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Fachhochschule Frankfurt am Main University of Applied Sciences Fachbereich 2 Studiengang Maschinenbau / Masterstudiengang Produktion und Automobiltechnik Umdruck zur Lehrveranstaltung (Unit): Analyse und Optimierung eines ausgewählten Zerspanprozesses Seminar und Projektarbeit im Labor

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Fachhochschule Frankfurt am Main University of Applied Sciences Fachbereich 2 Studiengang Maschinenbau / Masterstudiengang Produktion und Automobiltechnik

Umdruck zur Lehrveranstaltung (Unit):

Analyse und Optimierung eines ausgewählten Zerspanprozesses

Seminar und Projektarbeit im Labor

Umdruck zur Unit: Analyse und Optimierung eines ausgewählten Zerspanprozesses FH Frankfurt am Main 2

Inhalt Seite

0. Aufgabenstellung 3

1. Technologie

1.1. Werkzeugmaschine 3

1.2. Werkstückwerkstoff 3

1.3. Werkzeug 3

2. Formeln und Gesetze

2.1. Zerspankraft 7

2.2. Technisch-wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 9

2.3. Oberflächengüte 9

2.4. Spanform 9

2.5. Werkzeugstandzeit 9

3. Versuchsplanung 10

3.1. Eingangsgrößen

3.1.1. Drehzahl 10

3.1.2. Schnittgeschwindigkeit 11

3.1.3. Schnitttiefe 12

3.1.4. Vorschub 13

3.1.5. Wendeschneidplatten 13

3.2. Ausgangsgrößen

3.2.1. Rautiefe 13

3.2.2. Späne 14

3.2.3. Standzeit 18

3.2.3.1.Freiflächenverschleiß 18

3.2.3.2.Temperatur 20

3.2.4. Zeitspanvolumen 21

3.2.5. Zerspankräfte 23

4. Messtechnik

4.1. Zerspankraftmessung 25

4.2. Rautiefenmessung 27

4.3. Verschleißmarkenbreitenmessung 28

5. Diagramme 29

6. Quellenangabe 31

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0. Aufgabenstellung

Die technologische Zielsetzung dieser Lehrveranstaltung besteht darin, für die vorhandenen Hartmetallschneidstoffe ein Optimum der Schnittparameter beim Längsdrehen mit Trockenbe-arbeitung bei einem Schrupp-, einem Schlicht- und bei einem Leistungsschlichtprozess zu finden. Die Trockenbearbeitung ist notwendig, um eine kostenintensive Beschaffung des Kühlschmier-stoffes und die ebenso teure Entsorgung der Späne zu vermeiden. Dies ist auch der Trend in der Industrie, um Kosten zu sparen und das Gefahrenpotential durch die Kühlschmierstoffe für Mensch und Umwelt zu senken. 1. Technologie

1.1 Werkzeugmaschine

In der FH Frankfurt steht uns eine CNC-Drehmaschine Traub TND 300 zur Verfügung, auf der die geplanten Langdrehversuche durchgeführt werden können.

1.2 Werkstückwerkstoff

Für die kommenden Versuche soll ein Werkstoff gewählt werden, der nicht wie ein Automatenstahl spezielle zerspanungsfördernde Legierungsbestandteile besitzt. Dies entspricht insofern der Praxis, als häufig Stähle mit bestimmten Eigenschaften (Vergütungs-, Einsatz-, Nitrierstähle, schweißbare oder nichtrostende Stähle usw.) zu bearbeiten sind, wobei die geforderten Eigenschaften in der Regel eine ungünstige Zerspanbarkeit bedingen. Somit ergibt sich für die Aufgabe dieser Lehr-veranstaltung, dass auch geringere Veränderungen der Schnittparameter in Änderungen der Aus-gangsgrößen zu beobachten sind. Gewählt: S235JR, Werkstoffnummer 1.0037, unlegierter Baustahl mit niedriger spezifischer Schnittkraft (kc1.1 = 1780 N/mm²), langspanend. 1.3. Werkzeug Für den Messkraftaufnehmer (Mehrkomponenten-Dynamometer) ist ein Werkzeugklemmhalter der Firma WNT Typ SVJCL 2020 K11, Eckdrehmeißel, vorhanden. Dieser wird mit TiN-beschichteten Hartmetallwendeschneidplatten der Firma WNT Typ VCGT - ZF CWN 517 eingesetzt. Bedeutung der Bezeichnung: VCGT - ZF CWN 517 Es besteht die Möglichkeit zwischen den Eckenradien rε = 0,2 mm, rε = 0,4 mm und rε = 0,8 mm zu wählen. Weitere Parameter der Schneidengeometrie: α = 7°, β = 83°, γ = 0°, κ = 93° liegen mit der Wahl des Werkzeughalters und der Schneidplattenform fest und können in der späteren Versuchs-planung nicht mehr als Eingangsgrößen variiert werden. Der folgende Text beschreibt die allgemeinen Einflüsse der Werkzeuggeometrie.

Bestellnummer Beschichtung Spanleitstufe Wendeplattenform

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Abb. 1 – Winkel am Schneidkeil [8]

Wäre eine frei Auswahl des Werkzeuges möglich, müssten die Einflüsse der Winkel am Werkzeug auf die Zerspanung beachtet werden. (siehe hierzu auch Abb. 2 - 6) Freiwinkel α: Der Freiwinkel liegt zwischen Freifläche und Schneidenebene. Je größer α gewählt

wird, desto sauberer wird die Schnittfläche. Ebenso sollte α größer gewählt werden, wenn sich der Durchmesser und der Vorschub erhöhen. Große Freiwinkel führen zum Wärmestau in der Schneidenspitze, schwächen den Schneidkeil (Ausbruch-gefahr) und ergeben bei konstantem Verschleißmaß B einen großen Schneidkanten-versatz SKV (hohe Maßabweichung, Abb. 18). Kleine α wirken schwingungs-dämpfend.

Für die Stahlbearbeitung werden üblicherweise bei Hartmetallschneiden α = 4…6° und bei Schnellschnittstahl α = 6…8° verwendet.

Abb. 2 – Schneidkantenversatz [8]

Keilwinkel β: Der Keilwinkel ist der Winkel zwischen Freifläche und Spanfläche. Ein großer Keil-

winkel wird für harte und spröde Werkstoffe und dicke Späne eingesetzt. Kleine Keilwinkel ergeben geringe Zerspankräfte, allerdings sind hohe Temperaturen die Folge, da die Wärmeabfuhr behindert ist. Dadurch verringert sich die Standzeit.

