsgebiet „Kapitalstrukturpolitik“ zu geben. Dies sind einer-seits umfassende Managerbefragungen zur Kapitalstrukturpolitik vonUnternehmen, also die Praxis-Perspektive, und andererseits der aktuelleStand der akademischen Forschung, also mehr die Theorie- und Empirie-Perspektive. Lassen Sie mich aber zunächst auf einige grundsätzlicheFragen zur Finanzierung eingehen: Existiert überhaupt eine allgemeineund umfassende Theorie zur optimalen Kapitalstruktur und kann es dieseüberhaupt geben? Oder könnte es sein, dass sich die Realität vielmehr sodarstellt, dass es auf die spezielle Finanzierungs- und Unternehmenssitu-ation ankommt? Dann müsste man also auch immer situativ analysieren,wie sich das aktuelle ökonomische Umfeld des Unternehmens und desFinanzmarktes darstellt. Das führt somit zwangsläufig zu der Frage, obes überhaupt eine umfassende und allgemein gültige Theorie zur optima-len Kapitalstruktur von Unternehmen geben kann.

Im Rahmen meines Vortrages werde ich zunächst auf die Studien zur Be-fragung von Managern eingehen und danach den Stand der akademi-

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schen Forschung zur Kapitalstruktur kurz vorstellen. Im Weiteren werdendann einige spezielle Aspekte und Situationen der Unternehmensfinan-zierung dargestellt. Dies sind Börsengänge, Mergers und Akquisitionenund Unternehmen mit Zero Leverage sowie der Einfluss institutionellerInvestoren auf die Kapitalstrukturpolitik. Zum Abschluss werde ich eini-ge wichtige Aspekte und Erkenntnisse zusammenfassen.

Befragungen von Managern

Lassen Sie mich zunächst auf zwei Studien mit Praktiker-Befragungeneingehen. Die erste Studie von Graham und Harvey (2001) ist für dieUSA und die andere von Drobetz et al. (2006) betrachtet den deutsch-sprachigen Raum. Ich persönlich stehe Befragungen grundsätzlich kri-tisch gegenüber, da mir nicht klar ist, ob uns die Befragten zuverlässigeEinblicke in die wirklichen Zusammenhänge gewähren, oder ob sie unsnur die Antworten geben, von denen sie glauben, dass wir sie erwarten?Auch wenn das so sein könnte, sollten wir die Möglichkeit trotzdemnicht ganz ausschließen, dass wir interessante Einblicke gewinnen kön-nen, wie sich die Gedankengänge der Praktiker in diesem Bereich dar-stellen.

Lassen Sie uns zunächst die Problembereiche, die das Fremdkapitalbetreffen, analysieren. Hier kann man zweifelsohne einige wichtige Ant-worten erhalten. Danach erscheinen folgende Aspekte als besonderswichtig: Die finanzielle Flexibilität, das Credit Rating, die Volatilität derCashflows sowie das Zinsniveau. Es gibt aber noch eine Reihe von weite-ren zentralen Fragen: Können sich Unternehmen „billig“ mit Fremdkapi-tal oder Eigenkapital finanzieren, wenn anscheinend das Zinsniveauniedrig bzw. die Aktienkurse hoch sind, das heißt haben Vorstände bes-sere „Timing“-Fähigkeiten? Welchen Einfluss haben Steuern auf Finan-zierungsentscheidung und auf die Kapitalstruktur? Steuern sind wichtig,aber sie sind oftmals nicht einfach in Modelle zu integrieren. Ebenfallssind Transaktions- und Anpassungskosten zu berücksichtigen, die aberebenfalls nur schwer zu erfassen sind. Insgesamt ergibt sich also eineganze Reihe von Faktoren, die aus Sicht eines Praktikers den Verschul-dungsgrad mit beeinflussen und die im Hinterkopf des Praktikers existie-ren, wenn er über optimale Finanzierung nachdenkt.

Im Mittelpunkt der Finanzierung mit Eigenkapital, das heißt Börsengang,Kapitalerhöhung und Aktienrückkauf, stehen dagegen folgende Fragen:Gibt es eine optimale Kapitalstruktur und gibt es eine Zielkapitalstruktur,

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die Unternehmen langfristig anstreben? Kann man diese optimale Kapi-talstruktur theoretisch ableiten oder haben Vorstände eine klare Vorstel-lung darüber, wie sie finanziert sein sollten? Für Banken haben wir ge-setzliche Regelungen, die aber, wie wir gerade gesehen haben, nicht inallen Fällen ausreichend und sicherlich nicht optimal waren. Für diemeisten Industrien gibt es keine regulatorischen Vorgaben. Aber diezentralen Fragen bleiben: Wie kann sich ein Unternehmen zu minimalenKapitalkosten finanzieren? Was ist das langfristige Unternehmensziel inBezug auf den Verschuldungsgrad? Das sind die Aspekte, die bei Befra-gungen immer wieder hervorstechen. Interessant ist, was die akademi-sche Forschung zur Beantwortung dieser Fragen beitragen kann.

Finanzierung und Anleger sowie Banken und Börsen

Bevor ich versuche, diese Fragen zu beantworten, möchte ich auf einenAspekt aufmerksam machen, auf den Herr von Rosen in seinen einfüh-renden Worten bereits hingewiesen hatte. Wir dürfen in unserer Betrach-tung den Anleger nicht vergessen. Wir fragen immer wieder, wie sichUnternehmen optimal oder „billig“ finanzieren können. Dem gegenübersteht die optimale Asset Allocation der Anleger. Die Anleger müssen dieAktien oder Anleihen, die Unternehmen emittieren, auch für vorteilhafthalten und dann kaufen und halten. Die Anleger müssen davon über-zeugt sein, dass dies eine gute Anlagemöglichkeit ist, dass man dadurcheine „hohe“ risiko-adjustierte Rendite erzielen kann. Es müssen also im-mer beide Seiten der gleichen Medaille – Finanzierung und Geldanlage –betrachtet werden. Zudem besteht darüber hinaus noch die Frage, wiediese beiden Seiten, Finanzierung und Geldanlage, effizient in Kontakttreten können. Dafür benötigen wir Banken und Börsen. Wie zentral die-ser Aspekt ist, haben wir gerade in der Krise gesehen, als diese Instituti-onen nicht optimal funktionierten.

Lassen Sie mich diese Überlegungen aber für einen Augenblick noch ver-tiefen. In den letzten Wochen waren einige Kapitalerhöhungen zu beo-bachten, die Vorstände damit begründeten, dass es derzeit billig sei, sichzu finanzieren. Es stellt sich natürlich unmittelbar die Frage, wer dieseTitel gekauft hat oder wem die Banken diese Titel verkauft haben. Wennwir also glauben, dass Manager die Fähigkeit zu „Market Timing“ besit-zen und „Windows of Opportunities“ nutzen, dann können die Anlegerauf der anderen Seite in der Regel keine optimale Anlageentscheidungtreffen. Unternehmen müssen also Finanztitel kreieren und anbieten, indie der Anleger auch investieren möchte. Aus meiner Sicht ist es also

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wichtig, ein Gesamtbild zu haben, in dem die Unternehmen und die An-leger, aber auch die Banken und Börsen gleichzeitig betrachtet werden.Deshalb sind meine Forschungsgebiete nicht nur die Unternehmensfi-nanzierung, sondern auch das Asset Management sowie Banken undBörsen. Zu viele Theorien und empirische Studien schauen leider immernur auf den einen Aspekt, nämlich wie sich Unternehmen optimal finan-zieren können und übersehen dabei andere wesentliche Aspekte.

Theorien zur Kapitalstruktur

Als nächstes möchte ich mich den Theorien zur Kapitalstruktur zuwen-den. Lassen Sie mich dazu bitte kurz auf die traditionellen Sichtweisenzur Kapitalstruktur eingehen. Es wurde schon frühzeitig die Auffassungvertreten, dass eine optimale Kapitalstruktur existiert, bei der die Kapi-talkosten des Unternehmens minimiert sind. Dann haben Modigliani undMiller (1958) mit ihrer Theorie von der „Irrelevanz der Kapitalstruktur“dieses Weltbild in Frage gestellt und entscheidend verändert. Der we-sentliche Beitrag und der Wert von M&M für die Finanzierungstheoriewerden in der Praxis oftmals leider verkannt. Natürlich sind realistischeErweiterungen des Grundmodells um Steuern und Konkursrisiko erfor-derlich, die dann zu den „Trade-off“-Theorien führen, in denen wiederein optimaler Verschuldungsgrad existiert. Dieser liegt dort, wo dieSumme aus dem Steuervorteil des Fremdkapitals und den Kosten finan-zieller Anspannung, die genau entgegengesetzte Auswirkungen haben,maximiert ist, das heißt die Kapitalkosten minimiert sind. Zudem existie-ren Informationsasymmetrien zwischen dem Management und den Anle-gern. Deshalb halten Unternehmen nach der „Pecking Order“-Theorie ei-ne bestimmte Reihenfolge ein, in der sie Finanzinstrumente emittieren.Bei der Bestimmung der optimalen Finanzierung geht es also immer dar-um, bestimmte Kosten und Vorteile gegeneinander abzuwägen. Insge-samt sollte sich daraus aber aus theoretischer Sicht ein optimaler Ver-schuldungsgrad ergeben, den Unternehmen langfristig anstreben.

Aus den empirischen Studien, die oftmals eine Vielzahl von Ländern um-fassen, kann man aber immer wieder Argumente für und gegen verschie-dene Theorien finden, so dass weiterhin unterschiedliche Theorien kon-kurrierend nebeneinander stehen. Ich bin mir sicher, dass wir nach deraktuellen Finanzkrise ein besseres Verständnis davon haben werden, wiehoch die „Kosten finanzieller Anspannung“ sind und welche Risiken einzu hoher Verschuldungsgrad, ein zu hoher Leverage, mit sich bringt.

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Eine neuere Theorie von Baker und Wurgler (2002) geht vereinfachenddargestellt davon aus, dass Unternehmen immer dann Eigenkapital emit-tieren, wenn die Aktienkurse hoch sind und Fremdkapital dann begeben,wenn das Zinsniveau relativ niedrig ist. Kurz zusammengefasst: Die Ka-pitalstruktur ist das Ergebnis dieses Zusammenspiels, weil sich die Un-ternehmen bei hohen Aktienkursen mit Eigenkapital und bei niedrigenZinsniveaus mit Fremdkapital finanzieren. Daraus ergibt sich dann dielangfristige Kapitalstruktur.

Lassen Sie uns diesen Gedanken einmal weiter verfolgen. Zunächst ist zubeachten, dass Kapitalkosten auf Basis von Marktwerten und nicht aufBasis von Buchwerten zu berechnen sind. Von daher ist zunächst zuanalysieren, wie sich die Marktwerte bei Kapitalstrukturentscheidungenverändern oder ob Kapitalstrukturentscheidungen das Ergebnis vonMarktwertänderungen sind. Dann würden sich Kapitalstrukturverände-rungen folgendermaßen ergeben: Bei niedrigen Zinsen wird Fremdkapitalund bei hohen Kursen Eigenkapital begeben. Ich würde aber genau dasGegenteil von dem vermuten, was einige Studien empirisch aufzeigen.

Einige empirische Studien verdeutlichen, dass Unternehmen oftmalslangfristig einen bestimmten Verschuldungsgrad anstreben. Wir beob-achten natürlich auch, oder zumindest vermuten und unterstellen wir,dass Manager grundsätzlich bestrebt sind, den Markt zu „timen“, dasheißt die aktuellen Konditionen und Bewertungen zu ihrem Vorteil zunutzen. Das muss auch der Anspruch eines guten Finanzmanagers sein.Er muss stets bestrebt sein, so zu finanzieren, dass langfristig die Kapi-talkosten des Unternehmens minimiert werden. Dafür wird ein Finanz-vorstand bezahlt und oft sind einige selbstbewusste Vorstände auch da-von überzeugt, dass sie das können. Ob ein genaues Timing immer mög-lich ist, oder ob das einmal Glück und einmal Pech ist, und inwieweitman das genau unterscheiden kann, das versucht die akademische For-schung genauer zu analysieren. Man sollte aber auch bedenken, dass dieAnleger und vor allem auch die institutionellen Anleger diese Titel dannzu überhöhten Kursen (oder zu niedrigen Renditen) erwerben würden.

Kapitalstruktur und Börsengänge (Initial Public Offerings)

Ein anderer sehr interessanter Aspekt sind Börsengänge (IPOs) und Kapi-talerhöhungen (SEO). Auch hier stellt sich die Frage: Sind Überlegungenzur optimalen Finanzierung und zu Kapitalstrukturtheorien beim Börsen-gang relevant und versuchen die Unternehmen in dieser Phase des Un-

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ternehmenszyklus alle Möglichkeiten der Finanzierung, die sich ihnenbieten, zu nutzen und achten sie dabei nicht primär auf die optimale Ka-pitalstruktur oder eine langfristige Zielkapitalstruktur?

Dazu einige Beobachtungen und Anmerkungen aus den Ergebnissen ei-niger meiner empirischen Studien. Es gibt Hot- und Cold-Issue-Märkte,und die Emissionsaktivitäten und Performance der IPOs unterscheidensich in diesen beiden Phasen signifikant. Es gibt Unternehmen (IPOs), dierelativ zeitnah nach dem Börsengang entweder eine Kapitalerhöhung(SEO) durchführen oder die gerade emittierten Aktien wieder zurückkau-fen. Unternehmen, die nach dem Gang an die Börse eine Kapitalerhö-hung durchführen, weisen eine erhebliche bessere Performance gegen-über den Unternehmen auf, die nicht wieder an den Kapitalmarkt gehenwollen oder können.

Etwas überraschend beobachten wir in Deutschland im Gegensatz zu an-deren Ländern Aktienrückkäufe nach Börsengängen. Das ist interessantund bemerkenswert und möglicherweise mit den besonderen Regularienam „Neuen Markt“ zu erklären. Zumindest deuten die empirischen Er-gebnisse darauf hin. Bei den etablierten Unternehmen (DAX) ist zu beo-bachten, dass überwiegend die Unternehmen mit hohen Cash-Beständenund hohen operativen Cashflows Aktien zurückkaufen. Dies führt dannzu positiven Aktienkursreaktionen. Wenn man diesen Bereich zusam-menfassend betrachtet, dann haben Börsengänge, Kapitalerhöhungenund Aktienrückkäufe einen Einfluss auf die Kapitalstruktur. Inwieweitdiese Finanzierungsmaßnahmen gezielt dazu genutzt werden, um die Ka-pitalstruktur zu verändern, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden.

Finanzierung von Mergers und Akquisitionen

Wenn man Mergers & Akquisitionen betrachtet, dann sind folgende As-pekte für die Praxis aber auch für die Forschung interessant. Wie finan-ziere und wie bezahle ich eine Unternehmensübernahme? Bezahle ich dieÜbernahme mit Aktien oder mit Cash und hängt meine Entscheidung da-von ab, wie ich die Übernahme finanziere? Eine Hypothese könnte sein,dass diese beiden Aspekte unabhängig voneinander sind. Danach würdendann das Zahlungsmedium und das Finanzierungsinstrument beide je-weils unabhängig voneinander eingesetzt, um mögliche Informationsa-symmetrien einerseits zwischen „Bidder“ und „Target“ und andererseitszwischen den Kapitalgebern und dem Management zu reduzieren. Eineandere Hypothese ist, dass Zusammenhänge zwischen diesen beiden As-

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pekten bestehen, das heißt dass die Zahlungsmethode die Finanzierungbestimmt und vice versa. Die Entscheidung für die eine oder andere Al-ternative mag natürlich auch von den verschiedenen Marktphasen ab-hängen. Man könnte sich gut vorstellen, dass bei relativ hohen eigenenAktienkursen mit Aktien gezahlt wird und bei niedrigen Kursen mitCash. Das wäre auch eine Art „Market Timing“. Grundsätzlich kann manaber beobachten, dass Cash Deals eine erheblich bessere Performanceaufweisen als Stock Deals. Aber auch das Bewertungsrisiko beim Targetbeeinflusst die „Method of Payment“. Insgesamt kann man schlussfol-gern, dass im Fall von M&A eine ganze Reihe von Interaktionen zu be-rücksichtigen sind. Zudem haben die Zahlungsmethode und die Finan-zierung einen Einfluss auf die Kapitalstruktur. Wie man derzeit beobach-ten kann, haben in der Krise die Unternehmen die Möglichkeit, andereUnternehmen aufzukaufen, die finanzielle Spielräume haben, das heißtentweder über genügend liquide Mittel verfügen oder im aktuellenMarktumfeld, wie bereits erläutert, Eigen- und Fremdkapital emittierenkönnen.

Unternehmen mit „Zero Financial Leverage“

Eine andere interessante Frage, die bisher in der akademischen For-schung wenig Beachtung gefunden hat, ist, warum Unternehmen sichvollständig mit Eigenkapital finanzieren, also die steuerlichen Vorteileder Finanzierung mit Fremdkapital nicht nutzen. Ungefähr 15 Prozentder börsennotierten Unternehmen weltweit haben einen „Zero FinancialLeverage“. Für diese Unternehmen scheinen die üblicherweise angegebe-nen Überlegungen zur optimalen Kapitalstruktur, wie Steuervorteile,nicht im Vordergrund zu stehen, also nicht besonders relevant zu sein.Diese „Zero-Financial-Leverage“-Unternehmen verzichten einerseits alsoauf den Steuervorteil des Fremdkapitals. Andererseits ergeben sich natür-lich auch keine Kosten finanzieller Anspannungen, und diese Unterneh-men sollten gerade in Krisenzeiten relativ besser dastehen.

In diesem Zusammenhang ergibt sich eine Vielzahl von Fragen. Lassensich diese Unternehmen durch bestimmte Faktoren charakterisieren? Sinddies kleine oder sehr junge Unternehmen, oder sind es überwiegend Fa-milienunternehmen? Wann ist es, in Abhängigkeit von Unternehmens-größe und dem Unternehmensalter, grundsätzlich optimal, Fremdkapitalaufzunehmen? Der interessante Aspekt ist, warum Unternehmen eineKapitalstrukturpolitik betreiben, die für einen bestimmten Zeitraum keinFremdkapital vorsieht? Diese Unternehmen lassen sich nicht einfach in

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die üblichen Kapitalstrukturtheorien einordnen. Auch wenn bisher nurwenige empirische Studien dazu vorliegen, so ergeben sich doch bereitseinige wichtige Erkenntnisse. Wir beobachten, dass diese UnternehmenDividenden ausschütten. Sie haben oftmals höhere liquide Mittel und so-gar höhere Ausschüttungsquoten. Möglicherweise haben die Unterneh-men hohe Wachstumsraten und wollen dieses Wachstum mit Eigenkapi-tal finanzieren. Wenn man diese Zusammenhänge genauer analysiert,dann zeigt sich aber, dass sich diese Unternehmen nur für bestimmteZeitperioden ausschließlich mit Eigenkapital finanzieren. Es gibt be-stimmte Verweildauern, die im Durchschnitt zwischen drei und sechsJahren liegen, innerhalb derer Unternehmen nur mit Eigenkapital finan-ziert sind. Davor oder danach haben diese Unternehmen auch Fremdka-pital aufgenommen.

Lassen sie uns als Beispiel ein Unternehmen betrachten, das sie alle gutkennen. Microsoft war jahrelang überwiegend mit Eigenkapital finan-ziert. Auch ohne Financial Leverage konnte eine relativ hohe Eigenkapi-talrendite realisiert werden. Möglicherweise wurde Fremdkapital erstdann aufgenommen, als die operative Performance zurück ging unddurch Financial Leverage dann die Eigenkapitalrendite auf dem langfris-tigen historischen Niveau gehalten werden sollte. Das ist eine Idee, dieich seit einigen Jahren verfolge, nämlich dass Unternehmen möglicher-weise dann anfangen, Fremdkapital aufzunehmen, wenn sich im operati-ven Bereich die Rendite verschlechtert. Dies ist sicherlich aber nur eineErklärung von vielen, und es bleibt ein spannender Forschungsbereich,insbesondere aus der Sicht der Kapitalstrukturtheorie, warum Unterneh-men sich nur mit Eigenkapital finanzieren.

Einfluss von Investoren auf die Kapitalstruktur

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage, inwieweit Investoren einenEinfluss auf die Kapitalstrukturpolitik eines Unternehmens ausüben.Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass zunächst der Vorstand demAufsichtsrat und schließlich der Hauptversammlung eine Kapitalerhö-hung oder einen Aktienrückkauf vorschlägt, welche diese genehmigenmuss. Dagegen deuten die Ergebnisse einer neuen Studie des DeutschenAktieninstitutes aber darauf hin, dass zunehmend institutionelle Investo-ren und insbesondere Hedge Fonds sich zur Finanzierung des Unterneh-mens äußern und versuchen, einen stärkeren Einfluss auf das Manage-ment auszuüben.

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Ein interessantes Beispiel für den signifikanten Einfluss von aktiven In-vestoren auf die Unternehmenspolitik ist die Deutsche Börse. Nachdemzwei aktivistische Hedge Fund Investoren, TCI und Atticus, ca.10 Prozent der Aktien erworben hatten, wurden neben Einflussnahmeauf die Corporate Governance insbesondere das Management dazu be-wegt, eine radikale Anpassung in der Kapitalstruktur- und Ausschüt-tungspolitik vorzunehmen. Dies führte dann zur Ausschüttung von über3 Milliarden Euro Liquidität in Form von Aktienrückkäufen und Divi-dendenzahlungen in den nächsten fünf Jahren. Weitere Maßnahmen beider Deutschen Börse, die auf den Einfluss von aktiven Investoren zu-rückgeführt werden können, sind beispielsweise eine Kapitalerhöhungaus Gesellschaftsmitteln sowie eine Umstrukturierung des Fremdkapitals,indem kurzfristige Verbindlichkeiten durch längerfristige Anleihen sub-stituiert wurden. Insgesamt hat sich dadurch die Kapitalstruktur derDeutschen Börse innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums drastisch ver-ändert.

Die entscheidenden Fragen sind, ob erstens die Deutsche Börse weit vonihrer optimalen Kapitalstruktur entfernt war und zweitens ob diese Maß-nahmen dazu geeignet waren, die optimale Kapitalstruktur zu verwirkli-chen und dadurch den Unternehmenswert der Deutschen Börse langfris-tig zu erhöhen. So deuteten die ersten Aktienmarktreaktionen darauf hin,dass der Aktienkurs der Börse in Folge diese Corporate GovernanceMaßnahmen stark angestiegen ist und sich somit eine Outperformancegegenüber dem DAX ergeben hat. Auf den ersten Blick könnte man alsozu dem Ergebnis kommen, dass TCI und Atticus durch ihren Einfluss da-zu beigetragen haben, mögliche Free-Cashflow-Probleme zu reduzierenund dadurch den Unternehmenswert zu steigern.

Jedoch erscheint vor einer vorschnellen positiven Beurteilung dieser Zu-sammenhänge Vorsicht geboten. Dieser Aktienkursanstieg der DeutschenBörse fand nämlich während einer Zeitperiode statt, in der allgemein Ak-tienkurse – und insbesondere die Aktienkurse von Börsenbetreibern –gestiegen sind. Dagegen reduzierte sich der Kurs der Deutschen Börsewährend der jüngsten Finanzmarktkrise in erheblicher Weise. Hierfürgibt es aus meiner Sicht zwei mögliche Erklärungen. Erstens, dass dieHedge Funds und der Kapitalmarkt das Geschäftsmodell der DeutschenBörse und die ökonomischen Zusammenhänge in der Börsenindustriegrundlegend falsch eingeschätzt haben. So machen hohe Verschuldungs-grade Sinn für Unternehmen, die in stabilen Märkten arbeiten und imSinne von Jensen hohe Cashflows durch eine dominante Marktposition

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generieren. Möglicherweise ist die Börsenindustrie jedoch entgegen derweit verbreiteten Annahme nicht als ein natürliches Monopol zu charak-terisieren. Vielmehr gestaltet sich die Börsenindustrie eher als ein ‚Bro-ker-Dealer Business‘, in dem die einzelnen Marktteilnehmer in hohemWettbewerb untereinander stehen. Diese Sicht wird durch jüngste Ent-wicklungen in der internationalen Börsenlandschaft wie das Wachstumvon MTFs, das Aufkommen neuer Ordertypen etc. unterstützt. Eine zwei-te Erklärung ist, dass die Hedge Funds der Deutschen Börse bewusst eineexzessive Fremdkapitallast auferlegt haben, um kurzfristig Cashflows ausdem Unternehmen zu ziehen und um von positiven Kursreaktionen pro-fitieren zu können.

In umfassenden Studien für den deutschen Kapitalmarkt sehen wir ganzeindeutig, dass die Unternehmen, in denen die Hedge Funds engagiertwaren, und das waren immerhin mehr als 300 deutsche Unternehmen, imDurchschnitt von 2000 bis 2007 eine bessere Performance als der Markterzielen konnten, dass aber in der Krise diese Unternehmen eine geringe-re Performance aufweisen.

Vor diesem Hintergrund bin ich vorsichtiger geworden bei der Beurtei-lung der Frage, inwieweit aktivistische Investoren wie Hedge Fundslangfristig den Unternehmenswert erhöhen können und ob alleine durchVeränderung finanzieller Größen wie die Kapitalstruktur und die Aus-schüttungspolitik langfristig Unternehmenswert geschaffen werden kann.Möglicherweise unterstützen diese Ergebnisse die These von Modiglianiund Miller, dass Unternehmenswert überwiegend durch Maßnahmen imoperativen Bereich und nicht alleine durch finanzielle Maßnahmen ge-schaffen wird. Dann wären wir eigentlich wieder bei den Ideen von derIrrelevanz der Kapitalstruktur nach Modigliani und Miller.

