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STUDIEN UBER DIE POLARITAT DER LARVEN DER KALKSCHWAMME von JOSEF SPEK (Heidelberg) (Aus der Zoologischen Station zu Neapel und dem Institut fiir: Meeresbiologie in Rovigno) Mit Tafel I und 5 Figuren im Text Eingegangen am 9. Februar 1938 Durch Untersuchungš der letzten Jahroe konnte schon fiir eine groBe Zahl von Tieren aus fast allen Klassen des Tierreichs gezeigt werden, dal~ die stofflichen Differenzen der verschiedenen Bezirke ihrer Embryonen dureh gesetzm/~Bige Stoffwanderungen zustande kommen, die sich in den meisten Fs schon innerhalb der ungeteilten Eizelle abspielen, in vielzellig gewordenen Keimen aber in et-was anderer Form aueh von Zelle zu Zelle erf01gen k6nnen2). Die Wanderungen sind, wie sch0n friiher ausfiihrlieh dargelegt wurde, jedenf~lls ein elektrisches Ph/~nomen, denn es wandern mit einer geradezu imposanten Ausnahmslosigkeit jeweils alkalisch und sauerreagierende Plasmateiichen (die ihrer Reaktion entsprechend jedenfalls entgegengesetzte Ladung haben) n~eh zwei gegeniiberliegendoe Punkten oder Fl~ehen des Keimes. Hatdie Sonde- rung der Plasmasubstanzen auf diese Weise einen gewissen Grad erreicht, so 1/~13t sie sich m› sehr leicht durch Vitalf/trbung des Keimes mit pH-Indi- katoren nachweisen. Diese Vitalf/s liefern, da der Indikator anden beiden Polen entgegengesetzten Farbton annimmt, prachtvolle zweifarbige Bilder, die das Prinzip des ganzen Sonderungsprozesses trotz der aul3erordentlich ver- schiedenen Objekte in schematisch einfacher und gerade dadureh um so iiber- zeugenderer Form zeigen. Entwicklungsmeehanisch liegt die ~Bedeutung dieser Befunde darin, dal3 sie uns lehren, dal3 auf diese Weise morphologische Polarit/s aus physio!ogischer (auf physikalisch-chemischen Ph/s beruhender) Polarit/~t zustande kommen kann. Natiirlich sol] damit nieht gesagt sein, dag jede der auseinanderwandernden Eisubstanzen fiir das Schieksal der differenten Eibezirke bestimmend sein roui3. Bel meinen Untersuchungen iiber die Entstehung der Polarit/~t tieriseher Keime (bzw. der Organanlagen derselben) h” ich schon aus dem Grunde mein Augenmerk sehon seit langem auch auf die Entwieklungsstadien der Schw/s gerichtet, weil bei vielen Arten der Keim schon auf dem Blastula- stadium eine sehr scharf ausgepr/tgte morphologische Polarit/~t aufweist, von der anzunehmen war, dal3 sie sich direkt von der Sonderung der Stoffe im Ei z) Siehe bes. J. Spek, 1930, 1933, 1934 a und b. 2) Siehe bes. E. Arnold, 1938.

Studien über die Polarität der Larven der kalkschwämme

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STUDIEN UBER DIE POLARITAT DER LARVEN DER KALKSCHWAMME

von JOSEF SPEK (Heidelberg) (Aus der Zoologischen Station zu Neapel und dem Institut fiir: Meeresbiologie in Rovigno)

Mit Tafel I und 5 Figuren im Text

Eingegangen am 9. Februar 1938

Durch Untersuchungš der letzten Jahrœ konnte schon fiir e ine groBe Zahl von Tieren aus fast allen Klassen des Tierreichs gezeigt werden, dal~ die stofflichen Differenzen der verschiedenen Bezirke ihrer Embryonen dureh gesetzm/~Bige Stoffwanderungen zustande kommen, die sich in den meisten Fs schon innerhalb der ungeteilten Eizelle abspielen, in vielzellig gewordenen Keimen aber in et-was anderer Form aueh von Zelle zu Zelle erf01gen k6nnen2). Die Wanderungen sind, wie sch0n friiher ausfiihrlieh dargelegt wurde, jedenf~lls ein elektrisches Ph/~nomen, denn es wandern mit einer geradezu imposanten Ausnahmslosigkeit jeweils alkalisch und sauerreagierende Plasmateiichen (die ihrer Reaktion entsprechend jedenfalls entgegengesetzte Ladung haben) n~eh zwei gegeniiberliegendœ Punkten oder Fl~ehen des Keimes. H a t d i e Sonde- rung der Plasmasubstanzen auf diese Weise einen gewissen Grad erreicht, so 1/~13t sie sich m› sehr leicht durch Vitalf/trbung des Keimes mit pH-Indi- katoren nachweisen. Diese Vitalf/s liefern, da der Indikator anden beiden Polen entgegengesetzten Farbton annimmt, prachtvolle zweifarbige Bilder, die das Prinzip des ganzen Sonderungsprozesses trotz der aul3erordentlich ver- schiedenen Objekte in schematisch einfacher und gerade dadureh um so iiber- zeugenderer Form zeigen. Entwicklungsmeehanisch liegt die ~Bedeutung dieser Befunde darin, dal3 sie uns lehren, dal3 auf diese Weise morphologische Polarit/s aus physio!ogischer (auf physikalisch-chemischen Ph/s beruhender) Polarit/~t zustande kommen kann. Natiirlich sol] damit nieht gesagt sein, dag jede der auseinanderwandernden Eisubstanzen fiir das Schieksal der differenten Eibezirke bestimmend sein roui3.

Bel meinen Untersuchungen iiber die Entstehung der Polarit/~t tieriseher Keime (bzw. der Organanlagen derselben) h” ich schon aus dem Grunde mein Augenmerk sehon seit langem auch auf die Entwieklungsstadien der Schw/s gerichtet, weil bei vielen Arten der Keim schon auf dem Blastula- stadium eine sehr scharf ausgepr/tgte morphologische Polarit/~t aufweist, von der anzunehmen war, dal3 sie sich direkt von der Sonderung der Stoffe im Ei

z) Siehe bes. J. Spek, 1930, 1933, 1934 a und b. 2) Siehe bes. E. Arnold, 1938.

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ableitet. Au~erdem bieten diese Objekte den Vorteil, dal3 bei ihnen mit der Polariti~~ der Gastrula auch Schon die Grundlage zu der Polariti~t des fertigen Sehwammk6rpers gegeben ist.

Die Ergebnisse der Untersuchung haben gezeigt, daB die Entwicklungs- stadien der Schw~mme auch noch aus manchen anderen Grfinden ein ffir den Entwicklungsmechaniker und den Zellphysiologen in gleichem MaBe wichtiges Material sind, und es hat sich sogar ergeben, daB man an einem bestimmten Stadium ein Ph~nomen zu sehen bekommt, welches man bis jetzt iiberhaupt noch nicht gekannt hat, eine Umkehrung der physiologischen Polarit~t w~thrend der Entwicklung.

DaB ich mich bel meinen Untersuchungen auf die Kalksehwi~mme be- schrs habe, war nur durch die Ungunst der Umst~nde geboten, in der Haupt- sache dadurch, da~ die Arten von Kiesel- und Hornschw~mmen, welche mich besonders interessierten, w~hrend meines Aufenthaltes an den beiden Stationen nicht geschlechtsreif waren. Schon vom Standpunkt der Methodik scheint mir sehr beachtenswert, dal3 manche Kieselschw~mme gewaltige Mengen von Eiern produzieren (unvergleichlich mehr als etwa ein kleiner Sycon), dal3 an@re sehr grol3e (einen oder sogar mehrere Millimeter lange) Larven haben, und dal3 es Hornschw~mme gibt, die - - wie z: B. A p l y s i n a - - ein Pigment in ihren Zellen produzieren, welches ein leicht umschlagender pH-Indikator ist, noch dazu ein Indikator, dessen Umschlagspunkt gerade innerhalb des physiologischen pH- Bereiches liegtl). Andererseits werden wir sehen, dal3 d ie Ergebnisse dieser Arbeit die alten Streitfragen, wie die auff~llig verschiedenen Typen von Schwammlarven und ihre Polarit~t zu deuten sind, in neuem Licht erscheinen lassen, da aus ihnen hervorgeht, dal3 jene Fragen auch eine sehr interessante physiologische Seite haben. Auch hieraus ergibt Sich natfirlich die Notwendigkeit, auch noch die Entwicklung von einer Reihe von anderen Schwammtypen zu untersuchen.

Meine Beobachtungen erstrecken sich bis jetzt nur auf Entwicklungsstadien der beiden Arten Sycandra setosa (Lendenfeld) und die eifSrmige Form von Leucandra aspera (O. Schmidt)2). Die kleine Sycandra setosa ist sowohl in Neapel als auch in Rovigno leicht und in geniigenden Mengen zu erhalten. Die Larven (Amphiblastulen) schw~rmen bei �9 allen Tieren zu gleicher Zeit, und zwar Mitte September aus. Da die Entwicklung sehr langsam fortschreitet, und schon allein die Ver~nderungen des Blastulastadiums drei volle Wochen in Anspruch nehmen, sind An�9 September schon gar keine Tiere mit Furchungsstadien mehr aufzutreiben.

In Rovigno ist kein ergiebiger Fundort ftir Leucandren bekannt. In Neapel ist sowohl die oben erw~hnte einzellebende Leucandra aspera, die ~uflerlich .il_hnlichkeit mit Sycandra raphanus hat, als auch die gelappte Leucandra crambessa (H~ckel), die vielfach blofl als Varietiit von Leuvandra aspera bezeichnet wird, haufig.

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z) Vgl. die Angaben von W. J. Crozier tiber das Pigment der Aplys ina-Arten von den Bermudas: Journ. Biol. Chem. 86, 455 (1918). Das Pigment der Aplysinen der Adria verhalt sich ganz ahnlich.

2) L~I3t man Leucandra ananas (Haeckel) als besondere Art, die besonders dureh relativ kleine Rhabden ausgezeichnet ist, bestehen, dann w~ren die von mir untersuchten Leueandren als L. ananas H. zu bezeichnen, da ihnen dieses Merkmal zukam.

