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1/4 Probeexamen – Klausur im öffentlichen Recht – 10. August 2015 Prof. Dr. Martin Eifert Sachverhalt A ist Kundin des Jobcenters Köln und bezieht dort Leistungen für Arbeitsuchende. Das Jobcenter Köln, das Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wahrnimmt, ist ei- ne gemeinsame Einrichtung (§§ 44b, 6d SGB II) zweier Träger, nämlich zum einen der Bundes- agentur für Arbeit – Arbeitsagentur Köln – und zum anderen der Stadt Köln. Das Jobcenter Köln verfügt über sieben Standorte sowie 1.300 Mitarbeiter; mehr als die Hälfte der Mitarbeiter hat amtlichen Kontakt zum Kunden. Das Jobcenter Köln hat seinen Tätigkeitsbereich „Leistungen für Arbeitsuchende“ dergestalt or- ganisiert, dass es keine feste Zuordnung von Mitarbeitern zu bestimmten Kunden gibt. Das Job- center gibt seinen Kunden auch nicht die telefonischen Durchwahlen seiner Mitarbeiter bekannt. Es existiert lediglich eine interne Diensttelefonliste, auf der der Nachname, der Zuständigkeitsbe- reich und die telefonische Durchwahl eines jeden Mitarbeiters verzeichnet sind. Mit der Entge- gennahme der eingehenden Kundenanrufe hat das Jobcenter – gemäß einer Organisationsent- scheidung seiner beiden Träger – ein Service-Center der Bundesagentur für Arbeit betraut. Das Jobcenter gibt auf seiner Homepage die Telefonnummer des Service-Centers an. Ein Gutteil der eingehenden Kundenanfragen kann von Mitarbeitern des Service-Centers beantwortet werden. Ist eine abschließende Beantwortung des Anliegens dem Service-Center nicht möglich, leiten die dortigen Mitarbeiter das Anliegen an das Jobcenter weiter, dessen Mitarbeiter dann ihrerseits mit dem Kunden Kontakt aufnehmen. Auf die gleiche Weise erfolgt das Anrufmanagement bei einer Vielzahl von Jobcentern; es existieren jedoch auch Jobcenter, die selbst die eingehenden Anrufe annehmen, wobei diese Jobcenter zum Teil ihre Durchwahllisten online veröffentlichen. A stellte beim Jobcenter Köln einen „Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz“ auf Heraus- gabe der internen aktuellen Diensttelefonliste, soweit es sich um die Daten von Mitarbeitern des Tätigkeitsbereichs „Leistungen für Arbeitsuchende“ handelt, die in amtlicher Funktion Kunden- kontakt haben. Dem Antrag fügte sie eine Begründung bei, in der sie ausführte, dass sie an staatlicher Transparenz interessiert sei und es ihr mit der Durchwahlliste möglich sein werde, ih- rerseits direkt den Kontakt zum Jobcenter zu suchen, um sich dann ggf. an den zuständigen Mit- arbeiter durchstellen zu lassen. Dabei wies sie auf § 17 SGB I hin und erläuterte, dass es dem Bild moderner Verwaltung entspreche, sich offen für Bürgeranliegen zu zeigen und nicht hinter einem Service-Center zu verstecken. Aus § 5 Abs. 4 IFG ergebe sich, dass die Daten der Mit- arbeiter nicht schützenswert seien. Das Jobcenter lehnte den Antrag ab: Es bestehe kein Anspruch nach dem IFG, denn die Telefon- liste sei keinem konkreten Verwaltungsvorgang zuzuordnen und auch keine Sachinformation, sondern eine bloß allgemeine organisationsbezogene Information. Darauf sei der Informationsan- spruch des IFG nicht ausgerichtet, wie sich insbesondere den Gesetzesmaterialien entnehmen lasse (s.u.). Auch § 11 Abs. 2 IFG lasse sich entnehmen, dass der Anspruch der A schon im An- satz ausscheiden müsse. Ferner sei die begehrte Information gar nicht ohne Weiteres verfügbar: Zwar gebe es die Liste, doch bedürfe es der teilweisen Schwärzung, wollte man sie antragsge- mäß auf Mitarbeiter des besagten Tätigkeitsbereichs begrenzen, die Bürgerkontakt haben. Schon deshalb würde die Informationsherausgabe einen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, der das Jobcenter von der Erfüllung seiner eigentlichen Aufgaben abhalte und so seine Funktionsfähigkeit gefährde. Gravierender sei jedoch, dass die Funktionsfähigkeit des Jobcenters noch in anderer Hinsicht gefährdet werden könne: Wäre jedem interessierten Bürger die interne Liste mitzuteilen, dann könnte jedermann auf gut Glück Mitarbeiter des Jobcenters anrufen. Da der Anrufer dabei – angesichts der fehlenden festen Zuordnung Mitarbeiter/Kunde und der großen Mitarbeiterzahl – höchstwahrscheinlich zunächst an einen unzuständigen Mitarbeiter geriete, würde es durch ein-

