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Studien fiber die Entwicklung der quergestreiften Muskeln und Nerven der Amphibien und Reptilien. Von Dr. Ernst Calberla. (Ass dem physiologischen Institut des Herrn Professor Kiihne in Heidelberg.) (Hierzu Taf. XXIII und XXIV.) Bei Gelegenheit einer Untersuchung tiber die intramuskul~tre Endigung der •erven in den quergestreiften Muskeln der hmphi- bien 1), die ich im vorigen Sommer vorgenommen hatte, welche besonders auf das Verhalten der Kerne an dem intramuskulfiren Nervenende gerichtet war, hatte ich die Ansicht ausgesprochen, dass diese Kerne als die persistirenden Kerne der Zellsubstanz, aus der sich in den frtiheren Entwicklungszustiinden die intramuskul~iren Theile der Nerven gebildet haben, anzusehen seien. Eine ganz sichere Begrtindung dieser hnsicht war mir damals aus Mangel an Untersuchungsmaterial unmiiglich. Diesen Sommer war ich in der gltieklichen Lage, wenigstens yon zwei hrten Amphibien, yon Bom- binator und Rana esculenta, Larven jeden Alters in grosset Anzahl zur Verftigung zu haben. Es wurde mir dadurch miiglich, den da- reals doch mehr vermuthungsweise ausgesprochenen Satz sicher begrtinden zu kiinnen. Bei dieser Untersuchung kam ich nattirlich mit den speciellen Verh~ltnissen der Muskel- und Nervenentwicklung in engste Berilhrung. Die Frage war ja auch nur durch das ge- naueste Studium der Muskel- und Nervenentwickhmg zu 15sen. Was 1) Zeitschrift fiir wissenschaftliche Zoologie.

Studien über die Entwicklung der quergestreiften Muskeln und Nerven der Amphibien und Reptilien

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Studien fiber die Entwicklung der quergestreiften Muskeln und Nerven der A m p h i b i e n u n d Reptilien.

Von

D r . E r n s t C a l b e r l a .

(Ass dem physiologischen Institut des Herrn Professor Kiihne in Heidelberg.)

(Hierzu Taf. XXIII und XXIV.)

Bei Gelegenheit einer Untersuchung tiber die intramuskul~tre Endigung der •erven in den quergestreiften Muskeln der hmphi- bien 1), die ich im vorigen Sommer vorgenommen hatte, welche besonders auf das Verhalten der Kerne an dem intramuskulfiren Nervenende gerichtet war, hatte ich die Ansicht ausgesprochen, dass diese Kerne als die persistirenden Kerne der Zellsubstanz, aus der sich in den frtiheren Entwicklungszustiinden die intramuskul~iren Theile der Nerven gebildet haben, anzusehen seien. Eine ganz sichere Begrtindung dieser hnsicht war mir damals aus Mangel an Untersuchungsmaterial unmiiglich. Diesen Sommer war ich in der gltieklichen Lage, wenigstens yon zwei hrten Amphibien, yon Bom- binator und Rana esculenta, Larven jeden Alters in grosset Anzahl zur Verftigung zu haben. Es wurde mir dadurch miiglich, den da- reals doch mehr vermuthungsweise ausgesprochenen Satz sicher begrtinden zu kiinnen. Bei dieser Untersuchung kam ich nattirlich mit den speciellen Verh~ltnissen der Muskel- und Nervenentwicklung in engste Berilhrung. Die Frage war ja auch nur durch das ge- naueste Studium der Muskel- und Nervenentwickhmg zu 15sen. Was

1) Zeitschrift fiir wissenschaftliche Zoologie.

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E r n s t Ca lbe r l a : Entwicklung d. quergcstr. Muskeln u. Nerven etc. 448

die ungemein reichhaltige Literatur fiber die Entwicklung der quer- gestreiften Muskelfaser betrifft, so findet man in der fleissig ge- schriebenen Inauguraldissertation yon G. Born (Berlin 1873) eine sehr klare und umfassende DarsteUung. Ich will in Folgendem nur die Hauptansichten tiber die Muskelentwicklung kurz wieder- geben. Es lassen sich die Ansichten der Forscher in drei Abthei- lungen trennen; in die, welche die Muskelfaser oder das Primitiv- bfindel aus einer Summe von Embryonalzellen entstanden ansehen, in dis, welche die Muskelfaser als das Differenzirungsprodukt einer einzigen Zelle betrachten, und in die, welche sich von dem cellu- laren Ursprung des Primitivmuskelbiindels emanzipiren.

S c h w a n n 1) l~sst, zum Theil gestiitzt auf Untersuchungen von V a le n t i n (Entwicklungsgeschichte p. 268), das Primitivbfindel aus einer Reihe yon Embryonalzellen, die miteinander verschmelzen, in denen erst dann die contractile Substanz sich ablagert, entstehen. Ebenso betrachtet K o e 11 i k e r 2) in seinen frfiheren Mittheilungen die Entstehung der Muskelfaser; nach ihm stellen die W~nde der verschmolzenen Zellen das Sarkolemm dar. Hieran reihen sich die Ansichten yon R e i c h a r t 8) und Holst . Diese Forscher lassen die Muskelfaser aus langen~ etwas geschl~ngelt verlaufenden Zellen, die einen Kern besitzen und die in grosser Anzahl mit einander ver~chmelzen, entstehen. Zwischen den Zellen finden sie eine Bil- dungsmasse, mit deren Verschwinden die Querstreifung deutlich her- vortritt. M a r g o 4) l~sst von cylindrischen oder spindelfSrmigen, ein Kernbl~schen enthaltenden Kernen, seinen ~Sarcoplasten~. dis quergestreiften Muskeln entstehen. An den Sarcoplasten tritt Quer- streifang auf und verschmilzt eine grSssere Anzahl davon zu Pri- mitivbtindeln. Bei R e i c h a r t ist das Sarkolemm das Produkt der interstitiellen Zwischensubstanz, bei Mar go ein Produkt des um- gebenden Blastems. W i t t i c h ~), der sich ganz an die Margo ' - schen Ansichten anschliesst, betont besonders das spindelf~rmige Uebereinanderliegen tier quergestreiften, kernhaltigen Zellen im

1) Mikrosk. Untersuchungen iiber die Uebercinstimmung in tier Struktur und dem Wachsthum tier Thiere und Pflanzen. Berlin 18B9.

