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Taschenatlas Notfall & Rettungsmedizin Kompendium für den Notarzt Bearbeitet von Thomas Schneider, Benno Wolcke, Roman Böhmer 4. Aufl. 2010. Buch. XXIV, 597 S. Hardcover ISBN 978 3 642 01050 7 Format (B x L): 9,9 x 16 cm Gewicht: 402 g Weitere Fachgebiete > Medizin > Sonstige Medizinische Fachgebiete > Notfallmedizin & Unfallmedizin (und Notdienste) Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

Taschenatlas Notfall & Rettungsmedizin - … · 4.1 EKG im Rettungsdienst Aufgaben des EKG im RD: Überwachung der Herzfrequenz. Differenzialdiagnostik der Herzrhythmusstörungen

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Taschenatlas Notfall & Rettungsmedizin

Kompendium für den Notarzt

Bearbeitet vonThomas Schneider, Benno Wolcke, Roman Böhmer

4. Aufl. 2010. Buch. XXIV, 597 S. HardcoverISBN 978 3 642 01050 7

Format (B x L): 9,9 x 16 cmGewicht: 402 g

Weitere Fachgebiete > Medizin > Sonstige Medizinische Fachgebiete > Notfallmedizin& Unfallmedizin (und Notdienste)

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

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70 Kapitel 4 · EKG-Diagnostik im Notfall

EKG-Diagnostik im Notfall

4.1 EKG im Rettungsdienst

Aufgaben des EKG im RD:▬ Überwachung der Herzfrequenz.▬ Differenzialdiagnostik der Herzrhythmusstörungen.▬ Differenzialdiagnostik der Formen des Herz-Kreislauf-Stillstandes.▬ Unterstützung der Herzinfarkt- und Lungenemboliediagnostik.

Das EKG ersetzt auf keinen Fall▬ die wiederkehrende Puls- und Blutdruckkontrolle sowie▬ die gezielte (kardiale) Anamnese und klinische Diagnostik.

! Cave – Das EKG gibt keine Auskunft über die Herzmuskelkon-traktion, sondern nur über elektrische Phänomene! Ein unauffälliges EKG-Bild mit eingeschränkter oder fehlender Auswurfleistung ist möglich. Viele Herzerkrankungen zeigen keine oder nur diskrete EKG-Veränderungen. Andererseits können auch extrakardiale Erkrankungen oder elektrische Störimpulse oder technische Fehler zu erheblichen EKG-Veränderungen führen, sodass die EKG-Befundung nur in der Zu-sammenschau mit der Klinik des Patienten erfolgen darf. Auch der Um-fang der Kenntnisse und Fähigkeiten des einzelnen Notarztes limitieren die EKG-Diagnostik. Jedoch sollte jeder Notarzt in der Lage sein, die in diesem Büchlein beschriebene Einordnung und Therapie der Periarrest-Arrhythmien sowie die EKG-gestützte Infarktdiagnostik bei akutem Koro-narsyndrom vorzunehmen.

4.2 Grundlagen der EKG-Ableitung

Das EKG misst jeweils zwischen 2 Punkten am menschlichen Körper elektrische Potenzialdifferenz und macht sie im Verlauf optisch sichtbar. Diese Spannung verändert sich durch den Stromfluss am Herzen.

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4.2 · Grundlagen der EKG-Ableitung 471

Begriffe. Eine Ableitung bezeichnet eine EKG-Kurve, die zwischen zwei genau definierten Polen aufgezeichnet wurde. Wenn jeder Pol einer Einzelelektrode entspricht, spricht man von bipolaren Ableitungen. Ein »virtueller« EKG-Pol kann auch durch Zusammenschaltung (elektrisches Verbinden) mehrerer Elektroden erzeugt werden, sodass jeweils nur der Gegenpol durch eine einzelne Elektrode dargestellt wird → (pseudo-) unipolare Ableitungen. Eine vollständige Beurteilung des Reizleitungs-systems und der myokardialen Ströme erfordert mind. 12 Ableitungen (je 6 in Frontal- und Transversalebene, jeweils in ca. 30°-Abständen).