Zusammenfassung

Lassen Sie mich zum Abschluss meines Vortrages meine Überlegungennoch einmal kurz zusammenfassen und auf einige interessante Aspektehinweisen. Wenn man den aktuellen Stand der Forschung betrachtet,dann existieren unterschiedliche Theorien zur Kapitalstruktur und eineVielzahl von empirischen Studien, die teilweise unterschiedliche Ergeb-nisse aufweisen und dadurch zu entgegengesetzten Schlussfolgerungenführen. Eine allumfassende Theorie und empirische Ergebnisse, die eineeinzige Theorie oder Hypothese eindeutig unterstützen, sind in der aka-demischen Literatur aus meiner Sicht nicht zu erkennen. Es gibt sicher-

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lich eine Reihe von Kollegen, die das etwas anders einschätzen würden,die überzeugt sind, eine Theorie und die passenden empirischen Ergeb-nisse dazu zu haben. Meine Sichtweise ist, dass wir viele spezielle Fällehaben und immer wieder bestimmte Anomalien hervorstechen, die bishernoch nicht ausreichend erforscht sind. Für mich ergeben sich daher vieleFragen, die wir möglicherweise später diskutieren können. Themen, dieich für die Zukunft sehr spannend finde, sind zum Beispiel:

– Warum finanzieren sich sehr viele erfolgreiche Unternehmen nur mitEigenkapital und nutzen nicht die Steuervorteile des Fremdkapitals?Inwieweit stellt „Zero Financial Leverage“ eine optimale Finanzie-rungsstrategie dar und ist geeignet, die Liquiditäts- und Insolvenz-probleme von Unternehmen zu verhindern oder zu minimieren? Daswird sich im Anschluss an die aktuelle Finanzkrise sicherlich sehr gutempirisch untersuchen lassen.

– Warum kaufen Unternehmen, die gerade an die Börse gegangen sind(IPOs), sehr zeitnah ihre eigenen Aktien wieder zurück?

– Welche Bedeutung haben Finanzierungsabfolgen wie zum Beispieleine Kapitalerhöhung (SEO) nach einem Börsengang (IPO) oder einAktienrückkauf? Ein wichtiger Bereich ist also die dynamische Ent-wicklung der Kapitalstruktur. Wie finanzieren sich also zum BeispielUnternehmen in den ersten zehn Jahren nach einem Börsengang,und haben Vorstände eine genaue Vorstellung über ihre langfristigenFinanzierungsstrategien?

– Welchen Einfluss haben Mergers und Akquisitionen auf die Kapital-struktur, und zwar kurz- und langfristig, und verändern Unterneh-men ihre Kapitalstruktur vor und nach M&A aus strategischen oderanderen Gründen? Damit eng verbunden ist die Frage nach der „Me-thod of Payment“, also Cash oder Aktien, und nach der Finanzierungmit Eigen- oder Fremdkapital.

– Welchen Einfluss hat die „Corporate Governance“ durch den Kapi-talmarkt, das heißt inwieweit können bestimmte institutionelle In-vestoren, wie zum Beispiel Hedge Funds, Unternehmen dazu bewe-gen, die Kapitalstruktur und Ausschüttungspolitik radikal zu verän-dern mit dem Ziel, entweder langfristig den Unternehmenswert zusteigern oder kurzfristig die eigene Rendite zu maximieren. Das Bei-spiel Deutsche Börse deutet drauf hin, dass das eher kritisch zu sehenist.

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– Eine weitere sehr interessante Frage ist, ob Manager die Fähigkeitzum „Market Timing“ haben? Persistentes Market Timing kann abernur dann funktionieren, wenn die privaten und insbesondere die in-stitutionellen Anleger ihrerseits keine optimalen Entscheidungentreffen und bei zu hohen Kursen kaufen und damit zu geringe, nichtrisikoadäquate Renditen akzeptieren.

Es gibt also noch sehr viel spannende Themen und Forschungsfragen imZusammenhang mit der Finanzierung von Unternehmen und der Kapital-struktur. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf IhreFragen.

Prof. Dr. Bernd Rudolph

Vielen Dank, Herr Bessler, wir haben jetzt einen großen Strauß von Fra-gen, Anregungen und Antworten bekommen. Sie haben im Grunde ge-nommen in gewisser Weise einheitlich gesprochen und nicht weiter dif-ferenziert. Denn wir könnten uns unterschiedliche Unternehmen nachdem Alter, nach der Branche, ob sie viel Tangible Assets haben odernicht, ansehen und womöglich müssten wir dann noch sehr viel weiter-gehen und differenzieren. Sie haben es sozusagen auf einer oberen Ebenegemacht. Meine Frage wäre, ob, wenn wir uns das ansehen – nehmen wirdie Finanzunternehmen ganz raus – eigentlich zu erwarten ist, dass dannim Hinblick auf so eine feinere Differenzierung besondere Ergebnisse he-rauskommen? Oder haben Sie bei den Daten, die Sie ansehen, den Ein-druck, dass es sich zwar lohnt, Einzelfälle wie die Deutsche Börse zu un-tersuchen, es sich aber nicht lohnt, dies weiter herunter zu brechen, son-dern dass man im Hinblick auf die Finanzpolitik von deutschen Unter-nehmen, DAX-Unternehmen oder europäischen Unternehmen sprechenkann?

Prof. Dr. Wolfgang Bessler

Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Einerseits möchteman natürlich die grundsätzlichen Zusammenhänge mit Blick auf dieKapitalstrukturpolitik von Unternehmen erkennen und verstehen. Ande-rerseits bieten auch Fallstudien wichtige Einblicke und Erkenntnisse, wiewir am Beispiel Deutsche Börse gesehen haben. Es ist aber auch offen-sichtlich, dass bereits die vielen speziellen Einflüsse wie zum BeispielBörsengänge, Mergers und Akquisitionen, aber auch der Einfluss speziel-

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ler Investoren dazu geführt haben, dass wir von einer einheitlichen undallumfassenden Theorie noch entfernt sind. Hinzu kommen sicherlichnoch Industrieeffekte. So weisen Banken und Versicherungen, aber auchVersorger Besonderheiten auf, so dass diese in den empirischen Studienimmer getrennt behandelt werden.

Wenn man sich die Faktoren anschaut, die in der Regel die Kapitalstruk-tur beeinflussen und in der Literatur immer wieder genannt werden,dann sind das: Wachstumsmöglichkeiten, Unternehmensgröße, Profitabi-lität, Steuern, Rating, immaterielle Vermögensgegenstände, aber auch dieaktuellen Bedingungen an den Aktien- und Rentenmärkten. Viele Finan-zierungs- und Kapitalstrukturentscheidungen werden aber auch durchInteressenkonflikte und Informationsasymmetrien bestimmt. Es gibt alsoviele Studien, die Einzelaspekte untersuchen, aber man sollte dabei auchnicht das Gesamtbild aus den Augen verlieren.

Gast

Sie haben im Prinzip den Kreditmarkt ein bisschen weggelassen. Nun istgerade der für deutsche Unternehmensfinanzierung natürlich besondersrelevant. Haben Sie da irgendwelche Erkenntnisse über Interdependenzenzwischen Kapitalmarkt und Kreditmarkt, wie jetzt auch das Einkaufenvon Unabhängigkeit von Banken möglicherweise über den Kapitalmarkt?

Prof. Dr. Wolfgang Bessler

Kreditfinanzierung ist sicherlich für die meisten Unternehmen wichtig.Das ist in Deutschland empirisch aber nicht einfach zu untersuchen, weildie Verfügbarkeit von Daten doch sehr eingeschränkt ist. Es sind sicher-lich ganz interessante Fragen, wie sich die Beziehungen zu den Bankenim Allgemeinen und im Besonderen, wie sich die bestehenden Kreditbe-ziehungen auswirken, zum Beispiel beim Börsengang, bei Kapitalerhö-hungen, aber auch bei Mergers und Acquisitions und insbesondere in ei-ner finanziellen Krise.

Ich denke, wir haben gesehen, dass die Kapitalstruktur und die Eigenka-pitalausstattung von besonderen Einflüssen, aber auch vom Corporate-Governance-System abhängen. Deutschland hat sich im letzten Jahr-zehnt sicherlich ein Stück weg vom bankorientierten und hin zum kapi-talmarktorientierten System entwickelt. Die Frage, die man schwer be-antworten kann, ist, ob die Banken ihren Kreditnehmern in der Krise bei-

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stehen, oder ob es eher umgekehrt ist, dass in der Krise die Banken auf-grund ihrer eigenen Schwierigkeiten die Probleme ihrer Kunden durcheine Einschränkung in der Liquiditäts- und Kreditversorgung noch ver-stärken. Ich denke es gibt eine Reihe von aktuellen Fällen, die mir be-kannt sind, bei denen Banken die Kreditlinien ohne besonderen Anlasszurückgefahren haben. Das ist bemerkenswert, denn diese Banken wur-den oftmals vom Staat gerettet, sicherlich auch mit dem Ziel, die Kredit-versorgung der Unternehmen sicherzustellen. Gerade für den Mittelstandsind zugesagte Kreditlinien und Liquiditätsbereitstellung besonders wich-tig. Leider fehlen uns aber bisher die Daten, um diese Zusammenhängegenauer zu analysieren.

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2. Vorschläge zur Verbesserung des Zugangs mittelständischerUnternehmen zum Markt für Beteiligungskapital

Prof. Dr. Christoph Kaserer, Technische Universität München

1. Einleitung

Es ist unbestritten, dass kleine und mittlere Unternehmen das Rückgratder deutschen Volkswirtschaft darstellen. Umso erstaunlicher ist es, dassdiese Unternehmen über Jahrzehnte ihre Finanzierungsbedürfnisse imWesentlichen über den Bankensektor befriedigen mussten. Erst seit derzweiten Hälfte der 1990er Jahre beginnt sich in Deutschland ein nichtorganisierter Markt für Beteiligungskapital zu entwickeln. WesentlichenAnteil an dieser Entwicklung hat der Markteintritt von Private-Equity-Gesellschaften.

Allerdings sind die Eigenkapitalmärkte in Deutschland nach wie vor un-terentwickelt, gemessen an der internationalen Bedeutung der hiesigenVolkswirtschaft. Das gilt insbesondere auch für den vorbörslichen Marktfür Beteiligungskapital. Dies ist vor dem Hintergrund fundamentalerVeränderungen auf den nationalen und internationalen Finanzmärktenbedenklich. Dieser Beitrag setzt sich mit diesen Defiziten des deutschenKapitalmarktes auseinander und zeigt Leitlinien für Reformansätze auf.

2. Treiber der Eigenkapitalfinanzierung in Deutschland

Grundsätzlich kann man feststellen, dass der deutsche Kapitalmarkt –gemeinsam mit den anderen europäischen Kapitalmärkten – in den letz-ten 25 Jahren einen erheblichen Wandel durchlebt hat. Dieser kommt ineinem anhaltenden absoluten und relativen Wachstum der Kapitalmärkteim Allgemeinen und der Märkte für Risikokapital im Besonderen zumAusdruck. Dahinter steht unter anderem ein nachhaltiger Trend zur Ver-briefung bzw. Disintermediation. Dies lässt sich etwa daran erkennen,dass ausweislich der Statistiken der Deutschen Bundesbank im Jahr 1991der Wert aller umlaufenden inländischen Schuldverschreibungen56 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betrug. Im Jahr 2007 lag dieserWert bei 130 Prozent und somit um den Faktor 2,3 höher. Demgegen-über ist der Bestand der von inländischen Unternehmen und Privatper-sonen in Anspruch genommenen Bankkredite im gleichen Zeitraum le-diglich um den Faktor 1,15 gestiegen. Dieser Trend zur Verbriefung ließe

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sich an vielen weiteren Zahlen belegen, wie etwa dem Wachstum imUmlauf von verschiedenen Typen von Asset Backed Securities (ABS).1

Im vorliegenden Zusammenhang interessiert aber viel mehr der Umstand,dass der hier beschriebene Trend in Deutschland insoweit zu einer Ver-änderung seines traditionell sehr stark bankenbasierten Systems der Un-ternehmensfinanzierung geführt hat, als zum einen die Bedeutung vonEigenkapitalinstrumenten stark gestiegen ist und zum anderen die Un-ternehmen verstärkt den traditionellen Bankkredit durch andere Instru-mente, wie insbesondere die Unternehmensanleihe, ersetzen. Gerade derzuerst genannte Trend ist für KMU von besonderer Bedeutung.

Abbildung 1: Marktkapitalisierung inländischer börsennotierter Unternehmen in Prozentdes Bruttoinlandsprodukts für verschiedene Börsenplätze und Zeiträume(Quelle: WFE, OECD, IMF, eigene Berechnungen)

Die wachsende Bedeutung von Eigenkapital in der Finanzierung des hie-sigen Unternehmenssektors wird in Abbildung 1 verdeutlicht. Setzt mandie Marktkapitalisierung, also den aufsummierten Börsenwert aller ander Frankfurter Wertpapierbörse zum Handel zugelassenen Aktien voninländischen Emittenten, ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, erhältman eine Indikation für die relative Bedeutung des Eigenkapitalmarktesin einer Volkswirtschaft. Dieses Verhältnis ist in Deutschland, ebenso wiein anderen kontinentaleuropäischen Volkswirtschaften mit Ausnahmeder Schweiz oder der Niederlande, traditionell niedrig. Allerdings kannman in Abbildung 1 erkennen, dass sich dieses Verhältnis von

1 Für eine aktuelle Beschreibung des hiesigen Verbriefungsmarktes vgl. den Monatsbe-richt März 2006, S. 37-61, der Deutschen Bundesbank.

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32 Prozent während der 1990er Jahre auf 50 Prozent während der2000er Jahre erhöht hat.2 Dieses Wachstum der Eigenkapitalmärkte istallerdings ein globaler Trend, wie man an der Entwicklung in den ande-ren betrachteten Ländern sieht.

Es gibt eine anhaltende wissenschaftliche Debatte darüber, warum sichdie Größe der Eigenkapitalmärkte insbesondere zwischen der Gruppe derangelsächsischen und jener der kontinentaleuropäischen Länder so starkunterscheidet. Verwiesen wird dabei zum einen auf den Umstand, dassdies in dem traditionell niedrigeren Investorenschutz, den es in den kon-tinentaleuropäischen Ländern gibt, begründet sein könnte.3 Zum ande-ren, und möglicherweise nicht völlig unabhängig davon, wird die Größedes Kapitalmarktes im Allgemeinen und jene des Eigenkapitalmarktes imBesonderen auch durch das System der Altersvorsorge bestimmt. Wäh-rend in Deutschland die große Bedeutung des umlagefinanzierten Ren-tensystems dazu führt, dass ein erheblicher Teil der volkswirtschaftlichenErsparnis am Kapitalmarkt vorbei geschleust wird, muss bei einem kapi-talgedeckten Rentensystem ein Kapitalstock gebildet werden, aus dessenErträgen die Rentenzahlungen gespeist werden können.4

Noch umstrittener ist die Frage, welche Faktoren dafür ausschlaggebendsind, dass es einen globalen Wachstumstrend für die Eigenkapitalmärktegibt, wie er sich auch in Abbildung 1 widerspiegelt. Ohne auf diese De-batte im Einzelnen eingehen zu können, sei erwähnt, dass sich hier dieBemühungen vieler – insbesondere auch kontinentaleuropäischer – Län-der zur Stärkung ihrer kapitalgedeckten Altersvorsorge abbilden. Der

2 Berücksichtigt man, dass seit Ende der 1990er Jahre viele der in Deutschland traditio-nell bestehen Überkreuzverflechtungen zwischen börsennotierten Unternehmen auf-gebrochen wurden, sieht man, dass diese Zahl das tatsächliche Wachstum noch unter-schätzt.

3 Als Einstieg in diese äußerst umfangreiche Literatur sei hier auf La Porta et al. (2000)und auf Wenger/Kaserer (1998) verwiesen.

4 Es passt in dieses Bild, dass Länder wie die Schweiz oder die Niederlande, in welchendie kapitalgedeckte Altersvorsorge relativ zur umlagefinanzierten eine deutlich größe-re Rolle spielt als in vielen anderen kontinentaleuropäischen Ländern, eine deutlichüberdurchschnittliche Börsenkapitalisierung relativ zu ihrem Bruttoinlandsproduktaufweisen. Hierzu ließe sich auch noch folgende stark vereinfachende Überschlags-rechnung machen: Derzeit werden ausweislich der Zahlen des Statistischen Bundes-amtes in Deutschland aus dem umlagefinanzierten System rund 230 Milliarden Eurojährlich an Renten gezahlt. Bei einer durchschnittlichen Verzinsung von 5 Prozentbedürfte es hierfür eines Kapitalstocks von 4,5 Billionen Euro. Wären 40 Prozent die-ses Kapitalstocks in Aktien angelegt, würde dies rund 75 Prozent des Bruttoinlands-produktes ausmachen. Die Marktkapitalisierung läge dann nicht bei 50 Prozent, son-dern bei 125 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Dies ist ziemlich genau das Niveau,das in den USA im Durchschnitt der Jahre 2000-2006 herrschte, wie man inAbbildung 1 erkennen kann.

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Einfluss des demographischen Wandels5 oder der starken wirtschaftlichenEntwicklung in vielen Schwellenländern wird hier ebenfalls ins Feld ge-führt. Für Deutschland jedenfalls kann man konstatieren, dass dasWachstum der Eigenkapitalmärkte einhergeht mit einem Wachstum derAnlagevolumina im Bereich der Altersvorsorge, wie in Abbildung 2 ge-zeigt wird. Bringt man die langfristigen Kredite der privaten Haushalte inAbzug, so verblieb im Jahr 2008 ein langfristiges Geldvermögen in Höhevon gut 37 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Im Jahr 1991 lag dieserWert bei knapp 9 Prozent. Größenbereinigt hat sich dieses langfristigeAnlagevermögen seit Beginn der 1990er Jahre somit vervierfacht. Eskann vermutet werden, dass die demographische Entwicklung hierzu ih-ren Beitrag geleistet hat.

Abbildung 2: Langfristiges Nettogeldvermögen der privaten Haushalte und privaten Or-ganisationen ohne Erwerbszweck einschließlich Ansprüche aus betriebli-cher Altersvorsorge in Prozent des Bruttoinlandsproduktes(Quelle: Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen)

Natürlich wird das Wachstum der Eigenkapitalmärkte auch durch andereFaktoren getrieben. So mögen bestimmte Entwicklungen im Bankensek-tor, erwähnt sei die mit Basel II (vermeintlich) einhergehende restriktive-re Handhabung von Adressenausfallrisiken, hierzu ihren Beitrag geleistethaben. Ebenso sind die Transparenzanforderungen und Mitspracherechte

5 Inwieweit die demographische Entwicklung in den Industrieländern in den letztenJahren dazu geführt hat, dass es zu einer Höherbewertung von Produktivvermögen anden Aktienmärkten gekommen ist, ist in der wissenschaftlichen Debatte heftig um-stritten. Für einen guten Überblick zu diesem Themenkomplex vgl. Fehr/Jokisch(2006).

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der Kreditinstitute gegenüber ihren Kunden heute wesentlich höher alssie es noch vor zehn Jahren waren, was ein Übriges dazu beiträgt, dassdie Attraktivität der Kreditfinanzierung abnimmt.

Börsennotierte Unternehmen - 2006

39%43%

49%55%

37% 41%45%

57%

0%

20%

40%

60%

80%

1 2 3 4

Quartilzugehörigkeit entsprechend des operativen Risikos

Eigenkapital-quote

Mittelwert Median Linear (Median)

Abbildung 3: Operatives Risiko und Eigenkapitalquote (gemessen als die Standardabwei-chung der Gesamtkapitalrendite (EBITDA normiert über die Bilanzsumme)über fünf Jahre; Eigenkapitalquoten basierend auf Bilanzzahlen)(Quelle: Thomson Financial, eigene Berechnungen)

Und schließlich sollte man nicht vergessen, dass sich der Unternehmens-sektor gerade in den entwickelten Volkswirtschaften insoweit gewandelthat, als technologischer Fortschritt und Innovationen eine immer größereRolle spielen. Mikroökonomisch geht damit ein höheres geschäftspoliti-sches Risiko einher, welches tendenziell zu höheren Eigenkapitalquotenführen sollte. In der Tat kann man empirisch zeigen, dass bei Unterneh-men die Eigenkapitalquoten positiv von ihrem geschäftspolitischen Risi-ko abhängen, wie man in Abbildung 3 sehen kann. Da dieser Zusam-menhang betriebswirtschaftlich leicht begründbar ist, kann man im Um-kehrschluss folgern, dass ein erschwerter Eigenkapitalzugang zu einerreduzierten Innovationskraft des Unternehmenssektors führt.

3. Status quo der Eigenkapitalfinanzierung in Deutschland

Das hier beschriebene Faktum der relativ kleinen Größe der hiesigen Ei-genkapitalmärkte kann als Wurzel der immer noch vorhandenen Proble-me in der Eigenkapitalversorgung der deutschen Industrie betrachtetwerden. So zeigt sich etwa in einem internationalen Vergleich, dass inden meisten Ländern das über einen IPO eingesammelte Eigenkapital

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sich im Durchschnitt der Jahre in einer Größenordnung von 0,5 bis1 Prozent der Börsenkapitalisierung bewegt. Ebenso liegt das über Kapi-talerhöhungen von bereits börsennotierten Unternehmen eingesammelteKapital im Durchschnitt der Jahre in einer Größenordnung von 1 bis2 Prozent der Börsenkapitalisierung.6 In analoger Weise kann man auchzeigen, dass die von Private-Equity-Gesellschaften gehaltenen Beteili-gungsportfolios im europäischen Vergleich in den meisten Fällen einenWert zwischen 1,5 und 2,5 Prozent annehmen.7 Bei all diesen Kriterienliegt Deutschland durchaus im Mittelfeld oder teilweise sogar an derSpitze. Dennoch folgt daraus, dass die Finanzierungskraft des hiesigenKapitalmarktes gemessen an der Größe der deutschen Volkswirtschaftdeutlich niedriger ist als etwa in den angelsächsischen Ländern.

Es ist zu betonen, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen unterdieser Finanzierungsschwäche besonders leiden, weil es für sie im Unter-schied zu den großen Unternehmen sehr viel schwieriger ist, sich ihr Ei-genkapital auf den internationalen Kapitalmärkten zu beschaffen. Eineneinfachen Beleg zur Unterstützung dieser Behauptung findet man in denfolgenden beiden Abbildungen.

Abbildung 4: Aggregiertes Emissionsvolumen aller Neuemissionen bis zu einem Emissi-onsvolumen von 250 Millionen US-$ von Unternehmen mit Sitz im jewei-ligen Land in Prozent des entsprechenden Emissionsvolumens von Unter-nehmen mit Sitz in den USA(Quelle: Thomson Financial, eigene Berechnungen)

6 Vgl. zu diesen Zahlen Kaserer/Schiereck (2007, 2006).7 Vgl. hierzu Kaserer et al. (2007), S. 51.

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Abbildung 4 gibt für zwei Teilzeiträume an, wie hoch das aggregierteEmissionsvolumen bei Neuemissionen von kleinen und mittleren Unter-nehmen relativ zu den USA war. Dabei wurde festgelegt, dass bei kleinenund mittleren Unternehmen das Emissionsvolumen 250 Millionen US-$nicht überschreitet. Man sieht, dass Deutschland insbesondere im zweitenTeilzeitraum von 2000 bis 2007 einen deutlichen Rückstand gegenüberJapan und Großbritannien aufweist, der im ersten Teilzeitraum so nichtvorhanden war.8

Die Verhältnisse stellen sich deutlich anders dar, wenn man die Neu-emissionen großer Unternehmen betrachtet. Hierzu wurde in Abbildung5 das aggregierte Emissionsvolumen von Emissionen über mindestens500 Millionen US-$ ins Verhältnis zu dem entsprechenden Emissionsvo-lumen US-amerikanischer Unternehmen gesetzt. Wie man sehen kann,gelingt es den hiesigen Unternehmen, in diesem Segment einen deutlichhöheren Anteil der Weltkapitalströme für sich zu vereinnahmen. Bemer-kenswerterweise ist das Emissionsvolumen großer deutscher Unterneh-men im zweiten Teilzeitraum um 50 Prozent höher als in Großbritannien,womit selbst bereinigt um die unterschiedliche Größe der beiden Volks-wirtschaften die deutschen Unternehmen einen überproportionalenMarktanteil auf sich vereinnahmen können. Dieser Befund steht in Ein-klang mit der Behauptung, dass die im internationalen Vergleich schwa-che Finanzierungskraft des deutschen Kapitalmarktes vor allem ein Prob-lem für KMU darstellt.9 Hierzu passt auch der Vielfach zitierte Befund,dass die mittels Private Equity oder Venture Capital finanzierten Investi-tionen in Deutschland gemessen an der Wirtschaftskraft des Landes iminternationalen Vergleich deutlich unterdurchschnittlich ausfallen.10

8 Es sei angemerkt, dass das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands auf der Basis der Zah-len des Jahres 2006 25 Prozent höher war als jenes von Großbritannien und39 Prozent niedriger als jenes von Japan. Insoweit wäre der Unterschied zu Japan imzweiten Teilzeitraum größenbereinigt nahezu null, wohingegen er gegenüber Großbri-tannien noch deutlicher ausfallen würde als in der hier vorgelegten Abbildung 4.

9 Der Befund ist natürlich insoweit mit Vorsicht zu interpretieren, als er auch Folge ei-ner unterschiedlichen Größenstruktur im Unternehmenssektor der jeweiligen Volks-wirtschaften sein könnte. Allerdings liegen hierfür keine klaren Indikationen vor. ImÜbrigen spiegelt der Befund das Ergebnis eines Marktprozesses wieder, so dass grund-sätzlich unklar ist, ob dieser durch angebots- oder nachfrageseitige Effekte erwirktwurde.

10 Vgl. hierzu Kaserer et al. (2007), S. 50 ff, und Fleischhauer et al. (2008), S. 1 f.

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0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Deutschland Japan UK

1990-1999 2000-2007

Abbildung 5: Aggregiertes Emissionsvolumen aller Neuemissionen mit einem Emissions-volumen von mehr als 500 Millionen US-$ von Unternehmen mit Sitz imjeweiligen Land in Prozent des entsprechenden Emissionsvolumens vonUnternehmen mit Sitz in den USA(Quelle: Thomson Financial)

Dieser Befund wiegt umso schwerer, als die Deutsche Börse, ebenso wieandere große Börsenbetreiber, sich schon seit Jahren bemüht, internatio-nal attraktive Listingbedingungen für kleine und mittlere Unternehmenzu schaffen. Abgesehen von dem aus heutiger Sicht gescheiterten NeuenMarkt ist hier insbesondere der 2005 eingeführte Entry Standard zu nen-nen. Dieser ermöglicht kapitalsuchenden Unternehmen einen Börsengangauch dann, wenn man die anspruchsvollen Zugangsbedingungen, die fürEU-regulierte Märkte gelten, nicht erfüllen möchte.11 Kaserer/Schiereck(2007, 2008) zeigen, dass dieses Börsensegment sowohl unter dem As-pekt der Emissionskosten als auch der Marktliquidität im internationalenVergleich sehr attraktiv ist. Tatsächlich zeigt die Erfahrung, dass dasKonzept des Entry Standards insoweit funktioniert, als dort vermehrtauch Klein- und Kleinstplatzierungen, meist im Wege von Privatplatzie-rungen, stattfinden. Und selbst bei den Neuemissionen unter dem Regel-werk des EU-regulierten Marktes zeigt sich, dass vermehrt auch kleinereEmissionen stattfinden. So zeigt Abbildung 6, dass im Zeitraum 2003 bis2007 der mediane Börsengang ein Emissionsvolumen von 23,4 MillionenEuro hatte und dass die 25 Prozent kleinsten Börsengänge ein Emissi-onsvolumen von unter 9 Millionen Euro hatten. Über den Zeitraum 1998bis 2002 lagen diese Werte noch bei 36,5 Millionen Euro und 21,4 Milli-

11 Nähere Informationen zum Entry Standard finden sich auf der Homepage der Deut-schen Börse unter www.deutsche-boerse.de.

