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Studie: Kompetenzlabor Welche Kompetenzen benötigt die Versicherungswirtschaft künftig?

Studie: Kompetenzlabor - bwv.de€¦ · Herausforderungen hinsichtlich Informationstechnologie, Kundenverhalten und ‐anfor ‐ ... gesetzt sind als Deutschland, lässt sich beobachten,

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Studie: Kompetenzlabor

Welche Kompetenzen benötigt die

Versicherungswirtschaft künftig?

 

     

Studie: 

„Kompetenzlabor – Welche Kompetenzen  

benötigt die Versicherungswirtschaft künftig?“ 

 

 

Autoren/innen: 

Matthias Kohl, Linda Müller, Thomas Schley,  

Christine Kemmsies, Vesna Kranjčec‐Sang 

 

 

 

 

 

 

 

Kontakt: 

Dr. Matthias Kohl 

Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f‐bb) gemeinnützige GmbH 

Rollnerstraße 14, 90408 Nürnberg 

Telefon:  0911 / 27779‐868 

E‐Mail:  kohl.matthias@f‐bb.de 

 

Vesna Kranjčec‐Sang 

Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV) e. V. 

Arabellastr. 29, 81925 München 

Telefon: 089 / 922001‐832 

E‐Mail:  vesna.kranjcec‐[email protected] 

 

 

 

Erstellt  im  Auftrag  des  Berufsbildungswerks  der  Deutschen  Versicherungswirtschaft 

(BWV) e. V., Nürnberg und München 2016/2017. 

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Management Summary 

Das Projekt „Kompetenzlabor 2016 – Welche Kompetenzen benötigt die Versicherungs‐

wirtschaft  künftig?“  des  Berufsbildungswerks  der  Deutschen  Versicherungswirtschaft 

(BWV)  e. V.,  in  wissenschaftlicher  Begleitung  des  Forschungsinstituts  Betriebliche  Bil‐

dung  (f‐bb)  zielt  darauf  ab,  Veränderungsszenarien  innerhalb  der  Versicherungswirt‐

schaft  zu  eruieren,  hinsichtlich  ihrer  Eintrittswahrscheinlichkeit  zu  bewerten,  und  auf 

dieser Grundlage die Auswirkungen auf Tätigkeiten und Kompetenzprofile der Beschäf‐

tigten  in der Branche zu beurteilen. Auf dieser Basis wurde mit Fokus auf den Ausbil‐

dungsberuf  Kaufmann/Kauffrau  für  Versicherungen  und  Finanzen  (KVF)1  untersucht, 

inwieweit  bestehende  Qualifikationsprofile  die  zukünftigen  Kompetenzanforderungen 

abdecken.  

Ausgehend von einer Literaturrecherche, die aktuelle Trends und Herausforderungen für 

die Versicherungswirtschaft herausarbeitete, wurden  Interviewleitfragen entwickelt, mit 

denen  Branchenexperten  face‐to‐face,  telefonisch  oder  schriftlich  via Online‐Befragung 

konfrontiert wurden. Gefragt wurde nach der Relevanz der ermittelten Trends und den 

Herausforderungen  hinsichtlich  Informationstechnologie, Kundenverhalten  und  ‐anfor‐

derungen sowie Produkten und Produktinnovationen. Die wichtigsten Ergebnisse zu den 

drei Bereichen lassen sich wie folgt zusammenfassen:  

Big‐Data‐Analytik und das  Internet der Dinge werden von den Experten sowohl als die 

größten Herausforderungen als auch als Bereiche mit dem größten Potenzial identifiziert. 

Hinsichtlich  der  Kundenbetreuung  gewinnen  insbesondere  Multikanalfähigkeit  und 

schnelle Reaktionszeit an Bedeutung. Gleichzeitig müssen bisherige Produkte oder Pro‐

duktgruppen  verstärkt  individualisiert  angeboten  werden.  Diese  adaptiven  Produkte 

zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit aus, darüber hinaus 

gibt  es  eine  Entwicklung  hin  zur  ganzheitlichen  Betreuung  der Kunden. Dementspre‐

chend nehmen die Anforderungen an technisches Wissen, Kommunikationsfähigkeit und 

Flexibilität hinsichtlich Produktentwicklung, Kundenwünschen und interner Zusammen‐

arbeit zu.  

Werden die künftigen Auszubildenden adäquat darauf vorbereitet? Welche Fach‐/Metho‐

den‐ bzw. personalen und sozialen Kompetenzen müssen durch die Ausbildung vermit‐

telt werden und/oder bereits in der Person der Auszubildenden angelegt sein, um Auszu‐

bildende bestmöglich auf die künftigen Anforderungen in der Branche vorzubereiten und 

                                                 

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird künftig auf geschlechtsspezifische Doppelnennungen 

verzichtet. Die gewählte männliche Form schließt eine adäquate weibliche Form gleichberechtigt 

ein. 

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somit Zukunfts‐ und Wettbewerbsfähigkeit der Branche  zu gewährleisten?  Im Rahmen 

einer  Expertenbefragung  und  zweier  Experten‐Workshops  wurden  zu  diesen  Fragen 

Kompetenzcluster  erstellt und  ausgehend von  einer Definition  zukünftiger Mitarbeiter‐

profile Kompetenzanforderungen beschrieben.  

Abschließend wurde an Hand einer Deckungsanalyse ermittelt, inwieweit die beschriebe‐

nen  Profile  und  Kompetenzanforderungen  in  der  aktuellen Ausbildungsordnung  zum 

Kaufmann  für  Versicherungen  und  Finanzen  (KVF)  abgebildet  werden.  Die  Analyse 

ergab,  dass  42  der  48  künftig  notwendigen  Teilkompetenzen  in  der  aktuellen Ausbil‐

dungsordnung  berücksichtigt  und  durch  entsprechende  Schwerpunktsetzungen  entwi‐

ckelbar sind. Fünf weitere, IT‐bezogene Kompetenzanforderungen, sind aktuell nicht  im 

Berufsbild  verortet;  der  aktuelle  Bedarf wird  vorwiegend  durch  die  einschlägigen  IT‐

Berufe gedeckt. Die Ausbildung zum KVF nach aktueller Ausbildungsordnung bzw. ak‐

tuellem Ausbildungsrahmenplan lässt demnach die Entwicklung der für die identifizier‐

ten  Tätigkeitsprofile  benötigten  Kompetenzen  zu.  Voraussetzung  ist  jedoch  eine  zu‐

kunftsorientierte Ausgestaltung der Ausbildung an den Lernorten  (z. B. stärkere Einbin‐

dung digitaler Lern‐ und Kommunikationsmedien und neuer Lernformate in die Ausbil‐

dung) und eine stärkere Gewichtung überfachlicher und sozial‐kommunikativer Kompe‐

tenzen bereits im Rekrutierungsprozess sowie ein Konzept für die Entwicklung der in der 

Ausbildungsordnung nicht verankerten IT‐Kompetenzen.  

   

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Inhalt 

Management Summary ..................................................................................................... 2 

1  Ausgangslage und Problemstellung ....................................................................... 5 

2  Design der Untersuchung ......................................................................................... 6 

2.1  Zielsetzung und Forschungsfragen ............................................................................... 6 

2.2  Methodisches Vorgehen .................................................................................................. 7 

3  Ergebnisse der Literatur‐ und Dokumentenanalyse ............................................ 8 

3.1  Trends und Herausforderungen..................................................................................... 9 

3.1.1  Herausforderungen durch Finanzpolitik und Kapitalmarkt ...................................... 10 

3.1.2  Herausforderungen durch das Kundenverhalten und Kundenanforderungen ...... 11 

3.1.3  Informationstechnologische Trends und Herausforderungen ................................... 12 

3.1.4  Veränderungen der Produkte und Produktinnovationen ........................................... 13 

3.2  Zentrale Auswirkungen der Trends und Herausforderungen ................................ 14 

3.2.1  Auswirkungen auf Beschäftigungsstrukturen .............................................................. 14 

3.2.2  Veränderungen der Unternehmenskultur, der Organisationsstrukturen und der 

Geschäftsprozesse .............................................................................................................. 15 

3.2.3  Veränderte Kompetenzanforderungen und Tätigkeitsprofile .................................... 16 

3.3  Zwischenfazit .................................................................................................................. 18 

4  Ergebnisse der Feldphase ........................................................................................ 19 

4.1  Expertenbefragung ......................................................................................................... 19 

4.2  Experten‐Workshops ...................................................................................................... 21 

4.2.1  Szenario: Versicherungswirtschaft 2030 ......................................................................... 22 

4.2.2  Tätigkeitsprofile 2022 ........................................................................................................ 24 

4.2.3  Kompetenzanforderungen 2022 ...................................................................................... 25 

5  Ergebnisbewertung und Empfehlungen .............................................................. 28 

5.1  Deckungsanalyse ............................................................................................................ 28 

5.2  Handlungsempfehlungen .............................................................................................. 29 

Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 31  

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1 Ausgangslage und Problemstellung 

Die  dynamischen  technologischen,  sozialen  und  ökonomischen  Veränderungsprozesse 

haben bereits  im  letzten Vierteljahrhundert  zu  einem gesellschaftlichen Strukturwandel 

geführt, der u. a. mit den Begrifflichkeiten  Informations‐, Dienstleistungs‐ und Wissens‐

gesellschaft in Abgrenzung zur vorherigen industriellen Produktionsgesellschaft gekenn‐

zeichnet wird. Hintergrund sind mit dem Label „Megatrends“ behaftete strukturelle öko‐

nomische,  soziale  und  technologische  Entwicklungstendenzen, wie  z. B. Globalisierung 

und Informatisierung. Diese haben zu einer gewandelten Wirtschafts‐ und Marktsituation 

sowie zur Integration von Informations‐ und Kommunikationstechnologien in alle Unter‐

nehmensprozesse geführt. Das hat  insgesamt eine erhöhte Komplexität der Leistungser‐

stellung zur Folge, auf die Unternehmen mit der Reorganisation ihrer Produktions‐ bzw. 