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Bei Leucandra aspera schw~rmen die Larven einen Monat sp~ter aus als bel Sycandra setosa (Mitre Oktober). Die gelappte Leucandra c~umbessa enth~lt in den Herbstmonaten keine reifen Eier oder Larven.

Bis zum Ausschwarmen der Amphiblastulen mfissen die Entwicklungsstadien dureh Zerzupfen der Schwi~mme aus dem MutterkSrper herausgeholt werden. Bei Kalk- und Kieselschwi~mmen ist diese Manipulation leicht und ohne nennenswerte Schiidigung der Eier ~usfiihrbar. Wenn die Amphiblastulen lebhaft beweglich werden (letztes Stadium vor Gastrulation), sammeln sie sich zuerst in groi~en Mengen in der ZentralhShle an. Bel Leucandra aspera kSnnen sie auf diesem Stadium mit Pipetten durch das Osculum leieht herauspipettiert werden.

Eine Anf~rbung der Entwicklungsstadien der Kalkschwi~mme ist mit vielen vital- f~rbenden Indikatoren leicht zu erreichen, wenn man Spuren der verdiinnten FarblOsungen dem Seewasser zusetzt (Teehnik s. bel J. Spek ]933; Protoplasma 18, S. 500ff.). Schon nach wenigen Stunden erscheinen bei Zusatz der unten angefiihrten Farbstoffe die Larven Und ebenso auch die jiingeren Stadien intensiv gefi~rbt, ohne dal3 das ihre Vitaliti~t merkbar beeintr~chtigt. Man kann die F~rbung natiirlich auch an jedem beliebigen Punkt unter- brechen. Nur einer von den untersuchten Farbstoffen, n~mlieh Kresyleehtviolett, welches sonst von marinen Objekten gut vertragen wird, erwies sich bel den Kalkschw~mmen als ziemlich giftig.

Die Ergebnisse dieser Arbeit legten es mir nahe, zur genaueren Ermittelung der Per- meabilit~tsverh~ltnisse, der Bedeutung bestimmter Ionen fiir die Aufladung von Zellgrenz- flachen, des v› Verhaltens von sauren und alkalischen Zellkolloiden gegen Elek- trolyte und verwandter Protoplasmafragen Serienversuche mit SalzlSsungen anzustellen. Fiir solche besteht insofern eine methodische Schwierigkeit, als die Keime bis zum Blastula- stadium II (s. unten) in dem MutterkSrper, und zwar in Hohlr~umen des Bindegewebes liegen, welehe ja jedenfalls aueh organische Substanzen enthalten. Eine Uberftihrung der Larven in reines Seewasser ohne organische Substanzen verursacht eine Ver• der Oberfl~ehen, welche auf gewissen Stadien in auffi~lliger Weise in Erscheinung tritt. Dieser Umstand macht aueh einen exakten Verg]eieh vom salzphysiologischen Verhalten von Blastulastadium I und II zun~chst unm6glieh. Mein Material reiehte leider nicht aus, um nach dieser Richtung weiter ausholende Versuche in AngriIf zu nehmen.

Vital�8 an Entwicklungsstadien von S y c a n d r a setosa

I n dieser Publ ika t ion m6chte ich mich im wesentlichen auf eine Beschreibung der vi talgef~rbten Blastula- und Gast rulas tadien und der Ausbi ldung der defini- t iven Schwammk6rper beschr~nken. Zum S tud ium der Vorg/s nach der Befruchtung und w/~hrend der Fu rchung s tand mir noch nicht geniigend Material zur Verffigung. Trotzdem ich nach den Erfahrungen meiner ersten Arbeits- periode in Neapel (im Herbst 1936) im folgenden Jahr einige Wochen friiher an das Mittelmeer (diesmal nach Rovigno) fuhr, war die Furchung der Eier von Sycandra setosa schon vorbei. Nur ganz selten fand ich noch einige Nachziigler. Eine Vitalfis dieser Stadien etwa mi t Bri l lantkresylviolet t ergab, dal3 die bipolare Differenzierung des Schwammeies auf dem 16-Zetlenstadium schon scharf ausgepri~gt ist und zu einer Substanzver te i lung fiihrt, wie wir sic schon von vielen anderen Tieren kennen. Der grSl~te Teil des Keimes n i m m t in Bri l lant- kresylviolet t blaue Farbe an, nu r die K a p p e n der Blastomeren am sp/~teren Ektodermpol , welche d a n n an diesem Ende des Keimes alsbald einen Kranz

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besonderer, mit stark gef/~rbten Tropfen erfiillter Zellen liefernl), sind karminrot gef/s Die b laue Farbe entspricht einer saureren Reaktion, die rosarote einer alkalischen. Ovarialeier anderer Schw/s zeigten jeweils eine ganz gleich- m/~Bige Verteilung des Zellinhaltes, und wenn sich, wie bei manchen R e n i e r e n ,

m i t einigen Indikatoren (wie bœ Kresylechtviolett) auch schon ara unge- teilten Ei sowohl eine Anf/~rbung der alkalischen, als auch eine solche der sauren Zellsubstanzen erreichen 1/iBt, dann ergibt sieh im besondern auch, dal3 die beiden Kategorien von Zellsubstanzen innig miteinander vermengt und jedenfalls noch nirgends polar angereichert sind. So ist es wahrscheinlich, daB auch bel den Schw/~mmen die bipolare Differenzierung wie bei den allermeisten Tieren naeh der Reifung bzw. Befruehtung einsetzt, aber diese Frage kann ich noch nieht beantworten, da ich noch keine Tiere mit frischbefruehteten Eiern erhalten habe. Unbeantwortet mu{~ vorl/~ufig auch noch die ffir unsere Betrachtungen nicht unwesentliche Frage bleiben, wiœ die Lagebeziehungen zwisehen Richtungs- kSrperpol und dem Pol mit den alkalisehen Zellen sind, Die frfiheren Autoren konnten sie auf Grund des konservierten und des lebenden, aber nicht vital- gef/~rbten Materials noch nicht 15sen, da bei dieser Betrachtungsweise an den jfingeren Stadien keinerlei sichere Marken zur Ermittelung ihrer Polarit/~t erkannt werden konnten, u n d Reifung und /~ltere Stadien der Furchung zeitlich ja weit auseinanderliœ Eine Weiterzfichtung der aus dem MutterkSrper heraus- geholten jungœ Stadien ist nicht gelungen. Die Bezeichnung ,,animaler" und ,,vegetativer Pol" werden in den alten Arbeiten iiber die Entwicklungsgeschichte der Sehw/~mme ganz willkiirlieh bald im einen, bald im entgegengesetzten Sinne gebraueht, indem bald der beim Schwimmen nach vorne geriehtete Pol der Larve, bald die das Ektoderm q- Mesenchym liefernden Zellen als ,,animal" bezeichnet werden.

An der w/ihrend der Furchung schon deutlich zutage tretenden Differen- zierung des Keimes /s sich bis zum Ende der ersten Etappe des Blastula- stadiums nichts Wesentliches. Die Verteilung der Substanzen bleibt die gleiehe, nur tr i t t sie bald noch seh~rfer hervor. Zu B e g i n n des B l a s t u l a s t a d i u m s besteht der Keim (vgl. Fig. 1, Taf. I) aus zwei Gruppen von Zellen: einer stark gew61bten Kuppel, welehe aus langgestreckten, s/~ulenf6rmigen Zellen aufgebaut ist, die lest zu einem hohen Zylinderepithel zusammengefiigt sind und an ihrer Aul~enfl/~che lange, zarte Flimmerhaare tragen, und einem Haufen von lose zusammengefiigten, mehr oder weniger kugelfSrmigen Zœ welche sich an der Basis der Kuppel zusammendr/~ngen. Die langgestreckte Gestalt der Flimmer- zellen riihrt z.T. noch von der eigenartigen Keil�9 der ersten Blastomeren her, wird aber dann nachher erst durch die gegenseitige Abplattung so ausgepr/~gt. Im Innern der Kuppel der Geil~elzellen ist eine ger/~umige HShle. entstanden.

GrSbere Dotterschollen sind in den Zellen nicht vorhanden. In den Flimmerzellen ist nur noeh hyalines Protoplasma ~) und eine groBe Menge kleiner

1) Vgl. die Figuren 12--16 auf Tafel XX der alten Arbeit von F. E. Schulze von 1875. 2) Bei den Neapeler Sycandren kam diese Homogenitat der AuBenzone der GeiBel.

zellen sekundar durch Verquellung und Aufl6sung von sauren, schollenfSrmigen K6rpern unter der AuBenfi~che der Zellen zustande.

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br~unlich-grauer Granulen zu sehen. Diese beiden Komponenten des Zellinhalts sondern sich immer sch~rfer in dem Sinne, dal] die hyalinen Substanzen naeh der Aul]enfl~tche der Kuppel wandern, die Gr~nula dagegen nach dem Blastocoel.

Die kugeligen Zellen des unbewimperten Poles enthalten zatilreiche ziemlich stark lichtbrechende TrSpfchen, die gr5l]er sind als die Granula der Geil]elzellen.

Vom friihesten Stadium der Blastula a n konnten nun auch Serien von Vitalf~rbungen mit einer Reihe von Indikatoren ausgeffihrt werden. Das liieken- loseste Bild von all den stoffliehen Ver~nderungen bei der weiteren Entwicklung erh~lt man dureh F~rbungen mit Brillantkresylviolett, welches ich ja aueh bei friiheren Untersuchungen oft verwendet habe. Die Befunde mit diesem iarbstoff seien daher schon aus diesem Grunde hier vorangestell t. Auf die Frage der Bewertung der F~rbungen und auf einen Vergleich mit F~rbungen mit anderen Indikatoren gehe ich an sp~terer Stelle ein.

Eine F~trbung der beschriebenen jungen Blastulastadien mit B r i l l a n t - k r e s y l v i o l e t t liefert noch ungef~hr das gleiche Bild wie ~uf den Furchungs- stadien, nur t r i t t die Verschiedenfarbigkeit der beiden H~lften jetzt noch sch~rfer hervor. Die Hauptmasse der sauren sich blau anf~rbenden Substanzen ist, wie Fig. 1, Taf. I zeigt, in die Geigelzellen gelangt. Das Plasma der Kugelzellen dagegen zeigt einen zarten rosavioletten Farbton. Die Tr6pfchen besitzen ein ganz spezifisehes F~rbungsvermSgen. Ihr roter Farbton mit nur ganz schwachem Stich ins Violette zeigt alkatische Reaktion an.