Wenn von einem 3-Pol-, 4-Pol-, 5-Pol- oder 10-Pol-EKG gesprochen wird, ist mit der jeweiligen Ziffer die Anzahl der aufzubringenden Elektroden bzw. die Anzahl der anzuschließenden EKG-Kabel gemeint. »Kanal « steht für die Anzahl gleichzeitig erzeugbarer (anzeigbarer oder ausdruckbarer) Ableitungen; ein 3-Kanal-EKG ermöglicht die Anzeige oder den Ausdruck von 3 zeitgleich aufgezeichneten EKG-Kurven (z. B. untereinander auf einem Blatt bei einem 3-Kanal-Schreiber). Ein 12-Kanal-EKG-Gerät kann mit 10 aufgebrachten Elektroden (= 10-polig) die 12 Standardableitungen erzeugen; die im RD gebräuchlichen 12-Kanal-EKG-Gerät e haben meist nur einen 1- oder 3-Kanal-Schreiber. In der Klinik werden oft 6-Kanal-Schreiber verwendet.Anlegen und Ausdrucken des EKG. Zur 3-Pol-Monitorableitung für die Frequenzüberwachung und grobe Rhythmusdiagnostik können die EKG-Elektroden nahezu beliebig auf der Haut angebracht werden. Damit ausreichend große Ausschläge und wenig Störungen entstehen, sollten sie das Herz einrahmen und über muskelarmen Arealen aufgeklebt werden (z. B. rechte Schulter/rot, linke Schulter/gelb, linke Hüfte/grün → modifi-zierte Einthoven-Ableitungen).

Das 12-Kanal-EKG ist ein Qualitäts-EKG! Schon geringe Fehler bei der Registrierung können zu Informationsverlust oder gar Fehldiagnosen führen. Daher gilt:▬ Die vorgeschriebenen Elektrodenpositionen (⊡ Tab. 4.1–4.3, ⊡ Abb. 4.1)

sind exakt einzuhalten (liegender Patient), damit die EKG-Kurven in allen Ableitungen im Hinblick auf Zeitwerte, Ausschlaghöhen und Formen korrekt beurteilbar und mit vorherigen oder späteren Aufzeichnungen zur Verlaufskontrolle vergleichbar sind (z. B. in der Klinik). Zwingend notwendige Abweichungen von Standardpositionen sind auf dem Ausdruck zu dokumentieren (z. B. Extremitätenamputa-tion, große linke Brust). Auch vertauschte Kabel (Verpolung) erzeugen Fehldiagnosen!

▬ Die Verbindung über die Elektroden muss gut leitend sein, da durch eine elektrische Dämpfung z. B. Hypertrophiezeichen oder ST-Hebun-

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72 Kapitel 4 · EKG-Diagnostik im Notfall

gen unterschätzt werden können (keine alten oder offen gelagerten Elektroden verwenden, Elektroden nur auf rasierte oder unbehaarte Haut aufbringen, bei Saugelektroden und bei sehr trockener Haut ge-eignetes Kontaktmedium verwenden).

▬ Äußere Einflüsse auf die EKG-Kurve (Artefakte) müssen vermieden und – wenn doch vorhanden – als solche erkannt werden (� Kap. 4.4): Ein verwertbares EKG erfordert einen ruhig liegenden, nicht frieren-

⊡ Tab. 4.1. Bipolare Extremitätenableitung en nach Einthoven (nach DIN EN 60601-2-51, Code 1)

Elektroden-farbe (Kabel)

Elektroden-bezeichnung

Elektroden-positionen Verschaltung der Ableitungen

rot R Rechter Arm (Nähe Hand-gelenk)

Abl. I = L − ⊕ – R⊝Abl. II = F − ⊕ – R⊝Abl. III = F − ⊕ – L⊝

gelb L Linker Arm (Nähe Hand-gelenk)

grün F Fuß (linkes Bein, Nähe Sprunggelenk)

schwarz N Fuß (rechtes Bein, Nähe Sprunggelenk)

Für die Erzeugung einer Einthoven-Ableitung kann jeweils die 3. Elektrode als Masse (Bezugse-lektrode) für eine Entstörschaltung dienen (3-Pol-Ableitung). Zur synchronen Registrierung aller 3 Einthoven-Ableitungen oder der Goldberger-Ableitungen ist eine 4. Elektrode erforderlich (N=neutral, 4-Pol-Ableitung).