SV Probeexamen 10.8.15 Eifert #3eifert.rewi.hu-berlin.de/doc/SV_Probeexamen_Eifert.pdf · Sozialgerichtsgesetz (SGG) § 51 (1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über

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Probeexamen – Klausur im öffentlichen Recht – 10. August 2015

Prof. Dr. Martin Eifert

Sachverhalt

A ist Kundin des Jobcenters Köln und bezieht dort Leistungen für Arbeitsuchende. Das Jobcenter Köln, das Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wahrnimmt, ist ei-ne gemeinsame Einrichtung (§§ 44b, 6d SGB II) zweier Träger, nämlich zum einen der Bundes-agentur für Arbeit – Arbeitsagentur Köln – und zum anderen der Stadt Köln. Das Jobcenter Köln verfügt über sieben Standorte sowie 1.300 Mitarbeiter; mehr als die Hälfte der Mitarbeiter hat amtlichen Kontakt zum Kunden.

Das Jobcenter Köln hat seinen Tätigkeitsbereich „Leistungen für Arbeitsuchende“ dergestalt or-ganisiert, dass es keine feste Zuordnung von Mitarbeitern zu bestimmten Kunden gibt. Das Job-center gibt seinen Kunden auch nicht die telefonischen Durchwahlen seiner Mitarbeiter bekannt. Es existiert lediglich eine interne Diensttelefonliste, auf der der Nachname, der Zuständigkeitsbe-reich und die telefonische Durchwahl eines jeden Mitarbeiters verzeichnet sind. Mit der Entge-gennahme der eingehenden Kundenanrufe hat das Jobcenter – gemäß einer Organisationsent-scheidung seiner beiden Träger – ein Service-Center der Bundesagentur für Arbeit betraut. Das Jobcenter gibt auf seiner Homepage die Telefonnummer des Service-Centers an. Ein Gutteil der eingehenden Kundenanfragen kann von Mitarbeitern des Service-Centers beantwortet werden. Ist eine abschließende Beantwortung des Anliegens dem Service-Center nicht möglich, leiten die dortigen Mitarbeiter das Anliegen an das Jobcenter weiter, dessen Mitarbeiter dann ihrerseits mit dem Kunden Kontakt aufnehmen. Auf die gleiche Weise erfolgt das Anrufmanagement bei einer Vielzahl von Jobcentern; es existieren jedoch auch Jobcenter, die selbst die eingehenden Anrufe annehmen, wobei diese Jobcenter zum Teil ihre Durchwahllisten online veröffentlichen.

A stellte beim Jobcenter Köln einen „Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz“ auf Heraus-gabe der internen aktuellen Diensttelefonliste, soweit es sich um die Daten von Mitarbeitern des Tätigkeitsbereichs „Leistungen für Arbeitsuchende“ handelt, die in amtlicher Funktion Kunden-kontakt haben. Dem Antrag fügte sie eine Begründung bei, in der sie ausführte, dass sie an staatlicher Transparenz interessiert sei und es ihr mit der Durchwahlliste möglich sein werde, ih-rerseits direkt den Kontakt zum Jobcenter zu suchen, um sich dann ggf. an den zuständigen Mit-arbeiter durchstellen zu lassen. Dabei wies sie auf § 17 SGB I hin und erläuterte, dass es dem Bild moderner Verwaltung entspreche, sich offen für Bürgeranliegen zu zeigen und nicht hinter einem Service-Center zu verstecken. Aus § 5 Abs. 4 IFG ergebe sich, dass die Daten der Mit-arbeiter nicht schützenswert seien.