2) Annales des sciences naturelles 1846. III. serio etc. B) Miil ler 's Archly 1847. 4) Wiener Sitzungsbcriehte 1859, 5) K~nigsberger medicin. Jahrbuch 1862,

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Muskelblindel. D e i t e r s 1) finder die quergestreifte Muskelfaser entstan- den aus einer, sowie aus mehreren Zellen. Er 1/~sst die quergestreifte Substanz an die /~ussere Zellwand sich ansetzen, es bildet sich ein Saum yon quergestreifter Substanz. Dieser Saum wird dicker, wiichst in die L~nge aus, er stellt eine Fibrille dar. Mehrere solcher Fi- brillen verbinden sich, sie schliessen dann zum T.heil die Bildungs- zellen ein. Das Sarkolemm ist nach ihm als eine erh/~rtete Schicht des Bindemittels der Fibrillen anzusehen. Der quergestreifte Saum soU sich leicht yon der Zelle ablSsen lassen. D e i t e r s neigt sich der Ansicht zu, die quergestreifte Substanz als lntercellularsubstanz aufzufassen, bIaeh Re in a ck ~) entstehen die Wirbelthiermuskeln aus kernhaltigen, mit KeimkSrnern erhillten Zellen, die sich verl~ingern and nach Theilung des Kernes in querer Richtung sich in der L/~ngs- richtung theilen. Durch fortschreitende Theilung vermehren sieh alsdann die Kerne in den verliingerten Zellen und auch diese theilen sich noch mehrfach. Die Kerne bilden am innern Rande der eylin- drischen Zellen eine yon feinen KSrnchen umgebene L/ingsreihe, wiihrend die grobe K6rnermasse den andern, nach aussen gewen- deten Theil der Zelle einnimmt. An der Oberfl~iche dieses ~ussern Theils der Zelle erscheint zuerst und zwar sobald die Larve inner- halb der Keimhaut die ersten Kriimmungen zeigt, eine diinne, ho~ mogene, quergestreifte Schicht von Muskelsubstanz, wie es scheint, an der Innenfl/iche der Zellmembran abgelagert. Diese Schicht ver- dickt sich bei der freien Larve auf Kosten der KeimkSrnerschicht und gelangt so bis zu dem andem, yon den KSrnern eingenommenen Rande der verl~ngerten Muskelzelle, welche nunmehr ein vollst/~n- diges, quergestreiftes, sog. Muskelprimitivb~indel darstellt. Le b e r t 8) l/isst die Muskelfaser aus Zellen, die er ,organoplastische KSrper- ehem~ nennt, entstehen. Diese K6rperchen liegen in einer kSrnigen Zwischensubstanz. Im Innern dieser KSrperchen entsteht die quer- gestreifte Substanz. Die Muskelanlagen liegen dann dicht neben- einander und tritt erst spliter eine Theilung im B~indel ein. K oel- l ik e r schliesst sich in der Zeitschrif~ f~ir wissenschaftliche Zoologic 1858. p. 169 den Remack 'schen Anschauungen an. F. E. S c h u l z e ~)

1) Miiller 's Archiv 1862. 2) F r o r i e p , No. 768, 1845. Rcmack , Untersuchungen iiber die

Entwicklung der Wirbelthiere 1855 (Abbildungen). 3) Annales des sciences nat. III. Scrie, tome onzi~me 1847. 4) Miil ler~e Archly 1862.

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l~tsst die Muskelfaser aus einer einzigen Zelle entstehen. Er findet die quergestreifte Substanz scharf begrenzt von dem kSrnigen Pro- toplasma an der Russern Seite der feinkSrnig gewordenen Zelle liegen.

Zu dieser ersten Fibrille von quergestreifter Substanz f'dgt sich eine zweite und mehr hinzu. Zu gleicher Zeit hat sich der Kern mehrfach getheilt. Die Fibrillen bilden eine Rinne, in der die Kerne liegen. Bald schliesst sich die Rinne zu einem Cylinder. Die vielfaeh getheilten Kerne liegen zwischen den Fibrillen und sind von einem Reste Protoplasma umgeben. Es sind dies die sog. MuskelkSrperehen. Einige Kerne liegen an der Aussenseite des Muskels dicht unter dem Sarkolemm. Er versucht fiir die Muskeln am Froschlarvenschwanze durch Vergleichung ihrer Gr~sse in verschiedenen Entwieklungsstadien direkt zu beweisen, dass sie dureh Auswachsen einer Zelle gebildet werden. W e i s m a n n 1) sehliesst sich far die Stammmuskeln der Wirbelthiere der soeben geschilderten Ansicht an. Dagegen constatirt er, dass die Herz- muskulatur der Wirbelthiere und die Muskelfasern niederer Thiere aus einer Vereinigung yon Zellen, in denen sich quergestreifte Sub- stanz abIagert, zusammensetzen. Max S c h u l t z e 8) schliesst sich in Betreff der Entwicklung der Herzmuskulatur an W e i s m a n n an. Die Stammmuskelfasern der Wirbelthiere l~sst er aus eiuer einzigen sich theilenden Zelle entstehen. W e i sm a n n s) findet beim erwachsenen Thiere noch eine andere Art der Neubildung. Er trennt dieselben in zwei Gruppen, die er als Zweitheilung und Randabspaltung bezeichnet. Ehe es zu diesen Theilungen kommt, findet eine Kern- wucherung statt. Es bilden sich zwei Reihen yon Kernen; die Muskel- faser wird so in zwei Fasern getrennt, welehe dann wieder demselben Theilungsprocess anheim fallen. Er isolirt aus der Oberschenkelmus- kulatur des Frosches Muskelfasern, die sich mitten in der Zweitheilung befinden. Als Randabspaltung bezeichuet W e i s m a n n den Vorgang, wo nur ein ganz schmaler Theil der Muskelfaser mit wenigen Kernen sich vom Rand der Muskelfaser ablSst. Zu der dritten Reihe yon Forschern, die sich mehr oder weniger gegen den cellularen Ur-

1) Zeitschrift f. ration. Mediein~ III. Reihe, Bd. X. pag. 263 u. 204. 2) Miiller's Archiv 1861. p. 41. 8) Archly f. Anatomic 1861. p. 1. 4) ZeitschriR f'dr ration. Medicin HI. Reihe, Bd. X. p. 266.

