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1 Systeme und Instrumente der Firmennachhaltigkeitsbewertung: Eine kritische Bestandsaufnahme mit Fokus auf KMU CCRS Working Paper Series Working Paper No. 01/2020 Dr. Isabelle Schluep Zürich, Mai 2020

Systeme und Instrumente der Firmennachhaltigkeitsbewertungc651f644-b40f-4184...KMU in der jeweiligen Branche zu messen, und zu vergleichen. Die nicht-finanziellen Bereiche Umwelt,

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    Systeme und Instrumente der

    Firmennachhaltigkeitsbewertung:

    Eine kritische Bestandsaufnahme mit Fokus auf KMU

    CCRS Working Paper Series

    Working Paper No. 01/2020

    Dr. Isabelle Schluep

    Zürich, Mai 2020

  • 2

    Abstract

    Das vorliegende Arbeitspapier umfasst eine kritische Auslegeordnung existierender

    Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente zur Erfassung und Bewertung der

    Bereiche Umwelt (Environment), Soziales (Social) sowie die Unternehmensführung

    (Governance) (sogenannte ESG-Kriterien) bei Firmen. Dabei soll insbesondere untersucht

    werden, inwieweit diese Instrumente eine Mess- und Vergleichbarkeit der

    Nachhaltigkeitsleistung innerhalb der jeweiligen Industrie ermöglichen, und ob sie auch für

    KMU geeignet sein könnten.

    Zu diesem Zweck wird ein Kriterienkatalog erstellt, der es erlaubt, diese Systeme aufgrund

    ihrer Praktikabilität wie auch ihrer Mess- und Vergleichbarkeit zu bewerten. Dabei fokussiert

    sich die kritische Bestandsaufnahme primär auf Nachhaltigkeitsbewertungssysteme in

    Deutschland, Österreich und in der Schweiz (DACH-Region). Bewertungssysteme ausserhalb

    der Fokusregion, die entweder international eine starke Verbreitung gefunden haben oder

    innovative neuere Ansätze repräsentieren, welche zu mehr Praktikabilität und Genauigkeit der

    ESG-Bewertung führen könnten, werden ebenfalls berücksichtigt.

    In der kritischen Bestandsaufnahme werden schrittweise diejenigen Bewertungsinstrumente

    identifiziert und genauer untersucht, welche auch auf KMU Bedürfnisse ausgerichtet sind und

    entsprechend genutzt werden. Diese werden dann anhand eines aus der Literatur abgeleiteten

    Kriterienkatalogs auf ihre Vor- und Nachteile geprüft.

    Weiter geht der Bericht auf Kreditratings ein und zeigt auf, inwiefern diese

    Nachhaltigkeitsaspekte einschliessen.

    Die Analyse zeigt, dass es zwar eine breite Palette von Instrumenten für KMU gibt, diese

    jedoch meistens proprietär sind und somit die Mess- und Vergleichbarkeit der

    Nachhaltigkeitsleistung erschweren. Der proprietäre Charakter begünstigt auch nicht

    unbedingt Kriterien wie Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Messbarkeit, Repräsentativität,

    Reliabilität, sowie Ausgewogenheit der Gewichtung der Bereiche Umwelt, Soziales und

    Unternehmensführung.

    Ausserdem vermindert der Zeit- und Kostenaufwand sowie die fehlende Mess- und

    Vergleichbarkeit den Anreiz für KMU, solche Bewertungssysteme zu nutzen.

    Die vorliegende Bestandsaufnahme kommt daher zur Erkenntnis, dass die Unübersichtlichkeit

    der mehrheitlich privat bereit gestellten Bewertungssysteme auf ein gewisses Marktversagen

    hindeutet. Dieses könnte behoben werden, indem eine praktikable, flexible, offen zugängliche

    und transparente Bewertungsplattform geschaffen würde. Diese würde ergänzend zu den

    bestehenden Instrumenten eine konkrete Mess- und Vergleichbarkeit innerhalb der jeweiligen

    Industrie und Region (unter Berücksichtigung der regionalen/nationalen Regulierung und Ziele

    im Bereich Nachhaltigkeit) ermöglichen. Diese sollte in Zusammenarbeit mit

    Forschungsinstituten, den bereits existierenden Anbietern von ESG-Bewertungen und dem

    öffentlichen Sektor erarbeitet werden und als eine Art externe Validierung von privaten und

    unternehmensinternen Bewertungsinstrumenten dienen.

    Keywords: KMU, ESG, Nachhaltigkeitsbewertung, Rating, Instrumente

  • 3

    ZUSAMMENFASSUNG

    Für die Umsetzung der internationalen Nachhaltigkeitsziele braucht es mehr Investitionen in

    nachhaltiges Wachstum. Während die EU auf neue gesetzliche Grundlagen setzt, um das

    Finanzsystem so umzugestalten, dass mehr private und öffentliche Mittel in nachhaltige

    Investitionen fliessen, setzt die Schweiz auf freiwillige Massnahmen. Dabei sollen nicht nur

    Grosskonzerne der Nachhaltigkeit vermehrt Rechnung tragen, sondern auch kleine und

    mittlere Unternehmen (KMU). Obwohl diese den grössten Bedarf an Unternehmenskrediten

    (80 Prozent) haben, spielen Nachhaltigkeitskriterien, also die nicht-finanzielle Leistung der

    KMU, beim Kreditvergabeprozess noch kaum eine Rolle. Mit ein Grund dafür könnte der

    Mangel an Nachhaltigkeitsbewertungsinstrumenten sein, die aussagekräftig, geeignet und

    praktikabel sind für KMU. Die Covid-19 Krise könnte der Forderung nach einer solchen

    Nachhaltigkeitsbewertung beim Kreditvergabeprozess Vorschub leisten, wobei die sozialen

    Indikatoren zusätzliches Gewicht erhalten könnten1.

    Das vorliegende Working Paper untersucht unter anderem, wie KMU in ihrem

    Nachhaltigkeitsmanagement, der Messung und dem Vergleich der Nachhaltigkeitsleistung mit

    bestehenden und künftigen Nachhaltigkeitsinstrumenten unterstützt werden können, damit sie

    auch in Zukunft finanziell erfolgreich bleiben/werden. Denn mittel- und langfristig ist es sinnvoll

    nicht nur finanzielle, sondern auch nicht-finanzielle Indikatoren im Umwelt-, Sozial- und

    Gouvernanzbereich (englisch: Environmental Social Governance, kurz ESG) in einer

    umfassenden Bewertung der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens mit zu berücksichtigen.

    Zudem wächst der Druck, nicht nur die Ressourceneffizienz eines KMU im Inland, sondern

    den gesamten Fussabdruck entlang der Wertschöpfungskette in Anlage- und Kreditentscheide

    wie auch beim öffentlichen Beschaffungswesen zu berücksichtigen. Ausserdem erwarten

    immer mehr wichtige KMU-Kunden sowie KMU-Mitarbeitende, dass ESG-Kriterien gemessen

    und bewertet werden.

    Allerdings haben KMU beschränkte zeitliche und finanzielle Ressourcen zur Verfügung. Mit

    anderen Worten, eine Nachhaltigkeitsbewertung muss für sie praktikabel und zugleich

    aussagekräftig sein, um unternehmensrelevant zu werden. Denn, wenn das genutzte

    Nachhaltigkeitsbewertungsinstrument nur beschränkt Anerkennung findet unter den für das

    KMU relevanten Anspruchsgruppen, dann lohnt sich der Aufwand kaum.

    1 In der Schweiz rechnet die Expertengruppe des Bundes damit, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz im Jahr 2020 um 6.7 Prozent zurückgehen wird. Das wäre der grösste Einbruch des BIP seit der Erdölkrise in den 1970er Jahren. Der Schweizer Gewerbeverein (Association suisse des arts et métiers) fordert deshalb weitere Unterstützung KMU. Unter anderem sollen Aufträge des Bundes, der Kantone und der Gemeinden bis und mit im Jahr 2022 nur an nachhaltig arbeitende Schweizer KMU vergeben werden. Dafür gibt es eine gesetzliche Basis. Das 2019 verabschiedete revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen orientiert sich nicht mehr nur an der Wirtschaftlichkeit, sondern neu an sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit. Allerdings gibt es keine Angaben dazu, wie Schweizer KMU im konkreten Fall des öffentlichen Beschaffungswesens Nachhaltigkeitsziele auf praktikable Weise in ihre Unternehmensentscheide einbauen können und die daraus entstehenden Nachhaltigkeitsleistungen anschliessend gegenüber Dritten (z.B. in öffentlichen Submissionsverfahren) ausweisen können. Eine Studie im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) und der Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB) zu Instrumenten für eine nachhaltige Beschaffung geht nicht auf die Bedürfnisse der KMU ein (BSD, 2018). Die Vergabe der Corona-Kredite durch Geschäftsbanken an KMU (mit Bürgschaft des Bundes für Kreditvolumen von weniger als CHF 500’000) wurden jedoch nicht an Konditionalitäten zur Nachhaltigkeit geknüpft. Dies kann damit zusammenhängen, dass es nach wie vor schwierig ist, die erbrachten Nachhaltigkeitsleistungen eines KMU in der jeweiligen Branche zu messen, und zu vergleichen. Die nicht-finanziellen Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung werden von vielen Schweizer Finanzinstitutionen bei KMU deshalb noch nicht systematisch beurteilt.

  • 4

    Deshalb stellt sich die Frage, welche Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente für

    KMU geeignet sind. Der Zweck des vorliegenden Working Papers ist es deshalb zu

    untersuchen, welche Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente im Allgemeinen

    bereits bestehen, und welche auch für KMU geeignet sein könnten, um deren

    Nachhaltigkeitsleistung nicht nur zu messen, sondern vergleichbar zu machen. Dabei soll die

    Nachhaltigkeit möglichst umfassend in den Dimensionen Umwelt, Ökonomie/Finanzielles,

    Soziales/Gesellschaft und Unternehmensführung erfasst werden. Es wird keine strenge

    Trennung zwischen Nachhaltigkeitsbewertungssystemen, die eine Gruppe von

    Nachhaltigkeitsbewertungsinstrumente umfasst, und einzelnen Instrumenten gemacht. Es

    geht darum zu eruieren, welche Nachhaltigkeitssysteme und Instrumente auch für KMU

    geeignet wären, und die sich auszeichnen durch Eigenschaften wie gute Aussagekraft,

    Unternehmensrelevanz Praktikabilität, Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Vergleichbarkeit,

    Messbarkeit, Qualität, Glaubwürdigkeit und Standardisierung.

    Wir werden sehen, dass es eine Fülle verschiedener Bewertungssysteme und Instrumente

    gibt. Dies hängt auch damit zusammen, dass der Begriff der Nachhaltigkeit, der mit der

    Veröffentlichung des Brundtland-Berichts2 1987 (WCED, 1987) weltweite Verbreitung

    erlangte, einen geringen Konkretisierungsgrad aufweist und so viel Spielraum lässt für

    Interpretationen (Grunwald und Kopfmüller, 2012: 24). Deshalb wundert es nicht, dass viele

    verschiedene Definitionen zum Konzept der Nachhaltigkeit formuliert wurden. Dieser

    inflationäre Gebrauch des Begriffs der Nachhaltigkeit führt zu Misstrauen und wird assoziiert

    mit einer Hülle ohne Inhalt (Grunwald, 2004: 327). Trotz seiner überdehnten Verwendung hat

    die Nachhaltigkeit eine wichtige Botschaft: «Der Begriff ist heute unbedingt notwendig. Er ist

    sogar unentbehrlich, weil er Brücken baut zwischen wirtschaftlichem Handeln und ethischer

    Verantwortung, zwischen Gegenwart und Zukunft, zwischen Ursache und Wirkung»

    (Hamberger 2010: 32).

