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[Aus dem Hygienischen Institut der Landes-Universiti~t Giel3en.] Studien zur Frage der Entstehung des anaphylaktischen Anfalls. Von Prof. Dr. Palll Sehmidt, Dlrektor des Hygient~ehen In.titut5 d~r Landes-Universlt~lt Giei~en. Bei der Diskussion tiber die Frage, ob das anaphylaktische Gift durch parenteralen Abbau yon artfremdem Eiwei] oder aber durch physikalische Vorg~nge, sei es in vitro, sei es in vivo, entsteht, mul~ man Friedberger darin beipflichtea, da] die Eatscheidung davon abhi~ngt, ob es gelingt, mit eiweil~freien Kolloiden typische Anfalle zu erzeugen oder lficht. De facto liegen derzeit positive, beweiskr~tftige Erfolge nach dcr Richtung hin noch nieht vor. So interessant und bedeutsam auch die Untersuchungen E. Nathans (1) mit verschiedenen Stiirkcpritparaten sind, so handelt es sich doch dabei immer nur um eiwei~arme, nicht eiweil~frcie Stiirke. Der in seiner St~rke festgestellte Gehalt an 5T-Substanzen betrug ,,unter" 0-2 Prozent, d. i. immerhin noch so viel, wie nach Friedbergers F~st- stelluagea zur Erzeugung yon Anaphylatoxin ausreiehen dtirfte. Zudem scheiat mir Friedbergers Einwand nicht ganz unberechtigt, dai~ bei eincr Verweildauer yon 6 Stunden im Brutschrank das Serum-Kleister- C~emisch als guter N~hrb0den bei nicht sterilem Arbeiten doch zu reich- lichem Bakterienwachstum ftihren k6nnte. Die b esondere Bedeutung der Nathansehen Untersuchungen scheint mir vielmehr in einer anderen Richtung zu liegen, n~mlich in dem Naehweise, dai~ die verschiedenea physikalischen Zustiinde der St~rke, insbesondere des Iaulins (2), von grSBtem Einflul~ sind auf die Entstehung des Giftes. Nach meinen eigenen Versuchen mug ich die Feststellung Fried- bergers (3) best~tigen, daft man mit Kaolinadsorptionsversuchen kein Gift erhiiit, welches beim N[eerschweinchen typische An-

Studien zur Frage der Entstehung des anaphylaktischen Anfalls

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[Aus dem Hygienischen Institut der Landes-Universiti~t Giel3en.]

Studien zur Frage der Entstehung des anaphylaktischen Anfalls.

Von

Prof . Dr . P a l l l Sehmidt, Dlrektor des Hygient~ehen In.titut5 d~r Landes-Universlt~lt Giei~en.

Bei der Diskussion tiber die Frage, ob das anaphylaktische Gift durch parenteralen Abbau yon artfremdem Eiwei] oder aber durch physikalische Vorg~nge, sei es in vitro, sei es in vivo, entsteht, mul~ man F r i e d b e r g e r darin beipflichtea, da] die Eatscheidung davon abhi~ngt, ob es gelingt, mit eiweil~freien Kolloiden typische Anfalle zu erzeugen oder lficht. De facto liegen derzeit positive, beweiskr~tftige Erfolge nach dcr Richtung hin noch nieht vor. So interessant und bedeutsam auch die Untersuchungen E. N a t h a n s (1) mit verschiedenen Stiirkcpritparaten sind, so handelt es sich doch dabei immer nur um eiwei~arme, nicht eiweil~frcie Stiirke. Der in seiner St~rke festgestellte Gehalt an 5T-Substanzen betrug ,,unter" 0-2 Prozent, d. i. immerhin noch so viel, wie nach F r i e d b e r g e r s F~st- stelluagea zur Erzeugung yon Anaphylatoxin ausreiehen dtirfte. Z u d e m scheiat mir F r i e d b e r g e r s Einwand nicht ganz unberechtigt, dai~ bei eincr Verweildauer yon 6 Stunden im Brutschrank das Serum-Kleister- C~emisch als guter N~hrb0den bei nicht sterilem Arbeiten doch zu reich- lichem Bakterienwachstum ftihren k6nnte. Die b esondere Bedeutung der Nathansehen Untersuchungen scheint mir vielmehr in einer anderen Richtung zu liegen, n~mlich in dem Naehweise, dai~ die verschiedenea physikalischen Zustiinde der St~rke, insbesondere des Iaulins (2), von grSBtem Einflul~ sind auf die Entstehung des Giftes.

Nach meinen eigenen Versuchen mug ich die Feststellung F r i e d - bergers (3) best~tigen, daft m a n mi t K a o l i n a d s o r p t i o n s v e r s u c h e n ke in G i f t erhi i i t , welches be im N[eerschweinchen t y p i s c h e An-

90 PAUL SCHIKIDT ".

falle h e r v o r r u f t , wenigstens nicht mit arteigenem Serum. Mit aktivem Pferdeserum i s t ein Versuch allerdings effolgreich gewesen (Tab. XI). E b e n s o w e n i g l i e fe r te f r i sch gefi~lltes A l u m i n i u m h y d r o x y d m i t ]~Ieerschweinchenserum Gifte. Es folgen bier die diesbeziiglichen Protokolle.

Tabe l l e I. M e e r s c h w e i n c h e n s e r u m U n d K a o l i n .

r

1 850 2" 300

3 280

4 220 5 210

1 300 2 320

3 200 4 200

q~ . . ,

Dosis yon K a o l i n Bru t - ,~ ~ s c h r a n k ~ , ~ .~ ~ . ~ ' " ~.~:

0.1 g ' auf. 5 ecru Ser. 1~/4 Stde. 15 4 10 6 0.1 ,, 7 ,, ,, angewi i rmt

1/a Stde. gesch i i t t e l t

0 .2 ' , 5 ,, ,, 11/4 Stde . 15 4 0 . 2 ,, 5 ,, ,, 11/~ ,, 15 4 . 5 0 .2 ,, 5 ,, ,, 1'/~ ,, 15 6

M e e r s c h w e i n c h e n s e r u m u n d A l u m i n i u m h y d r o x y d . A l u m i n i u m h y d roxyd

1 - 5 g a u f 7 c c m S e r . 1 Stde . ]() 6 1 .5 ,, 7 .5 ,~ , 1 , 10 7 .5

geschi i t /e l t 2 ,, 9 ,, ,, 2 Stdn. 10 6 .5 1.5 ,~ 6 ,, ,, 3 , , I0 4.5

Doch ist zur Verwendung yon Kaolin und andercm anorganischen ~[aterial (Kieselgur-Doerr) zu bemerken, dal~ ein grol~er Tell tier Partikel- chert nicht lange suspendiert bleibt, also ohne Wirkung bald zu Boden sinkt. Diesem Ums~and ist es ja auch zu danken, dag es dutch langes Zentrifugieren gelingt, alle oder doch fast alle suspendierten Kaotinteilchen auszuschleudern and dadurch den Abgui} v(illig zu entgiften (Fr ied b erger). Das ist bei quellungsfahigen organischen Substanzen wie Agaragar und Starkekleister nattirlich nich~ mSglich, da sich diese infolge der Wasser- aufnahme zu einem gr(igeren Teile als die anorganischen Stoffe schwebend erhalten. - - Es entsteht die Frage, inwieweit diese yon vornherein aus- sichtsreicheren Stoffe Agaragar und St~kekleister eiweil~frei zu erhalten oder im Laboratorium eiweiSfrei zn machen sind. x Agaragar sehied nach

1 ~ e u e r d i n g s h a b e n K o p a c z e w s k i und M u t e r m i l c h am I n s t i t u t Pas teur , Pa r i s , ana phy l a k t i s chen Schoek m i t Mee r schwe inchense rum lind Pek t ins to f fen a u s K a r o t t e n erzeugen k6nnen ; es geh~ aus de r Arbei~ (Zeitschri/t ]iir Immunitdits/orschung.

ZUR FRAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPHYLAKTISCHEN ANFALLS. 91

einigen Vorversuchen schon vSllig aus, da die Masse nach Entfernung des EiweiJ~es ihre Erstarrungsf~higkeit verliert, eine Eigenschaft, die doch mit der Entstehung des Giftes im Zusammenhang stehen k6nnte.