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sprung des Primitivmuskelbtindels ausspreehen, gehSrt zumtehst Ch. R o b i n 1). Er findet als erste Anlage Kerne, die gri~sser sind, als die Hauptmasse der Embryonalkerne; solehe Kerne ver- 16then sieh mit einander, zwisehen denselben bildet sieh in einer urspriinglieh homogenen, blassen Masse naeh mehrfaehen Meta- morphosen die quergestreifte Substanz. In ~hnlieher Weise stellt J. B. C la rke3) die Bildung der Muskelfaser dar. Aueh er liisst die Fibrillen aus einer fibrillAren Zerfaserung des zwisehen Kernen sieh befindenden Blastems die Muskelfaser entstehen. Dabei baeken die zwisehenliegenden Kerne mit den Fibrillen zu eylindrisehen und spindelfSrmigen Massen zusammen. Aueh R o u g e t a) sehildert die Bildung der Muskelfaser auf iihnliehe Weise. Im Ansehluss hieran erws ieh noeh die Arbeit von G. It. W a g e n e r 4). Er findet die erste Anlage der Muskelfaser in feinen Fiiden, die zwisehen den Wirbelplatten ausgespannt sind, zwisehen die dann Keile yon Embryonalkernen hineinwaehsen, welehe sieh dann vereinigen und die Fibrillen in Biindel theilen. Es besteht dann ein homes B0ndel, in dessen Innerm Kerne in k~irniger Masse liegen. Aussen sitzen Embryonalkerne, yon einem Hof yon Protoplasma (Grundsubstanz) umgeben, wie Beeren auf. W e is m a n n 5) betraehtet das Sarkolemm als eine Differenzirung derZellwandung. L e y d i g 6) betraehtet das Sarkolemm als eine Cutieularbildung, als das Abseheidungsprodukt einer Matrix, die bei Insekten granulirt und kernhaltig, bei den Wirbelthieren aber nut kernhaltig ist. L e y d i g bekennt sieh (1. e.) zu der Ansieht, dazs das Primitivmuskelbiindel aus einer Vereinigung embryonaler Muskelzellen entsteht. Born (1. e.) sehliesst sieh flit die Entstehung der quergestreiften Muskelfaser ganz tier yon F. E. S e h u l z e (1. e.) vertretenen Ansieht an. Er besehreibt hell- gliinzende, stark liehtbreehende Ki~rnehen oder Stitbehen, die, ring- fiirmige Gruppen bildend, sieh in der eontraetilen Substanz finden; mit Carmin fiirben sie sich lebhaft roth. Er bringt diese Ki~rperehen in Beziehung zu der Erniihrung der Muskelfaser. Er betraehtet

1) Gazette m~d. de Paris 1855. 2) Quart. jour. of sed. 62 u. 63. 3) Journal de physiologie 1868, 4) Eutwicklung der Muskelfaser (Marburg und Leipzig) 1869. 5) Zeitsehrift f. rat. Mediein Bd. XXIII. p. 26. 6) Bau des thierischen KSrpers 1864. p. 68.

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sie Ms eine hnsammlung yon Nahrungsmaterial, welches dem Wachs- thum des Muskels dient. In spiiteren Zust~nden des Muskels finden sie sich in der Riiekbildung, oder sie sind gar nicht mehr vorhan- den. Born wendet sich auf Grund eingehender Untersuchungen gegen die hbspaltungstheorie W ei sman n's.

Ich gebe nun kurz die Ansichten fiber die Entwicklung der peripherischen Nerven, soweit sie f(ir die Darstellung meiner Unter- suchung niithig sind. Seit S c h w a n n nehmen wir an, dass die pe- ripherischen Nerven sich durch Verschmelzung yon spindelf0rmigen oder cylindrischen Zellen bilden. Das Zustandekommen yon Ver- zweigungen stellte man sich so dar, dass sternfiirmige, mit drei oder mehr husl~ufern versehene Bildungszellen mit den schon ge- biideten Nervenfasern versehmelzen. Die Zellmembran sollte zum Neurilemm werden, zwischen dasselbe und die Zellsubstanz sollte sich die Markscheide ablagem. K o e l l i k e r 1) spricht sich dahin aus, dass die Markscheide sich auch durch eine chemische Umwandlung der ~iussern Schichte des Zellinhaltes bilden kiinne. Rein ack (1. c.) betrachtet zuerst die peripheren Nerven als feine Fasem, entstanden als Fortsiitze yore Spinalganglion. I-I e n s e n 2), der sich zuerst fOx die Entwicklung der Nerven an Oft und Stelle aus Zellen aus- sprach, spricht sich in einer weitern hbhandlung 8) ffir das centri- fugale Wachsthum des hxencylinders aus. Er gibt an, dass die yore Centrum ausgehende feine Faser, der .kxencylinder~ yon Zellen mit Kern eingescheidet wird. Diese Zellscheide soll das Neurilemm bilden. Er liisst das Ende des peripheren Nerven mit den Epithel- zellen der Froschoberhaut sich verbinden, hnastomosen der Nerven im Froschlarvenschwanze verneint er. E b e r t h 4) wendet sich gegen die Hensen 'sche hngabe, dass die Nerven in den Epithelzellen endigen. Nach ihm finden sich im Froschlarvenschwanze vielfache Anastomosen yon Nervenfasern. I)ieselben stehen mit feiaen Aus- l~ufern yon spindelfiirmigen Zellen, denen er dadurch gewissermassen eiaen Antheil an der Bildung der peripheren Nerven zuerkennt, in Verbindung. E b e r t h spricht sich hiertiber - - er gibt an, nur iiltere Larven untersucht zu haben, nicht mit Bestimmtheit aus.

1) Gewebelehre 1852 ft. 2) Archiv f. pathologische Anatomie Bd. XXX. 3) Archly f. pathologische Anatomie Bd. XXXI. 4) Archiv f. mikroskop. Anatomie Bd. ]I. p. 490.