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onen Euro. Da die Werte für den Zeitraum 2003 bis 2007, zumindest wasden Median und das 1. Quartil angeht, in etwa auf dem Niveau des Zeit-raums 1983 bis 1987 liegen, kann man, eingedenk einer kumuliertenGeldentwertung von rund 40 Prozent, mit Fug und Recht feststellen, dassder Börsengang in den letzten Jahren verstärkt zu einem Instrument derEigenkapitalbeschaffung für größere KMU geworden ist.

0.000

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

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70.000

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90.000

100.000

1983-1987 1988-1992 1993-1997 1998-2002 2003-2007

1. Quartil Median 3. Quartil

Abbildung 6: Verteilung der Emissionsvolumina (in 1000 Euro) bei Börsengängen inDeutschland für verschiedene 5-Jahresintervalle

Die hier präsentierten Befunde wiegen vor dem Hintergrund, dass es ge-rade in Deutschland einen Trend zu steigenden Eigenkapitalquoten gibt,umso schwerer. Tatsächlich zeigt sich, dass sich auch bei nicht börsenno-tierten KMU dieser Trend feststellen lässt. Hierzu verwenden wir die vonder EU-Kommission bereit gestellte BACH-Datenbank.12 Die Ergebnissesind in Abbildung 7 zusammen getragen. Es zeigt sich in der Tat, dassdie durchschnittliche Eigenkapitalquote der Unternehmen steigt, wobeider Anstieg bei den Unternehmen mit weniger als 10 Millionen EuroUmsatz am stärksten ist.

12 Soweit es um Unternehmensdaten aus Deutschland geht, beruhen diese auf den Stati-stiken der Deutschen Bundesbank. Die Kommission hat sich mit dem BACH-Projektdas Ziel gesetzt, Bilanzdaten über Länder- und damit Rechnungslegungsgrenzen hin-weg vergleichbar zu machen, weshalb die von den beteiligten Ländern berichtetenDaten gewissen Korrekturen unterzogen werden. Weitere Informationen finden sichunter http://ec.europa.eu/economy_finance/bach.

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0%

10%

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30%

40%

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Eigenkapital-quote

Mittlere Unternehmen Kleine Unternehmen Alle Unternehmen

Abbildung 7: Zeitliche Entwicklung der Eigenkapitalquoten deutscher Unternehmen(Quelle: BACH)

Zusammenfassend kann man also feststellen, dass in Einklang mit dengesamtwirtschaftlichen Entwicklungen man tatsächlich auch auf Ebeneder Einzelunternehmen einen Anstieg der Eigenkapitalquoten findet, derbei den KMU sogar etwas stärker ausgeprägt zu sein scheint als bei dengroßen Unternehmen. Die Vermutung, dass der in Abbildung 7 darge-stellte Effekt auf die in dieser Stichprobe vorhandenen börsennotiertenUnternehmen zurückgeht, kann widerlegt werden. Zu diesem Zweck ha-ben wir noch eine Kontrollrechnung mit Unternehmensdaten aus der Da-tenbank Amadeus angestellt.13 Dort haben wir die Eigenkapitalquote ei-nes Querschnitts von 4.084 nicht börsennotierten KMU im Jahr 2006 und5.113 im Jahr 2000 betrachtet. Es zeigt sich, dass deren Eigenkapitalquo-te im betrachteten Zeitraum von 25 Prozent auf 28 Prozent gestiegen ist.Dies entspricht zwar nicht ganz dem in Abbildung 7 dargestellten An-stieg, bestätigt aber zumindest die dort aufgezeigte Tendenz. Ob mandiesen Befund als Hinweis darauf interpretieren kann, dass die börsenno-tierten KMU stärker vom Wachstum der Eigenkapitalmärkte profitierenals die nicht börsennotierten, ist angesichts des Datenmaterials unklar,wenngleich durchaus plausibel.

In diesem Zusammenhang sei abschließend auch noch ein Blick auf denBeteiligungsmarkt in Deutschland geworfen. Ähnlich wie für die organi-sierten Eigenkapitalmärkte gilt auch hier, dass dieser Markt im internati-onalen Vergleich unterentwickelt ist. Insbesondere die Investitionen, die

13 Für nähere Informationen zu dieser Datenbank siehehttp://www.bvdep.com/en/amadeus.html.

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von in Deutschland ansässigen Private-Equity-Gesellschaften getätigtwerden, sind gemessen an der Größe unserer Volkswirtschaft eher be-scheiden. Allerdings ist der Grund für diesen Befund letztlich in der feh-lenden Größe der Eigenkapitalmärkte insgesamt zu sehen. Bezieht mannämlich das von in Deutschland ansässigen Private-Equity-Gesellschaften verwaltete Vermögen auf die inländische Börsenkapitali-sierung, zeigt sich, dass Deutschland im EU-Durchschnitt liegt.

Abbildung 8: Private-Equity-Investitionen (linke Skala) bzw. –Portfolios (rechte Skala)in Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2006 im europäischen Ver-gleich (Quelle: EVCA, eigene Berechnungen)

Analysiert man die Zahlen des BVK zur Investitionstätigkeit von Private-Equity-Gesellschaften bei in Deutschland ansässigen Unternehmen,kommt man zu dem Ergebnis, dass im Mittel der letzten Jahre Investiti-onsvolumina in der Größenordnung von 1,5 bis 4 Milliarden Euro zurVerfügung gestellt wurden. Dies kann man zwar als Beleg dafür werten,dass diese Finanzierungsform noch keine große Bedeutung hat. Ver-gleicht man diese Finanzierungsform allerdings mit dem IPO, so fällt dieBedeutung von Private Equity in ein ganz anderes Licht. Dazu verglei-chen wir die nach den BVK-Zahlen getätigten Investitionen von Beteili-gungsgesellschaften in Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeiternmit den Emissionsvolumina von „KMU“-Börsengängen. Mangels bessererDatenverfügbarkeit definieren wir dazu einen „KMU“-Börsengang als ei-nen solchen, bei dem das Emissionsvolumen nicht über 100 MillionenEuro lag.

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2002 2003 2004 2005 2006 2007

Bösengänge PE-Investments

Abbildung 9: Aggregiertes Emissionsvolumen aller Börsengänge mit einem Emissionsvo-lumen von nicht mehr als 100 Millionen Euro und aggregierte Private-Equity-Investitionen in Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern(Quelle: BVK, eigene Berechnungen)

In Abbildung 9 findet sich nun der Vergleich des gemäß den BVK-Zahlen aggregierten Private-Equity-Investitionsvolumens mit dem vonden Börsenteilnehmern getätigten Investitionsvolumen in KMU. Wenn-gleich diese Zahlen aufgrund der bereits beschriebenen Schwächen deszur Verfügung stehenden Datenmaterials mit Vorsicht zu genießen sind,ist es durchaus bemerkenswert, dass mit Ausnahme eines einzigen Jahresdie Private-Equity-finanzierten Investitionen deutlich bedeutender wa-ren.14 Hinzu kommt, dass die über Private Equity bereitgestellten Gelderdeutlich geringeren Schwankungen ausgesetzt sind als die an der Börseemittierten Volumina. Insgesamt kann also festgehalten werden, dassPrivate Equity schon heute ein wichtiges Finanzierungsinstrument fürKMU in Deutschland ist, wenngleich es noch keineswegs die gleiche Be-deutung hat wie in anderen europäischen Ländern, zum Beispiel Großbri-tannien, Schweden, den Niederlanden oder Frankreich. Dennoch ist dieseForm der Eigenkapitalbeschaffung für KMU in Deutschland bereits heutedeutlich wichtiger als der Weg an die Börse oder andere alternative Fi-nanzierungsinstrumente, wie etwa Mezzanine-Kapital.

14 Allerdings sei nochmals darauf hingewiesen, dass bei einem Börsengang ein deutlichhöherer Anteil des aufgebrachten Investitionsvolumens sich als Kapitalerhöhung beidem betroffenen Unternehmen bemerkbar macht als bei einer Private-Equity-Transaktion. Nach Kaserer/Kraft (2003) floss bei deutschen IPOs über die Jahre 1993bis 1998 im Durchschnitt 72 Prozent des Emissionsvolumens dem Unternehmen zu.Allerdings dürfte sich dieser Wert nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktesdeutlich verringert haben.

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4. Hindernisse der Eigenkapitalfinanzierung in Deutschland

Es wurde in den vorangegangenen Abschnitten bereits mehrfach auf dievielfältigen wirtschaftlichen und auch regulatorischen Zwänge hingewie-sen, die in der Tendenz die Nachfrage der Unternehmen nach Eigenkapi-tal erhöhen. Gleichzeitig darf aber nicht übersehen werden, dass es regu-latorische Hindernisse gibt, die die Aufnahme von Eigenkapital aus Sichtder Unternehmen verteuern bzw. erschweren. Hier sind vor allem steuer-liche Diskriminierungen, suboptimale Regelungen im Bereich des priva-ten Beteiligungskapitals sowie das System der Altersvorsorge zu erwäh-nen. Diese Hindernisse tragen auch eine erhebliche Mitschuld daran, dassdie Tiefe der hiesigen Eigenkapitalmärkte im internationalen Vergleichnach wie vor unzureichend ist. Insoweit sollte bedacht werden, dass dieim Unternehmenssektor zu beobachtende Eigenkapitalausstattung zwardas Ergebnis von Marktprozessen ist, diese aber durch gewollte – undmöglicherweise auch ungewollte – regulatorische Eingriffe in erhebli-chem Maße beeinflusst werden. Im Folgenden werden daher einige Ursa-chen diskutiert, welche eine Mitschuld an der fehlenden Tiefe der Eigen-kapitalmärkte in Deutschland tragen.

Als erster Punkt ist hier die steuerliche Diskriminierung von Eigenkapitaldurch die im Jahr 2008 verabschiedete Unternehmensteuerreform zu er-wähnen. Eines der Kernelemente der Steuerreform war die Einführungeiner einheitlichen Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf sämtliche Ein-künfte aus Kapitalvermögen. Für Zinseinkünfte, die vorher nicht demHalbeinkünfteverfahren unterworfen waren, führte dies zu einer deutli-chen Reduzierung der effektiven Grenzsteuerbelastung in der höchstenTarifstufe. Während vor der Steuerreform dieser Grenzsteuersatz ein-schließlich Solidaritätszuschlag bei 47,5 Prozent lag, beträgt er jetzt un-ter Berücksichtigung des Gewerbesteuernachteils 29,9 Prozent.15 Demge-genüber wurde die effektive Steuerbelastung auf Erträge aus Unterneh-mensanteilen in der Tendenz erhöht. Hierzu muss man berücksichtigen,dass diese Erträge als Gewinne auf der Unternehmensebene bereits einererheblichen Vorbelastung von 29,8 Prozent unterliegen. Diese Erträge,sofern sie ausgeschüttet werden, sind vom Anleger – ohne Berücksichti-gung einer allfällig zu zahlenden Kirchensteuer – mit 26,4 Prozent zuversteuern. Dieser Doppelbesteuerungseffekt führt zu einer effektivenSteuerbelastung von 48,3 Prozent. Insgesamt stellt dies eine erhebliche

15 Bei dieser und den folgenden Rechnungen ist ein Gewerbesteuerhebesatz von400 Prozent unterstellt. Vgl. hierzu die Beispielrechnung in Abbildung 10.

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Diskriminierung gegenüber der Besteuerung von Einkünften aus Fremd-kapital dar.

Für jene Unternehmen, die ihr Eigenkapital bei Streubesitzaktionäreneingesammelt haben, wird die Diskriminierung wegen der mit der Steuer-reform verbundenen Abschaffung der Steuerfreiheit von Kursgewinnennoch weiter verschärft. Aus deren Sicht werden von den Unternehmenerwirtschaftete Gewinne auf der Anlegerebene künftig nicht mehr nureiner Doppelbesteuerung, sondern einer Mehrfachbesteuerung unterlie-gen. Hierzu muss man sich vor Augen führen, dass Kursgewinne nichtsanderes sind als erwartete zukünftige Gewinnsteigerungen. Somit wirdbei einer Kursgewinnbesteuerung im ersten Schritt der Barwert dieserGewinnsteigerungen besteuert; werden die Gewinne zu einem zukünfti-gen Zeitpunkt realisiert und ausgeschüttet, werden sie mit Körperschafts-steuer und ein weiteres Mal mit Einkommensteuer belastet. Da Kursge-winne einen bedeutsamen Anteil an den Gesamterträgen aus Aktienanla-gen ausmachen, führt diese Änderung zu einem erheblichen Anstieg dereffektiven Steuerbelastung von Gewinneinkünften.

Die Unternehmensteuerreform 2008 hat zu einer in diesem Ausmaß inDeutschland noch nie da gewesenen Begünstigung von Einkünften ausFremdkapitaltiteln gegenüber Einkünften aus Eigenkapitaltiteln geführt.Für jeden Euro, den das Unternehmen in Form von Zinszahlungen anseine Kapitalgeber weiterleitet, müsste es 1,36 Euro erwirtschaften, wenndieser Ertrag in Form von Gewinneinkünften an die Eigentümer weiter-geleitet wird, damit beim Anleger in beiden Varianten derselbe Ertragnach Steuern anfällt.

Diese Rechnung wird in Abbildung 10 näher erläutert. Wie man sehenkann, bedarf es im Falle einer Eigenkapitalfinanzierung eines Betriebser-gebnisses vor Steuern (EBIT) von 1,425 Euro, damit sich ein Nachsteuer-gewinn von einem Euro ergibt. Im Falle einer Fremdfinanzierung brauchtes hingegen nur ein Betriebsergebnis von 1,05 Euro, damit eine Zinszah-lung von einem Euro dargestellt werden kann. Damit liegt der steuerliche„Diskriminierungsfaktor“ bei 1,425/1,05=1,36. Um diesen Faktor mussdas Betriebsergebnis vor Steuern bei Eigenkapitalfinanzierung höher seinim Vergleich zur Fremdkapitalfinanzierung, damit daraus dieselbe Brut-tozahlung an den Investor finanziert werden kann. Berücksichtigt mandie bei beiden Varianten identische Abgeltungssteuer in Höhe von25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag, so ergibt sich für den Investor eineNettoausschüttung bzw. ein Nettozinseinkommen von rund 0,74 Euro.

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Dividenden-ausschüttung

(in Euro)

„Ausschüttung“ inForm einer Zinszahlung

(in Euro)

Betriebsergebnis vorSteuern

1,42500 1,05000

./. Zinszahlung 0,00000 1,00000

Gewinn vor Steuern 1,42500 0,05000

./. Gewerbesteuer (14 %) 0,19950 0,04200

./. Körperschaftsteuerzzgl. Solidaritätszu-schlag (15,825 %)

0,22550 0,00800

Gewinn nach Steuern 1,00000 0,00000

Dividenden- bzw.Zinszahlung

1,00000 1,00000

./. Abgeltungssteuerzzgl. Solidaritäts-zuschlag (26,375 %)

0,26375 0,26375

Nettoeinkünftebei Investor

0,73625 0,73625

Hinweis: In dieser Rechnung wird ein Gewerbesteuerhebesatz von 400 Prozent unter-stellt. Kirchensteuern werden nicht berücksichtigt. Bei der Berechnung der Gewerbe-steuerschuld ist zu berücksichtigen, dass ein Viertel der Schuldzinsen nicht von dergewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage abzugsfähig ist. Es wird unterstellt, dassdie körperschaftsteuerlichen Regelungen zur Zinsschranke nicht greifen.

Abbildung 10: Steuerbelastung von Zins- und Dividendeneinkünften in Deutschland imVergleich

Insgesamt zeigt diese Beispielrechnung, dass man mit Recht von einergesamtwirtschaftlich bedenklichen Verletzung des Gebots der Finanzie-rungsneutralität des Steuersystems sprechen kann. Dies ist im Grundsatzkeine deutsche Besonderheit. Sogenannte Doppelbesteuerungssystemesind weltweit verbreitet und führen zu einer steuerlichen Diskriminie-rung von Eigenkapital. Die durchgerechnete Steuerbelastung auf ausge-schüttete Gewinne ist in vielen Ländern höher als die Steuerbelastungauf Zinseinkünfte. Allerdings versuchen viele Länder diesen Diskriminie-rungseffekt abzumildern, indem sie die effektive Steuerbelastung auf Ei-genkapital relativ zu Fremdkapital reduzieren. Deutschland war bis vorkurzem selbst ein Beispiel dafür, weil in dem bis zur Einführung der Ab-geltungssteuer gültigen Halbeinkünfteverfahren Dividendeneinkünfte nurmit dem halben individuellen Steuersatz besteuert wurden, währendZinseinkünfte dem vollen Steuersatz unterlagen. Zudem waren Kursge-winne steuerbefreit. Ähnliche Verfahren werden auch in anderen Län-

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dern praktiziert. So stellen Länder wie Belgien, Luxemburg, die Nieder-lande oder die Schweiz Kursgewinne steuerfrei. Frankreich, Großbritan-nien, Italien, Japan und die USA belasten Dividendeneinkünfte mit ei-nem deutlich niedrigeren Satz als Zinseinkünfte.

Als zweiter Punkt sind gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Aspektezu erwähnen, die vermutlich auch für die fehlende Tiefe der Eigenkapi-talmärkte in Deutschland verantwortlich sind. In der akademischen Lite-ratur hat sich unter dem Stichwort „Law and Finance“ ein breiter Litera-turstrang entwickelt, in welchem vor allem der Zusammenhang zwischenInvestorenschutz, Eigentümerstrukturen und Kapitalmarkttiefe diskutiertwird.16 Grundsätzlich deuten diese Arbeiten darauf hin, dass ein stärkererInvestorenschutz, wie er typischerweise in den angelsächsischen Ländernzu finden ist, mit einer stärker atomisierten Eigentümerstruktur, tenden-ziell niedrigeren Kapitalkosten und größeren Kapitalmärkten einhergeht.Der im deutschen Rechtssystem implementierte Investorenschutz wird indiesen Untersuchungen als im internationalen Vergleich eher mittelmä-ßig eingestuft. Dazu muss man sich vor Augen halten, dass trotz zahlrei-cher Reformmaßnahmen in den letzten zehn Jahren Investorenschutzhierzulande nach wie vor sehr stark als gesellschaftsrechtlich implemen-tierter Minderheitenschutz ausgestaltet ist.

So besteht wohl der wichtigste Unterschied zwischen den angelsächsi-schen und den kontinentaleuropäischen Investorenschutzregelungen dar-in, dass die Durchsetzung von Haftungsansprüchen gegenüber Organ-mitgliedern in den zuerst genannten Ländern faktisch sehr viel häufigergreift. Zwar sind auch hierzulande erste Schritte in die richtige Richtungunternommen worden, nicht zuletzt etwa mit dem Gesetz zur Angemes-senheit der Vorstandsvergütung (VorstAG).17 Allerdings bleibt auch fest-zuhalten, dass die Klageanreize privater Investoren – und damit auch de-ren Kontrollfunktion gegenüber den Unternehmensverwaltungen – we-sentlich geringer ausgeprägt sind als in den angelsächsischen Ländern.Dabei kann hier offen bleiben, ob das angelsächsische Modell tatsächlichein Vorbild ist. Entscheidend ist lediglich, dass es seitens der Investorensowohl Anreize zur Kontrolle des Managements als auch die richtigenInstrumente gibt, um diese effektiv durchzusetzen.

16 Als Einstieg in diese äußerst umfangreiche Literatur sei hier auf La Porta et al. (1998,2000) verwiesen.

17 BGBl. Teil I Nr. 50 vom 4. August 2009, S. 2509 ff.

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Nichtsdestotrotz ist der Trend hin zu einer Stärkung kapitalmarktrechtli-cher Schutzinstrumente deutlich zu erkennen, wenn man einmal von deneher kontraproduktiven Regelungen des im Jahre 2008 verabschiedetenRisikobegrenzungsgesetzes absieht. Vorteilhaft ist diese Entwicklung in-soweit, als zum einen Regelungstatbestände, die es allein aus Gründendes Investorenschutzes braucht, nicht gleichzeitig auf solche Aktienge-sellschaften ausgedehnt werden, bei denen es mangels einer Börsennotie-rung einen solchen Schutzbedarf gar nicht gibt. Zum anderen sollte manauch nicht übersehen, dass gesellschaftsrechtlich verankerter Investoren-schutz missbrauchsanfällig ist. Ob solche Missbrauchsgefahren ein mate-riell relevantes Hindernis für eine Börsennotierung darstellen, ist nurschwer zu sagen. Dennoch würde eine weitere Stärkung kapitalmarkt-rechtlicher Investorenschutzregelungen die marktorientierten Mechanis-men der Corporate Governance stärken und damit das Vertrauen der In-vestoren in den hiesigen Kapitalmarkt positiv beeinflussen.

Als dritter Punkt ist die Vernachlässigung nicht organisierter Kapital-märkte in Deutschland zu erwähnen. Gerade kleine und mittlere Unter-nehmen leiden besonders unter diesem Zustand, weil es für sie im Unter-schied zu den großen Unternehmen sehr viel schwieriger ist, sich dasnotwendige Eigenkapital auf den internationalen Kapitalmärkten zu be-schaffen. Einen einfachen Beleg zur Unterstützung dieser Behauptungfindet man in Abbildung 4. Sie gibt für zwei Teilzeiträume an, wie hochdas aggregierte Emissionsvolumen bei Neuemissionen von kleinen undmittleren Unternehmen relativ zu den USA war. Dabei wurde festgelegt,dass solche Unternehmen als klein bzw. mittelgroß bezeichnet werden,deren Emissionsvolumen 250 Millionen US$ nicht überschreitet. Wieman sehen kann, gab es in Deutschland zwar ein relatives Wachstum indiesem KMU-Primärmarktsegment, jedoch war dieses relative Wachstumnicht so ausgeprägt wie in Großbritannien oder Japan.

Wie Kaserer/Schiereck (2008) zeigen, ist es unwahrscheinlich, dass dieUrsache dieses Befundes in Börsenstrukturen zu suchen ist, die für mit-telständische und junge technologieorientierte Unternehmen im interna-tionalen Vergleich nicht attraktiv wären. Vielmehr ist zu vermuten, dassdieser Befund – gerade im Vergleich zu Großbritannien – die Folge einerfehlenden Tiefe der nicht organisierten Kapitalmärkte, also insbesonderedes Private-Equity-Marktes, ist. Zwar gilt hier, dass diese fehlende Tiefeletztlich nur die Kehrseite der bereits dargelegten fehlenden Tiefe der or-

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ganisierten Eigenkapitalmärkte ist18, dennoch muss man für Deutschlandkonstatieren, dass trotz anderslautender Absichtserklärungen die Förde-rung der nicht organisierten Kapitalmärkte beherzter in Angriff genom-men werden muss, als dies in der Vergangenheit geschehen ist.

Die institutionellen Defizite des Marktes für privates Beteiligungskapitalsind in Kaserer et al. (2007) ausführlich untersucht worden, so dass aufdie dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. An dieser Stelle sei-en nur einige wenige zentrale Punkte kurz erwähnt. So ist erstens festzu-halten, dass Deutschland insbesondere aufgrund von gewichtigenRechtsunsicherheiten im steuerlichen Bereich als Fondsstandort im inter-nationalen Vergleich nicht attraktiv ist. In diesem Zusammenhang ist dasStichwort der so genannten steuerlichen Transparenz zu erwähnen. Da-mit ist gemeint, dass ein Investor bei einem Direktinvestment in einedeutsche Kapitalgesellschaft nicht anders behandelt werden sollte, alswenn er indirekt über eine Private-Equity-Gesellschaft investiert. Diesheißt insbesondere aus der Sicht ausländischer Investoren die Durchset-zung des Wohnsitzlandprinzips, das heißt die Besteuerung der dabei er-zielten Einkünfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen und damit die steu-erliche Zuordnung dieser Erträge zum Wohnsitzland des Investors.19 Zwargibt es hierzu einen BMF-Erlass aus dem Jahr 2003, doch sind die dortgeregelten Voraussetzungen, unter welchen ein Private-Equity-Fonds alsvermögensverwaltend anerkannt wird, was wiederum Voraussetzung fürdie Durchsetzbarkeit der Besteuerung nach dem Wohnsitzlandprinzip ist,mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden. Da die Auflegung desFonds als Unternehmensbeteiligungsgesellschaft nach dem Gesetz überUnternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) dieses steuerliche Prob-lem ebenfalls nicht löst und der Weg über eine Kapitalgesellschaft – odergar eine Investmentgesellschaft nach dem Investmentgesetz (InvG) – ausgesellschaftsrechtlichen Gründen nicht in Frage kommt, bleibt dieseszentrale Problem trotz erster gesetzlicher Maßnahmen – auf die weiterunten noch eingegangen wird – bis heute ungelöst.

Zweitens gehört zu diesem steuerlichen Thema auch die Frage der um-satzsteuerlichen Behandlung der so genannten Management-Fee. Wegen

18 Setzt man das von Private-Equity-Gesellschaften verwaltete Vermögen in Relation zurBörsenkapitalisierung, so liegt Deutschland im europäischen Vergleich durchaus imvorderen Mittelfeld; vgl. hierzu Kaserer et al. (2007).

19 Da viele Limited Partners von Private-Equity-Gesellschaften in ihrem Wohnsitzlandsteuerbefreit sind, wie zum Beispiel Pensionsfonds oder auch Lebensversicherungen,ist die Durchsetzbarkeit dieses Prinzips von elementarer Bedeutung.

