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Zürich gegen Bern Auf Eis gewinnt der ZSC mit 3:2 – auf Rasen geht der FCZ mit 0:4 unter. 27, 28 Montag 7. Oktober 2019 127. Jahrgang Nr. 232 Fr. 4.20 AZ 8021 Zürich Mit oder ohne? Das Wasser im Geltenbach kann den Wissensdurst nicht stillen. Im Gegenteil. 36 Shigeru Ban Der Architekt baut in Biel so, dass Menschen einander sehen. 29 Abo-Service 044 404 64 64, www.tagesanzeiger.ch/abo Inserate 044 248 40 30, [email protected] Inserate online buchen: www.adbox.ch Redaktion 044 248 44 11, [email protected] Leserbriefe [email protected] Online www.tagesanzeiger.ch, [email protected] Leserbriefe 13 TV/Radio 20 Todesanzeigen 22 Veranstaltungen 33 Rätsel 34 Wetter 35 Frankreich Der tödliche Angriff auf vier Polizisten bringt die Regierung in Bedrängnis. Am Donnerstag hatte ein Mitarbeiter der Pariser Polizeipräfektur vier Kollegen an ihrem Arbeitsplatz er- stochen. Es dauerte anschliessend mehr als 24 Stunden, bis Ermittlungen zu einem möglichen terroristischen Hin- tergrund der Tat eingeleitet wurden. Im Zentrum der Kritik steht Innenminister Christophe Castaner. Der Täter soll Kontakt zu Anhängern der salafistischen Bewegung gehabt und Anzeichen einer Radikalisierung gezeigt haben. (nap) Kommentar Seite 2, Bericht Seite 7 Minister unter Druck nach Messerattacke Landwirtschaft 250 Bauern, die ihr Brot- getreide bisher mit Pestizid schützten, haben dieses Jahr auf einer Fläche von 700 Hektaren auf die chemische Hilfe auf ihren Feldern verzichtet. Die unter dem IP-Label produzierenden Bauern erhielten dafür von der Bäckerei Fredy’s von Fredy Hiestand 8 Franken mehr pro 100 Kilo Getreide. Die Migros hat ein Projekt mit 20 IP-Bauern gestartet. Bis 2040 will der Grossverteiler nur noch pestizidfreies Brotgetreide einsetzen. Ohne Pestizide arbeiten heute nur Bio- bauern, die auf 6750 Hektaren Getreide anbauen. (zet) Seite 15 Grossbäckereien setzen auf Brot ohne Pestizide Rücktritt Unter den Initianten der Volks- initiative gegen die Kindes- und Erwach- senenschutzbehörden ist ein offener Streit ausgebrochen. Julia Onken und Walter Hauser haben ihren Rücktritt aus dem Initiativkomitee erklärt. Sie werfen dem SVP-Nationalrat Pirmin Schwander einen intransparenten Alleingang vor. Er habe sie nie über den Stand der Din- ge informiert. «Ich fürchte, einer Art Fake-Volksinitiative aufgesessen zu sein», sagt Hauser. Er frage sich, ob die Initiative nicht primär als Vehikel für Schwanders Wahlkampf im Kanton Schwyz gediente habe. (hä) Seite 5 Schwanders Sololauf vergrault Kesb-Gegner Balkan In Pristina zeichnet sich ein Re- gierungswechsel ab. Stärkste Kräfte bei der vorgezogenen Parlamentswahl am Sonntag wurden Nachwahlbefragungen zufolge mit je rund 30 Prozent der Stim- men die Oppositionsbewegung Vete- vendosje und die Demokratische Liga Kosovos. Sie waren mit dem Versprechen angetreten, die Korruption zu bekämp- fen. Beide zeigten sich im Vorfeld offen für die Bildung einer Koalition. Die grösste Partei des bisherigen Regie- rungsbündnisses, die Demokratische Partei Kosovos, landete mit 22 Prozent auf Platz drei. (Reuters) Seite 6 Kosovo wählt den Wandel Interview «Eine Ablehnung durch die Aktionäre