Bei meinen Bemtihungen, yon Haus aus schon ein mSglichst eiweilL armes St~rkepr~parat zu erhalten, kamen mir die Erfahrungen der be- kannten chemischen Fabrik Dr. Klopfcr, Dresden-Leub2fitz, zustatten, die mit mechanischen Methoden (Schlammung und Z~ntrifugieren) ein schon recht brauchbares eiweil~armes Weizenst~rkepriiparat liefert. Herr Dr. Klopfer erbot sich liebenswiirdigerweise, sein Verfahren fiir nieinen Zweck bd einem kleinen Quantum ganz besonders intensiv zu gestalten; dadurch gelang es, den Gchalt an N-Substanz der Weizenstarke auf 0.08 Prozent herabzudriicken. Durch eine Nachbehandlung im chemischen Laboratorium des hygienischen Instituts mittels alkoholischer 5prozentiger Kalilauge w~hrend mehrerer Tage gelang es Herrn Dr. phil. Moeser, Assistenten am Grol~herzoglichen Nahrungsmittel-Untersuchungsamt in GieBen und ttilfsassistent am ttygienischen Institut, 3 vSllig eiweil~freie Praparate herzustellen. Bei der N-Bestimmung mit einem modifizierten, verfeinerten Kje ldahl (das ganze Destillat unter Wasser aufgefangen

und der N-Gehalt in hohen Schauzylindern kolorimetrisch mit Nel]lers Reagens bestimmt) konnte unter Anwendung aller Kautelen im blinden Versuch mit Kjeldahls~ure die gleiche geringe Farbnuance erzielt werden wie bei der 0xydation. Der nachgewiesene minimale N-Gehalt kam also aus den sog. N-freien Reagenzien, aus der Kjeldahlsaure und der Natron- lauge. ~

Obendrein kann kein Zweifel dariiber bestehen, da~, sollten doch minimale, chemisch tiberhaupt nicht mehr faBbare Spuren EiweiB in der St~rke enthalten sein, diese in dem kurzen Zeitraum yon einer Stunde und weniger yon den Blutfermenten kaum merk]ich aufgespalten werden kSnnten, nachdem sie tagelang der Kalilauge widerstanden hatten. Es kann welter nach allen vorliegenden Untersuchungen kein Zweifel bestehen, dal~ diese pflanzlichen Eiweil~stoffe viol schwieriger als animalische fermentiert werden. Bei einem Vergleich der Giftigkeit mit verschiedenen Stiixkepr~paraten yon verschieden hohem Eiwei~}gehalt stellte sich heraus, dal] die Erzeugung von typischen Anfifllen mit gleicher Sicherheit gelang, ob der Eiweil~gehalt

Bd. XXII . S. 539) irides nicht hervor, ob die Autoren ehn wirklich N-freies Prs yon Pektinstoffen in den ttiirlden hatten. Ein besonderes Verfahren der Befreiung yon Eiweil~substanz wurde nicht angewendet.

-1 S. diese Zeitsehrif t , gleiches Heft, L u d w i g M~ser : iiber den Eiweil]- gehalt der St~rke und eine Methode der Herstellung eiweiBfreier St~rkepr~parate.

92 PAU~ SCHMIDT:

hoch oder niedrig war. Bei Verwendung der eiweil3freien, mit alkoholischer 5prozentiger Kal i lauge vorbehandel ten Dr. Klqp- fersehen Starke, die ganz attsgezeichnet leicht sehon bei Z immer tempera tur verkle is ter te , ha t te ich bei opt imalen Be- dingungen t iberhaupt keine MiBerfolge mehr. Es sei betont, da$ bei einer Reihe yon Kontrollversuchen vollkommen steril verfahre~ und sehnell gearbeitet wurde, um eineVermehrungvon Keimen auszusohliel~en; das Resultat blieb immer das gleiehe, so dal~ man eine Interferenz you Bakterien bei der Entstehung des Giftes naeh meiner Uberzeugung bei diesen Versuchen ausschliegen kann. Bemerkt sei, daI3 die Einspritzung yon Starkekleister-Serumgemischen ohne Vorbehandlung bei 370 vSllig wirkungslos ist, wie auch E. :Nathan betont. Es folgen hier die Proto- kolle fiber die angestelltea Versuche (s. Tabelle II his VI).

Aus Tab. VI geht hervor, da$ die kleinste Sti~rkeldeistermenge, mit der noeh ein Anfal! erzielt wurde, 0.5 g einer LSsung des 10prozentigen Kleisters 1:2500 betrug (0-0002 ecru); d.i . weniger als die Halfte yon

derjenigen, mit welcher E. :Nathan noeh Erfolg hatte (0.0005 ecru). Es sei bemerkt, da$ solche StarkekleisterlSsungen 1:2500 noeh ein starkes Tyndallphiinomen im Liehtkegel einer Bogenlampe geben.

Eine Frage yon grtil~ter Wiehtigkeit ist ferner meines Erachtens die, ob das anaphylaktisehe Gift im Verhi~ltnis zu den EiweiilkSrpern des Serums bzw. Plasmas als gelSst oder feinstens suspendiert zu betraehtea ist, welehe Beziehungen es im besonderen zu dan Globulinen hat. :Naeh den Dialysier,

Tabelle IL M e e r s e h w e i n c h e n s e r u m m i t S t i i . rke M e r c k .

1.4 prozent. ~-Substauz.

Nr.

200

250 ?

5OO 350 300 250 340 250

Dosis des 10 pr0zent. - Brut-

Kleisters in schrank ccm Serum

1 auf 5

1 . 5 1 ,, 5 2 . 6

1.5 auf 6 2 auf 7 2 ,, 8 1.5 auf 6 1.5 ,, 6

1 Stde. !

1~h ,, 11[2 .

l t / 2 .

2 Stdn. I

2 . ,

2 ,, 11/2 Stde,

Zentri- fuge

in Min.

Enjizierte Menge in c c m

Anfall Tod

8

8 8 8

8

8 "8 8

8

4.5

1

4 5 4 .5 3 3 4.5 4

schwer !

schwer

lelcht schwer

schwer

sehwe r

na ch Min.

I - -

I - -

sofort

K r .

Kr.

Kr.

K r .

Kr.

ZUR ~RAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPHYLAKTISCHEN ANFALLS. 93

T a b e l l e III.

M e e r s e h w e i n e h e n s e r u m m i t S t i i r k e K l o p f e r .

0.08 prozent, l~-Substauz.

Nr.

10

I1

230

280

320 9 i

25O 250 800

800

325

2ao

Dosis d. t " ] �9 . . ~ . ~ ~ : ~ S = Alter des 10 proz. Brut ~- ~ "~ ~ ~ ~ ~" Tod Kleisters schrank / ~ ~ ~ ] : - ~ ~] -~ I :~ Kleisters _] i n Serum ~ "~ " r

t

frisch bereitet 2 auf 10cem 2]/~ Stdn. 8 t 2.5 schw. Kr. nach 1 Min.

,, ,, 1.5 a u f 8 . , 2 ,, 10 / 2.5 , s chw. , Kr. nach 1 Mira

1 Tag alt 3 g ,,15 ,, I 2 ,, 4 ] 2 ] - - I 2 T a g e alt / 1 . 5 g , , 6 , / 2 ,, [ ? / 5 - - ' [

frisch bereitet i 0 . 6 g ,, 6 ,, [ 1 Stde. 15 / 5 schw./ Kr. sofort ,, 1 - 5 g , , 1 5 ,, 1 ,, l 10 [ 4.5" Ischw.] Kr. ,, 0 . 1 g , 8 ,, 10Miu. angew. I !0 [ 5 I - - [

' / , Stde. gesch. I [ [ ,, ,, ' 0 . 2 g , , 7 ,, 10Min. angew.[ 10 ] 6 ] le ieht [ naeh

'/~ Stde. geseh. ] 1 ] / 2 ~/~ Stdn. ,, ,, 0 5 g , , 7 ,, 10Min. angew./ 8 J 6 / l e ieh t f

,, 1 g . 6 . 5 . 1 Stde. 10 6 schw. ! 1 Min.

Tabe l l e IV.

M e e r s c h w e i n c h e n s e r u m m i t S t i i r k e K l o p f e r .

0.04 prozent. N-SubBtanz.

i t .

. , e~ .-~ ~ ~ Dosis d.: Brut - ~ ~ . - ~ t~ 10 proz. I ~ =7~ ]-~ ~ r

Kleisters schrank I~_~ I :"

270

24O

230

24O

220

28O

250

1 g auf 5 ccm Ser.

1 g a u f 5 ccm Ser.

1 g auf 6 ccm Sot. 0.5 g auf 6 ccm Ser.

1 . 1 g auf 12ccm Ser.

1 g auf 11 ccm Ser. 1.6g ayf

16ccm Ser.

1 Stde.

1 ,

1'/s ,,

1 I/4 ,,

~10

10

10

10

4-5

4.5

5

5

0.03 prozent. N-Substanz. 11/4Stale. I 10 3

11/4 ,, [ 10 5

1']~ ,, t 10 3

An fall

schwer K r .

Tod

nach 2 Min.

nach 80 Sek.

nach 1 Miu.

sc, hwer Kr. - -

. - -

94 PAUL SCHI~IIDT:

Tabe l le V.

M e e r s c h w e i ~ a c h e n s e r u m m i t S t ~ r k e K l o p f e r

(eiweiBfrei).

Nr. ~ ~ ~ ~.~

i ~

1 270

2 210

3 240

4 220

5 240

6 350

~50

8 220

9 240

lO 260

I i 280

:~'~ z ~ ' ~

I .