Der Sinn der Differenzierung der Geil]elzellen wird uns auf einem etwas s Stadium ohne weiteres klar. Wir wissen von zahlreichen andern Objekten, dal] von innig miteinander gemischten Plasmasubstanzen meist nur eine (oder wenige) bei der Vitalf~trbung den Farbstoff an sich reil]t. Sondern sich aber die Komponenten des Gemisches, so k5nnen sie mit einem MMe alle f~rbbar werden. So ist es nicht erstaunlich, dal3 aueh in den Geil]elzellen unserer Sycandra-Larven die Granulen der Innenseite, wenn ihre Sonderung von den klaren Substanzen des Plasmas ihren H6hepunkt erreicht hat, mit einem MMe die Farbe aueh an- nehmen. Sie f/~rben sieh, wie Fig. 2, Taf. I zeigt, violett. Sie dr~ngen sieh also mit anderen Worten deswegen am inneren Pole der Geil]elzellen zusammœ weil sie alkaliseher sind als die submikroskopiseh gel6sten Substanzen. Diese haben entgegengesetzten Wanderungssinn.

Auf dem der Fig. 2, Taf. I entspreehenden Stadium sieht der oberste Kranz der unbewimperten Zellen etwas anders aus als die iibrigen Zellen dieses Poles. Sie enthalten naeh der BCV-F~rbung aueh mehr violett gef~rbte Granulen, und ihr Grundton seheint blal]graublau zu sein. Diœ Untœ sind aber unauffs und beziigl, der Hyaloplasmaf/~rbung ist eine optisehœ T/~usehung wohl nieht ganz ausgesehlossen, da ja diese Zellen den stark blau gef~rbtœ Flimmerzellen direkt anliegen.

Fig. 2, Taf. I zeigt in allen Einzelheiten das typisehe Bild einer bipolaren Differenzierung, welehes sieh direkt mit der der A n n e l i d e n und P r o s o - b r a n e h i e r vergleiehen l~l]t. (Man drehe zu diesem Vergleieh die Figur um.) Der Haufen der unbewimperten, kugeligen Zellen entsprieht den alkalisehen animalen Zellen diœ Keime, und die langen Geigelzellen den vegetativen

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Zellen derselben. Die FarbtSne des Indikators zeigen, dal3 die bipolare S0nderung der Substanzen nach dem gleichen Prinzip erfolgt ist. Da6 diese Auslegung richtig ist, geht auch daraus hervor, dal3 die kugligen Zellen dann sp~ter das Ektoderm und die GeiI3elzellen das Entoderm liefern. Dal3 man diese Stadien der Schw~mme gegen die sonstige Gewohnheit meist so wie in den Figuren dieser Abhandlung umgekehrt orientiert (mit den animalen Zellen nach unten) abbildet, hat nur deswegen eine gewisse Berechtigung, weil die Larven nach dem Ausschwiirmen mit dem vegetativen Pol nach vorne schwimmen.

B e v o r wir nun die Entwicklung der Syc• weiter verfolgen, mSchte ich noch einige Kontrollversuche, welche ich mit anderen vitalf~rbenden Indikatoren ausgeffihrt habe, erw~hnen. Die Vorzfige, welche F~rbungen mit Brillantkresylviolett bel unserm Objekt habenl), habe ich schon erw~hnt. Dal3 ich diesen Farbstoff bel meinen Vitalf~rbungsstudien auch sonst viel verwendet habe, liegt in erster Linie daran, daB man bel ihm die �9 Farbdifferenzen in den lebenden Zellen leicht und mit Sicherheit erkennen kann, w~hrend die Unterschiede im Farbton der von Rot nach Gelb umschlagenden Indikat0ren beim Vorhandensein geiblicher oder bri~unlicher Granulationen oder Trfibungen in der Ze]le riel weniger iiberzeugend in Erscheinung treten.

Die Substanzen, an denen das Brillantkresylviolett in den Schwamm- larven adsorbiert wird, scheinen vorwiegend Eiwei6kSrper zu sein. Bel einer Anreicherung des Farbstoffes an oder in Lipoiden wfirde sich aber nichts, was fiir die Beurteilung der Verh~ltnisse wesentlich ist, itndern. Wir diirfen nicht vergessen, daB auch die Zellipoide emulsoide (z. T. auch suspensoide) Kolloide sind, deren Dispersionsmittel genau +vie bel den Eiwei6k5rpern W a s s e r ist. Lagert sich ein Farbteilchen einem Lipoidteilchen an, so wird sich die Ver- Knderung, die dem Farbumschlag zugrunde liegt, doch auch hier im umgebenden w~sserigen Dispersionsmittel (evtl. in der Hydratationshfille) abspielen, und selbst wenn der Farbumschlag in grSBeren, wasserfreien Lipoidkomplexen ge- 15st wKre, w~re sein Farbumschlag vom Quantitativen abgesehen nicht anders" zu beurteilen, da Brillantkresylviolett auch in Lipoiden im gleichen Sinne von Blau nach Rot umschl~gt. Der Umschlagspunkt von diesem und verwandten Indikatoren l~13t sich auch in rein w&sserigen Medien nur annKhernd bestimmen, da sich der Umschlag vom sauren nach dem alkalischen Farbton bei schwacher Alkalinit~t sehr langsam vollzieht, also mit anderen Worten noch lange weiter fortschreitet. Aber bel cytologischen Untersuchungen, in denen das Entscheidende die relativen pH-Unterschiede sind, spielt ja das keine a]lzu grol3e Rolle. - - DaB bel einer Adsorption eines langsam umschlagenden Indikators dieser sofort in einer Form bzw. Farbe adsorbiert wird, die dem pH an der OberflKche des Adsorbens entsprechen, ist ein Ph~nomen, welches sich an toten Adsorbentien ira Reagenzglas in gleicher Weise abspielt.

1) E. Ries und M. Gersch erwecken in einer kritischen Betrachtung (Pubb l. Staz. Zool. Napoli 15, 1936, S. 256) den Eindruck, als ob meine Angaben iiber die Eigenschaften von Brillantkresylviolett unmSglich s~immen kSnnen. In Wirklichkeit liegt hier eine Ver- wechselung von zwei in ihren Eigenschaften sehr verschiedenen Farbstoffen vor. Die Autoren publizieren Befunde tiber Brfllantkresylblau und verweisen dazu auf Versuche~ die ich mit. Brillantkresylviolett ausgefiihrt, habe!

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Die Schlul]folgerungen der vorliegenden Arbeit sind von Erw/s iiber die Bewertung der beschriebenen F/s ganz unabh/s da sich die Schwammeier und Larven auch mit anderen Typen von Indika toren vital f/s lasSen, und diese ganz entspreehende Farbdifferenzen liefern. Besonders mit Nilblausulfat B und Bril lantvitalrot wurden sch6ne F/s erhalten. Es sei kurz erw/s dal] die Umschl/s dieser beiden Indikatoren auf ganz ver- $chiedenen Ph/~nomenen beruhen: Aus der tiefblauen sauren oder neutralen LSsung von Nilblausulfat B scheiden sich schon bei sehr schwacher Alkaliniti~t (pl i - - 7,1--7,2) dichte rosaviolette Wolken mikroskopisch sichtbarer Nieder- sehl/~ge aus. Der Farbstoff wird mit anderen Wor ten unlSslich. Da die Aus- scheidung desselben bei Nilblausulfat B eine sehr markante Erscheinung ist, karm sie als , ,Umschlag" gewertet werden. Bei viel hSherer Alkalinit/s ents teht eine klare erdbeerrote L6sung; ob hierbei eine neue Modifikation des Farbstoffes auftri t t , ist nieht untersuchtl) . Die Ausscheidung von Nilblausulfat B in al- kalischen Zellen ha t bisweilen die Form von ganz groben rotviolet ten KSrnchen. Andere alkalische Zellen fis sich diffus violett.

Bril lantvitalrot (Gr i ib le r ) schlis infolge Verschiebung des Ionengleich- gewichtes gerade ira physiologischen pH-Bereich (zwischen p l i 5,5 bis etwa 7,6) allm~hlich von einem tiefen Rosa naeh l~Stlichgelb um.

Die klaren hyalinen S/~ume der Geil~elzellen der Sycandra-Larven werden in N i l b l a u s u l f a t B tiefblau (himmelblau), die Granulen derselben dunkelblau mit einem Stich ins Violette, die Tr6pfehen de r Kugelzellen rotviolett .

I n B r i l l a n t v i t a l r o t werden die hyalinen S/s sattrosa, die Granulen zinnoberrot und die TrSpfehen der Kugelzellen rStlichorange. Die Farbe der l~ands/~ume wollen wir uns mit Hinblick auf die sp/~teren Ver/s be- sonders gut merken.

Nach dem auf S. 356ff. Gesagten sollte man ja nun glauben, dal] die Schwamm- larve, sobald sie den in Fig. 2, Taf. I dargestellten Zustand erreicht hat, zur

1) Andere Nilblausulfat-Pri~parate haben prinzipiell gleiche, aber quantitativ etwas versehiedene Eigenschaften. Bei ihnen erfolgt die Ausscheidung des Farbstoffes bei sehwacher Alkaliniti~t etwas sehwerer und in viel feineren vorwiegend ultramikroskopischen Teilchen, so dag die L6sung zuniichst nur trfibe und graugriin wird. Ira durehfallenden Lieht ist sie immer noeh blau. Ira auffa]lenden Licht dagegen ist nach der Ausseheidung gr6berer Teilehen ein seh6nes griines Tyndall-Lieht zu sehen. L6sungen von ein•m pli unter ca. 7,8 zeigen ira auffallenden Licht nur einen r6tlichen Schimmer. Bel hoher Alkalinit~t entsteht dann auch hier eine klare, erdbeerrote L6sung. Als Umschlag bat man in diesem Fall das Auftreten dieser klaren L6sung, also ein ganz anderes P h a n o m e n als bei N i lb lausu l fa t B betraehtet. Daher kommt es, dai~ fiir Nilblau- sulfat B ein Umschlagspunkt von 7,2. fiir Nilblausulfat A dagegen ein solcher von 10,2 oder noch hSher angegeben wird, trotzdem die Farbstoffe als chemiseh identiseh angegeben werden. Da man auch mit Nilblausulfat A Violettf~rbungen von lebenden Zellen beobachtet hat, hat ein Autor daraus geschlossen, dag in lebenden Zellen ein pli von 10 oder gar 12 vorkommen k6nne, andere haben erkli~rt, dag dieser Befund die ganze kolorimetrische pH- Bestimmung in Zellen ad absurdum ffihre: Beide Schlfisse sind falsch, denn in Nilblau- sulfat A-L6sungen kommen sehon bei pli ~ 7,8 zahUose rotviolette Submikronen vor, die vom Protoplasma nur adsorbiert zu werden brauehen, um dieses violett zu fi~rben.