    Für die Analyse der Zweckmässigkeit von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und

    Instrumenten wird ein Kriterienkatalog erstellt, der es erlaubt, die ausgewählten Instrumente

    zu vergleichen. Kriterien werden für einen fachlichen Teil, für die Datenaufbereitung und die

    Anwendung des Instruments (Tools) formuliert. Im fachlichen Teil wir die Transparenz unter

    die Lupe genommen (z.B. ob die Methode publiziert wurde), inwieweit der

    Lebenszyklusgedanke auch in die Lieferketten einfliesst oder wie das Rating erfolgt (z.B. in

    jedem Bereich von ESG, für die Nachhaltigkeit insgesamt). Bei der Datenaufbereitung wird

    gefragt nach dem Zeitbedarf der KMU für Arbeiten im Zusammenhang mit der

    Nachhaltigkeitsbewertung, wie die Dateneingabe erfolgt (z.B in Excel, online), wie die

    thematische Abdeckung des Tools ist (ESG-Bereiche), und wie es um die Datentiefe (z.B.

    Datenumfang) steht. Näher untersucht wird ein Instrument aus der Landwirtschaft (SMART

    Sustainability Monitoring and Assessment RouTine)3, eines, das insbesondere auch auf

    2 Die World Commission on Environment and Development (WCED), die nach ihrer Vorsitzenden Gro Harlem Brundtland auch als Brundtland-Kommission bezeichnet wird, wurde im Jahr 1984 einberufen und veröffentlichte im Jahr 1987 ihren Abschlussbericht «Our Common Future». Dieser enthält Verhaltensempfehlungen für das Zusammenwirken von wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz. Nachhaltige Entwicklung wurde definiert als: «Sustainable development is development that meets the needs oft he present without compromising the ability of future generations to meet their own needs» (WCED 1987: 43). 3 SMART: https://www.fibl.org/de/projektdatenbank/projektitem/project/738.html; https://www.fibl.org/fileadmin/documents/de/themen/nachhaltigkeitsanalyse/smart/20170819_SMART-Infobroschuere_DE_MedQuality.pdf (abgerufen am 5. Mai 2020).

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    Lieferketten angewendet wird (EcoVadis)4, und eines, das die Wirkung der Unternehmen ins

    Zentrum rückt (B Impact Assessment)5. Die ausgewählten Instrumente sind relevant, weil sie

    in den ausgewählten Bereichen eine grosse Verbreitung erlangt haben, und weil sich in der

    gewählten Methodik deutlich unterscheiden.

    Der Vergleich der ausgewählten Bewertungsinstrumente, die für KMU geeignet scheinen,

    zeigt, dass sich die drei Methoden (B Impact Assessment, EcoVadis, SMART) in ihrer

    Ausrichtung teilweise deutlich unterscheiden. SMART, ein

    Nachhaltigkeitsbewertungsinstrument, das primär von Landwirtschaftsbetrieben genutzt wird,

    setzt den Schwerpunkt auf den Vergleich zwischen Betrieben oder Produktionssystemen. B

    Impact Assessment, das sich auf den Beitrag von Unternehmen auf die UNO

    Nachhaltigkeitsziele konzentriert, misst die Wirkung von Nachhaltigkeitsmassnahmen eines

    Unternehmens auf seine relevanten Anspruchsgruppen (Stakeholders). Dabei wird die

    Nachhaltigkeitsperformance entsprechend dem Sektor oder der Grösse des Unternehmens

    kontextualisiert. EcoVadis ist eine Nachhaltigkeits-Bewertungsplattform für globale

    Beschaffungsketten. Anhand von EcoVadis Scorecards können Unternehmen die weltweite

    Leistung in Sachen Umwelt, Soziales und Ethik verstehen, verfolgen und verbessern.

    EcoVadis hat allerdings einen klaren Risikofokus und sagt wenig aus über die effektive

    Nachhaltigkeitswirkung des Kerngeschäfts des Unternehmens.

    Nachhaltigkeitsbewertungstools im deutschsprachigen Raum, die von KMU genutzt werden

    können, decken in der Mehrheit der Fälle nur Teilbereiche ab wie Umwelt, Klima, CSR

    (Corporate Social Responsibiliby), Energie, Gebäude, Beschaffung, Finanzen oder

    Ressourceneffizienz. Die Gemeinwohlbilanz6 und der ZNU-Standard Nachhaltiger

    Wirtschaften7 ermöglichen KMU eine umfassende Nachhaltigkeitsanalyse, die über ein reines

    Reporting hinausgeht. Allerdings lassen sich die Resultate unter den Firmen nicht vergleichen.

    Das Projekt «Mittelstand Ressource - Nachhaltigkeitsbenchmarking für mittelständische

    Unternehmen» des Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW)8 ist daran, eine

    Kennzahlenbasis (Benchmarking) für KMU aufzubauen. Dieses Vorhaben geht in die Richtung

    eines KMU-Nachhaltigkeitsratings. Allerdings sind dazu keine näheren Details bekannt.

    Die kritische Bestandsaufnahme fokussiert primär auf bestehende

    Nachhaltigkeitsbewertungssysteme in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH-

    Region). Der Kriterienkatalog wird ausserdem auch angewendet auf Bewertungssysteme, die

    international eine starke Verbreitung gefunden haben, sowie solche, die gegenwärtig in

    Erarbeitung sind. Für grosse, insbesondere börsenkotierte Firmen, wurden schon vor

    4 EcoVadis: https://theme.zdassets.com/theme_assets/143203/d135d5e09447424a01d01f8c84411972f146dc1d.pdf (abgerufen am 13. April 2020). 5 B Impact Assessment: https://bimpactassessment.net/how-it-works/frequently-asked-questions/the-bimpact-; https://bcorporation.eu/about-b-lab/country-partner/germany (abgerufen am 5. Mai 2020). 6 Die Gemeinwohl-Bilanz ist ein Bewertungsverfahren für Privatpersonen, Gemeinden, Firmen und Institutionen, mit dem geprüft wird, inwieweit sie dem Gemeinwohl dienen. https://www.ecogood.org/de/unsere-arbeit/gemeinwohl-bilanz/unternehmen/ (abgerufen am 5. Mai 2020). 7 Das Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) an der Privaten Universität Witten/Herdecke entwickelte den ZNU-Standard Nachhaltiger Wirtschaften. Es handelt sich um einen zertifizierbaren Managementstandard (2020: 58 zertifizierte Unternehmen). https://www.znu-standard.com/ (eingesehen am 5. Mai 2020). 8 BVMW: https://www.bvmw.de/mittelstandressource/ (abgerufen am 13. April 2020).

    https://bcorporation.eu/about-b-lab/country-partner/germanyhttps://www.znu-standard.com/

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    Jahrzehnten ESG-Bewertungskriterien und Ratings9 (z.B. Dow Jones Nachhaltigkeitsindices,

    Sustainalytics) entwickelt. Rund um grosse Firmen hat sich ein ganzes ESG-Ökosystem10

    entwickelt. Damit gemeint sind die Hauptakteure, die sich rund um Firmen mit ESG befassen.

    In dem sich rasch verändernden ESG-Ökosystem kann eine solche Auslegeordnung Klarheit

    und eine gemeinsame Diskussionsgrundlage für Investoren, Unternehmen und andere

    Akteure schaffen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Das ESG-Ökosystem setzt sich wie folgt

    zusammensetzt: aus (spezialisierten) (ESG)-Datenlieferanten (z.B. CDP, ISS-oekom,

    RobecoSAM, MSCI, Refinitiv, Bloomberg), Normen setzenden Organisationen (z.B. GRI,

    SASB, ISO), Rahmen setzenden Gremien (z.B. UN Global Compact), Investoren-Koalitionen

    und Initiativen (z.B UN Principles for Responsible Investment), breiteren Koalitionen und

    Initiativen (z.B. B Lab, WBCSD), Wirtschaftsprüfern (z.B. PwC, EY, KPMG) und Stimmrechts-

    und Dienstleistungsverpflichtungen (z.B. ISS).

    ESG-Ratingagenturen haben über die letzten 20 Jahre eine grosse Entwicklung

    durchgemacht. Nach der Expansion in den 2000er Jahren, ist es in den letzten zehn Jahren

    zu einer Marktkonsolidierung11 gekommen. Die ESG-Industrie ist grösser und professioneller

    geworden und ist mit Unternehmen der Finanzindustrie verbunden. Obwohl ESG-Kriterien

    systematisch in die Nachhaltigkeitsanalyse von Unternehmen eingebaut werden, bleibt die

    Wirkungsweise unklar. Zu unterschiedlich und zu intransparent (meist proprietäre Instrumente)

    sind die angewendeten Methoden. ESG-Ratingagenturen legen den Fokus auf Umwelt,

    Soziales und Unternehmensführung und überlassen dabei die Bewertung der finanziellen

    Nachhaltigkeit den Finanzinstitutionen. Öffentlich zugängliche Informationen zu den ESG-

    Ratings sind kaum vorhanden und erscheinen auch nicht in einer Statistik (Escrig-Olmedo,

    2019). Das verhindert zum einen eine unabhängige wissenschaftliche Validierung der Ratings.

    Zum anderen können die Daten nicht mit der Forschung geteilt werden, um die

    Weiterentwicklung und Verbesserung der jeweiligen Ratings zu ermöglichen. Serafeim et al.

    (2020) hat einen ersten Ansatz zur Ableitung monetarisierter Schätzungen der

    Umweltauswirkungen von Unternehmen entwickelt, die sich miteinander vergleichen lassen.

    Boiral et al. (2020) analysieren die Impressionsmanagement-Strategien, mit denen Praktiker

    in der Nachhaltigkeitsrating-Branche Vertrauen in die Verlässlichkeit von Ratings aufbauen

    und die mangelnde Konvergenz dieser Ratings erklären.

    Wegen der fehlenden Standardisierung bleibt auch die Aussagekraft der einzelnen

    Instrumente beschränkt. Die Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien in die Bewertung der

    Unternehmensperformance entlang der Lieferkette (z.B. EcoVadis) sowie das

    Lebenszyklusdenken (LCA) ist bei vielen Rating-Agenturen meist nicht vorhanden (Escrig-

    Olmedo, 2019) was auf eine zunehmende Kluft zwischen Real- und Finanzwirtschaft in der

    Nachhaltigkeitsbewertung hindeutet.

    9 Bei einem Rating geht es um die bonitätsmässige Einstufung von Firmen, Ländern, Banken oder Ähnlichem anhand eines Klassifikationssystems. Bei der Nachhaltigkeitsbewertung sollte im Endeffekt auch eine bonitätsmässige Einstufung der Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung erreicht werden.

    10 Siehe ESG Ecosystem Map. https://widgets.weforum.org/esgecosystemmap/#/ (abgerufen am 15. April 2020).

    11 Bei den globalen Anbietern von finanziellen und nicht-finanziellen Informationen ist vieles in Bewegung geraten. Thomson Reuters verkaufte 2018 eine Mehrheitsbeteiligung an seiner Financial & Risk (F&R)-Einheit an die Private-Equity-Firma Blackstone Group LP. Diese Geschäftseinheit heisst jetzt Refinitiv. Vigeo EIRIS, ein Anbieter nicht-finanzieller Nachhaltigkeitsratings und –Dienstleistungen im Bereich Umwelt und Soziales formierte sich 2015 aus der französischen Vigeo und der britischen EIRIS. Seit 2019 ist Moodys Hauptaktionärin von Vigeo EIRIS.

    https://widgets.weforum.org/esgecosystemmap/#/

  • 7

    Im Allgemeinen gibt es keine öffentlich zugänglichen Daten/Informationen, die über die

    Wirkung einzelner KMU auf Umwelt, Soziales, Ökonomie und Unternehmensführung (ausser

    auf Sektorebene) Aussagen erlauben. Es gibt auch keine Angaben darüber, ob und wie

    Schweizer KMU die Ziele des Pariser Übereinkommens zum Klimaschutz,

    Nachhaltigkeitskriterien im öffentlichen Beschaffungswesen oder die UN-Agenda 2030 zur

    Implementierung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen auf praktikable Weise in ihre

    Unternehmensentscheide einbauen könnten.

