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$tudien fiber Pflanzenkolloide XI. Elektrodesintegration yon Stirkel6sungen. Von M. Samec und Anka Mayer. (Aus dem chemischen Institut der Unlversit~t Laibach.) (EinPll[angen ua t~. April J921,~ W ihrend der Elektrodialyse entmischen sicb Stlrkel6sungen ~) derart, dab der elektronegative gallertige Anteil in Form einer dicken ~ bei der Kartoffels~rke w vollkommen durchsichtigen Schleim- schicht zu B0den sinkt und yon der ebenfalls k)aren l.~sung des nicht gallertigen St~rkeanteils durch eine scharfe Grenzfllche geschieden Ist. Da diese Entmischung immer auftritt, wenn nur ein Tell der L6sungs- bestandteile seine gallertlge Konsistenz beibehilten hat, erlaubt uns diese Methode eine Praktionierung der St~rkel6sungen in jedem be- liebigen Zeitpunkte ihrer kolioidchemischen oder elektrochemischen Umwandlung und erm6glicht vor allem eine direkte experimentelle Prfifung der gegenseitigen Beziehung der Amylosen zum Amylopektin. |, Wie auf indirektem Wege gezeigt werden konnte, verliert das Amylopektin w~hrend des Erhitzens mit Wasser unter Druck die in seinem Molat-festgebundenen Elektrolyte und geht hierbei in ein Kohlenhydrat fiber, welches in Wasser ohne Kleisterbildung IOslicb ist~). Seheidet man die beim VerqueUen oder kurzfristigen L6sen der Starke unter Druck auftretenden Amylosen ab und wAscht das Amylo- pektin dutch Elektrodekantiemng, so besteht die M6glichkeit, dutch Erhitzen des nun ziemlich amylosenfreien Amylopektins (Amylopektin I) und darauffolgende Elektrodialyse ein Sol zu erhalten, in welchem das I) M. S a m e c u. H. H a e r d t l , Kolloidchem. Belh. 12, 288 (1920). ") M. Ssmec u. F. v. Hoefft, KoUoidchem. Beih. 5, 141 (1913) und M. S a m e c , Kolloidehem. Belh. 6, 231 (1914).

Studien über Pflanzenkolloide XI

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�9 $ t u d i e n fiber P f l a n z e n k o l l o i d e XI .

Elektrodesintegration yon Stirkel6sungen. Von M. S a m e c und A n k a M a y e r .

(Aus dem chemischen Institut der Unlversit~t Laibach.) (EinPll[angen u a t~. April J921,~

W ihrend der Elektrodialyse entmischen sicb Stlrkel6sungen ~) derart, dab der elektronegative gallertige Anteil in Form einer

dicken ~ bei der Kartoffels~rke w vollkommen durchsichtigen Schleim- schicht zu B0den sinkt und yon der ebenfalls k)aren l.~sung des nicht gallertigen St~rkeanteils durch eine scharfe Grenzfllche geschieden Ist. Da diese Entmischung immer auftritt, wenn nur ein Tell der L6sungs- bestandteile seine gallertlge Konsistenz beibehilten hat, erlaubt uns diese Methode eine Praktionierung der St~rkel6sungen in jedem be- liebigen Zeitpunkte ihrer kolioidchemischen oder elektrochemischen Umwandlung und erm6glicht vor allem eine direkte experimentelle Prfifung der gegenseitigen Beziehung der Amylosen zum Amylopektin.

| ,

Wie auf indirektem Wege gezeigt werden konnte, verliert das Amylopektin w~hrend des Erhitzens mit Wasser unter Druck die in seinem Molat-festgebundenen Elektrolyte und geht hierbei in ein Kohlenhydrat fiber, welches in Wasser ohne Kleisterbildung IOslicb ist~). Seheidet man die beim VerqueUen oder kurzfristigen L6sen der Starke unter Druck auftretenden Amylosen ab und wAscht das Amylo- pektin dutch Elektrodekantiemng, so besteht die M6glichkeit, dutch Erhitzen des nun ziemlich amylosenfreien Amylopektins (Amylopektin I) und darauffolgende Elektrodialyse ein Sol zu erhalten, in welchem das

I) M. S a m e c u. H. H a e r d t l , Kolloidchem. Belh. 12, 288 (1920). ") M. S sm ec u. F. v. Hoeff t , KoUoidchem. Beih. 5, 141 (1913) und

M. Samec , Kolloidehem. Belh. 6, 231 (1914).

$.~Mt~C U N D MAYER, S T ~ J D I E N ~ B E R P F L A N Z E N K O I L O I D E , XI 273

aus dem Amylopektin I entstandene Kohlehydrat gel6st is|. Aber- maliges wiederholtes Elektrodekantieren mit Wasser enffernt nabezu ganz den gel6sten Anteil, so dat4 man nach ein- bis zweistfmdtgem LOsen des zum zw~iten M, ale f~brigbleibenden Amylopektins (Amylo- pektin If) mittelst Elektrodialyse eine we||ere Solfraktion erhRlt. Die Uebersicht tiber einen solchen Versuch gibt Tab. 1. Das nach der ersten Serie der Elektrodekantationen iibrigbleibende ,Amylopektin I" liefert eine violettbraune Jodfarbe, das zweite und dritte Amylopektin f~irben sich mit .]od nahezu rotbraun.

T a b e l l e I. a) Z w e i p r o z e n t i g e St~lrke 1 Stunde be| 120 0 gelSst und unter Toluol je 4 Stunden bei stfindigem Wechset des Auflenwassers elektrodekantiert. v , �9

an|el i , ,W a s c h w a s s �9 r "

I J " I substanz Prozent . D,44 0,16 0,08 0,08 0,02 0,02 0,005

schwach- [ kaum Jodfarbr . blau blau ] blau [ blau blau bla, I grau

1 1 106.K=). 1,43 0,75 10,46 J 0,67 0,75 0,61 I 0,55

b) . A m y l o p e k t i n !" in zweiprozentiger L~sung 1 Stunde be| 120 ~ gekocht und wte oben elektrodekantiert.