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Gastrulati0n schreiten miiBte. Aber das ist durchaus nieht der Fall! Meehanisch ist eine Einstiilpung oder auch nur Einbiegung des Entoderms zun~chst des- Wegen nicht mSglich, weil der hyaline l~andsaum immer sti~rker verquillt, wo- dureh sich ja wohl gerade die Augenfl~che des Geigelepithels st~trker ausdehnt, w/~hrend bei einer Einstiilpung gerade das Umgekehrte eintreten miigte. Die zunehmende Aufquellung der Augenh~lIten der GeiBelzellen/~ugert sich in einer Zunahme der Breite der hyalinen Si~ume und in einer auIfi~lligen Aufhellung derselben. Es handelt sich, wie der Vergleich mit einem/~lteren Stadium zeigen wird, jeden�9 um eine Hydratat ion der dort angereicherten Kolloide infolge der (durch Abwanderung der alkalisehen Substanzen) gesteigerten Azidit/~t. Die bewimperte H/~lfte des Keimes kann auf diesem Stadium noeh st/~rker nach augen gekrtimmt, d .h . der hintere Rand des GeiBelepithels noeh st/~rker zu- gezogen, nach dem Innern des Keimes eingebogen sein als auf Fig. 2, Taf. I. Aber ich m6chte auf diese Beobachtung nicht allzu viel Gewicht legen, da die ganzen Larvenk6rper auf diesem Stadium plastisch weich sind und beim Zer- zupfen des Tieres oder beim Aufpipettieren passiv Formver/~nderungen erleiden kSnnen.

In Anbetracht dessen, dal] die trSpfchenhaltigen Zellen des animalen Poles amSboid beweglich sind, k6nnte man erwarten, dag, wenn sich das Ento- derm auf dem Stadium der Fig. 2, Taf. I nicht einstiilpen kann, dann eben die sp/~teren Ektodermzellen wie bei einer epibolischen Gastrulation liber die dicke, sp/~ter entodermale Zellplatte kriechen werden. Aber auch das tritt , trotzdem die Blastula morphologisch ganz ,,fertig" zu sein scheint, nicht ein. Die TrSpfchen- zellen kriechen vielmehr in das B l a s t o c o e l , in das I n n e r e de r d i ck - w a n d i g e n K u p p e l hinein, so dal] das so augerordentlich an eine Gastrula erinnernde Bild der Fig. 3, Taf. I entsteht. Dieses Stadium wurde von manchen Autoren auch P s e u d o g a s t r u l a genannt. Von der Innenfl/~che des Geigel- epithels miissen Stoffe austreten, welche auf am6boidbewegliche Zellen einen starken anziehenden I~eiz ausiiben. Lassen wir die Pseudogastrulen in dem Zellenbrei des zerzupften Schwammes liegen, in dem ]a viele Zellen eine sehr lebha�9 Beweglichkeit entfalten, dann kSnnen wir nach kurzer Zeit feststellen, daB nicht nur die TrSpfchenzellen der Sehwammlarve, sondern auch groBe Ma sse n de r K S r p e r z e l l e n des S c h w a m m e s in das I n n e r e de r K u p p e l h i n e i n g e k r 0 c h e n s ind , bzw. sich, soweit sie in ihr nieht Platz haben, in dicken Klumpen am Kuppeleingang zusammendr~ngen.

Jede Larve kann alsbald eine Masse von solchen irgendwie herbei- gelockten Zellen des SchwammkSrpers tragen, welche ihre eigene Masse um das Mehrfache tibertrifft, und diese Zellklumpen sitzen ausnahmslos dem Kuppel- eingang auf. Die Zellen aus dem SchwammkSrper sind besonders bel Vital- �9 mit Brillantkresylviolett von den TrSpfchenzellen der Larve leicht zu unterscheiden. Ihre Granula nehmen einen etwas weniger alkalischen Farbton an als die TrSpfchen der Larvenzellenl

Die TrSp�9 welche ganz in das Innere der Kuppel hineingekrochen sind, verlieren nach kurzer Zeit ihre F/~rbbarkeit vollsts Bei Vitalf/~rbungen �9 sich mit anderen Worten auf dem Pseudo~astrulastadium nur das GeiBel,

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epithel, in Brillantkresylviolett in den Farben der Fig. 2, Taf. I. Die oben erSrtert› Fig. 2, Taf. I stellt iibrigens - - darauf mul~ ich in diesem Zusammen- hang nochmals Zuriickgreifen - - keinen ganz hs typischen Zustand dar insofern, als Zu dem Zeitpunkt, wenn die Granula an der Innenseite der Geii~el- zellen fi~rbbar werden, meist auch schon die Einwanderung und datait die Ent- f~rbung der TrSpfchenzellen beginnt. Noeh ganz durchgefi~rbte Blastulen dieses Stadiums sind ziemlich selten zu finden.

Das Ausbleiben einer Anf/~rbung bei den TrSpfchenzellen der. Pseudo- gastrula mu9 von einer Anreicherung von jenem seltsamen diffusiblen Zellstoff herriihren, der alle Vitalfi~rbungen unmSglich macht, auf den ich schon bei so vielen anderen Tieren, bel Eiern und Larven aufmerksam gemacht h~be. Wenn n~mlich die Tr6pfchenzellen wieder herauswandern, werden sie wieder f~rbbar.

Auch die Pseudogastrula liegt noch im Muttertier drinnen. Wenn man diese jungen Stadien der larvalen Entwicklung herausholt, zeigen sie immer einen sehr s•hwachen, langsamen und unregelmi~Bigen Flimmerschlag. Bis zur Aufquellung und dem datait verbundenen Glasig- und Leuchtendwerden des Au[~ens~umes des Geil3elepithels machen die Larven einen sehr unansehnlichen Eindruck. Nach dieser Ver~nderung beginnt sieh ~ber ihr Gesamtverhalten v611ig zu s Vitalf~rbungen mit pH-Indikatoren ffihren jetzt zu einer grol~en (~berraschung. In Brillantkresylviolett tr i t t im hellen Au~enraum des Geil]elepithels erst ein ganz z~rter, dann immer intensiver werdender rosa Farbton auf. Gleichzeitig verschwindet die blaue F~rbung der dort angereicherten Kolloide Vollst~ndig. Der Flimmersehlag wird immer kr~ftiger, und die Tr6pfchenzellen verlassen die H6hlung der Kuppel wieder; sie ordnen sich fiir eine Weile zu einem festen epithelartigen Geftige an, sodaI~ das Bild einer Blastula, welche sich allerdings vom Stadium der Fig. 2 durch die Kleinheit des Blastocoels unter . seheidet, wieder hergestellt wird. Die Tr6pfchenzellen werden jetzt wieder fi~rbbar, aber aueh ihr Farbton erscheint gegenfiber friiher betriichtlieh ver~nder t .

Der Bau der Larven auf diesem Stadium zeigt, daI~ die ,,Pseudogastrula" in der Tat noeh keine wirkliche Gastrula war, daB vielmehr alle die Stadien der Fig. 1, 2, 3 und 4 der Taf. I blo[~ als Etappen des Blastulastadiums auf- zufassen sind. Zur GewiSheit wird diese Deutung d~durch, daB die wirkliche Gastrul~tion erst nach dem Stadium der Fig. 4 erfolgt. Vom physiologischen St~ndpunkt aus werde ich im folgenden ~lle Etappen der Blastula bis zum Farbenumschlag B l a s t u l a s t a d i u m i nennen, die letzte Etappe, nach dem Farbenumschlag dagegen B l a s t u l a s t a d i u m II. Die ,,Pseudoga~strula" ware demnach die letzte Et~ppe des Blastulastadiums I.

Auf diesem St~lium wandern die Larven nun zuerst in die Zentralh6hle, um von hier schlieBlich nach einer gewissen ,,Ubergangszeit" ins Aul]enmedium auszusehws Die lebhaft umherschwimmenden Larven sind sehr gut fs Die F~rbung mit Brillantkresylviolett liefert das farbenpr~chtige Bild der Fig. 4, Taf. I. Auf diesem Stadium ist der helle Au{~ensaum des GeiSelepithels bel allen Larven intensiv rosa gef~rbt. Es ist der extreme Farbton der ~lkalischen Seite dieses Indikators. Die Farbe der Gr~nulen der Gei~elzellen ist ziemlich unver~ndert geblieben. Die Farbe des Plasmas dazwischen ist sehwer zu er-

Studien liber die Polarit/it der Larven der Kalkschw/imme 361

kennen, da man ja durch eine dicke rosa Schicht durchsieht. In den Tr6pfchen- zellen ist der ursprtingliche Farbton von Tr6pfchen und Plasma nur noch am 'hinteren Pol erh~;lten geblieben. Hier scheint nur die Intensit/~t des alkali- schen Farbtons abgenommen zu haben. Je weiter wir aber nach vorne gehen, um so mehr Granulen treten auf, die blaBblau gef/~rbt sind, und der vorderste Kranz von Tr6pfchenzellen weist nur leuchtend blau gef/~rbte Tropfen und blaues Hyalop!asma auf. Vielfach hebt sich dieser vorderste Kranz der unbewimperten Zellen von den Zellen vor und hinter ihm noch sch/~rfer ab, als dies auf meiner Zeichnung (Fig. 4, Taf. I) zum Ausdruck kommt.