    Existierende Bewertungsinstrumente für KMU decken oftmals nur einzelne Bereiche ab, und

    deren Ergebnisse lassen sich nicht vergleichen, da sie oft nicht auf Grund messbarer Kriterien

    erhoben werden. Grössere Organisationen und Firmen haben eigene Lösungsansätze

    entworfen, um die Nachhaltigkeitsleistung auf ihre Weise zu messen. Die Value Balancing

    Alliance12 beispielsweise ist eine Allianz, die 2019 von international tätigen Unternehmen

    gegründet wurde. Sie wird unterstützt durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die OECD,

    Universitäten (z.B. Harvard Business School) sowie durch Vertreter aus Regierung,

    Zivilgesellschaft und normsetzenden Organisationen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, einen

    globalen Standard zu schaffen für die Messung und die Offenlegung von positiven und

    negativen Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten, und eine Anleitung zu geben, wie

    diese Auswirkungen in die Unternehmenssteuerung integriert werden können

    Dadurch gibt es zwar eine Fülle an verfügbaren Instrumenten, aber auch eine klare Lücke,

    nämlich ein Nachhaltigkeitsbewertungsinstrument, das auf mess- und vergleichbaren Kriterien

    aufbaut und alle Nachhaltigkeitsdimensionen integriert, die Aussagen über die Nachhaltigkeit

    eines Unternehmens und dessen langfristige Überlebenswahrscheinlichkeit zulässt. Dazu

    kommt, dass die Methodik der Instrumente, insbesondere bei Ratings, nicht oder nur

    bruchstückhaft publiziert ist. In diesem Sinn gibt es ein Marktversagen, da die Entwicklung

    solcher Tools unkoordiniert abläuft, jeder etwas macht, und am Schluss trotzdem keine Lösung

    vorhanden ist, die in integraler Weise für alle Schweizer KMU verwendet werden könnte. Das

    hat auch damit zu tun, dass die Finanzwirtschaft - bis auf wenige Ausnahmen - die KMU noch

    nicht in ihre nachhaltigen Finanzangebote/-strategien einbezogen hat, obwohl beispielsweise

    in der Schweiz der KMU Sektor den grössten Bedarf an Unternehmenskrediten hat.

    Die Schweiz verfolgt bis jetzt den Ansatz, dass die Marktakteure selbst einen Modus finden

    sollten, um dieses Problem zu lösen. Der Bundesrat wird im 2020 in einem Bericht darlegen,

    wie es in Sachen Sustainable Finance weitergehen soll.13 In Deutschland wird der

    Bundesregierung und dem Staat dagegen eine treibende Rolle zuerkannt. Der Sustainable

    Finance-Beirat (2020) der deutschen Bundesregierung empfiehlt, auch die KMU, die

    wesentliche Akteure des Wirtschaftsstandorts sind, in die Pflicht zu nehmen, wenn es darum

    geht, die Klima- und Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Eine

    Empfehlung ist deshalb, die integrierte Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung

    schrittweise auch auf KMU auszuweiten. Finanzmarktakteure sollen zudem Unternehmen

    Finanzierungen anbieten, die einen messbaren Beitrag zur nachhaltigen Transformation

    leisten. Dazu benötigt werden mess- und vergleichbare

    Nachhaltigkeitsbewertungsinstrumente.

    12 Value Balancing Alliance: https://www.value-balancing.com/about-us/ (abgerufen am 5. Mai 2020).

    13 Bundesrat bekräftigt die Chancen eines nachhaltigen Finanzsektors für die Schweiz. https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/nsb-news_list.msg-id-77424.html; Nachhaltigkeit im Finanzsektor. https://www.sif.admin.ch/sif/de/home/finanzmarktpolitik/nachhalt_finanzsektor.html (abgerufen am 15. April 2020). (abgerufen am 10. Mai 2020).

    https://www.value-balancing.com/about-us/

  • 8

    Im Kontext der Schweiz und der KMU-Landschaft gilt es zu überlegen, wie die Bedürfnisse der

    Finanz- und der Realwirtschaft in geeigneter Weise miteinander in Einklang gebracht werden

    können, um die Klima- und Nachhaltigkeitsziele gemeinsam zu erreichen, und zwar in einer

    Art und Weise, die beiden Seiten Vorteile bringt (win-win) und nicht zusätzliche Bürokratie.

    Im internationalen Kontext sind bei ESG-Ratings/Kriterien verschiedene

    Standardisierungsbemühungen unterwegs, sei es bei ISO, beim WEF, bei der Value Balancing

    Alliance, in Deutschland, in der EU oder in den USA. Konkrete Resultate für standardisierte

    ESG-Faktoren (ausser im Umweltbereich, siehe Serapheim et al. 2020) oder standardisierte

    ESG-Ratings bei KMU lassen sich noch nicht erkennen. Die Akteure in der Schweizer Real-

    und Finanzwirtschaft haben es in der Hand, einen eigenen Standard für KMU zu setzen, der

    als Modell für KMU im Ausland gelten könnte.

    Die Autorin dankt Philipp Aerni, Thomas Scheiwiller, Sibyl Anwander, Thomas Streiff, Claus

    Daub und Isa Cakir für Kommentare, Anregungen und Inputs zu diesem Working Paper.

  • 9

    Inhaltsverzeichnis ABSTRACT ..........................................................................................................................................2

    ZUSAMMENFASSUNG .......................................................................................................................3

    1. Hintergrund .............................................................................................................................. 12

    2. Ziel der Bestandsaufnahme ................................................................................................... 13

    3. Vorgehen und Methoden ........................................................................................................ 14

    3.1 Anforderungen an Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente ............................. 14

    3.2 Typisierung von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und Instrumenten ............................. 19

    3.3 Auswahlkriterien für die Detailanalyse von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und

    Instrumenten ........................................................................................................................... 22

    3.4 Kriterienkatalog für die Detailanalyse der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und

    Instrumente für KMU ............................................................................................................... 23

    4. Resultate .................................................................................................................................. 27

    4.1 Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente im Überblick ...................................... 27

    4.2 Nachhaltigkeitsbewertungssysteme grosser Anbieter ............................................................ 36

    4.3 Tools im deutschsprachigen Raum und aus weiteren europäischen Ländern ........................ 43

    4.3.1 Schweizer Tools ....................................................................................................................... 43

    4.3.2 Tools aus Deutschland ............................................................................................................. 45

    4.3.3 Europäische und weitere Tools ............................................................................................... 46

    4.4 Analyse der ausgewählten Nachhaltigkeitsbewertungssysteme für KMU ............................... 47

    5. Finanzierungsmodelle für Ratings .......................................................................................... 53

    6. Kreditratings und Nachhaltigkeitsaspekte ............................................................................. 55

    6.1 Kreditratings von Schweizer Banken und Nachhaltigkeit ........................................................ 55

    6.2 Deutsche Bankenratings und Nachhaltigkeitsaspekte ............................................................ 56

    7. Standardisierungsbemühungen und Aktionspläne ................................................................ 60

    7.1 ISO/TC 322 ............................................................................................................................... 60

    7.2 Weltwirtschaftsforum WEF ..................................................................................................... 60

    7.3 Zwischenbericht des Sustainable Finance Beirat der deutschen Bundesregierung ................ 61

    7.4 EU Aktionsplan zu Sustainable Finance und Akteure in der Schweiz ...................................... 63

    8. Diskussion………………………………………………………………………………………………………………………..64

    8.1 Nachhaltigkeitsbewertungstools für grosse Unternehmen .................................................... 64

    8.2 Nachhaltigkeitsbewertungstools für KMU ............................................................................... 65

    8.3 Kreditratings für KMU .............................................................................................................. 66

    9. Fazit und Empfehlungen .......................................................................................................... 66

    LITERATUR ...................................................................................................................................... 68

    APPENDIX 1A – 1D ......................................................................................................................... 74

  • 10

    Tabellenverzeichnis

    Tabelle 1: Übersicht der Kriterien zur Typisierung von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen

    und Instrumenten……………………………………………………………………………………………………..

    22

    Tabelle 2: Übersicht über Kriterien für den vertieften Vergleich von

    Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und Instrumenten für KMU…………………………….

    26

    Tabelle 3: Charakterisierung der Nachhaltigkeitsbewertungstools gemäss ihrem Zweck

    (Auswahl)………………………………………………………………………………………………………………….

    28

    Tabelle 4: Nachhaltigkeitsbewertungsanbieter: Verschiedene Herangehensweisen

    (Auswahl)………………………………………………………………………………………………………………….

    39

    Tabelle 5: Schweizer Nachhaltigkeitsbewertungsanbieter (Auswahl)………………………………………… 44

    Tabelle 6: Vergleich ausgewählter Nachhaltigkeitsbewertungstools für KMU…………………………… 49

    Tabelle 7: Kreditratings von Banken und anderen Instituten (Auswahl)…………………………………….. 55

    Verzeichnis der Grafiken

    Grafik 1: 2018: Verwendung von ESG-Ratings zur Unterstützung der Entscheidungsfindung,

    Prozent (%) der Antwortenden je Organisation……………………………………………………………

    42

    Grafik 2: Ratings: Bevorzugte Änderungen und Lösungen in den nächsten fünf Jahren, Prozent

    (%) der Befragten, die die Änderung/Lösung gewählt haben, 2018……………………………..

    43

  • 11

    Abkürzungsverzeichnis

    BAFU Bundesamt für Umwelt

    BöB Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen

    BVMW Bundesverband Mittelständische Wirtschaft

    CDP Carbon Disclosure Project

    CSR Corporate Social Responsibility

    DACH Deutschland, Österreich, Schweiz

    DJSI Dow Jones Sustainaility Index

    EbAV Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung

    EDA Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

    EFD Eidgenössisches Finanzdepartment

    ESG Environmental, Social, Governance

    GRI Global Reporting Initiative

    ISO Internationale Organisation für Normung

    KMU Kleine und mittleren Unternehmen

    LCA Life Cycle Analysis

    MSCI Morgan Stanley Capital International

    NGO Non-Governmental Organization

    OECD Organisation for Economic Co-operation and Development

    SAFA Suststainability Assessment in Food and Agriculture Systems

    SASB Sustainability Accounting Standards Board

    SECO Staatssekretariat für Wirtschaft

    SIF Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen

    SMART Sustainability Monitoring and Assessment RouTine

    UN SDGs United Nations Sustainable Development Goals

    UVEK Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

    WBCSD World Business Council for Sustainable Development

    WEF World Economic Forum

  • 12

    1. Hintergrund

    Mit der Unterzeichnung des Pariser Übereinkommens zum Klimaschutz und der UN-Agenda

    2030 zu Implementierung der UNO Nachhaltigkeitsziele haben sich im Jahr 2016 Regierungen

    weltweit zur Förderung einer nachhaltigeren Wirtschaft verpflichtet. Die EU Kommission hat

    diesbezüglich 2018 einen Aktionsplan zur Finanzierung des nachhaltigen Wachstums

    verabschiedet. Dieser soll mithelfen, das Finanzsystem in Europa so umzugestalten, dass

    private wie auch öffentliche Mittel vermehrt in nachhaltige Investitionen fliessen. Die

    vorgeschlagenen Massnahmen zielen darauf ab, die Mess- und Vergleichbarkeit der

    Nachhaltigkeitsbewertung von Unternehmen zu verbessern. Zugleich soll der Druck auf die

    Hauptakteure im Finanzsektor erhöht werden, damit diese die «nicht-finanziellen» Kriterien in

    Anlageentscheidungen vermehrt berücksichtigen. Bei börsenkotierten Grossfirmen wird eine

    Nachhaltigkeitsberichterstattung, die auf mess- und vergleichbaren Kennzahlen basiert,

    bereits zunehmend von Investoren und anderen Interessenvertretern, die sich für die

    Nachhaltigkeit der Unternehmen interessieren, erwartet.