Trocken- l substanz Prozent 0,06 0,03 0,03 0,05 0,04 0.06 0,03

tflau braun I Imhmutr, ig Jod~arbe blau s) blau blau se~mulzig schmutzig schmutzig �9 vioictt violett violett bnum b r ~ , , u b r a ~

105 . K, 0,71 0,54 0,43 0,47 0,42 0,45 I 0,40 I

c) ,A m y I o p e k t i n 11" in zweiprozentiger L6sung 2 Stunden bei | 20 0 gekocht und wie oben elektrodekantiert.

Jodfarbe .

10~. K.

~) Eiektrische Leitfiihigkeit bei 25o.

Trocken- II [ substanz

ProzeH 0 06 0,05

braun

II 1,1a II

0,05 violet | gr~u- braun

0,49

0,05 violett

graubraun

0,73

0,05 vio le~

violet t - b~un 0,41

0,02 [ 0,02 lichtviolett iichtbraun

0,54 ] 0,52

3) Die erste Ftrbungsangabe bezielit sich auf die Jodfarbe, die nach Zusatz yon wenig Jod entsteht, die zweite auf den Farbenton be| /iberschiiuigem Jod.

274 KOLLOII [ )CHEMISCHE B E I H E ~ T E BAND XIII, H E F T 9--12

Der von e ine r zweiprozentigen Stlirkel~Ssung nacb einstiindigem- Kochen dutch Elektrodesintegration erhaltene Solanteil ( I ) i s t 0,44pro- zentig, die aufeinander folgenden ,Waschwlisser" nehmen an Kon- zentration immer mehr ab und geben eine immer schwttchere Jod- farbe. Das ,Amylopektin I" ist demnach mit ksltem Wasser zwar mischbar, doch gibt es nahezu keine elektrodialytisch nicht fiillbaren Substanzen a n das Wasser ab.

Das Verhalten des Amylopektins beim abermaligen Erhitzen mit Wasser unter Druck ist vor allem yon der Reaktion des Mediums ab- hiingig. In streng neutraier LOsung geht nur allmiihlich ein Teil unter Verlust der hohen Z~lhigkeit in das Sol fiber, bei einer H-Ionen- konzentration yon der OrSfienordnung 1. 10-4n aber 16st es sich ziemlich rasch in eine elektrodialytisch nicht f~il-lbare Form auf. Da w~ihrend der Elektrodialyse das AmylopekUn deutlich sauer wird, wurde es bei dem in der Tab. 1 dargestellten Versuche vor dem Kochen gegen Phenolphthalein neutralisiert. Eine Stunde auf 1200 erhitzt und elektrodialysiert liefert seine Lt~sung einen 0,06prozentigen Solanteil (II) mit ~ufierst geringer Leitf~lhigkeit und sehr typischem Verhaiten gegen Jod; setzt man etwa zu 1 ccm der L~sung tropfenweise eine l/lo0normale JKJ -L6sung zu, so erzeugt der einfailende Tropfen eine braunviolette Farbe, die beim Umrfihren rein blau wird. Ueberechiissiges Jod ruff eine violette Farbe hervor, welche sich um so mehr einem wein- roten Ton n~ihert, ie grfindlicher bei der vorhergehenden Desintegration die mit Jod sich bl~iuenden Amylosen entfernt worden waren. So geben die sp~lteren Waschwiisser des ~Amylopektin ll" eine schmutzigbraune Jodfarbe. Im Qegensatz zum ,Amylopektin l ~ gibt das ,Amylopektin I1 ~ an das Waschwasser dauernd einen kleinen Bruchteil yon SUbstanz ab.

Ein etwas anderes Bild erh~lt man b c i d e r Elektrodesintegration der L6sung, welc he beim Kochen des ,Amyiopektin II" entsteht. Die w/ihrend des Kochens trfib gewordene Flfissigkr sondert bei der Elektrodia|yse nicht mehr eine zusammenh~ngende Gallerte, sondern gelblichgraue, durchscheinende gequollene Flocken ab (Amylopektin III).

Die mit den einzelnen gallertigen Phasen in Gleichgewicht stehenden Sole haben eine etwas hiShere Leiff~lhigkeit als das destillierte Wasser, die ,WaschwS.sser ~ abet nehmen keine nicht abdialysablen Elektro|yte aus der Gallerte mehr aufl). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

~) Die Leitf~lhtgkeit des vier Stunden elektrodialysierten destillierten Wassers betr~tgt 4--6.10-~ ~;, nach zwr Elektrolyse sinkt sie .... bei geniigend reiner Zimmerluft auf -- 2.1ft '~.

SAMEC UND MAYER, STUDIEN OBER PPLANZENKOLLOIDE. Xl. ~75

Wle bereits in einer frtiheren Mitteilung ausgeffihrt ~), entsprechen die im ersten Sol (1) vorhandenen Stoffe den Amylosen L. Maquenne 's bzw. der witsserigen Amylosenlbsung A. M a y e r ' s : die L~Ssung gibt mit Jod eine reinblaue Jodfarbe, ist d~nnfliissig und retrogradlert bei Zimmenemperatur innerhalb weniger Tage.

Die im Sol II enthaltene, also betm Kochen des Amyiopektins entstandene Substanz gibt aber mit Jod eine v.tolettrote Farbe; thre LSsungen sind dfinnfliissig, wie die LSsung,~n der Amylosen, sie retrogradieren im Gegensatz zu diesen monatelang, auch nach erfolgter Konzentration (ira Vakuum) auf 1 - 2 Proz. nicht. Beim Gefrieren der LSsung flockt die geliSste Substanz zwar aus, geht aber beim Auftauen

d e s Eises wieder glatt in L6sung. Die unvergleichlich viel gr66ere L6~ungsbesttlndigkeit des aus dem Amylopektin durch Kochen ent- stehenden Stoffes iiut3ert sich auch im Verhalten gegeniiber Fiillungs- mittein der Amylosen (Tab. 2). In Konzentrationen, in welchen Barium- hydroxyd und Tannin die Amylosen gfmzlich ausf/illen, erzeugen ste in LOsungen der aus dem Amylopektin entstandenen Substanz kaum eine-leichte Opalcszenz.

T a b e l l e 2. 10ccm e i n e r 0 , 3 5 p r o z e n t i g e n L 6 s u n g des K o h l e h y d r a t e s mi t w e c h s e l n d e r M e n g e g e s t t t t i g t e n B a r y t w a s s e r s bzw.

2 . 1 5 p r o z e n i g e r T a n n i n l 6 s u n g v e r s e t z t .