Dienstleistungs‐, Arbeitsorganisations‐ und Managementprozesse reagiert haben.  

Diese Entwicklung hat sich durch die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung aller 

Lebens‐ und Arbeitsbereiche weiter beschleunigt – viele Unternehmen und Branchen se‐

hen  sich hierdurch  einem noch  größeren Veränderungsdruck  ausgesetzt, wobei  aktuell 

zwar gesellschaftliche und  technologische Entwicklungstrends  sicht‐ und prognostizier‐

bar sind, jedoch noch keine eindeutigen Handlungsstrategien vorliegen. Für die Versiche‐

rungswirtschaft gehen einzelne Studien von massiven Einschnitten bis zu einem Viertel 

der  Beschäftigungsverhältnisse  (vgl. McKinsey  &  Company  2016)  und  dem  Ende  des 

klassischen Geschäftsmodells der Versicherer zugunsten von FinTechs aus. Andere sehen 

wiederum auch zukünftig den Bedarf an persönlicher Beratung und Weiterführung des 

klassischen Versicherungsgeschäfts  (vgl. Müller  2016).  Insgesamt  –  soweit der Konsens 

der bisher vorliegenden Studien – bergen die Themen Digitalisierung, Automatisierung, 

Internet der Dinge, Big Data, Mobility usw. zwar Risiken für die Branche (z. B. in Bezug 

auf  Innovationsfähigkeit  und  Veränderungsgeschwindigkeit  im  Vergleich  zu  FinTechs 

oder InsurTechs), bieten aber auch deutliche Chancen zur Weiterentwicklung (vgl. u. a. 2b 

AHEAD  Think  Tank  o.  J.,  Bain  &  Company  2013,  I.VW‐HSG/Adcubum  2015,  Pie‐

tsch/Trost 2015, und Richter 2015). Auch wenn noch kein klares Bild über das Ergebnis 

vorliegt, werden die Transformationsprozesse  in der Versicherungswirtschaft  aufgrund 

von  Digitalisierung,  Automatisierung  und  Ablaufoptimierung  zu  Veränderungen  der 

Geschäftsprozesse, der Aufbau‐ und Ablauforganisation  in den Versicherungsunterneh‐

men und Vertriebseinheiten führen. Daraus resultieren wiederum veränderte Arbeitsauf‐

gaben, Rahmenbedingungen  sowie Leistungs‐ und Qualifikationsanforderungen  für Be‐

schäftigte in der Versicherungsbranche. 

   

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2 Design der Untersuchung 

2.1 Zielsetzung und Forschungsfragen 

Ziel der Studie des Berufsbildungswerks der Deutschen Versicherungswirtschaft  (BWV) 

e. V. und des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung  (f‐bb) war es, die Veränderungs‐

szenarien in der Versicherungsbranche zu beschreiben, deren Eintrittswahrscheinlichkeit 

zu bewerten und anschließend die Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Tätigkeiten und An‐

forderungsprofile zu beurteilen. Am Beispiel der dualen Ausbildung zum Kaufmann für 

Versicherungen und Finanzen soll mittels einer Deckungsanalyse geklärt werden, inwie‐

weit das aktuelle Berufsbild die künftig benötigten Kompetenzen abbildet.  

Folgende Fragestellungen wurden im Rahmen der Studie untersucht: 

1. Wie  wirken  sich  verschiedene  Faktoren  wie  z. B.  die  zunehmenden  Automatisie‐

rungs‐ und Digitalisierungstrends und mit ihnen Big Data/Smart Data auf die Versi‐

cherungswirtschaft aus? Wie lassen sich einzelne Faktoren identifizieren, hinsichtlich 

ihres Einflusses  auf die Versicherungsbranche gewichten und voneinander  abgren‐

zen?  

2. Welche Auswirkungen  auf die Versicherungswirtschaft  lassen  sich  für die  identifi‐

zierten Faktoren mit einem zeitlichen Horizont von fünf Jahren erwarten?  

3. Welche Geschäftsprozesse mit Bezug  zu den  identifizierten Faktoren  lassen  sich  in 

den Versicherungsunternehmen und Vertriebseinheiten definieren, die davon betrof‐

fen sein werden?  

4. Wie lassen sich die betroffenen Tätigkeitsfelder definieren, in denen aufgrund digita‐

ler  Entwicklungstrends  entweder  Tätigkeiten wegfallen,  zunehmen  oder Verschie‐

bungen stattfinden?  

5. Welche Kompetenzen werden zur Ausübung künftiger Tätigkeiten mit Bezug zu den 

genannten Veränderungen notwendig sein und wie lassen sich diese definieren?  

6. Inwiefern entsprechen die aktuell im Berufsprofil Kaufmann für Versicherungen und 

Finanzen abgebildeten Kompetenzen dem erforderlichen Kompetenzprofil von mor‐

gen (Deckungsanalyse)?  

 

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2.2 Methodisches Vorgehen 

Mittels einer Literatur‐ und Dokumentenanalyse (Mai – Juli 2016) wurden zunächst zent‐

rale Herausforderungen, Trends und deren Auswirkungen auf die Branche  identifiziert 

und ein Befragungsleitfaden als Grundlage für eine Expertenbefragung (Juli – September 

2016)  mittels  Interviews,  einer  standardisierten  onlinegestützten  Befragung  und  einer 

Gruppendiskussion entwickelt. Ziel dieser Expertenbefragung war es, die Relevanz der 

identifizierten Faktoren aus Sicht der individuellen Expertise verschiedener Personen der 

Versicherungswirtschaft  einschätzen  und  deren  Eintrittswahrscheinlichkeiten  und Aus‐

maße bewerten zu lassen sowie zukünftig erforderliche Kompetenzen für die Ausbildung 

und  die  (teilweise)  neuen Arbeitsgebiete  im  Berufsfeld  Kaufmann  für  Versicherungen 

und Finanzen zu benennen. Schließlich wurden diese ausformulierten zukünftigen Tätig‐

keitsbereiche und Kompetenzprofile im Rahmen mehrerer Experten‐Workshops (u. a. mit 

strategischen  Entscheidern,  Personal‐  und  Ausbildungsleitern  aus  Versicherungsunter‐

nehmen) bewertet und validiert und dienten als Grundlage für eine Deckungsanalyse der 

zukünftigen beruflichen Anforderungen mit dem aktuellen Berufsbild Kaufmann für Ver‐

sicherungen und Finanzen (November/Dezember 2016). Die Ergebnisse wurden anschlie‐

ßend ausgewertet und Handlungsempfehlungen auf Basis der Deckungsanalyse  formu‐

liert. 

   

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3 Ergebnisse der Literatur‐ und Dokumentenanalyse 

 „In Märkten, die den … genannten Trends bereits länger oder stärker aus‐

gesetzt  sind als Deutschland,  lässt  sich beobachten, dass Unternehmen, die 

unverändert  an  in  der Vergangenheit  erfolgreichen Geschäftsmodellen  fest‐

halten, drastisch an Performance verlieren und letztendlich vom Markt ver‐

drängt werden.“ (Stange/Reich 2015, 6) 

Die unter dem Begriff  „Megatrends“  bekannten  gesellschaftlichen und  technologischen 

Entwicklungen wie Globalisierung, Automatisierung, Digitalisierung  oder Big Data  be‐

einflussen  alle Wirtschaftsbereiche und  somit  auch die Versicherungswirtschaft. Daten‐

vernetzung und komplexe Datenanalyseverfahren, verändertes Kundenverhalten, Mobili‐

sierung durch Endgeräte, Sensornetzwerke oder neue Geschäftsmodelle stellen einige der 

zentralen Herausforderungen  für die Versicherungsbranche dar. Die zunehmende Rele‐

vanz der genannten Faktoren zieht oft Veränderungen der Unternehmenskultur nach sich 

und wirkt sich somit auf alle Unternehmensbereiche aus (vgl. 2b AHEAD ThinkTank o.J., 

Wissmann et al. 2016). Digitalisierung bietet dabei Chancen, birgt aber auch Risiken, wie 

beispielsweise  disruptive  Startups,  kurzlebigere  Geschäftsmodelle,  Investitionsrisiken 

oder Abwertung des Expertentums. 

Die  Versicherungsbranche,  die  eher  als  „Innovationsmuffel“  (Lucke/Heinze  2015,  247) 

gilt,  ist aufgrund der genannten Entwicklungen vielfältigem Veränderungsdruck ausge‐

setzt. Die aktuellen Entwicklungen sind sichtbar, gleichzeitig ist aber noch unklar, welche 

konkreten Auswirkungen diese auf die Versicherungswirtschaft haben werden. Die aktu‐

ellen Prognosen diesbezüglich gehen weit auseinander. Während einige Studien vom En‐

de des klassischen Geschäftsmodells der Versicherer zugunsten von InsurTechs ausgehen 

und mit massiven Einschnitten bis von zu einem Viertel der Beschäftigungsverhältnisse 

rechnen (McKinsey & Company, 2016), glauben wiederum andere an das Weiterbestehen 

der klassischen Geschäftsmodelle und einen konstant bleibenden Bedarf an persönlicher 

Beratung (vgl. Müller 2016). 

Für die Versicherer kommen diese neuen und zu überwindenden Hürden der Globalisie‐

rung und Digitalisierung zu den aktuellen Herausforderungen aus dem Bereich Finanz‐

politik  und  Kapitalmarkt, wie  z. B. Niedrigzinsphase  oder  die  steigende  Regulierung, 

hinzu.  In  diesem Kontext  ist  ggf.  eine  neue Unternehmensstrategie  gefragt, welche  zu 

Veränderungen  und  Verschiebungen  der  Geschäfts‐  und  Tätigkeitsbereiche  führt  und 

neue Anforderungs‐ und Kompetenzprofile erzeugt (vgl. Stange/Reich 2015, 3 f.).  

