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Studien Ober PflanzenkolloideXXVII. Weitere Beitr ge zur Differenzierung der Amylo- und Erythrok6rper bei St ,rke. Von M. Samec, nach Versuchen von E. Pehani und J. Stojkovid. (Aus dem Chemischen Institut der K6nig-Alexander-Universit~t in Laibach, Jugoslavien.) (Mit 6 Figuren.) (Eingegangen am ii. April 1931.) Unsere bisherige Kenntnis der verschiedenen Jodft~rbungen von Stttrkesubstanzen ffihrte zu der Annahme, dab die Oberflt~chen der Amylo- und Erythroteilchen verschieden ausgebildet sind und mit ver- schiedenen tibermolekularen bzw. iibermicellaren Kr~ften ausgestattet sind; Teilchen mit starken solchen Kr~ften geben eine blaue und TeiI- chen mit schwttcheren eine violett-rote bis rote Jodfarbe. 1) Um dem Grunde ftir diese Differenzierung nigher zu kommen, studierten wir einige weitere Merkmale dieser St~rkefraktionen. 1. Adsorbierbarkeit durch Baumwollr Wie in der eben zitierten Abhandlung angeftihrt, beobachtete C. Tanret2), dab Amylo.sen yon Baumwolle erheblich sorbiert werden, w/~hrend das Amylopektin nicht aufgenommen wird. Ftir unsere Frage- stellung ist diese Beobachtung nicht ohne weiteres auszuwerten, da das Amylopektin als gallertartiges Kolloid wohl prinzipiell andere kolloide Eigenschaften haben kann als die Amylosen. Wir untersuchten daher das Verhalten der einzelnen beim Druck- kochen yon Kartoffelstt~rke erhaltenen Sole auf ihr Verhalten gegen Baumwolle. Anfangs arbeiteten wit mit dem Apparat, wie er yon Wislicenus zur quantitativen Bestimmung der leimenden Kolloide / 1) M. Samec u. M. Blinc, Kolloidchem. Beih. 30, 163 (1930). 2) C. Tanrer, Compt. rend. 158, 1353 (1914).

Studien über Pflanzenkolloide XXVII

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Page 1: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

Studien Ober PflanzenkolloideXXVII. Weitere Beitr ge zur Differenzierung der Amylo- und Erythrok6rper bei St ,rke.

Von M. S a m e c , nach Versuchen von E. P e h a n i und J. S t o j k o v i d .

(Aus dem Chemischen Institut der K6nig-Alexander-Universit~t in Laibach, Jugoslavien.)

(Mit 6 Figuren.) (Eingegangen am i i . April 1931.)

Unsere bisherige Kenntnis der verschiedenen Jodft~rbungen von Stttrkesubstanzen ffihrte zu der Annahme, dab die Oberflt~chen der Amylo- und Erythroteilchen verschieden ausgebildet sind und mit ver- schiedenen tibermolekularen bzw. iibermicellaren Kr~ften ausgestattet sind; Teilchen mit starken solchen Kr~ften geben eine blaue und TeiI- chen mit schwttcheren eine violett-rote bis rote Jodfarbe. 1) Um dem Grunde ftir diese Differenzierung nigher zu kommen, studierten wir einige weitere Merkmale dieser St~rkefraktionen.

1. A d s o r b i e r b a r k e i t d u r c h B a u m w o l l r

Wie in der eben zitierten Abhandlung angeftihrt, beobachtete C. Tanre t2 ) , dab Amylo.sen yon Baumwolle erheblich sorbiert werden,

w/~hrend das Amylopektin nicht aufgenommen wird. Ftir unsere Frage- stellung ist diese Beobachtung nicht ohne weiteres auszuwerten, da das Amylopektin als gallertartiges Kolloid wohl prinzipiell andere kolloide Eigenschaften haben kann als die Amylosen.

Wir untersuchten daher das Verhalten der einzelnen beim Druck- kochen yon Kartoffelstt~rke erhaltenen S o l e auf ihr Verhalten gegen Baumwolle. Anfangs arbeiteten wit mit dem Apparat , wie er yon W i s l i c e n u s zur quanti tat iven Bestimmung der leimenden Kolloide

/

1) M. Samec u. M. Blinc, Kolloidchem. Beih. 30, 163 (1930). 2) C. Tanrer , Compt. rend. 158, 1353 (1914).

Page 2: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

1 0 4 : KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXIII, HEFT 1--4

konstruier t worden ist. 1) Es erwies sich jedoch die Appara tu r ftir unsere

Zwecke nicht recht dienlich, da sie nur wenige Best immungen t~glich

auszuftihren ermSgJiehte; ferner war es schwierig, einen gleichm~ifligen

Fltissigkeitsstrom zu erhalten, und deswegen variierten die Resultate

stark; es reicht nS~mlich die Menge der Baumwolle, welche in die Sorbens-

gefSA3e untergebracht werden kann, ftir eine totale Sorption der Amy-

losen nicht aus. Deswegen arbeiteten wir dann einfach mittels Ein- tauchens yon reinster B r u n s s c h e r Wat t e in die Sole. s)

Einige Ergebnisse dieser Versuche zeigen Tabelle I und II.

T a b e l l e I. 1 0 0 c m 3 0 , 1 p r o z e n t i g e s S o l + 2 g W a t t e .

Adsorbierte Menge St~rkesubstanz in Prozenten der Anfangsmenge

(Mittelwerte aus mehreren Be- stlmmungen) . . . . . . . .

Die von 1 g Watte sorbierte Menge St/irkesubstanz (Milligramm)

T a b e l l e II.

Sol I

3 1 - - 3 5

17,4

Sol II Sol III

10,5 6,3

6,5 3,2

K o n z e n t r a t i o n d e r S o l e = 0 , 3 6 P r o z .

Sol IV

5,3

2,7

Adsorbierte Menge [ Sol I St~irkesubstanz in / Sol II Prozenten der Aus-

gangsmenge Sol III

Von 1 g Watte auf- [ Sol I genommene Menge ] Sol II St~irkesubstanz in

Milligramm ( Sol III

Auf 100 cm a Sol eingewogcne Menge Watte Gramm)

2 3 [ 4

8,46 2 5 8 17,89 7,64 16,51 1,03 2,80 / 2,97

1~,86 28,82 17,66

1,74 1 0,34

37,61 43,41

15,2 - - 16,1 - - 17,2 16,9 15,6 12,4 16,9 16,1 14,1 11,0

1,8 3,3 2,7 1,2 0,2

1) Vgl. R. Lo renz u. H. Wis l i cenus , Koll.-Zeitschr. 84, 169, 201 (1924); H. Wis l i cenus , Zeitschr. f. angew. Chem. 80, 801 (1917).

2) In eine Reihe von 100 cm 3 fassenden ZentrifugierrShrchen, welche mit Glasdeckeln versehen waren, wurde eine gewisse Menge Watte eingewogen und mit 100 cm a des Sols bekannter Konzentration versetzt. Die Watte muflte aus frisch geSffneten Piickchen entnommen werden; lag sie l~ingere Zeit an der Laboratoriumsluft, so ergaben sich Unregelm~iBigkeiten, vor allem war die adsorbierte Menge viel geringer. Dutch 6 Stunden (Zimmertemperatur) wurde die Watte immer wieder mit dem Gtasstabe umger/ihrt, sodann auf den Boden geprelk, und die R6hren fiber Nacht stehen gelassen, damit sich alle suspen- dierten Partikel absetzten. Am n~ichsten Morgen wurden 20 cm 3 Sol ab- pipettiert, darin der Trockengehalt ermittelt (105--110 o C) und in einem anderen Fliissigkeitsteil die Jodfarbe bestimmt. [Methode vgl. M. Samec u. A. Meyer , Kolloidchem. Beih. 13, 281 (1921).

Page 3: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMEC, STUD1EN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXVll 105

Die mitgetei l ten Zahlen lassen erkennen, dab tats~tchlich ein s tarker Unterschied in der Sorbierbarkei t der einzelnen St~irkefraktionen be- s teht : die Amylok6rpe r werden stark, die E ry th rok6rpe r sehr schwach yon Wat t e aufgenommen.

Nicht weniger ek la tant folgt diese selektive Sorpt ion aus den Jod- fS~rbungen, welche die einzelnen Sole nach der Berfihrung mit Wa t t e geben.

Das Sol I zeigt bekannt l ich eine sch6ne reinblaue Jodfarbe , welche bei Jodtiberschufl in Grtin fibergeht. 1) Die ftir diesen Farbenf ibergang notwendige Jodmenge ist der Konzent ra t ion des Amylok6rpers propor- tional, und so ist es verst~indlich, dab bei diesem Sol der grfine Farben- stieh naeh Zusatz einer um so geringeren Jodmenge auftr i t t , mit je mehr Wat t e die L6sung in Bert ihrung gestanden ha t (Tabelle I I I ) .