Das Jobcenter lehnte den Antrag ab: Es bestehe kein Anspruch nach dem IFG, denn die Telefon-liste sei keinem konkreten Verwaltungsvorgang zuzuordnen und auch keine Sachinformation, sondern eine bloß allgemeine organisationsbezogene Information. Darauf sei der Informationsan-spruch des IFG nicht ausgerichtet, wie sich insbesondere den Gesetzesmaterialien entnehmen lasse (s.u.). Auch § 11 Abs. 2 IFG lasse sich entnehmen, dass der Anspruch der A schon im An-satz ausscheiden müsse. Ferner sei die begehrte Information gar nicht ohne Weiteres verfügbar: Zwar gebe es die Liste, doch bedürfe es der teilweisen Schwärzung, wollte man sie antragsge-mäß auf Mitarbeiter des besagten Tätigkeitsbereichs begrenzen, die Bürgerkontakt haben. Schon deshalb würde die Informationsherausgabe einen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, der das Jobcenter von der Erfüllung seiner eigentlichen Aufgaben abhalte und so seine Funktionsfähigkeit gefährde. Gravierender sei jedoch, dass die Funktionsfähigkeit des Jobcenters noch in anderer Hinsicht gefährdet werden könne: Wäre jedem interessierten Bürger die interne Liste mitzuteilen, dann könnte jedermann auf gut Glück Mitarbeiter des Jobcenters anrufen. Da der Anrufer dabei – angesichts der fehlenden festen Zuordnung Mitarbeiter/Kunde und der großen Mitarbeiterzahl – höchstwahrscheinlich zunächst an einen unzuständigen Mitarbeiter geriete, würde es durch ein-

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gehende Anrufe, Durchstellversuche sowie Rückrufversuche der Mitarbeiter bei verpassten Anru-fen zu einer Vielzahl von Störungen bei der Sachbearbeitung bzw. in Kundengesprächen kommen und die Mitarbeiterspezialisierung konterkariert. Im Übrigen müsste dem Antrag zum Schutz des Persönlichkeitsrechts der Mitarbeiter der Erfolg versagt bleiben. Die Gleichsetzung von „Bearbei-tern“ und „Mitarbeitern“, die A bei ihrer Argumentation mit § 5 Abs. 4 IFG unterlaufe, sei ver-fehlt. Ganz unpraktikabel wäre es jedenfalls, eine Massenbefragung durchführen zu müssen, wel-che unter den Mitarbeitern der Herausgabe ihrer auf der Liste erfassten Daten zustimmen.

Auf den ordnungsgemäß erhobenen Widerspruch der A hin ergeht am 8. Juni 2015 – einem Mon-tag – ein ablehnender Widerspruchsbescheid mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung, der A per Einschreiben/Rückschein zugestellt werden soll und zu diesem Zweck noch am selben Tag zur Post aufgegeben wird, was in der Akte vermerkt wird. Der von A bei der Zustellung unter-zeichnete Rückschein (der Beleg, der den Erhalt des Schreibens bestätigt) ist versehentlich nicht mit einem Datum versehen.

A verfolgt ihr Begehren im Klagewege weiter und verlangt Informationszugang, hilfsweise Neu-bescheidung ihres Antrags. Die Klageschrift, die sie am 6. Juli 2015 zur Post bringt, geht auf-grund eines unangekündigten Poststreiks erst am Montag, dem 13. Juli 2015, beim Verwaltungs-gericht Köln ein. Das Jobcenter wendet ein, die Klage sei bereits unzulässig. Dies folge insbeson-dere aus § 44a VwGO und der Möglichkeit, den Informationsfreiheitsbeauftragten anzurufen.

1. Beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der Klage der A. Gehen Sie dabei – ggf. hilfsweise – auf alle durch den Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ein.

2. Gehen Sie davon aus, dass

a) das Jobcenter Köln einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleichsteht;

b) ein den formellen Anforderungen des § 7 I IFG genügender Antrag vorliegt.

3. Sollte es auf Vorschriften des Landesrechts ankommen, sind die Vorschriften des Berliner Lan-desrechts anzuwenden.

Anhang 1 – Auszüge aus Gesetzestexten:

Sozialgerichtsgesetz (SGG)

§ 51

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwir-

te, 2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (...), 3. in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung (...), 4. in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für

Arbeit, 4a. in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, (...). (2)-(3) ...

Sozialgesetzbuch Erstes Buch: Allgemeiner Teil (SGB I)

§ 17 Ausführung der Sozialleistungen

(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß 1. jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig

erhält, 2. die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig

und ausreichend zur Verfügung stehen, 3. der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung

allgemein verständlicher Antragsvordrucke und 4. ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozial-

leistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden. (2)-(3) ...