Es fragt sich nun, wie wir die Veri~nderung des Vitalf/~rbungsbildes zu deuten haben. Die Analyse derselben ist zun/~chst dadurch erleichtert, daB alle Indikatoren, mit denen eine Vitalf/~rbung erzielt wurde, entsprechende Um- schl/~ge geben. Es miissen sich also jedenfalls die pH-Verh~ltnisse in der Larve radikal ge/~ndert haben. Besonders das auff~lligste Detail der Vers der Umschlag der Farbe des Randsaumes der GeiBelzellen vom sauren nach dem alkalischen Farbton, t r i t t in Nilblausulfat B und Brillantvitalrot in ebenso auff/~lliger Weise in Erscheinung, wie in BriUantkresylviolett. In Nilblausulfat B ist die Farbe des Randsaumes bel dem Blastulastadium I tiefhimmelblau und wird beim Blastulastadium I I diffus lila, in Brillantvitalrot ist sie wie erw/~hnt zuerst sattrosa und wird dann blaBr6tlichgelb (,,fleischfarbig"). In Brillant- vitalrot scheiden sich im Randsaum nach dem Umschlag, wie das in alkalischen Zellen h/~ufig der Fall ist, reine rote K6rnchen aus. Die Farbe der G r a n u l e n der Innenh/~lfte der GeiBelzellen bleibt in beiden Indikatoren ziemlich unver- ~ndert, die d› Tropfen d› unbewimperten Zellen am animalen Pol alkalisch. Die F/~rbung der Tr6pfchen der ~quatorialen Zellkr/~nze erscheint auf dem Blastulastadium I I in Brillantvitalrot nur viel blasser als in den Zellen am hinteren Pol, es tr i t t aber kein anderer Farbton hervor. (Offenbar f/~rbt sich die saure Komponente der Granulen in diesem Indikator nicht an.)

Die Farbe, welche bei einer Vitalf/~rbung zum Vorschein kommt, haftet immer best immten Zellkolloiden an. Sie wird von diesen oft sehr zs fest- gehalten. Ober d ie Reaktion des Dispersionsmittels der Protoplasmakolloide gibt uns die Vitalf/irbung gar keinen AufschluB (vgl. J. Spek 1936). Der Umschlag der Farbe des Randsaumes der GeiBelzellen kann also nur daher kommen, daB sich die dort befindlichen diffus gel6sten Zellkolloide chemisch so ver/~nder$ haben, daB jetzt ihre alkalischen Eigenschaften iiberwiegen, oder daher, daB irgendeine gut f/~rbbare alkalische Substanz aus dem tibrigen Larvenk6rper in das GeiBelepithel eingewandert ist und sich hier besonders in der AuBenh~lfte der Zellen angereichert hat. In diesem Fall braucht gar nicht angenommen zu werden, daB die vorher im Rundsaum vorhandenen sauren Zellkolloide verschwunden oder neutralisiert worden sind. Saure und alkalische Zellkolloide k6nnen ja erfahrungsgem/~B im lebenden Protoplasma nebeneinander existieren. (Vgl. auch hierzu meine zusammenfassende Darstellung von 1936.) Das Verschwinden des sauren Farbtones w/irde sich sehon daraus erkl/~ren, daB die hinzugekommenen alkalisehen Subst~nzen st/~rker f/~rbbar sind und den Farbstof�9 den s~uren Kolloiden entreiBen.

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Die erste Deutung, welche wir oben fiir den Farbenumschlag in Erwggung gezogen haben, ist schon deswegen unwahrschein!ieh, weil fiir tiefgreifende chemisehe Umsetzungen in den Zellen auf dem Blastulastadium hier wie bel anderen 0bjekten keinerlei Anzeichen vorliegen. Die zweRe Annahme dagegen wird fast zur Gewi•heit dadureh, dag man feststellen kann, daB sieh das Gemiseh der Kolloide der Randsaumzone auf einem sp~teren Entwicklungsstadium wieder entmiseht, wobei sich die eingedrungenen alkalischen Substanzen in Tropfenform ausscheiden, und die saure Grundsubstanz wieder f/s wird. Ihr Farbton ist nach der Ausseheidung der Tropfen wieder der gleiche wie vor dem ,,Umschlag", in Brillantkresylviolett f/~rbt sie sich also blau.

Von einem Umsehlag der Reaktion der Blastulazellen der Sycandra kSnnen wir also jedenfalls nicht sprechen. Es seheint vielmehr zu Beginn des Blastula- stadiums I I nur eine auff/~llige N e u v e r t e i l u n g de r Z e l l s u b s t a n z e n zu erfotgœ

Theoretiseh mus man fiir eine solehe zun/s verschiedene MSglichkeiten in Erwi~gung ziehen: l. kSnnten die alkalischen Substanzen auf dem Stadium der Pseudogastrula von den TrSpfchenzellen von innen an das Gei6elepithel abgegeben worden sein. Diese Deutung trifft in dieser Form sicher nicht zu, denn die st/~rkste Anreicherung der alkalisehen Substanzen im Geil~elepithel erfolgt iiberhaupt erst, nachdem die TrSpfchenzellen das Blastocoel wieder verlassen haben. Ob an der Innenseite der GeiBelzel!en die Alkalinit~t fiberhaupt zunimmt, ist fraglich. Die Farbe des Protoplasmas selbst is t hier zwischen den Granulen aueh sehon deswegen schwer zu erkennen, weil man durch die dicke, gef/~rbte Randzone durchsehen mule. Die Granulen sind, wie ich bei Vitalf/~rbungs- versuchen schon oft feststellen konnte, vielfach Mischsubstanzen. Sie k5nnen aus einer alkalischeren Umgebung Stoffe aufnehmen und sie in einer saureren wieder verlieren. Eine Zunahme des alkalischen Farbtones der Granulen ist aber in den Innenh/~lften der GeiSelzellen nicht festzustellen.

Die Neuverteilung der Substanzen im LarvenkSrper kSnnte 2. dadurch bedingt sein, da{~ die Faktoren, welche die bipolare Differenzierung des Sehwamm- eies verursachten Und bis zum Pseudogastrulastadium fortdauern liel~en, ihre Wirksamkeit verlieren, und die verschiedenen Substanzen, soweit es ihre Dis- perslt/s noch erlaubt, wieder eine gleichm/s Verteflung anstreben. Diese Annahme wiirde den Riickstrom diffusibler alkalischer Substanzen vom animalen nach dem vegetativen Pol verst/~ndlieh machen. Da aber gleichzeitig mit diesem bei Sycandra neue, auff/~llige Differenzen in der Substanzverteilung auftreten, kann diese Erkl/~rung auch nicht zutreffen. - - Eine Umgruppierung tiber den ganzen LarvenkSrper kSnnen natiirlich nur Substanzen erfahren, welche leicht- diffusibel sind und die Zellw/s durchdringen kSnnen. Innerhalb der einzelnen Zellen kSnnten freilich auch grSber disperse Stoffe, etwa Granula, die an einem Ende der Zelle lokalisiert waren, bei AufhSren des lokalisierenden Faktors wieder gleiehm/~6ig verteilt wefflen, wenn die Viskosit/s inzwischen nicht hSher ge- worden ist. In den Gei$elzellen bleibt eine polare Verteilung des Zellinhaltes bis zur Gastrulation erhalten. An ihrem inneren Ende sind jetzt noeh Pigment- kSrnchen zu sehen, deren Provenienz mir noch nicht klar ist.

Studien fiber die Polarit~t der Larven der Kalkschw~mme 363

3. SchlieGlich bleibt noch eine dritte Erkl~rung fiir die Neuverteilung der Subss iibrig, und zwar die, d a g s ich n a c h der A u f q u e l l u n g des R a n d s a u m e s die P o l a r i t s des L a r v e n k S r p e r s g a n z o d e r t e i l w e i s e 1) u m k e h r t , und daG: daraufhin diffusible alkalische Substanzen nach der AuGen- fl~che des GeiGelepithels und eventuell vorhandene diffusible saure Substanzen aus ihm nach hinten verlagert werden. Das komplizierte Gesamtbild des Blastula- stadiums I I wfirde danach durch l~berlagerung des Effektes der neuen Polaritiit und dem, was von der frfiheren Konstellation fibrigbleibt, zustande kommen. Diese Auffassung stSGt auf keinerlei Schwierigkeiten. Mit ihr lassen sich nicht nur alle Einzelheiten des Strukturbitdes der Fig. 4, sondern auch das zum frfiheren geradezu entgegengesetzte Verhalten, welches die beiden Gruppen von Zellen der Larve bald nach dem Farbumschlag zeigen, erkl~ren.

Die in den sp~teren Entodermzellen auftauchenden alkalischen Substanzen miissen ja aus irgendwelchen anderen Teilen der Larve stammen. Geht ein durch eine Umladung der AuGenfl~chen des Ge�9 nach diesem gerichteter Strom diffusibler alkalischer Substanzen durch den LarvenkSrper, so werden durch ihn diejenigen Zellen die gr61~te Menge solcher alkalischer Stoffe einbiiBen, welche der AuGenfl~che des GeiGelepithels am ns liegen und am wenigsten unter dem EinfluB der evtl. noch vorhandenen Stoffbewegung nach dem animalen Pol stehen. Dies trifft aber ohne Zweifel ffir den obersten Kranz der TrSpfchen- zellen zu. Je weiter die Tr6pfchenzellen vom vegetativen Pole entfernt sind, und je gr6Ger ihr Vorrat an alkalischen Substanzen ist, um so weniger wird sich bei ihnen der EinfluG der neuen Substanzbewegung geltend machen. Aus dem Verlust von alkalischen Substanzen allein wfirde der Farbwechsel der ~quatorialen Zellen erkl~rbar werden, wenn in ihnen schon vorher ein Substanzgemisch vorgelegen hat. (DaG auch Granula so ein Substanzgemisch darstellen kSnnen, wurde schon friiher S. 362 gesagt.) Aber m6glicherweise kommt noch eine Abwanderung von diffusiblen sauren Substanzen von den GeiGelzellen dazu.

Ob zwischen den beiden Grenzfls (der ~uGeren und der inneren) der GeiGelzellen selbst wohl noch eine Potentialdifferenz erhalten bleibt, bleibt, bevor Potentialmessungen ausgeffihrt werden kSnnen, natiirlich eine offene Frage.

