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Schwerpunktthema Soziale Arbeit mit Familien Der Begriff Familie

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Schwerpunktthema Soziale Arbeit mit Familien

Der Begriff Familie

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Begriff der Familie erscheint selbstver-ständlich und wird so auch gebraucht.

trotzdem nicht leicht zu definie-ren

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Es fehlt auch wissenschaftlich „an einer allgemein anerkannten Definition von Familie und selbst innerhalb der einzelnen Fachgebiete wie Psychologie, Soziologie usw., gibt es keine einheitliche Begriffsbestimmung“ (Nave-Herz 2004).

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Kernaussagen zu Familie:

„eine auf Dauer angelegte Verbindung von Mann und Frau

mit gemeinsamer Haushaltsführung und

mindestens einem eigenen (oder adoptierten) Kind“ (Hill/ Kopp 2006)

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Nave-Herz (2004):„Familien sind im Vergleich zu anderen Lebensformen

gekennzeichnet:

durch ihre ‚biologisch-soziale’ Doppelnatur (…), d.h. durch die Übernahme der Reproduktions- und Sozialisationsfunktion neben anderen gesellschaftlichen Funktionen, die kulturell variabel sind,

durch die Generationsdifferenzierung (Urgroßeltern/ Großeltern/ Eltern/ Kind(er)) und dadurch dass

zwischen ihren Mitgliedern ein spezifisches Kooperations- und Solidaritätsverhältnis besteht, aus dem heraus die Rollendefinitionen festgelegt sind“.

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„ ‚Familie’ bezeichnet allgemein eine Lebensform, die mindestens ein Kind und ein Elternteil umfaßt und einen dauerhaften und im Inneren durch Solidarität und persönliche Verbundenheit charakterisierten Zusammenhang aufweist“ (Peuckert 2007)

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Zwei wesentliche Merkmale bei den Definitionsversuchen:

die Institution der Ehe

Merkmal der Verwandtschaft.

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„Mit Ehe bezeichnet man

(1.) eine durch Sitte und/ oder Gesetz anerkannte, auf Dauer angelegte Form gegengeschlechtlicher sexueller Partnerschaft. Weiterhin ist

(2.) ein wesentliches Strukturmoment aller Ehen, auch der heutigen, dass sie über das Paarverhältnis auf Familie hinausweist“ (Nave-Herz 2004).

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Die Grundannahmen und die Ausgestaltung der Eheformen sind dabei kulturellen Gegebenheiten und Wandlungen unterworfen.

Die heutige in unserem Kulturkreis gültige rechtliche Form der Eheschließung gibt es erst seit ca. 135 Jahren, auch die religiösen Riten können historisch nachvollzogen werden (vergl. Nave-Herz 2004,).

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Institut Ehe verweist zwar immer auf Familie, umgekehrt hat es aber immer schon kulturell begründete Familiensysteme gegeben, deren Kern nicht die Ehe zweier Personen war (vergl. Nave- Herz 2004.).

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Die Betrachtung der historischen Entwicklung von Familie zeigt, „dass es vor und zu Beginn der Industrialisierung eine außerordentlich große Vielfalt familialer Lebensformen gegeben hat … . Faktisch alle heute auftretenden Lebensformen haben schon in dieser historischen Phase existiert; die einzelnen Strukturelemente „neuer“ Lebensformen sind also nicht neu“ (Peuckert 2008).

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Aktuell wird recht häufig davon gesprochen, dass familiale Grundmuster sich aufzulösen beginnen. Dabei wird so getan, als gäbe es einen verbindlichen Maßstab für die Bewertung von familialen Strukturen (vergl. Peuckert 2008).

Tatsache ist, dass es in Deutschland (Bundesrepublik und DDR) seit Ende der 1960er Jahre zu einer zunehmenden „Pluralisierung und Individualisierung“ der Lebensformen gekommen ist (vergl. Schneider 2006).

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Dramatisch erscheint diese Entwicklung aber nur, weil als Maßstab eine relativ kurze Phase der Entwicklung von Familie als dominierend betrachtet wird:

der 1950er und 1960er Jahre

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„Das moderne Ehe- und Familienmuster, die moderne Kleinfamilie (auch ‚privatisierte Kernfamilie’ genannt) – d.h. die selbständige Haushaltsgemeinschaft eines verheirateten Paares mit seinen unmündigen Kindern – war eine kulturelle Selbstverständlichkeit und wurde von der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung auch unhinterfragt gelebt“ (Peuckert 2008).

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In dieser Zeit war „die moderne Kleinfamilie – teilweise in Form der ‚bürgerlichen Kleinfamilie’ mit komplementärer Rollenteilung zwischen den Geschlechtern, dem Mann als Alleinversorger und der Frau als Hausfrau und Mutter – eine kulturelle Selbstverständlichkeit … .

(Peuckert 2007; vergl. Peuckert 2008).