I.

Dosis d.: 10 proz.

Kleisters

II.

lI .

II.

m,

I lL

I l L

III.

I II .

I IL

0.6 g a u f 6.5ecru S.

2 g a u f 19.5ccm S.

2 g auf 20 ecru S, 2.7 g auf 27 ccm S. 2 .1g auf 21 ecru S. 0 .3 g auf 3 ccm S . 2-1 g a u f '21 ecru S, 0 .5 g auf 5 ecm S.

Brat- "~ v .~

schrank ~ ~

O~

,e

11[4 $tde.

'7

'7

~T

17

10 5 hw.

10 5.5

10 5

10 4.5

1 0 3

10 3

10 2.5 .

10 5 ~,

I0 5 7,

K r ,

~7

7)

~7

))

77

~7

5 ccm . 0.3 g auf 3 ecru S. 3 g auf

30 ecru S.

Tod

10

15

nach 30Sek.

nach 2 Min.

naeh 1 Min. nach

2 Min. n ~ t c h

3 Min.

2.5 ,, - - - -

3 leicht

versuchen yon F r i e d b e r g e r and J e r u s a l e m rnuB man es zu den kol- loidalen odor viellcicht korpuskultiren Substanzen rechnen, dcnn es ist nicht dialysabel, so daI~ es kaum den Peptonen oder Albumosea zuzuzahlen w~re. F r i edbe rge r nimmt an, daB das knaphylatoxin sich unr den allerersten kbbauprodukten des Eiweifles befindet und zu raschem weiteren Abbau schreitet. Es fragt sich, welches das Verhalten des Giftes bei der Filtration mittels BerkoM~fiterkerze ist, die bekanntlich bei frischen Kerzen auBerordentlich schnell vonstatten geht. Vom aktiven kouzentrierten Meerschweinchenserum habe ich nacbgewiescn, dab es fast intakt, d. h. reichlich komplementhaltig das Berkefeldfilter passiert, wtihrend es in zehnfacher Verdfinnung mit physiologischer KochsalzlSsung so g u t wie vollstiindig inaktiviert wird. Ich nahm bci meinen Versuchen an, dad im konzentrierten Zustande der starke Albumingehalt als Schutzkolloid wirksam ist, wtihrend in den Verdiinnungen eine Vcrgriiberung der Mole- kiile des Globulins und infolge davon eine etwas restore Haftung des Kom-

ZUR I~RAGE DEE ENTSTEHUNG DES ANAPHYLAKTISCHEN ANFALLS. 95

Tabel le VI. V e r s u c h e f i b e r d i e k l e i n s t e n o c h w i r k s a m e K l e i s t e r m e n f f e m i t

M e e r s e h w e i n e h e n s e r u m .

V e r d . . d . 10 proz.

"~ in NaC1- ~. L S s u n g

1 200 1 : IO000

2 ~10 1 : 10000

3 230 i : 1000

4 1 4 0 1 : 1 000

5 127 1 : 1000

6 190 1 : 5000 7 140 1 : 7500

8 148 1 : 5 000 9 " 120 1 : 2500

10 1'~0 1 : 2 500

11 170 1 : 2 5 0 0 12 170 1 : 5000

13 1'/0 1 : 5000

Dos i s d.

Verd i in - I l l l l l l ~

in ecru

0 . 5 5

0 -5 5

0 . 5 5

t 0 -5 5

0 . 5 5

0 . 5 5 0 . 5 ,, 5

0 . 5 ,, 5 0 . 5 , 5 0 -5 ,, 5

0 . 5 ,, 5 0 -6 . 6

0 . 6 . 6

Pr~iparat. ~ :~v= o A n f a l l

0 . 0 3 proz. ~ - S u b s t a n z

0~03 proz. N-Substanz 0 .03 proz.

l~ -Subs tanz I.

e iwei~fre i I I .

I I .

I L I L

I l l . I I I .

I I I .

I I I .

I I I .

~ T o d

2

6

2 ' l

3

3 t)

3 3

3'/ 4

3

3 3

3

5

5

5

5

5

s c h w e r

schwer

m

p

Kr n a c h 1 Min.

plementfermeates an den Globulilioberfl~ichen statthabe, so dab eine Ad- sorption der Teilchen an der Oberflliche der Filterporen eintritt (4).

Nach tier Vorbehandlung des Meerschweiachcaserums im Brutschrank mit Stiirkekleister wurde also eine Filtration durch Berkefeldfilter vor- geaommen, und das Filtrat eingespritzt. Die Menge wurde so gewi~hlt, dab vom Filtrat miiglichst mehr als yon der Kontrolldosis zur Injektion kam. Die Resultate dieser Filtrationen shld aus Tabelle VII ersichtlich.

Es geht aus diesen Versuchen e indeu t ig he rvor , dal~ alas A n a p h y l a t o x i n durch den k u r z d a u e r n d e n Fi l t ra t ionsprozel~ e l imin ie r t w o r d e n ist. Das scheint auch fiir das durch Digerieren mit Bakterien erzeugte Gift zu gelten; wenigstens zeigte sich in einem Versuche das hochgradig giftige, bei 370. digerierte Meerschweinchenserum- Prodigiosus-Gemisch im filtrierten Zustande v5llig unschadlich. Diese Tat- sache, alas es so schnel l abfiltrierbar ist, scheint mir yon groSer Be- deutung zu sein, da sie flit den korpuskulitren Charakter des Gifts spricht; auch F r i e d b e r g e r hat iibrigens bereits als erster die leichte Adsorbierbarkeit durch Tierkohle festgesteltt. - - Von IatereSse schien

96 PAUL SCHMIDT :

Tabe l l e VII.

M e e r s e h w e i n e h e n s e r u m mi t St~irke d i g e r i e r t u n d f i l t r i e r t .

1 400 2 ecru auf 10 eem

2 240 1.5 g a u f ] 5 ecru

3 230 2 g auf 20 ecru

4 200 2.7 g a u f 27 ecm

5 260 8 g auf I 80 cem

Pr~i,,arat ]~ ~,~1~ ~ / . ~ = ~ ~ l~ ~" II ohne Filtration

N-Substanz sehwer 2 Min. [ ! (Xr.)

0.08 ~ 1 10 8 - - 4.5 ecru - - N-Substanz} I ] II sehwer ]

(Kr.) I II . 1'/4 15 6 - - 4.5 ecru [ naeh

(eiweiSfrei) l [ [ ii sehwer ] 2 Min. I (Kr)

II. 1~/4 15 5 - - 4.5 ccm - - schwer

(Kr,) III . I 1'/~.1 15 7.5 I - - [ 3 c c m ] - -

(eiwei~frei)] ! / [[ leieht I

mir ferner die Frage, ob die Erzeugung des Anaphylatoxins aueh noch mit bereits filtriertem, frisehem, k0mplementhaltigem Meerschweinchen- serum gelingt. Das ist der Fall. Das noeh nicht mit Kleister behandelte, aber filtrierte, frische )Seerschweinchenserum ist also sehr wohl geeignet zur Anaphylatoxinbildung, wiihrend das Filtrat des mit Kleister giftig gemaehtea ~eersehweinchenserums vSllig ungiftig ist, ein Verhalten, welches m. E. doch recht eindringlieh auf die physikalisehe Natur des Anaphylatoxins hinweist.

I n einer weiteren Reihe yon Versuehen sollte festgestellt werden, ob dttreh intraperitoneale Einspritzung des Meerschweinehenserum-Kleister- giftes in groBen Dosen (bis zu 10 ecru!) Anfalle zu erzielen sin& Theo- retiseh mullte diese M(iglichkeit verneint werden, da im Peritoaealraum doeh eine Art natiirlieher Filtration der Giftteilehen stattfindet, bevor alas Serum in die Blutbahn gelangt. Die folgenden Versuehe bestatigten diese Anaahme im vollen Umfange (s, Tab. XII).

Es war yon praktisehem Weft, zu wissen, ob die Entgiftung des mit Sti~rkekleister giftig gemachten aktlven Serums aueh gelingt, wean man sieh des Pferdeserums bedient. E. N a t h a n konnte das Gift auch mit dem Pferdeserum-Kleister-Gemiseh herstellen. Hier racine Protokolle fiber diese Versuche (s. Tab. VIII und IX).

' Es resu l t i e r~ da raus , da$ auch das A n a p h y l a t o x i n aus

ZUR FICAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPHYLAKTISCHEN ANFALLS.

Tabel le VIII.

P f e r d e s e r u m m i t S t i i r k e K l o p f e r d i g e r i e r t .

97

1

2 e

8

4

5

6

9

10

11

12

[] "=..~ ~ ~l Dosis des

_ _ ~ ~ Kleiste~rs '[.,~ ~ .~

28o

260

240

0.6 g auf 6 ccm Ser. 0.5 g a u f 5 ecm Set. 0.1 g auf 5 ccm Ser.