Im Folgenden werden ausgewählte zentrale Einflussfaktoren, die mittels einer Literatur‐ 

und Dokumentenanalyse identifiziert werden konnten, zusammengefasst dargestellt. 

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3.1 Trends und Herausforderungen  

Die  folgenden Abschnitte gehen auf zentrale Trends und Herausforderungen,  insbeson‐

dere der Digitalisierung, ein. Des Weiteren werden die möglichen Auswirkungen dieser 

auf die Versicherungsbranche erläutert. 

 

Abbildung 1: Strukturelle Übersicht (eigene Darstellung) 

   

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3.1.1 Herausforderungen durch Finanzpolitik und Kapitalmarkt  

„In Summe lässt sich festhalten, dass die deutschen Versicherungsunterneh‐

men einerseits klaren Wachstumschancen, andererseits aber auch fundamen‐

talen Existenzrisiken gegenüberstehen. Der sich hieraus ergebende Verände‐

rungsdruck nimmt eine bislang unbekannte Dimension an und  führt zu ei‐

ner  wachsenden  Verunsicherung  vieler  Führungsteams.“  (Stange/Reich 

2015, 6) 

Nach  jahrelanger Stabilität  im Versicherungswesen  steht die Versicherungsbranche dra‐

matischen Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, veränderten Kapi‐

talmarktbedingungen und zunehmender Regulatorik gegenüber, die es neben den massi‐

ven Änderungen des Kundenverhaltens und disruptiven Wettbewerbern zu bewältigen 

gilt (vgl. Stange/Reich 2015, 3). 

Hinsichtlich der  Finanzpolitik prägen die  Schlagworte  „Renditeverfall“ und  „Niedrig‐

zinsumfeld“ die  aktuellen Herausforderungen. Die Kapitalmarktzinsen  bleiben  zumin‐

dest mittelfristig auf einem niedrigen Niveau. Ferner sind Sparziele privater Haushalte, 

aufgrund  eingeschränkter  Verfügbarkeit  alternativer Anlagemöglichkeiten,  zunehmend 

schwerer zu erreichen. Insbesondere aber bei den Alterssicherungssystemen ist von einem 

zunehmenden Bedarf aufgrund der demografischen Entwicklung auszugehen (vgl. Stan‐

ge/Reich 2015, 4 f.; Wissmann et al. 2016, 22 ff.). 

„Die  in den  letzten  Jahren bereits massiv gestiegene Regulierung wirkt als zusätzlicher 

Katalysator  für  sinkende  Renditen  in  Folge  eines  erhöhten  Risikokapitalbedarfs  (Auf‐

sichtssystem Solvency  II) sowie sinkender Vertriebsproduktivitäten und steigender Haf‐

tungsrisiken  für  Vermittler  und  Versicherer  (IMD2,  PRIIPs,  Provisionsdeckel)“  (Stan‐

ge/Reich 2015, 5, Hervorhebung T. S.; vgl. Wissmann et al. 2016, 24). Stange und Reich 

(2015, 5) schließen auch für den deutschen Markt  langfristig Provisionsverbote und Pro‐

duktstandardisierungen nicht aus, wie sie  in den Niederlanden, Australien,  Indien oder 

China zu beobachten sind.  

In der Kundenwahrnehmung, die durch das  Internet zunehmend  schneller und umfas‐

sender  beeinflusst  wird,  werden  Sinnhaftigkeit  und  Berechtigungen  von  Versiche‐

rungsprodukten – medial unterstützt – in Frage gestellt (Stange/Reich 2015, 5). 

Das Risiko des Markteintritts neuer, möglicherweise disruptiver Mitbewerber, führt zur 

Minimierung des  traditionellen Profit‐Pools klassischer Versicherungsunternehmen. Ne‐

ben Fin‐/InsureTechs werden auch immer wieder mögliche Eintritte von Internetgiganten 

wie Google, Amazon und Co. diskutiert. Diese Unternehmen nutzen massiv die Neue‐

rungen der Digitalisierung und haben in diesem Feld einen deutlichen Vorteil gegenüber 

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der  traditionellen  Versicherungswirtschaft  –  insbesondere  aufgrund  des  Wissensvor‐

sprungs bzgl. Data‐Mining und Social Media (vgl. Stange/Reich 2015, 6).  

 

3.1.2 Herausforderungen durch Kundenverhalten und Kundenanforderungen 

„Der digital‐vernetzte Kunde  ist bereits Realität – und äußerst anspruchs‐

voll: Er erwartet Fairness und Wertschätzung, hohe Servicequalität und ein 

angemessenes Preis‐Leistungs‐Verhältnis. Er möchte personalisierte, maßge‐

schneiderte Angebote und erwartet  in der Kommunikation kurze Reaktions‐

zeiten – und dies alles unabhängig von Zeit, Raum, Kanälen und Endgerä‐

ten.“ (Cebulsky/Günther 2015, 141) 

In  der  Versicherungswirtschaft  hat  sich  das  Kundenverhalten  bei  der  Informationsbe‐

schaffung, dem Vertragsabschluss und der Schadensmeldung geändert, da  immer mehr 

Versicherungsnehmer auf digitale Angebote zurückgreifen (vgl. Cebulsky/Günther 2015, 

141; Pietsch/Trost 2016, 10). Sie nutzen dabei Suchmaschinen, Vergleichsportale und so‐

ziale Netzwerke  sowie –  sofern angeboten – Apps von Versicherungsunternehmen und 

sogenannten  InsureTechs  (z. B. AppSichern, G24 BergWinter, BeRelaxed). Um auf diese 

Entwicklung adäquat und kundengerecht reagieren zu können, bedarf es in der Versiche‐

rungswirtschaft  struktureller Veränderungen, beispielweise bei den Geschäftsprozessen, 

und im Produkt‐ und Servicebereich. Dies ist mit zusätzlichem Investitions‐ und Organi‐

sationsaufwand  verbunden. Der  Einsatz  digitaler  Technologien  ermöglicht  gleichzeitig 

Prozessoptimierung  und  Effizienzsteigerung.  Ein  Potential  zur  Kostenreduktion  wird 

beispielsweise  in der  zeitnahen  Schadensmeldung per App‐Übermittlung  gesehen  (vgl. 

Pietsch/Trost 2016, 10). 

Eine  interaktive  Gestaltung  von  Kundenbeziehungen  und  Kundenkommunikation 

wird  immer wichtiger.  Im Kontext der Multikanalfähigkeit „muss zu  jedem Zeitpunkt 

ein  passender Kanal  für  jeden Kunden  innerhalb  jeder  Stufe  der Wertschöpfungskette 

bereitgestellt werden, um keine Kunden zu verlieren“ (Cebulsky/Günther 2015, 143). Ne‐

ben der Multikanalfähigkeit erwarten die Kunden schnelle Reaktionszeiten sowie hohe 

Bearbeitungsgeschwindigkeit. 

Ein kompletter Transfer der Kommunikation  auf digitale Kanäle wäre  aber der  falsche 

Schluss. Digitale und analoge Kanäle müssen zu einem „Omnikanal“ verschmelzen, denn 

Kunden wollen weiterhin alle Möglichkeiten der Kommunikation nutzen (ebd., 145 f.). 

Für die Kunden  ist  insbesondere Datentransparenz, Datensicherheit  sowie Souveränität 

über die eigenen Daten wichtig. Dabei kann auf die zunehmende Bereitschaft (insbeson‐

dere  jüngerer Kunden) aufgebaut werden, personenbezogene Informationen frei zu tei‐

len, wenn dies einen Preisvorteil oder einzigartigen Nutzen mit sich bringt (ebd., 144).  

 

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3.1.3 Informationstechnologische Trends und Herausforderungen 

“Künftig  gilt:  Wer  die  Daten  hat,  definiert  die  Regeln.”  (2b  AHEAD 

ThinkTank o.J., 16) 

Um zentralen Themen wie Datengewinnung und ‐nutzung, Datenschutz, Weiterentwick‐

lung  von  Standardisierungs‐  und  Automatisierungsprozessen, Mobilisierung  („mobile 

first“) oder Cyber  Security gerecht  zu werden,  sind hohe  Investitionserfordernisse hin‐

sichtlich der IT‐Infrastruktur notwendig. Dabei ergibt sich ein permanenter Wettlauf mit 

innovativen  oder  disruptiven  Startups  (FinTechs,  InsureTechs)  hinsichtlich  der  Ge‐

schwindigkeit, Agilität und Innovation.  

In Bezug  auf  eine Big‐Data‐Strategie wird  für die Versicherungsbranche die Arbeit mit 

einheitlichen  Plattformen  und  Datenbanken  im  Innen‐  und  Außendienst  sinnvoll,  um 

auch die Frage nach einer zweckmäßigen Vernetzung von Daten und  Informationen zu 

beantworten. Die Rekrutierung externer Talente sowie das Lernen von und Zusammen‐

arbeiten mit anderen Branchen (z. B. Banken, eCommerce) könnten strategische Mehrwer‐

te bieten (2b AHEAD ThinkTank, o.J.; Pietsch/Trost 2015, 14 ff.). „Die digitale Revolution 

stellt hohe Anforderungen  an die  IT‐Systeme und Geschäftsprozesse der Anbieter: Die 

Vielzahl der smarten Sensoren und Geräte will korrekt integriert und verwaltet werden, 

die traditionellen Kommunikationskanäle sind um die neuen Social Media Kanäle zu er‐

weitern, und die stetig steigende Datenmenge  ist sicher zu  transportieren, zu speichern 

und korrekt und gewinnbringend zu analysieren. Die Integration moderner Technologien 

wie Cloud Services,  In‐Memory‐Datenbanken und Big Data Applikationen  in die beste‐

henden IT‐Infrastrukturen schafft die Voraussetzungen für die Entwicklung solch innova‐

tiver digitaler Kundenservices“ (Schneider 2015, 12). 