    Die Schweiz setzt bei der Umsetzung der internationalen Nachhaltigkeitsziele primär auf

    freiwillige Massnahmen; wobei Schweizer Unternehmen in ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen

    durch zahlreiche öffentliche und private Initiativen unterstützt werden. Dabei sind es nicht nur

    die grossen Schweizer Konzerne, die der Nachhaltigkeit vermehrt Rechnung tragen, sondern

    auch die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Letztere haben viele kleine und innovative

    Schritte unternommen, um im Produktdesign, bei den Energiequellen, bei den

    Beschaffungskriterien oder bei der Ressourceneffizienz nachhaltiger zu werden. Es ist jedoch

    nach wie vor schwierig, die erbrachten Nachhaltigkeitsleistungen eines KMU in der jeweiligen

    Branche zu messen, und zu vergleichen. Dies erklärt wohl auch, dass viele Schweizer

    Finanzinstitutionen, die nicht-finanziellen Bereiche Umwelt, Soziales und

    Unternehmensführung – sogenannte ESG-Kriterien (ESG ist die englische Abkürzung für

    Environment, Social, Governance) - bei KMU noch nicht systematisch beurteilen. Dennoch

    wächst der Druck, nicht nur die Ressourceneffizienz eines KMU im Inland, sondern den

    gesamten Fussabdruck entlang der Wertschöpfungskette in Anlage- und Kreditentscheide wie

    auch beim öffentlichen Beschaffungswesen zu berücksichtigen. Zugleich sollte auch vermehrt

    berücksichtigt werden, welchen Beitrag das jeweilige Kerngeschäft des Unternehmens zur

    Nachhaltigkeit leistet, denn ein Unternehmensaktivitäten generieren nicht bloss negative,

    Externalitäten für Umwelt und Gesellschaft, sondern können mit ihren Innovationen und

    Problemlösungsansätzen auch positive Externalitäten erzeugen (Schluep, 2019).

    Auch in der Schweizer Politik hat sich einiges getan. Beispielsweise wurde das neue

    Energiegesetz, zusammen mit den entsprechenden Verordnungen auf Anfang 2018 in Kraft

    gesetzt. Dieses hat zum Zweck den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu

    erhöhen und die erneuerbaren Energien zu fördern,

    Im Februar 2018 wurde unter der Federführung des Bundesamts für Umwelt die «Go for

    Impact» Initiative lanciert. Dabei handelt es sich um eine Kooperation von Wirtschaft,

    Wissenschaft, Gesellschaft und der öffentlichen Hand für eine nachhaltige Schweizer

    Wirtschaft. Die neue Initiative will die Schweizer Wirtschaft bei der Reduktion ihres negativen

    und der Steigerung ihrer positiven Umweltwirkung im In- und Ausland unterstützen.

    Am 21. Juni 2019 verabschiedete das Parlament das revidierte Bundesgesetz über das

    öffentliche Beschaffungswesen (BöB), das sich nicht mehr nur an der Wirtschaftlichkeit,

    sondern neu an sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit orientiert. Ende

    August 2019 entschied der Bundesrat zudem, das Ziel für die Reduktion der

    Treibhausgasemissionen zu verschärfen, und zwar auf null bis ins Jahr 2050. 2012 führte die

    Schweiz CO2-Emissionsvorschriften für erstmals in der Schweiz zugelassene Personenwagen

  • 13

    ein. Der seither für Personenwagen geltende Grenzwert von 130 g CO2/km wird ab dem Jahr

    2020 auf 95 Gramm pro Kilometer reduziert.

    In den vergangenen Jahren hat sich auch im Schweizer Finanzanlagemarkt einiges bewegt.

    Vor allem die Pariser Klimaziele haben dazu geführt, dass Klimaverträglichkeit für

    Vermögensinhaber (sogenannte Asset Owner) stark an Bedeutung gewonnen hat. Die

    Integration von ESG-Kriterien gehört inzwischen zu den treuhänderischen Sorgfaltspflichten.14

    Nachhaltigkeit wird auch bei Pensionskassen immer stärker zu einem entscheidenden Faktor.

    Im Gegensatz zur EU, wo immer neue Regeln und Pflichten zur Integration von ESG-Kriterien

    entstehen (z.B. EBAV II15 , EU Taxonomy for Sustainable Activities16), setzt die Schweiz auf

    freiwillige Massnahmen zur Umsetzung des 2 Grad Zieles von Paris.

    Um die Klimaschutz- und UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, wurden in der Real- und in der

    Finanzwirtschaft bereits zahlreiche private und öffentliche Initiativen lanciert, um speziell

    Schweizer KMU zu unterstützen, da diese über weniger Ressourcen verfügen als grosse

    Unternehmen, um entsprechende Massnahmen einzuleiten. Der Technologiefonds17 ist

    beispielsweise ein klimapolitisches Instrument der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

    welches Darlehensbürgschaften an Schweizer KMU gewährt, welche innovative Technologien

    zur Reduktion von Treibhausgasemissionen, zur effizienteren Nutzung von elektrischer

    Energie, zur Förderung erneuerbarer Energien oder zur Schonung natürlicher Ressourcen

    entwickeln und vermarkten. Am 15. Oktober 2019 unterzeichnete öbu18, die «Lisbon

    Declaration» des Weltwirtschaftsrates für nachhaltige Entwicklung (WBCSD). Alle

    unterzeichnenden Organisationen verpflichten sich, ihre Mitgliedsunternehmen dabei zu

    unterstützen, Massnahmen gegen den Verlust der Biodiversität und die damit einhergehenden

    Herausforderungen zu ergreifen.

    Viele Initiativen/Instrumente finden sich auch im Bausektor, der rund 50 Prozent des gesamten

    Materialaufwandes und fast ebenso viele CO2-Emissionen generiert sowie 65 Prozent der

    Abfallmenge verursacht. Mit einer optimierten Kreislaufwirtschaft bei der Umsetzung der

    Nachhaltigkeitsziele kann der Sektor einen relevanten Beitrag leisten. Diese kann

    beispielsweise durch Bildungsmassnahmen gefördert werden. So können sich ab Januar 2020

    Mitarbeitende von Planungs- und Handwerksbetrieben mit einem neuen Diplomlehrgang

    interdisziplinäre Fachkompetenzen aneignen und so die Glaubwürdigkeit eines

    Bauunternehmens als Anbieter von nachhaltigen Lösungen steigern.

    2. Ziel der Bestandsaufnahme

    Der Fokus in diesem Bericht liegt auf der Bewertung der Nachhaltigkeit von Unternehmen, und

    insbesondere von Schweizer KMU. Dabei soll die Nachhaltigkeit möglichst umfassend in den

    14 Rechtsgutachten Klimarisiken in der Vermögensverwaltung bei Pensionskassen, von PD Dr. S. Abegglen. https://uploads.strikinglycdn.com/files/34f940b0-96c0-4f50-829b-c453ea27ade2/181012%20Rechtsgutachten%20an%20Klima-Allianz%20Schweiz%20betr.%20Klimarisiken%20in%20de....pdf (abgerufen am 4. Mai 2020). 15 Es handelt sich um die Richtlinie 2016/2341 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (sog. EbAV-II-RL) vom 23. Dezember 2016. 16 EU taxonomy for sustainable activities. https://ec.europa.eu/info/publications/sustainable-finance-teg-taxonomy_en (abgerufen am 4. Mai 2020). 17 Technologiefonds: https://www.technologiefonds.ch/ (abgerufen am 4. Mai 2020). 18 Der Verband für nachhaltiges Wirtschaften - öbu - setzt sich zusammen mit seinen Mitgliedsunternehmen für eine prosperierende Wirtschaft unter Einhaltung ökologischer und sozialer Grundsätze ein.

    https://uploads.strikinglycdn.com/files/34f940b0-96c0-4f50-829b-c453ea27ade2/181012%20Rechtsgutachten%20an%20Klima-Allianz%20Schweiz%20betr.%20Klimarisiken%20in%20de....pdfhttps://uploads.strikinglycdn.com/files/34f940b0-96c0-4f50-829b-c453ea27ade2/181012%20Rechtsgutachten%20an%20Klima-Allianz%20Schweiz%20betr.%20Klimarisiken%20in%20de....pdfhttps://uploads.strikinglycdn.com/files/34f940b0-96c0-4f50-829b-c453ea27ade2/181012%20Rechtsgutachten%20an%20Klima-Allianz%20Schweiz%20betr.%20Klimarisiken%20in%20de....pdfhttps://ec.europa.eu/info/publications/sustainable-finance-teg-taxonomy_enhttps://ec.europa.eu/info/publications/sustainable-finance-teg-taxonomy_enhttps://www.technologiefonds.ch/

  • 14

    Dimensionen Umwelt, Ökonomie/Finanzielles, Soziales/Gesellschaft und

    Unternehmensführung erfasst werden.

    Der vorliegende Bericht bietet einen Überblick über bestehende Nachhaltigkeitsbewertungs-

    systeme und Instrumente im Allgemeinen und insbesondere für Schweizer KMU. Die

    Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente aus der Real- wie aus der

    Finanzwirtschaft werden nach verschiedenen Kriterien beurteilt und kategorisiert.19

    Der Bericht liefert Antworten darauf, inwieweit bereits für KMU geeignete

    Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente auf dem Markt sind, die mess- und

    vergleichbare Daten liefern und die verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit gut

    abdecken, und welches ihre Vor- und Nachteile für potenzielle Nutzer sind.

    3. Vorgehen und Methoden

    Zuerst werden anhand einer Literatur-Recherche allgemeine Anforderungen an

    Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente diskutiert, die als Richtschnur

    herangezogen werden können. Diese sogenannten normativen Kriterien fliessen

    anschliessend in die Typisierung und die Analyse bestehender

    Nachhaltigkeitsbewertungssysteme aus der Real- und der Finanzwirtschaft ein. Um das

    erwähnte Ziel, nämlich die Charakterisierung von für KMU allenfalls geeigneten Rating-Tools

    zu erreichen, wenden wir ein mehrstufiges Verfahren an.

    In einem ersten Schritt wird ein Raster mit zweckorientierten Kriterien aufgestellt, das dabei

    hilft, die Fülle bestehender Rating-Tools einzuordnen. Die Kriterien betreffen insbesondere

    den Zweck des jeweiligen Tools, die Adressaten, die Unternehmensgrösse, den thematischen

    Fokus und/oder die Ambition, die ein Tool verfolgt.

    Im zweiten Schritt werden Selektionskriterien definiert, um zu identifizieren, welche

    Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente aus den unterschiedlichsten Bereichen

    für KMU geeignet sein könnten.