2-5 g a u f 25 ccm Ser. 2.5 g auf

25 ccm Set. 2 g auf

25 ccm Ser. 2,5 g auf

35 ccm Ser. 2.5 g a u f

35 ccm Set. 2.5 g auf

35 cem Set. 0 . 6 g auf

7 ccm Ser.

2.5 g auf 30 ccm Set.

3 g a u f 30 ecru Ser..

~ i ~ cD

schrank ~.~ ~ : ~

8

10

8

8

8

20

10

10

8

8

12

8/~ Stde.

3 / 4

angew~rmt I/4 Stde.

geschiittelt 1 Stde. 10Min.

11/4 Stde.

lZ/4 , ,

1 1 / 4 , ,

1~/, 7,

1~/4 .

angew~rmt 1/4 Stde.

geschiittelt angew~rmt

'/4 Stde. geschiittelt 11/4 Stde.

4.5

4.5

4

4

5.5

5

5

5

6

5

Anfall

schwer

leicht

schwer

leicht

schwer

,9

~ Tod

nach 1 Min. nach

2 Min.

nach 6 Stdn.

nach 1 Min.

nach 6 Stdn.

nach 5 Min.

nach 10 Min.

ak t ivem Pfe rdese rum mi t Berke fe ld f i l t r a t ion nach Diger ierung mit Kleister zu en tg i f t en ist. Der einzige MiBerfolg bei Versuch Nr. 11 scheint mir auf Konto der auffiillig raseh filtrierenden Berkefeld- kerze zu kommen. Anaphylaktischen Schock mit aktivem Pferdeserum ohne Kleisterbehandlung konnte ich nur einmal erzielea mit 28 Stundea altem aktiven Pferdeserum (Lunge gebl/iht). Die Tiere gingen friiher oder spiiter bei den anderen Versuchen atypisch ein, ohne Lungen- bl/ihung, ohne ausgesproehene Blutungen in der Lunge, hiiufig allerdings mit reichlich Petechien auf der Darmserosa (s. Tab. X).

Eine Bereitung des Giftes aus Pferdeserum mit Kaolindigerierung gelang unter drei Versuchen einmal. In einem anderen Falle schien mit Kaolin eine Verminderung der primaren Giftigkeit eingetreten zu sein. Eine vSllige E n t g i f t u n g von normalem Pferdeserum naeh Kaolin-

Zeitschr. f. Hygiene. LXXXIII 7

98 PAU~ SCHMIDT :

T a b e l l e IX.

P f e r d e s e r u m m i t S t ~ r k e k l e i s t e r K l o p f e r lt[4 S t u n d e b e i 37 ~ C d i g e r i e r . t u. f i | t r i e r t . Nur Nr. 4 w~rde 5 Min. im Wasserbade yon 37 ~ angewitrmt und 15 Min. in der Hand kr~ftig

gesehiittelt. Alle RShrchen 10 Mira seh~ff zentr ifugiert . Al ter des Serum ca. 4 Stunden.

Z 2 Dosis des Kleisters

2

3

4

5 210

' 6 175

7 25O 8 220 9 270

10 200

11 175

12

18 14

15

16

17

18

190 2 g a u f 2 5 c c m S e r u m [

120 12.5,, ,, 35 . ,, 310 2.5 ,,

260 2 . 5 .

3 .

3 ,, ,, 30 . ,, 7 c e m (Kerz fil triert auf- f'~llig rasch !)

250 3 . ,, 30 ,, ,, 5 eem

230 !3 ,, ,. 30 ,, ,, 5 ,,

. . 40 . . 5 ,,

:, . 40 ,, ,, 5 .

. . . . 40 ,, ,, 6 ,, ,, ., 4 0 ,, ,. 5 ,,

. 40 ,, ,,. 5 ,,

5 c c m

220 4

245 2O0 200 ,,

5 ,,

An {'all ?

Koutrolte yon �9 Serum mit" Kleis ter 5 ecru, n icht filtriert I

sehwerer Anfal l t sofort

leieht.Anfall (Kr.) sehwerer Anfal l ,, 35 ,, .

,, 35 . ,,

,, 30 ,, ,.

,, 30 ,, ~,

. 30 ,, ,,

., 30 ,, ., ,, 3 0 ,, ,,

,, 30 ,. ,,

6 * 5 ~

5 7,

7 .

6.5 ,,

7 .

7 7T

7 .

sofort sehwerer Anfal l

kein Anfai l

Aufail

schwerer Anfall sehwerer Anfall sehwerer AnfM1

-~ nach 3 Std. le iehter AnfM1

sehwerer Anfall

t sofort

sehwerer Anfall i" nach 2 Std.

schwerer Aufall -~ sofort

kein AnfM1 sehwerer AnfalI t naeh 2 Min. leiehter Anfal l

schwerer Anfall kein Anfal l

schwerer An fall ~- naeh 5 Min.

Kontrol le yon Serum allein

5 e e m ,

nleh t filtriert!

kein Anfal l t n a e h 9 Std.

kein Anfal l kein Anfal l

kein Anfal l ~- naeh s/ ' Std.

kein Anfal l t naeh '/2 Std.

kein Anfall t naeh '/~Std.

kein Aufall kein Anfal l kein AnfaU

t naeh 4 Std. kein Anfall

"~" naeh 5 Std. kein Anfall

kein Anfal l

kein Anfal l kein Anfat l

t ' n a c h 5 Std. kein Anfal l kein Anfal l kein Anfal l

b e h a n d l u n g u n d n a e h f o i g e n d e r F i l t r a t i o n g e l a n g n i e h t , wie n a c h -

f o l g e n d e P r o t o k o l l e z e i g e n (s. T a b . X I ) .

D a s V e r s t a n d n i s des ) [ o d u s d e r E n t s t e h u n g des S c h o c k s f i n d e r d u t c h

e ine s e h r i t t w e i s e g e n a u e B e 0 b a e h t u n g d e s K r a n k h e i t s b i l d e s u n d des p a t h o -

l o g i s e h - a n a t o m i s e h e n B i ldes be i d e n T i e r e n F 6 r d e r u n g .

H e r r G e h e i m r a t P r o f e s s o r B o s t r o e m h a t t e die groBe L i e b e n s w i i r d i g k e i t ,

e ine gr6i~ere A n z a h l d e r g e b l / i h t e n S c h o c k ] u n g e n p a t h o l o g i s e h - a n a t o m i s c h

n a h e r zu u n t e r s u c h e n , wof i i r i eh i h m h i e r m i t m e i n e n v e r b i n d l i e h s t e n D a n k

kein Anfall t nach 3 Std.

ZUR FRAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPHYLAKTISCHEN ANFALLS.

Tabelle X.

N o r m a l - P f e r d e s e r u m .

99

Gewicht Nr. d. Tieres

in g

1 220 2 210

~oo

4 200

5 190

190 260 190 280 320 280

270

6 7 8 9

10 11

12

Alter

des

Serums

Injizierte Menge in ccm

Anfall Kr~impfe Tod

10 St, frise

3 St

4

28

3 3

29 .

3.

n. 5

5

5

5 5 5 5 6 6

6

5

sehwer Kr.

naeh etwa 5 Min. naeh

9 Stdn. n a c h

t/, Stde. naeh

lt/I Stde.

naeh s/4 Stde.

naeh t/~ Stde.

Be-

merkungen

Lunge gebl~ht

Tabelle XI.

P f e r d e ~ e r u m m i t K a o l i n u n d n a c h f o l g e n d e r F i l t r a t i o n .

3a

3b

200

190 28

200

200

l g auf

25 eem Serum

l g auf

30 ecm j Serum

O.ag aof

5 ccm

O.5g auf

5 eem

1114 ;,

t.4 Brut- ~ ~o . . = ~ ..

sehrank ~ -~ ~&*~

11/, Stde.

10 Min. ge-.

schiittelt

10 Miu. ge-

sehiittelt

2 • 10 5 ecru Min.

2 x 10 5 ,, Min.

10Min. ( f i l - t r i e r t )

f 5 ecru I

10 . [] 5 ,, E

sehw.

leicht

Tod

Kr. nach 2 Min.

naeh " 3 Miu.

Serum-Kaolin-

Gemiseh,

unfiltriert,

n i c h t injiziert

Serum-

Kontrolle

kein A n . fall ~ naeh 1/! Stde.

Tod sehwerer Anfal[; sofort To d

kein An- fall; naeh 9 Stdn. ]

Tod I kein A n - fall; nach

9 Stdn. T o d

Fil t rat

kein An- fall; naet 3 Stdn. er. folgt Toc kein An- fall; naeh 3 Stdn. er. folgt To~

kein An- fall; Tod

naeh 5 Min.

kein An- fall; Tod

nach 30 Min.

i00

l n t r a

P_~UL SCHMIDT:

Tabelle XII. ~ e r i t o n e a l e I n j e k t i o n e n y o n M e e r s c h w e i n e h e n s e r u m -

K l e i s t e r g e m i s e h .