Im Kontext der Datengewinnung ist es sinnvoll, Postings in sozialen Netzwerken, Online‐

Käufe,  die Nutzung  von Apps  und Gadgets  als  Trigger  zu  nutzen,  um  den Versiche‐

rungsbedarf des Kunden  frühzeitig zu erkennen und anzusprechen. Bei der Einhaltung 

des  rechtlichen  Rahmens  können  sowohl  die Versicherungsunternehmen,  als  auch  die 

Vertriebseinheiten Daten unbedenklich nutzen. Bereits die Bestandsdaten im eigenen Un‐

ternehmen, die häufig  in „Datensilos“ unverknüpft gespeichert  sind, bringen geldwerte 

Vorteile,  bleiben  aber  laut  einer  KPMG‐Studie  derzeit  bis  zu  85 %  ungenutzt  (Ce‐

bulsky/Günther  2015,  144).  Ein  Kernthema  der  Digitalisierung  ist,  die  unvorstellbare 

Menge an Daten nicht nur zu speichern, sondern nutzbringend auszuwerten. Dies wird 

unter den Begrifflichkeiten Big Data, Data‐Mining & Advanced Analytics diskutiert.  

Bei der Nutzung digitaler Kanäle  ist besonders auf die Datensicherheit und den Daten‐

schutz zu achten, da das Misstrauen der Kunden sich nicht nur gegen Hacker und Cyber‐

kriminelle, sondern auch gegen Unternehmen und Staaten richtet. 

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Mobile digitale Assistenzsysteme werden mit diversen App‐Möglichkeiten zunehmend 

die portablen Geräte  erobern.  „Im Kern werden die Assistenzsysteme  genutzt, um die 

‚multioptionale Orientierungslosigkeit‘  einer  Datenmenge,  die  der Mensch  nicht mehr 

selbständig  zu  Informationen, Wissen  oder Handlungsempfehlungen  verarbeiten  kann 

[und/oder möchte, T.S.], handhabbar zu machen und Entscheidungen, die von Experten 

getroffen  bzw.  vorgeschlagen werden“  (2b AHEAD  ThinkTank,  o.J.,  12)  anzureichern, 

bzw. zu hinterfragen. Das Internet der Dinge könnte für diese Systeme die notwendigen 

nutzergenerierten  Entscheidungsdaten  liefern,  die  beispielsweise  per  Fitnessdaten  und 

Gesundheits‐Apps (Gesundheit & Fitness) oder Fahrtenschreiber und Fahrtenbuch‐Apps 

(GPS‐Daten) übermittelt werden (2b AHEAD ThinkTank o.J.). 

Im Zuge der Digitalisierung ist zudem das Wissensmanagement der Organisation weiter 

auszubauen und  insbesondere hinsichtlich der neuen Themenschwerpunkte zu pflegen. 

Ziel muss es sein, Wissen (im Sinne interpretierter bzw. bewerteter Informationen) schnel‐

ler, transparenter, agiler und flexibler zu teilen (Pietsch/Trost 2015, 22). 

 

3.1.4 Veränderungen der Produkte und Produktinnovationen 

Die  Produktveränderungen  und  die  zunehmende  Innovationsgeschwindigkeit  sind  in 

allen  Sparten  bemerkbar,  insbesondere  bei der  Sachversicherung  sowohl  im Privat‐  als 

auch  im Gewerbekundenbereich. Die Konzeption von Produkten  für den Multi‐Access‐

Vertrieb wird als notwendig angesehen, wobei der Schwerpunkt beim Ausbau des digita‐

len Vertriebsweges liegt (vgl. Pietsch/Trost 2015, 11). Ein bloßer Transfer konventioneller 

Produkte  auf die digitalen Absatzwege  ist wenig  zielführend. Bisher  funktionieren  auf 

mobilen Medien diejenigen Produkte sehr gut, die wenige Seiten Vertragstext benötigen. 

Am kleinen Smartphone‐Bildschirm möchte niemand unübersichtliches Kleingedrucktes 

lesen.  Problematisch  sind  zudem  Produkte,  bei  denen  die Güte  der Kaufentscheidung 

vom Kunden nicht oder nur mit erheblichem Aufwand beurteilt werden kann. Hier spie‐

len Verantwortung und Transparenz eine zentrale Rolle, will man diese Produkte auf den 

mobilen Markt bringen (vgl. Heinze/Thomann 2015, 150). 

Adaptivität  von  Technologie  und  Produkten wird  als  zentraler  Erfolgsgarant  gesehen. 

Insbesondere die unmittelbare Prognose von Kundenwünschen auf Basis der Daten aus 

Social‐Media Plattformen gilt hier als Wettbewerbsvorteil (2b AHEAD ThinkTank o.J., 20). 

Dadurch wird ein effektiveres zielgruppen‐, und bedarfsspezifisches Marketing möglich, 

was sich besonders  für Micro‐ und Kurzzeitversicherungen  (situative Versicherungen) 

eignet (Wissmann et al. 2016, 25). Diese werden zunehmend von der jüngeren Generation 

nachgefragt.  „Die  spontane Absicherung  eines  neu  erworbenen  Smartphones  und  der 

schnelle Abschluss einer Krankenversicherung für den spontanen Wochenend‐ oder Ski‐

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Trip via App sind nur einige Beispiele, die den Bedarf und die Chancen für die Zukunft 

erkennen lassen“ (Guß 2015, 39). 

Das „Internet der Dinge“, d. h. die Kommunikation von Geräten untereinander über das 

Internet,  in Verbindung mit der  freizügigen Datenbereitstellung wird  bei der Produkt‐

entwicklung  ebenso  zunehmend wichtig. Dazu  zählen  zum  Beispiel  die Nutzung  von 

Fitness  oder  Fahrtenbuch‐Apps  in  Verbindung mit  Smart‐Watches,  Smartphones  oder 

Armbändern  sowie der Einbau  von  Fahrtenschreibern  in Kraftfahrzeuge  (vgl. das Pro‐

dukt  „Drive  like  a  girl“  des  Telematik‐Versicherers  Insure  The  Box;  Cebulsky/Günther 

2015, 142). So ermöglichen „Telematik‐Systeme … neue pay‐per‐use oder pay‐how‐you‐

drive Tarifmodelle basierend auf dem individuellen Fahrprofil“ (Schneider 2015, 12). 

Auch  neue  Produkte müssen  für  die Veränderungen,  die  die Digitalisierung mit  sich 

bringt,  generiert werden. Dazu  gehören  bspw. Cyber‐Versicherungen  zur Absicherung 

von mit der Digitalisierung verbundener Risiken.  

Aufgrund  der  Innovationsgeschwindigkeit  und  Flexibilität  von  Startups müssen Versi‐

cherer  die  Entwicklungsgeschwindigkeit  kundenoptimierter  Produkte  erhöhen. Durch 

die Etablierung einer angemessenen  IT‐Infrastruktur und die Nutzung von verfügbaren 

Daten sollte dies erreichbar sein. Dabei fordern Kunden zunehmend ein Mitspracherecht 

(2b AHEAD ThinkTank o.J., 14). Sie möchten beispielsweise eigene Ideen in die Produkt‐ 

und Serviceentwicklung einbringen können (vgl. 2b AHEAD ThinkTank, o.J. 14 ff.). 

 

3.2 Zentrale Auswirkungen der Trends und Herausforderungen 

3.2.1 Auswirkungen auf Beschäftigungsstrukturen  

„Jeder vierte Versicherungsjob steht auf der Kippe.“ (Hecking 2016) 

Laut einer Studie von McKinsey sei aufgrund der Digitalisierung und der damit verbun‐

denen Automatisierung in den nächsten zehn Jahren jeder vierte Arbeitsplatz in Gefahr 

(Hecking 2016; Johansson & Vogelsang 2016). Besonders betroffen seien Arbeitsplätze im 

operativen Geschäft, u. a. in der Verwaltung (ca. 50 %) und der Schadensabwicklung (ca. 

30 %). Die Produktentwicklung, das Marketing und der Sales Support sollen am wenigs‐

ten betroffen sein (ca. 1 %) (ebd.). Auch Gold (2016, 20) weist auf den Umstand des über‐

proportionalen  Beschäftigungsabbaus  im  Bereich  einfacher  Tätigkeiten  (Nischenarbeits‐

plätze) hin. Bei Fachkräften und  Spezialisten könne hingegen  ein Zuwachs verzeichnet 

werden.  Hinzu  kommen  die  Probleme  „alternder“  Belegschaften  und  der  fehlenden 

Nachwuchskräfte. Die Einschätzungen basieren weitestgehend auf Expertenmeinungen – 

konkrete, belastbare Zahlen gibt es derzeit nicht. Ferner sind die Einschätzungen dahin‐

gehend zu relativieren, da die zunehmende Digitalisierung zwar die Anzahl der Vermitt‐

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ler im Außendienst reduzieren könnte, gleichzeitig allerdings der Bedarf an digitaler Prä‐

senz  von  Vermittlern  steigen  würde  (vgl.  Hopfner/Gold/Hohenadl/Schikora  2016,  6). 

Darüber hinaus werden auch neue Betätigungsfelder im Bereich agiler Software‐Entwick‐

lung  (beispielsweise  automatisierte  Betrugserkennung),  Internetsicherheit  und  Daten‐

schutz, „Connectivity“ sowie „advanced analytics“ (Big Data; Data‐Mining) entstehen. 