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Aehnlich sind die hngaben yon Babuch in 1). Hensen hat in seiner letzten Abhandlung (1. c.) die Hypothese aufgestellt, dass die Nervenfaser aus der Verbindung zweier nebeneinanderliegenden Zellen entst~inde, indem dieselben auseinandergezogen wiirden; die eine wiirde zur Nervenzelle im Spiralganglion, die andre zur Epi- thelzelle und stelle so die Verbindung beider, den peripheren Nerven dar. Ranvie r ~), der in neuerer Zeit die feineren Verh~iltnisse der peripheren Nerven genauer studirt hat, findet in gewissen Abstanden des peripheren, markhaltigen Nerven Abschniirungen des Markes und an der Nervenstrecke zwischen zwei Abschntirungen stets einen Kern. Er bringt diese Einschntirungen mit zugehiirigem Kern in Verbindung mit der Entstehung tier Nervenscheide. Die Angaben fiber die Ent.~tehung der Nervenendigung in den quergestreiften Mus- keln sind sehr sp~irlich; nur E n g e l m a n n 8) fiihrt an, dass er die Kerne an dem intramuskul~iren Nervenende als die persistirenden Kerne der Zellsubstanz ansieht, aus der in frfiheren Entwieklungszustiinden die intramuskul~iren Theile der Nelwen sich gebildet haben.

Ich wende reich nun zu dem Ergebniss meiner Untersachungen. Als Material stand mir eine grosse Zahl Embryonen jeden Alters yon Rana escul., Bombinator ign., Triton cristatus and Salamandra maculosa, ausserdem eine Anzahl Embryonen yon Tropidonotus natrix (jtingste Stadien) und Coronella laevis (~tltere Stadien) zur Verfiigung. Ieh habe meine Untersuchungen vorwiegend an den mir am reichliehsten zu Gebote stehenden Froschembryonen, da ich mehrfach friseh befruchteten Laich erhalten und so auch die frtihe- sten Stadien untersuchen konnte, angestellt. Die Untersuchung der fibrigen Embryonen, besonders die der Sehlangen, babe ich mehr zur Controle des bei Rana Gefundenen benutzt. Die Differenz, die sich zwischen den Batrachiern und den Ophidiern findet, die in der Verschiedenheit ihrer intramuskuliiren Nervenendigung begrtindet ist, werde ich am Schluss berichten. Die Untersuchung der Em- bryonen wurde meist frisch vorgenommen. Ich gebrauchte dann

1) Medicinisches Centralblatt 1868. p. 755. 2) R a n v i e r , comptes rendus, lB. Novembre.

R a n v i e r , archives de physiol. T. IV. 427. R a n v i e r , comptes rendus LXXV u. LXXVI, vergleiehe auch Key

lind R e t z i u s. Archly f. mikroskop. Anat. Bd. IX. p. 308. 3) E n g e l m a n n , Untersuehung fiber den Zusammenhang yon Nerv

und Muskelfaser, Leipzig 1863.

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als Zusatzfliissigkeit ~/4% Kochsalzliisung oder dieselbe Liisung, der ich dann auf 20 Theile ein Theil 1 O/o Osmiums~iure zusetzte. Diese letztere Zusatzfiiissigkeit bewirkt, dass die leicht gerinnbaren Muskeln etwas erstarren, ohne dass durch Farbung oder zu inten- sive Einwirkung der Osmiumsiiure die feineren Strukturverhaltnisse vernichtet werden.

Zur Maceration wendete ich zuerst Natronlauge, dann Salpeter- siiure, theils rein, theils in Verbindung mit chlorsaurem Kali, auch verschiedene Concentrationen yon Schwefels~iure an, ohne je- doch gfinstige Resultate zu erzielen. Dann versuchte ich Miiller'- sche Li~sung, verschiedene Salze und Concentrationen yon Chrom- s~ure. Den besten Erfolg zeigte die C zerny'sche Combination yon Speichel mit M it II e r'scher Liisung. Ich legte mir hierbei die Frage vor, wodurch die guten Resultate der Cz er ny'schen Macerations- fifissigkeit bewirkt werden, ob das Ptyalin oder die Salze hierbei das Wirksame seien. Ich bereitete mir eine Salzliisung, die in ihrem Salzgehalt den genauesten Analysen des Speichels nachge- bildet war. Ich verwendete diese Liisung in den verschiedensten Combinationen mit r Salz und erhielt bei gewissen Ver- hiiltnissen beider Flitssigkeiten die gleichen, wenn nicht bessere Resultate als mit der Czerny'schen Liisung. Ich gebe hier die Zusammensetzung einer Salzliisung : 4,2

Chlorkalium 1,8 Schwefels. Magnesia 0,4 Chlornatrium 1,2 Rhodannatrium 0,1 Phosphors. Natron 0,8 Kohlensaurer Kalk 0,4 Chlorcalcium 0,4 Phosphors. Kalk 0,2

4,2 5,3 5,3 auf 556 Cc. Wasser.

In diese L(isung leitete icb bis zur S~ittigung Kohlensiiure ein; zur Darstellung der Macerationsfitissigkeit nahm ich zwei Theile Salzliisung, zwei Theile Wasser und ein Theil M it II er'sche Liisung und liess darin den Embryo einen oder zwei Tage liegen. Ich fertigte mir dann eine einfacher gebildete Salzliisung an, die aus

Chlorkalium 0,4 Chlornatrium ~),3 Phosphors. Natron 0,2 Chlorcalcium 0,2

1,1 auf 100 Theile Wasser gebildet war, leitete KohlensRure bis zur Siittigung ein, mischte

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dann die SalzlSsung mitWasser and Miiller'scher LSsung in dem- selben Verhi~ltniss wie die erstbereitete Salzl6sung und erhielt dieselben guten Resultate. Die Miiller'sche Fl~issigkeit habe icb mehrfach, besonders zur Maceration jtingerer Embryonen durch die gleiche Menge einer 21/2 % L(isung yon einfach chromsaurem Amo- niak ersetzt. Es geht aus diesen Versuchen hervor, dass der Speichel in der Czerny'schen Combination ganz gut durch eine Salzlfsung yon oben genannter Concentration ersetzt werden kann. Die besten Macerationsre~Itate erhielt ich, wenn ich die Liisung kurz vor Gebrauch mit Kohlensiiure s~ittigte !). Es liess sieh dann die Epi- dermisschicht ungemein leicht mit Hiilfe einer Lanzennadel abheben und nun mittelst Nadeln und ganz feiner Scheere die seitw~irts der Chorda ausgespannte Muskelanlage isoliren. Durch Sehfitteln liessen sich die Muskelfasern und Muskelbildungszellen ohne die geringste Insulte in ihrer ganzen L~tnge isoliren. Die Praparate, die ich aufheben wollte, legte ich in eine eoncentrirte L6sung von essig- saurem Kali; waren es frische Pr~iparate, so setzte ich sie 5 his 10 Minuten der Einwirkung einer 1/2 % Osmiums~ure aus. Durch naehfolgende F~trbung mit Carmin erbielt ich mehrfach sehr schiine Bilder. Die specielle Prltparationsmethode bestand darin, dass ich den Embryo yon Eihiille und Dottersack mittelst Scheere und Nadel befreite, dann mit Hiilfe yon Lanzennadeln die zum Theft fiimmernde aussere Zellschicht entfernte und nun die Seitenplatten zu isoliren versuchte. Bei den jfingsten Embryonen bis zu 6 Tagen ist dies sehr sehwer. Mit weiterer Ausbildung der Chorda gelingt die Isolirung der zwischen den Wirbelplatten befindlichen Muskeln sehr leieht.

