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Systematik • Bakterien (Eubakterien) - Gram-positive Bakterien: hoher/niedriger G+C-Gehalt - Proteobakterien („Purpurbakterien“) - Spirochaeten - Cyanobakterien - Chlamydien - Grüne Schwefelbakterien - Grüne Nichtschwefelbakterien - Planctomyces - Bacteroides/Flavobakterien - Deinococcus - Thermotoga • Archaeen - Extrem Halophile - Methanogene - Thermoacidophile - Extrem Thermophile • Eukaryonten - Pilze - Oomycota - Schleimpilze (Myxomycota, Acrasiomycota) - Niedere Pilze (Chytridiomyceten, Zygomyceten) - Ascomyceten - Basidiomyceten • Viren Systematik Systematik In der biologischen Systematik werden Lebewesen in hierarchisch gestaffelten Gruppen zusammengefaßt. Seit Linnaeus versucht man, die Sortierung nach biologischen Zusammenhängen durchzuführen (natürliches System der Klassifizierung, ein künstliches wäre z.B. eine alphabetische Sortierung nach den Namen, oder eine Sortierung in Größenklassen (Blauwal und Eichbaum in einer Gruppe?)). Mit der Anerkennung der Evolution wurde die phylogenetische Verwandtschaft (evolutionärer Abstand) das Leitkriterium für die Systematik. Systematik Hierarchie der Systematik: Organismen gehören zur selben Art (Spezies), wenn sie in vielen Merkmalen übereinstimmen und sich von verwandten Arten in vielen unabhängigen Eigenschaften unterscheiden. Bei Organismen mit sexueller Vermehrung ist die Art danach definiert, daß die Mitglieder miteinander kreuzbar sind. Dabei gibt es aber zahlreiche Ausnahmen (Esel/Pferd, Löwe/Tiger, Hund/Wolf...). Systematik Hierarchie der Systematik: Strukturen höherer Ordnung als die Art (also geringerer Verwandtschaft) sind - die Gattung (Genus) - die Familie (Familia) - die Ordnung (Ordo) - die Klasse (Classis) - der Stamm (Phylum) - die Reich (Regnum, engl. Kingdom) - die Domaine (Regio) Systematik In der binären Nomenklatur werden Organismen mit „Gattung Art“ bezeichnet, Gattung groß- und Artname kleingeschrieben, und beides meist kursiv gesetzt (Escherichia coli, Homo sapiens). Der Gattungsname kann abgekürzt werden (meist mit nur einem Buchstaben: E. coli)

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Systematik• Bakterien (Eubakterien)

- Gram-positive Bakterien: hoher/niedriger G+C-Gehalt- Proteobakterien („Purpurbakterien“)- Spirochaeten- Cyanobakterien- Chlamydien- Grüne Schwefelbakterien- Grüne Nichtschwefelbakterien- Planctomyces- Bacteroides/Flavobakterien- Deinococcus- Thermotoga

• Archaeen- Extrem Halophile- Methanogene- Thermoacidophile- Extrem Thermophile

• Eukaryonten- Pilze

- Oomycota

- Schleimpilze (Myxomycota, Acrasiomycota)- Niedere Pilze (Chytridiomyceten, Zygomyceten)- Ascomyceten- Basidiomyceten

• Viren

Systematik

SystematikIn der biologischen Systematik werden Lebewesen inhierarchisch gestaffelten Gruppen zusammengefaßt. SeitLinnaeus versucht man, die Sortierung nach biologischenZusammenhängen durchzuführen (natürliches Systemder Klassifizierung, ein künstliches wäre z.B. einealphabetische Sortierung nach den Namen, oder eineSortierung in Größenklassen (Blauwal und Eichbaum ineiner Gruppe?)). Mit der Anerkennung der Evolutionwurde die phylogenetische Verwandtschaft(evolutionärer Abstand) das Leitkriterium für dieSystematik.