Ferner  soll die Bedeutung der Projektarbeit weiter zunehmen,  so dass der 2b AHEAD 

ThinkTank (o.J., 3 ff.) prognostiziert, dass immer mehr Menschen als „Projektarbeiter“ alle 

zwei  bis drei  Jahre das Projekt und das Unternehmen wechseln  könnten. Dadurch  be‐

kommen die Themen Arbeitgeberattraktivität, Rekrutierung und Mitarbeiterbindung ei‐

nen größeren Stellenwert. Die Organisation der Mitarbeiter in Projekten würden den Un‐

ternehmen  zudem mehr Möglichkeiten  bieten,  flexibel  auf  zum Teil  kurzlebige Trends 

reagieren zu können (vgl. Hopfner/Gold/Hohenadl/Schikora 2016, 6 ff.). 

Auch  die  Flexibilisierung  der Arbeitszeiten wird  unter  Berücksichtigung  gesetzlicher 

Vorgaben  neu  überdacht werden müssen.  „Insbesondere  die Mitarbeiter  der  jüngeren 

Generation erwartet eine hohe Flexibilität  ihres Arbeitgebers auch dahingehend, private 

Aktivitäten im Betrieb und dienstliche Aufträge zu Hause erledigen zu dürfen. Der Groß‐

teil der Arbeitnehmer sucht heute aktiv Flexibilität und wünscht individuelle Lösungen“ 

(Hopfner/Gold/Hohenadl/Schikora 2016, 10). Hierzu gehört auch die Option, mobil arbei‐

ten zu können (Telearbeit).  

 

3.2.2 Veränderungen  der Unternehmenskultur,  der Organisationsstrukturen  und  der 

Geschäftsprozesse 

„Der technologische Wandel beschleunigt alle Prozesse von der Produktent‐

wicklung über den Vertrieb bis hin zur Schadenregulierung. Die Digitalisie‐

rung stellt zudem ganze Geschäftsmodelle  infrage und setzt Versicherungs‐

unternehmen  unter  hohen  Innovationsdruck.“  (Cebulsky/Günther  2015, 

141) 

Konservative Organisationsstrukturen, zu denen  traditionelle Kulturen, geringe Orien‐

tierung  an Kundenbedürfnissen,  fehlendes oder unzureichendes Expertenwissen,  sowie 

eine unzureichende IT‐Infrastruktur zählen, werden als größte Hürde für den Fortschritt 

der Digitalisierung  angesehen  (Pietsch/Trost  2015,  13). Die bisher  angesprochenen Her‐

ausforderungen verändern auch Strukturen und Prozesse von Organisationen bzw. ver‐

langen die Weitentwicklung von Organisationen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. 

Die Digitalisierung bietet hierzu verschiedene Möglichkeiten, die Veränderungen zu un‐

terstützen und zu beschleunigen und die Verschlankung und Automatisierung voranzu‐

treiben (vgl. Hopfner/Gold/Hohenadl/Schikora 2016, 5). 

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Eine Optimierung von Geschäftsprozessen kann „als wesentlicher Erfolgsfaktor der Ver‐

sicherungswirtschaft verstanden [werden], da ein Produkterlebnis nur im Leistungsfall an 

den Kunden erbracht werden kann“ (Rischave & Buck‐Emden 2015, 434). Zentraler Fokus 

muss hierbei auf der Servicequalität, der Geschwindigkeit und der  Interaktion mit dem 

Versicherer liegen (vgl. ebd.). 

Allgemeine Handlungsempfehlungen  für das Management  lassen sich wie  folgt zusam‐

menfassen  (2b AHEAD ThinkTank o.J., 21  f.; Cebulsky/Günther 2015, 147; Pietsch/Trost 

2015, 30): 

Öffnung für neue Herausforderungen 

Innovation durch  Inspiration mittels zahlreicher  formeller und  informeller Quel‐

len 

Entscheidung  zur Verankerung  der Verantwortung  (beispielweise  durch  „Chief 

Digital Officers“) 

Kooperation und Kollaboration mit relevanten Partnern zur Steigerung des Kun‐

dennutzens (attraktive Gesamtlösungen bieten) 

Handeln  –  „Fast  Track“‐Optionen  zum  kostengünstigen  und  parallelen  Testen 

und Evaluieren von  Ideen, Optionen und Geschäftsmodellen aufbauen und nut‐

zen 

Datentransparenz und Datenhoheit für den Kunden schaffen, Vertrauen aufbauen 

und sicherstellen 

Mittels Management‐Systemen für Innovationen, adaptive Produkte und Services 

entwickeln (mehrdimensionaler Innovationsansatz) 

Attraktiver Arbeitgeber für innovative Köpfe werden 

Mit Daten Werte schaffen (Alleinstellungsmerkmale, genuiner Kundennutzen). 

 

3.2.3 Veränderte Kompetenzanforderungen und Tätigkeitsprofile 

„Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Arbeit  in  Industrie 4.0 an alle Be‐

schäftigten  deutlich  erhöhte  Komplexitäts‐,  Abstraktions‐  und  Problemlö‐

sungsanforderungen  stellen. Darüber  hinaus wird  den Arbeitnehmern  ein 

sehr hohes Maß an selbstgesteuertem Handeln, kommunikativen Kompeten‐

zen und Fähigkeiten zur Selbstorganisation abverlangt.“ (Promotorengruppe 

2015 zitiert nach Uni Bremen 2016, 25) 

Für Beschäftigte in der Versicherungsbranche wird zukünftig der Fokus immer weniger 

auf der Wissens‐ oder Routinearbeit liegen, sondern viel stärker auf umfassenden Hand‐

lungs‐  und  Problemlösekompetenzen. Da  die  digitale  Vernetzung wenig  greifbar  und 

sichtbar ist, wird ein hohes Abstraktionsniveau und Hintergrundwissen verlangt, um die 

Prozesse durchdringen und dadurch selbstständig steuern und gestalten zu können (Uni 

Bremen 2016, 25 f.). Aufgrund der Vernetzung in allen Bereichen werden die Mitbestim‐

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mungs‐  und Mitverantwortungsmöglichkeiten  von  Fachkräften weiter  zunehmen.  Eine 

kontinuierliche Kompetenzentwicklung ermöglicht es ferner, der Entwertung des Exper‐

tentums entgegenzuwirken (vgl. Hopfner/Gold/Hohenadl/Schikora 2016, 7 f.). 

Im Rahmen der Studie zu Industrie 4.0 (Uni Bremen 2016, 86 f.) konnten Kompetenzan‐

forderungen identifiziert werden, von denen besonders die generellen, arbeitsbezogenen 

und informationstechnischen Kompetenzen auch für andere Branchen relevant sind: 

Optimierung von Abläufen 

Lesen und Bewerten von Daten 

Nutzen von Datensicherung bei Prozessabläufen 

Nutzen von Daten zur Optimierung bei Prozessabläufen 

Nutzen von Wissens‐ und Dokumentationssystemen 

Kooperation und Kommunikation im Team 

System‐Know‐how für die Optimierung der Prozesse nutzen 

Entscheidungen treffen, verantworten 

Nutzen von Datenbanken 

Nutzen von digitalisierten Netzwerken 

Beteiligung an Programmierungsvorgängen 

Nutzen von Cloud‐Computing  

„Der Versicherungsmanager  von morgen  braucht Sachwissen  in Big Data 

und  Mobiler  Technologie,  Multi‐Access‐Kompetenz  und  Connectivity‐

Verständnis,  sowie  die  Begeisterungsfähigkeit  für  neue  Technologien.“  

(Pietsch/Trost 2015, 8) 

Aus der Befragung von Pietsch und Trost (2015, 18 ff.) gehen als neue Anforderungen für 

Führungskräfte hervor, dass diese Offenheit und Experimentierfreude für Innovationen, 

Risikobereitschaft für Veränderungen, eine hohe Affinität für Zukunftstechnologien und 

Erfahrungen mit digitalen Multikanalstrategien mitbringen sollten. Ferner ist eine konse‐

quente Ausrichtung des Handelns an den Kundenwünschen und  ‐bedürfnissen gepaart 

mit visionärem Denken und analytischen Fähigkeiten gefragt. Aufgrund der Wichtigkeit 

sozialer Netzwerke werden die Kompetenzen zur zielgerichteten Kommunikation, zum 

Aufbau und zur nachhaltigen Pflege von Netzwerken als weitere zentrale Faktoren ange‐

sehen. 

   

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3.3 Zwischenfazit 

Die verschiedenen Trends und Herausforderungen, welche sich aktuell auf die Versiche‐

rungswirtschaft auswirken, sind stark wechselseitig miteinander vernetzt. So hat das ver‐

änderte Kundenverhalten auf die Produkte und die Produktinnovation  ebenso Einfluss 

wie  auf die Geschäftsprozesse. Lösungsansätze  in  einem Bereich  eröffnen Chancen  für 

andere  Felder,  in  denen  Entwicklungsbedarf  herrscht.  Wird  beispielsweise  die  IT‐

Infrastruktur ausgebaut und Datengewinnung und  ‐auswertung betrieben, hat dies Vor‐

teile  für die Optimierung von Geschäftsprozessen  ebenso wie  für die Generierung von 

Produktinnovationen  bezüglich  kundenspezifischer  Versicherungslösungen.  Demnach 

bietet die Digitalisierung, wie oben beschrieben, verschiedene Chancen und Risiken zu‐

gleich. Die daraus abzuleitenden Handlungen  sind entsprechend der  individuellen Un‐

ternehmensziele zu gestalten.  