Zerzapft man ein Froschei etwa 24 Stunden nach dem Beginn der Furchung, so findet man eine hnzahl griisserer und kleinerer Furchungskugeln yon ungemein hellem Glanze, die ganz das Aus- sehen yon FettkiJrnern haben. 12 Stunden spater finden sich an der nun eine etwas ovale Form angenommenen Embryonalanlage an den Seiten sehr lebhaft flimmernde Zellen. Maeht man sich jetzt ein Priiparat, so finder man, dass die Furchungs- oder Keim-

1) Vielleicht verhindert die langsam entweichende Kohlens~ure die zu schnello Einwirkung der SalzlSsung.

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zellen das Bestreben haben, zusammenzubacken. Macht man etwa 48 Stunden nach Beginn der Furchung yon der nun ganz ovalen Em- bryonalanlage ein Priiparat in der Art, wie ich es beschrieben, so finder man die hellgliinzenden Keimzellen zu l~ingeren Balken an- geordnet, ohne dass neben diesen hellglanzenden Zellen ein kSrniges Protoplasma sich finder. Zur Beobachtung dieser Stadien ist es vortheilhaft, entweder kein Deckglas, oder nur mit Anwendung yon Schutzleisten das Deckglas aufzulegen (Fig. 1). In den Keimzellen konnte ich auch nach Behandlung mit Essigs~iure und andern Rea- gentien hie Kerne nachweisen.

Man finder nun, wenn man verschiedene Pr~iparate aus einem und demselben Laich anfertigt, entsprechende, wenn auch ge- ringe, so doch r verschiedene Stadien der Entwiek- lung, die allerdings kaum fiber 12 Stunden auseinanderliegen. Ver- gleicht man nun in derartigen Pr~iparaten die Keimzellenbalken, die aus den Seitenplatten stammen, so fiillt einem die verschiedene Helligkeit dieser Zellgruppen auf. Ein je sp~tteres Stadium man untersucht, desto mehr findet sich der Inhalt der Keimzellen ge- trfibt. Dieselben werden dabei kleiner, es kommt zwischen ihnen zur Ansammlung eines kiirnigen Protoplasmas und kann man den Umwandlungsprocess der Keimzellen in dasselbe sehr gut beob- achten. Es bilden nun diese Keimzellen Protoplasmabalken, etwa 0,015--0,033 Mm. lange zelleniihnliche Gebilde, die keine seharfe Begrenzung besitzen (Fig. 1).

Es enthalten diese Zellen noch zahlreiehe Furchungskugeln; eingebettet in ein sehr feinkSrniges Protoplasma. Dieser Differen- zirungsprocess wickelt sich his zum Ende des 4. Tages in dieser Art ab (Fig. 2). Mit dem Versehwinden tier Furchungskugeln im kiirnigen Protoplasma tritt sehr bald ein sch~irfer begrenzter, matter, mit feineu Ki~rnchen, unter denen eines durch seine Griisse sich be- merklich macht, erfiillter Kern auf. Derselbe vergriissert sich und bewirkt oft eine Hervorragung am Rande der Muskelbildungszelle. Meist findet in ihrer Umgebung eine sehnellere Umwandlung der Furchungszellen in kiirniger Substanz, als an den Polen der Zelle statt. Am Beginu des 5. Tages sieht man an dem einen Rande der Zelle eine Anzahl schiirfer als die tibrigen gliinzenden Kiirn- then, noch vollkommen regellos geordnet. Von der Mitte dieses Tages bemerkt man mit ungemeiner Sehiirfe, dass diese eben ge- nannten griJsseren Kiirnchen sieh in einer geraden Reihe an dem

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einen Rande der Zelle angeordnet haben. Noch ist keine Quer- streifung vorhanden (Fig. 3); kurze Zeit darauf (ein oder zwei Stun- den) hat sich neben jedes dieser in einer Reihe angeordneten Kiirn- chert ein zweites gruppirt. Sie treten dicht zusammen und die Querstreifung ist da (Fig. 4). An dem Kern der Zelle ist das Kern- kiirperchen deutlich zu erkennen. An diese zwei Reihen Kiirnchen, welche die Querstreifung bilden, lagert sich bald eine 3. Reihe an. Behandelt man in diesem Stadium diese Muskelprimitivzellen mit salzsaurem hlkohol, so zerfiillt der schmale Saum quergestreifter Substanz in 2, 3 oder mehr feinste Fibrillen. Die Differenzirung ist leicht verst~indlich; die Furchungszellen verschwinden und neue Fibrillen quergestreifter Substanz lagern sich ab. Durch Carmin- fiirbung erh~ilt man in diesem Stadium sehr instructive Pr~iparate (Fig. 5). Man sieht nun yore 6. und 7. Tage an mehrere dieser Muskelprimitivzellen, die nach aussen noch keine scharfe Begren- zung besitzen, sich zusammenlagern. Dabei kommen die Kerne sehr oft nebeneinander zu liegen (Fig. 6). Es tritt mit der weitern Ausbildung des Saumes quergestreifter Substanz eine Zweitheilung tier Kerne ein, der eine - - es ist meist der kleinere - - scheint das Licht st~irker zu brechen. An ihm ist das Kernkiirperchen immer sp~iter zu erkennen, als am andern. Es haben sich nun am 8. Tage 5, 6 und mehr solcher Muskelprimitivzellefi mit einander vereinigt. Nur selten lassen diese Zellencomplexe an einem oder dem andern Pol durch ein Auseinanderweichen der Zellen ihre Entstehung er- kennen. Die Muskelprimitivzellen sind fest miteinander dutch fein- kiirniges Protoplasma verkittet; zwischen ihnen finder sich die bei- den Kernsorten, die griisseren in gr6sserer hnzahl und regelm~issiger, in ein oder zwei Reihen geordnet (Fig. 7, 8). Wiihrend am 6. Tage die L~nge etwa zwischen 0,15 bis 0,25 Mm. schwankte, hat sie am 11. Tage, veto Beginn der Furchung an gerechnet, schon bis 0,3 Mm. zugenommen. Die Breite der Zellen betr~igt am 6. Tage etwa 0,010 Mm., am 11. Tage 0,12 Mm.; die Breite der quergestreiften Substanz hat yore 6. Tage yon 0,001 Mm. um das Doppelte zuge- nommen. Wahrend die Hauptmasse der Muskeln sich in diesem Stadium befindet, finden sich dazwischen noch Zellen der frii- heren Stadien. Die Kerne, die in diesem Muskelprimitivzellencom- plex liegen, sind yon einem Hofe kiirnigen Protoplasmas umgeben. Ich betrachte diesen Zellencomplex als die Muskelfaser oder das Muskelprimitivbiindel der Autoren. Vom 15. Tage an gelingt die