Eine Umladung der AuGenfl~che des GeiGelepithels w~re zwar fiir d• Zellphysiologen ein fiberraschendes Novum, ich glaube aber nicht, dag es sehr schwer sein wird, eine plausible Erkl~rung dafiir zu finden.

1) Von einer vollstandigen Umkehrung der Polarit~t k6nnte man bei einer bipolaren Stoffwanderung nur dann sprechen, wenn nach beiden Polen eine entgegengesetzte Wanderung der Substanzen als vorher einsetzen wiirde. Erfolgt an einem vielzelligen Or- ganismus lokal eine ~nderung der Aufladung der ~uBeren Grenzfl~che, so braucht datait wohl noch nicht automatisch eine J~nderung der Aufladung der iibrigen Oberflachenbezirke des ganzen Organismus gegeben zu sein. In diesem Fall wfirde ich von einer par~iellen oder lokalen ~nderung der Polari t~t sprechen. Ieh glaube, daB man bei unserem Objekt mit der Annahme einer ]okalen ~nderung der Aufladung der • Grenzfl~che des GeiBelepithels und einem Zustrom leichtdiffusibler alkalischer Stoffe nach diesem Ober- flgchenbezirk auskommt. F~r eine absolute Zunahme der Menge der sauren Substanzen in der Richtung auf den animalen Pol und besonders auch am Pol selbst fehlen noeh siehere Anzeichen.

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Die Aufladung der Grenzfls lebender ZeHen, auf welche ich die bipolaren Stoffwanderungen zuriickffihre, ist an das Vorhandensein bœ Ionen im Au~enmedium gebunden. Fiir das Nereis-und Asterias-Ei konnte gezeigt werden (J. Spek 1930 und 1933), Clal~ besonders durch einen Extrazusatz von Kaliumsalzen zum Aul~enmedium die sti~rksten bipolaren Stoffwanderungen auf Kommando ausgei6st werden kSnnen. Das Entscheidende wird ja dabei die Durchlgssigkeit der Verschiedenen Oberfls ffir diese oder jene Ionenart sein. Dal~ aber bei der Sycandra-Larve durch die starke Hydratat ion der Randsaumbezirke die Permeabilit~tsverhgltnisse der Geil~elzellen vSllig gegndert werden k6nnten, ist sehr wahrscheinlich. Es ws erstaunlich, wenn es nicht so wgre.

Durch die er6rterten Deutungen wird gleich eine ganze l~eihe interessantester salzphysiologischer, elektrophYsiologischer und entwicklungsmechanischer Pro- bleme aufgewoffen. Ohne weitere Experimente kann man sich a b e r zurzeit noch keine bestimmtere Vorstellung von den Vers die das Biastula- stadium II einleiten, machen. Unabh~ngig v o n allen theoretischen Betrach- tungen bleibt aber auf alle F~lle die Tatsache bestehen, da{~ in einer zeitlich engbegrenzten Etappe der Entwicklung der Sycandra-Larven in diesen eine Vergnderung erfolgt, welche die Wirksamkeit der Faktoren, welche die bi- polare Differenzierung fortdauern lie~en, aufhebt und eine neue Konstellation ausl6st, welche der vorhergehenden in mancher Hinsicht entgegengesetzt ist. Der Organismus fiihrt uns hier ~lso sozusagen nochmals und von einer anderen Seite an die Ursachen der bipolaren Differenzierung heran.

Ehe wir uns neuen Betrachtungen zuwenden, mSchte ich nur noch darauf hinweisen, daB das Ph~nomen der gesetzm~~igen Wanderung leichtdiffusibler Stoffe in ~lteren, schon aus sehr vielen Zellen bestehenden Entwicklungsstadien der Tiere und seine Bedeutung fiir die Differenzierung derselben neuerdings von E. A r n 0 i d (i938) an Hand von Vitalf~rbungen an den Embryonalblasen der S~ugetiere ausfiihrlich er6rtert worden ist. An diesem Objekt bietet sich uns das Ph~nomen in besonders interessanter Form dar.

Nachdem die Sycandra-Larven eiue Zeitlang umhergeschwi~rmt sind, sinken sie zu Boden, und es treten an ihnen folgende Ver~nderungen ein: Die unbewimperten Zellen geraten wieder in Bewegung. Diesmal beginnen sie sich aber liber die A u ~ e n f l g c h e des GeiI~elepithels vorzuschieben! Die ganze Larve macht dab› ziemlich auff~llige Formvers durch/ Die bewimperte Hglfte nimmt zun~chst meistens die Gestalt eines hohen Zuckerhutes mit breitem Sockel an (Textfig. 1), um sich alsbald stark abzuplatten, wodurch sich der ganze K6rper des Embryos stark verbreitert und verkiirzt (Textfig. 2). Das bewimperte Epithel verliert seine klare, helle Beschaffenheit immer mehr. Der Randsaum wird trfib und schrumpft immer mehr zusammen. Der Schlag der Gei~eln wird unterdessen immer schw• Die GeiBeln sind viel�9 kaum noch zu erkennen. Sie 16sen sich offenbar allmghlich auf.

Studlen iiber die Polarit~t der Larven der Kalkschw~mme 365

Ich habe bei Sycandra nie beobachtet, dal3 die Abplat tung des GeiBel- epithels in eine richtige Einstiilpung oder Einbiegung iibergeht. Sobald einmal die beschriebenen Ver~nderungen beginnen, schreitet auch die Vorw~rtsbe. wegung der Tr5pfchenzellen rasch fort. Sie werden immer platter und breiten sich dabei immer weiter iiber das vormals bewimperte Epithel aus, bis dieses ganz umwachsen ist (Textfig. 3). Die Umwachsung vollzi• sich in iiberraschend

kurzerZeit (etwa 2 Stunden). Der jetzige Zustand beweist, dal3 die TrSpfchen- zellen zum Ektoderm werden, w~hrend das abgeplattete ehemalige Geil3el-

Fig. l. Die letzten Veranderungen der Larve von Sycandra setosa vor der Gastrulation.

Fig. 2. Die Umwachsung der ehemaligen Geil3elzellen durch die Tr6pfchenzellen (Ga-

st~~lation) Sycandra setosa.

epithel in die Tiefe versenkt wird, wo es nnch den Untersuchungen der friiheren Autoren das Entoderm liefert. Von dem Ektoderm umwachsen wird es zu- n~chst zu einer einfSrmigen Masse triiber, abgekugelter und gleichms strukturierter Zellen. - - Der gnnze LnrvenkSrper ist fast kugelig, nur wenig gestreckt und meist mit dem ehemaligen vegetativen Ende an der Unterlage festgeheftet.

Von den geschilderten Ver~nderungen mSchte ich nun noch einige Punkte von den Gesichtspunkten des Zellphysiologen und Entwicklungsmechanikers beleuchten:

Zwischen den Bewegungen der TrSp�9 (ihrer Anreicherung an der Innenfl~che des Geil3el- epithels sui dem Pseudogastrulastadium und ihrer Aus- breitung bel der Gastrulation) und der ~nderung der

Fig. 3. Entoderm v511ig um- wachsen. Die ersten zwei Knlknadeln (Kn) nusge- schieden. Sycandra setosa.

Polarit~t des Geil3elepithels besteht offensichtlich ein kausaler Zusammenhang. Nie kommt es vor, daB sich die TrSpfchenzellen schon auf dem Blnstulastadium I auf der Aul3enfl~che des Geil3elepithels ausbreiten, t rotzdem doch die Blastula auf diesem Stadium morphologisch vollkommen ,,fertig" zu sein scheint, und anderer- seits ist auch niemnls ein Hineinkriechen der animalen Zellen in den Innenraum des vegetativen Epithels auf dem Stadium der Blastula I I , bzw. der Gastrula zu beob-

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achten. Welcher Art nun der ,,Reiz" ist, welcher die amSboid beweglichen Zellen mit einer solchen Unfehlbarkeit an einen bestimmten Ort leitet, ob eine Aufladung der Grenzfliichen des Gei•elepithels selbst es ist, oder ob durch einen Permeabili- t~tswechsel bald von der einen, bald von der anderen Seite bestimmte Stoffe austreten, l~Gt Sich ohne eine weitere Einengung der MSglichkeiten natiirlich nicht sagen, aber es scheint mir nicht unmSglich experimentel ! an dieses Ph~nomen heranzukommen. Jedenfalls sind diese Befunde der erste Lichtblick, dai~ man die ~berwachsung einer Zellgruppe durch eine andere, die uns in der Entwicklungs- geschichte der Tiere in zahllosen Variationen und doch immer in spezifischer Gesetzm~Gigkeit entgegentr i t t , vielleicht doch auf physikalische Faktoren zuriiCk�9 kann.

DaG das Eindringen der alkalischen Kolloide in das Geil~elepithel die auffi~llige Hydratat ion der Randsaumzone durch direkte oder indirekte Beein- flussung der sauren Substanzen wieder rtickg• macht, ist kolloidchemisch sehr bemerkenswert. Die Entqu™ des l~andsaumes, die iibrigens bei anderen Schw~mmen noch augenfi~lliger ist, bat prompt eine starke Abplattung des GeiGelepithels zur Folge. In diesem Stadium erfolgt die schon friiher erw~hnte Entmischung des bis dahin mikroskopisch homogenen Gem!sches von alkalischen und sauren Kolloiden der Randsaumzone. Die alkalischen scheiden sich in Form von gro~en Tropfen in einer Grundmasse aus, die den Indikator wieder im sauren Farbton speichert.

Nach der Umwachsung verlieren die EntodermzeUen ihre F• in unseren Vitalfarbstoffen vollst~ndig. Es wiederholt sich hier, was wh' schon bei der Pseudogastru]a festgestellt haben: In einigermaGen abgeschlossenen Hohlr~umen der Schwammlarve reichert sich etwas an, was die vitale Anf~rbung der Zellen unmSglich macht.