wird sicher Auswirkungen auf das Management haben.» Olaf Swantee Der Sunrise-Chef über die geplante und gefährdete Übernahme von UPC. Seite 8 Claudia Blumer Der Wettlauf um radikale Sparübungen in der Sozialhilfe ist vorläufig beendet. Als die Berner Regierung 2017 ihre Kür- zungspläne bekannt gab, drohte eine Abwärtsspirale einzusetzen. Die SVP reichte in mehreren Kantonen erfolg- reich Forderungen ein, die Sozialhilfe substanziell zu kürzen. Zwei Jahre später zeigt sich: Der An- griff ist gescheitert. Die Berner Stimm- berechtigten haben die Vorlage im Früh- ling bachab geschickt. Im Baselbiet will ein «Korrektur-Vorstoss» die Forderung von 2017 annullieren. Im Aargau hat eine Radikalvorlage derzeit wenig Chancen, dasselbe in Solothurn, wo ein Vorstoss hängig ist. Eine Ohrfeige kassierte die SVP in Winterthur, wo sie die zweit- stärkste Partei ist. Ihre Anfang Jahr lan- cierte Volksinitiative für eine Sozialhil- fekürzung scheiterte schon bei der Unterschriftensammlung. Nun rätselt die SVP, ob sie organisatorische Fehler machte oder ob das Thema Sozialhilfe derzeit einfach nicht zieht. Fachleute aus dem Sozialwesen glauben, der sachlich geführte Abstim- mungskampf und das Nein in Bern hätten die Debatte auch in anderen Kan- tonen geprägt. Sie könnte allerdings wieder emotional werden, weil die Kan- tone und Gemeinden in den nächsten drei Jahren deutlich höhere Sozialhilfe- kosten tragen müssen. Der Bund entlässt viele 2015 Eingewanderte aus seiner finanzpolitischen Obhut. Seite 4 SVP scheitert mit ihrem Angriff auf die Sozialhilfe Kürzungen Was die Stimmberechtigten in Bern vor einem halben Jahr verhindert haben, verliert auch in anderen Städten und Kantonen an Unterstützung. Arbeit Während die Politik noch immer über ein höheres Rentenalter für Frauen streitet, sind zahlreiche Pensionskassen schon einen Schritt weiter. In 36 Prozent aller Vorsorgeeinrichtungen liegt das reguläre Rücktrittsalter für Frauen und Männer bei 65 Jahren. Besonders verbreitet ist die Praxis bei den Pensionskassen von öffentlichen Verwaltungen und Betrieben. Da sehen 58 Prozent auch für Frauen das höhere Rentenalter vor. Eine volle Rente ohne Kürzungen oder Zuschläge gibt es demnach erst mit 65 Jahren. Das ist zu- lässig, solange Frauen, die in einer sol- chen Pensionskasse versichert sind, trotzdem schon mit 64 in Rente gehen können. Wollen sie aber von den glei- chen Pensionierungsbedingungen pro- fitieren wie ihre männlichen Arbeitskol- legen, müssen sie bis 65 weiterarbeiten. Das wiederum geht nur, wenn auch die Arbeitgebenden mitmachen, was nicht überall der Fall ist. Selbst in der Bundesverwaltung werden Frauen mit Erreichen des AHV-Alters automatisch pensioniert, obwohl das reguläre Rück- trittsalter in der Pensionskasse Publica bei 65 liegt. Dies will der Bundesrat nun ändern. (afi) Seite 11 Pensionskassen schrauben Rentenalter für Frauen hoch Wahlen Die überparteiliche Kampagne «Helvetia ruft» motiviert Frauen für die Politik. Wie, das erzählt eine 32-jährige Lehrerin, die für den Nationalrat kandidiert. Bei ihrem ersten Wahlkampf helfen ihr ein Mentor und ein – weiblicher – Coach am Bildschirm. (TA) Seite 3 So werden Frauen zu Politikerinnen