T a b e l l e [ I I .

Zu 100 cm B 0,36prozemiges Sol zugesetzte Watte in Gramm

4 6 8 10

Die zum Erzielen des griinen Farben- tones notwendige Menge Jod- 15sung (cm 8 1/100n K13) auf 100 cm 8 0,036prozentiges Sol . . 10 8 7,5 6,5 5,5 4,5

Beim Sol II , besonders aber be im Sol I I I , welche nur wenig Amylo-

k6rper neben tiberschtissigen Ery throkSrpern enthalten, bedingt aber die Berfihrung mit W a t t e eine d i rekte /~nderung der Jodfarbe . Man hat es so in der Hand, Erythrosole frei von Amylok6rpern herzustellen (Tabelle IV).

T a b e l l e IV.

[ ohne Jodfarbedes / __Watte

Sols II | mit / Watte~

[ ohne Jodfarbe I Watt e

des | mit Sols III | Watte ~)

|

Zu 100 cm a 0,035prozentigen Sol zugesetzte Menge 1/100n KJ3-L6sung, cm 3

0,5

licht- blau

1,5

dunkel- blau

2,5

blau Spur

violett

3,5 4,5

violett rot blau- stichig

5,5

rot blau- stichig

hellrosa- rosarot lebhaft rot rot rot rot rot

licht- stahl- violett braun- rot rot blau blau rot

rot rot lebhaft karmin-

rot

hell- karmin-

r o t

t) Bei Betrachtung im Kolorimeter. 3) 7 g Watte auf 100 ecru 0,36prozentiges Sol. 3) 6 g Watte auf 100 ccm 0,36 prozentiges Sol.

zinnober- rot

Page 4: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

106 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXIII , HEFT 1 ~ *

2. Assoziat ion und Hydratation.

Eine andere Folge der verschiedenen Anziehungskr~fte der Teilchen der einzelnen St~irkefraktionen w~re eine versehiedene Assoziations- und Hydratationstendenz. Wir hatten schon wiederholt Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dab das Sol I sehr leic!lt ausflockt, wghrend die h6heren Sole stabil sind, und wir brachten dieses Verhalten in kausalen Zusammenhang mit der verschiedenen Teilchenanziehung. 1)

Eine gewisse Schiitzung darfiber, ob in einer gegebenen L6sung durch fibermolekulare Kr~fte gebildete Teilchenaggregate vorhanden sind oder dutch ~(ovalenzen gebildete groi3e Moleke]n, er]aubt uns die innere Reibung 'der L6sungen bei verschiedenen Temperaturen. Da die Wirkung der Assoziationskrgfte mit steigender Temperatur kontinuierlich abnimmt, die ,,chemischen" Bindungen aber, solange die Temperatur eine gewisse Grenze nicht tiberschreitet, nicht tangiert werden, bedingt cine Temperaturerh6hung eine Zerkleinerung der Teil- chenaggregate, was in einer Abnahme der relativen ViskositAt zum Ausdruck kommt, s) Analog wird aueh die Solvatation durch Temperatur- erh6hung gedrtickt. Im Gegensatze zu der Temperaturwirkung wird durch zunehmende Verdtinnung wohl die Assoziation, nicht aber die Hydratafion verminderL

Wir untersuchten von diesem Gesichtspunkte aus die innere Rei- bung der Kartoffelstiirkesole I--IV bei drei versehiedenen Konzentra- tionen und drei verschiedenen Temperaturen und fanden die dutch die Tabelle V und VI wiedergegebenen Resultate. 3)

Wir ffihren in ihr aufler der relativen Rcibung noch den H. S tau-

dingerschen Quotienten qsp an.*) Da dieser Quotient gleich ist c

~sp K �9 N L , q0 ,5)

c ~ M '

I) M. Samec u. M. Blinc, Kolloidchem. Beih. 30, 163 0930). 2) Vgl. H. Staudingcr u. W. Heuser, B. 62, 29~3 (1929). a) Drei Thermostaten wurdcn auf 30, 40 und 500 C gchalten, die Viskosit~.t

mit dcm Ostwaldschcn Viskosimeter (Wasserwcrte t3o0= 78,68, t4o o= 65,16, t500-----55,22 Sekunden) bestimmt. Die L6sungen wurden dutch Hcben cines kleinen Quecksilberrescrvoirs im Viskosimeter hochgesaugt, dic DurchfluBzeit fiir jede Probe zchnmal ermittelt.

4) Vgl. H. Staudinger u. W. Heuser, Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. 63, 222 {1930). ~sp= spezifische Reibung, das ist relative Rcibung--1; c= die Konzentration. Es sei ausdriicklich betont, dab unsere Sole dem Poiseuillc- schcn Gcsetze gchorchcn.

~) n L ~ Loschmidtsche Zahl, q~-~ Eigcnvolumen der Teilchen, M = Mole. kulargewicht.

Page 5: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMEC, STUDIEN 0BEIR PFLANZENKOLLOIDE XXVII 107

mti]3te er konstant sein, wenn ein und dieselbe Substanz in verschiedenen Konzentrationen gelSst wird. Treten Assoziationen ein, dann w~ich~st die spezifische Reibung rascher als die Konzentration und der Quotient

~sp steigt mit steigender Konzentration. r

Tabe l l e V.

Sol I Sol II Sol III

Alter 1) 45h I[ 47h [] 68h

Grade C

50 40 30

0,35

t )tw ~_~p:C

Konzentration in Prozenten

0,35 1 ~sp : C ts l

t w

0,39

t s t ~ 7/s p : C

15 o I 3 H l o oi o11 F 1,571 1,62 1,037 0,106 1,045 1,609 1,74 1,047 0,135 1,049

0,126 0,116 0,126

Tabe l l e VI.

T e m -

pe-

ratur

ts ~Spc_ -~wts T~sP ~ts c-~SP

Konzentration des Sols 0,396 Proz. I! 0,293 Proz. 0,152 Proz.

500 1,579 1,46 1,263 1,24 1,170 Sol I 40 o 1,598 1,51 1,379 1,29 1,174

300 1,606 1,53 1,392 1,34 1,176

1,12 1,14 1,16

Konzentration des Sols 0,262 Proz. / 0,137 Proz.

1,136 0,52 1,066 0,48 1,139 0,53 1,070 0,51 1,139 0,53 1,068 0,50

500 Sol II 400

300

III 50o Sol 400 30 o

Konzentration des Sols 0,623 Proz. 0,280 Proz. 0,148 Proz.

1,220 0,35 1,221 0,35 1,225 0,36

1,094 0,34 1,095 0,34 1,095 0,34

1,045 0,306 1,046 0,308 1,044 0,300

1) Alter angegeben in Stunden nach dem Kochen im Autoklav bei 1200 C. 2) ts:t w = Verh~iltnis der Durchlaufzeiten von Sol und Wasser.

Page 6: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

108 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFrlE BAND XXXIII, I-IEFT 1---4

T a b e 11 e VI (Fortsetzung).

ts ~sp ts ~sp ts t ~/sp Tern- ~ww ~ - ~ ~ - ~ t ~ - pe-

ratur Konzentration des Sols 0,243 Proz. II 0~144 Vroz.

50 ~ 1,059 0,24 1,038 0,26 Sol IV 400 1,063 0,26 1,037 0,26

300 1,062 0,25 1,036 0,25

Die Sole muflten relativ verdtinnt verarbeitet werden, da beim Sol I ein Trockengehalt von etwa 0,4 Proz. die oberste Grenze darstellt, bis zu welcher das Sol einige Tage stabil bleibt. Trotz der hiermit ver-

kntipften UnsicherheiD) sind folgende wesentliche Unterscliiede zwischen den einzelnen Solen feststellbar:

1. Die relative Reibung gleichkonzentrierter Sole sinkt vom Sol I gegen das Sol IV.

2. Die relative Reibung steigt mit sinkender Temperatur beim Sol I sehr deutlich, beim Sol I I schw~icher, bei den h6heren Solen kaum merklieh.

3. Der Quotient ~sp steigt beim Sol I mit der Konzentration sehr C

stark, beim S01 i l i sehr wenig und beim Sol IV nicht meflbar. Da beim Sol I sowohl die zunehmende Verdfinnung als auch die steigende Temperatur eine deutliche Abnahme der relativen Reibung bedingt, dtirfen wir mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit an die Existenz yon assoziierten Teilchen denken; bei den hSheren Solen ist dieses Phiinomen wesentlich weniger ausgepr~gt.

Die Frage, inwieweit bier auch die Hydrata t ion eine ausschlag'- gebende Rolle spielt, versuchten wir durch Messung der relativen Rei- bung in SoI-Alkoholmischungen festzustellen.