„Die Familie versammelt sich um den Tisch. Am Kopfende als Familienoberhaupt der Vater. Gegessen wird, was auf den Tisch kommt, gesprochen wird über Arbeit, Schule und wie der Tag so gelaufen ist.“

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In dieser Zeit war „die moderne Kleinfamilie – teilweise in Form der ‚bürgerlichen Kleinfamilie’ mit komplementärer Rollenteilung zwischen den Geschlechtern, dem Mann als Alleinversorger und der Frau als Hausfrau und Mutter – eine kulturelle Selbstverständlichkeit … .

95 % der Bevölkerung haben irgendwann in ihrem Leben geheiratet. Ehescheidungen waren selten; nur jede(r) Zehnte blieb kinderlos, und weit über 90 % der minderjährigen Kinder lebten mit beiden leiblichen Eltern zusammen …“ (Peuckert 2007; vergl. Peuckert 2008).

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Diese „moderne Kleinfamilie“, die heute vielfach als Maßstab zur Bewertung aktueller Familientendenzen herangezogen wird ist allerdings im Verlauf der Geschichte von Familie eher eine zeitlich begrenzte Erscheinung. Sie fällt in die Blütezeit von Ehe und Familie der 1950er und 1960er Jahre.

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Diese Situation hat sich in den letzten Jahrzehnten zugunsten einer Ausdifferenzierung hinsichtlich einer Vielfalt der Formen des familiären Zusammenlebens gewandelt.

Ehe wird nicht mehr als das zentrale Definitionskriterium gesehen.

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„Die moderne Kleinfamilie ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts nur noch eine unter mehreren Familienformen, wenn auch die bedeutsamste“ (Peuckert 2007).

„Zu beobachten ist die allmähliche Abkehr vom traditionellen ehezentrierten Verständnis, nach dem Familie über Ehe definiert ist, hin zu einem modernen Begriff, der am Vorhandensein von Kindern orientiert ist und mit dem alle Lebensformen als Familie erscheinen, in denen Kinder leben, unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind, zusammenwohnen oder gleichen Geschlechts sind“ (Schneider 2006).

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Im öffentlichen Dialog kommen diese gesellschaftlichen Wandlungsprozesse aber nur mit Verspätung an, die Grundorientierung geht immer noch in Richtung klassisches Bild der „modernen Kleinfamilie“ (vergl. Schneider 2006).

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Auch der Begriff der Verwandtschaft ist kulturell geprägt:

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Zwei grundlegende Mechanismen sind beider Konstitution verwandtschaftlicher Beziehungen zu unterscheiden:

Affinalverwandtschaft

(der über die Ehe gegründete Verwandtenkreis)

Deszendenz

(Verwandtschaft, die auf den Vorstellungen von Individuen über eine gemeinsame Abstammung beruht.)

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Die soziologische Relevanz von Affinität und Deszendenzkategorien liegt in den besonderen Rechten, Pflichten und Ansprüchen, die innerhalb eines solchen Personenkreises geteilt werden.

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Die Zugehörigkeit über einen bestimmten Verwandtenkreis entscheidet nicht selten über Ansehen, Besitz und Chancen im gesellschaftlichen Leben …“ (Hill/ Kopp 2006).

Verwandtschaft ist also zu definieren „als die Art und Weise, wie Status, Rang und Würden, Namen und Eigentum in einer Gesellschaft übertragen werden“ (König, zit. n. Nave-Herz 2004).

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Wie die Folgen von Affinität und Deszendenz letztendlich sich in Machtverteilung oder ökonomischen Privilegien niederschlagen ist keinen eindeutigen Kriterien zuzuordnen, sondern abhängig vom jeweiligen Stand des normativen Diskurses der Gesellschaft (vergl. Hill/ Kopp 2006).

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Mit Nave-Herz (2004) können Verwandtschaftslinien folgendermaßen unterschieden werden:

„das patrilineare,

matrilineare,

bilaterale und das

duale System.

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„Die Patrilinearität und Matrilinearität sind gleichzeitig Lokalitätsregeln (bestimmen also den Wohnsitz der neu gegründeten Kernfamilien), was gleichzeitig die jeweilige Herrschaftsform widerspiegelt.

Das bilaterale (zweiseitige) Verwandtschaftssystem, das gleichzeitig neolokal sein kann und bei uns Gültigkeit besitzt, ist weltweit nicht das verbreiteste … .

Das duale System ist eine ‚Mischform’ aus Teilen der patrilinearen und matrilinearen Abstammungslinie. In diesem Fall ist das Kind verwandt nur mit den Frauen seiner mütterlichen Abstammungslinie und nur mit den Männern der väterlichen (z.B. konkret: mit der mütterlichen Großmutter und dem väterlichen Großvater, aber nicht mit dem Großvater mütterlicherseits und der Großmutter väterlicherseits)“ (Nave Herz 2004; vergl. Huinink/ Konietzka 2007).