Übliche Werte für β: weiche, dehnbare Stoffe: β ≈ 40…50° zähfeste Werkstoffe (z.B.: Baustahl): β ≈ 55…75° spröde, hochfeste Werkstoffe: β ≈ 75…85° Spanwinkel γ: γ ist der wichtigste Winkel. Er liegt zwischen Spanfläche und Werkzeugbezugs-

ebene. Der Spanwinkel bestimmt den Spanablauf, die Spanbildung und die Zerspan-kraft. Je größer γ gewählt wird, desto besser läuft der Span ab und umso geringer ist die Zerspankraft und die Oberflächengüte nimmt zu. Allerdings ist die Bruchgefahr geringer, je kleiner der Spanwinkel ist.

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Ein negativer Spanwinkel (nur bei Hartmetallschneiden) ist günstig bei hohen Schnittgeschwindigkeiten (Schruppen), unterbrochenem Schnitt (Gusshaut) und bei festen Stoffen. Als Richtwert zur Erhöhung der Schnittkraft bei kleinen Spanwinkeln gilt je nach Literatur: 1° Winkelverkleinerung erhöht die Kraft um 1%, bzw. 1,5-2%.

Übliche Werte für γ: Hartmetallwerkzeug, Stahlbearbeitung: γ = 0…+6° (bis +18°)

Hartmetallwerkzeug, Vergütungsstahl: γ = -6…+6°

Abb. 3 – positiver u. negativer Spanwinkel [5]

Eckenwinkel εr: Dieser Winkel liegt zwischen Haupt- und Nebenschneide. Er beeinflusst die Standzeit. Bei kleinen εr kann die Wärme schlecht abfließen.

εr = 90° bei Vorschüben f < 1 mm/U. Einstellwinkel κ: κ gibt die Lage der Hauptschneide zum Werkstück vor und beeinflusst haupt-

sächlich die Zerspankräfte. Labile Werkstücke (z.B. dünnwandige Rohre) be-nötigen einen großen Einstellwinkel, da die Passivkraft bei kleinerem κ sinkt. Den Einfluss des Einstellwinkels κ auf die Passiv- und Vorschubkraft soll Abb. 20 verdeutlichen.

Abb. 4 – Ff und Fp in Abhängigkeit von κ [5]

Bei κ = 90° ergibt sich ein schmaler, dicker Span. Das Widerstandsmoment des Spans ist hoch, dadurch tritt eine große Reibung an der Spanfläche auf, was zu hohen Temperaturen und niedrigen Standzeiten führt. Die Passivkraft beträgt FP = 0N (für labile Werkstücke).

Kleine Einstellwinkel (κ um 10°) werden bei steifen Werkstücken (z.B. Walzen) eingesetzt. Sie ergeben einen dünnen, breiten Span. Das Widerstandsmoment ist klein, wodurch sich geringe Reibung, erhöhte Zerspankraft und hohe Passivkraft ergeben.

Mittlere κ (45…75°) werden für stabile Werkstücke genutzt; Definition stabil: l < 6 · d (l = Länge in mm, d = Durchmesser in mm). Große κ (70…89°) werden bei langen, labilen Werkstücken verwendet; Definition labil: l > 6 · d (l = Länge in mm, d = Durchmesser in mm).

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Außerdem werden größere Einstellwinkel bei eher zähen Schneidstoffen (HS, HM, Cermet, ...), kleinere Einstellwinkel bei eher spröden Schneidstoffen (Schneidkeramik und Hartstoffe) eingesetzt. Extrem kleine Einstellwinkel findet man beim Hartdrehen im Einsatz.

Abb. 5 – Flächen am Schneidkeil [8] Abb. 6 –Schneiden am Werkzeug [12]

Hinweis zu dieser Lehrveranstaltung: Die vom Hersteller mitgelieferten Schnittwerte sollen bewusst vernachlässigt werden, da diese bereits ein Optimum darstellen. Dieses sollen Sie selbst mit Hilfe der DoE für die Trockenbear-beitung der verschiedenen Verfahren herausfinden.

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2. Formeln und Gesetze

Es müssen die nachfolgenden Formeln/Gesetzmäßigkeiten für die Zerspanung betrachtet werden. 2.1. Zerspankraft

Um die Belastung von Werkstück, Spannmittel, Spindel, Werkzeug und Vorschubeinheit zu ermitteln und ggfs. zu begrenzen, sind Kenntnisse der Zerspankraft nach Betrag und Richtung erforderlich: Spanungsquerschnitt (Abb.6): A = b · h = ap · f [mm²]

sin

pa

= [mm] h = f · sin κ [mm]

ap = Schnitttiefe [mm] f = Vorschub [mm] → Einstellgrößen

b = Spanungsbreite [mm] h = Spanungsdicke [mm] → Spanungsgrößen

Abb. 6 – Einstell- u. Spanungsgrößen [6]

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Schnittkraftgesetz nach Kienzle: kc = Fc / A [N/mm²]

Fc = ap · f · kc = b · h · kc [N]

sinsin

p

c c

aF f kκ

κ= ⋅ ⋅ ⋅ (Abhängigkeit von κ)

Schnittkraft (Abb.7 + 7-2): Fc = b · h(1-mc) · kc1.1 [N]

Vorschubkraft: Ff = b · h(1-mf) · kf1.1 [N]

Passivkraft: Fp = b · h(1-mp) · kp1.1 [N]

kc1.1 = Hauptwert der spezifischen Schnittkraft [N/mm²] (Definition: Schnittkraft auf Spanungsbreite b = 1mm und

Spanungsdicke h = 1mm bezogen)

mc = Anstiegswert der Schnittkraft

rε = Eckenradius, Schneide [mm] n = Drehzahl [min-1] D = vorh. Durchmesser [m]

Abb.7 – Kräfte + Bewegungen am Werkzeug [5] Abb.7-2 – Spezifische Schnittkraft als Funktion der Spanungsdicke [9]

Schnittgeschwindigkeit: vc = π · D · n [m/min]

Vorschubgeschwindigkeit: vf = f · n [mm/min]

Schnittleistung: c c c

P F v= ⋅ [Nm/s]

Vorschubleistung: f f f

P F v= ⋅ [Nm/s]

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2.2. Technisch-wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Die technisch-wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Zerspanprozesses kann mit dem Zeit-spanvolumen beschrieben werden:

Zeitspanvolumen: Q = ap · f · vc [mm³/min]

2.3. Oberflächengüte

Die Oberflächengüte beim Langdrehen kann mit Hilfe der theoretischen Rautiefe Rt, th abgeschätzt werden. Messtechnisch empfiehlt sich die Erfassung der mittleren Rautiefe Rz.