    Im dritten Schritt wird ein Set von Kriterien aufgestellt, das sich an den normativen

    Anforderungen von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und Instrumenten orientiert. Anhand

    dieser Kriterien sollen die Vor- und Nachteile der Rating-Tools aufgezeigt werden, die auch für

    KMU in Frage kommen könnten. Um die thematische Abdeckung der Nachhaltigkeitsbereiche

    (Umwelt, Soziales, Ökonomie und Unternehmensführung) dieser Rating-Tools auszuleuchten,

    wird noch ein zusätzlicher Merkmalskatalog aufgestellt.

    3.1. Anforderungen an Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente

    Bonitäts- oder Kreditratings von Unternehmen fussen auf mess- und vergleichbaren

    Finanzkennzahlen. Demgegenüber weisen Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und

    Instrumente einen viel grösseren Ermessensspielraum auf (Keller 2015: 20). Dies hängt damit

    zusammen, dass ein allgemein gültiges gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit und

    demzufolge auch von ESG-Kriterien fehlt. Die Studie von Döpfner und Schneider (2012: 79)

    zu Nachhaltigkeitsratings zeigt dies exemplarisch auf anhand von vier grossen

    19 Grundsätzlich ist der Begriff des Nachhaltigkeitsbewertungssystems weiter gefasst als derjenige des Nachhaltigkeitsbewertungsinstruments. Ein Anbieter eines Nachhaltigkeitsbewertungssystems hat meist eine Palette (verschiedene Versionen) von Nachhaltigkeitsbewertungsinstrumenten zur Verfügung. Es kann aber auch eintreffen, dass wenn das Nachhaltigkeitsbewertungsinstrument in einer einzigen Form vorliegt, dieses mit dem Nachhaltigkeitsbewertungssystem gleichgesetzt werden kann. Wir machen in dieser Studie keine explizite Trennung zwischen Nachhaltigkeitssystemen und Instrumenten.

  • 15

    Nachhaltigkeitsratingagenturen im deutschen Raum, deren Nachhaltigkeitsverständnis von

    stark ökonomischen bis ethisch-ökologischen Ansätzen reicht. Das hat dazu geführt, dass sich

    eine Vielzahl verschiedener Messsysteme mit einem jeweils eigenen Kriteriensets für die

    Evaluation der Bereiche Umwelt (Environment), Soziales (Social) sowie die

    Unternehmensführung (Governance) entwickelt haben (Keller 2015: 20). Döpfner und

    Schneider (2012: 21) machen eine Auslegeordnung von ökonomisch sowie normativ

    orientierten Bewertungskonzepten.20

    Wir orientieren uns am normativen Anspruch der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und

    Instrumente (Keller 2015), weil dieser als Richtschnur (Massstab) für die Typologisierung und

    die Analyse verschiedener Rating-Tools herangezogen werden kann. Bei der Bewertung der

    Erfüllung des normativen Anspruchs verwenden wir die von Keller (2015) erarbeiteten

    substanziellen Anforderungen an Ratings, Ratingkriterien oder Ratingagenturen. Sie stützte

    sich dabei auf die aktuelle ESG- und Finance Literatur sowie Grundlagen der empirischen

    Sozialforschung ab (Keller 2015: 4, 20-36). Dazu gehören folgende Kriterien:

    a) Nachvollziehbarkeit und Transparenz

    b) Verzerrungen

    c) Standardisierung

    d) Glaubwürdigkeit der Informationen

    e) Mess- und Vergleichbarkeit

    f) Qualität der Messinstrumente

    a) Nachvollziehbarkeit und Transparenz:21 Mangelnde Transparenz war eine der

    grössten Kritikpunkte, die im Zuge der Finanzkrise gegenüber Kreditrating-Agenturen

    geäussert wurde, und schlussendlich in deren Regulierung resultierte. Die Nachvollziehbarkeit

    eines Ratings, nicht aber die vollständige Überprüfbarkeit, ist nicht nur eine aus

    finanztheoretischer Sicht genannte Anforderung (Sönnichsen 2007: 333). Auch in der ESG-

    Literatur wird die fehlende Transparenz, insbesondere auch hinsichtlich der Ratingergebnisse,

    oft bemängelt (Chatterji et al. 2009: 127; Scalet & Kelly 2010: 72). Transparenz bezüglich der

    Ratingmethodik wird gar als einer der wichtigsten Treiber der Glaubwürdigkeit von ESG-

    Ratings genannt (Sadowski et al. 2010b: 12). Obwohl die Glaubwürdigkeit von ESG-

    Ratingagenturen in der Zwischenzeit gestiegen ist, und einige bereits einen hohen Grad an

    Transparenz aufweisen, bezieht sich ein Grossteil der Kritik am ESG-Ratingmarkt nach wie

    vor auf diesen Umstand (Wong et al. 2019). Punkto Nachvollziehbarkeit & Transparenz sollen

    deshalb folgende Punkte untersucht werden:

    Sind Ratingmethodik, Indikatoren und Schwellenwerte öffentlich einsehbar?

    Können die einzelnen Analyseschritte nachvollzogen werden?

    Sind die Rating-Ergebnisse öffentlich verfügbar?

    20 Döpfner und Schneider (2012) verweisen auf Schäfer et al. (2004), der ökonomisch orientierte Ansätze wie folgt beschreibt: „Ökonomisch orientierte Konzepte zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich auf solche ethischen, ökologischen und sozialen Kriterien konzentrieren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit direkte oder indirekte wirtschaftliche Auswirkungen auf das bewertete Unternehmen haben. Hier geht es um den ´CSR-business case.“ (Schäfer et al., 2004: 117). 21 Zitiert aus Keller, S. 30. (Auf Hervorhebung durch Schrägstellung des Originaltexts wird verzichtet)

  • 16

    b) Verzerrungen:22 Das Konzept der Triple Bottom Line, welches eine Balance

    ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte anstrebt, sollte als Grundgedanke der

    Nachhaltigkeit auch in entsprechende Ratings oder Indizes einfliessen. Derzeit besteht aber

    bei vielen Ratings jedoch ein Fokus auf einem ausgewählten ESG-Bereich. Solche Ratings

    decken dann häufig nur die spezifischen Interessen einzelner statt diverser Anspruchsgruppen

    ab (Windolph 2013: 44). Zusätzlich erlaubt der Fokus auf einen Schwerpunktbereich einem

    Unternehmen jenes Rating auszuwählen, wo es absehbar eine gute Performance aufweist

    (Scalet & Kelly 2010: 72). Unterschiedliche Gewichtungen sind laut Chatterji & Levine (2006:

    45) nicht per se schlecht, erfordern aber, dass Ratingagenturen den damit verfolgten Zweck

    auch explizit nach aussen kommunizieren.

    Eine weitere Quelle für die Entstehung von Verzerrungen liegt in der Wahl des Rating-

    Universums (Sadowski et al. 2010a: 6; Windolph 2013: 42). Bestehende Indizes bilden dabei

    häufig die Grundlage für die Auswahl des Rating-Universums, oder es werden nur die grössten

    Unternehmen innerhalb einer Branche respektive eines Landes bewertet. Mittlere, kleine oder

    Unternehmen in Entwicklungsländern erhalten sehr selten die Chance, ihre ‘Nachhaltigkeit’

    unter Beweis zu stellen, oder verfügen teilweise nicht über die Kapazität zur Beantwortung der

    Fragebögen und schliessen sich damit selbst aus (Sadowski et al. 2010b: 12; Windolph 2013:

    44-45). Punkto ‘Verzerrungen’ sollen deshalb folgende Punkte untersucht werden:

    Ist ein Schwerpunkt auf der ökonomischen, ökologischen oder sozialen Dimension

    vorhanden? Wie werden die verschiedenen Bereiche gewichtet?

    Welches ist das Zielpublikum des Rating-Erstellers (z.B. Investoren, Unternehmen,

    Mitarbeitende, Behörden etc.)?

    Nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl des Rating-Universums (z.B. Grösse der

    Unternehmen, Branchen, Regionen)?

    c) Standardisierung:23 Die Standardisierung stellt bereits in der Berichterstattung der

    Unternehmen aufgrund der verschiedenen Vorstellungen der unternehmerischen

    Verantwortung und des ESG-Konzepts eine Herausforderung dar (Bassen & Kovàcs 2008:

    184-185). Im Rahmen von Ratings ist sie insofern ein Kriterium, als dass nur bei einheitlichen

    Ansätzen der Ratingagenturen die Resultate miteinander verglichen werden können (Chatterji

    & Levine 2006: 41). In die gleiche Richtung stösst die Kritik bezüglich des fehlenden

    gemeinsamen Verständnisses der essenziellen Indikatoren und der Messtechniken von

    Ratingagenturen (van den Brink & van der Woerd 2004: 196; Scalet & Kelly 2010; Sadowski

    et al. 2011a: 25-26). Standardisierung ist folglich nicht nur ein Kriterium bei Ratingagenturen,

    sondern schafft durch die Vereinheitlichung der Berichterstattung auch auf

    Unternehmensseite, die Grundlage für mehr Qualität und Vergleichbarkeit eines Ratings

    (Bassen & Kovàcs 2008: 190; Windolph 2013: 38, 42-43).

    Laut Dembinski et al. (2003: 211) spielen bei der Entwicklung und der Verbreitung von

    Standards Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine besondere Rolle, weil diese nicht nur

    bei Unternehmen selbst, sondern auch bei öffentlichen Institutionen sowie Investoren eine

    hohe Legitimität geniessen. Gleichzeitig weisen die Autoren aber auch auf eine Gefahr der

    Standardisierung, insbesondere in der standardisierten Berichterstattung, hin: Die

    zunehmende Konzentration der Unternehmen, welche die standardisierten Indikatoren

    definieren und über die grossen Datenmengen dazu verfügen, könnte zur Vernachlässigung

    von substanziellen ESG-Aspekten führen, deren Relevanz erst im Laufe der Zeit erkannt

    22 Zitiert aus Keller, S. 30-31. (Auf Hervorhebung durch Schrägstellung des Originaltexts wird verzichtet) 23 Zitiert aus Keller, S. 29-30. (Auf Hervorhebung durch Schrägstellung des Originaltexts wird verzichtet)

  • 17

    würde (Dembinski et al. 2003: 211).24 Im Rahmen der Standardisierungsdiskussion sollte

    deshalb folgender Punkt im Auge behalten werden:

    Wurde bei der Entwicklung der Ratingmethodik und/oder bei der Auswahl der

    Bewertungs-Kriterien auf externe Grundlagen oder Standards zurückgegriffen?

    d) Glaubwürdigkeit der Informationen:25 Die Glaubwürdigkeit wird einerseits aufgrund

    allgemeiner Schwachstellen im Bereich der ESG-Berichterstattung von Unternehmen, und

    andererseits wegen der oftmals hohen Sensibilität der für ESG-Ratings notwendigen Daten in

    Frage gestellt. Die alleinige Beurteilung anhand öffentlicher Informationen in Medien- oder

    Unternehmensberichten, Webseiten, etc. ist daher oft nicht ausreichend (Sadowski et al.

    2010b: 4). Die Verwendung von Fragebögen ist ebenfalls mit mehreren Trade-offs verbunden:

    umfragebasierte Fragebögen können zwar detailliertere und teils sensiblere Informationen

    liefern, gleichzeitig besteht aber die Gefahr von qualitativ schlechteren oder verfälschten

    Daten, wenn die Unternehmen nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen oder nicht

    bereit sind, diese aufzuwenden (Windolph 2013: 43-44). Letzteres wird dahingehend kritisiert,

    als durch die Bewertung anhand ausführlicher Fragebogen nicht die Unternehmen mit der

    besten Leistung belohnt werden, sondern tendenziell eher jene, welche über die erforderlichen

    Kapazitäten, Ressourcen und Prozesse verfügen um ein professionelles Reporting, das zu

    einem guten Rating führt, zu erstellen haben (Sadowski et al. 2010b: 12).