Konzentratton des I Fitllungsmittels in der 0,1 ~ I 0,2 ~

�9 Mischu.ng ___ I ........ !'-'~ 1 t 1"0 " 0,3 o/, 0,4 0/0 ,5 o/D

Amylosen klar. i klar F~lung~'eii~e I weifie flockige"Flilung

Barium- - , , ~ Zerfalis- nya~'oxya " . produkt des~ fast ... wedge

Amylo- I klar klar klar trub Ftillung pektins I

Konzentration des ., F~illungsmittels in der 0,09 ~ 0,18 o/o 0,27 ~ 0,36 ~ 0,45 0/o

Mischung

. . . . . . . . . . . . Amylosen klar opaleS-zent trftb trfib Nieder-schlag

Tannin Zerfalls- iprodukt des . kaum opales-

Amylo- ldar klar opales- zent tr~b ] pektins zent

1) M. Samec u. H. Haerdtl , Ioc. clt, 290.

~ 7 6 KOLLOIDCHEMISCPIE BEIHITTF BAND XIll, HEP'T 0--)2

V61!ig analog verh~ilt sich das aus dem Amylopektin il erhaltene SolIll. Auch dieses gibt mit Jod eine violettbraune bis weinrote Farbe und ist ahnlich I~sungsstabil, wie das Sol II.

II.

Symbat mit dem beschriebenen Wandel der kolloiden Eigenschaften des Amylopektins ~indert sich das elektrochemische Verhalten der L/~sung, welches durch die nachstehend beschriebene Versuchsffihrung besonders deutlich verfolgt werden kann. Ein dutch Eingieflen einer Stiirke- suspension in siedendes Wasser erhaltener zweiprozentiger St~rkeldeister wurde bis zur Konstanz der elektrischen Leiffiihigkeit etektrodialysiert, die beiden Phasen innig vermischt und tlach erfolgter Bestimmung der Konstanten in einem Platingef~!l~ drei Stuuden auf 120 o erhitzt. Die erhaltene L6sung wurde wieder elektrodialysiert, gemischt, abet- reals gekocht und die geschilderte Operation so lange wiederholt, bis die Leitfiihigkeit der elektrodialysierien l.~sung nahezu die des destil- lierten Wassers erreicht hat (Tab. 3). W~hrend der ersten Elektrodia/yse nimmt die Leitf~higkeit der Mischtmg ganz wesentlich zu. Diese auf den ersten Blick befremdende Tatsache steht mit unsererVorstellung yon der Existenz eines kolloiden Kohlehydratphosph0rsaure-Komplexes , welcher w~ihrend der Eie-ktrodialyse die Kationen gegen das weit be- weglichere H-hm austauschen muff, v611ig lm Einklange. Die elektro- metrische Bestimmung der Wasserstoffionen ergab ffir zweiprozentige St~rke H :~ 8 . lO-Tn und f~r eine zweiprozentige Amylopektini~sung H : 2 , 4 . 1 0 - 4 n . Diese Wa~serstoffionen wi|rden der [.6sung eine elektrische Leiff~lhigkeit yon ca. 8 , 4 . 1 0 ~g erteilen, ein Wert, der mit dem direkt beobachteten nahezu g~lnzlich iibe~einstimmt; so w/irde darnach eine nur miiflige Beweglichkeit des kolloiden ions ((-'~Hi00.~,)

PO4H ~ anzunehmen sein. Wiihrend des Kochens steigt ~ trotzdem aus den Oe~.~tl~wiinden

keine Elektrolyte in die Pliissigkeit einwandern ~ , wie bereits bekannt, die Leitf/ihigkeit welter. Auch die Tatsache, daft bei zunehmender Kochdauer die Leitfiihigkeit der .elektrodialysierten L6sung immer kleiner wird, wurde an anderer Stelle bereits beriicksichtigt~).

Bei genfigend langer Fortffihrung des geschiiderten Versuches strebt die Eigenleitfahigkeit der Sfiirkel6sung einem Endwerte yon 0 ,7 .10 -r' zu, welcher, wenn auch sehr wenig, doch merklich yon der Leitf~higkeit des elektrodialysierten, destillierten Wassers abweicht.

l) ,M..~:,a m e c, Kollo~dchem. Lh.ilL 8, ~ (l!)lt~).

SAME(: UND MAYFR, STUDIEH OBE[t, PFLANZI-NKOI.LOtDE, XI 277

T a b e l l e 3.

Vorgeschichte

Z w e i p r o z e n t i g e r K l e i s t e r abwechse|nd elcktrodialysiert und bei 120 0 gekocht.

tl ' M i s c h u n g S o l a n t e t l

Vet kleistert .

Eiektrodialysiert

Try.ken- I Aussehen iO ~. KI) ~e~alt') Aassehen Prozent

Gew0hnliche Kleister- trfibung

e trodiaysert II ester und gemischt triibung

3 Std. bei 1200 fast klar, gekocht braune Flocken

Elektrodialysiert

braune Flocken in klarer

Flfissigkeit

Neuerlich 3 Std. [arblosklar, ab- bei 1200 gekocht gesetzte

Flocken

Elektrodialysiert -

Gemischt . farblos klar mit wenig Fiocken

Ne.edich 4 Std farblos klar mit bei 120 e gekocht wenig Flocken

Hlektrr~dialysiert

Gemischt . farblos klar mit wenig Flocken

Gemisch t .

4,44

8,28

12,45

4,16

7,01

1,93

2,76

0,70

klar farblos

klar farblos

klar farblos

klar farblos

I0 ~ . K ~;

0,43

0,72

0,71

0,70

!) Bei 25 ~ C in zweiprozentiger LLmmg. ~) Aus zweiprozenttgt~ I.Osmlg entstehendet Solantei|. 3) Bei der angegebenen Konzentration.

~ ' ] ' 8 K O L L O I D C H E M I $ C H E BEIHF..PTE BAND XIII , H E F T 9--12

II1. Nach unseren Erfahrungen iibcr die Wirkung der Wasserstoffionen

auf das Verhalten der Stttrke beim Kochen war es vorauszusehen, dal~ bei dem in Tab. 3 dargestellten Versuche die Elektrolytabspaltung yon einem wesentlichen Abfall der mittlerea Molatgr6t~e begleitet scin mutL daft sich also die im Sol II befindlichen Suhstanzen wesentlicb yore L6sungszustande der nativen Stitrke entfernen. Der enorme Unter- schied im Ve~halten der neutralen und der sauren L6sung folgt teil- weise sch~n aus dem Vergleich der Daten der Tab. 1 and 3.