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der häufig fehlenden Vorsteuerverrechnungsmöglichkeiten des Fondsselbst würde nämlich die Einordnung der von der Managementgesell-schaft vereinnahmten Management-Fee als umsatzsteuerbarer Vorgangzu einer echten zusätzlichen Kostenbelastung führen. Da praktisch alleanderen europäischen Fondsstandorte sicherstellen, dass eine solche Um-atzsteuerbelastung nicht eintritt, kommt es hier potentiell zu einem ech-ten Wettbewerbsnachteil. Bis heute ist dieses Problem – trotz gegenteiliglautender politischer Zusicherungen – nicht befriedigend gelöst, weshalbdie bestehende Rechtsunsicherheit tendenziell zu einer Abwanderungvon Fonds und ihren Managementteams führt. Demgegenüber kann diesteuerliche Behandlung des Carried Interest als im internationalen Ver-gleich angemessen eingestuft werden.

An dieser Problematik ändert auch das im Jahre 2008 in Kraft getreteneGesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteili-gungen (MoRaKG) nichts, wenngleich dort zumindest eine Regelung zursteuerlichen Transparenz vorgesehen ist. Da dieses Gesetz aber derart re-striktiv formuliert wurde, dass es nur für die allerwenigsten Private-Equity-Gesellschaften interessant sein könnte, gibt es an dieser Stellefaktisch keine Verbesserung.20 Zudem steht die Anwendung dieses Geset-zes ohnehin in Frage, weil die EU-Kommission ein beihilferechtlichesHauptprüfungsverfahren eingeleitet hat. Insgesamt muss man feststellen,dass hiermit eine Chance verspielt wurde, attraktive und zuverlässigeRahmenbedingungen für Private Equity in Deutschland zu schaffen. In-soweit mangelt es in Deutschland weiterhin an der Verfügbarkeit vor-börslicher Finanzierungsangebote, insbesondere für kleine und mittlereUnternehmen. Diese Unternehmen sind von der mangelnden AttraktivitätDeutschlands als Standort für Private-Equity-Managementgesellschaftendeshalb besonders betroffen, weil für sie eine Finanzierung durch im an-gelsächsischen Ausland ansässige Private-Equity-Fonds aus vielfältigenGründen nicht in Frage kommt.21 Da der deutsche Gesetzgeber aufgrundeiner zu erwartenden EU-Richtlinie betreffend die Regulierung von alter-nativen Investmentfonds unter Handlungsdruck geraten wird, steht zu

20 Für eine ausführliche Kritik dieses Gesetzesvorhabens vgl. Kaserer/Achleitner (2007).21 Wie Achleitner et al. (2009) zeigen, hat geographische Nähe einen erheblichen Ein-

fluss auf das Zustandekommen von Frühphasenfinanzierungen. In die gleiche Rich-tung weisende Befunde für den Private-Equity-Bereich insgesamt finden sich in Cum-ming/Johan (2006). Insoweit könnte man auch bei Private-Equity-Finanzierungenvon einem Home Bias sprechen.

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hoffen, dass diese Chance genutzt wird, um die Entwicklung eines vitale-ren vorbörslichen Marktes für Eigenkapitalfinanzierungen zu befördern.22

5. Fazit: Vorschläge zu Beseitigung von Hindernissen in der Beteili-gungsfinanzierung

In diesem Beitrag wurde die Bedeutung der Eigenkapitalfinanzierung fürdie Unternehmen dargelegt. Es wurde gezeigt, dass es einen ökonomischverursachten Trend zu steigenden Eigenkapitalquoten gibt. Dieser wirdnicht nur nachfrageseitig, also von den Unternehmen, vorangetrieben,sondern auch angebotsseitig, also von den Investoren. Es wurde ver-sucht, die wesentlichen Ursachen für diesen Trend darzulegen.

Ein zukunftssicheres System der Unternehmensfinanzierung sollte denUnternehmen und Anlegern helfen, möglichst flexibel auf die hinter die-sem Trend liegenden ökonomischen Ursachen reagieren zu können. Vordem Hintergrund der Tatsache, dass Deutschland im internationalen Ver-gleich über relativ unterentwickelte Eigenkapitalmärkte verfügt, gibt esAnlass zu der Befürchtung, dass das System der Unternehmensfinanzie-rung nicht die nötige Flexibilität aufweist, um auf die oben genanntenHerausforderungen angemessen zu reagieren. Daher müssen Maßnahmengetroffen werden, um das hiesige System der Unternehmensfinanzierungwettbewerbsfähiger zu machen. Hierzu ist ein Maßnahmenpaket erfor-derlich, zu welchem insbesondere die folgenden Meilensteine gehörenmüssen:

Abschaffung oder Reduzierung der steuerlichen Diskriminierung von Ei-genkapital. Sollte das System der Kapitaleinkommensbesteuerung nichtinsgesamt reformiert werden, so wäre zumindest über einen gespaltenenAbgeltungssteuersatz und/oder über die Wiedereinführung der Steuer-freiheit von Kursgewinnen nachzudenken.

Die Rahmenbedingungen für privates Beteiligungskapital sollten so ge-staltet werden, dass Deutschland auch als Standort für die Management-gesellschaften dieser Beteiligungsfonds eine Rolle spielt. Damit würdedie Bereitstellung von Eigenkapital für kleine und mittlere Unternehmenverbessert werden. Zudem hätte ein solcher vorbörslicher Markt für Ei-

22 Dabei soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die öffentliche Hand eine ganze Reihevon eigenkapitalähnlichen Förderinstrumenten anbietet. Die Effektivität dieser Maß-nahmen, insbesondere wegen des Vielklangs von Maßnahmen auf den verschiedenenstaatlichen Ebenen, wäre aber durchaus zu hinterfragen.

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genkapital einen positiven Effekt für die Bedeutung der Börse als In-strument der Kapitalbeschaffung.

Bei jungen technologieorientierten Wachstumsunternehmen ist wegeneines zu vermutenden Marktversagens über eine steuerliche Förderungder Bereitstellung von Eigenkapital nachzudenken, ähnlich wie dies inLändern wie Frankreich oder Großbritannien bereits geschieht.

Der mit dem Alterseinkünftegesetz beschrittene Weg ist konsequent wei-ter zu gehen. Die demographische Entwicklung muss mit einer Stärkungder privaten Altersvorsorge einhergehen. Allerdings sollte der Trend zurIntermediatisierung der Kapitalmärkte unterbrochen werden. Vom Sparerdirekt angelegte Mittel sollten – in bestimmten Grenzen und unter be-stimmten Restriktionen – genauso in den Genuss der nachgelagerten Be-steuerung kommen wie jene Mittel, die in gemäß Alterseinkünftegesetzzugelassene Finanzprodukte (zum Beispiel in Fonds) angelegt werden.

Eine solche Maßnahme würde auch einen Beitrag zur Schaffung einerAktienkultur in Deutschland leisten, weil sie dazu führen würde, dass einnennenswerter Teil der Bevölkerung in direkten Kontakt mit Aktien kä-me. Unabhängig davon sollten aber auch Aufklärungskampagnen undsonstige kommunikative Maßnahmen zur Funktionsweise und Bedeutungvon Kapitalmärkten erwogen werden. Hierzu ist auch zu überlegen, obdie Unterrichtspläne an den Schulen angepasst werden müssten.

Auch ist der vom Gesetzgeber eingeschlagene Weg zur Schaffung trans-parenter und am Investorenschutz ausgerichteter Kapitalmärkte weiter zuverfolgen. Anleger müssen einerseits über die richtigen Anreize verfü-gen, um Unternehmensverwaltungen zu kontrollieren. Andererseits brau-chen sie dafür auch die richtigen Instrumente. GesellschaftsrechtlicheSchutzinstrumente sind wegen ihrer Missbrauchsanfälligkeit möglicher-weise dafür nicht ideal. Demgegenüber könnte eine effektivere Durchset-zung von Haftungsansprüchen einen Beitrag zum Investorenschutz leis-ten. Das Vertrauen der Anleger in die Unternehmen und Märkte setztzwingend voraus, dass das Prinzip der Verantwortlichkeit effektiv undkonsequent durchgesetzt wird. Vor diesem Hintergrund ist auch die Ef-fektivität der Rechtsverfolgung und die Rechtssicherheit zu hinterfragen.

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Literatur

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3. Die Deutsche Börse bietet mittelständischen Unternehmendas Tor zum Markt für Beteiligungskapital

Dr. Martin Steinbach, Deutsche Börse AG

Zur Eigenkapitalfinanzierung gehören immer zwei Parteien: Der Emittentund der Investor. Insofern müssen wir all das, was wir tun, aus zweiBlickwinkeln organisieren, ob es Marktsegmente sind, Regularien, oderauch Marketing- und Sales-Aktivitäten. Und wir müssen Transparenzgegenüber Investoren und bei Unternehmen schaffen.

Ich werde Ihnen verschiedene Thesen präsentieren – empirische Untersu-chungen und eigene Erfahrungswerte. Letztere entstammen einer Viel-zahl von Gesprächen mit Privatinvestoren, institutionellen Investorenund Private Equity, aber auch mit deutschen und internationalen Unter-nehmen. Unser Fokus hat sich in den letzten drei Jahren internationali-siert; die Schwerpunktregionen im Ausland sind Indien, China, Russlandund in Teilen auch USA. Wie denken Unternehmen in anderen Ländern?Wie agieren sie strategisch? Welche Anforderungen haben sie an dasThema Eigenkapitalfinanzierung?

Zunächst möchte ich aufzeigen, was einen modernen Primärmarkt heuteauszeichnet. Herumfliegende Orderzettel und wild gestikulierende Händ-ler gehören nicht mehr dazu. Die Welt hat sich verändert. Computer ha-ben längst Einzug gehalten. Auf den Plattformen von heute geht es umKonnektivität und Latenz. Technologie ist ein Schlüssel. Wie passt dasmit dem Primärmarkt zusammen?

Anschließend geht es um die Kriterien für ein Listing. Was ist die richti-ge Plattform, um Eigenkapital aufzunehmen? Eine Antwort darauf unddas passende Angebot hat die Deutsche Börse.

Abschließend ein Ausblick: Was passiert in der Welt des Primärmarktes?Was machen die Wettbewerber im Listing: Die New York Stock Ex-change, die NASDAQ, die Londoner Börse, die Börsen in Shanghai undHongkong?

Fünf Dinge gehören zu einem modernen Primärmarkt und zu einer „Effi-cient Value Chain“:

Erstens: Für die Eigenkapitalfinanzierung von Unternehmen braucht maneine effiziente Marktorganisation, in der heutigen Börsenlandschaft eine

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elektronische Plattform. Das Netzwerk zu Marktteilnehmern ist von ent-scheidender Bedeutung. Börsen müssen an die wichtigsten LiquidityPools der Welt angeschlossen sein und an die relevanten Investoren. DieLokation des Servers einer Börse ist dabei nicht mehr von Bedeutung.Durch den vollelektronischen Xetra-Handel haben wir hochliquide Märk-te.

4

Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

Efficient Market Organization

5

4

3

2

1

Professional Market Participants

Attractive Investment Products

Efficient Regulatory Environment

Attractive Economic Opportunities

1

5

4

23 2

Success factors for the capital market / exchangeEquity Financing in a modern Primary Market

� Connectivity of Exchange Network � Efficient Value Chain (STP)� Liquidity and Transaction costs

� IPO community / IR Officers� International Trading Members� Access to a broad Investor Base

� Shares and other asset classes� Variety of Derivatives� Selection and sector indices

� Balanced EU Directives � Corporate, Exchange and Tax law� Monitoring and Enforcement

� Size of the Economy� Attractive Peers and Sectors� Growth and Innovation

Zweitens: Eine effiziente Marktorganisation braucht passende Marktseg-mente, mit transparenten Regeln für das Listing und die entsprechendenHandelsplattformen für Investoren. Sie sollte außerdem Indizes und De-rivate anbieten, die wiederum die Liquidität der Aktienmärkte unterstüt-zen. Und ein Marktplatz braucht „Intellectual Property“, also Intermediä-re, die beim Börsengang beraten, die ihn prüfen und die Aktien bestmög-lich platzieren. Ebenso braucht der Investor beim Kontakt zum Unter-nehmen einen professionellen Investor Relations Officer. Unter demStrich benötigt der Primärmarkt professionelle Marktteilnehmer.

Drittens: Investoren wünschen sich eine breite Produktpalette, um ver-schiedene Strategien abbilden zu können: Aktien, Bonds, Genussscheine,Zertifikate, Optionsscheine, Exchange Traded Funds, Exchange TradedNotes, Rohstoffe. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Visibilität. An derDeutschen Börse werden rund 400.000 Wertpapiere gehandelt. Börsen-gänge stehen also im Wettbewerb mit anderen Eigenkapital suchenden

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Unternehmen. Ein Hilfsmittel dafür sind Indizes, sie machen das komple-xe Geschehen am Markt durchschaubar.

Viertens: Das regulatorische Umfeld spielt eine große Rolle. Sie kennenden Sarbanes-Oxley Act. Viele Chinesen, Inder, Russen gehen deshalbnicht mehr in den USA an die Börse. Wir erhalten Anrufe selbst von US-amerikanischen Unternehmen, die sagen, dass die regulatorischen Hin-dernisse in den USA so hoch sind, dass man sich andere Märkte sucht.Wir hier in Europa müssen also einen gesunden Mittelweg finden zwi-schen den Interessen der Unternehmen und denen der Investoren. Dasgilt nicht nur im Kapitalmarktrecht, sondern auch im Steuerrecht, imBörsenrecht, im Gesellschaftsrecht. Hier sollte Europa an einem Strangziehen, um keine unerwünschte regulatorische Arbitrage zwischen denMarktplätzen zu schaffen.

Fünftens: Fondsmanager investieren in Unternehmen, um Geld zu ver-dienen. Das heißt man sucht Unternehmen mit Wachstum und Innovati-onskraft. Zudem braucht man attraktive Peers, also Unternehmen einesähnlichen Sektors oder einer Industriegruppe. Hier bietet die DeutscheBörse reichlich Auswahl.

Was sind nun die Erfolgsfaktoren für die Eigenkapitalfinanzierung vonUnternehmen an einer Börse?

6

Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

Why to be listed on Deutsche BörseCriteria for the Right Listing Venue

Going Public IPO Being Public

Liquidity

Peer Groups and Sector Exposure

Valu

atio

n

Fast Access

Investor Appetite and Analyst Coverage

IPO / SPO Costs

Regulation and ongoing Disclosure

IR Services

Cos

ts

Admission and Listing Fees

Visibility and Prestige

Stra

tegy

M&A and ESPIndex Participation

Consumer Market and Technology Partnerships

Human Preferences

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Wir sprechen mit vielen asiatischen, russischen und deutschen Unter-nehmen. Ihre Entscheidung für eine effiziente Primärmarktplattform fürdie Eigenkapitalfinanzierung kann man an vier Dingen festmachen.

1. Bewertung: An welcher Börse oder über welche Plattform zur Eigen-kapitalfinanzierung bekomme ich die Höchstbewertung oder habe ichdie geringste Verwässerung?

2. Welche Plattform bietet die günstigsten Kosten? Was kosten mich dieIntermediäre? Was kostet mich die Regulierung?

3. Der dritte Faktor ist ein strategischer Faktor. Eine Börsennotiz lebtauch von der Brand Recognition: Wie visibel bin ich im Markt? Eini-ge indische Unternehmen wählen zum Beispiel eine Notierung hier inEuropa, weil sie dieselbe Wahrnehmung als Softwareunternehmenhaben wollen wie eine SAP. Oder weil man Europa als Opinion Lea-der im Bereich Technologie oder auch als Konsumentenmarkt an-sieht. Also viele strategische Gründe, die mit dem Heimatmarkt derBörse zusammenhängen.

4. Und dann gibt es auch noch die persönlichen Präferenzen der Unter-nehmer, zum Beispiel der Freizeitwert bestimmter Listing-Lokationenoder Erfahrungen aus Studienzeiten und vieles mehr, Dinge also, dienicht an Business-Rationalitäten geknüpft sind.

Ich möchte Ihnen nun anhand dieser vier Faktoren das Angebot derDeutschen Börse aufzeigen, strukturiert nach dem Going Public undBeing Public. Das Leben an der Börse endet nämlich nicht mit dem Bör-sengang. Es beginnt vielmehr erst mit dem Läuten der Glocke auf demParkett.

Im Bereich Listing positionieren wir uns als „IPO One Stop Shop“. Wirbieten mit der vollintegrierten Prozesskette hoch effiziente Lösungen fürdie Eigenkapitalfinanzierung von Unternehmen – und das zu günstigstenKosten.

Am Anfang der Kette steht die Einlieferung von Aktien durch die Custo-dy Services unserer Tochtergesellschaft Clearstream. Die Aktien könnennun in einer Auswahl von unterschiedlichen Primärmarktsegmenten ge-listet werden: Prime Standard, Entry Standard, General Standard oderFirst Quotation Board. Anschließend werden die Aktien in den Handeleinbezogen, und zwar auf einer unserer beiden Plattformen: Xetra ist die

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vollelektronische Handelsplattform für den Kassamarkt; Eurex ist diePlattform für Derivate. Für alle Transaktionen folgt nun das risikoloseClearing und Settlement der Geschäfte. Die Deutsche Börse ist außerdemDatenlieferant, sie berechnet eigene Indizes wie DAX® und liefert Datenu.a. an Bloomberg und Reuters. Diese integrierte Wertschöpfungskettemacht die Deutsche Börse besonders effizient. Sie kann so kapitalkosten-günstige Finanzierungen für Unternehmen weltweit anbieten.

Das Produktportfolio der Deutschen Börse:

15

Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

Alternative IPO Routes: Ideas Addressing Investor NeedsBalanced Regulation and Market Credibility

M&A►IPOCold IPOby merger with listed target company

12

3IPO

Stepwise IPO Approachby listing private placementpublic offering route

Convertible

Bond Equity

Mezzanine IPOby issuance of a convertiblebond with an equity kicker

Option

IPO

Share

&

Structured Finance IPOby placement of a combinationof shares and options

SPACIndirect IPOusing a SPAC deal structure

IPO Reverse IPOby a takeover of a listed cash shell

IPODirect Classic IPOusing innovative investor approaches

Dieses große Angebot bringt enorme Vorteile mit sich. „Liquidity attractsliquidity“, heißt es. Derivate fördern die Liquidität im Underlying undumgekehrt. Der Standort von Investoren hat mit dem Einzug elektroni-scher Handelsplattformen immer mehr an Bedeutung verloren. Betrach-ten wir einmal die Entwicklung der Ordervolumen aus den verschiedenenRegionen im Jahr 2008: Der Anteil deutscher Investoren macht einenimmer geringeren Anteil aus, nur noch 35 Prozent des Ordervolumensstammen aus Deutschland. Der zweitgrößte Investor ist UK, dann dieUSA sowie weitere Länder. Wir können also mit Fug und Recht behaup-ten, dass wir dem deutschen Mittelstand Zugang zu sämtlichen Liquidi-täts-Pools in Europa – und auch über Europa hinaus – anbieten können.

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Wovon hängt die Eigenkapitalfinanzierung ab? Wir führen mit HerrnProf. Kaserer von der TU München seit mehreren Jahren einen so ge-nannten IPO-Sentiment-Indikator. Wir stellen ihn sowohl Investment-banken als auch mittelständischen Unternehmern zur Verfügung. Der In-dikator hilft dabei, das richtige Timing zu finden.

Bei der Berechnung zählen zwei Dinge: Die Stimmung der Investoren, al-so wie aufnahmebereit sie für Börsengänge sind, und das so genannteUnderpricing. Wir planen, hier noch zwei weitere Indikatoren einzubau-en, nämlich die Bewertung, ausgedrückt zum Beispiel im DAX, und dieVolatilität.

Es gibt klare Indizien für einen aufnahmebereiten Primärmarkt: Zum ei-nen Kapitalerhöhungen, wie sie derzeit vermehrt stattfinden. Wir ver-zeichnen, Stand Anfang Oktober 2009, insgesamt 11,8 Milliarden Euroan Kapitalerhöhungen. 2008 waren es dagegen nur 8 Milliarden Euro.Am 1. Oktober hatten wir mit Vtion Wireless – einem chinesischen Un-ternehmen – das erste IPO im Prime Standard im Jahr 2009. Insgesamtgab es fünf IPOs in diesem Jahr und 22 Erstnotizen, denn nicht jedeTransaktion ist ein IPO. Viele Marktplätze auch hier in Europa weisengewisse Transaktionen (zum Beispiel Privatplatzierungen oder reinetechnische Listings) als IPOs aus, die aber gar keine sind. Nach Definitionder Deutschen Börse ist für ein öffentliches Angebot (IPO) die Erstellungeines Prospektes notwendig.

Im Gegensatz zu den USA und zu manchem europäischen Anbieter istunsere Strategie, nicht einzelne Listingsegmente zu fördern, sondern wirbieten dem Unternehmer die Auswahl von vier Segmenten mit unter-schiedlichen Transparenzanforderungen. In den Segmenten positionierensich die Unternehmen gegenüber Investoren. Wir haben die Segmenteganz klar strukturiert – nicht nach Branchen, wie früher im Neuen Markt,als Technologie die Klammer bildete – sondern wir strukturieren aus-schließlich nach Transparenz.

In Europa gibt es zwei Märkte: den EU-regulierten Markt und den börs-lich-regulierten Markt. Jedes Unternehmen kann am Kapitalmarkt „mit-wachsen“. Für ein kleines Unternehmen ist der Entry Standard vielleichtdas geeignete Segment mit der Möglichkeit, bis in den Prime Standardaufzusteigen. Ein Unternehmen, dessen wirtschaftliche Lage angespanntist, kann vom Prime Standard in den General Standard oder in den EntryStandard wechseln. In den verschiedenen Segmenten gibt es unterschied-liche Transparenzanforderungen und unterschiedliche Kostenstrukturen.

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Auch beim Gang an die Börse gibt es verschiedene Optionen. Unterneh-men haben die Wahl zwischen einer Privatplatzierung ohne Prospekt,das heißt Unternehmen können sich nur bei institutionellen Investoren,so genannten Qualified Institutional Buyers, präsentieren und um Kapitalwerben, und einem öffentlichen Angebot. Beim Public Offering ist dasKernelement der von der EU vorgeschriebene EU-Prospekt. Hier prüft einRegulator, bei uns die BaFin, in Großbritannien die FSA.

Viele Wege führen an die Börse: Insgesamt sehen wir sieben Möglichkei-ten für Unternehmen, ein IPO umzusetzen.

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Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

Alternative IPO Routes: Ideas Addressing Investor NeedsBalanced Regulation and Market Credibility

M&A►IPOCold IPOby merger with listed target company

12

3IPO

Stepwise IPO Approachby listing private placementpublic offering route

Convertible

Bond Equity

Mezzanine IPOby issuance of a convertiblebond with an equity kicker

Option

IPO

Share

&

Structured Finance IPOby placement of a combinationof shares and options

SPACIndirect IPOusing a SPAC deal structure

IPO Reverse IPOby a takeover of a listed cash shell

IPODirect Classic IPOusing innovative investor approaches

An der Deutschen Börse kommen Unternehmen schnell in den Markt.Besonders in Zeiten hoher Volatilität ist die Schnelligkeit des Zulas-sungsprozesses bei der BaFin und der Börse entscheidend. Indizes ver-schaffen Unternehmen Visibilität. Jedes Unternehmen im Entry Generaloder Prime Standard ist in mindestens drei Indizes vertreten, zunächstnämlich in einer der 63 so genannten Industriegruppensektoren, zumBeispiel: Biotechnologie. Wir waren eine der ersten Börsen, die einenBiotech-Index aufgebaut haben. Darüber hinaus gibt es 18 übergeordneteSektoren-Indizes sowie pro Transparenzsegment einen All Share-Index.Am bekanntesten ist der Auswahlindex DAX, der die 30 nach Marktkapi-talisierung und Börsenumsatz größten deutschen Unternehmen enthält.

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Das Gesicht der Börse in der Öffentlichkeit ist der Große Handelssaal inFrankfurt. In den letzten Jahren haben wir ihn renoviert und auf denmodernsten Stand der Technik gebracht. Auch dort ist der Handel elekt-ronisch unterstützt. Die Handelsteilsnehmer sitzen jeweils vor drei bisvier Bildschirmen. Der Handel läuft hier von 9.00 bis 20.00 Uhr. DerHandelssaal ist Arbeitsplatz für Händler und gleichzeitig auch für dieMedien, gerade IPOs erhalten damit eine besonders hohe Aufmerksam-keit.

IR-Agenturen bestätigen, dass die Vielfalt der Medien wichtig ist. Nichtbloß eine Zeitung berichtet hier, sondern mehrere, nicht eine TV-Station,sondern eine ganze Bandbreite aus dem In- und Ausland. So entsteht eindifferenziertes Bild in der Öffentlichkeit.

Diese Visibilität wissen auch Unternehmen im Ausland zu schätzen. Siekommen zum Beispiel nach Europa, um M&A-Geschäfte zu tätigen, undsie nutzen dafür die Währung Euro ebenso wie die Währung Aktie. Rus-sische, indische und chinesische Unternehmen machen das. Sie nutzennatürlich auch das Vehikel Börsengang.

Ein wichtiges Argument für einen Börsengang sind die Kosten. Eine ge-meinschaftliche Studie der Deutschen Börse, der TU München und derEuropean Business School trägt den Titel „Lowest Fees and Cost of Capi-tal“. Die Ergebnisse zeigen ein stabiles Bild: Die Deutsche Börse ist iminternationalen Vergleich der attraktivste Listingplatz für Unternehmen.Wir haben für die Studie über 2.600 Transaktionen betrachtet. Analysierthaben wir das Underpricing, Sector Expertise, Spread, den Umschlag derMarktkapitalisierung, die so genannte Zero Trade Ratio und dann die ge-samten IPO-Kosten. Ich möchte hier einige Ergebnisse daraus vorstellen.

Unsere Zulassungskosten und Listing Fees sind die günstigsten weltweit.Was kostet ein Börsengang? Hier sind verschiedene Parteien beteiligt:Banken, Wirtschaftsprüfer, IR- und PR-Agentur. Auf Basis der Prospekt-angaben finden wir bei den 2.600 Transaktionen eine Bandbreite, die na-türlich von der Größe einer Transaktion abhängt und auch von der Größeder jeweiligen Unternehmen. Das Ende der Bandbreite zeigt insofern eherdie Kosten von kleinen Transaktionsvolumina und der Anfang der Band-breite von größeren. Man sieht im Vergleich zu andern Marktplätzen: DieBandbreite an der Deutschen Börse ist relativ eng und günstig. Wir sindzum Beispiel in beiden Märkten besser als London.