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Isolirung der einzelnen Primitivzellen nur mit Hiilfe von Reagentien und der Zerreissung eines Theils der Muskelfaser. An der ~tussern Oberfi~che des Muskelb~lndels findet sich ein Theil der kleineren Zellen, die sich bei der friiher erw~ihnten Zelltheilung gebildet haben. Untersucht man in diesem Stadium das Muskelbtindel mit st~irker eingreifenden Reagentien -- besonders eignet sich hiezu Kalilauge - - s o l~isst sich das Vorhandensein eines Sarkolemmaschlauches, der an beiden Polen in eine feingestreifte, ungemein zierliche Sehne iibergeht, mit absoluter Sicherheit nachweisen. Das Sarkolemm ist zu dieser Zeit noch sehr dfinn und st~irkeren Reagentien gegeniiber nicht sehr widerstandsf~thig. Ein Theil dieser eben erw~ihnten klei- neren Zellen scheint in dem Sarkolemmaschlauch zu liegen. Ich schreibe diesen geUen den griissten Antheil an der Bildung des Sarkolemmaschlauches zu, indem das fr~iher in ihrer Umgebung befindliche Protoplasma durch Erhiirtung in eine Cuticularsubstanz, als welche ich das Sarkolemm betrachte, tibergegangen ist. Die Querstreifung, die sich immer mehr verbreitet hat, durchzieht nun in breiten Biindern, an denen die K ra u s e'sche Zwischenmembran deutlich zu sehen ist, yon einander durch die gr/issern Bildungs- zellen und das in ihrer Umgebung angesammelte Protoplasma ge- trennt. Nach 20 Tagen sind die Muskelbiindel 0,015 Mm. his 0,03 Mm. breit. Ihre L~inge betriigt 0,45 his 0,55. Frisch unter- sucht sieht man in diesem Stadium in der quergestreiften Substanz nur die Kerne der Muskelbildungszellen, die den Muskelkiirperchen der Autoren entsprechen; eine scharfe Abgrenzung der Muskelpri- mitivzellen ist nur schwer zu erkennen; obgleich man, wenn man mit starken Systemen arbeitet, ganz gut die oben geschilderte Structur erkennen kann. Reagentien, besonders Salzliisungen, wie die yon mir oben angegebene, geben sehr sch~ine Bilder. Betrachtet man in diesem Stadium etwa am 20. oder 21. Tage ein frisches Muskel- btindel, welches man so wenig als miiglich insultirt hat, so sieht man (Fig. 7 und 8) an der Peripherie eine hellgl~nzende, dabei oft unregelm~ssig geformte, mit sp~rtichen K(irnchen durchsetzte Kern- masse liegen, huch bei Zerzupfungspr'~iparaten erh~ilt man dieselben Bilder und sieht man dann an der SteUe, wo diese hellgliinzende Masse dem Muskelbiindel anliegt, im Innern zwischen den einzelnen Biindern quergestreifter Substanz mehrere der fr[lher erwiihnten, kleinen und hellgl~nzenden Kerne, die sich bei der Theilung der Kerne der Muskelprimitivzellen gebildet hatten, liegen. Die aussen

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454 Ernst Calberla:

anliegenden, hellglanzenden Massen sieht man /)fters (Fig. 9) in Verbindung mit feinen Nervenfasern. Meist ist die Stelle, wo die- selben den Muskeln anlagern, feiner granulirt, als der iibrige Theil. Diese hellgl~inzenden Massen, die aussen dem Muskel anliegen, kann man schon yore 14. Tage an beobachten, allein die optischen Differenzen sind zu dieser Zeit so gering, dass ihre feineren Ver- hiiltnisse sich ganz der Beobachtung entziehen. Ueber die Bildung der Sehnen kann ich nur das Eine anfiihren, dass etwa yore 10. Tage an die Enden der Muskelprimitivzellencomplexe in ein feines, kurzes F/idchen auslaufen, das nach und nach breiter wird, und dabei eine feine L~ngsstreifung zeigt. Ich vedasse hier die Muskelentwicklung und gehe zur Besprechung der Nervenentwiek- lung (iber. Die mehrfach erwahnten hellen Massen, die mit Nerven zusammenh/ingen, werde ich am Schlusse eingehender noch be- sprechen. Betrachtet man den Sehwanztheil einer eben aus dem Ei geschlapften Larve (es gesehieht dies meist am 4. oder 5. Tage), so sieht man, wenn man sie frisch in tote unter das Mikroscop bringt, die erste Anlage der hellgl/tnzenden Chorda, umgeben yon Pigment- zellen, daneben ein schmaler Saum gallertartiger Substanz, in dec sich wenige kleinere vielstrahlige Zellen zu bilden scheinen. Die Oberfiiiche ist mit einer Lage polygonaler, sehr weicher, mit feinem Pigment angefiillter Zellen bedeckt. Ein grosser Theil dieser Zellen besitzt Wimpern. Meist liisst sich diese Schicht schwer abtrennen. Legt man es dagegen nur wenige Stunden in eine Macerationsfitissig- keit, so liisst sich diese ~iussere Zellschicht leicht abliisen. Man findet dann unter ihr die erwithnte gallertige Substanz mit den sp~irlicheu vielstrahligen Zellen. Vom 10. oder 14. Tage an braucht man die iiussere Zellschicht nicht mehr abzul(isen, sie ist dttnner geworden uud l~tsst eine direkte Untersuchung des darunter- liegenden Gewebes im lebenden Zustande der Larve mit grosser Leichtigkeit zu. Man sieht dann in der gallertartigen Grundsub- stanz die Bildung yon Blut- und Lymphgef~issen, dazwisehen eine ungemeine hnzahl der nun griisser gewordenen, hellgliinzenden, viel- strahligen Zellen, die zum Theil dutch ihre Protoplasmafortsiitze mit einander zusammenh~ingen. Bald bemerkt man, dass einzelne dieser mit einander zusammenh~ingenden Zellen einen Theil ihrer Forts~itze verschwinden lassen (Fig. 10). Dabei werden sie hell- gl~tnzender und erhalten an der Peripherie eine sch~irfere Begrenzung. Man sieht nun ferner, dass in dem Gewebe neben der Chorda feine,