Die Anheftung der Gastrulen erfolgt deswegen normalerweise mit dem dem ehemaligen animalen Pol entgegengesetzten Ende, weil dieses schwerer ist. Auch schon die Amphiblastulen drehen sich, selbst unter dem Deckglas, immer so, dag der animale Pol nach oben gerichtet ist. Die Anhe�9 erfolgt demnach ffir gew5hnlich m i t dem bei dem B l a s t u l a s t a d i u m I I be i Sycandra (vgl. Fig. 4, Taf. I ) d i l r c h b e s o n d e r e F ~ r b u n g a u s g e z e i c h n e t e n sub- • Z e l l e n k r a n z , da dieser b• Vorgleiten iiber das Entoderm an dus betreffende Ende der Gastrula zu lieg• kommt. Damit ist aber auch gesagt, dai~ im Ektoderm der Gastrula und damit wohl auch des �9 Schws ein s t o f f l i c h e r U n t e r s c h i e d z w i s c h e n o b e r e m u n d u n t e r e m E n d e und ein kontinuierlicher Gradient vorliegen muB. F~rbt man die angehefteten kleinen Schws dann ist er allerdings nur noch an- deutungsweise zu sehen. Das kann zwar l. dadurch verursacht sein, dag die F~rbbarkeit des Plasmas der fli~chenhaft ausgebreiteten Ektodermzellen abnimmt und 2. die TrSpfchen eine Konsistenz~nderung durcbmachen. Aber groG ist der substantielle Unterschied der beiden Pole im AuGenepithel des fertigen Tieres jedenfalls nicht mehr. Das ganze Ektoderm scheint auGerdem bei der Ga- strulation eine ziemliche Menge alkalischer Substanzen einzubii[~en.

Morphologisch ist die Polarits am jungen Schw~mmchen zun~chst auch nur ~u~erst schwach ausgepr~gt. Der KSrper ist wie erw~hnt fast kugelrund;

Studien iiber die PolariSer der Larven der Kalksehwamme 367

16st er sich von der Unterlage ab, so kann man kaum noch ermitteln, was daran oben und unten ist. Die Nadeln liegen wirr dureheinander. Ihre Menge ist iiberall ungef~hr die gleiche, es sind nicht etwa bestimmte Bezirke des SchwammkSrpers durch mehr, oder durch andere Skelettelemente ausgezeichnet (vgl. hierzu be- sonders O. M a a s 1900). Auch die langen, diinnen Einstrahler, die ja sps in der Tat in charakteristischer Weise auf die beiden Enden des Schwammes verteilt erseheinen, e n t s t e h e n naeh O. M a a s nieht dort, sondern gleiehm~[tig tiber den SchwammkSrper verstreut. Erst wenn der Einstrom des Wassers beginnt und

h i e r d u r c h - - wahrscheinlich rein automatisch - - der SchwammkSrper stark in die Lange gestreckt wird, werden auch die erwi~hnten Einstrahler an die beiden Enden transportiert und bilden dann den sogenannten Wurzelschopf ara hinteren und den Kragen am vorderen Ende. Auch die Gleiehrichtung der iibrigen Nadetelemente erfolgt meehanisch erst beim StreekungsprozeB. Von den polaren morph01ogischen Differenzen des fertigen Schwammes miissen wir also entwicklungsmechanisch insofern starke Abstriche maehen, als diese Diffe- renzen nicht an Ort und Stelle entstehenl).

Der Durehbruch des Osculums, der erst lange Zeit nach der Festheftung der Gastrula erfolgt, ist morphologiseh ein ganz unscheinbarer Vorgang.

Auch der Verlau�9 der Versuche, in denen Sehw/~mme rein zerzupft werden, beleuehtet - - von einer andern Seite - - das, was eben iiber die Polarit~t des SchwammkSrpers gesagt wurde. Die Zellen des zerzupften Schwammes kriechen in kiirzester Zeit zu immer gr6[~eren Aggregaten zusammen, die sich mit einem kontinuierlichen Belag von Plattenepithelzellen umgeben und zungchst Kugel- gestalt annehmen. Ira Innern dieser Kugeln kommt es zu einer mehr oder weniger weitgehenden Umordnung, AuflSsung und Neubildung von Geweben, die sehliel31ich zur Entstehung eines neuen SchwammkSrpers ffihren k6nnen. Bei vielen marinen Schw~mmen sind allerdings die Neubildungsvorggnge nur minimale), und bel Kugeln unter einem gewissen Durchmesser kommt es all- gemein nicht zur Entstehung eines neuen Schw~mmchens. Trotzdem zeigen diese Zellenkugeln eine erstaunliehe Vitalit~t, bleiben viele Wochen am Leben. Sie fiihren oft Formveri~nderungen aus und kSnnen sich an der Oberflache der Gef~{~e zu phantastisch gelappten Gebilden ausbreiten, die an gewisse Gewebe- kulturen erinnern. Niemals ist aber an diesen Gebilden aueh nur die leiseste Andeutung einer Polarit~t zu erkennen. Dies gilt auch fiir die Zellenkugeln von Schwiimmen, die wie unsere Sycandra ira normalen Zustand eine immer- hin recht ausgespr0chene morphologische Polariti~t zu besitzen seheinen.

Alle diese Befunde scheinen darauf hinzudeuten, dal~ in dem KSrper der Schw~mme, und zwar Sowohl der alten, als aueh der jiingsten, der Vorrat (oder die Wirksamkeit) von Stoffen (oder Faktoren), welche die Entstehung einer bipolaren Organisation der fertigen Tiere ausl6sen kSnnen, noch sehr gering sein mul3. DaS Wesentliche dieses Zustandes wird einem sofort klar, wenn man einmal mit den V›163 bel gut regenerierenden Hydroidpolypen

1) Nur bei der Entstehung der dicken Einstrahler, welche sp~ter longitudinal ring™ um das Osculum ]iegen, scheint die vordere K6rperregion etwas bevorzugt zu sein.

*) Bei Sycon coronatum hat J. Huxley eine Regeneration beschrieben. Phil. Trans. R. Soc. London 202 (1911).

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v› Kleine Teilstiicke derselben gehen entweder ein, oder nehmen in kfirzester Zeit eine einheitliche Organisation an und diese ist immer streng polar und (ebenso wie die normale Knospenbildung) von einer auff~lligen (durch Vitalf~rbung leicht nachweisbaren) streng polar orientierten Substanzverteilung begleitetl).

u an den Blastulastadien von L e u c a n e l r a a s p e ~ a

Der Verlau�9 der Entwicklung ist bei Leucandra in den wesentlichen Punkten der gteiche wie bei Sycandra. Ich mSchte daher von meinen Versuchen an Leucandra hier nur diejenigen erSrtern, welche sich auf das cytologisch und entwicklungsmechanisch wichtigste Phs welches diese Untersuchung zu- rage gef6rdert hat, auf die Farbenumsehl~ge zu Beginn des Blastulastadiums I I beziehen. - - Von den ersten Stadien der Entwicklung stand mir leider auch bei diesem Schwamm noch nicht geniigend Material zur Verfiigung.

Bis zum Ende des Blastulastadiums I zeigt auch der Keim von Leucandra aspera, wenn man ihn etwa mit Brillantkresylviolett f~rbt, das typische Bild einer bipolaren Differenzierung , welches hier dadurch noch besonders sch5n erscheint, weil die FarbtSne des Indikators von einem Pol zum anderen in einem geradezu idealen Farbgradienten ineinander 5bergehen. Vgl. das mit Brillant- kresylviolet t gefi~rbte Bild vom letzten Stadium einer Blastula I in Fig. 5, Taf. I.

Der l~andsaum der GeiBelzellen ist auch bei Leucandra in den oberen 2/3 der Epithelkuppel himmelblau. Die Granulen der Innenseite der vorderen GeiBelzellen sind graublau mit einem ganz schwachen Stich ins Violette. Da~ die blauen FarbtSne auch einen Stich ins Grfine haben, kommt daher, dal~ der LarvenkSrper eine br~unliche Eigenfarbe besi tz t , die bel den Granulen der GeiI~elzellen am deutlichsten ist.

Sowohl in dem l~andsaum, als aueh in dem granul~ren Bezirk der GeiBel- zellen macht sich, je weiter man nach dem animalen Pole geht, eine ganz all- m~hliche Verschiebung des Farbtones nach der alkalischen Seite bemerkbar. Der Farbton des Protoplasmas der TrSpfchenzellen ist fiberall rosaviolett, der der TrSpfchen karminrot. In frfiheren Stadien ist das Bild der vitalgef• Leucandra-Larven nicht immer so farbenpri~chtig. Die jiingeren Blastulastadien sehen zuni~chst auch hier an sich schon viel unansehnlicher und triiber aus. Die kSrnchenfreien Aui~enh~lften der Gei~elzellen quellen erst nach der Aus- sonderung der sauersten Zellsubstanzen unter der AuBenfl~che allm~hlich zu dem breiten, leuchtend klaren Randsaum au�9 Vor der Quellung erscheint diese Zone bel F~rbung mit Britlantkresylviolett schmutzig-graublau gel~rbt, wobei die Fs aueh nicht sehr intensiv ist. Die Tr5pfchenzš sind vor der letzten Etappe des Blastulastadiums auch hier voriibergehend farblos.

Auch bei Leucandra habe ich noeh eine Reihe anderer Indikatoren aus- probiert, und zwar: Kresylechtviolett, Brillantvitalrot, Methylrot, die Clarkschen Sulphonphtaleinfarbstoffe und Janusgriin.

Kresylechtviolett konnte zu Serienv'ersuchen nicht verwendet werden, da es auch ftir dieses Objekt erstaunlich giftig ist. Methylrot und die Clarkschen

1) Nicht publizierte Befunde.

Studien fiber die Polarit~t der Larven der Kalkschwamme 369

Indikatoren f~rben, auch wenn sie in reiner oder angesi~uerter NaC1-LSsung angewandt wurden, ~�8 an. Janusgriin fgrbte ziemlich elektiv die Granulen der GeiBelzellen. Die Randss waren nur ganz schwach grtinlich gefgrbt. Die TrSpfchenzellen blieben fast vSllig farblos. Rote FarbtSne der halbreduzierten Modifikation des Farbstoffs waren nicht zu sehen. Die Nichtfi~rbbarkeit einzelner Bezirke der Larve beruht wahrscheinlich nicht auf einer vSlligen Reduktion des Farbstoffes in ihnen.

In Brillantrot wird auf dem der Fig. I entsprechenden Stadium der Blastula der Randsaum rosa, die Granulen werden zinnoberrot und die TrSpfchen gelbrot.