Systematik

Hierarchie der Systematik:Organismen gehören zur selben Art (Spezies), wenn siein vielen Merkmalen übereinstimmen und sich vonverwandten Arten in vielen unabhängigen Eigenschaftenunterscheiden.Bei Organismen mit sexueller Vermehrung ist die Artdanach definiert, daß die Mitglieder miteinander kreuzbarsind. Dabei gibt es aber zahlreiche Ausnahmen(Esel/Pferd, Löwe/Tiger, Hund/Wolf...).

Systematik

Hierarchie der Systematik:Strukturen höherer Ordnung als die Art (also geringererVerwandtschaft) sind- die Gattung (Genus)- die Familie (Familia)- die Ordnung (Ordo)- die Klasse (Classis)- der Stamm (Phylum)- die Reich (Regnum, engl. Kingdom)- die Domaine (Regio)

Systematik

In der binären Nomenklatur werden Organismen mit„Gattung Art“ bezeichnet, Gattung groß- und Artnamekleingeschrieben, und beides meist kursiv gesetzt(Escherichia coli, Homo sapiens). Der Gattungsnamekann abgekürzt werden (meist mit nur einem Buchstaben:E. coli)

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SystematikLange Zeit wurden Bakterien nach Form‚ Anfärbungenund Stoffwechselbesonderheiten (Gärungsform,verwertete Zucker, Ausscheidungsstoffe) eingeteilt.Einige der Einteilungen erwiesen sich als sinnvoll (Gram-färbung, Schraubenform), andere (Stäbchen/Kokken)hatten offenbar wenig mit dem Verwandtheitsgrad zu tun.

In der numerischen Taxonomie beruht die Gruppierungauf der Anzahl ähnlicher gemessener Eigenschaften (wiedie oben aufgeführten).

Systematik

Die erste wirklich auf der evolutionären Entwicklungberuhende Systematik wurde von Carl Woese erstellt,der die Sequenzen der rRNAs auf Ähnlichkeit verglich.rRNAs sind hochkonserviert, dadurch konnten alleOrganismen in einem phylogenetischenVerwandschaftsbaum zusammengefasst werden, dersich grafisch als Dendrogramm darstellen läßt.

Systematik

Mit der Sequenzierung kompletter Genome könnenVerwandtschaftsbeziehungen heutzutage detailliert undeindeutig aufgeklärt werden (z.B. kann ein DNA-Abschnitt durch „horizontalen Gentransfer“ vonEukaryonten auf eine Bakterie gelangen. Analysiert mannur diesen Bereich, gibt es ein verblüffendes Ergebnis (istja gar keine Bakterie...), aus dem Gesamtgenom läßt sichdie wahre Verwandtschaft und das Transferereigniserkennen (und sogar der Zeitpunkt der DNA-Übertragungabschätzen)).

Systematik

Auch zur Identifizierung eines Mikroorganismus werdenzunehmend gentechnische Methoden eingesetzt. DurchVermehrung von Genabschnitten mit spezifischenStartmolekülen („Primern“) in der Polymerase-Ketten-reaktion (PCR) lassen sich schnell eindeutigeIdentifizierungen erreichen.

Stammbaumaller

Lebewesen(Dendrogramm)

*Aktueller Stammbaum derEukaryonten im AbschnittPilze *

Stammbaum der Eubakterien

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Grampositive BakterienGrampositive Bakterien sind durch ihre Zellwandcharakterisiert (dicker, mehrschichtigerMureinsacculus, keine äußere Membran). ImStammbaum sind zwei Untergruppen zu sehen, die sichauch leicht anhand der G+C-Häufigkeit in der DNAunterscheiden lassen.

Die Grampositiven Bakterien mit niedrigem G+C-Gehalt(Stamm: Firmicutes) bilden Kokken und Stäbchen-Formen. Die mit hohem G+C-Gehalt (Stamm:Actinobacteria) sind alle von gestreckter Form, vonStäbchen und Keulen bis zu mycelartigenFilamentfäden.