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Entwicld. d. quergestr. Muskeln u. Nelwen d. Amphibien u. Reptilien. 455

helle F~serchen auftreten, die sich mit den in der eben erw~thnten Weise differenzirteu Zellen verbinden. Diese feinen Fiiserchen ent- springen yon dem Centralnervensystem. Die Zellen verlieren sehr schnell ihre GrSsse, dagegen werden die verbindenden Fasern breiter. In den ZeUen kommt es nach und nach -- man kann die einzelnen Stadien sehr gut verfolgen -- zur Bildung eines Kernes (Fig. 11). Oft sieht man in der Zelle, dass die Bildung des Kerns nur in der halbert Peripherie stattgefunden hat. Sind die Kerne abgeschlossen, so erhalten sie eine feine Granulirung, wodurch sie sich scharfer yon dem iibrigen Zellinhalt abheben. Es haben sich also die yore Centrum ausgewachsenen Nervenfasern mit ursprt~nglich den Binde- gewebszellen gleichwerthigen Zellen verbunden und diese sind an Ort und Stelle in Nervenfasern umgewandelt worden. Betrachtet man Larven yon etwa 25--30 Tagen, so sieht man, dass die Zahl der Knotenpunkte, die den ehemaligen Nervenbildungszellen ent- sprechen, yore Centrum nach der Peripherie zugenommen hat. Es haben sich zahlreiche Anastomosen der einzelnen Zellfasern gebildet. An tier Peripherie einiger Nervenbildungszellen finden sich kleine, runde PigmentkSrnehen, die eine lebhafte Bewegung zeigen. Auch die Zellsubstanz der Nervenbildungszelle scheint noch formveriinde- rungsf~hig zu sein. Man sieht oft, selbst in ktirzerer Zeit, dass die frfiher runde Zellmasse in eine der gabeligen Theilung entsprechende dreieckige Form iibergegangen ist. Die Ausl~tufer der am meisten periphcr gelegenen Zellen scheinen sich zwischen den Epidermis- zellen zu verlieren. Nie konnte ich einen Zusammenhang dieser Endfasern mit den genannten Zellen, wie Hensen (l. c.) es be- sehreibt, finden, huch die vollkommensten Isolirungen gaben mir immer Bilder, die im Widerspmch zu denen yon H e n s e n stehen. Bringt man einen Embryo des genannten Alters, in Fliesspapier eingewickelt, den Schwanz auf einem Objecttrager mit einem Deekel- glas bedeekt, in die feuchte Kammer, so bleibt das Thier einige Stunden am Leben. Bringt man nun nach etwa 3--4 Stunden das Objekt unter das Mikroskop, so sieht man, dass an den gescbil- derten Nervenfasern, besonders in der Umgebung der Kerne sich ungemein zierliche Varicosifiiten gebildet haben (Fig. 12). Dieselben haben ganz das hussehen zusammengelaufenen Nervenmarkes, ob- gleich ihre Lichtbrechung noch nicht sehr intensiv ist. Vergleicht man Embryonen verschiedenen Alters, die auf dieselbe Weise be- handelt sind, miteinander, so findet man, dass mit dem Alter des

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456 E r n s t C a l b e r l a :

Embryo auch die St~rke der Lichtbrechung zunimmt. Wir haben es hier mit der Bildung der Markscheide zu thun. Meist findet sich dieses sich bildende Nervenmark, wean es zu den TrSpfehen und Kagelehen zusammenliiuft, nicht blos in der Umgebung des Kernes der Nervenbildungszelle. Es finden sich diese Marktropfen auch in der Richtung auf die n~chste Zelle hin, doeh hie mit dem Nervenmark der andern Zelle vereinigt. Es muss ein Wi- derstand, eine Einsehnttrung vorhanden sein, die das Zusammen- fliessen verhindert. Das Ganze sieht aus, wie die Einschniirung am Nerven des ausgewachsenen Thieres, wie Ranv i e r (1. c.), sowie Key und Re t z i u s (1. c.) sic abbilden. Dabei erkennt man an diesen eingesehnarten Stellen eine seh~trfere Abgrenzung nach Aussen. Es hat sieh die ~ussere Zellsehicht incl. dem gebildeten Kern in die S e h w a n n'sehe Scheide umgewandelt. Bei so behandelten Objekten kann man dana auch sehr gut das Vorhandensein eines Axencylin- ders eonstatiren. Ob nun der Axeneylinder dureh centrifugales Aus- waehsen in die yon mir als Nervenbildungszellen bezeiehneten Zellen zur Peripherie gelangt ist oder ob er sich an Ort und Stelle gebildet hat, ist schwer zu entscheiden. Ich pflichte der letzten Anschauung bei, gest{itzt darauf, dass es sich ganz evident nachweisen lasst, class zu derselben Zeit, wo die feine, centrifugal auswachsende Faser sich mit den peripher gelegenen Zellen verbindet, die letzteren sehon unter einander verbunden sind. Meine Ansicht fiber die Bildung der peripheren Zellen geht, wie aus dem Dargestellten ersiehtlich ist, darauf hinaus, dass ich reich fiir eine Entstehung des Nerven an Ort und Stelle in Verbindung mit einem Zusammentreten eines Ausl~iufers yore Centralorgan ausspreehe.