Nr.

9

l o

170

22O

?

230

230

250

250

230

220

240

Pr~tparat

1 �9 4 proz, ~-Sub- stanz

I . 4 proz. N-Sub- stauz

1.4 proz. N-Sub- stanz

1 �9 4 proz. N-Sub- stanz

II. (eiwei~-

frei) III.

IIL

IIL

III .

III .

Dosis d. 10 proz.

Kleisters

1 eem auf 6 ecru Serum

2 ecm auf 10 cem Serum

1 �9 5 ecru auf Seem

Serum 1,5 ecru

auf 6 ecru Serum

2,1 g auf 21 cem Serum

1 . 3 g auf 13 ecru Serum

0.6 g auf 6 cem Serum

2.4 g auf 24 cem Serum

0.6 g a u f 6 eem Serum

0 . 6 g auf 6 ecm

S e r t l l x l

~ . ~

~ l - r

K e n -

Ted t ro l l e ; intra-

�9 jugular

2114

2 I/a

2

lt/,

11/,

11/4

11/,

11/4

l0 6

10 6

10 8

10 6

10 10

10 8

10 6

10 6

10 6 io]

m

m

- - nieht aus- ,geffihrt

2.5 cem; sehwerer

Anfall u. Ted nieht aus-

gefiihrt

nieht aus ~ gefiihr~

3 c e m ; sehwerer

Anfall 3 ecru;

schwerer An fall

- - 4 cem; sehwerer

An fall 4 r

kein An fall 5 ecru;

sehwerer Anfall u .Tod

5 eem; sehwerer

Anfatl u. Ted

abstatten mtichte. Die angefertigten Schnitte wiesen ausgesprochene Ver- stopfungen der Kapillaren mit Starketeilchen auf, die auch oft aus den Septen in die Alveolen ausgetreten sind (Btaufarbung mit Lugolscher LSsung). Es scheint , dab die S tg rke te i l chen durch die Wirbel- b i ldung im rech~on Herzen und Weitere Adsorp t ionen ver- grSbert werden. Ferner erhellt aus den Schnitten die ungeheure Blut- stauung im kleinea Kreislauf, der Austritt yon Transsudatmassen in die Bronchiolen, zuweilen init vSlliger Abstol~ung des Epithels, woraus der totale Verschlul~ auch ohne Bronchospasmus bereits versti~ndlich wird. 1

t ]~s sei an dieser Stello auch auf die interessauten Befunde an der quer- gestreiften Muakulatur~ insbes, dem Zwerchfell verwiesen, die als erster R. B e n e k e

ZUR "FRAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPHYLAKTISCHEN ANFALLS. 101

Es sei hier nochmals ausdriieklich hervorgehoben, daI] in allen F~illert ein energisches Zentrifugieren des Serum-St~kekleister-Gemisches stattfand.

Die erste Ver~tnderung am aufgespannten Tiere noch withrend der Ein- spritzung des Giftes oder bald hinterher ist eine Beschleunigung und vor allem ruckartig abgesetzte, inspiratorische Vertiefung der Atmung: nach eiaer Atempause pflegt das Tier angestrengt kurz, aber tier einzuatmen. Gleichzeitig, in manchen Fa l len in te ressan terweise sogar schon vor jeder Dyspnoe fa l l t eine Verfarbung der f re igelegten, bis dahin schSn ro ten Carotis auf, die alle Farbnuancen bis ins Tiefblau durchschreiten kann, wenn der Anfall an Schwere zunimmt. Es ist gewil~ nicht ohne Bedeutung, dab diese Veranderung zuweilen sehon nach 8 bis 10 Sekunden einsetzen kann. 5fan hat den Eindruek, dab in diesem I. Sta- dium des Symptomkomplexes die Exspiration noch leidlich gelingt. ]m weiteren Verlauf wird die Inspiration krampfartig angestrengt, yon einer exspiratorischen Verkleinerung des Thorax ist kaum mehr etwas zu seben; die pr~parierten Halsvenen sind aufs auBerste gestaut, das Herz arbeitet mit verdoppelter Kraftanstrengung, was vielfaeh in kriiftigster Pulsation am Jugulum erkennbar wird. Vielfach ist ein s tarkes R6cheln der Tiere be i g le ichze i t igen a l l geme inen Kr~mpfen wahrnehmbar . [Inter ITaeh]assen des Krampfes, Urinabgang und v5lligem Stillstand der Atmung erfolgt der Exitus, w~hrend zuweilen rStlicher Schaum vor die Niistern t r i t t . Wahrend des Anfalls sind immer reichlich 1Rasselgerauscbe am Thorax zu hSren.

Wenn man im Anfall die Carotis durchschneidet, entstr~Jmt reichlich dunkles, venSses, nicht gerinnendes Blut, nicht viel weniger insgesamt, als wenn das Tier tinter normalen Verh~tltnisscn aus der Carotis entblutet wird, doeh langsamer; ein ~tuilerer Ausdruck dafiir, dal], wie zu erwar ten , das S t romgeb ie t d e r L u n g e n k a p i l l a r e n nur zu einem Tell ver legt wird: Bei der Sektion fallt, abgesehen yon der Lungen- blahung und den Blutungen in der Lunge, die auSerordent l iche S tauung im kleinen Kreis laufe und die Erwei te rung des rechten wei ter- schlagenden Herz'ens auf und als natiirliche Folge dieser hoehgradigen Stauung das ()dem. In jedem Falle sah ich bisher aus der durchschnittenen Trachea schaumigblutige Flfissigkeit langsam entsprechend der allmahlichen Kontraktion der Lunge austreten. Ich habe bei k i ins t l i che r und I m m u n a n a p h y l a x i e im wesent l ichen die gleichen Bilder des

nach anaphylaktischen Anf~llen feststellte und die er als ,,sehollige Zerkliiftung" besehreibt. S. ZenlralblaU [iir allgem, Pathologie und pathol, Anatomie. 1912, Bd. XXIII. Nr. 12."

102 PAUL SCHMIDT:

Verlaufs und der P a t h o l o g i c g e s e h e n ; B l u t u n g e n ulid 0 d e m e w a r e n / ~ a U c h bei me inen I m m u n s c h o e k v e r s u e h e n : e i n regel - miifiiger Be fund , wenn sie auch naturgemi~ in verschiedener I_uten- sit~t auftreten kSnnen (5). Im Gegensatz zu der vielfach blassen, yon Petechien durchsetzten Oberfli~ehe der Lunge ist ihre Schnittfli~che infolge der Hyperi~mie dunkler rot. Dieser Kontrast der Farbe ist yon vornherein ja" vollauf verstiindlich.

Auf Grund me ine r B e o b a c h t u n g e n und Be funde ha l t e ich A n a p h y l a t o x i n s e h o c k u n d I m m u n s c h o c k fiir ab so lu t iden t i sch .

Diskussion dcr Untersuchungem

Durch die Darstellung des anaphylak-tisehen Giftes aus arteigencm Serum mit einer eiweiJ3freien Substanz scheint die aul dem 17. Londoner medizinischen KongreJ~ von F r i e d b e r g e r aufgestellte Voraussetzung fiir eine berechtigte Neuanffassung yon der Entstehung des Anaphylatoxins erfiillt. Er sagt dort: ,,Die, Adsorptionstheorie ist so lange.zu verwerfen, als nur aus eiweL6haltigen Kolloiden ein. giftiges Serum erzielt wird. Sie ~vtirde erst diskussionsfahig sein, wenn die Giftbildung "mit N~freien Kol- leiden geliinge." Es entsteht die Frage, welche an@re Theorie nunmehr an die Stelle derjenigen vom parenteralen Abbau artiremden Eiwei~es die grSl~te Wahrseheinlichkeit Itir sich hiitte, und welche ebenso versti~ndlich und das Kausalbediirfnis befriedigend Ware wie die Fr iedbergersche . Es wiire ungerecht, dieser alton Thcorie d ie Vorztige des konsequenten, in sich logischen Aufbaus und der Zuverl~tssigkeit der meisten bis dahin erzielten Beobachtungen abstreiten gu wollen. Eine den neuen Beob- achtungen gerecht werdende Vorstellung vonder Art des anaphylaktischen Giftes ist aber nicht nur wissenschaftlich intercssant, sondern ohne Zweifel von grol3em praktischen Wert itir die Serumtherapie. Die Sachs -R i t z - sche Adsorptionstheorie und ebenso die D o err sche Annahme einer physika- lischen Zustandsi~nderung im Plasma sind, wiewohl an sich aicht in allen Stiickea befdedigend, doch geeignet, eine Briicke zu einer anderen Auf-

fassung zu bilden. Es scheint mir ohne Zweifel berechtigt, auf Grund meiner Studien den physikalischen Adsorpti0~svorgfingen, beim Reagenzglas- versuch und bei dem Anfall., die Hauptrolle zuzuteilen, doch in anderem Sinne, als dies R i t z -Sachs (6) und Doer r (7) getan habe.n. Diese nehmen bekanntlieh an, dal~ im Serum eine giftige, durch eine andere antag0nistisch wirksame Substanz unsch~dlich gemachte Materie vorhanden w~re, die erst dadurch zur Wirkung gelangt, dab die antagonistisehe Substanz durch Adsorption an Kaolin, Kieselgur usw. eliminiert wird,~oder aber, dal~ der