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Sozialgesetzbuch Zweites Buch: Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)

§ 6d Jobcenter

Die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b und die zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a führen die Bezeichnung Jobcenter.

§ 44b Gemeinsame Einrichtung

(1) 1Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet je-des kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. 2Die gemein-same Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. 3Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Wi-derspruchsbescheide zu erlassen. 4Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehme-rinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) 1Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsa-men Einrichtung durch Vereinbarung. 2Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirt-schaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrich-tungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) ...

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen.

(5)-(6) ...

§ 44c Trägerversammlung

(1) Die gemeinsame Einrichtung hat eine Trägerversammlung. (...)

(2) 1Die Trägerversammlung entscheidet über organisatorische, personalwirtschaftliche, personalrechtliche und personalvertretungsrechtliche Angelegenheiten der gemeinsamen Einrichtung. 2Dies sind insbesondere 1. die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers, 2. der Verwaltungsablauf und die Organisation, 3. die Änderung des Standorts der gemeinsamen Einrichtung, 4. die Entscheidungen nach § 6 Absatz 1 Satz 2 und § 44b Absatz 4, ob einzelne Aufgaben durch die Trä-

ger oder durch Dritte wahrgenommen werden, (...). (3)-(6) ...

§ 50 Datenübermittlung

(1)-(3) ...

(4) 1Die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Sozialdaten durch die gemeinsame Einrichtung richtet sich nach dem Datenschutzrecht des Bundes, soweit nicht in diesem Buch und im Zweiten Kapitel des Zehnten Buches vorrangige Regelungen getroffen sind. 2Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber der gemeinsamen Einrichtung richtet sich nach dem Infor-mationsfreiheitsgesetz des Bundes. 3Die Datenschutzkontrolle und die Kontrolle der Einhaltung der Vor-schriften über die Informationsfreiheit bei der gemeinsamen Einrichtung sowie für die zentralen Verfahren der Informationstechnik obliegen nach § 24 des Bundesdatenschutzgesetzes der oder dem Bundesbeauf-tragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch: Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X)

§ 1 Anwendungsbereich

(1) ...

(2) Behörde im Sinne dieses Gesetzbuches ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr-nimmt.

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Anhang 2 – Auszüge aus Bundestags-Drucksache 15/4493

Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 14.12.2004: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG)

- Seite 6 -

Begründung A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung Jeder soll gegenüber den Behörden und Einrichtungen des Bundes einen Anspruch auf Information haben, ohne hierfür ein rechtliches oder berechtigtes Interesse geltend machen zu müssen. Der Zugang zur Information und die Transparenz behördlicher Entscheidungen ist eine wichtige Voraussetzung für die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten. Dies gilt angesichts der wachsenden Informationsmacht des Staates heute mehr denn je. Lebendige Demokratie verlangt, dass die Bürger die Aktivitäten des Staates kritisch begleiten, sich mit ihnen auseinandersetzen und versuchen, auf sie Einfluss zu nehmen (...). Das Informationsfreiheitsgesetz ist daher not-wendig, um entsprechend innerstaatlichen, europäischen und internationalen Tendenzen die demokratischen Beteiligungs-rechte der Bürgerinnen und Bürger durch eine Verbesserung der Informationszugangsrechte zu stärken. Denn unabhängig von einer individuellen Betroffenheit sind Sachkenntnisse entscheidende Voraussetzung für eine Beteiligung der Bürger an staatlichen Entscheidungsprozessen. Das Informationsfreiheitsgesetz dient damit vor allem der demokratischen Meinungs- und Willensbildung. In der mo-dernen Informationsgesellschaft werden Informations-, Kommunikations- und Partizipationsanliegen der Be-völkerung immer wichtiger und verwaltungstechnisch immer leichter erfüllbar. Gleichzeitig wandelt sich das Verwaltungs-verständnis: Neben das autoritative Handeln des Staates tritt zunehmend eine konsensorientierte Kooperation mit dem Bürger, die eine gleichgewichtige Informationsverteilung er-fordert. [...]