In neutraler Lbsung (Tab. 1) geht wtihrend einer dreistfindigen Kochdauer nur ein sehr kleiner Bruchteil des Amylopektins in die Solform fiber, in saurer L/5.~ung (Tab. 3) ist nach dreistiindigcm Kochen die zusammenh~ingende (3allerte ganz zerst6rt und nahezu 88 Proz. der gel/Ssten Substanz befindet sich im Sol, in welchem der Rest in Form gaUertiger Flocken suspendiert ist. Noch auffallender zeigt sich die eben angedeutete Ver~inderung der Stlirkesubstanz in Tab. 4, in welcher das osmotische Verhalten einer derart autopepti-

T a b e l l e 4. Z w e i p r o z e n t i g e - K a r t o f f e l s t ~ l r k e abwechselnd gekocht

und elektrodialysiert. iI: i . . . . Vorgeschich :e i KO 1) Kr ~) h ~) M 4) Anmerkung

~_~/,~: __!I'rn~:_ =ram___ . . . . . . . . . . . . . . . . . _ . . . . . . . . __

Starke '/2 St,rode b 120 ~ gekocht " ' I t 1,92 0,0 31 144,000

Amylopektin elektro- [[ diaiysiert . . . " H 2,3 0,0 47 113,000

. II Amylopektin 4 Std.

1,32 bei 1200 gekocht el~:ktrodialys!ert .

Abermals 4 Std. bei 1200 gekoeht und elektrodialysiert . 0,86

32,23

80,50

41 I 65,100

24 57,113 I

Kolne (t;dlensb.:~.beid,mg bei tier Ig|ektxt.,,dml)~.

l<oine GId}~tbsci ieid~mg bei der l,;lekt~odlsl y~e

~) KO = Prozentgehalt der Osmometerfliisslgkeit an nlcht dialysablez Substanz.

Kt==dlalysable Menge in Prozenten der gesamten gel6sten Subsianz. ~) h == Stelg]3Ohe ira Osmometerrohr ram S~irkelOsung. ~) ,VI == mittlere b'tola~grbOe der im Osmometer gebliebenen nicht dialysablen

Sabstanz.

5AMEC U N D MAYER, s ' r u o l e . U OBER PFLANZEMKOI.LOIDIB, X l . 2 7 9

sierten St~lrkel6sung in der fiblichen Weise dargestel l t ist. W~lhrend e ines viers t l indigen Erhitzens des elektrodialysierten Oelantelles fitllt die mittlere Molatgr66e yon 113000 auf 65100 und bei nochmai igem vierstilndigen Kochen bei 120 o auf 57113. Hierbei stlJd bereits f iber 80 Proz. der geiOsten Substanz so weit desaggregier t , daft sic dutch Kol lod iummembrane diffundieren und unserer Seh~itzung nach eine mittlere Molatgr6f~e yon M < : 2 0 0 0 besttzen.

Wie schon wiederholt , mu6 auch an dieser Stelle betont werden, was fiir unsichere Schl~sse die an sogenannten gereinigtert Stitrken gesammel ten Erfahrungen auf das Verhalten des n a t iv e n St~trkekorns erlauben und mit welcher ReServe gewisse Folgerungen E. Fo u a r d 's t) aufzunehmen sind.

T a b e l l e 5. Z w e i p r o z e n t i g e l ~ a r t o f f e l s t l i r k e abwechselnd gekocht

und elektrodialysiert.

O e l - A n t e i l . S o l - A n t e i l Vorgeschicht,'- '-~-(~ ......... ~:~ ... . . ~ ........ ~ ...... -K-O ....... K--~-----]~ . . . . . ~ ' - - -

eroz. rr ,)z, ram ._/___ eroz,. _.._Prroz~_ . ram ,

St~lrke 1/~ S t u n d e bei 120 ')gekocht . . . 1,87

Elektrodialysiert . { 1 0,29D

Oelsntell 6 Stunden bel 120') gekocht 1,04

Elektrodlalysiert . { 3,2

0,04 0,3.1 1,36

1,14 0 , ~

I

31 1 3 8 0 0 0 - - 39 116 400 0,31 6,S 1111000 - -

I

14 172O00 } - - 34 221 200 [l 0 , 5 5 . . . . II 1,58 8

0,6,5 9 79 ,800 "

8,3 9 141,000 6,6 27 185,000

Erhitzt man die e.lektrodialysierte Stiirkel6sung anstat t in Platin- gefal~en in einem Reinnickelgef'~f3, wie dies bei der Mehrzahl unserer Untersuchungen geschah, so erfolgt wiihrend des Kochens eine Neu- tralisation d e r freien Amylophosphorsi lure , die Leitflihigkeit nimmt. w~ihrend des Kochens anfangs ab --- da mehr H - l o n e n durch Neu- tralisation verschwinden als Elektrolyte durch Verseifung neugeblldet werden. Eine solche seibstneutralisierte L6sung zeigt nun jenes Ver- halten beim Erhitzen unter Druck, welches wir stets zu finden gewohnt waren �9 Allm~ihliche Abnahme der Viskositiit, Zunahme der Leiff 'ahigkeit

~ E. F o u a r d , l.'6tat colloidal de 1'am/don (Lava) 1911). ~) M,:ssung in 0,3prozentiger LOsung ausgefiihrt. s) Messung uach Konzentratlan aaf 1,7 Proz. ausgefit~t.