⊡ Tab. 4.2. Gewichtete (pseudo-) unipolare Extremitätenableitung en nach Goldberger (nach DIN EN 60601-2-51, Code 1)

Ableitung Differente Elektrode (⊕-Pol) Indifferente Elektrode (⊝-Pol)

aVR R Zusammenschaltung von L und F

aVL L Zusammenschaltung von R und F

aVF F Zusammenschaltung von R und L

Farben und Positionen der Elektroden (R, L, F, N) wie bei den Einthoven-Ableitungen (⊡ Tab. 4.1). Die N-Elektrode ist als Masse (Bezugselektrode) zwingend erforderlich (aV= »augmented voltage«; Bezeichnung historisch).

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4.2 · Grundlagen der EKG-Ableitung 473

⊡ Tab. 4.3. Unipolare Brustwandableitung en nach Wilson (nach DIN EN 60601-2-51, Code 1)

Elektrodenfarbe (Kabel)

Elektroden-bezeichnung

Elektroden-positionen

Verschaltung der Ableitungen

rot/weiß C1 4. ICR parasternal rechts

Die Brustwandelektroden C1–C6 stellen jeweils die differenten Elektroden dar (⊕-Pole). Die indifferente Elektrode (⊝-Pol) ist jeweils für alle Brustwandablei-tungen gleich: Zusammen-schaltung der Extremitä-tenelektroden R, L und F (»konstruierter Nullpunkt in der Thoraxmitte« = »central terminal« nach Wilson). Die Ableitungen, die sich je nach Brustwandelektrode aus C1–C6 ergeben, heißen V1–V6.

gelb/weiß C2 4. ICR parasternal links

grün/weiß C3 genau in der Mitte zwischen C2 und C4

braun/weiß C4 5. ICR links in der MCL

schwarz/weiß C5 Höhe von C4 in der linken VAL

violett/weiß C6 Höhe von C4 in der linken MAL

ICR = Interkostalraum, MCL = Medioklavikularlinie, VAL = vordere Axillarlinie, MAL = mittlere Axillarlinie. Man muss beim Anlegen des EKG darauf achten, dass die rot, gelb und grün gefärbten Elektroden R, L und F nicht mit C1, C2 und C3 verwechselt werden (oft durch Kabellänge oder Ver-bindung erkennbar). Die N-Elektrode ist als Masse (Bezugselektrode) zwingend erforderlich.Für eine spezielle Infarktdiagnostik können weitere Ableitungen notwendig werden, z. B. erhält man die rechtspräkordialen Ableitungen V3r und V4r, wenn man die Elektrodenpositionen C3 und C4 auf die rechte Thoraxseite spiegelt (C4r: 5. ICR rechts in MCL; C3r: genau zwischen C1 und C4r). Die Ableitungen V7–V9 erhält man, indem man C4–C6 in Höhe der ursprünglichen C4-Elektrode linksthorakal in der hinteren Axillarlinie (V7), in der mittleren Skapularlinie (V8) und paravertebral (V9) anlegt. Da das EKG-Gerät nicht erkennen kann, wo die Elektroden angelegt wurden, müssen diese besonderen Ableitungen handschriftlich auf dem Ausdruck gekennzeichnet werden!

den Patienten (z. B. möglichst warmer Raum, Zudecken, Beruhigung, ggf. Analgesie). Der Patient soll während der EKG-Registrierung nicht von anderen Personen berührt werden. Störquellen in der Umgebung beseitigen (z. B. stärkere Stromquellen, Vibrationen).

▬ Bestimmte Filter müssen ggf. deaktiviert werden (oft voreingestellt).▬ Immer nur eine Elektrodensorte gleichzeitig verwenden.▬ Auf dem Ausdruck müssen immer eine korrekte, rechteckige Eich-

zacke oder die Amplitudeneinstellung und die Schreibgeschwindigkeit erscheinen (sonst keine Kurvenvermessung möglich). Außerdem Be-schriftung mit Patientendaten.