SVPscheitert mitihremAngriff aufdieSozialhilfe - Vision … · 2019. 10. 8. · Wochen nach der Aussaat das Unkrautaus,ohnedenWeizen zubeschädigen.Diesermusset-wasgrösserseinalsdasUnkraut

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  • Zürich gegenBernAufEisgewinntderZSCmit3:2–aufRasengehtderFCZmit0:4unter.27, 28

    Montag7. Oktober 2019127. Jahrgang Nr. 232Fr. 4.20AZ 8021 Zürich

    Mit oderohne?DasWasser imGeltenbachkanndenWissensdurstnicht stillen. ImGegenteil.36

    ShigeruBanDerArchitektbaut inBiel so, dassMenscheneinander sehen.29

    Abo-Service 044 404 64 64, www.tagesanzeiger.ch/aboInserate 044 248 40 30, [email protected] online buchen: www.adbox.ch

    Redaktion 044 248 44 11, [email protected] [email protected] www.tagesanzeiger.ch, [email protected]

    Leserbriefe 13TV/Radio 20Todesanzeigen 22

    Veranstaltungen 33Rätsel 34Wetter 35

    Frankreich Der tödliche Angriff auf vierPolizisten bringt die Regierung inBedrängnis. Am Donnerstag hatte einMitarbeiter der Pariser Polizeipräfekturvier Kollegen an ihrem Arbeitsplatz er-stochen. Es dauerte anschliessendmehrals 24 Stunden, bis Ermittlungen zueinem möglichen terroristischen Hin-tergrund derTat eingeleitetwurden. ImZentrum derKritik steht InnenministerChristophe Castaner. Der Täter sollKontakt zuAnhängern der salafistischenBewegung gehabt und Anzeichen einerRadikalisierung gezeigt haben. (nap)Kommentar Seite 2, Bericht Seite 7

    Minister unter DrucknachMesserattacke

    Landwirtschaft 250 Bauern, die ihr Brot-getreide bisher mit Pestizid schützten,haben dieses Jahr auf einer Fläche von700 Hektaren auf die chemische Hilfeauf ihren Feldern verzichtet. Die unterdem IP-Label produzierenden Bauernerhielten dafürvon der Bäckerei Fredy’svon FredyHiestand 8 Frankenmehr pro100 Kilo Getreide. Die Migros hat einProjekt mit 20 IP-Bauern gestartet. Bis2040 will der Grossverteiler nur nochpestizidfreies Brotgetreide einsetzen.Ohne Pestizide arbeiten heute nur Bio-bauern, die auf 6750 Hektaren Getreideanbauen. (zet) Seite 15

    Grossbäckereien setzenauf Brot ohne Pestizide

    Rücktritt Unter den Initianten derVolks-initiative gegendieKindes- undErwach-senenschutzbehörden ist ein offenerStreit ausgebrochen. Julia Onken undWalterHauser haben ihren Rücktritt ausdem Initiativkomitee erklärt. SiewerfendemSVP-Nationalrat Pirmin Schwandereinen intransparenten Alleingang vor.Er habe sie nie über den Stand der Din-ge informiert. «Ich fürchte, einer ArtFake-Volksinitiative aufgesessen zusein», sagt Hauser. Er frage sich, ob dieInitiative nicht primär als Vehikel fürSchwanders Wahlkampf im KantonSchwyz gediente habe. (hä) Seite 5

    Schwanders Sololaufvergrault Kesb-Gegner

    Balkan In Pristina zeichnet sich ein Re-gierungswechsel ab. Stärkste Kräfte beider vorgezogenen Parlamentswahl amSonntagwurdenNachwahlbefragungenzufolgemit je rund 30 Prozent der Stim-men die Oppositionsbewegung Vete-vendosje und die Demokratische LigaKosovos. Siewarenmit demVersprechenangetreten, die Korruption zu bekämp-fen. Beide zeigten sich imVorfeld offenfür die Bildung einer Koalition. Diegrösste Partei des bisherigen Regie-rungsbündnisses, die DemokratischePartei Kosovos, landete mit 22 Prozentauf Platz drei. (Reuters) Seite 6

    Kosovo wähltdenWandel

    Interview

    «EineAblehnungdurchdieAktionärewirdsicherAuswirkungenaufdasManagementhaben.»Olaf SwanteeDer Sunrise-Chef über die geplante undgefährdete Übernahme von UPC. Seite 8

    Claudia Blumer

    DerWettlauf um radikale Sparübungenin der Sozialhilfe ist vorläufig beendet.Als die Berner Regierung 2017 ihre Kür-zungspläne bekannt gab, drohte eineAbwärtsspirale einzusetzen. Die SVPreichte in mehreren Kantonen erfolg-reich Forderungen ein, die Sozialhilfesubstanziell zu kürzen.