    Auf diese Gefahr der Verzerrung verweisen Schnell et al. (2013) auch im Sinne von

    systematischen Ausfällen. Dies geschieht beispielsweise durch eine höhere Antwortquote von

    besser gebildeten gegenüber weniger gebildeten Personen bei postalischen Befragungen. Die

    Qualität und der Detaillierungsgrad werden wiederum als potenzielle Vorteile einer

    schriftlichen Befragung genannt (Schnell et al. 2013: 351). Als optimal wird folglich die

    Kombination spezifischer Fragebögen und zusätzliche öffentliche Informationen im Sinne einer

    externer Prüfung angesehen, um die Glaubwürdigkeit und Qualität der für das Rating

    benutzten Informationen zu erhöhen (van den Brink & van der Woerd 2004: 196; Sadowski,

    2011a: 7; Windolph 2013: 44). Zudem sollte die Qualität der von den Unternehmen gelieferten

    Daten überprüft werden (Sadowski, et al. 2011a: 19). Punkto Glaubwürdigkeit der

    Informationen soll deshalb untersucht werden:

    Welche Informationsquellen nutzt die Ratingagentur, sind diese intern und/oder

    extern?

    Verwendet die Ratingagentur Primärdaten und/oder Sekundärdaten?

    Erfolgt eine Überprüfung der Daten oder werden externe Zertifizierungen verlangt?

    e) Mess- und Vergleichbarkeit:26 Die zunehmende Anzahl Ratings mit deren jeweils

    eigenen Methoden, Gewichtungen und Darstellungsformen stellen in mancher Hinsicht eine

    Herausforderung für die Vergleichbarkeit dar: Sie erhöhen die Komplexität für Unternehmen

    sowie Investoren und erschweren damit gleichzeitig die Vergleichbarkeit der Resultate

    (Sadowski et al. 2010b: 5; Scalet & Kelly 2010: 72).

    24 Deschryver & Mariz (2020) identifizieren die aktuellen Barrieren, die die mangelnde Skalierbarkeit des Marktes für grüne Anleihen (sogenannte Green Bonds) erklären: ein Defizit an harmonisierten globalen Standards, die Risiken des Greenwashing, die Wahrnehmung höherer Kosten für Emittenten, das mangelnde Angebot an Green Bonds für Investoren und die allgemeine Entwicklung des Marktes. 25 Zitiert aus Keller, S. 31-32. (Auf Hervorhebung durch Schrägstellung des Originaltexts wird verzichtet) 26 Zitiert aus Keller, S. 32-33. (Auf Hervorhebung durch Schrägstellung des Originaltexts wird verzichtet)

  • 18

    Die Schwierigkeiten bei der optimalen Darstellung des Rating-Ergebnisses bestehen im Trade-

    off der Vergleichbarkeit und Unterscheidbarkeit der Resultate zwischen Branchen und Ländern

    sowie im Kompromiss der Verständlichkeit und Aussagekraft eines Resultats. Je detaillierter

    ein Resultat ist, desto genauer gibt es Aufschluss über die spezifische Leistung in den

    einzelnen Bereichen und desto geringer ist die Gefahr, dass Unternehmen eine schlechte

    Performance in einem Bereich durch eine gute in einem anderen Bereich kompensieren

    können. Ein hoher Detaillierungsgrad hingegen erschwert es, die Gesamtleistung zwischen

    verschiedenen Unternehmen vergleichbar zu machen, respektive die Einzelleistungen der

    Unternehmen zu verstehen, und sie untereinander zu vergleichen (Windolph 2013: 45).

    Zudem stellt sich die Frage, ob ein identischer Kriterienkatalog für verschiedene Länder und

    Industrien anwendbar ist, und ob generell eine solch übergreifende Vergleichbarkeit möglich

    und wünschenswert wäre (Chatterji & Levine 2006: 33-35; Sadowski et al. 2010b: 11; Scalet

    & Kelly 2010: 70-71). So könnte der Vergleich absoluter Leistungen, z.B. des CO2-Ausstosses

    einer Bank und eines Kohlekraftwerks, dazu führen, dass Unternehmen einer Branche der

    Anreiz genommen wird, diese Daten offenzulegen, oder sich in diesem Bereich zu verbessern.

    Die relative, branchenspezifische Darstellung wäre in dieser Hinsicht vorzuziehen, wobei dies

    wiederum von Nachteil für einen Investor sein kann, der explizit CO2-arme Industrien sucht

    (Chatterji & Levine 2006: 41-43).

    Die Frage der ‘besten’ Variante für die Darstellung eines Ratingergebnisses kann hier nicht

    abschliessend beantwortet werden, zumal sich eine optimale Variante an der Absicht und dem

    Zweck des Ratings bemisst. Grundsätzlich zeigt sich, dass sowohl eine gewisse

    Standardisierung, wie auch sektorenspezifische Indikatoren und Bewertungen die Qualität von

    Ratings erhöhen (van den Brink & van der Woerd 2004: 197; Chatterji & Levine 2006: 41-42,

    Sadowski et al. 2010b: 4-5). Punkto Vergleichbarkeit soll deshalb untersucht werden:

    Wie wird das Rating-Ergebnis dargestellt (z.B. Einzelwertung, Teil-Resultate,

    Gesamtrating, numerische Rangliste, absolute oder relative Bewertung,

    industriespezifische Wertung, etc.)?

    Ist die Vergleichbarkeit der Leistung verschiedener Unternehmen gegeben?

    Wird zwischen Unternehmen verschiedener Branchen oder Länder unterschieden,

    respektive, können die Ergebnisse branchen-/länderübergreifend miteinander

    verglichen werden?

    Bei der Messbarkeit liegt die Herausforderung bei der Operationalisierung des zu messenden

    Sachverhalts. Sie ist nämlich in Bezug auf die Definition von unmittelbar beobachtbaren und

    messbaren Variablen im Rahmen von ESG-Ratings mit besonderen Herausforderungen

    verbunden. Insbesondere im sozialen Bereich, wo quantitative Variablen oft nicht direkt

    ersichtlich sind, z.B. wenn der Umgang eines Unternehmens mit seinen Mitarbeitenden oder

    sonstigen Anspruchsgruppen zu beurteilen ist, stellt dieser Prozess eine schwierige Aufgabe

    dar (Delmas et al. 2013: 256). Die Analyse der von den Ratingagenturen verwendeten

    Messtechniken verlangt zunächst nach der Identifizierung der ‘kleinsten Einheit’ eines

    Fragebogens. Mit anderen Worten gilt es, den Fragebogen auf kleinstmögliche Einheiten

    herunterzubrechen, die in Form von Variablen/Indikatoren je nach Antwort unterschiedliche

    Ausprägungen annehmen können. Punkto Messbarkeit sollen folgende Punkte berücksichtigt

    werden:

    Wieviele quantitative, beziehungsweise unmittelbar messbare Variablen/Indikatoren

    und/oder solche mit qualitativem Charakter, die auf konkreten Fragen basieren, werden

    erhoben?

    Welche und wieviele Themenbereiche werden abgedeckt?

  • 19

    Inwieweit werden aus den Variablen/Indikatoren aussagekräftige Schlüsselkennzahlen

    (sog. Key Performance Indicators) generiert, d.h. in Beziehung zu einer wichtigen

    Grösse gesetzt (z.B. Anzahl Mitarbeiter, Umsatz)?

    f) Qualität der Messinstrumente:27 Eine Beurteilung der Frage, inwiefern die drei

    wichtigsten Anforderungen an Bewertungen und Messungen aus der empirischen

    Sozialforschung, nämlich Objektivität, Reliabilität und Validität/Repräsentativität in den

    Ratingprozessen eingehalten werden, erfordert unter anderem eine detaillierte Untersuchung

    der verwendeten Indikatoren respektive Fragebögen.

    Für die Objektivität ist insbesondere ein formal strukturierter Ablauf und dessen

    Nachvollziehbarkeit von Bedeutung. Ist die Beantwortung von Fragen auf Seiten des

    Unternehmens abhängig von Zeit, Raum, Ort oder Person, kann dies einen negativen Einfluss

    auf die Beständigkeit oder auch die Zuverlässigkeit (Reliabilität) eines Ratings haben. Gemäss

    Wherry & Bartlett (1982: 542) kann eine hohe Anzahl Beobachtungen, die Verwendung

    unabhängiger Indikatoren sowie die Anzahl bewertender Analysten, Fehler von Seiten des

    Raters reduzieren respektive die Genauigkeit eines Ratings erhöhen.

    Nach Francescini et al. (2007: 7-8) ist Repräsentativität (Validität) ein grundlegendes Kriterium

    für die Qualität eines Indikators und bedeutet in diesem Zusammenhang, dass mit dem

    Indikator das gemessen wird, was mit dem Resultat gezeigt werden soll. Im Rahmen von

    Nachhaltigkeitsratings wird die Beurteilung dieser Anforderung durch das fehlende

    gemeinsame Verständnis unternehmerischer Nachhaltigkeit, CSR und ESG-relevanten

    Themen erschwert, da je nach Ausgangslage respektive Anspruchsgruppe (z.B. NGOs,

    Investoren, Mitarbeitende, etc.) die Vorstellung davon, was die wesentlichen Aspekte im

    Bereich ESG sind, variieren (Windolph 2013: 43). Das Ziel ist darum nicht die Definition eines

    allgemein gültigen Kriterienkatalogs für alle ESG-Ratings, sondern dass die Rating-Ersteller

    die gewählten Indikatoren begründen und diese mit dem kommunizierten Ziel und Zweck des

    Ratings übereinstimmen (Chatterji & Levine 2006: 45). Damit wird zumindest eine gewisse

    Nachvollziehbarkeit geschaffen). Punkto Qualität der Messinstrumente soll deshalb beachtet

    werden:

    Wird der Zweck / Mission / Ziel des Ratings kommuniziert?

    Wird die Auswahl der Indikatoren begründet?

    Werden externe Anspruchsgruppen in die Entwicklung der Ratingmethodik / Kriterien

    etc. einbezogen?

    Werden Indikatoren regelmässig überprüft und aktualisiert?

    Ist die Messung von Variablen/Indikatoren abhängig von Personen, Ort oder Zeit?

    Ist der Ablauf der Bewertung offener Fragen/qualitativer Variablen formal strukturiert

    und nachvollziehbar?

    3.2. Typisierung von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und Instrumenten

    Entsprechend der fehlenden Standardisierung von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und

    Instrumenten unterscheiden sich die heute existierenden Ratings in vielerlei Hinsicht; sei es

    bezüglich der Struktur der dahinterstehenden Organisation (z.B. Index-Anbieter,

    Aktiengesellschaft, etc.), den berücksichtigten Informationsquellen (z.B. Primär- und/oder

    Sekundärdaten, interne oder externe Quellen), den unterschiedlichen Schwerpunktlegungen

    (Umwelt, Soziales, Ökonomie/Finanzielles, Unternehmensführung), der Art des Rating-

    Ergebnisses, der verwendeten Ratingmethodik, der regionalen Abdeckung und nicht zuletzt

    27 Zitiert aus Keller, S. 35-36. (Auf Hervorhebung durch Schrägstellung des Originaltexts wird verzichtet)

  • 20

    bezüglich der mit dem Rating verfolgten Ziele oder des beabsichtigten Zwecks (Keller 2015:

    17).