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Es wird also deutlich, dass beim Versuch Familie zu definieren, sich bei der Zuordnung Beziehungen der betroffenen Menschen sich eine große kulturell und historisch bedingte Vielfalt auftut

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Huinink/ Konietzka (2007):

Unterscheidung

zwischen der Haushaltsfamilie (einer in einem Haushalt zusammenlebenden Gruppe)

und der Familie im weiteren Sinn (durch enge Verwandtschaftsbeziehungen definierte soziale Gruppe).

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Fünf Formen von Haushaltsfamilien:

„1. die Zwei-Generationen-Familie oder Kernfamilie (‚simple family household’, ‚nuclear family’);

2. die Mehrgenerationen-Familie oder Abstammungsfamilie als Familienhaushalt, in dem mehr als zwei Generationen zusammenleben;

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Fünf Formen von Haushaltsfamilien:

3. die erweiterte Familie (‚extended family household’), in deren Haushalt neben der Kernfamilie weitere Verwandte leben;

4. die polynukleare oder multifokale Familie (‚joint family’, ‘multiple family household’) als Haushalt, in dem mehrere Kernfamilien zusammenleben;

5. das ‚Ganze Haus’ als Haushalt, in dem neben einer Kernfamilie nicht verwandte Personen (Mägde, Knechte und Gesinde) leben“

(Mitterauer zit. n. Huinink/ Konietzka 2007)

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Nave-Herz (2004) fasst die aktuell in der Familiensoziologie gebräuchlichen Differenzierungsmöglichkeiten von Familien zusammen:

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„a) nach dem Familienbildungsprozess

1. Elternfamilie aufgrund biologischer Elternschaft

2. Adoptionsfamilie

3. Stieffamilie bzw. Fortsetzungsfamilie

4. Patchwork-Familie (= beide Ehepartner

bringen Kinder aus einer früheren Partnerschaft mit in die Ehe und haben zusätzlich ein gemeinsames Kind oder gemeinsame Kinder)

5. Pflegefamilie

6. Inseminationsfamilie (= durch die

Reproduktionsmedizin)

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b) nach der Zahl der Generationen

1. Zwei-Generationenfamilie ( = Kernfamilie bzw. nuclear family)

2. Mehrgenerationen-Familie (in Form der

Abstammungsfamilie oder des familialen Generationenverbundes)

3. Erweiterte Familie bzw. extended family

(=Haushaltsgemeinschaft von mindestens zwei Generationen und weiteren Einzelpersonen, häufig Seitenverwandte)

4. Joint family (mehrere seitenverwandte

Kernfamilien, u.U. in ungeteilter Erbengemeinschaft lebend)

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c) nach der Rollenbesetzung in der Kernfamilie

1. Zwei-Eltern-Familie bzw. Elternfamilie

(hierzu zählen auch nichteheliche Lebensgemeinschaften und homosexuelle Paare mit Kindern)

2. Ein-Eltern-Familie bzw. Vater- oder Mutter-

Familie

3. Polygame Familie

- Polygynie (= ein Ehemann mit mehreren Ehefrauen und Kindern)

- Polyandrie (= eine Ehefrau mit mehreren Ehemännern und Kindern)

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d) nach der Erwerbstätigkeit der Eltern

1. Familie mit erwerbstätigem Vater und Vollzeithausfrau

2. Familie mit erwerbstätiger Mutter und

Vollzeithausmann

3. Familien mit erwerbstätigen Vater und erwerbstätiger Mutter (evtl. auch teilzeit-arbeitend)

4. Dual-Career-Family (= beide Ehepartner

streben eine Berufskarriere an oder sind bereits in beruflichen mittleren bzw. Spitzenpositionen tätig).“

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d) nach dem Wohnsitz

1. neolokale Familie (= die Kernfamilie bestimmt unabhängig von der Herkunft ihren Wohnsitz)

2. patrilokale Familien(= die väterliche

Abstammungsfamilie bestimmt den Wohnsitz)

3. matrilokale Familie (= die mütterliche

Abstammungsfamilie bestimmt den Wohnsitz)

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e) nach dem Wohnsitz

4. bilokale Familie (die Kernfamilie verfügt über zwei Wohnsitze)

- Pendlerfamilie (= es besteht ein

Hauptwohnsitz der Familie; aus beruflichen Gründen ist für ein Familienmitglied bzw. Elternteil eine regelmäßige zeitweilige Abwesenheit gegeben)

- Commuter-Familie (= aus strukturellen,

beruflichen Zwängen verfügt die Kernfamilie über zwei voll eingerichtete Haushalte)

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e) nach dem Wohnsitz 4. bilokale Familie (die Kernfamilie verfügt über zwei

Wohnsitze)

- LAT bzw. Living-Apart-Together (= die Familie, zumeist die Ehepartner, leben bewusst – ohne äußeren Zwang – in zwei getrennten Haushalten)

- Binukleare Familie (= das Kind bzw. die Kinder gehören zwei Kernfamilien – zumeist durch Trennung oder Scheidung der Eltern – an, haben in beiden Haushalten ein eigenes Zimmer und wechseln öfter zwischen diesen Aufenthaltsorten)