    Zwei Jahre später zeigt sich: Der An-griff ist gescheitert. Die Berner Stimm-berechtigten haben dieVorlage im Früh-ling bachab geschickt. Im Baselbietwillein «Korrektur-Vorstoss» die Forderungvon 2017 annullieren. ImAargau hat eineRadikalvorlage derzeit wenig Chancen,dasselbe in Solothurn, wo ein Vorstosshängig ist. Eine Ohrfeige kassierte die

    SVP in Winterthur, wo sie die zweit-stärkste Partei ist. IhreAnfang Jahr lan-cierte Volksinitiative für eine Sozialhil-fekürzung scheiterte schon bei derUnterschriftensammlung. Nun rätseltdie SVP, ob sie organisatorische Fehlermachte oder ob das Thema Sozialhilfederzeit einfach nicht zieht.

    Fachleute aus dem Sozialwesenglauben, der sachlich geführte Abstim-mungskampf und das Nein in Bernhätten die Debatte auch in anderen Kan-tonen geprägt. Sie könnte allerdingswieder emotionalwerden,weil die Kan-tone und Gemeinden in den nächstendrei Jahren deutlich höhere Sozialhilfe-kosten tragenmüssen.DerBund entlässtviele 2015 Eingewanderte aus seinerfinanzpolitischen Obhut. Seite 4

    SVP scheitertmit ihremAngriffauf die SozialhilfeKürzungen Was die Stimmberechtigten in Bern voreinem halben Jahr verhindert haben, verliert auch inanderen Städten und Kantonen an Unterstützung.

    Arbeit Während die Politik noch immerüber ein höheres Rentenalter für Frauenstreitet, sind zahlreiche Pensionskassenschon einen Schrittweiter. In 36 Prozentaller Vorsorgeeinrichtungen liegt dasreguläre Rücktrittsalter für Frauen undMänner bei 65 Jahren.

    Besonders verbreitet ist die Praxis beiden Pensionskassen von öffentlichenVerwaltungen und Betrieben. Da sehen58 Prozent auch für Frauen das höhereRentenalter vor. Eine volle Rente ohneKürzungen oder Zuschläge gibt esdemnach erst mit 65 Jahren. Das ist zu-lässig, solange Frauen, die in einer sol-

    chen Pensionskasse versichert sind,trotzdem schon mit 64 in Rente gehenkönnen. Wollen sie aber von den glei-chen Pensionierungsbedingungen pro-fitierenwie ihremännlichenArbeitskol-legen,müssen sie bis 65weiterarbeiten.

    Das wiederum geht nur, wenn auchdie Arbeitgebenden mitmachen, wasnicht überall der Fall ist. Selbst in derBundesverwaltung werden Frauen mitErreichen des AHV-Alters automatischpensioniert, obwohl das reguläre Rück-trittsalter in der Pensionskasse Publicabei 65 liegt. Dieswill der Bundesrat nunändern. (afi) Seite 11

    Pensionskassen schraubenRentenalter für Frauen hoch

    Wahlen DieüberparteilicheKampagne«Helvetia ruft»motiviert Frauen fürdiePolitik.Wie,das erzählt eine32-jährigeLehrerin,die fürdenNationalrat kandidiert.Bei ihremerstenWahlkampfhelfen ihreinMentorundein–weiblicher–CoachamBildschirm. (TA) Seite3

    Sowerden Frauen zu Politikerinnen

  • 15Montag, 7. Oktober 2019

    Zürich

    Thomas Zemp

    Etwas mehr Erfahrungen sam-meln müsse er noch, sagt BauerHans Egli. Nach über 20 Jahrenhat er bei seinemWeizen, den erdiesen Sommer eingefahren hat,gänzlich auf Pestizide verzichtet.«Mit demResultat bin ich durch-aus zufrieden», sagt der Baueraus Steinmaur, der für die EDUimKantonsparlament politisiert.Erstmals hat er auch keine Her-bizide verwendet, also chemi-sche Unkrautvertilger. Fungizi-de gegen Pilze und Insektizidedurfte er mit dem Label von IP-Suisse, der SchweizerischenVer-einigung integriert produzieren-der Bauern, schon vorher nichteinsetzen.