Grampositive Bakterien - einzelligeEndosporenbildner

Zu den Grampositiven Bakterien mit niedrigem G+C-Gehalt gehören Bacillen und Clostridien, die diethermoresistenten Endosporen bilden. Bacilli sindaerob, Clostridien strikt anaerob, beide sind Boden-bewohner, beide peritrich begeißelt.Bacillus: B. anthracis (Milzbrand), B. stearothermophilus(hoch-thermophil). B. thuringensis u.a. produzieren einProteinkristall, das ein wirksames Insektentoxin enthält.Weil es umweltfreundlich abbaubar ist, wird eszunehmend in Land- und Forstwirtschaft eingesetzt (z.B.zur Bekämpfung von Stechmücken in Feuchtgebieten).

Grampositive Bakterien - einzelligeEndosporenbildner

B. thuringensis mit Spore und Toxinkristall

Grampositive Bakterien - einzelligeEndosporenbildner

Einige Clostridien werden zur fermentativen Produktion vonButtersäure, Aceton und Butanol industriell eingesetzt.Krankheitserreger sind C. tetani (Tetanus), C. botulinus(Lebensmittelvergiftung: Botulismus), C. perfringens, C.histolyticum, C. septicum (Gasbrand in infizierter Wunde ).Weitere Sporenbildner sind Sporosarcina (einzige Kokke(kugelförmige Zelle) der Familie), Desulfotomaculum(anaerob), Sporolactobacillus (aerotolerant),Thermoactinomyces (aerob).Mycoplasmen (Klasse: Mollicutes, keine Endosporen) sindmit Clostridien verwandt. Sie haben keine Zellwand(verhalten sich also Gram-negativ), viele Vertreter sindPathogene (Ureaplasma - Harnwegsinfektionen)

Grampositive Bakterien - einzelligeEndosporenbildner

Bacillus megaterium mit Endospore

Grampositive Bakterien -Milchsäurebakterien

Zu den Grampositiven Bakterien mit niedrigem G+C-Gehalt gehören zahlreiche aerotolerante Formen, die aberauch an der Luft gären, nicht atmen („aerodureAnaerobe“). Einige davon produzieren große Mengen anMilchsäure, sie werden zu den Milchsäurebakterienzusammengefaßt.

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Grampositive Bakterien

Milchsäurebakterien kommen als Kokken und als Stäbchenvor. Sie können kein Porphyrin und damit keine Cyto-chrome (Atmungskette) und keine Katalase bilden. Siekönnen nur Zucker fermentieren, viele von ihnen habenkomplexe Medienanforderungen (B-Vitamine, Aminosäuren,Purine, Pyrimidine). Homofermentative Milchsäurebakterienproduzieren nur Milchsäure (Pediococcus: Kokken inTetraden, Streptococcus: Kokken in Ketten, Lactococcus),heterofermentative noch Ethanol und CO2. (Leuconostoc:Kokken in Ketten). Lactobacillus (Stäbchen in Ketten) kannhomo- und heterofermentativ gären.

Grampositive Bakterien

Einige Streptococcen sind pathogen (S. pneumoniaeLungenentzündung, S. pyogenes Scharlach, S. mutansKaries), die übrigen Milchsäurebakterien sind für dieLebensmittelindustrie von Bedeutung (Milchprodukte,Sauerkraut, Dauerwurst).

Grampositive BakterienNahe verwandt mit den Milchsäurebakterien sind dieStaphylococcen, sie können auch durch ZellatmungEnergie gewinnen.Staphylococcen (Staphyle - Weintraube, Kokkos -Kugel) sind Parasiten und Infektionserreger. S. aureuskann als Problemkeim auftreten.

Sarcinen sind Kokken, die zu Paketen aus 8 Zellenheranwachsen, da die Zellteilung in allen dreiRaumrichtungen erfolgt. Sarcina ist sehr säuretolerant,kann im Magen vorkommen.