ZUR FRAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPHYLAKTISCHEN ANFALL$. 103

Abbau der Eiweil3snbstanzen im Sinne F r i e d b e r g e r s durch die Fort- nahme dieses antagonistischen Kiirpers erst ermtiglieht wiirde. Es seheint mir auf Grund meiner friiheren physikaliseh-chemisehen Studien (8) fiber die Agglutinationsvorgange sicher, dab auf alle elektrisch negativ geladenen Kolloido, auch die elektrisch negativ getadenen Bakterien, eine bestimmte, besonders leicht fMlbare Quote der Globulinfraktion niedergesehlagen wird, in erheblicherer Quantit~t wohl nur im aktivea Serum bzw. im Plasma. Alle elektrisch negativ geladenen Kolloide bilden eine Art Keimzentren im Serum, an welche fortgesetzt Neuanlagerungen stattfinden, bis das Gleichgewicht im Sinne H. F r e u n d l i c h s erreicht ist. Vielleicht, da~ sich diese ,,Umstimmung" eines Teils des Globulins nieht nur auf die Teilchen erstreckt, welche dann adsorbiert werden, sondern auch auf solehe, die nacb Eliminierung der Fremdsubstanzen weiter im Serum verbleiben. Die Eliminierung der Fremdsubstanzen durch Zentrifugieren gelingt iiber- haupt nut mit nicht quellbaren, spezifiseh sehweren Stoffen. Von der Starke und von Agaragar ist sicher, dal] die kleinsten Teilchen aus Eiweil]- liisungen bei weitem nicht alle mit Zentrifugieren entfernt werden kiinnen. Man bat also, wean man unser Serum-Starkekleister-Gemisch naeh dem

.Digerieren im Brutschral~k auch noch so lange, mit noch so viel Touren zentrifugiert, stets in der iiberstehenden Fltissigkeit feinste Kleisterteilchen mit einem lJberzug yon Globulinen. Es kann kein Zweifel dariiber bestehen, dal~ diese yon Globu l in i n k r u s t i e r t e n f e in s t en K l e i s t e r t e i l c h e n fiir das s t r S m e n d e Blu t F r e m d s u b s t a n z e n . s i n d , die r e l a t i v l e ieh t v o n d e n K a p i l l a r e n a d s o r b i e r t werdert und nun Keim- zen t r en zur A n l a g e r u n g yon k l eb r igen g e f o r m t e n E l e m e n t e n und w i e d e r u m auch yon G l o b u l i n t e i l c h e n bilde:n. ~Mir scheint, dal~ die aul~erordentlieh feine Verteitung dieser Fremdsubstanzen yon Bedeutung ist tfir die Art der Adsorption in breiterer Fliiche gegen- iiber gr(iberen Teilchen, etwa wie Kaolin, Kieselgur usw. Von der Gr(il~e der Molekiile der liisliehen St~ke ist durch C. A. L o b r y de B r u y n bekannt, dal] sie in den Bereieh der kolloidalen GoldliJsungen hinein- ragen, also etwa 5--10 bt/z betragen. Ferner scheint mir sigher, da~ die grot~e Masse dieser Teilchen im ersten Kapillargebiet, in das sie gelangen, adsorbiert werden,, der :Rest erst in den Kapillargebieten des gro~en Kreislaufs. Sei es nun, allein schon durch den Reiz der Auflagerung auf dem Endothel, oder, was wahrscheinlicher ist, du rch N e u a n l a g e r u n g yon L e u k 0 z y t e n , B l u t p l a t t c h e n , Globul in (darunter auch Fibrin) t r i t t eine p lS tz l i eheVerengeru r~g des S t r o m b e t t e s der Lungen - k a p i l l a r e n . m i t r i i ckwi i r t ige r k o n s e k u t i v e r S t a u u n g ein, die um so starker ausfallt, je enger das Strombetr und je kraftiger die kompen-

104 PAUL SCHMIDT:

sierendeKraft des Herzens wird. Es ist klar, da$ unter solehen Umstanden der Gasweehsel, insbesondere auch die O-Zufuhr, gefallrdet wird, vermutlich allein schon dutch den Belag der Kapillarwande. DaB dabei die unge- niigende O-Aufnahme eine welt gr6Bere Rolle spielt als die An, sammlung yon C02, bedarf keiner besonderen Begrtindung. Gegen CO~ sind die K~rperzellen bekanntlieh in hohem Grade unempfindlieh. Die unter besonderen Verh~ltnissen ad maximum getriebene Blutstauung im kleinen Kreislauf, zusammen mit der starken Volumenvermehrung im Gef~l]system (auf etwa 12 ccm Blur kommen dutch Injektion mehr als 5 ecru Serum) muB zu sti~rkerem oder geringerem LungenSdem fiihren, bei welchem sehr bald auch Fl i iss igkei ts i iber t r i t t i n die Bron- chiolen s ta t t f indet . Schon die gewaltige Erh6hung des Druckes in der Ltmge infolge der Blutstauung, vollends abet noeh das 0dem, k~}nnen zu einem teilweisen oder vo!lsthndigen VersehluB des Lumens tier zarten Bronehiolen fiihren. Die Folge davon ist die Behinderung des Exspir iums, wahrend naturgemaB die kriift igere Insp i ra t ion noch vor sieh geht. So entsteht die Lungenblahung, die bei ann-

Tabelle XIII. V e r s u e h e m i t L ~ h m u n g d e r g l a t t e n B r o n c h i a l m u s k u l a t u r

(Meerschweinchenserum).

,= ~ Dosis d. "~ ~ : 10

l~r. ~ ' - - KleistersPr~

1 220 1 . l g auf 12 ecru Serum

2 ,240 1 g auf 11 cam

3 240 1.6 g auf 16 ccm

4 240 1.6g auf l 6 ecru

5 170 2 g auf 19.5 ecru

6 180 2 g auf 19.5 CClI

' ~ = ~ St~rke- -~ ~ "' d ~ v :~ ~ ~ Vorbehaudlung Anfall Tod

5 mit Chloroform- schwer sofor~ 0 �9 03 ~ N-Sub-

stanz desgl.

IL iweil3fre

II.

1l/4 lO

l 1/4 10

1'/4 10

1'/4 10

1'/4 10

11/4 10

~_thergemisch tief narkotisiert

mit Chloroform- sehwer Athergemiseh tief i(Kr~mpfe)

narkotisiert i mit Chloroform- [ desgl.

Jkthergemisch t iefr narkotisiert i

4 Mm. vorher 8 mg J Atropin. sulfur. ."

intravenSs injiziert i I0 Sek. vorher 4 mg ,,

Atropin. sulfur. intravenSs injiziert 10 Sek, vorher etwa ,,

10 Tropfen (auf Watte gebracht) Amylnitr i t e in-

geatmet

sofor~

sofort

ZUR FRAGE DER ENTSTEtIUNG DES ANAPttYLAKTISCHEN ANFALLS. 105

phylaktischem Schock oder auch bei (~lembolie der L u n g e n k a p i l l a r e n so typisch ist. Bei dieser stimmt tibrigens auch das Symptombild auf- fallend mit dem des anaphylaktisehen Schoeks tiberein. So erklart sich auch der Schaum vor den Ntistern der Tiere, der Austritt yon sehaumiger Fliissigkeit bei eintretender Zusammenziehung der Lunge. Auch die Blutungen in der Lunge werden leicht verst~ndlieh. Der Ted der Tiere erfolgt durch O-l~angel, viel weniger durch CO~-Vergiftung. So erklaren sieh welter auch die bei jedem Sehock auftretenden Rasselgerausche in den Lungen. hIir scheint, dal~ so aueh die positiven Aafalle von A. Seitz (9) mittels grol~er Desert saprophytiseher Bakterien in NaC1-LSsung gut ver- stiiadlich werdeu. Es leuchtet eiu, dab der ganze Zustand inklusive dem ()dem rasch behoben werden kann, wenn es dem Herzen gelingt, das Hindernis zu beseitigen, die Verschltisse fortzuschaffen; in anderen Ka- pillargebieten sind solche Verschltisse, abgesehen vom Gehirn, ja viel weniger gefiihrlich, wie gerade in den Lungen; das gilt auch fiir die Fett- embolie. Es handelt sich also am eine regulare Aspbyxie, bei der das Blut mehr oder weniger ungerinnbar bleibt.