    Verändert hat sich für Land-wirt Egli, dessenHofmit 40Hek-taren zu den grösseren im Kan-ton gehört, vor allem eines: Erbekämpft das Unkraut heuteme-chanisch. Zuvor reichte es,wenner nach der Aussaat im HerbstdasHerbizidmit demTraktor aufdas Feld spritzte. Es wirkte fastzu hundert Prozent. Der Auf-wand war sehr gering.

    VonHand ausgerissenNun muss der Bauer die Felderein- bis dreimal mit dem Strie-gel bearbeiten, einem einfachenmechanischen Gerät, das er amTraktor montiert. Es sieht auswie ein riesiger Rechen. Dievielen Zacken reissen einigeWochen nach der Aussaat dasUnkraut aus, ohne den Weizenzu beschädigen. Diesermuss et-was grösser sein als das Unkrautund erste Wurzeln geschlagenhaben. Egli ist den Acker aucheinmal zu Fuss abgelaufen, erhat unerwünschtes Unkrautwiedie widerspenstige Blacke von

    Hand ausgerissen. Pro Hektaredauerte das rund eine Stunde,für seine insgesamt 15 Hektarenmusste er also nochmals fastzwei Arbeitstage einsetzen. «DieKunst ist, den richtigen Zeit-punkt für das Striegeln zu er-wischen», sagt Egli. Der Bodendarf weder zu trocken noch zunass sein.

    Für den pestizidfrei angebau-tenWeizen erhält Egli 8 Frankenmehr pro 100 Kilogramm– statt55 Franken neu 63 Franken. DenMehrpreis übernimmt der Zür-cher Bäcker Fredy Hiestand. Erverwendet in seiner Produktionin Baden für seine Brote und Ge-bäcke seit diesem Jahr nur nochpestizidfrei angebautes Getrei-de. Hiestand bezahlt insgesamt15 Franken mehr pro 100 Kilo-gramm, da auch andere Beteilig-tewie die Mühle ihrenMehrauf-wand abgegolten haben wollen.

    «Wir übernehmen den Auf-preis bis jetzt vollständig, dawirder Meinung sind, dass endlichetwas passieren muss», sagt derBäcker, der in den 1970er-Jahrenmit seinen tiefgefrorenen Auf-backgipfeli bekannt gewordenist. «Keine Mutter würde ihremKind bewusst Nahrung geben,die mit Pestiziden belastet ist.»

    Bauern auf derWartelisteIP-Suisse hat die Bauern fürHiestand gesucht. Diesemüssenauf insgesamt 700 HektarenBrotgetreide anbauen, um denBedarf derHiestand-Bäckerei zudecken. 250 Getreidebauernhaben im ersten Jahr mitge-macht, weitere 300 Landwirteliessen sich auf eine Wartelistesetzen, wie Sandro Rechsteinervon IP-Suisse sagt. Der 76-jähri-ge Fredy Hiestand unterstütztauch die Trinkwasserinitiative,

    die nächstes Jahr zur Abstim-mung gelangen soll. Siewill, dassnur noch diejenigen Bauern Di-rektzahlungen erhalten, die aufPestizide beimGetreide-, Gemü-se- und Obstanbau sowie Anti-biotika bei der Viehzucht ver-zichten.DerBundesrat empfiehltdie Initiative zurAblehnung, derNationalrat lehnt sie ebenfallsab. Die Diskussion im Ständeratsteht noch aus.

    Coop forciert BioHiestand setzt bereits voll aufpestizidfrei angebautes Brotge-treide. Noch in der Testphase istdie Migros mit ihrer BäckereiJowamit Hauptsitz inVolketswil.«Bis 2040 sollen die Rohstoffefür die Brotproduktion der Jowazu 100 Prozent nachhaltig sein»,sagt Cristina Maurer, Medien-sprecherin des Migros-Genos-senschafts-Bundes.