Theoretische Rautiefe: 2

8t

fR

=⋅

[µm]

2.4. Spanform

In automatisierten Prozessen trägt die Spanform entscheidend zur Prozesssicherheit bei. Lange Fließ- und Wirrspäne sind unbedingt zu vermeiden. Die Spanform hängt eng mit der Werkstoff-eigenschaft „Zerspanbarkeit“ zusammen und entzieht sich bislang einer analytischen Beschreibung. Im Zuge der Lehrveranstaltung soll mit alten und ggfs. neuen Ansätzen zur Beschreibung der Span-formen erprobt werden, ob und wie eine Behandlung mit den Verfahren der Statistischen Versuchs-planung möglich ist. Einzelheiten zur bisherigen Beschreibung von Spanformen sind im Abschnitt 3.2.2. dargestellt. Außerdem werden einzelne Eingangsgrößen regelmäßig in ihrer Wirkung auf die Spanform betrachtet. 2.5. Werkzeugstandzeit

Weil Verschleiß- und Standzeitversuche stets umfangreich und viel Zeit beanspruchen, wird im Rahmen dieser Lehrveranstaltung zunächst darauf verzichtet. Hinweise zu Standzeit, Verschleiß und Temperatur finden sich im Abschnitt 3.2.3.

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3. Versuchsplanung Für die Versuchsplanung muss im Vorfeld bekannt sein, welcher Prozess (Schruppen, Schlich-ten,…) optimiert werden soll, um bei den Eingangsgrößen die jeweils wichtigsten Einflüsse auf die Ausgangsgrößen beachten zu können. Es stehen Ihnen drei Musterversuchspläne zur Hand, in denen Sie die Möglichkeiten der statis-tischen Versuchsplanung und der Prozessoptimierung erkennen können. Folgende Prozesse sollen mit der statistischen Versuchsplanung für eine Trockenbearbeitung optimiert werden:

I. Schrupplängsdrehen gefordert: hohes Zeitspanvolumen, niedrige Zerspankräfte gute Späne

II. Schlichtlängsdrehen gefordert: geringe Rautiefe, gute Späne, weiterhin Beurteilung der Rauheitsformel

III. „Leistungsschlichten“ gefordert: hohes Zeitspanvolumen, niedrige Zerspankräfte, geringe Rautiefe, gute Späne,

Hierfür werden jetzt die richtigen Kombinationen der Eingangsgrößen benötigt. Dies soll in den nächsten Kapiteln diskutiert und erarbeitet werden. Zur Beachtung: Zur Ermittlung der maximalen Schnittgeschwindigkeiten, Vorschübe und Schnitttiefen wurden Vorversuche durchgeführt. Dies war nötig, weil für die vorhandenen Schneidplatten bei Trocken-bearbeitung keine Schnittdaten vorhanden waren. Die hierdurch ermittelten maximalen Schnittdaten stehen in der folgenden Tabelle:

vc [m/min] f [mm/U] ap [mm] rε [mm] Schlichten 350 0,14 0,5 0,2 / 0,4/ 0,8 Schruppen 300 0,25 2,5 0,8

3.1 Eingangsgrößen

3.1.1. Drehzahl n

Die Drehzahl wird durch die Schnittgeschwindigkeit und den Durchmesser berechnet. Ansonsten fließt sie nur noch in die Vorschubgeschwindigkeit ein, dadurch spielt sie in der DoE nur eine untergeordnete Rolle. Als Hilfsmittel zur ungefähren Drehzahlbestimmung steht im Anhang ein Diagramm zur Verfügung (Diagramm 1). An CNC-Drehmaschinen kann über die (häufig voreingestellte) Funktion G 96 eine konstante Schnittgeschwindigkeit angewählt werden. Die Steuerung variiert dann die Drehzahl ab-hängig vom aktuellen Drehdurchmesser.

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3.1.2. Schnittgeschwindigkeit vc

Die Schnittgeschwindigkeit ist eine Komponente der Wirkbewegung. Sie ist die Bewegung zwischen Werkzeugschneide und Werkstück in Schnittrichtung. Die Schnittgeschwindigkeit wird aus empirisch ermittelten Tabellen abgelesen. Die Schnittge-schwindigkeit ist eine Randbedingung der Zerspankraftformeln und beeinflusst die Höhe der Zer-spankraft in der Regel nur wenig. Die Schnittgeschwindigkeit geht direkt in die Formeln zu Schnitt-leistung und Spanungsvolumen ein. Die Schnittgeschwindigkeit selbst wird abhängig vom Werkstoff gewählt und abhängig vom ge-wählten Schneidstoff. Sie ist unabhängig und stetig wählbar. Die Schnittgeschwindigkeit bestimmt ausschlaggebend die Temperaturen in der Spanbildungszone und ist somit ein wichtiger Faktor für den Verschleiß und die Standzeit (Abb. 8). Die in Abb. 8 gezeigte Kurve, bzw. Gerade muss bei modernen Schnittwerkzeugen nicht mehr zutreffen. Die Hersteller begrenzen die Schnittgeschwin-digkeit teilweise auf kleine Fenster, in denen eine Standzeitspanne angegeben wird. Außerhalb dieser Fenster sind die Schneidstoffe nicht zu gebrauchen.

Abb. 8 – Einfluss von vc auf T, arithmetische und logarithmische Einteilung [12]

Nach Tönshoff/Denkena ergeben höhere Geschwindigkeiten schlechtere Spanformen bis ca. vc = 400 m/min (Abb. 9), vermindern allerdings die Zerspankräfte. Dies ist bei modernen Werk-zeugstoffen und Verfahren allerdings nicht mehr der Fall. Bei der Hochgeschwindigkeitsbear-beitung (HSC) ergeben sich bei hohen Schnittgeschwindigkeiten gute Spanformen mit hohen Oberflächenqualitäten und niedrigen Zerspankräften.