~80 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEPTE BAND XI|I , IlI~PT 9--12

bei schwacher Zunahme der mittleren Molatgr6fle)b Die osmotischeu Eigenschaften einzeiner bei einer solchen Versuch.~reihe erhaltenen

Fraktionen enthlllt Tab. 5. In volikommener Uebereinstimmung mit unseren frtiheren Beob-

achlungen zeigt auch dieser Versuch, dab w/lhrenddes Kochens mit Wasser ein kleiner Bruchteil der gel6sten Substanz in dialysable Form 0bergeht und dat~ infolge Auswanderns Solcher Molate die mittlere

Molatgr61~e des 0brigbleibenden kolioiden Anteils bei zunehmender Kochdauer ansteigt. Der Bruchteil der die Kollodiummembran pas-

siereaden Substanz bleibt in neutraler .L6sung auf einem sehr niedrigen Werte (h/Schstens 6 .... 8 Proz. der gel6sten Substanz), wiihrend in, wenn auch nur schwach saurer L6sung in der gleichen Zeit 0bet

80 Proz. der St~rkesubstanzen in dialysable Form Obergegangen sind.

FOr die im ersten Sol enthaltene Substanz (Amylosen) ergab diese Beslimmung 0bereinstimmend mit einer gro~en Zahl yon Kontroll- messungen eine mittlere Molatgr6Be yon ca. 80000 also einen wesent-

iich niedrigeren Weft als f0r die Stirke oder das Amylopektin. lm zweiten Sol (sechsstiindige Kochung und darauffolgende Elektrodialyse) reichert .sich eine Substanz mit der mitlleren Molatgr6Be der Sflirke

~ca. 1 3 0 ~ 140000) an~-). Zu einem sehr interessanten Ergebnis f~hrte auch die Bestimmung

de r optischen Drehung einzelner bei der beschriebenen Fraktionierung

auflretender Fraktionen (Tab. 6).

T a b e l l e 6. Z w e i p r o z e n t i g e S t i r k e a b w e c h s e l n d be i 120 ~ g e k o c h t

u n d e l e k t r o d i a l y s i e r t . I I I . . . . R , ,

Dauer des Kochens Stunden 0 i/~ 4 8

aj, des beim Erhitzen tier 2,4 �9 l ff -~ n-sauren LOsung ent- stehenden Sols . . . . . 189 o I .~ ~ 19~,5 ~

a[~ des bcim Erhitzen der neu- tralisierten 1.6sung entstehenden Sols . . . . . . . . . 1880 1880 19~ ~ 19fi,5 ~

t) M. Sam ec u. F. v. Hot' fit, Kolh)Jdchem. Beih 5, 141 (191..3 j; 54, Sam ec, Kolloidchem Belh. 8, 3,3 (1916).

'-') Zur Kon~roile wurde der osmolisc.he 1)ruck d~s Amylope.ktins sowie de~ daraus eutstehende~ Sols in zwei verschiedenen Konzentrstionr aa~ge.fuhr! (0~---0,5 Proz und 1,6 .-1,9 Proz.), das Resultat blieb infJerhall, cle~ Pehler, grcl)~e dasselt,r

5~,b'lt:C UNI) MAY~R. STt.ID!EN f'BER PFLANZENKOLLOIDE, XI. ,2,ql

Die rctrogradietenden, mit Jod sich bi'auenden Amyiosen zeigen eit~,: geringere optische Aktivit~it als die nicht retrogradierenden mit Jod sich ri')ienden Substailze~ uad zwar ohl~e Riicksicht darauf, ob diese ein~' ~esentlich h6tiere (wie he lm Ko~:hen in neutra{er L6sung) oder eine um ein Vielfaches kleinere mittler~. /Vtolatgr66e besitzen (Kochen der L6sung mit eigensamer Reaktion) als die Amylosen.

IV.

Die vorstehend beschriebene Arbeitsweise ermOglichte uns also die Charakteristik derjenigen organischen Substanz, die gepaart rail Phosphorsiiure den kleisterbiidenden Anteil der L6sung yon Kartoffel- stiirke bildet und die sich i~1 der unter Druck erhitzten Stirkei6sung in dem Ma~e anreichert, in welchem die St~irkelOsung ihre hohe inhere Reibung verliert. Die Substanz biidet vollkommen wasserkiare leicht bewegliche und zeitlich auBerordentlich best~lndige L6sungen und liefert nsit Jod weinrote F~lrbungen, welche im Kolorimeter auch in Mischungen mit Amylosen scharf festgestellt werden k6nnen. Da die Substanz kaum ein mcrkliches Reduktionsvermi~geli besitzt, mul~ sie in die Oruppe clef E r y t h r o a m y I o.s e n eingereiht werdenl), wiihrend die L, M a q u e n n e ' s c h e n Amylosen ais A m y l o - a m y i o s e n bezeich,et werden k6nnten.

Zwecks solcher kolorimetrischer Untersuchungen wurde im Kolori- meter nach D u b o s q u e ein Zylirtder mit 100 ccm einer 0 , 0 3 - 0 , 0 4 p r o - zentigen L~sung der Amylosen (Sol I) gef/illt, welcher 0,5 ccm einer t/j~,0normalen .! KJ- L6sung zugesetzt worden waren. Die L~Ssung ist rein blau. lm zweiten Zylinder befand sich eine ebenso konzentrierte L6sung der Amglosen oder das Sol 11 (Erythroamylosen), sie erhielt abet wachsende Mengen yon der JodlOsung. Um gleiche HeUigkeit der Oesichtsfeider zu erhalten, muBte bei konstanter Schichtdicke der Vergleichsfliissigkeit die Schichtdicke der gemessenen Flfissigkeit (ducch Eintauchen eines Glas-Hohlzylinders) um so mehr verringert werden, ie mehr Jodl/)sung zugesetzt worden war, ie intensiver also die Farbe geworden war.

Liegen reiue Amylo-amylosen vor, so bleibt die Fi~ssigkeit so lange rein blau, bis in der L6sung freies Jf~d auftritt und mit dem

Blau der L6sung eine schmutztggr/ine Mischfarbe iiefert. Enthiilt die Fliissigkeit neben den Amylosen auch Amylopektin oder seine organisch~: G, undsubstanz, so bedingen steigende Jodmengen zml~ichst eine Vet ticflmg der blauen Farbe ohne Spur you Rot, und wenn die Amyl~.~,'~

s} M. Samec , Kolloidcilem. Beih. 10, 31),1 (1919).

19

~8~ KOLLOII3CHE]~L[SCHE BEIHEFTE BAND XIII, HEFT 9.-12

mit Jod gesiittigt erscheinen, bringen weitere Jodmengen emen r6t- lichen Parbenton hervor, der sich mit zunehmender Jodmenge vertieft, um sich schliefllich einem Ronstanten Werte zu nahern. Das Auftreten der violetten bzw. r6tlichen Farbe later sich im Kolorimeter au6er- ordentlich scharf verfolgen. Natiirlicherweise ist das Kolorimetrieren der nunmehr violett-roten Fliissigkeit gegen das blaue Vergleichsfeld m~sicher, liefert aber dennoch •r m~sere Zwecke vorlaufig genug genaue Werte. Errechnet man aus den Einstellungen am Kolorimeter die Schichtdicken (a), um welche die Flfissigkeitsschicht vermindert werden muff, damit gleiche Helligkeit der Gesichtsfelder auftritt, so erh~it man Wer~e, wie sie in Tab. 7 und 8 zusammengestellt sind.