In einer frtiheren Arbeit wiesen wir darauf hin, dab das Volumen der aus den einzelnen Solen erha]tenen Alkoholkoagula aut3erordent- lich verschieden ist: die Amylok6rper fallen in Form hochgequollener Flocken, die Erythrok6rper als feines Pulver. Hierbei brauchen die Erythrok6rper zu ihrer Flockung unvergleichlieh h6here Alkoholkonzen- tration als die Amylok6rper.

Das viskosimetrische Studium w~isserig alkoholischer Sole wird bekanntlich durch die DiehteXnderung der Wasser-Alkohol-Mischungen

1) Diese wurde durch besonders zahlreiche Messungen und wiederholte Reproduktionen mSglichst eliminiert.

Page 7: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMt!C, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXVII 109

sowie durch den komplizierten Gang der relativen Reibung solcher Mischungen mit steigender Alkoholkonzentration erschwert. Wir er- mittelten durch besondere Messungen die diesbezfiglichen Werte ffir Alkoholkonzentrationen bis 57,18 Proz. (Tabelle VII).

T a b e l l e VII. 1)

Alkohol] d prozent, d

(-w+a'~ i Antei 1 [(-,+a'~

Pk2575A

1,0000 0,9915 0,9843 0,9704 0,9523 0,9324 0,9024

0,00 4,81 9,72

21,00 33,26 43,65 57,18

1,0000 0,9932 0,9836 0,9682 0,9485 0,9267 0,8943

tw + a~

~w-w/25 o

1,212 11 ,470 I 2,088

2,614 2,827 2,807

l~w + a ~ ~sp

1,000 1,204 1,415 2,022 2,368 2,621 2,511

0,415 1,022 1,368 1,621 1,511

0,043 0,048 0,041 0,037 0,026

0,002 0,005 0,013 0,021 0,037 0,026

Das Maximum der Viskosit~it ist bei 43,65 Proz. Alkohol erreicht, bei

dieser Konzentration hat auch der Quotient ~s~ (ew = Konzentration C w

des Wassers in der Mischung) seinen H6chstwert. Ffir den Quotient

7/s~ (c A = die Konzentration yon Alkohol in der Mischung) finden C A

wir jedoeh den Maximalwert schon bei 21 Yroz. Alkohol.

Die dutch diesen (Viskosit~its-Konzentrations-)Quotienten an- gedeuteten verschiedenen Zust~inde der Alkohol-Wasser-Misehung linden nun in der Mischung unserer Sole mit Alkohol deutliehen Ausdruck. Tabelle VII I gibt das Aussehen der Sol-Alkohol-Misehungen ffir ver- sehiedene Alkoholkonzentrationen wieder.

Es trit t also bei 21 Proz. Alkohol eine Flockung der Sole ein, bei h6herer Alkoholkonzentration werden die Sole I I - - IV wieder stubiler, und erst bei 43,6 Proz. Alkohol floeken die h6heren Sole definitiv.

Derartige Diskontinuit~iten der Alkoholwirkung auf Kolloide beob- achteten jfingst auch K. C. Sen ~) sowie R. J anek -Br . I r g e n s o n s . 3)

1) (d w + a) : dw = Dichte der Alkohol-Wasser-Mischung in bezug auf Wasser, (tw + a) : tw = Verhiiltnis der Durchflul]zeiten der Alkohol-Wasser-Mischung und des Wassers, ~w + a : ~w = relative Reibung.

3) K. C. Sen, Koll.-Zeitschr. 88, 310 0926}. 3) R. Janek u. Br. I rgensons, Koll.-Zeitschr. 41, 40 (1927).

Page 8: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

110 KOLLOIDCHEMISCI-IE BEiI-IEFTE BAND XXXIII, HEFT i ra4

T a b e l l e V I I I . E n d k o n z e n t r a t i o n 0,14 P r o z .

Alkohol- Aussehen der Mischung konzen- tration Proz. Sol I Sol II Sol III Sol IV

0 Klar Klar Klar Klar

4,81 Klar Klar Klar Klar

9,72

21,00

33,25

43,65

Starke Opaleszenz, kl~irt beim Ver- diinnen auf das[ Endvolumen nicht

auf

Beim Mischen tritt Opaleszenz auf, die nach dem Verdiinnen auf das Endvolumen i versehwindet;je-! doch allmS.hlich

wiederkehrt

Klar Klar

Stark opaleszent, Opaleszent, wird Leicht opales- koaguliert all- triib und flockt I zent, scheidet

m/ihlich nach 40Minuten e twas Floeken ab

Beim Mischen leicht opaleszent, bei Erreichen der Endverdiinnung

klar

Zunehmende Opaleszent; Opaleszenz, je- jedoch ohne

doch keine Flockung Flockung in 24 Stunden

Feine, nicht ab- setzende Sus-

pension

Stark opaleszent, feine Suspension

Das viskosimetrische Verhai ten unserer AIkohOI-Sol-Mischangen

zeigt Tabel le IX. 1)

t) Fiir die Bereitung der Mischung diente ein 100 cm a MeSkolben; in diesen wurde der Alkohol eingewogen und der Kolben im Thermostaten (9.50 C) mit destilliertem Wasser yon 250 C bis zur Marke aufgefiillt. Von der Mischung wurde ira Pyknometer die Dichte bestimmt und aus dieser der genaue Alkohol- gehah (Gewichts- sowie Volumenprozente) errechnet. Die verwende~n Sole wurden auf ziemlich genau 0,35 Proz. Trockengehalt gebracht und dann in dem Me~kolben zuerst der A1kohol eingewogen, 50 cm 3 Wasser, dann 40 cm 3 Sol zugesetzt und schlieglich im Thermostaten bis zur Marke aufgefiillt. Die Viskosit/it wurde im Os twa ldschen Viskosimeter bei 250 gemessen, jede Probe zehnmal durchflieBen gelassen. Am Anfang und am Ende des Ver- suches wurde die Viskosit~it des w~isserigen Sols ermittelt, um eventuelle Alterungsph~inomene aufzudecken. Aus den beobachteten AusfluBzeiten wurde die relative Reibung in bezug auf Wasser (Tls+a :~tw)"DA+w und in bezug auf die entsprechende Alkohol-Wasser-Mischung (~s + a) : (~lw + a) berechnet; im letzteren Falle wurde die Dichte der Sol-Alkohol-Mischung gleich der Dichte der korrespondierenden Wasser-Alkohol-Mischung angenommen.

Page 9: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMEC, STUDIEN f]BER PFLANZENKOLLOIDE XXVII 111

Tabe l l e IX.

Proz. Alkohol

0 4,81 9,72

21,00 43,65

~w+a

1,187 1,148 1,077 1,070

Sol I Sol II

'~S + a

~w

1,187 1,383 1,558 2,162

~sp C

1,35 1,07 0,55 0,50

7/sp in Proz.

00,0 96,8 90,5 90,1

7~s + a

~?w+a

1,049 1,227 2,103 2,574 2,737

~s + a ~sp ~w C

1,049 0,35 1,019 0,14 1,035 0,25 1,034 0,24 1,042 0,30

~sp in Proz.

100,0 97,1 98,7 98,4 99,1

Proz. Alkohol

0 4,81 9,72

21,00 33,25 43,65

~S-ba

1,063 1,250 1,514 2,100 2,578

Sol III Sol IV

~ $ q - a

1,063 1,048 1,046 1,039 1,039

~sp ~sp

0,45 100,0 0,34 98,6 0,33 98,4 0,28 97,8 0,28 97,8

~S + a

1,039 1,235

2,671

~s + a ~sp T

1,039 0,276 1,025 0,177

1,020 0,142

~sp in Proz.

100,0 98,7

98,2

98,1

Wir beobachteten bei allen vier Solen einen Rfickgang der i-ela- riven Reibung durch Alkoholzusatz; am st~rksten ist die Alkoholwir- kung bei Sol I, bei welchem der Abfall der spezifischen Viskosit/~t 10 Proz. des Anfangswertes erreichr. Dieser Befund stimmt v611ig zu unserer Annahme, daft die Amylok6rper st~irker hydratisiert sind als die Erythroanteile.

E n t l a d u n g d u r c h S a l z e .

Die innere Reibung von St~trkel6sungen wird nach Beobachtungen yon M. Samec durch Salze wesentlich erniedrigt. 1) H.G. Bungen- b e r g de Jong2), welcher diese prinzipielle Beobachtung unter Be- ntitzung 16slicher St~rke ,,Merck" best~tigen konnte, fand, dat3 die Viskosit~tsdepression um so ausgiebiger ist, je h6herwertig das Kation ist. Da die 16sliehe St~rke ,,Merck" noch reiehlieh Phosphor enth~lt, ist das Postulat de Jongs, daft die elektrische Aufladung der Kolloid- teilchen rein elektrokinetiseher Natur ist, nicht erffillt. Viel eher ent- sprechen dieser Idee die in dieser Arbeit untersuchten Sole. Wie ander- w~rts nachgewiesen, sind die Sole aut3erordentlieh phosphorarm und,

1) M. S amec, Kolloidchem. Beih. 4, 159 (1919.). 2) H. G. Bungenberg de Jong, Rec. Tray. Chim. Pays-Bas 5, 197 (1924).