Ieh wende reich nun zu dem MuskelMndel, das ich verlassen habe bei der Besprechung der hellen, mit den Nerven in Verbin- dung stehenden, an der Aussenseite des Muskels sich befindlichen Masse. Ieh stehe nicht an, dieselbe mit dem im Innern des Muskels gelagerten, hellgliinzenden Kerne, dessen Entstehung und Lage ich oben gesehildert habe, als die Anlage der Endigung des Nerven im Muskel zu bezeiehnen. Es spricht daf~ir einmal ihr Zusammenhang mit peripherisehen Nerven; ferner, untersucht man etwas ~iltere Larven yon Tritonen und besonders yon Salamandra maeulosa, so sieht man Folgendes: hier sind dana im Innern des Muskels nur

ein oder zwei Kerne gelagert, entsprechend der geringen Breite des Muskels, und geht hier (Fig. 13) yon der aussen gelegenen hellen

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Entwickl. d. quergestr. Muskeln u. l~Ierven d. Amphibien u. Reptilien. 457

Masse ein Fortsatz bis zu einem dieser Kerne und tiber diesen hinaus in die Muskelsubstanz. Es ist dies ein Verhalten der Ner- venendigung, wie ich sic frtiher (1. c.) ftir dag erwachgene Thier ge- schildert habe. Je miter eine Larve ist, desto mehr verkleinert sich (lie aussen am Muskel gelegene Substanz. In derselben treten (Fig. 14) yore 40. Tage an ein oder zwei Kerne auf, die gich durch nichtg yon den beim erwachsenen Thier an derselben Stelle befind- lichen Kernen unterscheiden.

Wag die Verh~ltnisse der Muskel- und Nervenentwickhng bei den Ophidiern betrifft, so finder sich kein fundamentaler Unterschied yon dem, wie ich sie von den Amphibien geschildert habe. Vor- wiegend liegt der Unterschied einmal in den Griigsenverh~iltnissen - - die Muskelfasern sind welt schmMer, (lie Kerne welt kleiner, als sie gich hei den Amphibien finden - - , doch erfolgt die Bildung auf die niimliche Art und Weise. Die Kerne liegen in den ersten Sta- dien his zu 4 Wochen in der Mitte des Muskelgliedeg, nur einzelne in der Peripherie. Einige der letztern, die sehr klein, abet hell- gliinzend sind, finden sich an einem Punkt der Peripherie vereinigt, an dieser Stelle liegt aussen wieder eine hellgl~tnzende, mit peripher verlaufenden Nerven zusammenh~ingende Masse. Ich konnte bei mehreren meiner Embryonen beobachten, class in dieger Masse eine Anzahl yon Kernen sich zu differenziren gchien. Wir haben also hier das Nervenende im Muskel, den :Nervenhtigel in seiner ersten Bildung vor uns, und erkl~rt sich in der Verschiedenheit tier Ner- venendigung bei den Reptilien yon denen der Amphibien die, wenn auch geringe, so doch vorhandene Differenz in der Muskel- und intramuskuliiren Nervenentwicklung (Fig. 17).

Ich lasse also die Muskelfaser der genannten Thiere gich aug einer Summe Yon Mugkelbildungszellen (Primitivzellen), in denen gich eine Anzahl feinster Fibrillen ausscheidet, zusammensetzen. Die Kerne der Muskelbildungszellen, die sich theilen, stellen eines- theils -- es sind dies die griisseren - - die MuskelkSrperchen dar und entspricht dann ein Kern einer hnzahl Fibrillen; anderntheils

- - es sind dies die kleineren hellgliinzenden -- stehen sie einmal in Beziehung zur Sarkolemmabildung, und zweitens stellen sie mit dem sie umgebenden Protoplagma alas Bildunggmaterial des intra- muskul~tren :Nervenendes dar. Dasselbe entwickelt sich auch an Oft und Stelle und tritt jedenfalls vor Bildung des Sarkolemma- gchlaucheg mit dem extramuskuliiren Nervenende in Verbindung.

Axchiv f. mikrosk , Anatomie. Bd. 1L 31

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458 E r n s t C a l b e r l a : Entwickl. d. quergestr. Muskeln u, Nerven etc.

Erkl3trung der Abbildungen auf Tafel XXIII u. XXIV.

Fig. 1.

Fig. 2. Fig. 3. Fig, 4. Fig. 5.

Fig. 6.

Fig. 7.

Fig. 8.

Fig. 9.

Fig. 10.

Fig. 11.

Fig. 12.

Fig. 13.

Fig. 14.

Furehungszellen zu einem Balken angeordnet. Erste Anlage der Muskelprimitivzellen. Erste Anlsge der Muskelprimitivzellen. a, Kern mit KernkSrperchen. Erstes Stadium der sieh bildenden quergestreiften Masse. Zweites Stadium. Zwel FibriUen neben einander abgelagert. Muskelprimitivzelle mit sehr deutlich quergestreifter Masse. (Krause'- sche Zwischenmembran.) Aneinandergelagerte Muskelprimitivzellen. (Figur 1 bis 6 sind bei Immersion 10. Ocular 3 (Hartnack) gezeichnet.) Muskelfaser, an der man noch sebr gut ihre Zusammensetzung aus Muskelprimitivzellen erkennt, a. Muskelkern. b. DiG kleineren Kerne, die bei der Theilung der Kerne der Muskelprlmitivzelle entstanden sind. c. Die aussen angelagerte Masse, aus der sich das Nervenende differenzirt. Objectiv 9 (mit Correction), Ocular 3. Alle Abbildungen 1--7 yon Rana eseulenta. Muskelfaser eines Embryo yon Coronella laevls (4. Woche). Bezeich- nung wie in Fig. 7. VergrSsserung wie Fig. 7. Muskel yon Bombinator igneus (4. Woche) mit herantretenden Nerven, 0bjectiv 8. Ocular 3. (Hartnaek.) Entwieklung derNerven im Froschlarvensehwanze. a. Epithelzellen. b. BindegewebskSrperchen. c. Beginnende Differenzirung des Kerns in den Nervenbildungszellen. d. Centrales Ende. Immersion 10. Ocular 2. Entwicklung der Nerven im Froschlarvenschwanz. a. Pigmentzelle. b. Kern der Nerven. e. Nervenendig~ng am Muskel. Obj. 9 (mit Correction). Oeul. 1. Nerv nach Aufbewahrung in der feuchten Kammer. b. Kern des Nerven. Obj. 9. Oeul. 1. Nervenendigung im Muskel einer ~lteren Larve yon Triton eristratus. a. Eintrittsstelle des Nerven in den Muskel. Dasselbe wie Fig. 13. Fig. 13 und 14 sind bei Immersion 10. Ocular 3, gezeiehnet.

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