Abb. 9 – Einfluss von vc auf die Spanform [9]

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Die Abhängigkeit von unterschiedlichen Schnittgeschwindigkeiten und dem Spanwinkel γ auf die Spanformklasse ist in Abb. 10 erkennbar. Zum Begriff der Spanformklasse siehe Kapitel 3.2.3. Späne, Abb. 18.

Abb. 10 – Einfluss von vc und γ auf die Spanform [9]

3.1.3. Schnitttiefe ap

Die Schnitttiefe ist die Tiefe des Eingriffs des Werkzeuges, gemessen senkrecht zur Arbeitsebene. Sie geht direkt proportional in die Zerspankraftformel ein und beeinflusst auf diese Weise die Schnitt- und Vorschubleistung. Sie wirkt sich nur gering auf die Spanform aus (Abb. 11). Einfluss nimmt die Schnitttiefe auf das Spanungsvolumen, den Spanungsquerschnitt (→ Zerspanungskräfte) und mit einem nur geringen Anteil auf die Standzeit. Die Oberflächengüte wird von der Schnitttiefe nur bedingt beeinflusst. Bei Schneiden mit größerem Eckenradius können die Spanungsverhältnisse verändert werden, wenn der Quotient rε : ap ein be-stimmtes Maß überschreitet. (Der wirksame Einstellwinkel verringert sich.)

Abb. 11 – Einfluss von ap auf die Spanform [9]

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3.1.4. Vorschub f

Der Vorschub ist der Verfahrweg des Werkzeuges je Umdrehung des Werkstückes. Er beeinflusst stark die entstehende Spanform (Abb. 12), indem er die Spanungsdicke des Span-ungsquerschnittes bestimmt. Entsprechend geformte Spanleitstufen ergeben hierbei günstige Span-formen bei großen Vorschüben (Schruppen). Ein hoher Vorschub trägt zum erhöhten Verschleiß, insbesondere durch plastische Verformung (Schneidenüberlastung) bei und somit zu einer ver-kürzten Standzeit bzw. eingeschränkten Prozesssicherheit. Ebenso fließt der Vorschub in das Span-ungsvolumen, die Vorschubgeschwindigkeit und -leistung und sogar quadratisch in die Rauheit ein.

Abb. 12 – Einfluss von f auf die Spanform [9]

3.1.5. Wendeschneidplatte

Im vorliegenden Fall ist die einzige Variable bei der Schneidplatte der Eckenradius rε. Dieser ist in der Formel der Rauheit vorhanden, ebenso hat er Einfluss auf die Zerspankräfte. Er kann nur als „Constant Factor“ in einem Versuchsplan mit „Center Points“ angenommen werden, da wegen der Staffelung der Schneidplatten kein „Center Point“ gebildet werden kann. Da aber beim Schlichten das Gesetz zur Rauheit betrachtet werden soll, werden mehrere Versuchspläne durchlaufen. 3.2. Ausgangsgrößen

Die Ausgangsgrößen entstehen durch das Zusammenspiel der Eingangsgrößen und teilweise weiteren, nicht beherrschbaren äußeren Einflüssen. Die äußeren Einflüsse sollen unbeachtet bleiben, um den Blick auf das Wesentliche nicht zu verlieren. In der Produktion wäre dies natürlich nicht möglich, da zum Beispiel Temperaturschwankungen zu Maßänderungen führen, die wiederum hohe Kosten durch Ausschuss anfallen lassen würden. 3.2.1. Rautiefe Rt, th, Rz

Die theoretische Rautiefe lässt sich nach der in Kapitel 2.3. genannten Formel berechnen. Hier zeigt sich, dass der Vorschub und der Eckenradius den Oberflächenzustand beeinflussen. Die Rautiefe nimmt linear zur Vergrößerung des Schneidenradius ab, erhöht sich allerdings quadratisch, wenn der Vorschub zunimmt. Das heißt, bei einer Verdoppelung des Vorschubs erhöht sich Rt, th um das vierfache. Bei einer Verdoppelung des Eckenradius nimmt Rt, th um die Hälfte ab. Nach Pauksch[12] bzw. Bauer [14] gilt dies in der Praxis aber nur in Vorschubbereichen von f > 0,1 mm/U (Abb. 12-2). Laut Degner [14] wird in der Praxis für Vorschübe f ≥ 0,08 mm/U auch nach der Formel

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max, 10004th

fR r rε ε

= − − ⋅

[µm]

gerechnet.

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Dies soll in den Versuchen näher betrachtet und ausgewertet werden! Der Vorschub darf, bzw. sollte nicht größer als rε gewählt werden, da sonst Wechselwirkungen auftreten. Ebenso kann der Eckenradius nicht beliebig vergrößert werden, falls ein höherer Vor-schub eingesetzt werden soll. Die Reibung zwischen Werkzeug und Werkstück nimmt immer weiter zu, was zu höherem Verschleiß führt. Weiterhin führt es zu Ratterschwingungen, die den Prozess instabil machen. Die bei der Zerspanung entstehenden Riefen und Rillen tragen nach DIN4760 als Gestaltab-weichungen 3. und 4. Ordnung zur Rauheit eines Werkstückes bei.

Abb. 12-2 – Rautiefenverlauf, theoretisch + wirklich[14]

3.2.2. Späne

Einwirkung auf die Spanbildung haben die Bewegungen Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeit (vc und vf), bzw. ihre Resultierende, die Wirkbewegung ve (Abb. 13).

Es gilt: 2 2e c f

v v v= +

Abb. 13 – Bewegungen beim Spanen [6]

Nach Warnecke [9] wird die Spanbildung in verschiedene Zonen unterteilt: Zone 1: primäre Scherzone; hier entsteht der Span Zone 2: Verformungsvorlaufzone; es entstehen Spannungen, die elastische und plastische Verformungen im Werkstück hervorrufen Zone 3+4: plastische Verformungen entstehen aus Schubspannungen, die aus der Reibung zwischen der Werkzeugfreifläche und der Werkstückfläche hervorgerufen werden Zone 5: an der Schneidkante erfolgt die eigentliche Trennung des Werkstoffes

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Die hohen mechanischen und thermischen Belastungen in den Zonen 2 bis 5 (sekundäre Scher-zonen) sind für den Werkzeugverschleiß verantwortlich (Abb. 14).