In Bezug auf die konkreten Auswirkungen auf Kompetenzanforderungen und Tätigkeits‐

profile  in  der  Versicherungswirtschaft  fehlen  bisher  gesicherte  Erkenntnisse  und  Ein‐

schätzungen von Experten. Ziel der im Folgenden dargestellten Feldphase war es daher, 

Veränderungen im Zuge von relevanten Entwicklungen wie Digitalisierung, Automatisie‐

rung  oder Ablaufoptimierung  für  die Versicherungswirtschaft  zu  beschreiben  und  ge‐

meinsam mit Branchenexperten deren Auswirkungen auf Tätigkeitsbereiche und Anfor‐

derungsprofile zukünftiger Beschäftigter zu bewerten.   

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4 Ergebnisse der Feldphase 

4.1 Expertenbefragung 

Im Nachgang  der  Literaturrecherche  und  als Grundlage  bzw.  inhaltliche Vorbereitung 

der  geplanten  Expertenworkshops wurden  im  Projektzeitraum  insgesamt  31  Personen 

(Vorstände,  Führungskräfte,  Ausbildungs‐  und  Personalverantwortliche,  Inhaber  von 

Versicherungsagenturen, Referenten für Zukunftsthemen) befragt. Ziel dieser Expertenbe‐

fragung war es, die Relevanz der identifizierten Faktoren aus Sicht der individuellen Ex‐

pertise verschiedener Personen der Versicherungswirtschaft einschätzen und deren Ein‐

trittswahrscheinlichkeiten und Ausmaße bewerten zu lassen. Die Ergebnisse lieferten die 

Grundlage für die Entwicklung möglicher (Zukunfts‐)Szenarien.  

Hierzu wurden  Experteninterviews  (telefonisch  und  face‐to‐face; N  =  5),  eine  Online‐

Befragung (N = 17) sowie eine Gruppendiskussion (N = 9) durchgeführt.2 Zu den zentra‐

len Themenblöcken zählten Trends und Herausforderungen bzgl.  Informationstechnolo‐

gie, Kundenverhalten und Kundenanforderungen, Produkte und Produktinnovationen.  

Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:  

Die  Relevanz  der  Herausforderungen  im  informationstechnologischen  Bereich  wird 

schon  jetzt als sehr hoch eingeschätzt. Jedoch verzeichnen das „Internet der Dinge“ und 

„Big Data Analytik“ die größten Zuwächse, beziehungsweise hier  liegt das größte Ent‐

wicklungspotenzial. Ein befragter Experte meinte dazu: „Im Bereich Big Data liegt sicher‐

lich das größte Potenzial für die Versicherungswirtschaft, weil wir in der Theorie Kennt‐

nis von unglaublich vielen, spannenden Daten des Kunden haben. Wir machen nur aktu‐

ell sehr wenig daraus.“  

 

                                                 

2   Die Interviews wurden digital aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Die Datenspeiche‐

rung erfolgte pseudonymisiert, d. h. der Name des Experten konnte nicht  in Verbindung mit 

den Daten gebracht werden. Die Anonymisierung der Daten erfolgt im Anschluss an die Tran‐

skription  (Löschung  der  Interviewaufnahme;  Transkription  ohne Nennung  von Namen  und 

Organisationen). 

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Abbildung 2: Relevanz informationstechnologischer Veränderungen (eigene Darstellung) 

Werden die Veränderungen in Bezug auf Kundenverhalten und Kundenanforderungen 

betrachtet,  fallen die größten Relevanzveränderungen vor allem hinsichtlich der Reakti‐

onszeit und der Multikanalfähigkeit  auf. Die Meinung  eines  befragten Experten  lautet: 

„Multi‐Channel heißt unsere Zukunft. Alles muss schnell und  fehlerfrei gehen und ein‐

fach sein.“  

 

Abbildung 3: Relevanz der Herausforderungen bei Kundenverhalten/‐anforderungen (eigene Darstellung) 

Bei den Produkten und Produktinnovationen zeigt sich die größte Veränderung  in der 

verhaltensabhängigen Tarifierung. Damit  ist  laut  einem  Befragten  der Ansatz  gemeint, 

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„mit dem Kunden gemeinsam durchs Leben zu gehen und positiv besetzt zusammenzu‐

arbeiten.“ Das  Produktangebot wird  sich  verändern  und wachsen. Und  damit  zusam‐

menhängend: „Wir brauchen eine neue Flexibilität in den einzelnen Produkten, weil Le‐

bensläufe nicht mehr so starr sind wie in der Vergangenheit.“ 

 

Abbildung 4: Relevanz der Herausforderungen bei Produkten/Produktinnovationen (eigene Darstellung) 

 

4.2 Experten‐Workshops 

Basierend auf den oben  skizzierten Auswertungen wurde  in zwei Experten‐Workshops 

nach der aktuellen Bedeutung der identifizierten Entwicklungen gefragt sowie nach deren 

Relevanz in der Zukunft. Darüber hinaus wurden die Auswirkungen der Entwicklungen 

auf die Tätigkeiten in der Branche diskutiert und Kompetenzen erarbeitet, die die Mitar‐

beiter von morgen benötigen.  

Das Ergebnis war ein Szenario der Versicherungswirtschaft 2030, das als Grundlage für 

weitere  Überlegungen  hinsichtlich  der  Ausgestaltung  der  dualen  Ausbildung  diente:3 

Anschließend wurden mit Blick auf das Jahr 2022 neue Tätigkeitsprofile beschrieben und 

diesen 48 künftig notwendige Kompetenzen zugeordnet. 

                                                 

3   Um  neben  den mittelfristigen  Branchenveränderungen  (Szenarien  für  das  Jahr  2022  aus  der 

Expertenbefragung)  auch  die  langfristigen  Veränderungen  angemessen  berücksichtigen  zu 

können und die Szenarienvielfalt nicht einzuschränken, wurde bei den Experten‐Workshops als 

Projektionszeitpunkt das  Jahr 2030 gewählt. Für die Tätigkeitsprofile und Kompetenzanforde‐

rungen wurde mit dem Jahr 2022 ein mittelfristiger Zeithorizont gewählt, den es in den Ausbil‐

dungs‐ und Rekrutierungsaktivitäten bereits jetzt zu berücksichtigen gilt. 

Seite 22 von 34 

 

4.2.1 Szenario: Versicherungswirtschaft 2030 

Die Entwicklung geht weg von Versicherungsprodukten hin zu „Erlebniswelten“ 

für den Kunden. Diese werden von Playern der Versicherungswirtschaft oder al‐

ternativ  von Wettbewerbern  aus  anderen  Branchen  (z. B.  IT‐Plattformanbietern 

wie Amazon, Google, Facebook) angeboten. Die „Erlebniswelten“ werden zuneh‐

mend digital mithilfe verschiedener Plattformen  angeboten und  entwickeln  sich 

thematisch rund um die versicherungsrelevanten Bereiche wie Mobilität, Gesund‐

heit, Altersvorsorge oder Smart Home.  

Die künftige Vertriebsform hängt von den zukünftig etablierten Geschäftsmodel‐

len ab. Sollten sich beispielweise die Wettbewerber aus den anderen Branchen im 

Versicherungsgeschäft zunehmend etablieren und zu den Hauptanbietern der Er‐

lebniswelten werden, bleibt den Versicherungsunternehmen nichts anderes übrig, 

als die Versicherungsleistungen „zuzuliefern“. Bei dieser Konstellation würde sich 

der  Vertrieb  für  die  Versicherungsunternehmen  verstärkt  in  Richtung  B2B Ge‐

schäft entwickeln. 

Sollten die Versicherungsunternehmen nach wie vor die Schnittstelle zu den Kun‐

den besetzen und Plattformen mit Erlebniswelten  selbst anbieten, bleibt  im Ver‐

trieb das aktuelle B2C Modell bestehen.  

Tangible  Versicherungsdienstleistungen,  welche  zum  Beispiel  den  Kfz‐Bereich 

sowie kurzfristige, situative Versicherungen abdecken, bedürfen weitgehend kei‐

ner Beratung und können im Internet oder über andere Kanäle erworben werden. 

Non‐tangibler, abstrakter Versicherungsschutz, wie beispielsweise die Altersvor‐

sorge oder die Berufsunfähigkeit,  ist weiterhin auf die persönliche Beratung an‐

gewiesen. Im Rahmen der Beratung sollen Kunden motiviert werden, Vorsorge zu 

treffen. Die  Beratung,  die  vollständig  auf  die Kundenbedürfnisse  eingestellt  ist 

(schnell, ganzheitlich und vor allem medial gesteuert – was bedingt, dass auch der 

IT‐Bereich  großen Veränderungen unterliegt),  erfolgt  je  nach Bedarf, maschinell 

oder – sofern erforderlich – persönlich, dann motivierend und umfassend. Assis‐

tenzsysteme  

oder ggf. Beratungsroboter könnten an Bedeutung zunehmen und den Beratungs‐

prozess unterstützen. 

Eine wichtige Rolle werden die Daten der Kunden spielen. Diese werden für Ver‐

sicherungsunternehmen  zum  zentralen Asset und  ermöglichen die Entwicklung 

neuer Dienstleistungen, wie individuell auf den Kunden zugeschnittene Kommu‐

nikation und hypothesengetriebene Datenanalysen für situationsbezogene Dienst‐

Seite 23 von 34 

 

leistungen  und  Cross‐Selling.  Die  Datenanalyse  könnte  mittel‐  bis  langfristig 

durch KI‐getriebene, selbstlernende Systeme erfolgen. 

Noch unklar ist die Bedeutung des Datenschutzes, hier sind sowohl Szenarien mit 

verschärften Datenschutzbestimmungen als auch auf Kundenwünschen beruhen‐

de Szenarien mit geringeren Anforderungen denkbar. 