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74 Kapitel 4 · EKG-Diagnostik im Notfall

! Cave – Vor der erweiterten EKG-Ableitung (10-Pol-EKG) und -Inter-pretation steht die Sicherung und Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen (Basischeck, Basismaßnahmen, � Kap. 2).

⊡ Abb. 4.1. Elektrodenposition und Verschaltung der Brustwandableitung en nach Wilson

N

R L

C1−C6

⎧ ⎪ ⎨ ⎪ ⎩

F

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4.3 · Notfall-EKG-Interpretation 475

4.3 Notfall-EKG-Interpretation: Rhythmusanalyse

Die Nomenklatur sowie relevante Abschnitte des EKG-Signals sind anhand eines typischen QRS-Komplexes in ⊡ Abb. 4.2. dargestellt (ent-spr. etwa der Form in Ableitung II). Wichtige EKG-Normgrößen zeigt ⊡ Tab. 4.4. Die Befundung der EKG-Morphologie wird ab � Kap. 4.11 ausführlich dargestellt.

Für die Analyse des Herzrhythmus im Notfall ist nur eine begrenzte Zahl von Informationen relevant. (� Übersicht).

Fragen für die schnelle und systematische Rhythmusdiagnose▬ Unabhängig vom EKG-Bild: Patient stabil oder instabil? (Akuter Hand-

lungsbedarf?)▬ Herzfrequenz (QRS-Komplexe)? (Unabhängig von der Pulsfrequenz!)▬ QRS-Komplexe regelmäßig oder unregelmäßig?▬ QRS-Komplex schmal oder breit (breit ≥0,12 s)?▬ Vorhofaktivität: P-Wellen? Zusammenhang mit QRS-Komplexen?

⊡ Tab. 4.4. EKG-Normgrößen

EKG-Abschnitt Dauer [s] Amplitude [mV]

P-Welle 0,05–0,10 0,10–0,25

PQ-Zeit (= Beginn P bis Beginn Q)

HF 60/min: 0,12–0,20HF 80/min: 0,12–0,18HF 100/min: 0,12–0,16

Q-Zacke <0,02 in V2/V3, sonst <0,04 <1/4 R (in derselben Abl.)

QRS-Komplex 0,06–0,09 0,6–1,6 (Extremitäten)0,8–2,6 (Brustwand)

T-Welle – 1/8–2/3 R bzw. S (in derselben Ableitung)

QT-Strecke (= Beginn Q bis Ende T)

HF 60/min: ∅ 0,38 (max. 0,44)HF 80/min: ∅ 0,34 (max. 0,39)HF 100/min: ∅ 0.30 (max. 0,35)

Ausmessen von Zeiten abhängig von der Ablenkgeschwindigkeit (Papiervorschub): Ablenkgeschwindigkeit 25 mm/s: 1 mm entspr. genau 0,04 s. Ablenkgeschwindigkeit 50 mm/s: 1 mm entspr. genau 0,02 s.Ausmessen von Ausschlaghöhen abhängig von der Amplitudeneinstellung (Eichzacke): Bei einer Eichzackenhöhe von 1 cm (Amplitude neinstellung 1 cm/mV) entspricht ein Ausschlag von 1 mm genau 0,1 mV. Ausschläge von P, Q, R, S, T und ST-Streckenveränderungen (� Kap. 4.13) werden als Referenz auf die Verbindung der PQ-Strecken als »Nulllinie« bezogen.

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76 Kapitel 4 · EKG-Diagnostik im Notfall

4.3.1 Patient stabil oder instabil?

! Cave – »Behandle den Patienten, nicht den Monitor.«

Der klinische Zustand des Patienten lässt sich in 3 Gruppen einteilen. Diese Einteilung ist für die Behandlungsdringlichkeit und bei Herzrhyth-musstörungen für das Festlegen einer adäquaten Therapie von Bedeu-tung (� Übersicht).