Page 10: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

112 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXllI, HEFT 1--4

soweit sie Phosphor enthalten, ist dieser maskiert. Die Kolloidteilchen

sind aber dennoch negativ elektrisch geladen, und zwar, soweit man aus den Uberffihrungsversuchen schlieflen daft, die AmylokOrper st~irker als die Erythrok6rper. Bringen wir nun den durch Salze hervorgebrachten Viskosit~itsabfall in kausale Beziehung mit einer Entladung der Teilchen, so w/ire bei den Amylok6rpern ein wesent-

lich ausgiebigerer Einflufl der Salze auf die innere Reibung zu erwarten als bei den Erythrok6rpern. Unsere Versuche haben diese

Annahme best~itigt. Wir priiften analog wie B u n g e n b e r g de J o n g den Einflufl von Kalium-, Bariumchlorid und Hexolsalz 1) auf die innere Reibung der Sole und stellten fest, dab tats~tchlich das Sol I auf Salzzusatz viel st~irker reagiert als z. B. das Sol I I I . Es betr~igt bei ersterem der Reibungsverlust durch 5 .10-3n KC1 oder BaC12 18 bis 19 Proz., bei letzterem nut 2- -7 Proz. Die Reibungsumkehr bei wachsender Konzentration des Hexolsalzes, welche B u n g e n b e r g de J o n g an 16slieher St~rke ,,Merck" beobachtete und als eine Umladung der Kolloidteilchen deutete, konnten wir bei unseren Solen ebenfalls reproduzieren. Details dieser Messungen zeigen die Tabellen X - - X I I . 2)

T a b e l l e X. s)

Sol I.

KC1

Konzen- tration

in Milli/iqu. pro Liter

0,2 1,0 5,0

~S +e

He

1,357 1,333 1,322 1,391

interpoliert

1,403 1,400 1,397

100 �9 ~s + e

~s

96,7 95,2 94,7

100 ( ~ s + o - 1)

88,5 83,2 81,1

- - 1,404 - - 100,0 100,0 Ba CI, 0,2 1,340 1,396 96,0 85,9

1,0 1,324 1,395 94,9 82,1 5,0 1,322 1,393 94,9 81,9

1) Hexaaethylendiamin Hexol tetrakobalti nitrat. ~) Fiir die Untersuchung diente uns das Mercksche KC1 und BaCl 2 pro

analysi, das Hexolsalz bereiteten wit uns selbst nach W erner lB. 40, 2119--2121 (1907)]. Das Viskosimeter hatte den Wasserwert 152,0 Sek. bei 25~ und 15 cm a Fliissigkeitsgehalt. Zu je 40 cm a Sol wurden 10 cm ~ passend verdiinnter SalzlSsung zugesetzt, so dab das Sol die Endkonzentration 0,25---0,30 Proz. hatte.

a) ~s + e = relative Reibung der Sol-Elektrolyt-Mischung, ~s interpoliert = ~e

relative Reibung des Sols zu dem Zeitpunkte, in welchem die Reibung der Sol-Elektrolyt-Mischung bestimmt wurde.

Page 11: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMEC, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXVlI 113

T a b e 11 e X (Fortsetzung).

Hexol- salz

g o l ~ e n - t ra t ion

in Milliiiqu. pro Liter

0,2 0,4 0,6 0,8 . 1,0 1,5 2,4 4,0

10,0

~e

~8

interpoliert 100- r/~ +

1,366 1,347 1,337 1,325 1,322 1,313 1,314 1,307 1,296 1,315 1,353

1,366 1,365 1,364 1,362 1,361 1,358 1,357 1,356 1,352 1,353 1,353

~s

100,0 98,7 98,0 97,3 97,1 96,8 96,8 96,4 95,9 97,2

100(n,+e--

100,0 95,1 92,6 89,9 89,2 87,4 88,0 86,3 84,1 89,3

1)

Tabel le XI.

Sol II.

KC1

Konzen- t r a t ion

in Milli~iqu. pro Liter

0,2 1,0 5,0

~S+O

7] e

1,049 1,048 1,047 1,046

interpoliert

1,054 1,053 1,051

100. ~ + 8 7Is

99,5 99,5 99,6

100 (n,+e-- 1)

~ s - - 1

90,7 90,6 92,2

BaC12 0,2 1,0 5,0

1,057 1,047

1,046

1,049

1,047

100,0 99,8

99,9

100,0 95,9

97,8

Hexol- salz

~m

0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,5 2,4 4,0

10,0

1,055 1,049 1,046 1:052 1,052 1,052 1,054 1,054 1,055 1.056 1,057

1,055 1,055 1,056 1,055 1,056 1,056 1,056 1,056 1,056

100,0 99,4 99,2 99,6 99,7 99,7 99,9 99,8 99,9 99,9

100,0 89,0 83,6 92,3 93,8 93,5 96,8 95,9 97,4 98,8

Page 12: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

114 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEPTE BAND XXXIII , HEFT 1--4

Tabe l l e XII.

S01 IiI.

Konzen- tration

in Milliiiqu. pro L i t e r

~s+e i n t e r p o l i e r t

100. r l , + ,, 100 (ns+.-- 1)

~s ~s--1

0,2 . - - - - - - KC1 1,0 1,057 1,059 99,8 96,6

5,0 1,059 1,060 99,9 98,4 - - 1 , 0 6 1 - - - - - -

- - 1,056 - - 100,0 - - BaCI~ 0,2 1,056 1,057 99,9 98,3

1,0 1,056 1,058 99,8 96,6 5,0 1,055 1,059 99,8 93,2

H e x o l -

salz

0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,5 2,4 4,0

10,0

1,063 1,062 1,066 1,064 1,061 1,065 1,066 1,065

1,066 1,064

1,063 1,063 1,064 1,564 1,063

-1,064 1,064

1,064

100,0 100,0 99,9 98,4

100,28 109,8 100,0 100,0

99,7 95,4 100,2 103,1 100,2 103,1 100,1 101,5

100,2 103,1

Bei den hier angeffihrten Messungen muBten stets frisch bereitete Sole verwendet werden. Die innere Reibung des Sol I zeigt n~mlich einen sehr merklichen zeitlichen Abfall, und die Empfindlichkeit gegen ElektroIytzusatz nimmt zeitlich ab. 1) Man beobachtet an einem frisch bereiteten Sol eine um so st/irkere Reibungserniedrigung, je h6her- wertig das Kation ist; am Tage darauf aber wirkt das Hexolsalz bereits weniger als KC1. Die Abstufung bei den hochwertigen Kationen ist fibrigens nieht sehr scharf, und so land auch B u n g e n b e r g de J o n g eine gleiche Viskositgtsdepression yon Hexolsalz und von einem vier- wertigen Kation.

Um die Berechnung der prozentualen Reibungserniedrigung yon den Alterungsphgnomen mOg]ichst unabh/~ngig zu machen, bestimmten wit am Ende jeder Messungsepoche die innere Reibung des w/~sserigen Sols und stfitzten die Berechnung auf die durch lineare Interpolation zwischen den Anfangs- und Endwerten eingeffigten Viskosit~tswerte

t) Vgl. M, Samec, Kolloidchem. Beih. 4, 158 (1912).

Page 13: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMEC, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXVll 115

des Sols (~/s in terpol ier t ) . Die Tabel len en tha l t en ferner die re la t ive

Re ibung (der Sol-Salzmischung), ausgedrf iekt in Prozen ten der re la t iven

Re ibung des Sols 100.~s + ~ sowie die spezifische Re ibung der Sa lz -Sol - 7/s

mischung in Prozenten der spezifischen Re ibung des Sols [100 �9 ( ~ + c - - 1)

: (,7, - - 1)] .