    Die Migros hat mit der ETHZürich, der IP-Suisse und derHochschule für Agrar-, Forst-und Lebensmittelwissenschaf-ten ein Projekt gestartet, demsich 20 Landwirte angeschlossenhaben. Der Grossverteiler rech-net mit einem Mehrpreis von 5Franken pro 100 KilogrammMehl. Das entspreche rund zweiRappen pro Brot, sagt Maurer.

    «Ob dieMigros dies übernimmt,hängt auch von politischen Fak-toren wie Direktzahlungen oderÖkobeiträgen ab.»

    Einen anderen Weg geht derGrossverteiler Coop: Er setzt aufdas Label Bio, das imAnbau vonBrotgetreide gar kein Pestizid er-laubt.DerAnteil an Biobroten be-trage bei Coop rund 50 Prozent,dieses Sortiment werde laufenderweitert und ergänzt, teilt dieMedienstelle mit.

    Pestizide sind diesen Sommerin den Fokus der Öffentlichkeitgerückt. Das Bundesamt fürUm-welt teilte mit, dass chemischeStoffe aus der Landwirtschaftdas Wasser vor allem im Mittel-land nachhaltig schädigten. ImKanton Zürich hat das Amt fürAbfall, Wasser, Energie undLuft (Awel) imMai 92 Grundwas-serfassungen untersucht, bei49 Messstellen fand es Abbau-stoffe des PflanzenschutzmittelsChlorothalonil. Gemäss demBund kann eine gefährlicheWir-kung derAbbaustoffe nicht aus-

    geschlossen werden. Gemüse-undGetreidebauern setzen Chlo-rothalonil gegen Pilzbefall ein.Bei 29 Messstellen wurden dieGrenzwerte überschritten – imDurchschnitt um den Faktor 3,4.Hauptsächlich betroffen sindGebiete im Weinland und imUnterland, den beiden grossenAnbaugebieten von Gemüse undGetreide im Kanton.

    Erhöhtes RisikoHans Egli wird auch im kom-menden Jahrwieder pestizidfreiangebauten Weizen ernten. Dashat er mit der Aussaat vor weni-genWochen entschieden.DiesesJahrmusste er neu unbehandel-te Saat austragen, gleich wie dieBiobauern. Das erhöht das Risi-ko, dass Insekten sie fressen.DieMehrarbeit, der geringere Ertragund das grössere Risikomüsstenabgegoltenwerden, sagt Egli. BeiHiestand sei das der Fall. Für denBauern ist entscheidend,dass so-wohl der ökologische als auchderökonomischeNutzen stimmt.

    Es geht auch ohne PestizideLandwirtschaft Die allermeisten Getreidebauern schützen ihre Pflanzenmit Unkrautvertilgern. Doch jetzt stellenviele auf eine naturnahe Produktion um –weil Grossbäckereien pestizidfreies Getreide wünschen.

    Bauer Hans Egli hat jetzt mehr Aufwand: Statt einmal ein Pestizid zu spritzen, muss er sein Weizenfeld mit dem Striegel bearbeiten. Foto: Andrea Zahler

    Grosses Potenzial

    In der Schweiz wird auf 83000Hektaren Brotgetreide angebaut.Der allergrösste Teil der SchweizerLandwirte arbeitet unter demLabel Garantie Suisse. Diesesunterscheidet zwischen extensi-vem Anbau und nicht extensivemAnbau. Beim extensiven Anbauvon Brotgetreide auf einer Flächevon gesamthaft 21000 Hektarensind Herbizide erlaubt, Fungizideund Insektizide hingegen verbo-ten. Beim nicht extensiven Anbauauf 32000 Hektaren sind alle dreiPestizide erlaubt.

    Die IP-Bauern pflanzen auf gut25000 Hektaren Getreide an,

    ihnen ist der Einsatz von Herbizi-den erlaubt. 250 IP-Bauern habendieses Jahr auf ihren Feldern miteiner Gesamtfläche von 700Hektaren auf den Einsatz vonHerbiziden verzichtet. Sie habendamit ebenfalls pestizidfreiesBrotgetreide produziert. Gänzlichohne Pestizide arbeiten die Bio-bauern. Sie bewirtschaften etwa6750 Hektaren.