- Seite 9 - B. Zu den einzelnen Vorschriften

[...] Zu § 2 (Begriffsbestimmungen) Zu Nummer 1: [...] Nummer 1 Satz 2 macht keine Änderung in der Aktenführung der Behörden durch Trennung von Un-terlagen erforderlich. Erst im Falle eines Informationsbegeh-rens hat die Behörde durch Trennung, Weitergabe ge-schwärzter Kopien oder auf andere Weise geschützte Infor-mation auszusondern (§ 7 Abs. 2). Zu Nummer 2: Dritter nach Nummer 2 ist jeder, dessen in §§ 5, 6 und 8 genannten Rechte durch den Informationszu-gang berührt werden könnten. Neben den Datenschutzrechten werden damit das geistige Eigentum sowie Betriebs- und Ge-schäftsgeheimnisse erfasst. Dritter kann im Fall des § 6 auch eine Behörde sein, hingegen – nach dem Schutzzweck – nicht bei § 3 Nr. 7. Amtsträger sind (nur) insoweit keine Dritten, als es um die Weitergabe von Daten geht, die sich auf ihre Amtsträ-gerfunktionen beziehen (vgl. Begründung zu § 5 Abs. 4).

- Seite 13 - Zu § 5 (Schutz personenbezogener Daten) [...] Zu Absatz 2: In Ergänzung des § 3 Nr. 4 enthält Absatz 2 Satz 1 einen gesetzlichen Maßstab für die Interessenab-wägung nach Absatz 1 bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen. Auch hiervon kann die Zu-stimmung des Dritten befreien. Da es ein „Personalakten-geheimnis“ im engen Sinn nicht gibt, Personalakten nach § 90 Abs. 1 BBG [...] aber vertraulich zu behandeln und vor unbe-fugter Einsicht zu schützen sind, werden diese gesondert ge-nannt.* Gemeint sind damit Personalakten im materiellen Sinn, also alle Unterlagen einschließlich der in Dateien ge-speicherten, die den Beschäftigten betreffen und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dienst- oder Arbeits-verhältnis stehen.

- Seite 14 - [...] Zu Absatz 4: Absatz 4 stellt klar, dass die aufgeführten personenbezogenen Daten von Amtsträgern, die mit ihrer dienstlichen Tätigkeit zusammenhängen, grundsätzlich nicht nach Absatz 1 geschützt sind. Sie betreffen regelmäßig nur die amtliche Funktion. Anders ist es aber, wenn sie im kon-kreten Fall ausnahmsweise Bestandteil der Per-sönlichkeitsrechte des Bearbeiters sind. Ausnahmen können sich auch aus § 3 ergeben, etwa bei besonders umstrittenen Entscheidungen, wo die persönliche Schutzbedürftigkeit des Amtsträgers entgegenstehen kann.

- Seite 16 - Zu § 11 (Veröffentlichungspflichten) [...] Zu Absatz 2: Durch Organisationspläne werden Aufbau, Zusammenarbeit, Weisungsbefugnisse, Zuständigkeiten und Aufgabenwahrnehmung innerhalb der Behörde erkennbar. Aktenpläne geben eine konkretisierte Übersicht über den Aufgabenbereich. Auch hinsichtlich dieser nach Absatz 2 all-gemein, d. h. nicht nur auf Antrag wie nach § 5 Abs. 4, zugänglich zu machenden Pläne gelten allerdings die Aus-nahmetatbestände des Gesetzes. Die Form des Zugangs richtet sich nach § 1 Abs. 2. Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnum-mer und Aufgabenbereich des einzelnen Mitarbeiters enthal-ten, unterliegen nicht der Offenlegungspflicht des Absatzes 2. Sie sind als sonstige amtliche Information – vorbehaltlich et-waiger Ausnahmetatbestände – nur auf Antrag mitzuteilen. Dies dient der persönlichen Sicherheit der Mitarbeiter, deren Arbeitsfähigkeit und dem behördlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung.

* Der in § 5 II des Gesetzentwurfs enthaltene Einschub (kursiv), dass das Informationsinteresse nicht überwiegt „bei Informatio-nen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis des Drit-ten in Zusammenhang stehen, insbesondere aus Personalakten“, ist auf Empfehlung des Innenausschusses nicht Gesetz geworden; die Begründung der Beschlussempfehlung lautete: „Die Strei-chung des Einschubes ,insbesondere aus Personalakten´ erfolgt nur zur redaktionellen Straffung und bedeutet keine Änderung in der Sache. Die Begründung des Gesetzentwurfs gilt im Übrigen fort“ (Bundestags-Drucksache 15/5606, Seite 6).