Die Strukturen in den Versicherungsunternehmen werden sich verändern, Hierar‐

chien werden abgebaut, Führung wird zu Coaching. Mit Blick auf die beschriebe‐

nen Veränderungen bedarf es zukünftig verstärkt der Arbeit  in Netzwerken und 

mit Partnern  (sowohl  intern als auch extern). Linienaufgaben werden abnehmen, 

die Arbeit wird verstärkt projektbezogen und agil organisiert. Die Beschäftigten 

arbeiten zeitlich flexibel in interdisziplinären Teams.  

   

Seite 24 von 34 

 

 

4.2.2 Tätigkeitsprofile 2022 

Zu dem oben skizzierten Szenario wurden anschließend für Beschäftigte in der Versiche‐

rungsbranche Tätigkeitsprofile für das Jahr 2022 entwickelt. Der Fokus lag auf den Tätig‐

keiten,  die  aktuell/künftig  von Kaufleuten  für Versicherungen  und  Finanzen  ausgeübt 

werden. 

Profile  Beschreibungen 

Systembetreuer 

Der Systembetreuer arbeitet an der Schnittstelle zwischen Fachabteilun‐

gen/Kunden und der IT. Er kennt die Anforderungen von Fachabteilun‐

gen und Kunden und  transportiert diese angemessen  in die  Informati‐

onstechnologien.  So  initiiert  er  bspw.  Automatisierungsprozesse  für 

seinen Fachbereich, arbeitet mit der IT an der Entwicklung von Automa‐

tisierungssystemen, testet diese, nimmt sie ab und entwickelt sie weiter. 

Er muss folglich eine hohe IT‐Affinität aufweisen und benötigt eine ge‐

wisse  IT‐Kompetenz. Gleichzeitig  besitzt  er  gute  Kenntnisse  über  Be‐

triebsprozesse und ist versicherungsfachlich versiert. Für das Tätigkeits‐

profil wird ein hoher Bedarf prognostiziert. 

Fachspezialist 

Der Fachspezialist ist künftig für komplexe, anspruchsvolle, nicht auto‐

matisiert abwickelbare Fälle zuständig. Das Profil setzt eine hohe Fach‐

lichkeit voraus. Im Rahmen der dualen Ausbildung muss dafür weiter‐

hin ein großer Praxisbezug und intensives Coaching angeboten werden. 

Eine Spezialisierung in den betreffenden Bereichen ist zusätzlich vonnö‐

ten. 

Kundenbetreuer 

Der Kommunikator  ist  für die Kundenbetreuung zuständig. Das Profil 

setzt  eine  generalisierte  Ausbildung,  ausgeprägte  kommunikative  Fä‐

higkeiten und Spaß  im Umgang mit Menschen voraus. Kernkompeten‐

zen sind zudem Multikanalfähigkeit und eine hohe Medienaffinität. Die 

Szenarien der zukünftigen Tätigkeiten – ob trivial oder komplex – kön‐

nen unternehmensabhängig sein und bestimmen dann die Anforderun‐

gen an die Fachkenntnisse. 

Kundenberater 

Vertrieb (B2C) 

Der Kundenberater berät zu wichtigen Lebensthemen (Gesundheit, Vor‐

sorge etc.) und übernimmt die Rolle eines Lebenscoaches. Er beherrscht 

alle Beratungskanäle, wobei der konkrete Kanal zum konkreten Anlass 

seitens  des  Kunden  gewählt  wird.  Des  Weiteren  koordiniert  er  das 

Dienstleistungsangebot  und  arbeitet  in  Netzwerken.  Durch  die  Netz‐

werke mit anderen Dienstleistern ist er in der Lage, das gesamte Dienst‐

leistungsspektrum abzudecken, ohne dass die gesamte Expertise direkt 

bei  ihm  angesiedelt werden muss.  Für  Profile wie Makler  für Gewer‐

be/Industrie, Spezialist für Firmenkunden wird weiterhin ein hoher Be‐

darf  prognostiziert, während  nebenberufliche Versicherungsvermittler, 

Quereinsteiger ohne adäquate Ausbildung und Versicherungsvermittler 

mit geringem Kundenkontakt zukünftig weniger nachgefragt werden.  

Tabelle 1: Tätigkeitsprofile 2022 für den Kaufmann für Versicherungen und Finanzen  

Seite 25 von 34 

 

 

4.2.3 Kompetenzanforderungen 2022 

Neben der Ausformulierung neuer Tätigkeitsfelder bzw.  ‐profile war es Ziel der beiden 

Experten‐Workshops,  für die beschriebenen Profile zukünftig notwendige Kompetenzen 

zu definieren. Aufgebaut wurde hierbei auf den 2010  im Entwicklungsprojekt „Kompe‐

tenzbasierte  Ausbildungsordnung“  entlang  der  damaligen  Handlungsfelder  im  Beruf 

Kaufmann  für  Versicherungen  und  Finanzen  erarbeiteten  Kompetenzbeschreibungen 

(vgl. o. V. 2011).4  Insgesamt konnten  so den vier ausbildungsberufsrelevanten zukünfti‐

gen Tätigkeitsprofilen insgesamt 48 Kompetenzen zugeordnet werden: 

Kompetenzdimension Tätigkeitsprofile 

S  K  V  F 

Fachkompetenz (Wissen)         

A1. Logik  von  technischen  Systemen  verstehen und deren Wir‐

kungsweise beschreiben können  x       

A2. Funktionsweise von Algorithmen erklären können  x       

A3. IT‐Grundlagen kennen, Aufbau und Funktionsweise von IT‐

Architektur verstehen x       

A4. Gewichtung, Verfügbarkeit und Typen von Daten kennen  x       

A5. Anforderungen  des Datenschutzes  und  der Datensicherheit 

benennen  (z.  B.  im  Zusammenhang mit  Social Media)  und 

deren Bedeutung für die Branche erklären können 

x  x  x   

A6. Ganzheitliche Datenlage des Kunden  identifizieren und des‐

sen Bedarf analysieren können   x  x   

A7. Mögliche  Schadenereignisse  in  Bezug  auf  Industrie  4.0  be‐

nennen  und  deren  Folgen  beschreiben  können  (technisches 

Wissen) 

      x 

A8. Breites Produktwissen abrufen können:  

‐ Produktwissen, Dienstleistungswelten  

‐ Vertriebskenntnisse (Vertriebswege kennen) 

  x  x   

A9. Vertieftes  versicherungsfachliches  Wissen  abrufen  können 

(hohe Fachlichkeit, auch bei Spezialfällen und bspw.  im ge‐

werblichen Geschäft)  

      x 

A10. Unterschiedliche  Fachgebiete,  Funktionen,  Prozesse  kennen  x    x   

                                                 

4   Die Handlungsfelder  im Beruf Kaufmann  für Versicherungen und Finanzen wurden  im Rah‐

men des Entwicklungsprojekts  „Kompetenzorientierte Ausbildung“ von Vertretern des BWV 

Bildungsverbands, Sozialpartnern und BIBB erarbeitet. 

Seite 26 von 34 

 

Kompetenzdimension Tätigkeitsprofile 

S  K  V  F 

und verstehen  

Fachkompetenz (Fertigkeiten)         

B1. Intelligent  in  technischen Systemen  agieren und neue Tech‐

nologien anwenden können  x  x  x   

B2. Automatisierte Prozesse (beispielsweise Fehlerursachen) ver‐

stehen, anwenden und überwachen können x    x   

B3. Datenschutzbestimmungen  anwenden  und  Sensibilität  ver‐

fügbarer Daten bewerten    x  x   

B4. Kaufmännisches  Verständnis  haben,  Auswirkungen  auf 

Kennzahlen verstehen, Kenntnisse in Rechnungswesen haben x    x  x 

B5. Vertragswesen, rechtliche Grundlagen kennen    x  x   

B6. „Verkaufskompetenz“    x  x   

Sozialkompetenz         

C1. Serviceorientiert und beratungskompetent agieren  x  x  x  x 

C2. Sich  in den Kunden hinein versetzen können, Empathie ver‐

mitteln, Wertschätzung für den Kunden zeigen  x  x  x  x 

C3. Kundenzentriert denken und handeln  x  x  x   

C4. Ganzheitlich beraten (bspw. ohne Spartenbezug)     x  x   

C5. Adäquat  und  situationsgerecht  kommunizieren  und  argu‐

mentieren    x  x  x 

C6. (Neue)  Medien  zur  Kommunikation  verantwortlich,  situa‐

tions‐  und  zielgruppengerecht  nutzen,  um  auf  allen  von 

Kunden gewünschten Kommunikationskanälen (per Telefon, 

im Chat,  in  sozialen Netzwerken, mit Videoberatung) ange‐

messen zu kommunizieren  

  x  x   

C7. Bereichsübergreifend,  teamorientiert  und  weniger  hierar‐

chisch  in  heterogenen  Gruppen  zusammenarbeiten,  Netz‐

werke und Schnittstellen kennen und einbinden 

x       

C8. Komplexe Vorgänge analysieren und verstehen,  transparent 

und verständlich darstellen und argumentativ vertreten kön‐

nen  

x  x  x  x 

Methodenkompetenz         

D1. Instrumente  der  Informationsbeschaffung  selbstständig  und 

sachgerecht für die eigenständige Recherche anwenden kön‐

nen 

x  x  x  x 

Seite 27 von 34 

 