T a b e l l e 7.

L. M a q u e n n e ' s c h e A m y l o s e n durch V2stiindiges Erhitzen der Stgakel6sung auf 1200 und darauffolgende Elektrodialyse erhalten. Konzentration 0,035 Proz. Nullsteilung am Kolorimeter == 60 Teilstriche.

Zu lOOccm L6sung zuge- I t

~ung . . . . . cem 0,5 1,0 ] 2,5 6,0 7,5 �9 10,0

Farbe . . . . . . . blau blaul blau blau blau gT~nlich I

a . . . . . . . . . , 0 34,3] 50,1 54,6 55,9 56,0

Aus Tab. 8 geht ferner hervor, daff bei Vorhandensein der (Amylo- amylosen) neben den Erythroamylosen das Jod zuerst yon den ersteren aufgenommen wird und exst nach Absittigung dieser mit den Erythro- amylosen in met~bare Beziehung tritt.

T a b e l l e 8.

, S o l il ~ g e w o n n e n d u r c h s e c h s s t / i n d i g e s E r h i t z e n des n i c h t welter gewaschenen Amylopektins und darauffolgende 14stfindige Elektrodiaiyse. Konzentration 0,035 Proz. Nullste]lung am Kolorimeter

= 60 Teilstriche.

ge.selzte Menge 1/i0o n tl i' 05J 10 i 2,5 5,0 7.', ,0.0 J I1 ,0 i! , , . I rot. t r o t - I rot-/violett/ blau blau ~vloleit I:'a~b~ . . . . ' " ' ' violett violettlvtolett l braun ] vtolett , . braun

. . . . . . . . B o t:~,31 52,4 15~.o [ 53.9 I ~ .2 f 54.6 / r~.o

SAMEC UND MAYER, STUDIEN UBER PFLANZENKOLI.OIDE, Xl ~ ; ' ~

Mit der geschilderten Methode war es m6glich festzustellen, dab bei I/2stfindigem Kochen der Stiirke bei 120 ~ noch keine nachweisbare Menge der mit Jod sich r6tenden Substanz in das Sol iibergehr dab

dies aber wiihrend eines einstiindigen Kochens der Fall ist.

Die Konstanz der Farbenintensitiit ist bei den Amyio-amylosen

erre|cht, wenn auf 100 ccm einer 0,035prozentigen L6sung 7 ,5- - 10 ccm I/lo 0 n JKJ-L/~sung zugesetzt worden waren; gleichzeitig I~Bt sich an der Farbenanderung auch das Auftreten yon freiem Jot! verfolgen. Daraus wiirde folgen, dab unter den gegebenen Verhaltnissen 0,03,5 g

Amyloamylosen ungef~lhr V100oo Gramrniiquivalent oder 350 g Amylo- amylosen e in Gramm~iquivalent Jod binden, was zn einer st/~rhio-

metrischen Beziehung yon t,.ahezu (CoH10Os}.zJ fiihren wiirde.

In Tab. 8 erscheint die violette Farbe nach Zusatz yon 2,5 ccm

1/10onJKJ-L6sung zu 100 ccm des Sols. Unter Ber~ickstchtigung der eben entwickelten Bezfehung betragt die Menge der Amyloamylosen in diesem Sol ungef/ihr 0,0035 ~ 0,0092 Proz., der Rest (mindestens 0,0258 Proz.) entfitllt auf Erythroamylosen. Die Hauptmenge dee

Tinktionskraft kommt dem Komplexe. Jod-AmyloamyloserJ zu, 1inch vollendeter B|idung desselben steigt die Farbenintensit~tt der Mischung

wesentllch schwacher an, als bei reinen Amyloamylosen. Die zur Erlangung der Farbenkonstanz n6tige Jodmenge erscheint --- soweit

die bisherigen IJntersuchungen reichen ~ bei den Erythroamyiosen gr0Ber zu sein und n~ihert sich dem Verhiiltnis (C_~H10OOsJ~. Die so gefundenen Jodmengen sind wesentlich h6her als man bisher ffir

den Komplex Jod-Stttrke anzunehmen gewohnt war. F. M y l i u s I) fand bekanntlich ffir seine Jodstarke die st6ehiometrische Beziehung

(CGHloOsh0J~ + HJ mit 17--19,7 Proz. Jod.

Nach A. M e y e r ~) sind in der blauen Jodstiirke 31.96 Proz. Gesarnt. iod, hiervon 24,~26 Proz. als freies Jod vothanden. J. M e l l a n b y '~)

nimmt die Existenz einer Jodst/irkeverbindung (C~H10Obh0 J und einer Jodst.arkegranuloseverbindung (C6 Hi00~)~ J an, welche welter Jod dul ch Adsorption aufnehmen k6nnen. Aus unseren kolorimetris~'hen Messungen wurde fiir die Jodstiirke ein Jodgehalt yon etwas weniger als 36 Proz. folgen. Etne ausffihrliche Diskussion der Frage iiber die Jod-St~irke- Komplexe behalten wir uns fiir eine der~folgenden Mitteilungen vor.

t) F. Myl ius , Ber. d. Deutsch. chem. Qes. 20, 681) 11887). A. M e y e r, Untersuchungen ~iber die StArkek6rner (Jena 189.5 }

s~ j. M e l l a n b y , Biochem. Journ. 13, 28 ,1919j.

IW =

~ 8 ' | KOLIO[DCHEMISCHE BEIHEPTE BAND XIll, HEPT 9---12

V.

Die Feststellung, dab in den St~rkeiOsungen eine in W'asser glatt ohne Kleisterbildung |~,sliche und dabei nicht retrogradierende Substanz existlert, die mit Rficksicht auf ihre mittlere Molatgr6Be nicht ais ein Abbau- oder Desaggregationsprodukt aufgefa6t werden kann, bringt uns der Entwirrung des Stlirkeproblems um einen weiteren Schritt nahdr.