    Daneben gibt es noch einenkleinen Anteil von Landwirten, diesich überhaupt keinem Labelangeschlossen haben. Sie ent-scheiden selber, ob und welchePestizide sie einsetzen. (zet)

    Hiestand setztheute schon vollauf pestizidfreiesBrotgetreide.DieMigros lässtsich dafürbis 2040 Zeit.

    Digitalisierung 7,26 MillionenFranken bewilligt die ZürcherRegierung für den Aufbau undden Betrieb von «eEinbürger-ungZH» für fünf Jahre. Voraus-sichtlich 2022 soll die Plattformstarten und das Einbürgerungs-verfahren einfacher und trans-parenter machen. Dies dankeiner rein digitalen Erfassungund Verarbeitung der Dossiers,wie die Justizdirektion vonJacqueline Fehr (SP) mitteilt.

    Für die Einbürgerungswilli-gen hat die digitale PlattformdenVorteil, dass sie nicht mehr vor-gängig Dokumente bei der Ver-waltung besorgen müssen,ausserdem können sie jederzeitden Status des Verfahrens unddie zuständigenVerwaltungsan-gestellten einsehen. Der Vorteilfür die Verwaltung: Das Nach-führen von Papierdossiers, dieAufbewahrung undArchivierungentfallen. Die neue Software istein Projekt des Impulspro-gramms der Strategie DigitaleVerwaltung 2018–2023.

    Dass die Justizdirektion sichvon der neuen Plattformmit Be-triebskosten von 2,5 MillionenFranken in den ersten fünf Jah-ren zwar Effizienzsteigerungenverspricht, jedoch imBudget kei-ne entsprechenden Einsparun-gen einplant, nimmt die SVP«mitVerwunderung» zurKennt-nis. In der entsprechenden Ab-teilungwürden sogarmehrMit-arbeiter eingeplant, schreibt siein einer Mitteilung. Das zeugenicht von bedachtem Umgangmit dem Geld der öffentlichenHand. «Jacqueline Fehr gibt esmit beidenHänden aus.» Die SVPerwarte, dass sich Investitionund Betrieb der Software bezahltmachten und mindestens imgleichen Umfang beim Personalgespart werde. (lop)

    ElektronischeEinbürgerungkostet Millionen

    Lärmschutz Auf Kantonsstrassensetzt die Regierung derzeit nuranwenigen, ausgewählten Stre-cken im Rahmen eines Testpro-gramms auf lärmarme Strassen-beläge. Für den verbreiteten Ein-satz sei die Technik noch zuwenig ausgereift, schreibt sie ineinerAntwort auf dieAnfrage desgrünen Kantonsrats RobertBrunner. Zwar sei in der West-schweiz anfänglich eine erstaun-lich gute Wirkung mit Flüster-belägen erzielt worden, dochhabe diese schon nach wenigenJahren stark nachgelassen.

    Die Lebensdauer von lärmar-men Belägen sei nur halb so langwie diejenige von herkömmli-chen,was zuwesentlich höherenKosten führe, zu mehr Baustel-len auf Kantonsstrassen und hö-heremMaterial- und Energiever-brauch. Im speziellen Fall, einemrelativ kurzen Strassenstück inder Kernzone von Steinmaur,wowegen des Ortsbildschutzes kei-ne Lärmschutzwände gebautwerden können, sei ein Flüster-belag zudem unsinnig, weildurch den Übergang zum Stan-dardbelag zusätzliche Lärm-emissionen entstünden, so dieBaudirektion. Im Rahmen deslaufendenTests seien die Belägeaber bereitswesentlich optimiertworden. Zudem setze man sichbeim Bund dafür ein, dass derBau von Flüsterbelägen künftigfinanziell unterstützt wird. (lop)

    Flüsterbeläge sinddemKanton nochzu teuer

    Zurich Film Festival WarumderZürcherStadtratbeiAnrufenvonGründerinNadjaSchildknecht inPanikgeriet. 17

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