Abb. 14 – Zonen der Spanentstehung [9]

Beim Drehen können je nach Werkstoff und Bedingungen vier Spanarten entstehen (Abb. 15+16):

a) Reiß-, oder Bröckelspäne: Sie entstehen meist bei spröden Werkstückstoffen, sowie Werkstoffen mit starken Inhomogenitäten im Gefüge (z.B. Gusseisen mit Lamellengraphit) und bilden eher schlechte Oberflächen. Bei Baustählen können diese Späne unter Umständen bei Schnittgeschwindigkeiten vc < 10 m/min und einem negativen Spanwinkel entstehen.

b) Scherspäne: Sie bilden sich je nach Werkstückstoff bei Schnittgeschwindigkeiten von vc = 20 m/min bis vc = 80 m/min, großen Spanungsdicken und einem negativen Spanwinkel. Am Werkzeug ist die Bildung einer Aufbauschneide zu be-obachten, besonders bei Werkstoffen mit hoher Bruchdehnung.

c) Lamellenspäne: Diese Späne sind bei nicht zu zähen, gut verformbaren, Werkstückstoffen höherer Festigkeit mit ungleichmäßigem Gefüge, großen Spanungsdicken und hohen Schnittgeschwindigkeiten zu erwarten. Prinzipiell sind sie Fließspäne mit ausgeprägten Lamellen.

d) Fließspäne: Stähle mit gleichmäßigem, feinkörnigen Gefüge und hoher Duktilität (z.B. Baustähle) entwickeln bei Schnittgeschwindigkeiten vc > 80 m/min, einem positivem Spanwinkel und geringer Spanungsdicke diese Spanart. Auch hier ist eine Aufbauschneidenbildung zu erkennen.

Abb. 15 – Spanarten [6] Abb. 16 – Spanarten [9]

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Neben der Unterscheidung der Spanarten kann man die Späne auch nach ihrer Form klassifizieren. Beim Drehen können die unterschiedlichsten Spanformen entstehen, wie Abb. 17 zeigt. Als Spanform werden kurze Späne erwünscht, um die negativen Eigenschaften von langen Spänen zu vermeiden.

Bei langen Spänen, wie zum Beispiel Wirrspänen, besteht die Gefahr, dass

- die Werkstückoberfläche zerkratzt, wenn sich die Späne um das Werkstück wickelt

- das Werkzeug beschädigt wird

- die Maschine beschädigt wird

- der Mitarbeiter verletzt wird

Die Spanformen sind abhängig:

- von der Art und der Legierung der Werkstückstoffes

- vom Phosphor- und Schwefelgehalt des Werkstückstoffes

- von den Schnittbedingungen (vc, f, usw.)

- vom Spanwinkel und der Ausbildung der Spanformstufe

Abb. 17 – Spanformen beim Drehen [12]

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Zur näheren Beurteilung der Spanformen wurden in den 60er Jahren Spanformklassen eingeführt, denen man Spanraumzahlen zuordnen kann (Abb. 18). Die Beurteilung der Spanform erfolgt nach zwei Kriterien:

1. Transportfähigkeit

2. Gefahr für den Menschen Die Spanraumzahl R (auch RZ) gibt das Verhältnis zwischen dem Raumbedarf der ungeordneten Spänemenge und dem Werkstoffvolumen der gleichen Spanmenge an (siehe Spanungsvolumen). Je größer R desto mehr Platz wird für den Späneabfall benötigt.

Abb. 18 – Spanraumzahl, Spanformklasse u. Beurteilung von Spanformen [9/Stahl-Eisen-Prüfblatt 1178-90]

Zur Beurteilung der Spanformen im Versuch sollen die in Abb. 18 genannten Spanformklassen zum großen Teil übernommen werden. Da bei der Optimierung in MODDE nur „groß“, bzw. „klein“ als Kriterium angegeben werden kann, muss die Tabelle etwas modifiziert werden:

Spanform Spanformklasse SFK

Bandspäne 1 Wirrspäne 2 Flachwendelspäne 3 Lange, zylindrische Wendelspäne 4 un

güns

tig

Spiralspanstücke 5 Bröckelspäne 6 br

auch

bar

Wendelspanstücke 7 Spiralspäne 8 gu

t

Beispiel zur Beurteilung der Späne für das Statistikprogramm MODDE

An der Färbung der Späne kann man erkennen, dass trotz ähnlicher Spanformen unterschiedliche Temperaturen wirksam sein können. Ein verbesserter Beschreibungsansatz für die Späne sollte ggfs. diesen Aspekt mit berücksichtigen.

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3.2.3. Standzeit T

Die Standzeit T gibt den Zeitraum wieder, indem ein Werkzeug bei einer bestimmten Werkzeug/Werkstück-Paarung die gewünschten Eigenschaften während eines Zerspanprozesses erbringen kann. Die Standzeit eines Werkzeuges wird unter anderem beeinflusst durch:

- Werkstück (Werkstoff und Form)

- Werkzeug (Werkstoff und Schneidkeilgeometrie)

- Werkzeugmaschine

- Randbedingungen (z.B. Kühlschmierung) In Abb. 19 kann die Schnittgeschwindigkeit für Hartmetallschneiden bei einer Standzeit T = 15min, so genannte vc15-Werte, abgelesen werden.

Abb. 19 – Schnittgeschwindigkeiten beim Drehen mit Hartmetall für T=15min (vc15-Werte) [8] 3.2.3.1. Freiflächenverschleiß

Zur Beurteilung der Standzeit werden Stand-, bzw. Verschleißkriterien herangezogen. Diese beschreiben als Grenzwerte unerwünschte Veränderungen am Werkzeug oder am Werkstück. Als Standkriterien am Werkzeug gelten alle messbaren Verschleißgrößen, am Werkstück ist zum Beispiel die Rauheitsveränderung zu nennen. Die in der Praxis am meisten genutzten Verschleiß-größen sind der Freiflächenverschleiß (Verschleißmechanismus Abrasion) und der Kolkverschleiß (Verschleißmechanismus Diffusion). Im vorliegenden Fall wird der Freiflächenverschleiß als Standkriterium herangezogen, da dieser mit dem vorhandenen Mikroskop einfach zu messen ist und beim eingesetzten TiN-beschichteten Werkzeug keine Diffusionsneigung besteht. Der Freiflächenverschleiß ist hauptsächlich bedingt durch die Reibung an der Kante von Haupt- und Nebenschneide (Abb. 20). Die dabei entstehende Breite des Verschleißes wird Verschleißmarken-breite VB genannt. Durch den Freiflächenverschleiß entsteht ein Schneidkantenversatz SV (Abb. 20), der als Werk-zeugkorrektur angegeben werden muss, da es sonst zu Maßabweichungen kommt.