    Dies trifft auch auf die Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente zu, die für diese

    Studie mit Hilfe einer Literaturanalyse, Expertengesprächen und CCRS-internen

    Brainstormings zusammengetragen wurden. Die Liste ist breit gefasst, um das Ausmass der

    auf dem Markt verfügbaren Tools zu beleuchten. Es sind Tools dabei, die in der Schweiz

    entwickelt wurden, solche, die in deutschsprachigen Ländern (DACH-Region) Verwendung

    finden, und andere, die weltweit verfügbar sind, und verschiedene Rating-Universen und

    thematische Schwerpunkte betreffen.

    Die Typisierung der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente orientiert sich hier

    zum einen an der von Turker (2009: 414-415) vorgeschlagenen Einteilung nach Art und

    Verwendungszweck des Ratings, zum anderen an der von Schader et al. (2014) verwendeten

    Kriterienübersicht. Letztere richtet sich ebenfalls nach dem Zweck des Ratings, berücksichtigt

    aber aus Gründen der Praxisorientierung zusätzlich die sektorielle Abdeckung, die

    Bewertungsstufe (z.B. Firma, Produkt, Lieferkette), die regionale Abdeckung, den

    thematischen Fokus und die Nachhaltigkeitsperspektive. Im Zusammenhang mit KMU fügen

    wir als weiteres Kriterium die Unternehmensgrösse ein, die sich auf das Rating-Universum

    bezieht, das Ambitionsniveau, welches Einblick gibt in die Ziele, die mit dem Rating verfolgt

    werden, sowie die Zielgruppe(n).

    Tabelle 1 gibt eine Übersicht der Kriterien zur Typisierung von Nachhaltigkeitsbewertungs-

    systemen und Instrumenten, die hier näher besprochen werden.

    a) Verwendungszweck der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente:

    Selbstbewertung (‘Self-Assessments’) für das firmeninterne Nachhaltigkeits-

    management;

    Nachhaltigkeitsbewertung (Rating) erfolgt durch Rating-Agenturen, die sich auf

    öffentlich zugängliche Daten abstützen, aber auch Daten von grossen pivaten

    Datenlieferanten (data providers) benützen28. Rating-Agenturen liefern insbesondere

    Finanzdienstleistern und ihren Kunden die Entscheidungsgrundlagen für nachhaltige

    Kapitalanlagen. Ratings ermöglichen den Vergleich zwischen Firmen;

    ESG-Reporting dient der Kommunikation der Nachhaltigkeitsleistungen gegen aussen;

    Monitoring und Zertifizierung werden als offizieller Nachweis einer bestimmten

    Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens beispielsweise gegenüber Kunden genutzt;

    Unternehmensberatung nutzt Kennzahlen und Erkenntnisse, um beispielsweise das

    Nachhaltigkeitsmanagement eines Unternehmens zu optimieren;

    Reiner Forschungszweck;

    Sektorenspezifische Bewertungen sind meistens auf Brancheninitiativen

    zurückzuführen

    Fokus auf Bewertungsstufe. Im Fokus können das Unternehmen, das Produkt, oder

    die Lieferkette oder bestehende Standards sein.

    Bewertungssysteme auf Produktstufe umfassen typischerweise die ganze Lieferkette

    oder wenigstens die relevanten Produktionsprozesse (Schrader et al. 2014: 42).

    Bewertung basierend auf den Offenlegungspflichten von börsenkotierten Unternehmen

    28 In der nachfolgenden Tabelle 4 (S. 38) werden verschiedenen Datenlieferanten aufgeführt.

  • 21

    b) Zielgruppe von Ratings können Investoren, aber auch Firmen und andere

    Anspruchsgruppen sein. Je nach Zielgruppe können sich Ratings unterscheiden.

    c) Sektoren gibt Auskunft darüber, ob das Rating nur für einen bestimmten Sektor (z.B.

    Bergbau), eine Serie von Sektoren oder universell in allen Wirtschaftssektoren einsetzbar ist.

    d) Bewertungsstufe bezieht sich auf das Rating-Universum. Sie gibt an, ob eine Firma

    als Ganzes bewertet wird, ob nur ein Produkt analysiert wird, ob eine ganze Lieferketten mit

    in die Bewertung einfliesset, oder ob sich die Bewertung an einem bestehenden Standard (z.B.

    ISO 14 000 zum Umweltmanagement) orientiert. Bewertungssysteme auf Produktstufe

    umfassen typischerweise die ganze Lieferkette oder wenigstens die relevanten

    Produktionsprozesse (Schrader et al. 2014).

    e) Unternehmensgrösse ist relevant, denn nicht-börsenkotierte KMU sind

    entsprechenden Offenlegungspflichten nicht unterstellt und somit ist auch die öffentliche

    Datenverfügbarkeit entsprechend gering. Über 99 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz

    sind KMU, marktwirtschaftliche Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten.

    f) Geographisches Anwendungsgebiet bezieht sich auf die tatsächliche und die

    mögliche Verbreitung, die global oder regional ausfallen oder auf ein einzelnes Land bezogen

    sein kann. Die Verfügbarkeit von Daten und die Anwendbarkeit z.B. von Indikatoren auf

    verschiedene Gesellschaften oder Regionen können den Anwendungsradius eines

    Instruments massgebend bestimmen (Schader et al. 2014).

    g) Thematischer Fokus: Oftmals decken Ratings nicht alle Dimensionen (Umwelt,

    Soziales, Ökonomie und Unternehmensführung) ab, sondern fokussieren auf eine Dimension.

    Sie reagieren diesbezüglich auf eine entsprechende Nachfrage in der Gesellschaft.

    Umweltthemen stehen beispielsweise stark im Vordergrund in Wohlstandsländern, während

    soziale und wirtschaftliche Aspekte in Entwicklungsländern stärkeres Gewicht haben. Die UNO

    Nachhaltigkeitsziele (SDG) umfassen jedoch alle drei Dimensionen. Es ist zu erwarten, dass

    die Bewertungssysteme, die dies auch tun, künftig ein stärkeres Gewicht haben werden.

    h) Nachhaltigkeitsperspektive: Aus Unternehmensperspektive kann die

    Nachhaltigkeit als Zukunftsfähigkeit verstanden werden. Die Frage steht dabei im Zentrum, ob

    ein Unternehmen sich langfristig halten kann, und zwar dergestalt, dass es seine natürlichen,

    sozialen und wirtschaftlichen Ressourcen so einsetzt, dass sie langfristig erhalten bleiben. Aus

    Gesellschaftsperspektive geht es um den Beitrag der Unternehmen zur nachhaltigen

    Entwicklung der Gesellschaft. In diesem Fall fokussieren die Bewertungssysteme auf die

    Wirkung der Aktivitäten der Unternehmen auf die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen

    Ressourcen. Die Wirkung kann entweder positiv oder negativ ausfallen. Im besten Fall fallen

    für die Gesellschaft (unbeabsichtigte) positive externe Effekte an (z.B. skalierbare

    Innovationen mit positiven externen Effekten für die Umwelt), im schlechtesten Fall entstehen

    negative externe Effekte in Form von Schäden und Kosten für Umwelt und Gesellschaft

    (Schader et al. 2014).

    i) Ambitionsniveau bringt die Unternehmensperspektive in Zusammenhang mit der

    Gesellschaftsperspektive. Es stellt die Aktivitäten eines Unternehmens in einen grösseren

    Zusammenhang. Die Bewertung erfasst dabei, welche Ziele ein Unternehmen über einen

    gewissen Zeithorizont erreichen will, wie beispielsweise die UNO Nachhaltigkeitsziele der

    Agenda 2030 oder die Ziele des Pariser Klimaschutzübereinkommens von 2015

    (gesellschaftliche Ziele).

  • 22

    Tabelle 1. Übersicht der Kriterien zur Typisierung von

    Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und Instrumenten

    Kriterium Klassen Hauptzweck Selbstbewertung (Self-assessment)

    Rating / Vergleich zwischen Unternehmen

    Reporting / Monitoring

    Nachhaltigkeitsmanagement (Fortschrittsmessng)

    Zertifizierung

    Unternehmensberatung

    Forschung

    Nachhaltige Beschaffung

    Kommunikation der Resultate gegen aussen

    Zielgruppe Investoren

    Mitarbeitende

    Öffentlichkeit

    Sektoren Universell, d.h. in allen Sektoren anwendbar

    Spezifische(r) Sektor(en) (welche/r?)

    Bewertungsstufe Firma

    Produkt

    Lieferkette

    Standard

    Unternehmensgrösse Grosse Firma (z.B. multinationals Unternehmen)

    Kleine Firma (KMU)

    Grosse und kleine Firmen

    Geographisches Anwendungsgebiet

    Global

    Region(en)

    Einzelnes Land / Länder

    Thematischer Fokus Umwelt

    Soziales

    Ökonomie

    Unternehmensführung

    Nachhaltigkeits-Prespektive Unternehmensperspektive (Ist die Firma wirtschaftlich

    gesund und auf einem robusten Entwicklungspfad?)

    Gesellschaftliche Perspektive (Trägt die Firma zu einer

    nachhaltigen Gesellschaftsentwicklung bei?)

    Gemischte Perspektive (Unternehmens- und

    gesellschaftliche Perspektive)

    Ambitionsniveau Erreichung der UNO Nachhaltigkeitsziele (SDGs)

    Pariser Übereinkommen von 2015

    (Klimaschutzüberinkommen)

    Anderes / kein Ambitionsniveau

    Quelle: Adaptiert von Schader et al. 2014.

    3.3. Auswahlkriterien für die Detailanalyse von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen

    und Instrumenten

    Aus der Liste der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente sollen diejenigen Tools

    ausgewählt und einer eingehenderen Prüfung unterzogen werden, die auch für Schweizer

  • 23

    KMU geeignet scheinen. Gemäss dem Auftrag zu diesem Bericht, sollen

    Nachhaltigkeitsbewertungs-Tools mit folgenden Charakteristika ausgewählt werden:

    Bewertungs-Tools, die eine betriebswirtschaftliche Ausrichtung haben.

    Volkswirtschaftliche Auswirkungen werden nicht in Betracht gezogen (z.B. ‘Impact’).

    Die Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (E+S+G) sollen möglichst

    umfassend abdeckt sein.

    Reine Berichterstattungsinstrumente (Self-Reporting-Tools wie z.B. GRI) werden nicht

    berücksichtigt.

    Bewertungs-Tools sollen eine Mess- und Vergleichbarkeit ermöglichen.

    Wie umfassend sind die einzelnen Tools im Hinblick auf den Einbezug der ganzen

    Lieferkette?

    Deshalb werden folgende Kriterien für die Auswahl der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme

    und Instrumente herangezogen, die anschliessend einer vertieften Beurteilung unterzogen

    werden:

    Hauptzweck ist die Bewertung/Rating eines Unternehmens und der Vergleich mit

    Peers;

    Das Instrument soll möglichst universell auf alle Sektoren anwendbar sein;

    Die Bewertung geschieht auf der Ebene des Unternehmens. Instrumente, die ESG-

    Kriterien nur auf der Ebene eines Produkts anwenden, kommen nicht zum Zug.