Dem in i t i a l en Bronchospasmus m6chte ich in Uberein- s t immung mit F r iedberger keine wesent l iche Rolle zuschre iben; wenigstens vermfgen meine diesbeziiglichen Versuehe die Annahme eines prim~en Bronchospasmus nicht zu stiitzen. Folgende Versuche mit tiefer Chloroform-~_ther-Narkose, mit Atropin. sulfur, und Amylnitrit sprachen direkt gegen das Pravalieren eines bronchospastischen Zustandes. Meines Eraehtens geniigen die hoehgradige Blntstauung und das konsekutive 0dem vollstandig, um eine Verschliel~ung der zarten Bronchiolen beim ~eer- sehweinehen versti~ndlieh zu maehen (s. Tab. XIII).

Die Erklaxung der Bildung der ersten Fremdsubstanzen bei mit Serum oder Bakterien immunisierten Tieren dureh Einspritzung neuen Antigens ist nicht schwer, da bekanntlichbei allen Immuniti~tsreal~ionen Globulin- fi~llungen eintreten, die die Stelle der bei der Serum-KleiSter-Behandlung entstehendea Teilchen vertreten; sie entstehen eben bei Immuntieren im striimenden Blute z. T. schon auf dem ;Wege yon den Jugularvenen bis zur Lunge, und ebenso in den anderen Teilen des Stromkreises. Bei de r Versehiedenheit der Druckverhiiltnisse im grol~en und kleinen Kreislauf, insbesondere aueh d e r V e r s c h i e d e n h e i t der S t romgeschwind ig- kei t in den L u n g e n k a p i l l a r e n und anderen Kapillargebieten ist es versti~ndlich, dab die Adsorption der feinen Flockungen in dem langsamen Stromgebiet der Lunge energischer vor sich: geht als irgendwo sonst; .viel- le icht , dal~ auch der grS~ere CO~-.Gehalt des venSsen Blutes die wei tere Adso rp t i on von Globul in begi ins t ig t , also die An-

106 PAUL SCItNIDT:

T a b e ] l e XIV.

il I. I n j e k t o n :

fi . ~ . ~ ~ Kle i s t e r s au f W o in j iz ier t? " v ~ ~ M e e r s c h w e i n e h . ' ~ . ~

~; ~ ~ " Se rum ~ ~ "~ ~ "~ ~ ~

250 250 370

260

240

250

250

220

240

280

0 - 3 g a u f 3ecru 0 - 2 . . 2 . 0 . 9 , , , 6 .

0"377 :-7 3 . ,

2.1 ~, , 21 ,

1 . 3 . . 13 .

2 " 1 . ,, 21 .

0 - 6 . . 6 .

0 . 6 , , .,, 6 ,,

3 . 0 . . 7, 30 .

starke- ~ PHipa ra t ~ ~ (eiweiB- ~ .= =

frei) ~

I I I . 11/4 I I I . 1 t h I I L I t /~

I I I . 1 t/~

III. 1'.!,

IlL I t/4

III. P/

IlL 1'/

III. I~/

I I I , 1 t]

10 10 2 10 '6

10 2 5

io 3

10 8

10 6

10 6

10 S

10 3

i n t r a jugu l a r

77

in traper l tonea l

in t ru jugula r

77

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reieherung der Teilchen gerade in den Lungen verst~ndlich macht. Da also die Matrix des anaphylaktischen Giftes sowohl im Antigen (Kleister, Agaragar) als auch im Strum zu suchen ist, wird versti~ndlich, dab dutch Uberstehen tines Anfalls eine Schutzwirkung, wenn auch nur eine relative, eintritt: Es is t eben bei dem e r s ten Anfal l sin groi~er Tell der v e r f i i g b a r e n , le ich t a d s o r b i e r b a r e n Globul ins mi t ausgefi~llt worden , und es dauert naturgem~13 e!nige Zeit, bis dieser Anteil ersetzt ist. Man mul~ annehmen, dab bei immmfisierten Tieren die hnmunkSrper immerhin nut einem sehr umschriebenen Teile der Globulinfraktion an- Mngen, so dal~ noeh genug Globulin fiir einen anderen Sehoek mit neuen ImmunkSrpern iibrig bleibt, wenn man vielleieht auch Grund zu der An- nahme hat , daft die einzelnen Globulinportionen mehr oder weniger in- einander iibergreifen, so dal~ also Mitausf~llungen stets eintreten werden (relative Antianaphylaxie). So erkl~rt es sigh aueh, da~ sine unspezifische Sehutzwirkung vorkommen kann.. Bei meinen eigenen Sehutzversuchen

ZUR :FRAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPItYLAKTISCHEN ANFALLS, 107

Schu tzve r suche .

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Naeh j, ? Zeit i A:rt und Menge des Materials Anfall Anfall Tod zweite i I ~

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5 Mia. 10

3 Std.

10 Min.

3/4 8td.

3 ,,

3 .,

10 Min.

1.0 ccm Pferdeserum 0.3 0.05 ,, ,I

2.0 ,1 Pepton (1 + 10)

6 ccm Meerschweinehenserum- Kleistergemisch

dasselbe wie I. Injektion 5 cem Meersehweinehenserum-

Kleistergemlsch dasselbe wie I. Injektion

4,5 eem Meersehweinehenserum- Kleistergemisch

dasselbe wie I. Injektion 5,5 cem Mee~sehweinehens'erum-

Kleistergemisch dasselbe wie I. lnjektio n

6cem Meersehweinehenserum- Kteistergemiseh

dasselbe wie I. lnjekt ion 6 ecru Meersehweinchenserum-

Kleistergemisch dasselbe wie I. ][njektion

schwer Kr.

,, Kr. -/ sehr leieht

le i lh t {

I

sofort schwer (Kr.)

schwer (Kr.)

naeh sehwer 1 Min.

sehwer (Kr:)

- - sehwer (Kr.)

sofort

nach 2Min.

8ofort

zeigte sich, dab prophylakt i sche In jek t ionen , sowohl intravenSs, als auch intral~eri toneal, einen re la t iven Schutz hSchstens gegen das gleiche Kle i s te r -Anaphyla tox in gewi~hrten, garke inen bei mit Pferdeserum sensibi l is ier ten Tieren gegentiber der Rcin- jekt ion mit Pferdeserum. Ebensowenig war mit Kleisteranaphyla- toxin ein Schutz gegen Peptonschock zu erzielen. Siehe die Tab. XIV.

Was die Schutzwirkung hypertonischer KochsalzlSsungen anlangt, so ist ja die globulinliisende Kraft derartiger stiirkerer Kochsalz- 16sungen genugsam bckannt. Es kann also bei Gegenwart von reichlich NaC1 iiberhaupt nicht zu Flockungen und Adsorptionen kommen, da das Globulin yon NaC1 kriiftig in LSsung gehalten wird. Was die Kom- plementfermenr und Globulinadsorption betrifft, so gehen diese offenbar parallel. Es gibt wahrscheinl ich gar kein vSllig freies Kom- p lement ferment ; dieses i s t nach meinen frtiheren Unter- suchungen mehr oder weniger lose an das Globulin angehi~ngt,

108 PAUL SCHMIDT :

je gr6ber das Globulin, desto fester. Es gibt demeutsprechend wahrscheinlich nur Komplementadsorptioaen, wenn gleichzeitig Globulin adsol:biert wird; das Globu l in is t das Vehikel ffir das K o m p l e m e n t (8). S o war es ~fiederum yon F r i e d b e r g e r fiir die Mehrzahl der F~ille richtig'beob- achtet, dai~ das Komplement zu der Giftbildung geh6rt, sei es in vitro, sei es in vivo. Wird das Komplementferment irgendwie inaktiviert, so wird das Globulin eben gleichzeitig denaturiert, seiner besonderen variieren- den Dispersitiit beraubt, es wird zum ,,toten Kolloid".

Bei der Annahme eines Parallelismus im Verhalten vomKomplement- ferment und der Nativitat des Globulins ist nattirlich noch nicht gesagt, dal~ derselbe absolut zn denken ist. Es sind Abweichungen schon deswegen mSglich, well wit noch nicht wissen, welchem. Tell der Giobulinfraktion das Komplement am meisten anhaftet, und welcher Teil des Globulins am ehesten denaturiert wird. So wird es auch verstgndlich, dal~ Kom- plementschwund und Starke des Schoct{s nicht immer tibereinstimmen [F r i edbe rge r und H a r t o c h (10)].