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Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

IPO Flotation Costs = Underwriting + Non-underwriting Fees

Source: „The Going and Being Public – A Global Comparison of the Impact of the Listing Decision on the Cost of Capital“ by Prof. C. Kaserer, TU Munich and Prof. D. Schiereck, European Business School, November 2007

% of gross offering proceeds

3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

10.90 20.31

7.52 9.48

8.91 17.02

6.96 8.55

General/Prime Standard

Entry Standard

Main Market AIM

Eurolist Alternext

Large Caps

Main Board GEM

10.05 7.37

8.02 10.1

Small Caps

Large Caps Small Caps

HKSE

NASDAQ

NYSE

Euronext

LSE

DeutscheBörse

Lowest Fees and Cost of Capital

Deutsche Börse provides very competitive total initial flotation costs among main and alternative markets

Das nächste Thema ist Underpricing. Sollte es hoch oder niedrig sein?Unserer Meinung nach ist ein moderates Underpricing adäquat, weil dieEigenkapitalfinanzierung von zwei Parteien lebt, dem Unternehmen unddem Investor. Das heißt man muss einen Königsweg gehen, um beide In-teressen zu adressieren, und wir sind im Mittelfeld hier gut positioniert.

35

Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

The Top 5 IPO Sectors regarding Total Capital Raised

36.1% IndustrialTransportation

100 97.8% Alternative Energies

77.9% Chemicals

64.6% Software & Computer Services

50.8% Electronic Equipment

0

20

40

60

80

%

Source: „Primary Market Activity and the Cost of Going and Being Public“ by Prof. C. Kaserer, TU Munich and Prof. D. Schiereck, European Business School, November 2008, Period: january 2005 – march 2008

Deutsche Börse has the largest share of total capital raised in AlternativeEnergies, Chemicals and Software & IT among major European exchanges

Well-known Brands in Global Peer Groups

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Warum ist das Thema Sektor so wichtig für die Eigenkapitalfinanzie-rung? Gemeint ist die Sektorexpertise der Listingplattform. Es gibt sogenannte Industriecluster an Börsen. Die Deutsche Börse ist beispielswei-se einer der wichtigsten Marktplätze für Green Technology, Solarwerteund Umwelttechnologie.

Es gibt hier industriespezifische Analysten und Investoren, die Ge-schäftsmodelle verstehen und bewerten können. Bei Plattformen mit un-terschiedlichen Sektoren und dieser Expertise kann man davon ausgehen,eine faire Bewertung zur erhalten.

Bei der richtigen Wahl eines Finanzplatzes zählt auch die Liquidität, eineder Kernfunktionen von Börsen. Wie ist hier die Deutsche Börse im Ver-gleich zu anderen aufgestellt? Darauf schauen Unternehmen und auchviele Investmentbanken, die dem Unternehmen Empfehlungen ausspre-chen, welche Börse die geeignete ist. Es gibt Studien, aber auch quar-talsweise Analysen der World Federation of Exchanges, die zeigen, dasswir unter den europäischen Börsen gut dastehen.

37

Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

Deutsche Börse: Europe's No 1 in Turnover Velocity

� Recognized by institutional investors as the most efficient trading network � Over 1,400,000 trades per day on XETRA®

No. 1No. 2

No. 3-5Deutsche

BörseEuronext SWX

12.8 10.014.4TradesMonthly average number of Trades per companyJuly 08 – June 09 (thousand)

233.8 190.6159.3Turnover Monthly average turnover per company July 08 – June 09 (million €)

LSE

5.3

84.4

WienerBörse

3.9

33.1

235% 108%121%Turnover Velocity

Turnover/ Market CapJune 2009138% 65%

Unsurpassed Liquidity

Source: World Federation of Exchanges, July 2009

Deutsche Börse: Most active capital market with the highest degree of liquidity

Wenn man den Kapitalumschlag misst, zeigt sich, dass wir sowohl beimEntry Standard als auch beim Prime und General Standard eine hoheTurnover Velocity aufweisen. Wenn man den Spread betrachtet, dannsind wir im Entry Standard sehr gut, dagegen zeigt die New York Stock

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Exchange eine gute Leistung in den Main Markets. Weit abgeschlagen istdie Londoner Börse – auch wenn die internationale Wahrnehmung ganzanders ist.

Betrachtet man das Trading Volume, so befindet sich die Deutsche Börsebei den Hauptmärkten im Mittelfeld, im Entry Standard dagegen ist sieder führende alternative Marktplatz in Europa.

38

Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

High Turnover Velocity* = Trading Volume / Market Value = High Liquidity

DeutscheBörse:

Prime/GeneralStandard

Main Markets

1.97%

3.85% 3.92%

4.77% 5.07%

5.55%

0.0%

1.0%

2.0%

3.0%

4.0%

5.0%

6.0%

Euronext:Eurolist

LSEMain

Market

HKSE:Main Board

NASDAQ NYSE

1.12% 1.21% 1.69%

5.27%

0.0%

1.0%

2.0%

3.0%

4.0%

5.0%

6.0%

LSE:AIM

Euronext:Alternext

HKSE:GEM

Deutsche Börse:Entry Standard

Alternative Markets

Source: „The Going and Being Public – A Global Comparison of the Impact of the Listing Decision on the Cost of Capital“ by Prof. C. Kaserer, TU Munich and Prof. D. Schiereck, European Business School, November 2007

Turnover velocity is highest at Deutsche Börse compared to major listing venues

Unsurpassed Liquidity

Die Zero Trade Ratio misst die Tage, an denen kein Handel stattfindet,das heißt keine Preisfindung stattfindet. Empirische Ergebnisse zeigenam Beispiel AIM, dass nur an jedem zweiten bzw. jeden dritten Tagüberhaupt eine Preisfeststellung stattfindet.

Was das Investorenvertrauen im Bereich der alternativen Märkte betrifft,lässt sich feststellen: Im Entry Standard hat fast jedes Unternehmen ei-nen Prospekt, an der Euronext: Alternext nur 6,8 Prozent der Unterneh-men und an der Londoner Börse quasi keines.

Auch beim Thema Delisting kommt die Deutsche Börse auf gute Werte:Im IPO-Sample hat hier kein Unternehmen im betrachteten Zeitraum dieBörse wieder verlassen. London zeigt dagegen mit einer Delisting-Ratevon 10,4 Prozent und die Euronext mit 6,7 Prozent vergleichsweise hoheWerte. Es stellt sich die Frage, wodurch ein Delisting ausgelöst wordenist: Durch ein M&A, eine Übernahme oder durch eine Insolvenz. Auch

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hier sehen wir die positiven Ergebnisse, die für Unternehmen an derDeutschen Börse sprechen.

Wir begleiten Unternehmen auch nach dem Börsengang, indem wir dabeihelfen, Investoren und Unternehmen zusammenzubringen. Damit fördernwir die Liquidität in der Aktie. Unternehmen brauchen selbstverständlichaktive IR-Officer. Die Deutsche Börse steuert ihren Teil bei, indem sieUntenehmen zum Beispiel über Indizes ins Rampenlicht der Investorenstellt sowie einen effizienten Marktzugang und transparente Regeln fürdie Börsennotiz bietet.

46

Deutsche Börse Listing – Welcome to Your Future

Bankruptcy Induced Delisting of IPOs

0.1

2.8

5.4

0

1

2

3

4

5

6

Deutsche Börse HKSE NYSE/NASDAQ Euronext LSE

%

0.0 0.0

Source: „Primary Market Activity and the Cost of Going and Being Public“ by Prof. C. Kaserer, TU Munich and Prof. D. Schiereck, European Business School, November 2008, Period: january 2001 – march 2008

No IPOs on HKSE and Deutsche Börse disappeared as a result of bankruptcy in the analyzed period

Primary Market Sustainability

Die Deutsche Börse Listing Partner stehen vor, während und nach demBörsengang mit Rat und Tat zur Seite. Ohne Intermediäre funktioniertdie Eigenkapitalfinanzierung nicht. Das heißt wir müssen dafür sorgen,dass es genug Investmentbanken gibt, die auch Ansprechpartner für un-seren Mittelstand sind. Das gleiche gilt für Anwälte und Wirtschaftsprü-fer. Wir haben über 110 Intermediäre, die sich als Deutsche Börse ListingPartner qualifiziert haben, mit denen wir in den Märkten gemeinsamSales und Marketing initiieren.

Die Finanzkrise hat auf die Eigenkapitalfinanzierung einen erheblichenEinfluss gehabt. Es gibt zum Beispiel immer weniger Investmentbanken,und ihre Struktur hat sich geändert: Wir haben viele kleine Investment-

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Boutiquen und einige ganz große Investmentbanken. Wer übernimmt diePlatzierung an der Börse in Zukunft? Wird es noch die Investmentbanksein oder werden andere auf den Plan treten? Auch ein Wirtschaftsprüferund ein Rechtsanwalt kann das Projekt IPO steuern. Gibt es neue Wegean die Börse? Auf jeden Fall gibt es nicht nur einen Standardweg. Wiesieht es bei den Reporting Standards aus, also bei IFRS und US-GAAP?Unternehmen aus Indien und China orientieren sich meist an IFRS. Jehöher die Vergleichbarkeit von Unternehmen, desto höher wird auch ihreVisibilität.

Börsenplätze untereinander stehen im Konkurrenzkampf – und der Wett-bewerb um Eigenkapital wird in Zukunft noch zunehmen. Es ist zumBeispiel nicht selbstverständlich, dass ein deutsches Unternehmen an dieDeutsche Börse geht. Jedes Unternehmen sucht die Plattform für die Ei-genkapitalfinanzierung, die ihm am besten passt. Vielfach galt bisher dieLogik: Mein Heimatmarkt ist dort, wo mein Unternehmen sitzt. Dochman kann auch eine andere Definition finden: Heimat ist da, wo ich vonInvestoren und Analysten verstanden werde, wo ich am besten bewertetwerde.

Eine wichtige Frage bleibt nach der Finanzkrise: Wie kann verloren ge-gangenes Vertrauen zurückgewonnen werden? Wie finden Investorenzurück in die Aktie und weg von anderen Arten der Zwischenverbriefun-gen? Sollte nicht im Rahmen der privaten Altersvorsorge mehr getanwerden, um neue Investoren zu erschließen?

Meine These lautet daher: Wir brauchen neuen Schwung in der Aktien-und Eigenkapitalkultur in Deutschland.

Prof. Dr. Bernd Rudolph

Vielen Dank, Herr Dr. Steinbach, für einen beeindruckenden Survey überdie Leistungsfähigkeit der Deutschen Börse, auch im Vergleich zu ande-ren Institutionen. Die Deutsche Börse als Tor zur internationalen Eigen-kapitalfinanzierung, das ist sehr positiv gemeint. Wir haben gesehen,dass die Deutsche Börse in vielen Parametern, wie Liquidität, Vorteilegegenüber ausländischen Mitbewerbern hat. Auf der anderen Seite habenwir immer die Diskussion, dass wir in Deutschland besonders schwierigeBedingungen haben, dass die Eigenkapitalfinanzierung nicht gut läuft,dass wir darum werben müssen. Ist das, weil wir andere Wettbewerbs-nachteile haben, eine besondere Herausforderung für die Börse? Sie stel-

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len es sehr positiv dar, Sie können es auch positiv belegen, aber die ge-fühlte Einschätzung, glaube ich, ist eine andere.

Dr. Martin Steinbach

Genau das ist der Grund, weswegen wir sagen: Wir brauchen neuenSchwung in der Aktien- und Eigenkapitalkultur! Wir kennen alle dieGründe, warum wir in Deutschland keine oder nur eine geringere Eigen-kapitalkultur haben. Klar, wir haben ein sehr effizientes Bankensystemund damit eine sehr effiziente Kreditversorgung. Wir haben beispielswei-se auch die KfW-Programme. Wir haben aber noch keine ausgeprägtePrivate Equity-Kultur. Wenn man das normalisiert, könnte Deutschlandvon der Leistungsfähigkeit her das Doppelte an Börsengängen vertragen.Also, Sie können ausrechnen, dass wir im Schnitt eine Anzahl von 30 bis40 Börsengängen haben, uns als Volkswirtschaft aber 80 pro Jahr gutstehen würden. Wir sind in einem Markt, bei dem im Moment die Akti-en- und Eigenkapitalkultur noch nicht State of the Art ist. Daran müssenwir was ändern.

Warum kümmern wir uns auch um die internationalen Emittenten? Wirstehen im Wettbewerb mit anderen Börsen. Letzten Endes gilt: Je attrak-tivere Produkte ich auf der Plattform habe, desto höhere Tradingvolumenbekomme ich. Zum anderen sehen wir natürlich auch Wachstumspoten-zial in China. Wir sehen viele Brücken zwischen dem deutschen Mit-telstand und China, und warum sollten wir die nicht nutzen?

Gast

Ich denke, der deutsche Mittelstand ist immer noch sehr inhabergeführtund die alte Generation hat aus regulatorischen und sonstigen Gründeneine gewisse Skepsis gegenüber einem Börsengang. Das wird sich viel-leicht langsam ändern, wenn sich die Managementstrukturen in den mit-telständischen Unternehmen ändern. Aber, ich glaube, dass das dauert.

Dr. Martin Steinbach

Wir leisten unseren Beitrag dazu. Wir veranstalten eine Vielzahl vonKonferenzen und geben Informationen. Zum Beispiel richten wir dasDeutsche Eigenkapitalforum aus, die größte Konferenz in Europa zu demThema. Wir sehen sich angleichende Transparenzanforderungen vonFremd- und Eigenkapital, was die bisher wesentliche Hürde relativiert.

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Gast

Vielleicht keine Frage, aber eine Statement: Erstens, es wäre wünschens-wert, wenn wir einheitliche Bilanzierungsregeln in der Welt hätten, aberdas bekommen wir nicht hin, zumindest nicht in unserer Generation, be-haupte ich jetzt mal. Aber was haben wir denn für ein Problem? Was ha-ben wir für eine Chance? Sie haben selbst gesagt, der Mittelstand hat zuwenig Eigenkapital. 40 Prozent der Mittelständler haben weniger als10 Prozent Eigenkapital. Das ist ein Ausschnitt aus dieser Statistik, diesie erwähnt haben. Wir müssen aber dem Mittelstand die Angst nehmen.Er hat Angst vor der Transparenz und vor der Bürokratie. Das ist eindeu-tig so. Wir müssen ein Produkt schaffen, vielleicht neben der Aktie, umihn an den Kapitalmarkt heranzuführen.

Das zweite Thema: Unser größtes Problem in Deutschland ist, dass wirdie Pensionen in unseren Bilanzen stehen haben, und dass wir die Pensi-onen eben nicht über Pensionsfonds über den Kapitalmarkt refinanzierenkönnen. Da sollte man vielleicht auch noch mal was tun, vielleicht erge-ben sich da gewisse Chancen. Man muss einen Zwischenschritt finden,um dorthin zu kommen, damit der Mittelstand besser finanziert werdenkann. Die Krise bietet jetzt die einmalige Chance, denn die Verfügbarkeitvon Krediten ist nicht mehr so, wie sie noch vor der Krise war. Dies soll-te vielleicht die Börse auch mal in Form einer Kampagne nutzen. Wirsind gerade dabei, über das DAI und über andere Verbände der sich neubildenden Regierung ein paar Ideen zu geben.

Dr. Martin Steinbach

Vielen Dank! Da kann ich auf den 9. November und die Studie von HerrnKaserer verweisen. Aber ich möchte Herrn Kaserer und auch Ernst &Young, die die Ergebnisse vorstellen werden, nicht vorgreifen.

Gast

Ich fürchte nur, wenn man mit mittelständischen Unternehmern spricht,hört man immer, dass der schwierigste Schritt der Wandel der Rechts-form sei, nämlich von der GmbH in die Aktiengesellschaft. Und warumgibt es diese Scheu, in die Aktiengesellschaft zu gehen? Wegen § 23 Abs.5 AktG, weil wir ein ganz striktes Aktienrecht haben und das Aktienrechtkeine Satzungsfreiheit erlaubt. Viele Dinge, die mittelständische Unter-nehmer gerne hätten, können wir leider im Aktienrecht nicht abbilden.

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Das ist aber auch die Schuld der Unternehmer und auch der DeutschenBörse AG. Denn auf dem letzten Deutschen Juristentag haben wir unsenergisch dafür eingesetzt, mehr Satzungsfreiheit zu geben, zum Beispielin der Frage der Stimmrechtsbeschränkung. Mittelständische Unterneh-men haben Angst, dass Pakete gekauft werden. Stimmrechtsbeschrän-kung wieder zulassen! Oder Erwerbsverbote! 247 Gesellschaften in derSchweiz haben Erwerbsbegrenzungen. Niemand kann mehr alszwei Prozent an Nestle oder an Novartis erwerben. Die deutschen Unter-nehmen haben sich dagegen gewehrt. Der Leiter der Rechtsabteilung derDeutschen Börse AG hat sich dagegen gewehrt. Wir haben nach wie vorden unglücklichen § 23 Abs. 5, wir haben nach wie vor Satzungsstrengeund das ist einer der Hauptgründe, warum der Mittelstand nicht in dieAktiengesellschaft will. Es gibt weitere Aspekte im Kapitalmarktrecht, dieSie genannt haben, nämlich eine ganze Reihe von Publizitätspflichten,die man immer scheut. Es geht ja nicht nur um den Jahresabschluss,sondern vieles andere auch. Ich glaube, wenn wir daran nicht basteln,dann werden wir den Mittelstand nicht an die Börse bringen. Ich bin ge-spannt, was sie dazu sagen.

Prof. Dr. Bernd Rudolph

Können wir gleich die zweite Frage dazunehmen? Und dann, Herr Stein-bach, bekommen Sie das Schlusswort!

Gast

Die Frage ist kurz, aber passt nicht ganz dazu: Wie beurteilen Sie denTrend des Delistings/Dual Listings? Viele große deutsche Unternehmengehen aus Amerika oder Tokio weg. Haben Sie eine ähnliche Tendenz,die Sie auch hier spüren, und wie gehen Sie damit um?

Dr. Martin Steinbach

Vielleicht zur ersten Frage: Ich nehme mir ein Beispiel an vielen schlau-en Unternehmen aus dem Ausland. Wenn diese im Inland ihr Rechtskon-strukt nicht finden, das ihnen passt, dann bilden sie eine Finanzholdingim Ausland. Da sind die British Virgin Islands, die Niederlande, Öster-reich; Sie bilden die Holding und bringen die Assets ein. Wir haben auchdie Société Européenne, die zur Wahl steht. Also, ich muss nicht unbe-dingt über die deutsche Aktiengesellschaft an die Deutsche Börse gehen.Ich kenne das Dokument des Deutschen Juristentags. So eine Finanzie-

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rung hat immer zwei Seiten, den Investor und den Unternehmer. Wennsie Beschränkungen machen oder Erleichterungen gewähren, die demUnternehmer gut tun, dann frage ich mich, ist denn überhaupt ein Inves-tor da und bereit darauf einzugehen? Außerdem hängt es nicht nur ander Rechtsform. Es hängt auch an den Finanzierungsmöglichkeiten. Ichglaube, der Deutsche Juristentag hat zwei Mal das Thema Genussscheinerwähnt. Ich habe meine Dissertation über den Standardisierten Genuss-schein geschrieben. Sie laufen bei mir offene Türen ein. Sie können mitdiesem rechtsformneutral an die Börse gehen, bilanziell Kapital mit Ei-genkapitalcharakter schaffen und zugleich von der steuerlichen Behand-lung als Fremdkapital profitieren. Ich will damit sagen, dass wir sowohldurch andere Gesellschaftsrechtsformen die Flexibilität für den Mit-telstand haben als auch über Finanzierungsinstrumente die Flexibilitätder Produkte.

Zur Frage nach den Dual Listings: Warum akquirieren wir nicht in Lon-don Unternehmen? Weil wir sagen, dass in reifen Märkten ein Dual Lis-ting keinen Sinn macht. Das war meine Eingangsthese. Wie sieht einmoderner Primärmarkt aus? Heute sind die leistungsstarken Börsen analle Liquiditäts-Pools angebunden, das heißt ich erreiche auch die US-Investoren. Teilweise sind Investoren auch in den Liquiditäts-Pools selbstvertreten, sodass wir davon ausgehen, dass weitere Delistings in denUSA stattfinden. Vielmehr ist es bei DAX-Unternehmen eine Sache derLiquiditätsverteilung zwischen Frankfurt und New York. Im Durchschnittsind 95 Prozent der Liquidität in Deutschland und fünf Prozent in denUSA.

Wenn ich Dual Listings in Märkten habe, die beide hochreif sind, dannfällt das Dual Listing weg und der Heimatmarkt bleibt. Deswegen gehenwir in die Emerging Markets, das sind eben die drei Zielmärkte, die wirgenannt haben, wo Unternehmen genau aus den Gründen, die ich ebenaufgezeigt habe, zu uns kommen. Sie werden bei uns besser verstanden,die Regulierung passt ihnen, sie haben die Liquidität, sie haben einen ef-fizienten Marktzugang und, und, und. Im Umkehrschluss gehe ich davonaus, dass wir an der Deutschen Börse auch Delistings von Unternehmensehen, die über einen effizienten Heimatmarkt verfügen.

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4. Financial (Re)Structuring: Möglichkeiten derEigenkapitalstärkung im Mittelstand

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann, PricewaterhouseCoopers AGWirtschaftsprüfungsgesellschaft

Es war erfrischend, von Herrn Steinbach zu hören, dass die DeutscheBörse so stark am Mittelstand interessiert ist, und ich glaube, es ist auchnotwendig. Wir werden in den nächsten zwölf bis 18 Monaten verstärktFinanzierungsengpässe im Mittelstand erleben. Es wird, glaube ich, zuunangenehmen Überraschungen kommen. Insofern ist es beruhigend,von Seiten des Kapitalmarktes zumindest Interesse zu verspüren.

Denn genau in dieser Gemengelage ist mein folgender Vortrag angesie-delt. Ich möchte Ihnen vor dem Hintergrund einer aufkommenden Kre-ditklemme Möglichkeiten und Instrumente zur Eigenkapitalstärkung auf-zeigen, mit denen mittelständische Unternehmen möglichen Finanzie-rungsengpässen wirksam entgegentreten können. Soviel vorab: Die Inan-spruchnahme des Kapitalmarktes ist eine dieser Möglichkeiten.

Zunächst möchte ich ein paar Vorbemerkungen darüber machen, wiesich die gegenwärtige Geschäftslage im Mittelstand darstellt. Anschlie-ßend möchte ich Ihnen einige Instrumente zur Verbesserung der Eigen-kapitalsituation im Mittelstand aufzeigen und mit Ihnen gemeinsam dis-kutieren. Nicht zuletzt möchte ich Ihnen die Möglichkeiten des Bilanz-rechtsmodernisierungsgesetzes im Hinblick auf das Eigenkapital vorstel-len.

Schauen wir uns aber zunächst einmal die aktuelle Geschäftslage im Mit-telstand an.

Wie steht es um den deutschen Mittelstand, wie erlebt der Mittelstanddie Krise? Wir haben Aussagen zur aktuellen Geschäftslage für das Jahr2008 und 2009 verglichen und festgestellt, dass im Jahr 2008 jedeszweite mittelständische Unternehmen die aktuelle Geschäftslage noch alspositiv eingeschätzt hat. Es ist nicht verwunderlich, dass sich dieses Er-gebnis mittlerweile auf ein Drittel verringert hat. Wir sehen auf der rech-ten Seite der Grafik, dass sich der Anteil der Unternehmen, die die aktu-elle Geschäftslage als mangelhaft oder ungenügend beurteilen, mehr alsverdoppelt hat. Wir können also festhalten, dass es zu starken Einbrü-chen in der Einschätzung der aktuellen Geschäftslage gekommen ist, und

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hierbei insbesondere in den Bereichen Automotiv und Maschinenbau.Bisher ungeschoren davon gekommen sind vor allem jene Unternehmen,die sich auf den Inlandsmarkt konzentriert haben. Inwieweit jetzt nachAuslaufen der Kurzarbeit und wahrscheinlich ansteigender Arbeitslosen-quote die Konsumneigung in Deutschland zurückgehen wird, lässt sichschwer prognostizieren, ebenso die Auswirkungen auf die davon betrof-fenen mittelständischen Unternehmen. Der industrielle Mittelstand, alsojene Unternehmen, die zur Finanzierung ihrer Investitionen in der Regeleine hohe Eigenkapitalquote vorweisen müssen, werden am stärksten be-troffen sein bzw. sind am stärksten betroffen.

PricewaterhouseCoopers

►Wirtschaftkrise drückt weiterhin auf Einschätzung der Geschäftslage

► Industrieller Mittelstand am stärksten von der Krise betroffen

Aktuelle Geschäftslage im Mittelstand

Quelle: Creditreform

Slide 4Oktober 2009DAI Symposium Kapitalstrukturen in Deutschland – Wege aus der Krise

Denn analysiert man die Auswirkungen der Krise auf diesen Bereich, soist es kaum überraschend, dass 73 Prozent einen Nachfrageeinbruch und53 Prozent einen Margenverlust verzeichnen. Weitere Informationen be-sagen, dass bei ca. 25 Prozent der Unternehmen die Nachfrage um mehrals 30 Prozent eingebrochen ist und bei mehr als 40 Prozent der Unter-nehmen ein höherer Preisverfall von mehr als 10 Prozent stattgefundenhat. Daneben sehen wir Finanzierungsengpässe bei über 25 Prozent derbefragten Unternehmen. Letztendlich wird das Ganze natürlich zu einemVerzehr der wirtschaftlichen Substanz in diesen Unternehmen führenund dann die Frage aufwerfen, wie man diesem Eigenkapitalverzehr, die-sem Substanzverzehr in den Unternehmen begegnen kann.