    Das Bewertungsinstrument soll auch die Lieferkette(n) in die Analyse einbeziehen;

    3.4. Kriterienkatalog für die Detailanalyse der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und

    Instrumente für KMU

    Für den eingehenden Vergleich der Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente, die

    auch für KMU geeignet erscheinen, erstellen wir einen Kriterienkatalog. Dieser stützt sich ab

    auf die im Auftrag zu diesem Bericht festgehaltenen Beurteilungskriterien. Diese

    überschneiden sich zum Teil mit den unter 3.1 besprochenen grundsätzlichen Anforderungen

    an Nachhaltigkeitsbewertungssysteme und Instrumente, die ebenfalls in den Kriterienkatalog

    einfliessen. Sie betreffen die Standardisierung, die Nachvollziehbarkeit & Transparenz, die

    Verzerrungen, die Glaubwürdigkeit der Informationen, die Mess- und Vergleichbarkeit, die

    Unabhängigkeit und die Qualität der Messinstrumente.

    Ein von Roesch et al. (2018) erstellter tabellarischer Kriterienkatalog für den Vergleich der drei

    Indikator basierten Nachhaltigkeitsbewertungsinstrumente RISE, SMART und SALCA-sustain,

    die in der Schweiz für den Einsatz auf Landwirtschaftsbetrieben entwickelt wurden, erweist

    sich besonders geeignet als Ausgangspunkt für den Vergleich der Nachhaltigkeitsbewertungs-

    Tools für KMU. Ein grosser Teil der im Auftrag erwähnten Kriterien sowie die unter 3.1

    enthaltenen Anforderungen an Bewertungs-Tools werden von diesem Kriterienkatalog bereits

    abgedeckt. Bei der Operationalisierung der Messung der Nachhaltigkeit auf Ebene von

    Landwirtschaftsbetrieben ist die Schweiz führend (Roesch et al. 2018). Dies hat damit zu tun,

    dass die Schweiz bereits Ende der 1990er Jahre begann, in diesem Bereich Lösungen zu

    entwickeln, nachdem 1996 das Schweizer Stimmvolk den neuen Verfassungsartikel zur

    Landwirtschaft (Art. 104 BV) angenommen hatte. Letzterer gibt dem Bund explizit den Auftrag,

  • 24

    dafür zu sorgen, dass die Landwirtschaft dank einer nachhaltigen Produktion ihren Beitrag

    leistet für eine sichere Versorgung, die Erhaltung und Pflege der natürlichen Ressourcen und

    die dezentrale Besiedlung. Dementsprechend ist in diesem Bereich eine langjährige Erfahrung

    vorhanden, die zum Teil weltumspannend ist.

    Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die Kriterien, die für den vertieften Vergleich von

    Nachhaltigkeitsbewertungssystem und Instrumenten für KMU herangezogen werden. Dabei

    wenden wir wie Roesch et al. (2018) ein Raster an, der sich in folgende drei Bereiche

    unterteilen lässt: (i) Fachlicher Teil, (ii) Datenaufbereitung und (iii) Tool Anwendung.

    Im fachlichen Teil (i) wird analysiert:

    i) Modell: Ist das Modell quantitativ, qualitativ, quantitativ und qualitativ (gemischt),

    handelt es sich um eine Multikriterienanalyse29 oder eine andere Modellstruktur? Beim

    Modelltyp geht es um die Messbarkeit der Bewertung und um die Vergleichbarkeit der

    Resultate unter den Unternehmen.

    ii) Transparenz: Es wird überprüft, ob das Modell in einer Peer-Review Zeitschrift oder

    in einem Bericht (inkl. Handbuch) publiziert wurde, und in wie weit die Details der

    Berechnungen einsehbar sind. Dabei geht es um die Transparenz und die Nachvollziehbarkeit

    der verwendeten Methode.

    iii) Aggregation der Ratings: Ein Rating von Teilaspekten innerhalb einer Dimension wie

    Kennzahlen («Key Performance Indicators»), ein Rating jeder Dimension (Umwelt, Soziales,

    Ökonomie und Unternehmensführung und/oder ein Gesamtrating sind möglich. Das

    Gesamtrating der Nachhaltigkeit, also alle Dimension zusammengenommen, interessiert

    besonders, da es die gesamte Nachhaltigkeit, also die Zukunftsfähigkeit einer Firma

    widerspiegelt. Mit einem Gesamtrating ist ein echter Nachhaltigkeitsvergleich unter Peers erst

    möglich («echtes Nachhaltigkeitsbenchmarking»).

    iv) LCA Gedanke: Es wird geprüft, in wie weit der Gedanke der Lebenszyklusanalyse

    (LCA für Life Cycle Assessment) Eingang findet in den vor- und nachgelagerten Lieferketten

    der Dimensionen der Nachhaltigkeit. Die LCA untersucht und bewertet die ökologischen

    Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen entlang deren Lebenszyklus. Sie wird auch

    zum Vergleich von Produkten, die die gleiche Funktionalität oder den gleichen Nutzen

    aufweisen, eingesetzt.

    Im Datenaufbereitungsteil (ii) wird analysiert:

    v) Datentiefe: Der Datenumfang (wenig, mittel, hoch) und die Datenerhebungsebene (auf

    Stufe Unternehmen oder auf untergeordneter Ebene, z.B. Produktebene) werden untersucht.

    Es wird auch darauf eingegangen, welche Art von Daten/Informationen eingegeben werden

    (Zahlen, Berichte, Zertifikate etc.)

    vi) Thematische Abdeckung: Diese Angaben entstammen der detaillierten thematischen

    Auswertung der Nachhaltigkeitsbewertungstools im Appendix 1A-1D. Die Auswertung der

    Abdeckung der Dimensionen (Umwelt, Soziales, Ökonomie und Unternehmensführung), der

    Themen innerhalb einer Dimension (z.B. Wasser, Land, Biodiversität innerhalb Dimension

    Umwelt) und der Unterthemen wird summarisch dargestellt. Weiter wird die Aussagekraft der

    Kennzahlen analysiert.

    29 Bei der Multikriterienanalyse wird ein Zielerreichungsgrad aus mehreren Kriterien berechnet, deren Einfluss unterschiedlich gewichtet werden (Schader et al. 2019).

  • 25

    vii) Zeitaufwand: Der Zeitaufwand für die Datenerhebung beginnt mit der Erfassung der

    Rohdaten im Unternehmen. Gefragt wird, ob allenfalls zusätzliche Rohdaten durch Dritte

    erhoben werden müssen, und ob weitere Zeitaufwendungen für externe Berater, einen Auditor

    oder Analysten anfallen. Beispielsweise könnten Datenanforderungen für die Berechnung des

    Treibhausgasausstosses einer Unternehmung die Anstellung eines spezialisierten

    Beraters/Analysten bedingen, der eine LCA für ein KMU erstellt. Für die Plausibilisierung der

    Daten kann bei den Ratingfirmen ein Zeitaufwand anfallen.

    viii) Dateneingabe: Sie kann erfolgen über eine Exceltabelle, die in jeder Unternehmung

    ohne Probleme gehandhabt werden kann, über ein Webinterface, über eine Desktop-

    Anwendung oder über einen dynamischen Fragebogen (z.B. SurveyMonkey).

    Bei der Tool Anwendung (iii) wird analysiert:

    ix) Anwenderfreundlichkeit: Werden Firmen unterstützt, wenn sie Fragen haben zum

    Tool beispielsweise in Form einer Hotline oder eines online Supports? Ist eine

    Interpretationshilfe in Form eines Handbuchs oder häufig gestellter Fragen (FAQ – frequently

    asked questions) vorhanden?

    x) Bericht: In wieweit ist der Analysebericht für ein Unternehmen automatisiert /teil-

    automatisiert?

    xi) Zugänglichkeit: Kann das Tool beispielsweise über das Internet frei heruntergeladen

    und genutzt werden (sogenannt «Open Source»), oder ist es sonst frei erhältlich, oder handelt

    es sich um ein «proprietäres» Tool, das herstellerspezifisch ist und auf nicht veröffentlichten

    Standards basiert?

    xii) Kosten: Sie können anfallen für den Systemzugang eines Unternehmens, für das

    Rating, für das Audit, allenfalls für eine Lebenszyklusanalyse und anderes mehr.

    xiii) Sprache(n): Welches ist die Hauptsprache des Tools? Gibt es Übersetzungen?

    xiv) KMU Nutzer: Wie viele KMU benutzen das Tool in der Schweiz und im Ausland?

  • 26

    Tabelle 2. Übersicht über Kriterien für den vertieften Vergleich von

    Nachhaltigkeitsbewertungssystemen und Instrumenten für KMU

    Fachlicher Teil

    Modell Quantitativ

    Multikriterienanalyse

    Qualitativ

    Gemischt (quantitativ und qualitativ)

    Transparenz Methode publiziert in Peer-Review Zeitschriften

    Methode publiziert in Berichten / Handbuch

    Details der Berechnung einsehbar

    Ratings (Aggregation, Gewichtung)

    Rating von Teilaspekten innerhalb einer Dimension

    Rating jeder Dimension (Umwelt, Soziales, Ökonomie,

    Unternehmensführung)

    Rating der Gesamtnachhaltigkeit (Umw+Soz.+Ökon.+Ges.)

    Gewichtung quantitativer / qualitativer Parameter

    LCA Gedanke Umwelt: vor- und/oder nachgelagerte Ketten

    Ökonomie: vor- und/oder nachgelagerte Ketten

    Soziales: vor- und/oder nachgelagerte Ketten

    Datenaufbereitung

    Datentiefe Datenumfang (wenig, mittel, hoch); Art der Eingabedaten

    Unternehmensebene / untergeordnete Ebene

    Thematische Abdeckung Welche Dimensionen / Themen / Unterthemen werden abgedeckt?

    Aussagekraft der Kennzahlen

    Zeitbedarf für Datenerhebung

    Erfassung der Rohdaten im Unternehmen

    Weitere Erhebung von Rohdaten durch Dritte

    Berater / Auditor / Analyst

    Plausibilisierung

    Dateneingabe Exceltabelle

    Webinterface

    Desktop-Anwendung

    Dynamischer Fragebogen

    Tool Anwendung

    Anwenderfreundlichkeit Gut / sehr gut / Umsetzung kurzfristig / mittelfristig geplant

    Hilfestellung Z.B. online Support, Hotline

    Interpretationshilfe Handbuch, FAQ

    Bericht Für Unternehmen (automatisiert/teil-automatisiert)$

    Zugänglichkeit Open Source, d.h. freier Zugang

    Proprietär, Software ist herstellerspezifisch, basiert auf nicht veröffentlichten Standards

    Kosten Systemzugang / Rating

    Kosten für LCA, Audit, weiteres

    Nachhaltigkeitsmanagement Tool dafür geeignet / ungeeignet

    Audit Ja/nein; wenn ja Frequenz

    Sprachen Hauptsprache, Übersetzungen

    KMU Nutzer Anzahl KMU in der Schweiz und anderswo, die Tool nutzen

    Quelle: Adaptiert von Roesch et al. 2018.

  • 27

    Die thematische Abdeckung der Dimensionen Umwelt, Ökonomie, Soziales/Gesellschaft und

    Unternehmensführung ist von speziell hohem Interesse und wird deshalb separat in den

    Tabellen im Appendix 1A – 1D dargestellt. Für die Auswahl der Themen und Unterthemen

    wurden die Guidelines for Suststainability Assessment in Food and Agriculture Systems

    (SAFA) (siehe FAO, 2014) herangezogen, die Roesch et al. (2018) und Schader et al. (2014)

    benutzt hatten.

    4. Resultate

    In diesem Kapitel wird in Tabelle 3 der Überblick über die Nachhaltigkeitsbewertungssysteme

    und Instrumente aus der Real- und der Finanzwirtschaft dargestellt entsprechend ihrem

    Zweck. Es wird anschliessend besprochen, wie sich die Rating-Industrie über die letzten 20

    Jahre entwickelt hat und eine Einordnung der Anbieter vorgenommen. Speziell hervorgehoben

    werd