Mag man nun annehmen, dab die Salze im Sinne v. S m o l u ch o w s k i s

durch Beeinflussung des quas iviskosen Effekts u n m i t t e l b a r die Er-

n iedr igung der ViskositAt bedingen oder annehmen, daft durch deren

en t l adende W i r k u n g die H y d r a t a t i o n ver r inger t und dadurch die Rei-

bung gesenkt wird - - die groBe Verschiedenhei t in der Sa lzwirkung

auf die verschiedenen Sole b le ib t bes tehen und ftigt sich widerspruchs-

los in die aus dem ka taphore t i s chen Verha l ten gezogene Folgerung,

dab die Teilchen des Sol I wesentl ich s t a rke r elektr isch aufgeladen sind

als die Teilchen der h6heren Sole. 1)

1) Die F e t t s i i u r e n in den S t / i r k e s o l e n . Die Ursachen dieses ver- schiedenen elektrischen :Verhaltens sind zurzeit unbekannt. Die restlichen minimalen Mengen Phosphor kfnnen hierftir kaum verantwortlich gemaeht werden. Denn einerseits kann man im Sol I aus Kartoffelst/irke den Phosphor- gehalt his unter 0,004 Proz. P205 bringen, ohne dab sich die hier geschilderten Merkmale wesentlich veriindem, anderseits enthiilt das Kartoffelsol III merklich mehr Phosphor, welcher allerdings durch stiekstoffhaltige Substanzen elektro- ehemisch neutralisiert erscheint.

Es war die Frage naheliegend, ob nicht etwa andere mit der St/irke- substanz gekoppelte Siiuren auf die einzelnen St/irkefraktionen verschieden verteilt wiiren und hierdurch eine verschiedene elektrische Aufladung und eventuell auch die anderen Verschiedenheiten der St/irkekomponenten bedingen wtirden.

Wit extrahierten im AnschluB an [T. C. T a y l o r u. J. M. N e l s o n , Journ. Amer. Chem. Soc. 42, 1726/38 (1920) und L. L e h r m a n n , Journ. Amer. Chem. Soc. 51, 2185 (1928), ,~, 1808 (1930)] die KartoffelstiirkekSmer zun~chst er- sehSpfend mit Ather, Petroliither und Tetrachlorkohlenstoff und entfemten so 0,016 Proz. iitherlSsliche Substanz (bezogen auf die Trockensubstanz). Die St/irke wurde nun verkleistert 1/2 Stunde auf 1200 erhitzt, die LSsung mit Ather extrahiert, nach dem Entfernen des Athers elektrodialysiert, das erhaltene Amylopektin I 1 Stunde auf 1200 erhitzt, wieder mit Ather extrahiert, elektro- dialysiert und das abgeschiedene Gel II ebenso behandelt. Es ging immer wieder Substanz in Ather in Lfsung. Wir erhielten aus 100 g Trockensubstanz bei tier Extraktion der K6rner 16, aus der 1/2 Stunde gekochten LSsung 5, aus der 1 Stunde gekochten L6sung vom Amylopektin I 7 und aus der 2 Stunden gekochten LSsung vom Amylopektin II 15 mg ~.therl6sliche Substanz. Ob die einzelnen Sole noch gebundene Fetts/iuren enthalten, kSnnen wir einstweilen nicht entscheiden. Es ist aber bemerkenswert, dab beim allm/i.hlichen (3ber- gang der elektrodialytisch abscheidbaren Fraktion in die nicht zerlegbare Form iihnlich wie die Phosphorsiiure auch Fettsiiuren frei werden.

8*

Page 14: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

116 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXIII, HEFT 1--4

H y d r o l y s e d u r c h W a s s e r s t o f f s u p e r o x y d .

Wir untersuehten weiter die Resistenz der Amylo- und Erythro-

k6rper gegentiber hydrolisierenden Agenzien und schlossen uns hierbei an Z. G r u ~ e w s k a an. Die Autorin verglich seinerzeit das Verhalten der nach ihrer Methode erhaltenen Amylosen 1) und des Amylopektins gegentiber Wasserstoffsuperoxyd. 2) Sie liefl auf 100 cm 3 einer ein- prozentigen L6sung der St~rkesubstanz 5 cm 3 reines H202 bei 370 ein- wirken und verfolgte alle 24 Stunden die Jodfarbe der L6sung, den Zerfall des Wasserstoffsuperoxydes, das Reduktionsverm6gen und die Azidit~t

der LSsung. Im allgemeinen wirkten die St~rkesubstanzen schtitzend auf das H202 ein. Sie selbst erlitten wesentliehe Ver~nderungen: die Jodfarbe ging tiber rot und braun allm~hlieh verloren und es t raten reduzierende und saure Gruppen auf.

Auch unsere Sole zeigen gegentiber H202 ein reeht interessantes Verhalten. 3) Die Jodfarbe des Sol I wird in 24 Stunden violett, am dritten Tage violettrot und am f0nften Tage reinrot. Die Intensit~it

der Farbe nimmt nun ab, am achten Tage ist die Jodfarbe braun-orange und am zehnten Tage gelb. Das H202 zersetzt sich allm~hlich. Das

Reduktionsverm/Jgen der L6sung nimmt langsam zu und erreicht am neunten Tage das Maximum; die S~tuerung w~tehst anfangs langsam, zwischen dem siebenten und ftinfzehnten Tage rasch und dann wieder

langsamer.

Die folgenden Sole zeigen qualitativ im wesentliehen das gleiehe Bild, es ergeben sieh jedoch wesentliche quanti tat ive Unterschiede, die aus der Tabelle X I I I und XIV, besonders aber aus den Fig. 1 - -3 zu ersehen sind.

x) Im wesentlichen unsere Amylokfrper. 3) Joum. de physiol, et path. gen. 14, 7 (1913). 3) Wir arheiteten mit 0,4prozentigen Solen. Auf 300 em 3 Sol kamen

15 cm 3 30prozentiges nieht geseht i tz tes H303. Die Mischung stand im Thermostaten bei 37 ~ Die Jodfarbe wurde in der iiblichen Weise im Kolori- meter Dubosque naeh einer Verdiinnung auf 0,03 Proz. beobaehtet. Das Reduktionsverm~gen wurde nach Mohr -Ber t r and bestimmt, doch mullte das H~O 2 friiher vernichtet werden. Dies gelang folgendermaBen: 8 cm 3 L6sung wurden mit 1/50 n karbonatfreier Lauge gegen Methylrot neutralisiert und der L6sung etwa 5 mg Platin sehwarz oder besser Platinasbest zugesetzt. Das 1-1303 war innerhalb einer Minute zersetzt.

Page 15: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMEC, STUDIEN I~BER PFLANZENKOLLOIDE XXVII 117

T a b e l l e X I I I .

J o d f a r b e .

Tag Sol I Sol II Sol III

Anfangsfarbe blau- griin lichtblau- blal]rosa violettblau - der Miscbung zinnoberrot

erster hellbliiulich- violett-seharlachrot- leicht rosa- hellviolett (grau) feuerrot br~iunlichorange

zweiter violettblau- intensiv feuerrot- gelbbr/iuntich violettrot scharlachrot

dritter violett-violettrot r6tlichbraun- gelbbr~iunlich, gelblichbraun belier

vierter bl/iulichrosa-dunkel- gelblichbraun br~iunlicbgelb rosa (ziegelrot)

fiinfter bl/iulichrot-feuerrot gelbbraun br.:iunlichgelb, schw~icher

scchster ] stark rot (etwas vio- gelbbr/iunlich gelb lett)-intensiv feuerrot

siebcnter blaBrot- br~iunlichrot gclbbr~iunlich gelb

achter br~iunlichorange gelbbr~iunlich gelb

neuntcr gelbbraun briiunlichgclb gelb

zehnter gclb (Spur braun) bfiiunlichgelb gelb

. . . . ,,.._._,,_ ,.. S o l H " . " " ~ . . ~ ~ - . . . . , / , - - - x - - - . x - - . . x . ,

s , ~ ..... ~ ~ o S o l I

.. Sol Ill -

5

xo -B

T

q:

"..... ve

~... ",h. W~r

Fig. 1.

Page 16: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

118 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXlll, HEFT 1--4

T a b e l l e XIV.

T ~ =~

Wasser . . . . . . . Sol I . . . . . Sol II

a~ :~

Sol III

0 1 2

- 3

4 5 6- 7 8 9:

1 0 1 1

12 13 14

�9 15 16 17 18

1 9 20 21

, 0,04 i 3 0,44 2 9 0,88 2 1 1,35 3 7 1,94 3 6 2,59 2 5 3,33 2 9 4,O0

4,71 2 4 5,28

5:93

1 6,68

7,25

Lassen wit zun~.chst das Sol I I auger Betracht, dann zeigt sich eine deutliche Abstufung im Schutzverm5gen ffir das Wasserstoffsuper- oxyd: das Sol I schtitzt viel besser als das Sol I l i (Fig. 1). Das Reduk- tionsverm6gen erreicht beim Sol I das Maximum etwa am neunten Tage, beim Sol I I I bereits zwischen dem vierten und ftinften Tage (Fig. 2) und die SAuerung ist beim Sol I I I nach gleicher Wirkungsdauer durch-

weg viel stlirker als beim Sol I. Diese Umst~inde weisen gemeinsam mit dem ausgiebigen Verbrauch

yon H~O~ darauf bin, dab die ErythrokSrper mit H20 ~ rascher reagieren

1 x) ccm f0 n KMnO, pro 1 ccm Reaktionsfl/issigkeit.