Iuwieweit die Giftwirkung auch normaler Seren fiir an@re Spezies oder fiir die eige~te Spezies yon den Globulineu, yon ih re r A u s f a l l u n g im a n d e r e n Organ i smus a b h ~ n g t , l'~l~t sich zurzeit nicht entscheiden. Mir s che in t abe t d o c h aus me inen V e r s u c h e n tiber E n t g i f t u n g n o r m a l e r Seren h e r v o r z u g e h e n , dal~ das a d s o r b i e r b a r e Glo- bu l in dabei eine groi]e Rolle spiel t . Nehmen wit diese Quote der Globulinfraktion fort, so entgiften wit das Serum, wenigstens teilweise. Das ist mir mit Hilfe der Digerierung mittels Stiirkekleisters und mit nach- folgender Filtration durch Berkefeldfilter gelungen. Es ist dies vielleicht ein Weg, die Entgiftung der Heilhera (primiire Giftigkeit) nicht nur schnell (ohne Lagern), sondern aueh ausreichend durchzufiihren. Der Antitoxingehalt nimmt nach Untersuehungen der Behringwerke in l~Iarburg dabei nieht ab (s. Tab. VII u. IX) . .: Zu der Theorie Nolfs yon der Sehiidigung und dadurch bedingten Durchl~ssigkeit des Endothels der Gefi~e infolge der Giftwirkung (Fibrin- niedersch!ag) sei bemerkt, dal~ ich diese Endothelschiidigung nicht fiir das Wesentliehe und Prim~re halte. W~e sie das, so bliebe v(illig unverstandlich, warum die Tiere zuweilen so aul~erordentlich rasch vom stiirksten Schock zur v611igen Norm zurtickkehren. Diesen Punkt maeht Doer r (11), wie ieh glaube mit Recht,. unter anderen gegen die Gifttheorie ira Sinne F r i ed - bergers geltend. Das 0 d e m . is t i n der H a u p t s a c h e v o n d e r ko los sa l en S t a u u n g i m k l e inen Kre i s l au f b e d i n g t . Dal] eine solehe vollstiindig zur Ausbildung eines LungenSdems ausreicht, ist ja hinliinglich durch Tatsachen erhartet.

ZUR FRAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPIIYLAKTISCHEN ANFALLS. 109

Das Fibrin diirfte neben den eigentlichen Globulinen bei der kus- bildung des StrSmungshindernisses immerhin mit in Betracht kommen. In den Kapillaren der geblahten Lunge von Sehocktieren l~I]t sich Fibrin naeh Weigert nicht nachweisen. Von Doerr und RuG (12) wurde gefunden, dal] prophylaktisch gegebenes Hirudin keinen Schutz gegen den Schock ausiibt. Die Verhiitung ausgedehnter Gerinnung dutch das Hirudin braueht ja naturgem/iB nicht zur Folge zu baben, dal] das Fibrinogen nieht mit adsorbiert wird.

Das Prim~e ist zweifellos nicht eine Aktivierung yon Gerinnungs- fermenten, sondern die Bildung neuer fremder Oberflachen im Blute, die fiir alle adsorbierb/~ren Substanzen sekund~re Keimzentren darstellen.

Es scheint, dab Wittepepton in der Konzentration 1:11 im Plasma zu /ihnlichen physikalischen Veranderungen fiihrt wie die Antigen-Anti- kSrper-lV[isehung. WittepeptonlSsungen in der genannten Konzentration zeigen besonders beim Sehiitteln schon sehr bald Triibungen und sogar Flockungen.

Zusammenfassung.

1. Das anaphylaktische Gift ist mit grol]er Regelm~fiigkeit durch Be- handlung azteigenen aktiven l~eersehweinehenserums mit eiwei~freiem St~rkekleister (0-5g frisch bereiteten 10prozentigen St~rkekleisters auf 5 ccm Serum) zu erzeugen.

2. Die giftige Substanz ist mittels Filtration durch Berkefeldfilter aus dem Serum zu entfernen; das Filtrat ist selbst in groI~en Dosen fiir Meerschweinchen uns'ch/~dlich (mit einer Ausnahme bei Pferdeserum).

�9 In/ihnlicher Weise gelingt es, durch Vorbehandlung mit St/ixkekleister und nachfolgender Filtration durch Berkefeldfilter die Giftigkeit normalen Pferdeserums ftir Meersehweinchen zu beseitigen.

Aus aktivem, frisehem Pferdeserum 1/i~t sieh dutch Digerieren mit frisehem St/~rkekleister im Brutschrank ebenfalls mit grol]er Regelma~igkeit Anaphylatoxin bereiten. Die kleinste Menge eiwei~freien St/~rkekleisters, dutch die noch ein Aafall erZielt wurde, betrug 0.0002 g. Solehe Verdtin- nungen Hefern noch das Tyndall-Phanomen in ausgesproehener Form.

3. Diese Versuche weisen darauf bin, dab das anaphylaktische Gift nicht dutch parenteralen, fermentativen Abbau artfremden EiweiBes ent- stehen kann, und dal] es hSchstwahrscheinlich nieht gel6st, sondern feinstens suspendiert ist.

II0 PAUL SCHMIDT :

4. Man kama sich vorstellen, dal~ die Giftsubstanzen mehr oder weniger in jedem frischen aktiven Serum vorhanden uad wahrscheinlich leieht adsorbierbare, labile Portionen der Globuline sind, die yon elektrisch negativ geladenen Kolloiden, ganz besonders St~rkekleister und Bakterien, in ihrem Korn vergr(ibert und energisch adsorbiert werden.

5. Es ist sieher, dab diese vergrSberten Globulinteilchen und die mit ihaen iiberzogenen Kleisterpartikelchea und Bakteriea nicht voll= standig dureh Zentrifugieren aus dem Serum zu entfernen sind, und, einem Meerschweinchen iatravenSs eingespritzt, wie Fremdsubstanzen mit noch ungesi~ttigten Oberfliichen welter adsorbierend wh'ken, und zwar auf ahnliche Teile der Globulinfraktion; dal~ sie ferner auch mit Leukozyten und Blut- pl~ttchen verkleben.

6. Das erste Kapillargebiet, wo sie selbst grii6tenteils, einen Wand- belag bildend, der Adsorption anheimfallen, ist das der Lungen; die ge- ringere StrSmungsgeschwindigkeit d e s Blutes in den Lungenkapillaren erleichtert diese Adsorption. Dutch hinzutretende Leukozytea, Blut- p]httchen, Globuliateitchea (darunter wohl auch Fibrinogen), vielleieht auch dutch Kontraktionen der kleinen GeffiBe, entsteht ein Striimungs- hinderhis im kleinen Kreislauf, das der Verminderung des Querschnitts des Strombettes proportidnal ist Wahrscheinlich bewirkt auch die Wirbelbildung im tterzea schon eiae gewisse Verklebung und VergrSberung der Teilchen.

7. Erschwerung des Gaswechsels tells dutch den Wandbelag, ~teils durch Verstopfung .und Blutstauung zwischen rechtem Herzen und Kapillargebiet der Lungen sind die nhchsten Folgen.

8. Ist die Stauuag hocbgradig genug, und vermag das Herz nicht das Hindernis zu beseitigen, so tritt rasch LungenSdem ein, welches zusammen mit dem vermehrten Druck die Bronchiolen verengt, durch Ubertritt yon Fliissigkeit in die Bronchiolen diese eventuell sogar vollsti~ndig verschlie~f.

9. Durch diese Behinderung des Exspiriums ist de r Gaswechsel er- schwert oder ganz aufgehoben, so dal~ die Tiere die ~Symptome des O-Mangels und der CO~-Intoxikation zeigen und fast blitzartig an O-Mangel eingehea kSnnen.

10. Die Beobachtung des Krankheitsverlaufs sp~icht zusammen mit dem pathologisch-anatomischen Bilde der Lungen (Erweiterung der Kapil- laren, Verstopfungen derselben, Blutungen, starkes (~dem, beim Sehock vielfach Schaum vor Nase und in Trachea) &lrchaus ftir die Annahme einer prim~ren Stiirung des Gaswechsels und eines StrSmungshindernisses. im kleinen Kreislauf.

ZUR FRAGE DER ENTSTEHUNG DES ANAPHYLAKTISCHEN ANFALLS. 111

11. Da weder tiefe Chloroform-s noch Atropinum sul- furicum, noch Amylnitrit in massiven Dosen an dem Schock, insbesondere an der Ersehwerung des Exspiriums etwas ~ndern, ist kein Grund fiir die Ansicht, dab ein Bronehospasmus an der Blahung der Lunge schuld ware.

12. Bei Imnmnschock durch Reinjektion eines Antigens liefert die Reaktion der Antiserum-Antigen-Misehung die ungesattigten Oberflachen neu gebildeter Fremdsubstanzen (Globuliaf~llung). Da nicht t~tlicher Schock mittels Anaphylatoxins keinen Schutz gegeniiber hnmunsehock liefert, ist anzunehmen, dab die AntikSrper an anderen Quoten der Glo- bulinfraktion (wahrscheinlieh bestandigeren, weniger zur Flockullg neigenden) h~ingen, als den im normalen aktiven Serum vorhandenen, leicht flockbaren Teilen der Globulinfraktion.

112 PAvL SCItMIDT: ZUR I~RAGE DER ENTSTEHUNG USW,

Literaturverzeichnis.

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teilung. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

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Doerr , Wiener klinische Wochenschri/t. 1912. Nr. 9. Doerr und l~ul], Ebe~da, gleiche Nummer.