Tarifeinheitsgesetz Ohne Änderungen beschlossen · PDF fileTarifeinheitsgesetz Ohne Änderungen beschlossen In namentlicher Abstimmung gaben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages

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  • Tarifeinheitsgesetz

    Ohne nderungen beschlossen In namentlicher Abstimmung gaben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am Vormittag des 22. Mai 2015 ihre Stimme fr das von der Bundesregierung vorgelegte Tarifeinheitsgesetz (TEG) ab: 448 Abgeordnete stimmten dafr, 126 Abgeordnete dagegen, 16 enthielten sich, 45 votierten nicht. Das TEG wurde unverndert verabschiedet. Und das, obwohl sich Rechtsexperten sowohl in der Anhrung des Arbeitsausschusses des Bundestages am 4. Mai 2015 als auch in zahlreichen Symposien und Podiumsdiskussionen im Vorfeld der Verabschiedung fr dringende Nachbesserungen des Gesetzentwurfs aussprachen.

    Sowohl Befrworter als auch Gegner der Tarifeinheit bescheinigten dem Gesetzentwurf schwere handwerkliche Mngel. Der Passauer Arbeitsrechtler Professor Frank Bayreuther kritisierte, dass die Groe Koalition sich hinsichtlich des Arbeitskampfrechtes nicht traue und die Hauptverantwortung den Arbeitsgerichten zuschiebe. Der Vorsitzende vom Bund der Rich terinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit, Joachim Vetter, vermisste im Gesetzentwurf Regeln zum Arbeitskampfrecht, die er fr dringend notwendig hlt. Auerdem bezeichnete er es als schwierig, festzustellen, welche Gewerkschaft die meisten Mitglieder in einem Betrieb hat. Dies knne mittels einer einstweiligen Verfgung gar nicht festgestellt werden, weshalb sich Gerichte gar nicht ins Streikrecht einmischen knnten.

    Keine Rcksicht auf Minderheiten

    Professor Wolfgang Dubler, renommierter Arbeitsrechtler,

    fhrte an, dass bislang kein verlssliches Verfahren existiert, um in berschaubarer Zeit die Mitgliederzahl von zwei Gewerkschaften festzustellen. Der Jurist Profes sor Matthias Jacobs von der Bucerius Law School, Hamburg, bemngelte neben der Verfas

    sungswidrigkeit des TEG, dass das Gesetz drei verschiedene Definitionen des Begriffs Betrieb enthalte. Professor Gregor Thsing, Universitt Bonn, zweifelt an der gewnschten Befriedungsfunktion und rechnet damit, dass es aufgrund des Gesetzes keine Streiks weniger geben wird. Auch, dass das Gesetz Kooperationsanreize setze, sieht Thsing nicht. Die Fraktion der Grnen im Bundestag meint: Das geplante Prinzip the winner takes it all wird im Gegenteil in der weit berwiegenden Zahl der Flle klarer Mehrheiten dazu fhren, dass die greren Gewerkschaften berhaupt keine Rcksichten auf Minderheiten nehmen mssen.

    Die Regierung war aber offenbar von der berzeugung getragen: besser ein mangelhaftes, als gar kein Tarifeinheitsgesetz. Natrlich geht das nur mit dem Ass der Mehrheit im Bundes

    tag im rmel. Damit wei sie die Katze so oder so, zumindest vorlufig, im Sack. Und um Zeitgewinnung geht es strategisch ebenfalls. Da sei doch die Frage erlaubt: Wie tief ist der Anspruch unseres Gesetzgebers gesunken? Liegt in dessen hemmungslosem Agie

    ren, im Widerspruch zu Recht und Gesetz, nicht sogar die Begrndung, warum ein Mehrheitsprinzip, wie es auch dem TEG zugrunde liegt, demokratiegefhrdend ist?

    Das Gesetz muss nun noch Mitte Juni durch den Bundesrat und anschlieend vom Bundesprsidenten ausgefertigt werden. Dann kann es in Kraft treten. Als Termin wird allgemein der 1. Juli 2015 gehandelt.

    Totengrber des Streikrechts

    Dass das Gesetz kommt, war klar. Es ist seit 2010 in Vorbereitung. Alle, die behaupten, die GDL htte durch ihre Arbeitskmpfe dieses Gesetz herbeigefhrt, kennen dessen Geschichte nicht. In einer gemein samen Initiative hatten die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbnde (BDA) und der Deutsche Ge

    werkschaftsbund (DGB) 2010 einen Regelungsentwurf vorgelegt. Dies geschah unmittelbar nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Recht sprechung zur Tarifeinheit aufgegeben hatte. Seinerzeit hatte der CDUKoalitionspartner FDP noch eine Gesetzesinitiative verhindert. Ohne Zeit zu verlieren, machte dann aber die CDU mit dem neuen Partner SPD gleich Ngel mit Kpfen: Die Groe Koalition legte 2014 einen Gesetzentwurf vor, der sich eng an den Regelungsentwurf von DGB und BDA anlehnt. Der DGB und die SPD erweisen sich also als Totengrber des Streikrechts und als devote Koffertrger der Wirtschaft und der Arbeitgeber. Tiefer kann man kaum noch sinken. Und ist der Ruf erst ruiniert, dann wei der Volksmund: Lebt es sich gnzlich ungeniert.

    Gang nach Karlsruhe

    Das Gesetz ist also da. Und Fakt ist, dass das Zugpersonal und die GDL wesentlich dazu beitragen haben, dass es in Expertenkreisen und in der breiten ffentlichkeit kontrovers diskutiert wird. Es ist in aller Munde. Natrlich wre es dem Gesetzgeber viel lieber gewesen, htte er dieses Gesetz, wie so viele andere, ohne viel ffentliches TamTam, ganz still und heimlich durchwinken knnen. Doch die GDL und ihre Mitglieder bleiben am Ball und wehren sich gegen den Angriff auf das Koalitionsgrundrecht. Die GDL wird den Gang nach Karlsruhe antreten und eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen. Auch der dbb, der Marburger Bund, die Vereinigung Cockpit und ver.di haben angekndigt, dass sie klagen werden. V. M.

    Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Hier entscheidet sich, ob das umstrittene Tarifeinheitsgesetz Bestand haben wird oder nicht.

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    > GDL Magazin VORAUS | Juni 2015

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