1 2) ccm ~ n KMnO4 pro 8 ccm Reaktionsfliissigkeit.

1 3) ccm ~-6n NaOH pro 8 ccm Reaktionsfliissigkeit.

Page 17: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMEC, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXVll. 119

als die Amylok6rper. Auf die Art dieser Reaktion wirft folgende Tatsache

ein gewisses Licht: das Reduktionsverm6gen nimmt anfangs rasch zu, die SAurebildung wlichst in diesem Zeitgebiet aber langsam. Erst yore

. . , , - - - - ~ . _ ~ ~ _,SdJ ,,. . . . . . . -~ . . / ~ ~ ,_ - . . . . . .

~, ~ -

Fig. ~.

Sol I

.~ ~ ' ~ ' "~ ~ ~

I ,.-' / ~ .

. " / ~ S o / 1 I ..~1 i . / . . . . . . . ..., . . . . . . ~\ l . , .P ~ _ . . , , . _ . , , - - ~ - -*" . . . . - ~ - . . . .

5 tO IS 2 0 ,- .gauer dee Mtt'kong (S~Men J

Fig. 3.

Moment an, in welchem das ReduktionsvermOgen sein Maximum er- reicht hat, setzt die S~iurebildung intensiv ein. Die hydrolysierende und oxydierende Wirkung des H20 z kommen also nicht an dem gleichen Substrat zur Wirkung; es scheint die Oxydation - - zumindestens vor- wiegend --- die dutch die Hydrolyse freigemachten Aldehydgruppen

Page 18: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

1 2 0 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEP'IE BAND XXXlll, I-~FT 1---4

anzugreifen. Eine besondere Sttitze fiir diese Annahme sehen wir in der Tatsache, dab die S~tuerung aller drei Sole im Zeitpunkt des Reduk- tionsmaximums nahezu gleich ist. Wir fanden beim

Sol I (am 9. Tage) die S~iuerung 2,5 cm s n / 2 0 N a O H pro 100 cm 3

Solmischung,

Sol II (am 8. Tage) die S~uerung 2,3 cm 3 n/20 N a O H pro 100 cm s Solmischung,

Sol III (am 4.--5. Tage) die Siiuerung 2,3 cm a n/20 N a O H pro 100 cm 3 Solmischung.

Unter dem Einflusse von H20 z erreichen die AmylokSrper ein Erythrostadium, und zwar bei unseren Versuchen zwischen dem vierten und ftinften Tage. Ftir diesen ~Jbergang ist eine gewisse Menge H,O 2 verbraucht worden. Ziihlen wir nun die Reaktionszeit bei den Amylo- kSrpern erst yon dem Tage an, an welchem sie die rote Jodfarbe bekommen haben, so kommen wir ftir beide Sole zu einer v611igen Kon- gruenz im weiteren Reaktionsverlaufe. Die nach gleichen Zeiten noch vorhandene H20,-Menge betr~tgt z. B.:

am 1. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Tage

bei Sol I 10,0 9,75 9,69 9,51 9,30 9,13 8,91 8,59 bei Sol I I I - - - - 9,93 9,68 9,30 9,11 8,87 8,66

am 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. Tage

bei Sol I 8,39 8,05 7,71 7,52 7,28 6,88 6,77 6,55 bei Sol I I I 8,42 8,10 7,81 7,59 7,30 7,05 6,87 6,58

In den drei Fig. 1- -3 haben wir auf der Kurve des Sols I durch Ringe [O] die dem Sol I I I zugeh6rigen Ordinatenwerte in der Annahme aufgetragen, dab die Ziihlung der Reaktionszeit for die beiden Sole um so viel verschieden ist wie das Sol I braucht, um das Erythrostadium zu erreichen (4 Tage). Die Verbrauchskurve des H~ 02 und die Siiuerungs- kurve kommen so g~tnzlich, die Reduktionskurven fast vSllig zur Deckung.

Ftir die Theorie der Jodfarbe ist die Tatsache wichtig, dab die gleiche Reduktionsstufe der Sole nicht dieselbe Jodfarbe bedingt. Wir finden beim ReduktionsvermSgen yon

Page 19: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

SAMEC, STUDIEN CIBER PFLANZENKOLLOIDE XXVII 121

0,5 crn a 1,79 cm 3 2,4 cm 3 3 cm 8

violett- rot rosenrot gelbbraun gelbbraun

Das H 20~ver~ndert demnach direkt jeneAtomgruppierung,welche den St~rkesubstanzen die F~higkeit zur Bildung der blauen Jodfarbe verleiht.

Betraehten wir nun das Sol II. Seiner Entstehung und seiner Jodfarbe nach steht es zwischen

dem Sol I und dem Sol III und in roller Cbereinstimmung damit sehen wir anfangs die Eigensehaften dieser Fraktion zwischen denen des Sol I und des Sol III. Vom Tage an, an welehem das ReduktionsvermSgen seinen HSchstwert erreieht hat, scheint aber bei diesem Sol die H~O~- Wirkung aufzuh6ren. Die Zersetzung von H~O~ ist augerordentlich tr~ge geworden, das ReduktionsvermSgen ~ndert sieh kaum und die S~uerung nimmt ungef~thr mit der Geschwindigkeit zu, wie der HaO 2- Gehalt der LSsung sinkt. Die Jodfarbe ist zur Zeit dieser Reduktions- hemmung braungelb geworden.

Es ist sehr bemerkenswert, daft wir bei den Beobachtungen G ru - ~ e wska s eine ~ihnliche Erscheinung finden: in der LSsung von nicht zerlegter St~rke zerf~llt das H~O~ viel langsamer als in einer gleich- konzentrierten LSsung der Amylosen oder des Amylopektins. Das Reduktionsverm6gen der St~irkel6sung erreicht bei Gru~ew.ska am seehsten Tage sein Maximum und sinkt yon da ab viel langsamer als in LSsungen der Komponenten; dasselbe gilt yon der S~urebildung.

Unser Sol II verh~lt sich demnach bis zum Maximum der Reduk- tion wie eine Misehung von Sol I und Sol Il l , von da ab aber wie eine nicht zerlegte St~rkelSsung. Die Ursache dieser merkwtirdigen Erschei- nung ist noch unverst~ndlich.

S i t u r e h y d r o l y s e .

Recht verschieden ist auch das Verhalten der Amylo- und Erythro- kSrper bei der Hydrolyse durch Enzyme.

Die in einer frtiheren Arbeit ~) angedeuteten Differenzen konnten beim weiteren Ausbau der Untersuchung bestAtigt und sehr wesentlich

1) Die erste Farbenangabe bezieht sich auf Zusatz von wenig Jod, die zweite yon Jod bis zur Farbens~ittigung.

3) M. S a m e c u. M. B l i n c , loc. cit.

fiir das Sol III die Jodfarbe . . . . .

n/10 K M n O 4

fiir das Sol I die violett- Jodfarbe . . . . . blau-violett violettroO) rot braun

Page 20: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

122 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXIII, HEFT 1--,1

vertieft werden. Die ReSultate bilden "Gegenstand einer besonderen

Mitteilung.

Hier wollen wit unsere Beobachtungen fiber die SAurehydrolyse

n~iher beschreiben.

Vor kurzem hat K. H. M e y e r 1) den Abbau der Amylose ~) dutch

1/2n Schwefels~iure studier~ und den Verlauf dieser HydroIyse mit der

Hydrolyse der Maltose Verglichen. Er kam zu dem Resultate, dab die

Siturehydrolyse bei beiden studierten Substanzen v611ig gleich verl~iuft

iand folgerte, daf3 die glukosidischen Bindungen in der Amylose und in

der Maltose gleich sein mfit3ten. Wicht ig ist seine Feststellung, dab die nach dem Schema einer monomolekularen Reaktion berechnete

Geschwindigkei tskonstante wAhrend des ganzen Reduktmnsverlaufes

prakt isch konstant bleibt.

Um seharfen AnscMu/3 an die K. H. M e y e r s c h e n Messungen zu

erzielen, gingen w i r genau nach der von ihm eingehaltenen Methode

vor, nur die Solk0nzentrat ionen waren bei uns ger inger ; wir glichen

diesen Unterschied dadurch aus, dat3 wir ffir die Bes t immung des Re-

dukfionsverm6gens eine entsprechend grSt3ere Menge Sol nahmen.

Aut3erdem best immten wir das DrehungsvermSgen und die Jod-

farbe. 3)

Die Resultate enthalten Tabelle XV und X V I sowie Fig. 4

Und 5.