Der Versatz kann berechnet werden durch die Formel: tan

1 tan tan

VBSV

α

α γ

⋅=

− ⋅ [mm]

siehe Kapitel 3.2.3.1 Freiflächenverschleiß in Versuchen verwendeter Schneidstoff

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Abb. 20 – Verschleißmarkenbreite und Schneidkantenversatz [12]

Den stärksten Einfluss auf VB, und somit auf die Standzeit, hat die Schnittgeschwindigkeit vc, aber mit der Zerspankraft gehen auch die Spanungsbreite b und die Spanungsdicke h ein (Abb. 21). Der Gesamtverschleiß nimmt mit steigender Schnittgeschwindigkeit verstärkt zu (von der optimalen Schnittgeschwindigkeit des jeweiligen Schneidstoffes aus gesehen), die Standzeit wird schnell kleiner. Die Standzeit wird ebenfalls bei zunehmender Spanungsdicke kleiner, bei zunehmender Spanungsbreite wird sie geringfügig kleiner. Laut Schäpermeier [13] hat die Spanungsbreite b einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Standzeit T, solange sie merklich größer als die Spanungsbreite h ist.

Abb. 21 – Einfluss von vc, h und b auf die Standzeit T [12]

Zulässige Verschleißmarkenbreiten sind der unten abgebildeten Tabelle zu entnehmen.

Bearbeitungsweise Zulässige Verschleißmarkenbreite VB [mm]

Schruppen 0,8…1,0 Schlichtdrehen 0,2…0,3 Feinbearbeitung 0,1…0,2

Die Verschleißmarkenbreite soll in den folgenden Versuchen regelmäßig, d.h. nach jedem fünften Schnitt überprüft werden. Auch wenn diese Maßnahme sehr zeitaufwendig ist, muss sie durch-geführt werden, um ein reproduzierbares Ergebnis zu bekommen. Außerdem bekommt man ein Gefühl, wie hoch der Abnutzungsgrad bei den unterschiedlichen Verfahren ist.

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3.2.3.2. Temperatur

Die Temperatur an der Werkzeugschneide hat ebenfalls einen großen Einfluss auf die Standzeit. Auftretende Kräfte haben bei hohen Temperaturen eine höhere Wirkung auf die Schneidenab-nutzung, als die gleichen Kräfte bei niedrigeren Temperaturen. Wärme entsteht durch

1. Scheren und Stauchen der entstehenden Späne

2. Trennen des Werkstoffes

3. Reibung zwischen Span und Spanfläche

4. Reibung an der Freifläche

5. Reibung an der Freifläche Reibung im Span

Abb. 22 – Wärmequellen beim Spanen [12]

Die entstehende Energie wird über den Span, das Werkzeug und über das Werkstück abgeführt. Nach Lössl ist die Verteilung der Wärme 60% im Span, 38% im Werkstück und 2% im Werkzeug. Die Temperaturverteilung für ein unbeschichtetes Hartmetallwerkzeug ist in Abb. 23 zu sehen. Bei beschichteten Werkzeugen vermindert die Schicht den Reibungskoeffizienten und ggfs. den Wärmeübergangskoeffizienten in Richtung Werkzeug, so dass daraus andere Temperaturen und Verteilungen resultieren.

Abb. 23 – Temperaturen im Werkzeug [12]

Durch die hohen Temperaturen können bei Hartmetallschneiden verschiedene Verschleißformen auftreten, zum Beispiel:

- Diffusionsverschleiß, T > 800°C, führt zur Auskolkung (muldenförmiger Abtrag an der Werkzeugspanfläche)

- Oxidationsverschleiß, T = 700…800°C, die entstehende Oxidationsschicht wirkt zerstörend, ist durch Anlauffarben erkennbar

Die Höhe der Schneidentemperatur hängt von verschiedenen Einflussgruppen ab:

- Werkstück (Eigenschaften, Temperatur, Form, Spanform)

- Werkzeug (Schneidstoff, Geometrie, Verschleißzustand, Spanflächenrauheit)

- Schnittbedingungen (vc, ap, f, Kühlung, Schmierung)

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Die Messung der Temperatur könnte durch die an der FH Frankfurt vorhandene Infrarotmesspistole erfolgen. Es könnte zum Beispiel der Einfluss Temperatur/Standzeit betrachtet werden, indem die Schneidentemperaturen und Verschleißmarken protokolliert und ausgewertet werden. Um die Vergleichbarkeit der Messungen zu gewährleisten, muss eine Messvorschrift für die Messzeit und den Messort definiert werden. 3.2.4. Zeitspanvolumen Q

In der Literatur werden unterschiedliche Bezeichnungen für das Zeitspanvolumen (auch Zeit-spanungsvolumen genannt) angegeben. In dem vorliegenden Skript wird „Q“ als Kurzzeichen verwendet. Das Zeitspanvolumen stellt das vom Werkstück abgetrennte Volumen pro Zeiteinheit dar und kann bereits vor der Zerspanung berechnet werden. Aus diesem Grund kann es nur bedingt im Versuchs-plan der DoE bewertet werden, da keine äußeren Einflüsse wirken können. Es besteht immer eine 100%ige Reproduzierbarkeit. Trotzdem soll das Zeitspanvolumen beim Modellversuchsplan „Schruppen“ mitbetrachtet werden, da es einen wirtschaftlichen Faktor darstellt. Eine Erhöhung des Zeitspanvolumens kann durch Vergrößerung der Schnitttiefe, des Vorschubs und der Schnittgeschwindigkeit erreicht werden. Welchen Einfluss diese Veränderungen auf die anderen Prozessgrößen haben, ist in Abb. 24 abzulesen. Bei einer Erhöhung steigt das Zeitspan-volumen linear an. Q ist das tatsächlich zerspante Volumen pro Zeiteinheit, QSp hingegen ist das benötigte Raum-volumen der Späne. Dieses hängt von der Spanraumzahl ab, welche wiederum von der Spanform bestimmt wird.