Der Farbenumschlag zu Beginn des Blastulastadiums I I und die Aus- wirkungen der Ver~nderungen sind bei Leucandra imposant. Bei Fs mit

Fig. 4. Vorbereitung zur Gastrulation bel Fig. 5. Ausbreitung und Vorriicken der Leucandra aspera. Sattelf6rmige Einbuch- animalen Zellen bei der Gastrulation von

tung des sp~teren Entoderms. Leucandra aapera.

Brillantkresylviolett erh~lt man ausnahmslos das Bild der Fig. 6, Taf. I. Die mit den Farbver~nderungen der Sycandra-Larven fibereinstimmenden Detai[s desselben brauchen wohl nicht weiter besprochen zu werden Anders ist bel Leucandra nur der eine Punkt, daB eine Abnahme der alkalischen Substanzen in den animalen Tr6pfchenzellen an der Fi~rbung nicht zu erkennen ist. Ich glaube, dal~ das ein�9 daher kommt, dag die Gesamtmasse der a]kalischen Zellen und datait auch der ,,Vorrat" an diffusiblen alkalischen Stoffen bel Leu. candra gr61~er ist, so da{~ er bel der Umleitung derselben nicht ersch6pft wird.

Die auf das Eindringen der alkalischen Substanzen folgende Entquellung des Randsaumes ist bei Leucandra sehr auff~llig und von einer deutlichen sattel- f6rmigen Einsenkung des vegetativen Poles begleitet (Textfig. 4). Die Au~enseite der Gei~elzellen schrumpft dabei ganz kl~glich zusammen. Die damit Hand in Hand gehende Entmischung der alkalischen Kolloide in Tropfenform konnte hier in allen Einzelheiten verfolgt werden. Die auch in Textf. 4 sichtbaren Tropfen fiirben sich in Brillantkresylviolett etwa bis zu der Linie x rot, weiter hinten in einem deutlichen Gradienten violett; noch weitr hinten wird die Entmischung schw~cher. Das Grundplasma der Gei~elzellen nimmt nach der Entmischung wieder einen blaBblauen Ton an.

Protoplasma. XXX 24

370 Spek

Diœ Umwachsung des Geigelepithels von den sich abp la t t enden geigellosen Zellen und die Anhef tung der Gastrula bietet nichts prinzipiell Neues. I n Textf. 5 ist das erste S tadium des Vorriickens der bereits stark abgepla t te ten animMen Zellen skizziert.

Die Ergebnisse meiner VitMf/~rbungen mit Indikatoren erSffnen auch einen neuen Weg zur Kl/~rung der alten Streitfragen der Entwieklungsgesehiehte der Sehw/~mme. Bei diesen k~me es in erster Linie darauf an, die beiden Hauptgruppen von Zellen des Keimes von Anfang an klar unterscheiden und dann aueh bei den vielen komplizierten Ver~nderungen des Keimes vor der Gastrulation als solehe identifizieren zu k6nnen. Diese Identifizierung ist in manehen F/~llen nieht ganz leieht, da es einerseits Sehwammlarven gibt, die in allen Teilen aus morphologiseh ganz gleiehartigen Geil]elzellen aufgebaut sind, andererseits solehe, bel denen die das Ektoderm-Mesenchym liefernden animalen Zellen ganz das Aussehen der vegetativen Zellen anderer tieriseher Keime haben und z. T. aueh ein physiologisehes Verhalten zeigen, welches an diese erinnert. Aueh die Einwanderung der animalen Zellen in das Blastocoel auf dem der Pseudogastrula entspreehendœ Stadimn kann ein ganz anderes Gepr/~ge haben, wenn das Blastocoel sehr ger~umig ist, die Zellen sieh einzeln aus ihrer Um- gebung herausl6sen oder, in anderen F/~llen, ihre Gesamtmasse auBerordentlieh grog ist. Ist nun aueh bei den anderen Schwi~mmen eine bipolare Differenzierung vorhanden und 1/~ftt sie sieh mit I-Iilfe der Indikatorenf~rbung naehweisen, dann ist damit auch das gesuehte Unterseheidungsmerkmal frit animMe und vegetative gefunden und die Unterscheidung w/ire um so .wertvoller, weil sie sich auf physiologischer Grundlage aufbaut. Ganz besonders bei den gleiehm~l~ig bewimperten, aus gleiehartigen Zellen aufgebauten Larven kann man gespannt sein, wie die F/~rbungsversuche ausfallen werden. Eine vergleiehende Analyse der Zelleinwanderungen und Umwaehsungen von Zellgruppen von den in dieser Arbeit gewonnenen physiologischen Gesiehtspunkten mub sehon deswegen als reizvolle Aufgabe erseheinen, weil sieh diese Phi~nomene bei den verschiedenen Sehw/~mmen in unerseh6pflicher MamnigfMtigkeit darbieten. Die pl5tzliehe Anderung in der Bewegung der Zellmassen vor der Gastrulation ist bei vielen Schw/~mmen entwicklungsmeehaniseh bisher ein v611iges R~tsel geblieben. Liege sieh auch bei diesen Formen zeigen, daB der Vorgang mit einer Umkehrung der Polarit/~tsverh/~ltnisse zusammenh/~ngt, dann ws aueh hier der erste Sehritt zu einer physiologisehen Analyse getan.

Kurze Zusammenfassung

Auch w/~hrend der ersten Entwicklung der KMkschw~mme Sycandra 8etosa und Leucandra a8pera kommt es zu einer typischen ,,bipolaren Differen- zierung", die dadurch ausgezeichnet ist, daB sich - - soweit sich das durch vitale Anfs mi t pH- Ind ika to ren nachweisen li~gt - - alle Subs tanzen des Eies zu einem idealen pH-Grad ien ten anordnen derart , dM~ an dem einen (sp/iter entodermalen) Pol die sauersten, an dem anderen die a]kalischsten Zellkolloide angereichert werdœ Diese Anordnung gilt n icht nu r frit mikroskopisch disperse Granulen, Tr6pfchen usw., sondern auch fiir mikroskopisch homogene, kolloid- disperse Eisubstanzen. Die letzteren spielen bei der weiteren Entwicklung eine besonders interessante spezifische Rolle. Die erw/~hnte Anordnung der Sub- s tanzen erh/tlt sich bis zum Blastulas tadium. Auf diesem bleibt die Entwicklung auffi~llig lange stehen. Der Keim muB erst komplizierte stoffliche Vers

Studien iiber die Polarit~t der Larven der Kalkschw~immc 371

durchmachen, ehe es zur Gastrulation kommen kann. Ich unterscheide ein Blastulastadium I und II. Die zweite Etappe des Blastulastadiums I ist die sogenannte ,,Pseudogastrula". Auf dieser geht von der Innenfl~che des (das Entoderm liefernden) Geii3elepithels eine starke Anziehung auI alle am5boid beweglichen Zellelemente der Umgebung aus, welche bei der .normalen Entwick- lung die ziemlich mobilen alkalischen Zellen der animalen Keimh~lfte veranla~t, sich auf der Innenfl~che der Gei~elzellen zusammenzudr~ngen. Der saure Aul3en- saum der GeiBelzellen quillt zuniichst stark auf. Schon deswegen kann es zun~chst nicht zu einer Einstiilpung des kiinftigen Entoderms kommen. Auf diese Auf- quellung der AuBenh~lften der GeiBelzellen erfolgt eine iiberraschende Neu- verteilung der diffusiblen Stoffe des Keimes. Die diffusiblen alkalischen Sub- stanzen beginnen mit einem Male nach der AuBenfls des GeiBelepithels zu str6men so, als ob die Grenzfl~chenladung dieser Zellen umgeschlagen w~re. (Diese Deutung bleibt zun~chst hypothetisch.) Bel vitaler Anf~irbung mit Brillant- kresylviolett, Brillantvitalrot oder Nilblausulfat B guBern sich diese Ver- itnderungen bel beiden Schw~mmen in einem auffitlligen Umschlag der Farben. (Mit Nilblausulfat wurden nur bei Sycandra Versuche ausgefiihrt.) Physiologisch bewirken sie eine starke Steigerung des Schlages der Flimmerhaare und das Ausschw~,rmen der Amphiblastulen. Auch das Verhalten der wieder in Be- wegung geratenden animalen Zellen ist nach dem Farbenumschlag ein entgegen- gesetztes wie vorher. Sie beginnen jetzt sich auf der A u B e n fl~iche der GeiBelzellen auszubreiten. Sie werden so zum ~uBeren Keimblatt. Das GeiBelepithel kriimmt sich in Zusammenhang mit neuen Zustands~nderungen seiner Zellen etwas ein, riickt in die Tiefe und liefert das Entoderm.

In der protoplasmatischen Zusammensetzung der Ektodermzellen der Gastrula sind jedenfalls polare Differenzen vorhanden. Die an den Anheftungspol gelangenden Zellen sind bel Sycandra setosa (wenigstens vor der Gastrulation) von den anderen in ihrer F~rbung auffs verschieden. Beim fertigen Schwitmmchen sind aber die stofflichen Differenzen in bezug auf die definitive Polarit~t ganz minimal.

Die Untersuchungen er6ffnen neue Wege zur Analyse der gesetzm~Bigen Umwachsungen von Zellgruppen bei der Entwicklung und zur Klitrung der Beziehungen der so sehr verschiedenen Typen von Schwammlarven zueinander.

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E r k l g r u n g de r F i g u r e n 1--6 der T a f e l I

Fig. l. Junges Blastulastadium von Sycandra setosa mit Brillantkresylviolett gefgrbt. Die Granul› der GeiBelzellen sind noch nicht f/~rbbar.

Fig. 2. J~lteres Blastulastadium von Sycandra setosa kurz vor der Einwanderung der Tr5pfchenzellen; mit Brillantkresylviolett gef/~rbt.

Fig. 3. ,,Pseudogastrula" von Sycandra setosa. Fig. 4. Blastulastadium I I von Sycandra setosa nach vollzogenem Farbenumschlag.

Brillantkresylviolettfgrbung. Fig. 5 und 6. Blastulen von Leucandra aspera mit Brillantkresylviolett gefgrbt vor

und nach dem Farbenumschlag.