1) K. H. Meyer , Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. 65, 1103 (1929). 2) Dargestellt nach P r l n g s h e i m - W o l f s s o h n , Ber. d. Deutsch. Chem.

Ges. 57, 887 (1924), also im wesentlichen unser Amylok6rper. s) Arbeitsweise yon K. H. Meyer : 50 crn 3 l prozentige Amyloselbsung+

50 cm 8 1/1 n H~SO4 werden bei 70, 80 und 90 o C gehalten, sfiindlich je 5 cm ~ des Reaktionsgemisches = 0,025 g Substanz abpipettiert und die Glukose nach B e r t r a n d bestimmt. Wit nahmen z. B. 250 cm 3 0,4prozentiges So1-{-250 cm 8 1/1 n H~SO 4 und pipettierten soviel cm ~ der Mischung, als 0,025 Substanz entsprachen, so dab sich unsere Angaben der Reduktionswerte auf die gleiche Substanzmenge beziehen (0,025) wie die Meyerschen. Die Hydrolyse ffihrten wir nur bei 800 in einem mit einem Thermoregulator versehenen und bedeckten Wasserbade durch. Besfimmung des NuUwertes: Die berechneten Mengen yon Sol (genauestens bekannten Trockengehaltes) und Schwefelsiiure wurden kalt gemischt und sofort eine Probe davon untersucht. Das Reakfionsgemisch wurde hierauf m6glichst rasch (dutch Schwenken iiber freier Flamme) auf knapp 80 0 C erhitzt und in den Thermostaten yon 800 gestellt.

Die optische Drehung wurde im 2-dm-Rohr bei 18---19~ bestimmt und dieselbe Fliissigkeit nach dem Verdiinnen auf 0,03 Proz. zur Ermittlung der Jodfarbe beniitzt.

Page 21: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

S A M E C , S T U D I E N 0 B E R P F L A N Z E N K O L L O I D E X X V l [ 1 ~

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Page 22: Studien über Pflanzenkolloide XXVII

124 KOLLO1DCHEMISCHE B E i ~ BAND XXXlll, HEFT 1---4

T a b e l l e X V I .

a n n a c h d e r R e a k t i o n s d a u e r v o n

Sol I Sol II Sol III Sol IV

{

0 15 60 120 180 240 300 360 420 480 540 600 660

Minuten

196 , ~ ,~ ,5 175 ,70 ie4 156 ,~o 196 I--1194,91187,i 1183,11171,21 -- 1158,61 191--1183 176 168 160 11531145 ,s~ - ,8~ i75,5,64 - - -

134 126 ! 0 111 109 156,91 124,8 L in,4

T 112 98,5

�9 ~'" z . ; / �9 .'>'*.I'd"

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~~ f M~bufen J �9 Fig. 4.

150

Fig. 5.

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SAME:C, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXVII 125

Unser Sol I (Amylok6rper) und die yon K. H. M e y e r untersuchten Amylosen verhMten sich fast identisch. Die Zahlen zeigen ferner, dab auch zwischen den anderen StS.rkefraktionen groBe Unterschiede bei der SS.urehydrolyse nicht bestehen; immerhin aber treffen wir Xhn- liche Abstufungen in der Reaktionsfghigkeit wie bei der H202-Wirkung: anfangs ist das Reduktionsverm6gen der Erythrok6rper (Sol III) am gr6t3ten, sp~ter (zwischen der zweiten und dritten Stunde) verlangsamt sich die Ausbildung reduzierender Gruppen und die h6heren Sole werden im Reduktionsverm6gen vom Sol I fiberholt, so dab die L6sungen der Erythrok6rper mit ihrem Reduktionsverm6gen an letzter Stelle stehen. Die beiden hydrolysierenden Eingriffe (H20 ~ und Siiurewirkung) weisen demnach auf die Annahme bin, dab bei den ErythrokOrpern eine gewisse Lockerung des Atomverbandes erfolgt ist, so dab die anfiinglichen Ein- griffe energischer sind als bei den Amylok6rpern. Sobald jedoch diese reaktiveren Gruppen verschwunden sind, bleibt ein Komplex zurtick, weleher resistenter ist als bei den Amylok6rpern. Nun ist es wieder sehr interessant, dab das l~lberholen der h6heren Sole durch das Sol I zu einem Zeitpunkte erfolgt, in welchem dieses Sol das Erythrostadium. erreicht hat.

Wir berechneten konform mit K. H. M e y e r unter der Annahrne einer monomolekularen Reaktion ffir die einzelnen Sole auch die Ge- schwindigkeitskonstante. In der Tabelle XVII und in der Fig. 6 stellen wir diese Werte gIeichzeitig mit den Beobachtungen von K. H. M e y e r an den Amylosen zusammen.

T a b e l l e XVII. R e a k t i o n s k o n s t a n t e k . 10 a b e r e c h n e t aus den R e d u k t i o n s -

w.er ten n a e h der R e a k t i o n s d a u e r v o n

I5 60 I 00 11201180t240 300 360 420 480 540 6001660 720

Minuten

Amylosen - - 1,43 - - 1,30 1,34 1,36 1,40 1,43 1,52 1,54 1,48 1,47 Meyer . 1,28 1,50 Sol I . . 0,80]0,80]0,81 1,27 - - 1,43 - - 1,74 1,72 1,72 - - - - 2,001 1,85 Sol I I . . - - 0 , 6 1 [ - [0,74 1,16/1,26 [ --[1,41 1,49 1,63 1,63 1,62 1,65 1,81 Sol III . 0,58 / /0,8411,0711,07 - 1,37 1.41 1,48 1,56 1,62 1,581 - - SolIV . [1,351 Jl ,34[1,11[- I - - [1,47[-- I--11,5611,6711,65l

Bei den Meyerschen Zahlen finden wir ein leises Anwachsen mit zunehmender Hydrolysendauer. Diese Anderung der Reaktionskonstante ist bei unseren Versuchen viel ausgesprochener, und fiberdies linden

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126 KOLLOIDCHF-.~ISCHE BEII-IEFTE BAND XXXIII, HEFT 1--4

wir im Gange dieser Werte bei den verschiedenen Solen deutliehe Unter- schiede: beim Sol II und Sol I I I (Mittelsole) steigt die Reaktions- konstante yon Anfang an an, beim Sol I (reine Amylok6rper) und dem Sol IV (reine ErythrokSrper) aber bleibt die Reaktionskonstante an- fangs (90--120 Minuten) unver~tndert und schlieflt sich erst naeh dieser Zeit dem allgemeinen Gange der Konstanten bei den anderen Solen an. Diese prinzipielle .&nderung des ,,Ganges" der Reduktionskonstante fiillt nun beim Sol I zusammen mit dem Erzielen des Erythrostadiums

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P.eokitionsdouer, Mio~t~

Fig. 6.

und beim Sol IV mit dem Schwinden der Jodfarbe fiberhaupt. Aber auch beim Sol I finden wir eine zweite Diskontinuit~t, und zwar nach dem Eintreten des Achrostadiums. Wir sind dabei, durch weiteren Ausbau der geschilderten Versus:he die hier angedeu~ete Aufteilung der Sgurehydrolyse in einzelne Reaktionsstufen n~iher abzugrenzen.

Die in Tabelle XVI zusammengestellten Drehwerte zeigen das be- kannte Bild des zeitlichen Drehungsabfalls, welches im allg~meinen bei allen vier Solen gleich ist. Auffallend ist es, daft wir beim Sol II und Sol IV innerhalb der ersten Stunde keine Drehungs~inderung feststellen konnten: bei der technischen Sehwierigkeit, welche die Bestimmung der optischen Aktivitgt der Stgrkesubstanzen macht, w011en wir auf diese Beobachtung bis auf weiteres keine Schlut3folgerung grfinden, weisen aber darauf bin, dab wir seinerzeit auch bei der diastatischen Hydrolyse eine anf~ngliche Konstanz der Drehung beobachtet haben, l)

1) M. Samec, Kolloidchem. Beih. 10, 289 (1919).

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SAMEC, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXVll 1~7

T h e o r e t i s e h e F o l g e r u n g e n .