Es gilt: QSp = R · Q, mit R = Spanraumzahl

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Abb. 24 – Möglichkeiten der Vergrößerung des Zeitspanvolumens [12]

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3.2.5. Zerspankräfte

Während des Zerspanvorgangs wirkt auf die Werkzeugschneide eine resultierende Kraft, die so genannte Zerspankraft, die sich in Schnitt-, Vorschub- und Passivkraft aufteilt (Abb. 25).

Es gilt: 2 2 2c f p

F F F F= ⋅ ⋅

Abb. 25 – Kräfte am Werkzeug [6]

Die Zerspankraft entsteht durch die Überwindung des Scherwiderstandes und der Reibungswider-stände. Sie wird von der Zusammensetzung des Werkstoffes aus Grundmetall und Legierungs-bestandteilen und der Gefügeausbildung am stärksten beeinflusst. Die Schnittkraft Fc hängt damit ebenso von vielen Faktoren ab:

- Werkstoff - Vorschub f - Schnitttiefe ap - Einstellwinkel κ - Schnittgeschwindigkeit vc - Schneidkantenradius rε - Schneidstoff - Kühlung - Werkzeugverschleiß

Die Passivkraft ist für Form- und Maßfehler verantwortlich, sie bewirkt Fehler 1.Ordnung. Dagegen verursacht die Schnittkraft Fehler 2.Ordnung. Ziel ist es, möglichst geringe Zerspankräfte an der Schneide zu erzeugen, um erhöhten Verschleiß, sowie Form- und Maßfehler zu verhindern. Dies soll auch in den Versuchsplänen für das Schruppen und das „Leistungsschlichten“ berücksichtigt werden.

} Spanungsquerschnitt

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Um die CNC-Drehmaschine nicht zu überlasten, muss im Vorfeld die Leistung abhängig von der Drehzahl überprüft werden. Hierzu wird das Diagramm 2 herangezogen. Zur Berechnung der Drehzahl wird folgende Annahme getroffen: Dmax = 80mm, Dmin = 50mm. Es gilt die Beziehung Dmax → niedrige Drehzahl, sowie Dmin → hohe Drehzahl. Man kann davon ausgehen, dass gilt: vc >> vf, es muss nur mit vc,max gerechnet werden. Deshalb wird nur die Schnittleistung berechnet, die Vorschubleistung liegt darunter und wird vernachlässigt. Beispiel „Schruppen“:

Gegebene Werte: PCNC = 25kW, κ = 93°, f = 0,25mm, ap = 2,5mm, kc1.1 = 2250N/mm², mc = 0,17

Gesuchter Wert: vc,max

Formel:

( )

( )

(1 )(1 )1.1

1.1

2

,max(1 0,17)

sinsin

25000 1000 6014042 842

2,5 1000 min0,25 sin 93 2250sin 93

c c cc m

mpc cc

c

P P Pv

aF b h kf k

Nmm mm mm mv

mm ss mm N

κκ

−−

= = =⋅ ⋅

⋅ ⋅ ⋅

⋅ ⋅ ⋅= = =

⋅⋅ ⋅ ⋅ ° ⋅

°

Zur Überprüfung der Aussage vc >> vf :

max

8420,25 0,67

min 100 minc

f

v m mv f n f mm

D mmπ π= ⋅ = ⋅ = ⋅ =

⋅ ⋅ ⋅

Der empirisch ermittelte Wert für die Schnittgeschwindigkeit liegt bei vc,max = 300 m/min! Gesuchter Wert: Pc, max

Formel: (1 ),max

mc

c c cP b h k v−= ⋅ ⋅ ⋅ [ ]

NmW

s

=

(1 0,17)

,max

,max

2,5034 0, 2497 2250 300

60 1000 ²8,9

c

c

mm mm N mP

s mm

P kW

−⋅ ⋅ ⋅=

=

Vergleich: PCNC > Pc, max, im Leistungsdiagramm liegen die Schnittpunkte unter der 100%-Linie.

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4. Messtechnik

4.1. Zerspankraftmessung

Die Zerspankraftmessung wird über ein 3-Komponenten-Dynamometer (3KD) realisiert. Das 3KD wird im Werkzeugrevolver der CNC-Drehmaschine eingespannt, in das 3KD wiederum wird der Drehmeißel eingespannt (Abb. 26).

Abb. 26 – Eingespanntes 3-Komponenten-Dynamometer mit Werkzeug

Der Messaufnehmer hat ein eigenes Koordinatensystem, in dem die Kräfte in der Richtung Fx, Fy und Fz aufgenommen werden. Um die Kräfte auf die bis jetzt benutzten Indices Fc, Ff und Fp trans-formieren zu können, müssen die unten gezeigten Koordinatensysteme beachtet werden (Abb. 27). Abb. 27 - Koordinatensystem 3-Komponenten-Dynamometer Koordinatensystem Zerspankräfte

Die aufgenommenen Messsignale werden mit hochabgeschirmten Kabeln über eine Weiche, einen Signalverstärker, einen Verteiler und eine Signalbox an einen PC geschickt (Abb. 28). Im PC werden die Signale mit der Messdatenerfassungssoftware DIAdem verarbeitet.

Abb. 28 – Schematische Anordnung der Messkette [2]

Fx

Fy

Fz

Ff

Fc

Fp

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Für die Software DIAdem Version 8.1 wurde ein Messprotokoll erstellt, das automatisch die Mittelwerte aus einem vom Benutzer anzugebenden Bereich berechnet (Abb. 29). Die im PC, welcher in der Messkette eingebunden ist, vorhandene Version 3 kann nicht erhöht werden, weil die angeschlossene Signalbox keine höheren Versionen unterstützt. Dies hat zur Folge, dass die aufgenommenen und in Zahlenwerte umgesetzten Signale in DIAdem Version 3 als reiner Daten-satz gespeichert werden müssen. Dieser Datensatz muss mit Angabe des auszuwertenden Zeit-bereichs auf einen PC mit DIAdem Version 8.1 per Diskette überspielt und bearbeitet werden. Vorgehensweise zur Datenauswertung: - DIAdem Version 3 starten und aus dem Verzeichnis C:\diadem\user\labor\zerspa~1\vz-ss05 folgende Dateien in den jeweiligen Fenstern öffnen (nur beim ersten Start):

DIAdem VISUAL: Visualisierung - spanop.dac

DIAdem GRAPH: Präsentation - spanop.lpd - Versuch durchführen und Daten aufnehmen