Grampositive BakterienStaphylococcen

Grampositive BakterienSarcina (Phasenkontrastaufnahme)

Grampositive BakterienSarcina (Querschnitt, EM)

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Grampositive Bakterien mit hohemG+C-Gehalt - Actinomyceten

Zu den Actinomyceten gehören die einzigen Bakterien, dieals Mycel wachsen können. Einige Actinomyceten leben alsEinzeller, nur wenige sind beweglich (durch Flagellen). DieZellform ist recht variabel.Untergruppen sind: Coryneforme Bakterien,Propionsäurebakterien, Mycobakterien, Nocardien,Streptomyceten.

Grampositive Bakterien mit hohemG+C-Gehalt -

Coryneforme ActinomycetenCoryneforme Bakterien sind keulenförmig. Einige werdenzur Aminosäureproduktion eingesetzt, ein wichtigerPathogener ist Corynebacterium diphteriae (Diphterie).Arthrobacter sind bodenbewohnende Coryneforme,charakteristisch für sie ist das „Schnappen“ bei derVermehrung, die Zellwand reißt auf, die beiden Zellen bildeneine V-Form.Cellulomonas ist ebenfalls Bodenbewohner, er kann Celluloseabbauen.

Grampositive Bakterien mit hohemG+C-Gehalt -

Coryneforme Actinomyceten„Schnappen“ von Arthrobacter

Coryneforme ActinomycetenDie Zellteilung bei Arthrobacter. Zwei Schichten derZellwand sind zu erkennen.

Coryneforme ActinomycetenDie Zellform von Arthrobacter ist variabel.

Grampositive Bakterien mit hohemG+C-Gehalt -

PropionibakterienPropionibakterien sind für die Löcher im Emmentaler Käseverantwortlich (durch CO2-Bildung). Sie können dieMilchsäure der Lactobacilli verwerten und bildenPropionsäure. Bei der Käseproduktion wirken also beideGruppen von Bakterien zusammen.

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Grampositive Bakterien mit hohemG+C-Gehalt -

MycobakterienMycobakterien sind durch ihre undurchdringliche Zellwandcharakterisiert, die durch die langkettigen Mycolsäurenwachsartig ist. Sie werden als „säurefest“ bezeichnet, weil sienach Carbolfuchsinfärbung nicht mit saurem Alkohol entfärbtwerden.Wichtige Pathogene sind Mycobacterium tuberculosis(Tuberkulose) und M. leprae (Lepra).

Grampositive Bakterien mit hohemG+C-Gehalt -

StreptomycetenStreptomyceten wachsen als sehr lange Filamente, die einMycel bilden. Das Substratmycel, das im Medium gebildetwird, unterscheidet sich oft deutlich vom Luftmycel, an demSporophoren gebildet werden. Die „Conidiosporen“ sindkeine stabilen Dauerformen, sie entstehen durch Septen-bildung an der Mutterzelle. Conidien und Sporen sind oftpigmentiert.Die Sporenbildung ist ein Differenzierungsvorgang, an demzahlreiche Gene mitwirken.

Grampositive Bakterien mit hohemG+C-Gehalt -

StreptomycetenLuftmycel und Substratmycel

MycelformenDie Mycelformen der Streptomyceten sind sehrunterschiedlich, die Morphologie der Konidien istartspezifisch variabel.

Grampositive Bakterien mit hohemG+C-Gehalt -

StreptomycetenLuftmycel von Streptomyces coelicolor im Raster-EM

Sporulation bei Streptomyces

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Gramnegative Bakterien -Proteobakterien (Purpurbakterien)

Die eigentlichen Purpurbakterien sind etwa 30 Spezies vonphotosynthetischen Bakterien. Sie sind anaerob undfixieren CO2 im Calvin-Cyclus (bilden aus CO2 mit ATP undNADPH, die durch die Lichtenergie gebildet wurden, Zucker).Im Dunkeln können sie chemoheterotroph leben, Azetat istdie bevorzugte Kohlenstoffquelle.