Beim Verquellen tier St~irkekOrner treten die AmyloamYlosen aus dem St~irkestroma aus. Der hier einsetzende Prozet~ h'iuft beim Er- hitzen der Stiirke unter Druck weiter und findet bei 120 ~ innerhalb einer guten halbert Stunde sein Ende. Pitllt man zu diesem Zeitpunkte das Amylopektin durch Elektrodesintegration, so erhll t man eine nahezu reine Lt3sung der Amylosen, ffir welche neben anderen bereits bekannten Eigenschaften eine speziflsche Drehung az, = 1890 und eine mittlere MolatgrO6e yon rund M = 80000 festgestellt werden konnte.

[)as Amylopektin geht beim Erhitzen mit Wasser unter Druck in neutraler L6sung ohne wesentliche Aenderung des Dispersit~tsgrades unter Verlust der Elektrolyte in die Erythroamylosen fiber, welche sich v<~m Amylopektin durch das Fehlen der hohen Zahigkeit und der gr6t~eren elektrischen Leitfiihigkeit unterscheiden, lhre spezifische Drehung betritgt OLD = 195 - - 196 o und die mittlere Motatg'r66e ungeflthr M = l,q0 - - 140 000. Da die Amyloamylosen bet einer zweiprozentigen Kartoffelst~rkei6sung nur 0,35 Proz. also etwa 18 Proz. des wasserfreien Srtirkeko[ns ansmachen, kommen wtr zu dem sehr interessanten Erg~bnis, dag die ,Amylosen ' , deren blaue Jodfarbe als ein so wesentliches Charakteristikon der St~irkelOsungen gilt, nur zu einem kleinen Bruch- tell am Aufbau des Kartoffelst~irkekorns beteiligt sind. Da sie dutch Ret~ogradation ihre T i n k t i o n s k r a f t verlieren, wiihrend die Erythro- amylosen 16sungsstabil sind, ist es verst|indlich, dat3 alternde Stirke- 16sungen (deren Amylopektin zum Tell in ISrythroamylosen 6bergeffihrt worden war) eine violette bzw. rotbraune Jodfarbe zeigen und so hliufig einen Abbau vort~iuschen.

Es wird ferner verstiindlich, warum die Geschwindigkeit des fermentativen Starkeabbaues ~ sofern man sie dutch Bestimmung d'er Jodfarbe verfolgt ~ im Erythrodextrinstadium eine Verz/~gerung auf- welst: im Moment, wo die blaue Jodfarbe verschwindet, sind die Amyloamyiosen his zur Erythrostufe verandert; da aber die Amylo- amylosen nur 17 Proz. der KartoffeJstarkesubstanz ausmachen, ist es begreiflich, dat~ aueh bei gleichbleibender Abbaugeschwindtgkeit die Er~ihrostufe der Stiirkel6sung in einem llngeren Zeitraum durchlaufen wird, als die Amylostufe (blaue ,/odfarbe).

SAME(: UND MAYER, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE, XI. 2 8 5

Die Erythroamylosen bilden eine Substanzgruppe, welcber man mit Recht den Namen 1 6 s l i c h e S t t r k e beilegen.dtirfte, denn sic verdanken ihre LOslichkeit nicht einem weniger hohen Aggregations- grad, sondern ]ener molekularen Eigentiimlichkeit, welche auch die rote FarbenttSnung mit Jod bedtngt.

In der 10. Mitteilung l) konnten wit zeigen, dab unter dem Ein- flusse yon Formaldehyd die Starke ohne Aenderung des Dispersit~its- grades ihre F~higkeit, sich mit Jod blau zu fiirben, verliert, und fiihrten diese Veriinderung in AnIehnung an W.v. K a u f m a n n ~ au| eine Oeffnung yon Sauerstoffringen dutch Formaldehyd zurfick. Wenn wir diese Ansicht, die e i n e aber nicht die e i n z i g e theoretische Be- grfindung ffir die Aenderung der Jodfarbe vorsteilt, auch auf den vor- iiegenden Pall anwenden wollten, miiflten wit in der Struktur der Amyloamylosen Sauerstoffringe denken, wahrend die Erythroamylosen an deren Stelle Hydroxylgruppen enthielten. In guter Uebereinsttmmung mit dieser Ansicht steht die Tatsache, dab die Amyloamylosen retro- gradieren und die Erythroamylosen trotz des lf6heren Polymerisations- grades 16sungsstabil sind.

Setzt man zu den Amyloamylosen eine genfigende Menge KJ hinzu, so geben auch diese mit J eine violett- bis rotbraune Farbe; den gleichen Effekt bringen abet auch andere Saize mit starken lyotropen Wirkungen hervor wie z. B. BaCI~, LiCI und andere. In jenen Konzentrationen, tn welchen diese Salze den Umschlag der Jodfarbe bedingen, halten sic auch die Retrogradation der Amyloamylosen auf und verursachen einen schwachen Abfall des optischen Drehungs- verrn6gens (durch sechsprozentiges KJ yon 189 0 auf 182,4~ ganz analog, wie dies bei der Formaldehydwirkung beobachtet worden war. Dutch Enffernen des Salzes kehrt die blaue Jodfarbe sowie die F~ihig- keit zur Retrogradation wieder. Im Oegensatz hierzu bleiben die Erythroamylosen durch iyotrope $alze sowohl im klinblick aa! die Jodfarbe, als auch auf die optische Drehung vollkommen unbeeiafluBt und wit kennen bisher noch keinen Weg, um die rote Jodfarbe der Erythroamylosen in die blaue fiberzuf~hren.

Es sind in diesem Zusammenhange die-Beobachtungen yon H. P r i n g s h e i m 8) besonders interessant, dal~ eine Gruppe der durch das Bacterium macerans cntstehenden Polysaccharide (die /~-Reihe)

1) M. Samec u. A. Mayer, Kolloidchem. Beih. 13, 165 (1920). W.v. Kaufmana u. A.Lewite, Ber.d. Deutsch. chem. Ges. 52, 616 (1919~.

8) H. P r ingshe im, Polysaccharide (Be.rlin.1919), 86.