- Datensatz mit Namen und Versuchsnummer (z.B. Schruppen_01) auf Diskette speichern

- auf einem Memory-Stick einen Ordner in einem beliebigen Verzeichnis erstellen (z.B. VZ-Datensätze)

- Datensatz von Diskette im erstellten Ordner speichern

- DIAdem Version 8.1 starten und aus dem Verzeichnis C:\VZ\VZ-DIADEM folgende Dateien in den jeweiligen Fenstern öffnen (nur beim ersten Start):

DIAdem AUTO: Autosequenzen - Mittelwerte.aut

DIAdem GRAPH: Präsentation - Zerspankräfte2.lpd

- Im Fenster DIAdem VISUAL: Visualisierung die gespeicherten Datensatz (*.DAT) öffnen, danach die Autosequenz starten (die erscheinenden Felder ausfüllen)

Im ausgegebenen Protokoll sind alle nötigen Daten enthalten (Abb. 29):

1. Veranstaltung und Ort

2. Werkstückwerkstoff

3. Schneidstoff

4. Schneidenradius

5. Flächenform

6. mittlere Passiv-, Vorschub- und Schnittkraft

7. graphischer Zerspankraftverlauf

8. Versuchsdatum

9. Versuchsnummer

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Abb. 29 – Messprotokoll aus DIAdem Version 8.1

Anmerkung zu Abb. 29: Die im Messprotokoll deutlich erkennbaren Stufensprünge entstehen durch eine stufenweise Erhöhung des Vorschubpotentiometers. Die Sprünge sind für die Berechnung der Mittelwerte irrelevant, da sie nicht im Zeitbereich liegen, der berechnet wird. Die erforderlichen Dateien für DIAdem sind im Anhang und auf dem Labor-Laptop vorhanden. 4.2. Rautiefenmessung

Für die Erfassung der Oberflächenrautiefe wird ein elektrisches Tastschnittgerät nach DIN 4768 T1 der Firma Mitutoyo Typ Surftest 211 verwendet. Das Gerät wird so konfiguriert, dass die gemittelte Rautiefe Rz gemessen wird. Um Messfehler zu vermeiden, wird das Messgerät an einem schweren Messständer, der durch eine Spindel höhenverstellbar ist, befestigt. Das zu vermessende Werkstück wird in einem Prisma gelagert (Abb. 30). Eine weitere Möglichkeit, die allerdings nur bis zu einem Durchmesser D > 55mm möglich ist, besteht darin, das Werkstück zwischen Spitzen zu spannen (Abb. 31). Bei der Messung ist darauf zu achten, dass der Messarm waagrecht zur Werkstückoberfläche liegt und keine unmittelbaren Erschütterungen auf den Messaufbau wirken (z.B. Anstoßen am Tisch). Es sollten drei Messungen erfasst werden, aus denen ein Mittelwert gebildet wird.

Abb. 30 – Messaufbau Rautiefenmessung Abb. 31 – Messaufbau, 2.Variante

2

3 4

6 7

8

1

5

9

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4.3. Verschleißmarkenbreitenmessung

Die Messung der Verschleißmarkenbreite VB erfolgt mit einem Mikroskop der Firma Mitutoyo Typ TM-500 mit einer 30fachen Vergrößerung (Abb. 32).

Abb. 32 – Mikroskop Mitutoyo TM-500 [2]

Zur Messung wird die Schneidplatte auf einem Stück Knetmasse so fixiert, dass man unter dem Mikroskop auf die Hauptschneide blicken kann (Abb. 33).

Abb. 33 – Blick auf die Hauptschneide [12]

Im Fadenkreuz wird eine Kante der Verschleißmarke, je nach Lage der Schneide, an der senk-rechten x-Linie oder der waagrechten y-Linie ausgerichtet, bis sie parallel sind. Die Kante der Verschleißmarke wird bündig zu der ausgerichteten Linie verfahren. Jetzt wird das Mikrometer-messgerät „genullt“. Der Tisch wird in der entsprechenden Richtung soweit bewegt, bis die gegen-überliegende Kante der Verschleißmarke mit der Fadenkreuzlinie bündig liegt (Abb. 34). Das Maß der Verschleißmarkenbreite kann am Mikrometermessgerät abgelesen werden.

Abb. 34 – Ausmessen der Verschleißmarke [2]

Blickrichtung von oben durch das Mikroskop

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5. Diagramme

Diagramm 1 – Drehzahldiagramm [11]

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Diagramm 2 – Leistungsdiagramm Traub TND3000 [4]

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6. Quellenangaben

[1] Skript zum Labor „Versuchtechnische Optimierung eines Zerspanprozesses“; Prof. Dr. Ludwig; FH Frankfurt; Frankfurt, 2005

[2] Skript zum Labor „Werkzeugmaschinen – Zerspanversuch Drehen“; Prof. Dr. Ludwig; FH Frankfurt; Frankfurt, 2004

[3] Skript zum Seminar „Design of Experiments“; Prof. Dr. Orth; FH Frankfurt; Frankfurt, 2005

[4] Betriebsanleitung TND300 / TND400; Firma Traub; 1988-1990

[5] Das Techniker-Handbuch, 15.Auflage; Alfred Böge; Vieweg; Braunschweig/Wiesbaden, 1999

[6] Fertigungstechnik, 6.Auflage; Fritz, Schulze; Springer; Berlin, 2004

[7] Lexikon Technologie, 2.Auflage; Europa Lehrmittel; Haan-Gruiten, 1992

[8] Praxis der Zerspantechnik, 5.Auflage; Heinz Tschätsch; Vieweg; Braunschweig/Wiesbaden, 1999

[9] Spanen, 2.Auflage; Tönshoff, Denkena; Springer; Berlin, 2004

[10] Stahlschlüssel Taschenbuch, 18. Auflage; Verlag Stahlschlüssel Wegst; Marbach, 1998

[11] Tabellenbuch Metall, 41.Auflage; Europa Lehrmittel; Haan-Gruiten, 1999

[12] Zerspantechnik, 11.Auflage; Eberhard Paucksch; Vieweg; Braunschweig/Wiesbaden, 1996

[13] Zerspanungsoptimierung beim Drehen von Stählen; Schäpermeier; Carl Hanser Verlag; München/Wien, 1999

[14] Spanende Formung, 15.Auflage; Degner, Lutze, Smejkal; Carl Hanser Verlag; München/Wien, 2002