Gramnegative Bakterien -Proteobakterien (Purpurbakterien)

Die eigentlichen Purpurbakterien werden in zwei Gruppenunterteilt:- Nichtschwefel-Purpurbakterien sind H2S-empfindlich undphotoheterotroph (brauchen organische Stoffe als Elektronen-quelle), außer in Gegenwart von H2 (dann sind sie photo-autotroph): Rhodospirillum, Rhodobacter,Rhodopseudomonas, Rhodomicrobium-Schwefel-Purpurbakterien sind photoautotroph, siewandeln H2S in Schwefel um, den sie intra- oder extrazellulärlagern, bevor sie ihn weiter zu Schwefelsäure oxidieren:Thiospirillum, Thiocystis, Thiocapsa, Thiodictyon, Thiopedia,Chromatium, Lamprocystis

Gramnegative Bakterien -Proteobakterien (Purpurbakterien)

Das Reaktionszentrum der Photosynthese (wo Lichtenergiein chemische Energie umgewandelt wird) enthält Chlorophyll(vom Typ Bakterienchlorophyll). Die Photosynthese istanoxygen (kein Sauerstoff wird gebildet), es kommt nur einPhotosystem vor.Purpurbakterien kommen in den sauerstoff-freien Tiefen-bereichen von Teichen und Seen vor, der Faulschlamm amBoden versorgt sie mit H2S.

Gramnegative Bakterien -Proteobakterien (Purpurbakterien)

Alle Komponenten derPhotosynthese liegen beiPurpurbakterien in derCytoplasmamembran.Diese ist aber starkvergrößert und eingefaltetund kann das Cytoplasmafast ausfüllen. Dabeientstehen verschiedeneStrukturen: Lamellen (oben)oder Vesikel (unten,Chromatium)

Gramnegative Bakterien -Proteobakterien/Purpurbakterien

Phylogenetisch sind die eigentlichen Purpurbakterien mitanderen Bakteriengruppen untrennbar verwandt (d.h., diePhotosynthetiker sind untereinander weniger verwandt als miteinigen der anderen Gattungen). Ursprünglich bezeichneteman die ganze Obergruppe als Purpurbakterien. Unterdessenbevorzugt man „Purpurbakterien“ für die Photo-synthetisierer, und bezeichnet die Obergruppe (den Stamm)als „Proteobakterien“.

Proteobakterien/PurpurbakterienDie Urform der Proteobakterien war photosynthetisch, dieseFähigkeit wurde in mehreren Untergruppen verloren. DieProteobakterien werden in die Klassen α/β/γ/δ/ε eingeteilt.Die Mitochondrien derEukaryonten stammen vonProteobakterien ab.

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Proteobakterien/Purpurbakterien

Epsilon group: Campylobacterales

Proteobakterien -Lithotrophe Bakterien

Lithotrophe produzieren ihre Energie ausschließlich ausanorganischen Substanzen. Nitrifizierer oxidierenAmmoniak oder Nitrit. Ammoniak-Oxidierer (Nitrosomonas,Nitrosococcus, Nitrosovibrio) besitzen ein auffälliges inneresMembransystem. Sie kommen in Erde und Wasser vor undscheiden Nitrit aus. Das wird z.B. von Nitrobacter weiter zuNitrat oxidiert. Der Gesamtprozess der Nitrifizierung(Ammoniak zu Nitrat) führt zur Stickstoffauswaschung ausdem Boden und verringert dadurch die Düngewirkung. Da dieNitrifizierung Sauerstoff benötigt, erfolgt sie nur in gutdurchlüfteten Böden.