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PricewaterhouseCoopers

► Unterkapitalisierung im Mittelstand nach wie vor ein Problem

► Ertrags- und Liquiditätsprobleme führen zur Verschärfung des Problems

Aktuelle Eigenkapitalsituation im Mittelstand

Quelle: Creditreform

Slide 7Oktober 2009DAI Symposium Kapitalstrukturen in Deutschland – Wege aus der Krise

Wenn wir uns die Auswirkungen der Krise auf die Eigenkapitalausstat-tung ansehen, dann ist festzustellen, dass ein Drittel der deutschen mit-telständischen Unternehmen unterkapitalisiert ist, sprich: eine Eigenkapi-talquote von unter 10 Prozent aufweist. Diese Kennzahl hat sich zudemin der Vergangenheit leicht verschlechtert. Das ist letztlich eine Frage derhistorischen Entwicklung in Deutschland, gepaart mit den steuerlichenRahmenbedingungen und den Auswirkungen der aktuellen Krise. Wirhaben jedoch auch festgestellt, dass die Eigenkapitalquote der deutschenmittelständischen Unternehmen in den Jahren 1998 bis 2007 um8 Prozentpunkte auf 25,5 Prozent im Schnitt gestiegen ist. Das ist sicher-lich im Durchschnitt aller mittelständischen Unternehmen eine gute bissehr gute Entwicklung. Wir erkennen aber auch, dass gerade die großenmittelständischen Unternehmen zwischen 2004 und 2006 eine rückläufi-ge Eigenkapitalquote aufweisen. Woran liegt das? Zum einen lässt sichdies auf den steigenden Innovationsdruck, der nach mehr Risikokapitalverlangt, zurückführen, zum anderen auf die erhöhte Risiko-Sensitivitätder Banken. Letztlich müssen alle Beteiligten daraus lernen, dass die Ei-genkapitalausstattung ein immer gewichtigerer Faktor für den Mit-telstand sein sollte. Nach Einführung von Basel II ist dies eine absoluteNotwendigkeit.

Wie kann nun auf diese Situation reagiert werden? „Cash is King“ hatder Mittelstand mittlerweile wieder gelernt. Das Liquiditätsmanagementmuss in Krisenzeiten ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Und die

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Frage stellt sich, wie mit dem Thema Liquiditätsmanagement letztendlichumgegangen wird. Natürlich konzentriert sich das Ganze zunächst auchauf das sogenannte Working Capital, bei dem man freie Mittel im Be-reich des Umlaufvermögens generiert, um die Finanzierungskosten zusenken und die Rendite des Unternehmens zu steigern.

Das Ganze zieht sich weiter in den Bereich der Bilanz hinein. Zum Bei-spiel das Thema Anlageneffizienz, also wie führe ich heute professionel-les Anlagenmanagement durch, um dann über Sale&Lease-Back-Konstruktionen oder andere Instrumente Bilanzstrukturmanagement zubetreiben. Dies allein genügt aber nicht. Wir müssen natürlich auch dieKostenseite und damit die Gewinn- und Verlustrechnung des Unterneh-mens im Auge haben. Hier geht es um die maximale Effizienz von Pro-duktionsprozessen. Wenn man heute mit mittelständischen Unterneh-mern spricht, die sehr stark im produzierenden Bereich unterwegs sind,dann stellt sich hier die Frage von der „Flexibilität von Fabriken“. Ichhabe mit einem Unternehmen zu tun, das im Geschäftsjahr 2008 einenUmsatz von 2 Milliarden Euro generiert hat. Dieses Unternehmen plantfür das Jahr 2009 einen Umsatz von 400 Millionen Euro. Das besagteUnternehmen schrumpft auf 20 Prozent seines letztjährigen Umsatzes.Dies ist sicher ein Extrem-Beispiel, aber ich bin davon überzeugt, dassdas Unternehmen dies überleben wird. Denn mit 50 Prozent der Beleg-schaft wurden frühzeitig Zeitarbeitsverträge abgeschlossen und jetzt be-müht sich das Unternehmen, mit verschiedenen Beratungshäusern dasThema „Flexibilität von Fabriken“ zu realisieren. Ich bin der Meinung,dass dies das neue Stichwort ist. Das Ganze hängt natürlich auch an Ma-nagementstrukturen, an Mitarbeiteranreizen und am Cashflow. Das be-deutet, dass man auch die richtigen Anreize für das Management und dieMitarbeiter setzen muss und es letztlich nicht ohne ein integriertes Li-quiditäts- und Planungssystem im Unternehmen geht. Wenn hier nichtprofessionelle Systeme herrschen, dann stehen viele Unternehmen imMittelstand im Regen und können nicht so agieren und reagieren, wie esheutzutage erforderlich ist.

Die verschiedenen Instrumente und Möglichkeiten zur Eigenkapitalstär-kung im Mittelstand, die ich hier vorstellen möchte, sind Ihnen natürlichgrundsätzlich bekannt. Auf der einen Seite sprechen wir von Instrumen-ten und Möglichkeiten, die „nur“ die Eigenkapitalquote verbessern, alsodas Thema Finanzstrukturmanagement behandeln, auf der anderen Seitesprechen wir von Instrumenten, die das substanzielle Eigenkapitalverbessern sollen. Da reden wir zum Beispiel von Thesaurierung, Kapital-

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erhöhung, Gesellschafterdarlehen oder von den eigenkapitalverstärken-den Möglichkeiten, die ich hier gleich weiter vertiefen möchte.

Im Hinblick auf das Thema Bilanzstrukturmanagement können wir imAnlagevermögen das Stichwort Leasing und im Umlaufvermögen dasStichwort Factoring nennen. Leider sind in diesem Zusammenhang Kon-struktionen wie Asset-Backed-Securities, die im Mittelstand in den letz-ten Jahren auch unter Kostengesichtspunkten eine sehr große Verbrei-tung gefunden haben, aus der Mode gekommen.

Auf der Passivseite sehen wir die Auslagerung von Pensionen überContractual Trust Arrangements (CTAs) und ähnliche Konstruktionen.Aber die eigentlich eigenkapitalverstärkenden Instrumente sind Mezza-nine-Finanzierungen, die Zuführung von Private Equity oder ein Gangan die Börse.

Eine Studie der Stiftung Familienunternehmen aus dem August diesesJahres liefert Hinweise über die gegenwärtig gängigsten alternativen Fi-nanzierungsinstrumente im Mittelstand.

PricewaterhouseCoopers

► Klassische Finanzierungsinstrumente stehen weiterhin im Vordergrund, wenngleich auf niedrigerem Niveau

Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung der Zukunft:Empirische Ergebnisse

Slide 12Oktober 2009DAI Symposium Kapitalstrukturen in Deutschland – Wege aus der Krise

Quelle: Studie FU und die aktuelle Weltwirtschaftskrise

In der Ausgangsfrage ging es darum zu eruieren, wie mittelständischeUnternehmen alternative Finanzierungsinstrumente im Vergleich zumklassischen Bankkredit einschätzen. Hierbei ist festzustellen, dass dieEinschätzung des Mittelstands, ob sie ihre Unternehmen beispielsweise

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über Cash, Gesellschafterdarlehen oder Leasing finanzieren können, starkrückläufig ist. Während aktuell noch 71 Prozent der Unternehmen derAuffassung sind, dass sie sich über Cash finanzieren können, meinen sie,dass das aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in der Zukunft nurnoch in 27 Prozent der Fälle möglich ist. Wir können daraus einen Trendablesen, nämlich dass diese Instrumente, die hier aufgelistet sind, nichtmehr als so erfolgreich oder realistisch eingeschätzt werden, und dassdeshalb nur die klassische Bankenfinanzierung bleibt. Diese Entwicklungsorgt bei vielen Unternehmern für Unbehagen. Es bleibt abzuwarten, obim Frühjahr 2010 die Banken in der Lage sind, den notwendigen Finan-zierungsbedarf zu angemessenen Konditionen zur Verfügung zu stellen.

Mir sagen mittlerweile viele gut aufgestellte Unternehmen, die eine posi-tive, also eine gute Umsatzrendite schreiben: „Wir befürchten, dass wirim nächsten Jahr unser ganz normales Wachstum nicht mehr über denklassischen Bankkredit finanzieren können, weil die Banken dann ihreWertberichtigungen vornehmen und im Zuge der neuen Vorschriften zurEigenkapitalunterlegung selbst nicht mehr in der Lage sind, die Unter-nehmen so zu bedienen, wie es eigentlich erforderlich wäre“.

Wenn wir nun kurz einmal einige Bereiche betrachten, in denen Instru-mente und Möglichkeiten des sogenannten Financial (Re)structuringsmachbar und sinnvoll sind, dann haben wir gesehen, dass Leasing si-cherlich eine Möglichkeit darstellt. Allerdings kommt in naher Zukunftfür diejenigen mittelständischen Unternehmen, welche nach internatio-nalen Vorschriften bilanzieren, die Hiobsbotschaft oder auch für manchedie positive Botschaft, je nach Sichtweise, dass es in Kürze keine Off-Balance-Bilanzierung mehr für diese Unternehmen geben wird. Es wirdin Zukunft generell so sein, dass der Leasingnehmer den Vermögenswertbilanziert, egal welche vertragliche Konstruktion dahinter steckt. Darüberhinaus ist festzustellen, dass sicherlich jeder mittlerweile festgestellt hat,dass die Leasingbanken aufgrund ihrer eigenen Refinanzierungsmöglich-keiten restriktiver geworden sind.

Auch im Bereich Factoring sehen wir alle derzeit die starke Zurückhal-tung der Factoringbanken. Wir haben Factoring in vielen Konstruktionenals ein sehr positives Mittel gesehen, aber letztlich ist es eben eine Frageder Werthaltigkeit der Forderung und damit auch mit Unsicherheit be-haftet, was die weitere Ausgestaltungsmöglichkeit dieses Instrumentsanbelangt.

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PricewaterhouseCoopers

Mezzanine-Kapital – Ausgestaltung und Abgrenzung

Rendite

Risiko

Senior Debt / BankdarlehenNachrangdarlehen ohne Equity Kicker

Nachrangdarlehen mit Equity KickerPartiarische Darlehen

Wandeldarlehen

Typisch stille BeteiligungGenussschein

Atypisch stille Beteiligung

GesellschafterdarlehenVorzugsaktien

EigenkapitalEguity Mezzanine„eigenkapitalnah“

Debt Mezzanine„kreditnah“

5 %

15 %

Zielrendite Eigenkapital:vielfach > 15%

Zielrendite Mezzanine:vielfach < 15%

Slide 15Oktober 2009DAI Symposium Kapitalstrukturen in Deutschland – Wege aus der Krise

Mezzanine-Kapital war vor Jahren in aller Munde. Wenn man hier ein-mal die zwei Parameter betrachtet, auf der einen Seite das Risiko desGeldgebers, auf der anderen Seite seine Renditeerwartung, dann befindetsich das Bankdarlehen mit vier bis sechs Prozent im risikoarmen Bereichbei entsprechenden Sicherungsmaßnahmen.

Wir kommen dann zu den Mezzanine-Gestaltungen, die kreditnah aus-gestaltet sind: Wandeldarlehen, partiarische Darlehen und Nachrangdar-lehen mit oder ohne Equity Kicker. Weiter geht es mit den eigenkapital-ähnlichen oder eigenkapitalnahen Instrumenten der Stillen Beteiligungund den Genussscheinen. Im oberen Bereich sehen wir das echte Eigen-kapital bis hin zum Gesellschafterdarlehen, welches vielleicht mit einemRangrücktritt versehen ist. Sie sehen also sehr unterschiedliche Ausprä-gungen von eigenkapitalstärkenden Instrumenten. Es stellt sich jedochdie Frage, was davon aktuell machbar ist. Dazu einige Stimmen aus derFachszene: Zum einen wird gesagt, und das stellen wir auch in der Pra-xis fest, dass der Markt für Mezzanine-Kapital nahezu ausgetrocknet ist.Standardisierte Mezzanine-Gestaltungen werden für die nächsten Jahrequasi am Boden liegen.

Fraglich jedoch ist, welche qualitativen Kriterien sind eigentlich heran-zuziehen, um die entsprechende Bilanzwirksamkeit oder auch die Wirk-samkeit als Eigenkapital für den Ratingprozess zu gewährleisten. Das In-stitut der Wirtschaftsprüfer stellt hier klare Kriterien auf: Erfolgsabhän-

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gigkeit der Vergütung, Teilnahme am Verlust, Langfristigkeit der Kapi-talüberlassung und entsprechende Nachrangabreden. Also diese vier Kri-terien müssen geprüft werden, um in den Bereich des Eigenkapitals zukommen. Es gibt aber auch Ausgestaltungen für den Ratingprozess, diehiervon abweichende Konstruktionen zulassen, so dass man nach wievor sagen kann und muss, dass das Thema Mezzanine mit einer hohenFlexibilität ausgestattet ist.

Wenn man sich spezielle Mezzanine-Programme verschiedener Anbieterwie zum Beispiel PREPS, HEATs und Equity Notes ansieht, kann man beider Entwicklung 2004 bis 2006 eine sehr starke Nachfrage und eine sehrstarke Nutzung dieser Finanzinstrumente feststellen. Im Jahr 2007 folgtedann der Absturz, und im Jahr 2008 kam der Markt zum Erliegen. Zu-sätzlich können wir festhalten, dass es eine ganze Reihe von Insolvenzenvon Mezzanine-Nehmern gibt. Das ganze Programm ist also von Anbie-ter- und von Nachfrageseite mit einer gewissen Erfolglosigkeit versehengewesen, wenngleich diejenigen – eben schon angesprochenen –Programme, die weiter im Portfolio sind, natürlich auf Rückzahlung war-ten. Das wird für manches Unternehmen noch zu einem Problem werden.

PricewaterhouseCoopers

Mezzanine – Kapital: Problematik

Slide 18Oktober 2009DAI Symposium Kapitalstrukturen in Deutschland – Wege aus der Krise

• Rückzahlung der ersten 2004 aufgelegten Mezzanine Programme in 2011

• Anschlussfinanzierung als Alternative zur Zeit schwer zu bekommen

• Anteil nicht kreditwürdiger Unternehmen sehr hoch

Quelle: mezzanine-bericht.de

Die ersten Rückzahlungen der in 2004 aufgelegten Mezzanine-Programme stehen 2011 an. Anhand der Grafik ist zu erkennen, welcheBeträge in den nächsten Jahren zur Rückzahlung anstehen und wie viele

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Unternehmen davon betroffen sind. Die Frage ist letztlich, wie diese An-schluss- oder Umfinanzierung dann vonstatten gehen kann.

Euler Hermes hat bei einer Umfrage festgestellt, dass schon jetzt40 Prozent der Unternehmen, die ein Mezzanine-Programm in Anspruchgenommen haben, nicht mehr kreditwürdig sind und letztlich Problemehaben werden, auf eine klassische Bankfinanzierung umzusteigen.

Lösungsmöglichkeiten hinsichtlich der Refinanzierungsproblematik sindbeschränkt. Was sind Alternativen? Eine Möglichkeit wäre die Weiter-entwicklung von Mezzanine-Funds, zum Beispiel Mezzanine-Funds mitstaatlicher Übernahme des Ausfallrisikos, Debt-Equity-Swaps oder auchindividuelle Gestaltungen. Standardlösungen sind hier nicht in Sicht.Aber ich bin guter Hoffnung, dass es hier zu kreativen Lösungen kom-men wird, notfalls auch mit staatlicher Unterstützung.

Wenn wir nun zum Thema Private Equity kommen, ergibt sich die Frage,wie der Private Equity Markt wieder zum Leben erweckt werden kann. Inder Vergangenheit wurden sehr unterschiedliche Erfahrungen mit demThema Private Equity gemacht: In Einzelfällen negative, aber im Allge-meinen durchaus positive Erfahrungen. Wenn wir auf der einen Seite dieRenditeanforderung, auf der anderen Seite den Themenblock Investiti-onssumme, Haltedauer und Einflussnahme sehen, dann erleben wir, dasses hier schon zu einer Umorientierung kommt. Wir sehen mittelständi-sche Beteiligungsgesellschaften, die mit geringeren Investitionssummenund Zielrenditen an den Markt gehen. Wir sehen natürlich auch noch dieklassischen Private-Equity-Gesellschaften, die sagen: „Wir fordern einegewisse Mindestrendite, wir wollen immer die Mehrheit und wir wollenmit einem gewissen Hebel aussteigen“. Aber auch diese drei Kriteriensind stark in die Diskussion gekommen und ich bin der Meinung, dasskünftig ganz unterschiedliche Modelle am Markt vorkommen werden.

Private Equity kommt also als Finanzierungslösung wieder ins Spiel.Letztlich stellt sich dann die Frage, wie sich das Geschäftsmodell dieserAnbieter entwickelt. Man sieht, dass weniger Fokus auf Transaktionenjenseits der Milliardengrenze gelegt wird. Minderheitsinvestitionen wer-den absolut an Bedeutung gewinnen und Engagements werden in Zu-kunft langfristig und nicht kurz- oder mittelfristig eingegangen.

Was gibt es an weiteren Entwicklungen? Da sind zum Beispiel die soge-nannten (halb)öffentlichen Beteiligungsmodelle als Alternative in derKrise. Dies sind mittelständische Beteiligungsgesellschaften, die regional

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etabliert und als sogenannte „Selbsthilfeeinrichtung der Wirtschaft“ auf-gestellt wurden. Gesellschafter sind häufig Kreditinstitute, aber auch In-dustrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern, und letztlichhaben diese Beteiligungsgesellschaften die wirtschaftliche Rückende-ckung von Bund und Ländern. Diese mittelständischen Beteiligungsge-sellschaften fungieren in der Weise, dass sie, wie beispielsweise die Bay-rische Beteiligungsgesellschaft, eine maximale Beteiligung von fünf Mil-lionen Euro vorsehen oder wie die niedersächsische Beteiligungsgesell-schaft das Limit bei einer Million Euro setzen. Hier finden sie je nachBundesland unterschiedliche Ausprägungen, in vielen Fällen als stilleBeteiligung etabliert. Wenn man die Zwecke dieser mittelständischen Be-teiligungsgesellschaften Revue passieren lässt, dann gibt es eine Statistik,die besagt, dass acht Prozent Innovationsfinanzierung und 70 ProzentWachstumsfinanzierung durch diese Gesellschaften finanziert werden.Zudem stellen sie Finanzmittel für die Turn-Around-Finanzierung, dieUnternehmensnachfolge und zur Existenzgründung zur Verfügung.

Die Frage, ob (halb)öffentliche Beteiligungsmodelle als Alternative in derKrise eine Möglichkeit sind, kann man vor diesem Hintergrund positivbeantworten. Sicherlich sind sie ein gutes Instrument, um die Hebelwir-kung in Kraft zu setzen, dass man über diesen Eigenkapitalersatz bzw.Eigenkapitaleinsatz weitere Möglichkeiten zur Fremdkapitalgenerierunghat. Insofern, glaube ich, zeigt sich hier eine gute Entwicklung.

Die Frage, ob ein Börsengang, ein sogenanntes Initial Public Offering(IPO), als eine Chance für den Mittelstand betrachtet werden kann, ist inmeinem Vortrag bereits mehrfach beleuchtet worden. Wir sehen hier eineStatistik, die die aktuellen europäischen IPO-Aktivitäten widerspiegeln.Wir sehen eine leichte Erholung am IPO-Markt auf europäischer Ebene,und in den letzten Tagen konnten wir im Handelsblatt lesen, dass einigePrivate Equity-Gesellschaften ihre Engagements in Richtung Börse füh-ren wollen. Zum Beispiel wurde Grohe als ein Unternehmen genannt,welches für den Gang an die Börse bestens geeignet sei.

Aber letztlich geht es immer wieder um die gleiche Frage: Mit welchemVertrauen und mit welchen Erwartungen geht nun ein mittelständischesUnternehmen an die Börse? Sind die gegenwärtigen Rahmenbedingun-gen akzeptabel aus Sicht eines mittelständischen Unternehmens odermüssen neue Marktsegmente geschaffen werden, die einen Gang an dieBörse für ein mittelständisches Unternehmen „gangbarer“ erscheinen las-sen bzw. erst ermöglichen. Ich bin da gegenwärtig etwas skeptisch.

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IPO als Chance für den Mittelstand

► Leichte Erholung am IPO Markt auf Europäischer Ebene

► Nahezu keine Aktivitäten an deutschen Börsen

► Günstiger Einstiegszeitpunkt vor Q2 2010 kaum auffindbar

Slide 24Oktober 2009DAI Symposium Kapitalstrukturen in Deutschland – Wege aus der Krise

PricewaterhouseCoopers

Anzahl der IPOQuelle: PwC IPO watch

Allerdings sehen wir aber auch Familienunternehmen am Kapitalmarkt,wie zum Beispiel die Drägerwerke oder die Fuchs Petrolub, die als KGaAorganisiert sind. Diese Unternehmen sagen mir: „Wir können eigentlichganz gut mit dieser Kombination leben, einerseits als Familienunterneh-men und andererseits mit der Börse. Wir sehen bei uns im Familienun-ternehmen die Börse als Korrektiv zu den Usancen, die sich so in einemmittelständischen Familienunternehmen eingebürgert haben.“ Da gibt es,glaube ich, auch eine große Offenheit, sich mit diesen Themen zu befas-sen.

Der Entry Standard ist eben schon als Chance für den Mittelstand darge-stellt worden. Ich bin davon überzeugt, dass die bestehenden Zulas-sungsbedingungen für viele Unternehmer akzeptabel sind und man ab-warten muss, wie sich jetzt die Rahmenbedingungen und das Vertrauenin die Wirtschaft generell entwickeln.

Daneben taucht die Frage auf, ob Contractual Trust Arrangements(CTAs), die dazu dienen, Pensionsvermögen und Versorgungsansprücheaus der Bilanz auszugliedern, eine Möglichkeit darstellen, um im mittel-ständischen Bereich das Thema Finanzierung positiv zu beeinflussen.Unsere Erfahrung ist, dass sich CTAs als Finanzierungsinstrument fürdieses Segment in unserer deutschen Wirtschaft, bisher zumindest, nichtbewährt haben.

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Welche Möglichkeiten ergeben sich neben dem Börsengang und unter-schiedlicher Mezzanine-Gestaltungen noch? Da sind natürlich aktuellkrisenbedingt die Möglichkeiten, die die Landes- und Bundesbürg-schaftsprogramme bereithalten. Hier geht es darum, dass man Investiti-onskredite, Betriebsmittelkredite, Projektfinanzierungen, Avale oder auchSchiffsfinanzierungen besichert, letztlich einsetzbar für ganz unter-schiedliche Finanzierungsformen. Dahinter stecken zum Teil Förderas-pekte, aber in erster Linie geht es um die Schaffung und Erhaltung vonArbeitsplätzen. Im Moment ein Instrument, das reichlich genutzt wird.Wie Sie wissen, übernehmen die Bürgschaftsbanken bis zu 90 Prozentdes Ausfallrisikos. Wir werden nach Ablauf des Jahres 2009 etwa 10.000Bürgschaften mit einem Kreditvolumen von ca. 1,4 Milliarden Euro be-arbeitet haben. Wir werden KfW-Sonderprogramme bei 2.700 Unterneh-men mit einem Volumen von 13 Milliarden Euro vorfinden. Also schonein ganz wichtiger Aspekt, der hier krisenbedingt zum Thema Unterneh-mensfinanzierung beiträgt.

Die Voraussetzungen für einen Bürgschaftsantrag sehen gegenwärtig wiefolgt aus: Wenn ein Bürgschaftsantrag gestellt wird, muss eine volks-wirtschaftliche Fördernotwendigkeit vorhanden sein. Es muss nachge-wiesen werden, dass das Vorhaben nicht anders finanziert werden könn-te. Wir brauchen die wirtschaftliche Tragfähigkeit der begleitenden Vor-haben und natürlich muss das Ganze dem EU-Beihilferecht, nach demKonjunkturpaket II, entsprechen. Also auch durch diese Programme wirddie mittelständische Wirtschaft durchaus stark unterstützt.

Nach diesen kleinen Ausflügen in Bezug auf etwaige Instrumente undMöglichkeiten zur Stärkung des Eigenkapitals im Mittelstand abschlie-ßend einige Bemerkungen, inwieweit das Bilanzrechtsmodernisierungs-gesetz (BilMoG), welches in diesem Sommer verabschiedet wurde undunser altbekanntes HGB modernisieren sollte, helfen kann. Grundsätzlichbetrachte ich das BilMoG als temporäre Erscheinung, da die Entwicklungauf europäischer Ebene sich in Richtung eines IFRS for SMEs weiterent-wickeln wird.

Beginnen wir mit den Rückstellungen und Pensionsverpflichtungen. Waserwartet uns nach dem BilMoG?

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Rückstellungen und Pensionsverpflichtungen

� Bilanzpolitik bei den Rückstellungen (inkl. Pensionen) nach BilMoG

Positive Auswirkung auf EK-Quote durch BilMoG Änderungen bei den Rückstellungen

Rückstellungen

Eigenkapital

Rückstellungen

EigenkapitalLangfristige

RSt

Pensionen

JahresüberschussJahresüberschuss

Pensionen Pensionen

Slide 30Oktober 2009DAI Symposium Kapitalstrukturen in Deutschland – Wege aus der Krise

PricewaterhouseCoopers

Betrachten wir auf der linken Seite die Positionen Eigenkapital, Jahres-überschuss, Rückstellungen und Pensionen nach HGB, dem gegenüberge-stellt dann die Positionen, wie sie sich tendenziell verändern, wenn mannach dem neuen HGB, also nach der Umsetzung des BilMoG bilanzierenwürde. Bei der Position Rückstellung sehen Sie, dass diese mit einem ge-ringeren Betrag zukünftig angesetzt wird. Woran liegt das? Dies ergibtsich daraus, dass Rückstellungen in Zukunft abzuzinsen sind und sichinsofern eine Verschiebung Richtung Ergebnis ergibt. Bei den Pensionenist es genau umgekehrt. Bei den Pensionen haben wir die Berücksichti-gung zukünftiger Gehalts- und Rententrends. Aber wir haben bei denPensionsrückstellungen zudem die Möglichkeit, Planvermögen, also ak-tiv rückgedeckte Positionen, mit den Rückstellungspositionen zu saldie-ren, so dass wir dann zu einer geringeren Bilanzsumme kommen, unddamit zu dem Schluss, dass das BilMoG tendenziell die Möglichkeit bie-tet, die Eigenkapitalquote positiv zu beeinflussen.

Planvermögen ist das Stichwort, welches bei Pensionsrückstellungenwichtig ist. Planvermögen ist das insolvenzsicher ausgelagerte Vermö-gen, das ausschließlich für die Erfüllung von Pensionsverpflichtungengenutzt wird. Dieses Planvermögen ist zum beizulegenden Zeitwert zubewerten und kann mit dem entsprechenden Rückstellungsbetrag fürPensionen verrechnet werden. Des Weiteren ist bekannt, dass nach demBilMoG selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände aktiviertwerden können. Wir haben damit auch einen positiven Eigenkapitalef-

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fekt durch Inanspruchnahme dieses Aktivierungswahlrechtes. Das sindnatürlich grundsätzlich bilanzkosmetische Themen, die entsprechendnachgewiesen werden müssen. Allerdings bin ich der Auffassung, wennselbst geschaffene Vermögensgegenstände wie Patente einen Substanz-nachweis führen können und tatsächlich später Erträge generieren, dannsehe ich keinen Unterschied zu erworbenen Vermögensgegenständen.Genau auf diese Art und Weise muss dann gegenüber den Banken argu-mentiert werden.