Wie eingangs erwtihnt, ist unserer Ansicht nach ftir das Zustande- kommen gewisser JodfRrbungen die Bettitigung verschieden starker fibermolekularer Krttfte mat3gebend; die Ursache ffir eine derartige Ver- schiedenheit erblicken wir im Aufbau des Polysuccharidmolekfils selbst, so dab etwa die a - u n d fl-glukosidischen Bindungen eine verschiedene relative Lagerung der Hydroxylgruppen und der Sauerstoffbrficken bedingen. Dieser Umstand und verschieden weit gespannte Sauerstoff- brticken einzeln oder gemeinsam schaffen die Bedingungen ftir das Auf- treten sttirkerer oder schw~cherer MolkohXsion und verschiedener Jod- farbe. 1)

Unsere Ansicht, dab es ganz spezifische organisch konstitutive Ver- htfltnisse sind, welche hier eine ausschlaggebende Rolle spielen, finder eine wesentliche Stfitze i n den Befunden von D. Kr f ige r und E. T s c h i r c h 2 ) , denen zufolge die Jodfarben mancher basischer Salze ganz spezifisch vom Aufbau des betreffenden Salzes abhlingig sind. Auch in der Chemie der Polysaccharide murden in der letzten Zeit Ftille bekannt, welche unsere lange Zeit verfochtene Ansicht, dab etwa der Ballungszustand ffir die Jodfarbe nicht bestimmend ist, stfitzen.

Sehen wir yon den bereits lange Zeit bekannten S c h a r d i n g e r - P r i n g s h e i m s c h e n Polyamyl0sen ab, so fanden jfingst H. P r i n g s - h e l m und Gerti Will3), daft ein aus Glykogen erhaltenes Glykogesan yore Molekularumfange eines Trisaceharides die gleiche Jodfarbe zeigt wie das Glykogen; A. S t e i n g r o e v e r * ) erhielt ein Amylosan mit blauer Jodfarbe, und A. P i c t e t mit Voge l 5) stellten ein Isotrihexasan und Isodihexasan her, welehe sogar in verdfinnter L6sung Jodfarben geben. So kam aueh P i c t e t zur Uberzeugung, daft die Ursache der typischen Jodf~rbungen yon Polysacchariden im Aufbau des Molekfils selbst liegt.

Schon allein das Auftreten der a- bzw. fl-glukosidisehen Struktur ist ffir die relative Lagerung der OH von grundlegender Bedeutung. So finden wir z. B. bei einer Diamylose, in welcher die Ringbildung zwisehen 6, 7 und 1--12 erfolgt ist, eine Form (beide glukosidischen

1) M. S a m e c u. M. B l inc , Kolloidchem. Beih. 30, 113 (1930). 2) D. Kri iger u. E. T s c h i r c h , Bet. d. Deutsch. Chem. Ges. 68, 826 (1930). 3) H. P r i n g s h e i m u. Gerti W i l l , Ber. d, Deutsch. Chem. Ges. 61,

2011 (1929). 4) A. S t e i n g r o e v e r , Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. 62, 1352 (1929). 5) A. P i c t e t u. V o g e l , Am. Soc. Esp. de Tis. y Chimica 27, 450 (1929).

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128 KOLLOIDCHEMISCHE BE1HEFTE BAND XXXIlI, HEFT 1--4

C-Atome mit /~-Struktur), in weleher alle sechs Hydroxylgruppen auf einer Kugelh~ilfte der Molekel nahe zueinander liegen, und eine Form (eine a- und eine •-Bindung), in weleher beide Oberflgehenh~lften der Molekel mit je drei Hydroxylgruppen besetzt sind. Denken wir uns zwei Molekeln des ersten Typus assoziiert, so l~Bt es sich denken, dab die mit Hydroxylgruppen besetzten Molekelh~lften aneinander haften, so dab die Molkohasion der OH-Gruppen abgesattigt wird. Eine solche Di-Molekel h~tte nun eine geringe tibermolekulare Anziehungs- kraft; bei der Assoziation der zweiten Molekelform wtirden je drei OH-Gruppen jeder Molekel in Beziehung treten, sechs OH-Gruppen des gebildeten Teilehens blieben nach aut3en hin aktiv. Es bleibt unbenommen, hierbei noeh an spezifische Wirkung der O-Ringe zu denken.

Ob sich das K J bzw. das K J3 koordinativ an bestimmte Anteile des Polysaecharids anlagert, oder ob es direkt an einen Brtickensauerstoff addiert wird, ist nat(irlieh heute nicht zu entscheiden, wiewohl Kombi- nationen yon Ringsauerstoff mit Halogenwasserstoff z .B. im Pyron bekannt sindi), und naeh R. W i l l s t ~ t t e r 2) die farbigen Anthozyane o-chinoide Oxoniumverbindungen darstellen. Daft gerade das Jod hier eine besondere Rolle spielt, kann nicht wundernehmen, da es einer- seits in der dreiwertigen Form einen wichtigen Baustein in der Struktur- chemie bildet und anderseits aueh als Trijodion eine bevorzugte Stellung einnimmt.

Mit einer solchen strukturellen Verschiedenheit der Amylo- und ErythrokSrper steht ihre verschiedene Reaktionsfahigkeit mit H~Ot, Sguren und Fermenten im besten Einklange. Es fanden jtingst A. P i c t e t und Vo ge la), daft das mit Jod nicht f/~rbbare Trihexosan dureh Emulsin in Glukose und Maltose gespalten, das Isotrihexosan aber durch Emulsin nicht angegriffen wird, wohl aber durch Malzdiastase in Isomaltose tibergeftihrt wird.

Mit der Annahme einer gewissen Versehiedenheit im molekularen Aufbau der Amylo- und Erythrosubstanzen steht in gutem Einklange auch das rSntgenographische Verhalten derselben. I .R. K a t z 4) fand

a) Vgl. namentlieh Walden, Bet. d. Deutsch. Chem. Ges. 84, 4189 (1902); 85, 1764 (1903); Sackur, Bet. d. Deutsch. Chem. Ges. 85, 1242 (1902).

3) R. Willst~itter, Lieb. Ann. 401, 189 (1913); 408, 1 (1915). 8) A. Pic te t u. Vogel, loc. cir. 4) I. R. Katz, Abhandlungen zur physikalischen Chemie der St/irke und

der Brotbereitung, Zeitschr. f. phys. Chem. A 150, 37 (1930) und die folgenden.

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SAMEC, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXVII 129

bekanntlich an St~irken drei typische R6ntgenspektra. Das ,,A-", ,,B-" und ,,V"-Spektrum. Das ,,A"-Spektrum ist durch die Weizen- :st/~rke repr~isentiert, das ,,B"-Spektrum durchKartoffelstgrke und das ,,V"-Spektrum durch verkleisterte St~irke beliebiger Provenienz. Werden die frischen Sole aus Kartoffelst~irke mit Alkohol gef~illt, so beobachten wir sowohl an den Amy]o- als auch an den Erythrok6rpern das ,,V"- Spektrum. Werden die Sole jedoch langsam zur Trockene gebracht, so gibt das Sol I ausnahmslos einen R~ickstand mit dem ,,B"-Spektrum, aus dem Sol i i I aber resultieren Rfickst~inde, welche in einzelnen F~llen das ,,A"-, in anderen das ,,B"-Spektrum geben. Wenn auch eine klare Zuordnung der einzelnen Spektra zu einer gewissen molekularen und micellaren Konstitution bis heute niche m6glich war, so spricht eine Verschiedenheit derselben sehr ffir bestehende Unterschiede.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

In der vorliegenden Arbeit suchten wit unsere Kenntnisse fiber die Differenzen zwischen den Amylok6rpern und Erythrok6rpern weiter zu vertiefen. Wir prfiften die Sorption der St/irkesubstanzen durch Baumwolle, wobei sich die Amylok6rper als unvergleichlich st~trker sorbierbar erwiesen.

Die relative Reibung der wgsserigen Amylosole nimmt bei Tempe- raturerh6hung sehr stark ab, w~hrend sie sich bei den Erythrosolen kaum ver~ndert. Wir schlossen daraus auf eine st~rkere Assoziation der ersteren.

In Alkohol-Wassermischungen zeigen die Amylok6rper eine wesent- lich kleinere relative Reibung als in w~isseriger L6sung, woraus wir auf starke Hydratation schlossen. Bei den Erythrosubstanzen sind die Unterschiede gering.

Durch SaIze wird die spezifische Reibung der Amylosole sehr stark, die der Erythrosole sehr wenig gedrfickt. Wir folgerten daraus eine st~trkere elektrische Aufladung der Amylok6rper.

Ausgesprochene Unterschiede bestehen bei der Wirkung von hydrolysierenden Agenzien. Sowohl durch H202 als auch durch S~uren werden die Erythrok6rper anfangs rascher ver~indert als die Amylok6rper. H~O 2 gleicht innerhalb 4 Tagen die Amylok6rper den

9

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1 3 0 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND XXXIIi, HEFT 1--4

Erythrok6rpern an. Bei saurer Hydrolyse bleiben in spiiteren Re- aktionszeiten die Erythrok6rper wesentlich hinter den Amylok6rpern zurtick.

In der ersten Zeit erweist sich die S~urehydrolyse als monomole- kular.

Die beim fraktionierten L6sen der Stgrken anfallenden Amylo- pektinfraktionen erwiesen sich als fetts~iurehaltig.