Proteobakterien -Lithotrophe Bakterien

Schwefeloxidierer (Thiobacillus, Thiothrix, Beggiatoa)oxidieren Sulfid (H2S) zu Schwefel und weiter zu Sulfat(Schwefelsäure). Eisenoxidierer (Thiobacillus ferrooxydans)oxidieren Fe2+ zu Fe3+. Das wird in der Erzlaugung industriellausgenutzt.

Proteobakterien -Lithotrophe Bakterien

Wasserstoffoxidierer (Knallgasbakterien) (Pseudomonas,Alcaligines) oxidieren Wasserstoff (H2) mit Sauerstoff zuWasser. Sie sind fakultativ lithotroph, d.h., sie können auchmit organischen Substraten wachsen.A. eutrophus besitzt zwei Hydrogenasen, eine imCytoplasma, die andere an der inneren Membran.

Es gibt auch bei den grampositiven Bakterien Wasserstoff-oxidierer.

Proteobakterien -Agrobakterium

Agrobakterien sind α-Proteobakterien, begeißelte gram-negative Stäbchen. Agrobacterium tumefaciens verursachtTumoren bei Pflanzen, also Calli mit unkontrolliertemWachstum. Die Bakterien dringen über eine Wunde in diePflanze ein und transferieren einen Teil des Ti-Plasmids, dieT-DNA in den Zellkern der Pflanze. Das Fragment baut sichin die Pflanzen-DNA ein und programmiert die Zelle um. Dasführt zum unkontrollierten Wachstum und zur Produktionungewöhnlicher Aminosäuren, der Opine, die den Bakterienals (C- und N-) Nahrung dienen.

Agrobakterium

Pflanzentumor

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Proteobakterien -Agrobakterium

Agrobakterien und das Ti-Plasmid sindfür die Gentechnik an Pflanzen einzentrales Hilfsmittel. Das Ti-Plasmiddient als Vektor zum Einbau undEinschleusen von Fremd-DNA.

Proteobakterien -Rikettsien

Rikettsien sind eng mit Agrobakterien verwandt (95%Homologie der 16S-RNA). Vermutlich stammen sie vonPflanzen-Bewohnern ab, befallen aber jetzt als obligatintrazellulär wachsende Parasiten Warmblüterzellen undArthropoden. Krankheiten: Q-Fieber, Rocky Mountain spottedfever. Sie haben einen stark verminderten Stoffwechsel undnutzen das ATP der Wirtszelle (Energieparasiten). Siebesitzen allerdings Cytochrome und können wohl auch selbstZellatmung durchführen.

Proteobakterien -Rikettsien

Rikettsien in Hämocyten einer Zecke

Rikettsieninfektion

Proteobakterien - Rhizobien

Rhizobien leben in Symbiose mit Leguminosen(Schmetterlingsblütlern). Sie besiedeln die Wurzeln,veranlassen die Pflanzen, dort Knöllchen zu bilden(„Knöllchenbakterien“), in denen sie von der Pflanze mitNahrung versorgt werden, dafür fixieren sie Luftstickstoff(N2) und versorgen die Pflanze mit verwertbaren Stickstoff-verbindungen (Ammonium, organische Amine). Das zentraleEnzym der Stickstoffverwertung, die Nitrogenase, ist extremsauerstoffempfindlich. Leghämoglobin in den Knöllchenfängt Sauerstoff ab.

Proteobakterien - RhizobienDer Prozeß der Wurzelbesiedlung ist kompliziert, nurbestimmte Pflanzenarten können die Symbiose eingehen.

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Proteobakterien - RhizobienProteobakterien - Enterobakterien

Diese Vertreter der γ-Proteobakterien sind gramnegativebewegliche Stäbchen. Escherichia ist ein Darmbewohner(nicht der häufigste), er produziert wichtige Vitamine.Pathogene Stämme verursachen Diarrhoe und Urogenital-infektionen. E. coli ist der bestuntersuchte Organismusüberhaupt und das „Haustier“ der Gentechnik, die meistenPlasmide werden in E. coli zwischenvermehrt.Die nahe verwandten Shigellen sind pathogen, Erreger derRuhr, einer schweren Darmerkrankung.Zu Salmonella gehören zahlreiche Pathogene, u.a. die Erregervon Typhus und Paratyphus.Yersinia enthält pathogene Arten, insbesondere Y. pestis, denPesterreger.