Kompetenzdimension Tätigkeitsprofile 

S  K  V  F 

D2. Vielfalt  verfügbarer  Informationen  differenzieren,  kritisch 

bewerten und situativ richtig einsetzen können  x  x  x  x 

D3. Neue Arbeitsmethoden und ‐modelle einsetzen  x  x     

D4. Prozesse planen, umsetzen, überwachen und steuern   x    x   

D5. Projekte managen und mitgestalten   x       

D6. Mit komplexen Sachverhalten umgehen  x  x  x  x 

D7. Daten  analysieren,  auswerten  und  Zusammenhänge  erken‐

nen x    x   

D8. Probleme analysieren und lösen   x  x  x  x 

D9. Spezifische und genau auf Kunden  individuell zugeschnitte‐

ne Lösungen entwickeln    x  x  x 

Personale Kompetenz         

E1. In der Betriebsorganisation agil denken und handeln   x      x 

E2. Strategisch denken   x       

E3. Flexibel und mobil sein (gedanklich, zeitlich, räumlich)   x  x  x   

E4. Bereit sein, sich zu verändern   x  x  x  x 

E5. Zusammenhänge schnell erfassen   x  x  x  x 

E6. Schnell  und  auch  disruptiv  eigene  Entscheidungen  treffen 

können, ggf. Regeln hinterfragen    x  x  x 

E7. Offen, experimentierfreudig sein  x  x     

E8. Feedback geben und zulassen   x  x  x  x 

E9. Kreativ sein, neue Ideen entwickeln   x    x  x 

E10. Motiviert sein   x  x  x  x 

E11. Mutig und neugierig sein (auch auf neue technische Entwick‐

lungen)  x    x   

E12. Mit Stress umgehen können     x  x  x 

E13. Eigene Weiterbildungsmöglichkeiten planen und sich weiter‐

bilden  x  x  x  x 

E14. Erzielte Ergebnisse reflektieren, ggfs. nach Lösungen suchen   x  x  x  x 

E15. Selbstständig  sein,  Eigeninitiative  und  Eigenverantwortung 

zeigen  x  x  x  x 

S = Systembetreuer  

V = Kundenberater Vertrieb (B2C) 

K = Kundenbetreuer 

F = Fachspezialist 

Tabelle 2: Kompetenzanforderungen nach Tätigkeitsprofilen 2022  

Seite 28 von 34 

 

         

5 Ergebnisbewertung und Empfehlungen 

5.1 Deckungsanalyse 

Im Nachgang der oben beschriebenen Recherchearbeiten und Experten‐Workshops wur‐

de  vom  Projektteam  analysiert, wie  hoch  der Deckungsgrad  der  künftig  notwendigen 

Kompetenzen mit der aktuellen Ausbildungsordnung des Berufs Kaufmann für Versiche‐

rungen und Finanzen ist. Die Analyse ergab, dass 42 der 48 künftig als relevant bewerte‐

ten Kompetenzen bereits  in der aktuellen Ausbildungsordnung grundsätzlich verankert 

sind und über thematische Aktualisierungen und neue Schwerpunktsetzungen entwickelt 

werden können. Fünf weitere Kompetenzanforderungen, die aktuell nicht in der Ausbil‐

dungsordnung  (AO)  aufgeführt  sind,  sind  IT‐spezifisch,  die  sechste  ist  im  Bereich  der 

personalen Kompetenzen angesiedelt5: 

Neue IT‐spezifische Kompetenzen Aktuelle 

AO 

Tätigkeitsprofile 

S  K  V  F 

IT1. Logik von technischen Systemen verstehen 

und deren Wirkungsweise beschreiben 

können (A1) 

‐  x       

IT2. Die Funktionsweise von Algorithmen erklä‐

ren können (A2) ‐  x       

IT3. IT‐Grundlagen kennen, Aufbau und Funk‐

tionsweise von IT‐Architektur verstehen 

(A3) 

‐  x       

IT4. Gewichtung, Verfügbarkeit und Typen von 

Daten kennen (A4) ‐  x       

IT5. Automatisierte Prozesse (bspw. Fehlerursa‐

chen verstehen, anwenden und überwachen 

können) (B2) 

‐  x    x   

S = Systembetreuer  

V = Kundenberater Vertrieb (B2C) 

K = Kommunikator  

F = Fachspezialist 

Tabelle  3:  IT‐spezifische Kompetenzanforderungen nach Tätigkeitsprofilen  2022  (nicht  in der  aktuellen 

AO zum Beruf Kaufmann für Versicherungen und Finanzen verankert) 

Die Abdeckung dieser  zukünftig  relevanten  IT‐spezifischen Kompetenzen  kann  in den 

Versicherungsunternehmen  über  unterschiedliche  Handlungsstrategien  sichergestellt 

                                                 

5 Kompetenz E11: Mutig und neugierig sein (auch auf neue technische Entwicklungen) 

Seite 29 von 34 

 

werden. Hierfür kommen bspw. die Ausbildung in IT‐Berufen, IT‐spezifische Zusatzqua‐

lifikationen für Auszubildende im Ausbildungsberuf Kaufmann für Versicherungen und 

Finanzen oder Ausbildung des akademischen Fachpersonals über passgenau zugeschnit‐

tene (duale) Studiengänge bzw. Rekrutierung vom Arbeitsmarkt in Betracht.  

 

5.2 Handlungsempfehlungen 

Struktur und Inhalte der aktuellen Ausbildungsordnung für den Kaufmann für Versiche‐

rungen und Finanzen bereiten gut auf die aktuellen bzw. künftigen Tätigkeitsprofile  in 

der  Versicherungswirtschaft  vor.  Eine  umfangreiche  Anpassung  des  Berufsbildes  er‐

scheint  kurzfristig  nicht  zwingend  notwendig.  Gleichzeitig  wurden  im  Rahmen  des 

Kompetenzlabors einige Bereiche identifiziert, bei denen Handlungsbedarf besteht: 

Digitalisierung  führt  zu  Verschiebungen  bei  den  Tätigkeitsschwerpunkten  und 

Arbeitsformen: Datenverknüpfung und ‐analyse auf allen Ebenen, multikanalfähi‐

ge Kundenansprache,  teamübergreifende  und  interdisziplinäre  Projektarbeit  so‐

wie ein  solides Wissensmanagement werden  in der Versicherungsbranche unab‐

dingbar. Um Auszubildende auf diese Anforderungen adäquat vorzubereiten, be‐

darf es neuer Lehr‐ und Lernformate, welche die digitalen Entwicklungen berück‐

sichtigen und noch stärker auf die Methoden‐, Sozial‐ oder Personalkompetenzen 

abzielen. Dafür sind ggf. zusätzliche Investitionen in die IT‐Infrastruktur und die 

mediale Entwicklung  sowie gut geschultes und  erfahrenes Ausbildungspersonal 

vonnöten.  Unterstützende Materialien,  Handlungsempfehlungen  sowie  Qualifi‐

zierungsangebote  für das Ausbildungspersonal können den Einsatz neuer Lehr‐ 

und Lernmedien im Ausbildungsalltag unterstützen.  

Die  für  einen  Teil  der  künftigen  Tätigkeitsprofile  als  notwendig  identifizierten 

Kompetenzen sind in der aktuellen Ausbildungsordnung nicht abgebildet und be‐

treffen hauptsächlich  spezifische  IT‐Kenntnisse. Die Vermittlung von  IT‐Inhalten 

wird  aktuell  je  nach Unternehmensbedarf  durch  unterschiedliche  Insellösungen 

abgedeckt. Die Abdeckung durch  IT‐Zusatzmodule o.ä.  stellt  eine der Optionen 

dar. Diese Lösung erfordert ggf. eine Umstrukturierung einzelner Ausbildungsab‐

schnitte, die Schaffung von Zusatzqualifikationen bzw. ggf. die Vermittlung der 

Inhalte  im Anschluss  an  die Ausbildung.  Eine  branchenweit  tragfähige  Lösung 

könnte die Etablierung von bedarfsorientierten, modular aufgebauten Qualifizie‐

rungsangeboten darstellen. Deren zeitliche, inhaltliche und organisatorische Aus‐

gestaltung ist nach Bedarf und in Abstimmung mit der Branche zu entwickeln.  

Seite 30 von 34 

 

Die Projektergebnisse lassen eine steigende Relevanz personaler Kompetenzen er‐

kennen,  die  nicht  oder  nur  zum  Teil Gegenstand  einer  beruflichen Ausbildung 

sein können. Da diesbezügliche Entwicklungsmöglichkeiten im Rahmen der Aus‐

bildung begrenzt  sind, bedarf  es künftig  einer verstärkten Berücksichtigung der 

personalen Kompetenzen bereits bei der Rekrutierung der Auszubildenden  (und 

Fachkräfte).  Entsprechend  angepasste  Assessmentverfahren  (auch  Online‐

Assessments mit Recrutainment‐Elementen) können dazu beitragen, diese Kompe‐

tenzen bei der Auswahl der Auszubildenden zu  identifizieren und zu bewerten. 

Handlungsempfehlungen  zum Rekrutierungsprozess  bzw. die Entwicklung und 

Anwendung passender Rekrutierungstools können Unternehmen helfen, passende 

Nachwuchskräfte zu finden und zu sichern. 

Die  identifizierten Handlungsfelder dienen als Grundlage  für Maßnahmen und Qualifi‐

zierungsaktivitäten, die der BWV Bildungsverband zusammen mit der Branche konzipiert 

und umsetzt, um  eine bedarfsgerechte, moderne und  zukunftsorientierte duale Ausbil‐

dung für die Versicherungswirtschaft zu gewährleisten.  

 

Seite 31 von 34 

 

Literaturverzeichnis 

Zitierte Quellen: 

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veröffentlicht am 14.4.2014. Online:   

http://www.2bahead.com/studien/trendstudie/detail/trendstudie‐versicherungen‐

2020/ (15.6.2016). 

Cebulsky, M. & Günther, J. (2015): Der digitale Versicherungskunde: anspruchsvoll, ver‐

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Gold, M. (2016): Fachkräfte auf dem Prüfstand. Die neue Verantwortung des unternehme‐

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Linnhoff‐Popien, M. Zaddach, A. Grahl (Hg.): Marktplätze im Umbruch. Digitale 

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