Mit dem Thema latente Steuern möchte ich Sie nicht behelligen. Es istein Thema, das man in den verschiedenen Ausprägungen nur schwerversteht. Warum wirkt sich das im Eigenkapital aus? Warum ist das er-gebniswirksam? Aber auch hier sind Auswirkungen zu berücksichtigen.Man kann das Ganze nicht mehr ohne latente Steuern betrachten. Inso-fern haben wir unter dem Strich auch hier positive Auswirkungen durchdas BilMoG.

Kommen wir zum Schluss! Zunächst hat sich die Eigenkapitalsituationim Mittelstand, das ist nicht überraschend, durch die Krise verschlechtert.Man kann nur hoffen, dass jetzt die Rahmenbedingungen, vielleicht auchim steuerlichen Bereich, so gesetzt werden, dass wieder eine Erholungstattfinden kann. Zuführung von internem und externem Eigenkapital istnur eingeschränkt möglich. Das haben wir gesehen! Etwas Hoffnung ma-chen die halböffentlichen Beteiligungsmodelle, vielleicht auch die Stüt-zung von bestimmten mezzaninen Gestaltungen. Hinter Private Equityals Lösungsmöglichkeit steht ein Fragezeichen. Private Equity nur dann,wenn sich die Ausprägungen stark verändern, und wenn wir nicht dieseExzesse sehen, die wir leider bei einigen Unternehmen mit in die Be-trachtung einbeziehen mussten. Das BilMoG hat einige positive Aspekteund unter dem Strich kann man nur hoffen, dass wir vielleicht das The-ma Kapitalmarkt weiter entwickeln, dass es vielleicht zwischen dem Bör-sengang und der klassischen Bankfinanzierung kapitalmarktorientierteMöglichkeiten auch für den Mittelstand geben wird. Das ist vielleicht einThema, das weiter besprochen werden sollte.

Prof. Dr. Bernd Rudolph

Herzlichen Dank, Herr Winkeljohann, für den Überblick über die ver-schiedenen Instrumente und Möglichkeiten, das Eigenkapital des Mit-telstands zu stärken. Sie haben das nicht nur aufgezeigt, sondern Sie ha-ben auch immer eine Bewertung dazu gegeben und gesagt, wie Sie sich

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das in der Zukunft vorstellen. Bei den ABS. den PREPS und den Mezza-nine-Funds war Ihre Aussage: „Die sind leider aus der Mode gekommen“.Aus der Mode, finde ich, klingt so emotional. Das heißt, wenn die Emoti-on wieder stimmt, dann sehen Sie, dass auch dieses ganze Segment wie-der anspringt oder gibt es institutionelle Hemmnisse, die abgebaut wer-den müssten, damit das gesamte Strukturierungsgeschäft im Bereich desEigenkapitals und der Eigenkapitalfinanzierung wieder erleichtert wird?

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann

Also, ich würde Ihnen Recht geben, dass das Ganze schon emotional zusehen ist. Die ABS-Transaktionen in Deutschland sind nicht schlecht ge-wesen. Wenn wir im Mittelstand dieses Instrument genutzt haben, dannwar das auch von der Finanzierung und der Refinanzierung durchdacht.Nur ist es durch die Vorkommnisse in den USA ins Gerede gekommen.Deswegen hat man gesagt, dass wir das niemandem hier mehr vorschla-gen können. Insofern würde ich sagen: Durchaus emotional. Was dasThema Mezzanine-Gestaltung anbelangt, muss man, glaube ich, nocheinmal nachdenken, ob der Ansatz bei manchen Gestaltungen mit-telstandsadäquat war. Zum Thema Pricing, aber auch bei der Entwick-lung im Bilanzrecht, wo man zunächst davon ausging, dass man dasGanze ins Eigenkapital bekommt, da gab es eine schwierige Diskussionin unserem Berufsstand. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat dann seinevier Kriterien aus der damaligen Zeit noch einmal gefestigt, so dass wirdann leider erleben mussten, dass bestimmte Instrumente aus dem Ei-genkapital wieder ins Fremdkapital genommen wurden. Also, da ist viel-leicht ein bisschen Vertrauen unter die Räder gekommen, insofern mussman, glaube ich, noch mal klarstellend darauf einwirken.

Gast

Ganz spontan zu dem letzten Punkt noch mal! Herr Prof. Winkeljohann,Sie hatten die Insolvenzen genannt, die bei den mezzaninen Funds zuverzeichnen gewesen sind. Die Hälfte der Unternehmen, die Sie genannthaben, ist durch betrügerischen Konkurs Pleite gegangen. Das ist natür-lich auch kein gutes Indiz, das ist kein Qualitätsmerkmal, weder für dieBanken, die beteiligt waren, noch für die Wirtschaftsprüfer, die im Rah-men ihrer Mezzanine-Beteiligung eine ganz intensive Due Diligencedurchgeführt haben, und eben auch nicht gesehen haben, dass da etwasnicht stimmte. Also, ob sie Schieder nehmen, Nici, Ricö oder Rohde, allesbetrügerische Konkurse. Das hat natürlich bei der Weiterentwicklung desInstruments nicht geholfen.

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Gast

Die Krise hat gezeigt, wie schnell Unternehmen an Wert verlieren kön-nen, zum Beispiel bei den Lieferanten der Automobilfirmen, wie schnelleine solche Firma fast den ganzen Wert verlieren kann. Die Frage ist,sollten mittelständische Unternehmen im Privatbereich nicht mehr diver-sifiziert sein, sollten die Unternehmer für ihre Familien nicht möglichstnoch andere Sicherheitspolster haben, damit nicht alles auf dem Spielsteht? Können Sie solche Gedanken in der Praxis beobachten?

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann

Ja! Die Frage nach der Risikostreuung ist natürlich ein ganz entschei-dender Punkt. Es ist nur dann zu untersuchen, wie man es tatsächlichdarstellt. Ich bin immer dafür, Kerngeschäftsfelder und Kernstärken aus-zubauen, richtig nach vorne zu bringen und sich nicht zu verzetteln. Wirhaben viele mittelständische Unternehmen, die gar nicht wissen, wo sieihr Geld verdienen und wo sie Verluste einfahren, einfach weil ihre Pro-duktpalette so breit ist. Insofern würde ich sagen, dass man das Unter-nehmen professionell führen muss, dass man wissen muss, ob manCluster oder Klumpen-Risiken hat. Habe ich als Automobil-Zulieferer nurzwei Kunden? Das ist nicht gut! Da muss ich natürlich gegensteuern.Wenn ich aber ein Unternehmen im Mittelstand mit einer breiten Kun-denstruktur bin, und ich habe dann vielleicht nur drei Produktlinien, dieaber gut sind und auch vom Lebenszyklus unterschiedlich, dann bin ich,glaube ich, gut aufgestellt. Die Antwort auf die Frage ist also, professio-nelle Strukturen zu schaffen und ein gutes Planungsinstrument, ein gutesControlling draufzulegen, und dann zu überlegen, wo meine Wachstums-treiber und Wertschöpfungsbringer sind.

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5. Vorsichtige Bilanzierung und Corporate Finance

Prof. Dr. Jochen Bigus, Universität Bern

Der Vortrag beinhaltet einen Überblick zu neueren theoretischen undinsbesondere empirischen Befunden zum Zusammenhang zwischen Bi-lanzierung und Unternehmensfinanzierung. Dabei wird besonderes Au-genmerk auf die vorsichtige Bilanzierung gelegt, die wegen des Sieges-zugs der IFRS ein wenig aus dem Blickfeld des Gesetzgebers geraten ist.

Vorsicht beinhaltet insbesondere die imparitätische buchmässige Erfas-sung von künftigen Aufwendungen zu künftigen Erträgen. Eine vorsich-tige Bilanzierung ist bei Kreditfinanzierung sinnvoll, um Risikoanreizeim Vorfeld der Insolvenz abzuschwächen. Zudem sind Kreditgeber eheran Informationen zum Verlustpotential des Kreditnehmers interessiert alsan dessen Gewinnchancen.

Bei Beteiligungsfinanzierung kann eine vorsichtige Bilanzierung sinnvollsein, wenn Eigentum und Kontrolle in verschiedenen Händen liegen. DieGeschäftsführung kann bei stark erfolgsabhängiger Vergütung einen An-reiz zu riskanten Investitionen und zu bilanzpolitischen Maßnahmen ha-ben. Eine vorsichtige Bilanzierung entschärft diese Anreize.

Zahlreiche empirische Befunde weisen darauf hin, dass gerade börsenno-tierte Gesellschaften selbst dann freiwillig vorsichtig bilanzieren, wenndas Vorsichtsprinzip im Rechnungslegungsstandard nicht stark ausge-prägt ist. Unternehmen mit besserer Corporate Governance bilanzierenvorsichtiger. Vorsichtige Bilanzierung reduziert die Kosten des Fremdka-pitals.

Diese Befunde gelten für die imparitätische Erfassung von Verlusten undGewinnen. Aufwendungen werden dann gebucht, wenn tatsächliche be-triebliche Verluste drohen (zum Beispiel über Wertminderungen oder dieBildung von Rückstellungen). Diese Art der Vorsicht wird als informativangesehen und ist eher in den USA und Großbritannien als in Deutsch-land zu beobachten.

Daneben gibt es die nicht informative Form der Vorsicht, die nicht aufkonkrete betriebliche Verluste bezogen ist, etwa in Form (überhöhter)planmäßiger Abschreibungen. Diese Art der Vorsicht ist eher in Deutsch-land zu beobachten und sehr viel stärker bei mittelständischen Unter-nehmen als bei börsennotierten Gesellschaften. Der Informationsnutzender nicht informativen Vorsicht ist gering für den Kapitalmarkt, kannaber durch steuerliche Anreize und die in Deutschland vorherrschendeHausbankenfinanzierung motiviert sein. Hier besteht noch Forschungs-bedarf.

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6. Debt-Equity-Swaps im deutschen Sanierungsrecht

PD Dr. Andreas Engert, LL.M. (Univ. Chicago),Ludwig-Maximilians-Universität München

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Instrument der fi-nanzwirtschaftlichen Sanierung von konkreten, einzelnen Krisenunter-nehmen lenken, nämlich die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital,also den Debt-Equity-Swap. Der Debt-Equity-Swap bezieht sich unmit-telbar auf die Kapitalstruktur des betroffenen Unternehmens und damitdas Thema der Tagung. Zugleich ist er nach meinem Dafürhalten einzentral wichtiges Sanierungsinstrument, dem aber im deutschen Sanie-rungsrecht bislang noch nicht angemessen Rechnung getragen wird. Ichmöchte – das ist das Kernanliegen meines Beitrages – für bestimmte Re-formen werben, die aus meiner Sicht in diesem Bereich notwendig sind.

Zunächst einmal, das wissen wir alle: Die Insolvenzwelle rollt. Währenddie Zahl der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Unternehmensin-solvenzen in den letzten Jahren rückläufig war, prognostiziert EulerHermes für die Jahre 2009 und 2010 einen deutlichen Anstieg. Das Vo-lumen der betroffenen Forderungen wird nach dieser Schätzung sogarnoch sehr viel stärker ansteigen und mit geschätzten 33 Milliarden Euroden bisherigen Höchststand aus dem Jahre 2003 deutlich überschreiten.Die Rezession wird also auch verstärkt große Unternehmen erschüttern.Das sind zwar Prognosen, aber sie scheinen sich zu bewahrheiten. Dieletzten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass für das ersteQuartal 2009 die insolvenzbetroffenen Forderungen tatsächlich um33 Prozent zugelegt haben. Wenn man den Vorhersagen und den Zei-tungsberichten glaubt, wird der Höhepunkt der Insolvenzwelle erst imnächsten Jahr erreicht werden.

Der Gesetzgeber hat auf diese Situation bereits reagiert. Er hat unter an-derem den Überschuldungsbegriff verändert, um den Spielraum für Sa-nierungen außerhalb der Insolvenz zu vergrößern. Ich plädiere dafür, beiden weiteren, nun anstehenden Reformbemühungen auch dem Debt-Equity-Swap eine zentrale Rolle zuzuweisen.

Warum ist der Debt-Equity-Swap so wichtig? Der ökonomische Hinter-grund dafür liegt, ganz allgemein gesprochen, in den Problemen von Ei-genkapitalinvestitionen in Krisenunternehmen. Man muss sich vor Au-gen führen, was passiert, wenn die Gesellschafter einem Unternehmen in

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der Krise neues Eigenkapital zuführen. Lassen Sie mich das zunächsteinmal anhand einer Bareinlage verdeutlichen. Die Einbringung neuerMittel führt unmittelbar zu einem Anstieg des Aktivvermögens im Un-ternehmen. Das zugeflossene Bargeld schlägt dort zu Buche. Die Frage istnur, wem dieser Wert wirtschaftlich zugute kommt. Es liegt nahe anzu-nehmen, dass der hinzugewonnene Unternehmenswert den Eigenkapital-gebern als Residualeigentümern zufällt. Teilweise stimmt das auch. DieZufuhr neuer Mittel erhöht die Chance darauf, dass der Unternehmens-wert in Zukunft die Verbindlichkeiten übersteigt und die Gesellschafterdavon insoweit profitieren. Andererseits nimmt aber auch die Aussichtder Gläubiger auf die Befriedigung ihrer Forderungen zu. Der Zuwachsan Unternehmenswert kommt also teilweise den Gläubigern zugute, die –in dem Beispiel einer Bareinlage der Gesellschafter – nichts dazu beige-tragen haben. In einem zugespitzten Beispiel könnte man sich vorstellen,dass die Gesellschafter 10 Millionen in das Unternehmen hineinstecken,sich dadurch aber der Wert ihrer Beteiligung nur um 5 Millionen erhöht,während die übrigen 5 Millionen bei den Gläubigern landen. 10 Millio-nen einzahlen, um dafür 5 Millionen zu bekommen, ist natürlich tenden-ziell ein schlechtes Geschäft. Dieser Effekt ist in der Finanzierungstheorieals das Unterinvestitionsproblem von Myers bekannt. Man kann es aufden Nenner bringen: „Je investiertem Euro Eigenkapital kommt bei denGesellschaftern weniger als ein Euro an.“ Die zentrale Konsequenz be-steht darin, dass ein zu geringer Anreiz zu Eigenkapitalinvestitionen be-steht. In der Krise eines Unternehmens wiegt dieses Problem besondersschwer, weil die Ausfallgefahr der Gläubiger besonders hoch ist und des-halb frisches Eigenkapital vor allem ihnen zugute kommt.

Die Bedeutung von Debt-Equity-Swaps erschließt sich vor diesem Hin-tergrund. Diese können mit einem entscheidenden Vorteil aufwarten. Beieinem Debt-Equity-Swap werden bisher bestehende Forderungen in Ei-genkapital umgewandelt. Dazu bringen Gläubiger ihre Forderungen ge-gen eine Eigenkapitalbeteiligung in die Gesellschaft ein, wobei die For-derungen erlöschen. Die Gesellschaft muss die eingebrachten Forderun-gen nun nicht mehr bedienen. Das Unternehmen spart also einen Betragin Höhe des Nennwertes der Forderungen. Zugleich waren aber die For-derungen wirtschaftlich aus Sicht der Gläubiger weniger wert als derNennbetrag, weil sie angesichts der Krise des Unternehmens stark aus-fallgefährdet waren. Um also den gleichen Effekt zu erzielen wie bei ei-ner Bareinlage, muss ein solcher Gläubiger wirtschaftlich weniger auf-wenden, nämlich nur seine bereits ausfallbedrohte Forderung. Es handeltsich um eine wundersame Wertvermehrung: Jeder Euro Eigenkapital, der

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dem Unternehmen über einen Debt-Equity-Swap zugeführt wird, kostetdie einbringenden Gläubiger weniger als einen Euro. Aus diesem Blick-winkel ist der Debt-Equity-Swap ein sehr gutes Geschäft.

Auf diese Weise wird das Unterinvestitionsproblem gemildert. Ganz auf-gehoben wird es allerdings nicht, denn weiterhin fließt ein Teil des Sa-nierungsvorteils auch solchen Gläubigern zu, die sich selbst nicht andem Debt-Equity-Swap beteiligen. Das Unterinvestitionsproblem ver-schärft den Verteilungskonflikt zwischen den ihre Forderungen einbrin-genden Gläubigern und den Altgesellschaftern. Eine Auseinandersetzungum die künftigen Beteiligungsverhältnisse ist beim Erwerb von Eigenka-pitalanteilen stets unvermeidlich, er erfährt bei einer Sanierung jedochdadurch eine Verschärfung, dass ein Teil des Wertzuwachses an außen-stehende Gläubiger geht. Ob die Verhandlungen über einen Debt-Equity-Swap zum Erfolg führen und welches Verteilungsergebnis sich dabei er-gibt, hängt von der rechtlichen Ausgangslage ab, insbesondere ob undggf. welche Beteiligte Blockaderechte haben und den Debt-Equity-Swapverhindern können, wenn ihnen die Konditionen nicht recht sind. Dar-über schwebt immer die Gefahr, dass die Transaktion und damit die fi-nanzwirtschaftliche Sanierung des Unternehmens scheitert.

Sehen wir uns deshalb an, wie die rechtlichen Ausgangspositionen fürdie Verhandlung über einen Debt-Equity-Swap verteilt sind. Zunächstzur Situation der Gläubiger außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Derselbstverständliche Ausgangspunkt ist dabei, dass die Gläubiger volleBefriedigung verlangen können. Es ist geradezu die Definition, die Es-senz eines Forderungsrechts, dass der Gläubiger volle Erfüllung verlan-gen kann. Der disziplinierende Effekt von Fremdkapital auf Unternehmenbesteht eben darin, dass es zur Vermeidung einer Insolvenz vollständigbefriedigt werden muss. Daraus folgt, dass jeder einzelne Gläubiger indi-viduell ein Blockaderecht hat und nicht gezwungen werden kann, sichan einem Debt-Equity-Swap zu beteiligen. Er kann für sich volle Befrie-digung verlangen.

Nach dem bekannten Coop-Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre1991 können die Gläubiger auch außerhalb eines Insolvenzverfahrensnicht in einen Vergleich hineingedrängt werden, selbst wenn dies viel-leicht eine Sanierung ermöglichen würde. In dem Fall hatten immerhindrei Viertel der Banken außergerichtlich einem Vergleich zugestimmt, dereinen Verzicht auf 75 Prozent ihrer Forderungen zum Gegenstand hatte,um dafür mit den verbleibenden 25 Prozent befriedigt zu werden. Trotz

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dieser großen Mehrheit hat der Bundesgerichtshof eine Pflicht zur Betei-ligung der übrigen Banken am Vergleich verneint und damit ermöglicht,dass sie in diesem Sinne als Trittbrettfahrer von einem Sanierungsver-such profitieren dürfen, der von den anderen Gläubigern getragen wird.

Eine gewisse Ausnahme von dieser Grundregel gilt nach dem Schuldver-schreibungsgesetz für Anleihegläubiger, insbesondere aufgrund der um-fassenden Gesetzesreform vom August diesen Jahres. Es ist nun zum ers-ten Mal möglich, mit Mehrheitsbeschluss der Gläubiger nicht nur aufZinsen, sondern auch auf einen Teil der Hauptforderung zu verzichten,um das Unternehmen sanieren zu können. Man hat das bisher in derPraxis über Umtauschangebote zu erreichen versucht. Im Fall ESCADAist das jüngst missglückt. Solche kollektiven Entscheidungen von Anlei-hegläubigern sind jetzt im Rahmen des Schuldverschreibungsgesetzes er-leichtert worden. Aber diese Ausnahme bestätigt eigentlich nur dieGrundregel, dass kein Gläubiger zu einem Sanierungsbeitrag und alsoauch nicht zu einem Debt-Equity-Swap gezwungen werden kann.

Blicken wir nun – immer noch außerhalb des Insolvenzverfahrens – aufdie zweite beteiligte Partei, die Altgesellschafter. Rechtstechnisch wirdein klassischer Debt-Equity-Swap über eine Kapitalerhöhung der Gesell-schaft erreicht. Es werden an die teilnehmenden Gläubiger neue Anteileausgegeben. Im Gegenzug bringen die Gläubiger ihre Forderungen ein,indem sie die Forderungen (ganz oder teilweise) erlassen oder an die Ge-sellschaft abtreten. Dieser Vorgang erfolgt gesellschaftsrechtlich über ei-ne Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen. Weiter muss das Bezugsrechtder Altgesellschafter ausgeschlossen werden, weil die Anteile gerade denam Debt-Equity-Swap beteiligten Gläubigern angeboten werden sollen.Schließlich muss man häufig eine Kapitalherabsetzung durchführen, umdie neuen Anteile zu einem für die Gläubiger akzeptablen Ausgabebetraganbieten zu können; das ist der so genannte „Kapitalschnitt“. In jedemFall sind also gesellschaftsrechtliche Kapitalmaßnahmen erforderlich, dieim Grundsatz eine Drei-Viertel-Mehrheitsentscheidung der Gesellschaftererfordern. Nur wenn auf ein genehmigtes Kapital zurückgegriffen werdenkann und kein Kapitalschnitt erforderlich ist, können die Geschäftsleitermöglicherweise ohne die Altgesellschafter entscheiden. Damit ist im Er-gebnis die Gesellschafterseite – gegebenenfalls über die Geschäftsleiter,die zumindest häufig deren Interessen wahrnehmen – ebenfalls in derLage, den Debt-Equity-Swap zu verhindern, wobei eine Minderheit aller-dings überstimmt werden kann. Es existiert also kein individuelles Recht,sich dem Debt-Equity-Swap zu entziehen. Darüber hinaus besteht nach

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der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Fall „Girmes“ sogar ein haf-tungsbewehrtes Verbot für eine Minderheit, einen mehrheitlich gewolltenund wirtschaftlich sinnvollen Sanierungsversuch zu verhindern. Ein der-artiges Verhalten wird als Verstoß gegen die gesellschaftsrechtlicheTreuepflicht qualifiziert.

Zugunsten der einzelnen Gesellschafter greifen allerdings gewisse Kon-trollen, die individuell geltend gemacht werden können. Zum einen be-halten sich die Gerichte vor, die Entscheidung über einen Debt-Equity-Swap inhaltlich zu überprüfen. Wie Gerichte in einer wirtschaftlich hochkomplexen Sanierungssituation eine solche Überprüfung leisten sollen,erschließt sich jedoch nicht und dürfte regelmäßig Theorie bleiben. Diezweite rechtliche Schranke liegt in dem Gebot, die Anteile den Gläubi-gern nicht zu einem „unangemessen niedrigen“ Ausgabebetrag anzubie-ten. Die Position der Altgesellschafter darf also nicht zu stark verwässertwerden. Allerdings fragt es sich, wie viel den Altgesellschaftern belassenwerden muss. Das hängt maßgeblich davon ab, was die Eigenkapitalposi-tion der Gesellschafter noch wert ist. Dafür wiederum ist vor allem aus-schlaggebend, ob eine Sanierung außerhalb der Insolvenz gelingt undwas anderenfalls in der Insolvenz passieren würde. Die Aussichten derAltgesellschafter im Insolvenzfall sind zumeist ausgesprochen schlecht –sie würden sogar noch schlechter, wenn sich der Reformvorschlag durch-setzt, den ich Ihnen für das Insolvenzplanverfahren unterbreiten werde.Praktisch wird es schon heute in aller Regel so sein, dass die Gesellschaf-ter in der Insolvenz alles verlieren. Wenn der Debt-Equity-Swap die letz-te Chance ist, um eine Insolvenz zu vermeiden, wäre danach von Rechtswegen kein Ausgabebetrag zu niedrig.

Summa summarum ist als wichtigste Erkenntnis festzuhalten, dass sichaußerhalb einer Insolvenz die Gläubiger individuell und die Altgesell-schafter in ihrer Gesamtheit einem Debt-Equity-Swap widersetzen kön-nen. Zu einem Debt-Equity-Swap kommt es nur, wenn beide Seiten mit-wirken. Es ist eine Verhandlungssituation zwischen Gläubigern und Alt-gesellschaftern.

Betrachten wir nun die Situation im Insolvenzverfahren. Wieder begin-nen wir mit den Gläubigern. Ein Debt-Equity-Swap in der Insolvenz istüberhaupt nur von Interesse, wenn die betreffende Gesellschaft alsRechtsträger erhalten werden soll. Das kann sinnvoll sein, wenn be-stimmte Rechtspositionen – zum Beispiel Verträge und Lizenzen – mitdem Rechtsträger verbunden sind. Wenn man die Gesellschaft abwickelt

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und auflöst, verliert man diese Werte. Es geht also nur um den (wirt-schaftlich durchaus bedeutsamen) Fall, dass der Rechtsträger erhaltenwerden soll. Innerhalb des Insolvenzrechts kommt deshalb nur ein Insol-venzplanverfahren in Betracht, weil nur dabei die Gesellschaft saniertwird und erhalten bleibt.

Wie sieht es also mit einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfah-ren aus? Ein Insolvenzplan kann die Rechtsstellung der an dem Plan Be-teiligten gestalten. Gläubiger sind Beteiligte des Insolvenzplans. Damitkann in Gläubigerrechte eingegriffen, insbesondere auch Forderungengekürzt werden können. Der Plan kann durch Mehrheitsbeschlüsse derverschiedenen Beteiligtengruppen angenommen werden. Im Insolvenz-planverfahren verschwindet also die individuelle Blockademöglichkeitder einzelnen Gläubiger. Einzelne Gläubiger können sich nur dann gegenden Insolvenzplan wenden, wenn sie individuell schlechter gestellt wer-den als sie ohne einen solchen stehen würden, also bei Abwicklung derGesellschaft. Das ist in aller Regel nicht der Fall.

Das Insolvenzplanverfahren geht sogar noch einen Schritt weiter: Esherrscht das Vorrangprinzip, das heißt die Einteilung der Beteiligten inGruppen richtet sich im Wesentlichen nach dem Rang ihrer Rechte. FürGruppen mit niedrigerem Rang gilt das so genannte Obstruktionsverbot.Solange eine solche Gruppe nach dem Plan wertmäßig angemessen be-teiligt wird, kann sie selbst mit einer Mehrheit innerhalb ihrer Gruppe dieAnnahme des Insolvenzplanes nicht verhindern.