PestPestgangrän

Yersinia pestis imLungengewebe

Ansteckungswege der Pest

Proteobakterien - Enterobakterien

Bei vielen Enterobakterien beruht die Pathogenität aufPlasmiden. Die plasmidfreien Stämme sind dann harmlos, dieplasmidhaltigen erzeugen Krankheiten.Nachgewiesen bei E. coli, Shigella dysenteria, Yersiniaenterocolitica.

Proteobakterien - Bdellovibrio

Bdellovibrio bacteriovorus ist ein bei Bakterien parasi-tierendes Bakterium mit auffallend dicker Geißel. Es bohrtsich mit dem der Geißel gegenüberliegenden Seite in dasWirtsbakterium und nistet sich im Periplasma ein. Hierwächst die Zelle zu einem langen Zylinder, teilt sich undlysiert den Wirt.Wie Phagen (Bakterienviren) läßt sich Bdellovibrio durchPlaquebildung (klare Zone lysierter Bakterien) auf einemBakterienrasen nachweisen. Verschiedene Stämme habenunterschiedliche Wirtsspezifitäten.

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Proteobakterien - BdellovibrioBdellovibrio

infiziertE. coli

Lebenszyklusvon

Bdellovibrio

Spirochaeten

Die Spirochaeten (Stamm Spirochaetes) sind durch dieauffällige Korkenzieherform der Zellen charakterisiert. DerZellleib ist flexibel, die Endoflagellen im Periplasmaverursachen eine windende Bewegung, die in zähen Medien(Schlamm, Schleim) sehr effektiv ist. Kleine Spirochaeten(die kleinsten sind 0,1x5 µm, die größten 500 µm lang)passen durch Bakterienfilter. Spirochaeten leben inGewässern und im Magen-Darm-Trakt von Warmblütlernund Insekten.Gattungen Cristispira, Spirochaeta (keine pathogene);Treponema (T. pallidum: Syphilis), Borellia (Borelliose),Leptospira (enthalten gefährliche Krankheitserreger).

SpirochaetenTreponema

Borellia

Spirochaeten

Leptospira

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Cyanobakterien

Cyanobakterien (Stamm: Cyanobacteria) sind gramnegativeBakterien, die oxygene Photosynthese (also mitSauerstoffbildung) durchführen. Dazu setzen sie zweiPhotosysteme in Reihe ein, um Elektronen dem Wasser zuentreißen (Photosystem II, dabei entsteht der Sauerstoff) undauf NADP (>NADPH, Photosystem I) zu übertragen. BeidePhotosysteme enthalten Chlorophyll a.

Die Chloroplasten der Pflanzen stammen von Cyano-bakterien ab (und enthalten auch zwei Photosysteme undChlorophyll a).

Cyanobakterien

Der photosynthetische Apparat liegt in intrazellulärenMembranlamellen, den Thylacoiden. An deren Außenseiteliegen knopfartige Strukturen, die Phycobilisomen, die alsAntennen dienen: sie fangen das Licht ein und leiten es zumReaktionszentrum des Photosystems II. Dazu verwenden sieFarbstoffe, die den Gallenfarbstoffen ähneln:Phycocyanobilin und Phycoerythrobilin, die alsprosthetische Gruppe in Proteine (Phycocyanin,Allophycocyanin, Phycoerythrin) eingebaut sind. DieAuswahl der Antennenpigmente hängt von der Wellenlängedes Lichts ab (im Blaulicht Phycoerythrin, im RotlichtPhycocyanin).