28[c~ KOl I.OIDr.'.HEMISCHE BEIHEFTE BAND XlIl, HEI-T 9 - lX

mit Jod rotbraune und eine zweite Gruppe (die u-Re|he) griine Additions- produkte liefert, und dab die ersteren eine hOhere spezifische Drehung besitzen al$ die letzteren. Es |st nicht unmOglich, dab die Unter- schiede zwisehen den Erythro- und Amyloamylosen schon in der Ver- .schiedenheit der a - und fl-Reihe der einfachen Stiirkeabbauprodukte, mit denen die genannten Polysaccharide in einer genetischen Beziehung stehen miissen; begriindet |st. Etne Kliirung i:lieser Frage dtirften die im Gange befindlichen Abbauversuche der Amyto- und Erythro- amylosen bringen.

VI.

Es ist eine heute ziemlich ailgemein verbreitete Anschauung, daiS die hohen .Molekulargew'ichte r welche verschiedene Methoden fiir manche Kolloide ]iefern, durchaus nicht Konstanten der kleinsten kinetischen Molekel dieser Stoffe bedeuten, sondern dutch Molekiil- aggregate bedingt werden, welehe zwar die gleichen chemischen Eigen- schaften wie die ,Elementarmolekei" besitzen, sich yon dieser aber in ihrem l~hysikochemischen Verhalten mehr oder weniger unte.rscheiden. Wit haben dieser Anschauung dutch die Wahl der Bezeichnung Molat t) ~Molatgewicht) Ausdruck gegeben, ohne auf die heute kaum mit Sicherheit zu entscheidende Frage - - welche Art der Kr~ifte den Zusammenhalt der Elementarmolekeln im Molat bewirken - - einzugehen.

I)em Problem der Gr(iiSenordnung der ,l_:lementarmolekel" der SOirkesubstanzen bringen uns die vorstehend bt-schriebenen VerstJche etwas n/iher.

WJe l'ab. 4 zeigt, gelingl es dutch Erhitzen des elektrodialysierten (sauren) Amylopektips mit Wasser be| 120 ~ etwa 80 I)roz. der gel~sten Substanz in eine dutch Kollodium permeable t~orrn zu bringen, ohne dab gich hierbei die wesentlichen Eigenschaften der Erythroamylosen itndern w/lrden. Die optische Drehung und die .lodfarbe hie|ben konstant, ein nennenswertes Reduktionsvermiigen tritt nicht attf. Aimlog tassen sich auch Arnyloamylosen durch F.rhitzen mit ~ul~ers!

verdtinnten Siiurerl soweit desaggregieren, dal~ si.e dutch Koliodium- membranen diffundieren. Dieses Phiinomen, welches E. F o u a r d 2) zum Gegenstande ausffihrlicher Untersuchungerl gemacht hat, erm6glicht uns eine Seh~itzting der IMo|atgr6fSe der die KollocLiummembran

l) M. S a m e c u. F.v. H o e f l t , loc. cit. :) E. Foua rd , L'~Stat colloidal de I'amidon (Lavat 1!)11),

SAMEC UND MAYER, STUDIEN OBER PFLANZt-:NKOLLOID["., XI. 287

penetrierenden Teilchen. Es hat, sich bei einer grolSen Anzahl yon Bestimmungen des osmotischen Druckes gezeigt, dal3 die yon uns

gebrauchten Membranen h6chstens noch Teilchen mit einer Molatgr6tSe yon M > ca. 2000 zurfickhalten. Da die in spurenweise saurer L6sung

entstehenden Desaggregationsprodukte der Amyiosen die Kollodium- membran passieren, diirften sie fast sicher eine mittlere Molatg, r6fle yon M <: 9000 haben-

In letzter Zeit hat P. K a r re r ~) durch Methylierung der Stiirke unter Bedingungen, unter denen die glukosidischen Bindungen von Polysacchariden im allgemeinen nicht gel6st werden, Produkte erhalten,

deren MolekulargrOl~e sich zwischen 1000 und 2000 bewegt, also in einer GrOt~enordnung, auf weiche uns die physikochemiscben Messungen der St~rke hiaweise'1.

Zusammenfusung .

1. Durch Eiektrodesintegration yon St~irkelOsungen wurde eine retrogradierende L6sung yon Amylosen mit blauer Jodfarbe (Amyio- amylosen), einer optischen Drehung yon "9 : 1890 und einer mittleren Molatgr6fle M :=ca. 80000 erhalten. Diese Fraktion entspricht den

Amylosen yon L. M a q u e n n e und macht ca. 17 Proz. der ganzen Stiirkesubstanz aus. Sie ist nahezu elektroneutral.

2. Das yon den Amyloamylosen befreite Amylopektin zeigt eine violettrote Jodfarbe, in zweiprozentiger L6sung eine elektrische Leit- fiihigkeit yon 8,3.10 -5 und eine H - Ionen- Konzentration yon 2,4.10 -4 n.

Seine mittlere Molatgr6t~e betriigt 113000. 3. Aus dem Amylopektin entstehen beim Erhitzen mit Wasser

unter Druck in neutraler L6sung nicht retrogradierende Erythroamylosen mit weinroter Jodfarbe, aD--= 1 9 5 - - 1 9 6 o und einer mittleren Molat- gr61~e M = ca. 130 --- 140 000.

4. In der L6sung mit eigensaurer Reaktion wird das Amylopektin nicht nut verseift, sondern auch desaggregiert und liefert innerhalb sechs Stunden an 80 Proz. dialysable Substanzen, der kolloide Rest hat eine mittlere Molatgr6t3e yon 57000. Die J0dfarbe bleibt wein- rot, aV = 195 - - ! 960.

5. Das Auftreten der Erythroamylosen in der L6sung I/lt~t sich kolorimetrisch auch bei Anwesenheit eines Ueberschusses yon Amylo- amylosen feststellen.

1) p. Karrer ; HeIr chia~, acta Ill, 620; Chem. Zentralbl. III, 880 (1920J.

2 ~ 8 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEP'TE RAND XIII, HEFT 9--12

6. Aus der Aenderung der Jodfarbe bei steigendem JodzusaW folgt fflr den Komplex Jod-Amytoamylosen ein Mengenverhitltnis der Bestandteile (CsH10Os~.I. Die Erythroamylosen scheinen mehr Jod aufzunehmen.

7. Die Eryth~oamy|osen w~rden den Namen ,J~sliche St~ke ~ rechtfertigen.

8. Die ,Elementarmolekel" der St~irke d0ffte ein Molekulargewicht unter M = 2000 haben.