Im Ergebnis können individuelle Gläubiger einen Debt-Equity-Swap ineinem Insolvenzplan regelmäßig nicht aufhalten. Nachrangige Gläubigerhaben nicht einmal kollektiv eine Blockadeposition. Es gelten das Mehr-heitsprinzip und der Vorranggrundsatz.

Wenn man nun die Rechte der Altgesellschafter im Insolvenzplanverfah-ren betrachtet, erlebt man eine Überraschung. Das deutsche Recht trenntnämlich strikt zwischen dem Insolvenzverfahren und der rechtlichenVerfassung der Gesellschaft. Das hat zur Folge, dass die Gesellschafterschon keine Beteiligten des Insolvenzplanverfahrens sind. Die Gesell-schaft als Schuldner ist beteiligt, nicht aber ihre Gesellschafter. Damitsind die Gesellschafter auch dem Insolvenzplan nicht unterworfen. DerInsolvenzplan kann nicht in ihre Rechte eingreifen, stattdessen gilt dasgewöhnliche Gesellschaftsrecht. Ein Debt-Equity-Swap ist auch in derInsolvenz nur möglich, wenn gesellschaftsrechtlich die erforderlichenKapitalmaßnahmen beschlossen werden, um den Gläubigern im Aus-

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tausch für ihre Forderungen eine Beteiligung an der Gesellschaft zu er-möglichen.

Die Gesellschafter insgesamt bzw. die Geschäftsleiter als ihre Repräsen-tanten können also weiterhin einen Debt-Equity-Swap blockieren, ob-wohl die Gesellschaft insolvent ist. Auch der Minderheitenschutz ent-spricht dem außerhalb der Insolvenz. Die Anwendung des Gesellschafts-rechts ist, meine ich, ein deutlicher Widerspruch zu der eben geschilder-ten Rechtslage für die Gläubiger, die Mehrheitsentscheidungen, aber vorallem dem Vorranggrundsatz unterworfen sind. Nachrangige Gläubigerkönnen danach einen Insolvenzplan nicht aufhalten, wohl aber die Ge-sellschafter, die erst ganz am Schluss zu befriedigen wären. Das hat auchdeshalb einen äußerst destruktiven Effekt, weil das Obstruktionsverbotfür nachrangige Gläubiger nur greift, wenn die Gesellschafter nichts be-kommen. Wenn die Altgesellschafter über ihre Blockadeposition einewertmäßige Beteiligung durchsetzen, dann können plötzlich auch allenachrangigen Gläubiger wieder gegen den Insolvenzplan stimmen undKonzessionen für sich durchsetzen. Die Chancen des Debt-Equity-Swapsund damit einer Sanierung fördert das nicht.

Man könnte die Blockadeposition der Altgesellschafter rechtspolitischdamit begründen, dass man die Insolvenz für sie nicht zu unattraktivgestalten möchte, um keinen Anreiz zur Insolvenzverschleppung zu set-zen. Bei Debt-Equity-Swaps im Insolvenzplanverfahren geht es aber umgrößere Unternehmen. Bei solchen Unternehmen wird man davon ausge-hen können, dass die maßgeblichen Gläubiger genug Einblick haben, umrechtzeitig selbst Insolvenz auslösen zu können. Man ist bei diesen Un-ternehmen also weniger auf die Gesellschafter angewiesen. Umgekehrt istauch nicht zu befürchten, dass Gläubiger über weit gefasste Covenantsdie Gesellschaft in die Insolvenz treiben, um über einen erzwungenenDebt-Equity-Swap die Altgesellschafter aus dem Unternehmen zu drän-gen. Die Insolvenz führt zu einem so erheblichen Wertverlust, dass dieGläubiger sie nicht mutwillig herbeiführen werden.

Die besseren Gründe sprechen eindeutig gegen ein Blockaderecht derAltgesellschafter. Die entscheidende Überlegung besteht darin, dass dieGesellschafter in der Stunde der Wahrheit, wenn es endgültig um die Er-füllung der Gläubigerforderungen geht, nichts beanspruchen könnensollten, bevor nicht sämtliche Gläubiger voll befriedigt sind. Wenn manvon dieser Vorrangregel abweicht, gibt man den Gesellschaftern einenzusätzlichen Anreiz, zu hohe Risiken einzugehen und das Unternehmen

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mit zu wenig Eigenkapital auszustatten. Dann könnten die Gesellschaftersogar im schlechtesten Fall noch etwas erwarten. Wir diskutieren einebesondere Ausprägung dieses Problems gerade anlässlich der staatlichenBankenrettung, von der zu Recht befürchtet wird, dass sie Moral Hazardder Banken und ihrer Aktionäre auch für die Zukunft fördert.

Des Weiteren erhöht die Blockadeposition der Gesellschafter die Gefahr,dass ein Debt-Equity-Swap selbst im Insolvenzplanverfahren noch schei-tert. Aus Sicht der Gläubiger besteht die Alternative schlicht darin, dieGesellschaft abzuwickeln und aufzulösen. Das Unternehmen muss des-halb nicht zerschlagen werden, sondern kann in einem neuen Rechtsträ-ger fortgeführt werden (übertragende Sanierung). Dabei verliert man al-lerdings die Vorteile aus der Nutzung des bisherigen Rechtsträgers.

Gibt es andere Gründe, weshalb der deutsche Gesetzgeber den Altgesell-schaftern auch in der Insolvenz noch ein Blockaderecht zugesteht? DasUS-amerikanische Reorganisationsrecht, an dem sich das deutsche Insol-venzplanverfahren orientiert hat, begeht diesen Fehler nicht. Zum Teilwird behauptet, dass die Rechtsstellung der Altgesellschafter nach deut-schem Verfassungsrecht besonders geschützt sei. Ein stichhaltiger Ein-wand ergibt sich daraus aber nicht: Gesellschaftsanteile genießen als Ei-gentum zwar verfassungsrechtlichen Schutz. Aber das Bundesverfas-sungsgericht hat in einer Vielzahl von Urteilen – gerade auch in letzterZeit – klargestellt, dass Einschränkungen des Anteilseigentums bis hinzum Entzug der Anteile im Interesse anderer Unternehmensbeteiligtermöglich sind. In den genannten Entscheidungen ging es zwar stets umEingriffe im Interesse der Gesellschaftermehrheit, aber es gibt keinenGrund, weshalb dies nicht auch im Interesse der Gläubiger möglich seinsollte. Das Bundesverfassungsgericht stellt für die Entziehung von An-teilsrechten zwei Voraussetzungen auf: Erstens muss Rechtsschutz gegeneine ganz willkürliche Entziehung gewährleistet sein. Das ist bei einemInsolvenzplan ohne weiteres der Fall. Zweitens muss der Gesellschafterfür den entzogenen Anteil voll entschädigt werden. Auch aus verfas-sungsrechtlicher Sicht wird man sagen können, dass den Anteilseignerndas Gesellschaftsvermögen überhaupt nur zusteht, soweit es nicht zurBefriedigung der Gläubiger benötigt wird. Da aus diesem Grunde die ent-zogenen Anteile im Insolvenzfall regelmäßig keinen Wert mehr haben,ist verfassungsrechtlich zumeist keine Entschädigung geboten. Allerdingsmuss zumindest ein Verfahren zur Verfügung stehen, um ggf. eine Ent-schädigung der Gesellschafter zu gewährleisten.

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Das Verfassungsrecht gebietet es also keineswegs, den Gesellschaftern inder Insolvenz noch die Möglichkeit zur Verhinderung eines Debt-Equity-Swaps einzuräumen. Weniger deutlich ist die europarechtliche Rechtsla-ge. Die zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie – die sogenannte Kapi-talrichtlinie – verlangt in Art. 25, dass über Kapitalerhöhungen grund-sätzlich die Gesellschafter beschließen müssen. Die Blockadeposition derGesellschafter ist also auch europarechtlich verankert. Es stellt sich je-doch die Frage, ob dies auch in einem Insolvenzverfahren gilt.

Dazu haben wir eine Reihe von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs.Sie alle betreffen besondere griechische Sanierungsverfahren, in denenein Zwangsverwalter in sanierungsbedürftigen Gesellschaften eingesetztwird. Dieser Verwalter war nach dem Gesetz mit weit reichenden Befug-nissen ausgestattet. Unter anderem konnte er aus eigenem Recht Kapi-talmaßnahmen durchführen, um die Gesellschaft zu sanieren. Der Euro-päische Gerichtshof erblickte darin einen Verstoß gegen die Kapitalricht-linie, weil die Kapitalerhöhungen nicht von den Aktionären beschlossenwurden. Ich darf eine Formulierung des Gerichtshofs zitieren, die so oderähnlich in den Urteilen immer wiederkehrt: „Die Richtlinie steht zwarnicht dem Erlass von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, durch die dieGesellschaft zum Erlöschen gebracht werden soll, und insbesondere nichtAbwicklungsregelungen entgegen […]. Sie findet jedoch im Fall einereinfachen Sanierungsregelung, die den Fortbestand der Gesellschaft si-chern soll, weiter Anwendung, auch wenn diese Regelung bewirkt, dassdie Aktionäre und die satzungsmäßigen Organe der Gesellschaft vorü-bergehend ihrer Rechte enthoben werden.“

Wenn man diese Passage unbefangen liest, scheint das auch auf den In-solvenzplan zu passen. Dieser zielt ja gerade darauf, die Gesellschaft zuerhalten, und nach seiner Annahme und Bestätigung soll die Gesellschaftvon ihren Organen weitergeführt werden. In der Konsequenz müsstennach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auch im Insol-venzplanverfahren die Gesellschafter über Kapitalmaßnahmen beschlie-ßen, was ihnen die Möglichkeit geben würde, einen Debt-Equity-Swapzu blockieren.

Diese Interpretation ist aber nicht zwingend. Immerhin stellt sich dieFrage von Kapitalmaßnahmen überhaupt nur dann, wenn die Gesell-schaft erhalten werden soll. Sollte der Europäische Gerichtshof wirklichdavon ausgehen, dass die Kapitalrichtlinie ausnahmslos gilt, solange dieGesellschaft erhalten werden soll, dann hätte er sich nicht um eine Ab-

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grenzung zu bemühen brauchen. Richtigerweise ist er deshalb so zu ver-stehen, dass auf das Kriterium der Zwangsvollstreckung abgestellt wird,also auf ein Verfahren, das primär oder sogar ausschließlich den Interes-sen der Gläubiger gilt. Die Beschlusserfordernisse der Kapitalrichtliniesollen erst dann nicht mehr gelten, wenn die Gesellschaft einem Insol-venzverfahren unterworfen wird, wenn also die Eigentümer der Gesell-schaft ausgespielt haben und es nur noch darum geht, die Gläubigerbestmöglich zu befriedigen. Unter diesen Umständen – so würde ich dieUrteile des Europäischen Gerichtshofs verstehen – kann nicht nur Gesell-schaftsvermögen, sondern auch die Gesellschaft selbst und die Anteileder Altgesellschafter als Befriedigungsobjekt herangezogen werden, ohnedass die Altgesellschafter dies noch verhindern könnten. Allerdings istdiese Interpretation nicht die einzig mögliche. Der deutsche Gesetzgebermüsste also eine gewisse Risikobereitschaft an den Tag legen, wenn ereine Reform des Debt-Equity-Swaps in der Insolvenz anstrebt.

Wie könnte eine solche Reform aussehen? Sehr einfach: Die Gesellschaf-ter müssen in den Insolvenzplan einbezogen werden. Sie werden Planun-terworfene, das heißt der Insolvenzplan könnte auch in ihre Rechtsposi-tion eingreifen. Dann wären sie eine stimmberechtigte Gruppe im Plan-verfahren, allerdings eine letztrangig berechtigte. Für sie gälte damit dasObstruktionsverbot, so dass sie den Plan selbst mit Mehrheitsentschei-dung nur aufhalten könnten, wenn sie nicht angemessen am Planwertbeteiligt werden. Nach der bestehenden Regelung des Obstruktionsver-bots ist eine Gruppe erstens dann nicht angemessen beteiligt, wenn einvorrangig Berechtigter wirtschaftlich mehr als den Nennbetrag seinerForderung erhält. Diese Bedingung lässt sich leicht einhalten. Zweitensdürfen die Gesellschafter ohne den Plan nicht besser stehen. Auch daswird praktisch immer der Fall sein, denn ohne den Plan würde die Ge-sellschaft abgewickelt und mitsamt der bestehenden Anteile ersatzlos er-löschen.

Eine Erleichterung des Debt-Equity-Swaps in der Insolvenz wäre alsorechtstechnisch leicht zu bewerkstelligen. Es ginge nur darum, die Ge-sellschafter ebenso zu behandeln wie andere Berechtigte. Bis zur Insol-venz stünde es den Gesellschaftern frei, ob sie die Gläubiger der Gesell-schaft über einen Debt-Equity-Swap beteiligen oder ob sie stattdessenvielleicht andere Kapitalquellen erschließen können, um ihren Einflusszu bewahren. Mit Eintritt der Insolvenz verlören sie hingegen die Kon-trolle an die Gläubiger. Die Beteiligung an der Gesellschaft würde zumBefriedigungsobjekt der Gläubiger.

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Die neue Rechtslage im Insolvenzplanverfahren hätte Vorwirkungen. Be-reits im Vorfeld der Insolvenz würde ein Debt-Equity-Swap im Schatteneines möglichen Insolvenzplans verhandelt werden. Die Verhandlungs-position der Gesellschafter würde dadurch auch außerhalb der Insolvenzgeschwächt, ihre Einigungsbereitschaft nähme zu. Weil sie wüssten, dasssie in einer Insolvenz leer ausgehen, wären sie um so eher zu einer Eini-gung auch außerhalb der Insolvenz bereit. Aber das wäre nur zu begrü-ßen, weil außerhalb eines Insolvenzverfahrens eine Sanierung in der Re-gel effizienter durchzuführen ist.

Lassen Sie mich zum Abschluss kurz zu einem weiteren Aspekt kommen.Es gibt einen weiteren Beteiligten am Debt-Equity-Swap, der zu berück-sichtigen ist – nämlich den Fiskus, der gleichsam als stiller Teilhaberstets am Eigenkapital beteiligt ist. Auch im Verhältnis zu ihm besteht einVerteilungskonflikt. Es geht um die Frage, ob er sich an der Sanierungs-maßnahme und an dem Opfer, das die Gläubiger und Gesellschafter hierim Interesse der Sanierung erbringen, beteiligen soll. Das wichtigstesteuerrechtliche Problem, um das es dabei geht, ist der so genannte Sa-nierungsgewinn.

Um das Problem zu verstehen, muss man sich die Bilanz eines Krisenun-ternehmens vorstellen. Bei einem Debt-Equity-Swap wird auf der Passiv-seite ein Teil der Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt. DieForderungen werden aber nicht zum Nennwert als Einlage eingebracht,sondern nur mit dem gemeinen Wert, also mit dem geringeren wirt-schaftlichen Wert, der die hohe Gefahr eines Forderungsausfalls wider-spiegelt. Da zugleich die Verbindlichkeit mit ihrem Nennwert verschwin-det, entsteht ein so genannter Sanierungsgewinn als Buchgewinn, derder Körperschaftsteuer unterliegt.

Man kann sich fragen, ob nicht auf die Besteuerung dieses Buchgewinnsverzichtet werden sollte. Es gibt allerdings keine guten Gründe, weshalbder Staat gerade beim Debt-Equity-Swap und gerade im Umfang der aufden Sanierungsgewinn entfallenden Steuerbelastung einen Beitrag leis-ten sollte. Der Kern des Problems liegt eher in der so genannten Min-destbesteuerung, also der Regelung, dass Verlustvorträge aus früherenJahren unter Umständen in jedem Jahr nur zu einem Teil abgezogenwerden können. Das ist eine Systemwidrigkeit, die sich beim Sanie-rungsgewinn besonders schädlich auswirkt. Die betroffenen Unterneh-men haben ja regelmäßig in den Vorjahren Verluste erlitten. Wenn sienun aufgrund des Debt-Equity-Swaps einen hohen buchmäßigen Sanie-

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rungsgewinn erzielen, fallen sie unter die Mindestbesteuerung, weil sieihre Verlustvorträge nicht voll nutzen können. Damit führt ein bilanziel-ler Gewinn, dem kein Mittelzufluss gegenübersteht, zu einer Steuerbelas-tung, also einem tatsächlichen Liquiditätsabfluss. Zumindest diese sys-temwidrige Mindestbesteuerung sollte der Gesetzgeber aufgeben.

Zu diesem Ergebnis ist 2003 auch das Bundesfinanzministerium gekom-men – nicht zufällig auf dem Höhepunkt der letzten Insolvenzwelle. Übereinen Erlass hat das Finanzministerium eine Billigkeitsregelung vorgese-hen, nach der Sanierungsgewinne zunächst mit Verlusten und Verlust-vorträgen zu verrechnen sind und dann sogar ein verbleibender Sanie-rungsgewinn zu erlassen ist. Ein Problem an diesem „Sanierungserlass“sind Zweifel daran, ob sich eine solche Regelung über eine bloße Ver-waltungsanweisung treffen lässt, zumal eine vergleichbare gesetzlicheRegelung früher bestand, aber aufgehoben wurde. Die steuerliche Be-günstigung von Sanierungsgewinnen steht damit unter erheblicherRechtsunsicherheit. Ein weiteres praktisches Problem ist, dass der Sanie-rungserlass zwar für die Körperschaftsteuer gilt, aber nicht die Gemein-den als Gläubiger der Gewerbesteuer bindet. Folglich muss das betroffe-ne Unternehmen mit den Gemeinden eigens über die Möglichkeit einerentsprechenden Begünstigung verhandeln. Im Ergebnis sollte auch hierder Gesetzgeber schnell nachbessern und mit einer verlässlichen Rege-lung Rechtssicherheit schaffen.

Prof. Dr. Bernd Rudolph

Vielen Dank, Herr Engert! Ein spannendes Thema, wie man in der Krisezu einer Eigenkapitalfinanzierung kommen kann und dem ganz offen-sichtlich unser institutionelles Umfeld doch sehr häufig entgegensteht.Empirisch wird man wahrscheinlich feststellen können, dass die Debt-Equity-Swaps davon abhängen, wie viele Gläubiger es vorher gibt, undob Ausgleichszahlungen geleistet werden können. Innerhalb der Insol-venz sollte das aber eigentlich keine Rolle mehr spielen, weil ein gewis-ser Zwang ausgeübt werden kann. Wenn das dann nicht richtig funktio-niert, ist das eigentlich sehr schade. Gibt es zu diesem sehr speziellen,aber wichtigen und spannendem Thema noch Fragen?

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Gast

Herr Engert, Sie sagen, dass sich Debt-Equity-Swaps besonders gut zurfinanzwirtschaftlichen Sanierung eignen. Sie haben die juristischen As-pekte aufgezeigt. Vor allem für einen Nicht-Juristen ist es immer er-staunlich, was es da für Widersprüche gibt. Ich komme jetzt mal von derökonomischen Seite, nämlich zu der Frage nach der praktischen Bedeu-tung einer Beteiligungssanierung, auf die es letztendlich hinausläuft.Warum sollte sich der typische Gläubiger eigentlich an einer anderenUnternehmung, die jetzt vor der Insolvenz steht oder in der Insolvenz ist,beteiligen? Also, der Fiskus, Sozialversicherungsträger, im Regelfall auchdie Banken werden gar kein Interesse daran haben. Eine Bank müsstedann im Jahr vielleicht ein paar Hundert neue Beteiligungen in ihr Port-folio aufnehmen, egal in welcher Art, aber das wäre nicht sehr hilfreichfür die Banken. Deswegen tun die das auch gar nicht. Das heißt es blei-ben doch im Grunde nur Geschäftspartner übrig, die sich in der Wert-schöpfungskette befinden, also zum Beispiel Kunden oder Lieferanten –so jemand käme doch im Prinzip in Betracht. Nach meiner Einschätzunggibt es solche Fälle, ich kenne auch welche, aber es ist doch vergleichs-weise selten.

Ist es denn nicht noch seltener, dass seitens der Gesellschafter tatsächlichBedenken erhoben würden, wenn ein Außenstehender einen Eigenkapi-talanteil zeichnen würde? Ist das also von der praktischen Seite eher einunwahrscheinlicher Fall, auch wenn er gedanklich natürlich interessantist?

Dr. Andreas Engert

In der Tat glaube ich, dass Geschäftspartner in Frage kommen. Danebenist es für mich ein Rätsel, weshalb die Banken nicht zumindest früher –als sie noch ein anderes Geschäftsmodell hatten – Interesse daran hatten,sich an Kreditnehmern in der Krise zu beteiligen. Es gibt darauf ver-schiedene denkbare Antworten. Eine Erklärung war das Kapitalersatz-recht, das Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre in einerWeise ausgeformt wurde, die Debt-Equity-Swaps für Banken sehr unatt-raktiv gemacht hat. Das hat möglicherweise zu einer gewissen Pfadab-hängigkeit geführt, also zu einer generellen Haltung, dass Banken so et-was nicht machen.

Darüber hinaus sollte man Finanzkreditgeber aber nicht ausblenden,denn wie wir wissen, verkaufen Banken gerade in den letzten Jahren ihre

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ausfallbedrohten Kredite. Die spezialisierten Investoren, die solche Kredi-te erwerben, diese so genannten „Geierfonds“, sind vielleicht eher bereit,eine Beteiligung zu übernehmen. Wenn wir an solche „Geierfonds“ den-ken, dann wird die Sache im Verhältnis zu den Gesellschaftern natürlichdeutlich konfliktbelasteter. Tatsächlich ist es auch ein scharfer Konflikt,denn solche Investoren werden eine maßgebliche Beteiligung anstrebenbis hin zu einem völligen Hinausdrängen der alten Gesellschafter. Eswird dann auf die Verhandlungsposition ankommen, die die Altgesell-schafter und die Investoren als Gläubiger rechtlich innehaben. Da, glaubeich, würde sich eine Reform spürbar auswirken. Das kann sehr relevantwerden.

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Referenten

Prof. Dr. Wolfgang Bessler

hat seit 1998 den Lehrstuhl für Finanzierung und Banking an der Justus-Liebig-Universität in Gießen inne. Seine Forschungsschwerpunkte liegenbei Management von Zins und Währungsrisiken in Banken und Risiko-management mit Optionen und Futures. Darüber hinaus betreibt er empi-rische Kapitalmarktforschung u.a. in Bezug auf Neuemissionen, Corpora-te Governance und Asset Pricing-Modelle. Außer in Gießen hat er nocheinen Ruf an die Universitäten Montreal, Boston, Chicago und New Yorkerhalten. Er ist Herausgeber der Schriftenreihe Geld-Banken-Börsen, Mit-herausgeber des European Journal of Finance und Mitbegründer derMultinational Finance Society.

Prof. Dr. Jochen Bigus

ist seit 2007 ordentlicher Professor für Financial Accounting an der Uni-versität Bern mit den Schwerpunkten International Financial Reporting,Financial Reporting, Auditor´s Liability and Independence, Corporate Fi-nance. Nach der Promotion an der Universität von Hagen und Studien-aufenthalten an der University of California, Berkeley, und dem IndiraGandhi Institute, Bombay, habilitierte er sich an der Universität vonHamburg zur Theorie der Wagnisfinanzierung.

PD Dr. Andreas Engert, LL. M. (Chicago)

Nach seiner Habilitation zum Thema „Kapitalmarkteffizienz und Invest-mentrecht“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München hat er nacheiner Lehrstuhlvertretung u.a. in München eine Professur für Bürgerli-ches Recht, Unternehmensrecht und Rechtsökonomik an der Universitätzu Köln übernommen. Er ist Mitglied in mehreren Vereinigungen wiezum Beispiel dem European Corporate Governance Institute, Gesellschaftfür Recht und Ökonomik und der Deutsch-Amerikanischen Juristenverei-nigung. Neben verschiedenen Stipendien erhielt er 2003 den Fakultäts-preis der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-UniversitätMünchen und 2004 den Förderpreis der Bayerischen Landesbank.

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Prof. Dr. Christoph Kaserer

ist seit 2002 Ordinarius und Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirt-schaftslehre, insb. Finanzmanagement und Kapitalmärkte, an der Techni-schen Universität München (TUM). Seit 2005 ist er Dekan der Fakultätfür Wirtschaftswissenschaften an der TUM. Außerdem ist er Wissen-schaftlicher Co-Direktor des Centers for Entrepreneurial and FinancialStudies (CEFS), das sich schwerpunktmäßig mit Fragestellungen im Be-reich Venture Capital und Private Equity beschäftigt. Mit dem CEFS hater in Kooperation mit der Deutschen Börse AG maßgeblich an der Ent-wicklung des German Entrepreneurial Index (GEX) mitgearbeitet, wofürer 2005 mit dem Initiativpreis der Stiftung Industrieforschung ausge-zeichnet wurde. Er ist Herausgeber der Zeitschrift für Bankrecht undBankwirtschaft.

Dr. Martin Steinbach

ist seit mehreren Jahren im Bereich Corporate Finance tätig und hat vieleBörsengänge, M&A-Transaktionen im Mittelstand und Private-Equity-Beteiligungen verantwortet. Er war Head of Investment Banking der GZ-Bank und im Venture-Capital-Bereich als Geschäftsführer der SG-Capitalsowie auf Emittentenseite als Director Corporate Finance bei entory AGtätig. Seit 2003 leitet er Issuer & Investor Marktes bei der Deutschen Bör-se AG. Hier ist er verantwortlich für Vermarktung und Weiterentwick-lung der Börsensegmente, Betreuung von notierten Unternehmen und dieInitiierung von Campagnen mit Investoren.

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann

Nach Studium und Promotion war er zunächst bei verschiedenen ande-ren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tätig, bevor er 1994 Partner beiPricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PWC) wur-de. Seit 1999 ist er Leiter des Geschäftsbereichs Mittelstand und Mitglieddes Vorstandes von PWC, dessen Sprecher er seit 2010 ist. Er ist Leiterdes europäischen Mittelstandsgeschäfts von PWC seit 2003. Vor fastzehn Jahren wurde er zum Honorarprofessor der Universität Osnabrückmit den Schwerpunkten Internationale Rechnungslegung, Corporate Go-vernance, Steuerstrukturierungen/Rechtsformvergleiche, Konzernsteuer-quote, Tax Accounting und Familienunternehmen ernannt.

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Kapitalstrukturen in Deutschland - Wege aus der Krise Studien des DAI, Heft 47DEUTSCHES AKTIENINSTITUT