Cyanobakterien

Cyanobakterien kommen als freischwimmende Einzeller, alsBeläge oder fädige Matten und in Symbiose vor (mit Pilzenals Flechten, Anabaena mit dem Wasserfarn Azolla wird aufReisfeldern zum Düngen eingesetzt, da die CyanobakterieStickstoff fixiert).Untergruppen:- unizellulär, binäre Zellteilung (Synechococcus,Gloeocapsa)- unizellulär, multiple Zellteilung (Pleurocapsa)- filamentös ohne Heterocysten (Oscillatoria)- filamentös mit Heterocysten (Anabaena, Nostoc)- verzweigte Filamente

Cyanobakterien -Stickstoff-Fixierung

Bei allen photosynthetischen Eubakterien (Purpurbakterien,grüne Bakterien, Cyanobakterien) ist die Fähigkeit häufig,Luftstickstoff (N2) in Ammoniak umzuwandeln (Stickstoff-Fixierung). Das Schüsselenzym Nitrogenase ist sehrsauerstoffempfindlich, die oxygenen Cyanobakterienmüssen also Sauerstoffproduktion und Stickstofffixierungtrennen (die übrigen Photosynthetiker sind anaerob).Viele bilden dazu spezielle Zellen mit dicker Wand, dieHeterocysten, in denen auch das (O2-produzierende)Photosystem II fehlt. Diese Zellen liefern Stickstoff, müssenaber von den Nachbarzellen mit Kohlenstoff-Verbindungenversorgt werden.

Cyanobakterien

Cyanobakterien bilden neben den Heterocysten oft auchandere spezielle Zelltypen, z.B. die Akineten, dieDauerformen zur Verbreitung sind.

Cyanobakterien

Anabaena mit Heterocysten(oben); Anabaena ohneHeterocysten (NO3-Medium)(darunter); Akineten(darunter), rechts alte Kulturnur aus Akineten bestehend);Auswachsen von Akineten(darunter)

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CyanobakterienThylacoidmembranen in Nostoc

CyanobakterienPhycobilisomen auf den Thylacoidmembranen

von Microcoleus vaginatus

Grüne BakterienNeben den Purpurbakterien und Cyanobakterien betreibenauch die „Grünen Bakterien“ Photosynthese. Tatsächlichsind das zwei evolutionär weit getrennte Gruppen. DieGrünen Schwefelbakterien (Stamm: Chlorobi) verwertenähnlich wie die Schwefelpurpurbakterien H2S, die GrünenNicht-Schwefel Bakterien (Klasse: Chloroflexi) leben inheißen Quellen, sie betreiben im Anaeroben Photosynthese, ander Luft gewinnen sie ihre Energie durch Atmung.Gemeinsam ist beiden Gruppen die anoxygene Photosyn-these mit Bakterienchlorophyll und nur einem Photosystem,der photosynthetische Apparat liegt in der Cytoplasmamem-bran, die - anders als bei den Purpurbakterien - nicht einge-faltet ist. Innen an der Membran liegen Antennenstrukturen,die Chlorosomen, die zahlreiche Bakterienchlorophyll-moleküle enthalten.

Grüne Bakterien

Pelodictyon, ein grünes Bakterium mit Chlorosomen

ChlamydiaeChlamydien (Stamm: Chlamydiae) sind intrazellulärwachsende Eubakterien mit stark reduziertem Stoffwechsel.Sie können selbst kein ATP produzieren(Energieparasiten) und haben keine Peptidoglycanschicht.Ihre Vermehrungsform sind die Retikularkörperchen inder Wirtszelle, ihre infektiöse Form sind dieElementarkörperchen. Nach einigen Teilungen wandelnsich Retikularkörperchen in Elementarkörperchen um,bringen die Wirtszelle zum Platzen und verbreiten sichweiter, u.a. durch die Luft.Chlamydia trachomatis: Trachom (Augenkrankheit), C.psittaci: Papageienkrankheit (Pneumonie, die von Vögelnauf den Menschen übertragen werden kann).

Lebenszyklus derChlamydien