⊡ Abb. 4.2. Nomenklatur und Zeitdauern der Abschnitte des EKG-Signals

Eich

ung

P-Welle

PQ

-Strecke

QRS-Gru

ppe

ST-Strecke

T-Welle

U-W

elle

inko

nstan

t

1 mV

P

Q

< 0,1 s

PQ-Intervall< 0,2 s

QT-Intervallfrequenzabhängig

bei 70/min 0,32-0,39 s

< 0,1 s

R

S

T

(U)

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4.3 · Notfall-EKG-Interpretation 477

I. Apnoe/Schnappatmung/Pulslosigkeit (Herz-Kreislauf-Stillstand)

→ Sofortige Maßnahmen zur CPR erforderlich (� Kap. 5)!II. Patient in klinisch instabilem Zustand; Zeichen der Instabilität :▬ Thoraxschmerz▬ Bewusstseinsstörungen▬ Akute Herzinsuffizienzzeichen▬ Blutdruckabfall (systolischer RR <90 mmHg)

→ Sofortige Behandlung durch NA indiziert.

III. Patient in klinisch stabilem Zustand (weder Pulslosigkeit noch

Zeichen klinischer Instabilität)

→ Überwachung, Transport zur Klinik (Expertenhilfe), ggf. Therapie

4.3.2 Herzfrequenz

Häufigkeit der QRS-Komplexe pro Minute = Kammerfrequenz (Herzfre-quenz ; HF). Auch wenn die HF vom EKG-Gerät automatisch bestimmt wird, muss sie anhand der Kurve in jedem Fall orientierend überprüft werden, da die Zählung des EKG-Geräts fehlerhaft sein kann (z. B. Mehr-fachzählung aufgesplitterter QRS-Komplexe, Schrittmacherimpulse, hohe T-Wellen, zu niedrige Zählung bei Niedervoltage).

PraxistippsFaustregeln zur Bestimmung der Herzfrequenz▬ Bei Vorschub 25 mm/s und regelmäßigem Rhythmus:

HF = 300 : Anzahl der 5-mm-Kästchen von R-Zacke zu R-Zacke.▬ Bei Vorschub 50 mm/s und regelmäßigem Rhythmus:

HF = 600 : Anzahl der 5-mm-Kästchen von R-Zacke zu R-Zacke.

▬ Bradykardie : <60/min.▬ Tachykardie : >100/min.

! Cave – Herzfrequenz ist nicht Pulsfrequenz! Herzfrequenz – Puls-frequenz = Pulsdefizit (typisch z. B. bei Vorhofflimmern).

4.3.3 Regelmäßigkeit der QRS-Komplexe

Arrhythmie liegt vor bei einer Frequenzvariation >10% (ältere Erwach-sene) bis 20% (jüngere Erwachsene). Bei Kindern bis 30% normal!

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78 Kapitel 4 · EKG-Diagnostik im Notfall

Arrhythmie bei Sinusrhythmus ist fast immer normal. Eine normale Frequenzvariation tritt (bei manchen Menschen verstärkt) durch Reflexe auf:▬ Einatmung → verstärkter venöser Rückstrom → HF ↑ (Bainbridge-

Reflex).▬ Luft anhalten und pressen → HF ↓ (Vagusreizung über Druck-

rezeptoren).

Ggf. gezielte EKG-Registrierung in Ein- und Ausatemphase und in Atemruhe zum Vergleich.

DD bei QRS-Unregelmäßigkeit: Vorhofflimmern, Extrasystolen, Pausen bei sinuatrialem Block oder AV-Block.

4.3.4 Breite der QRS-Komplexe

Ein schmaler QRS-Komplex (<0,12 s) zeigt eindeutig, dass die Erregung regulär über das Kammerreizleitungssystem verläuft (Erregungsbildung supraventrikulär, oberhalb der His-Bündel-Teilung: Sinusknoten, Vorhof oder AV-Knoten).

Differenzialdiagnose eines breiten QRS-Komplexes (≥0,12 s)▬ Schenkelblock (bradykard, normofrequent, tachykard oder

frequenzabhängig)▬ Ventrikulärer Herzrhythmus (bradykard, normofrequent oder

tachykard)▬ Herzschrittmacher (normofrequent oder begrenzt tachykard)▬ Präexzitationssyndrom (WPW; bradykard oder normofrequent: QRS nur

gering durch trägen Anstieg verbreitert und PQ-Zeit verkürzt; Verbrei-

terung bei Tachykardie selten = antidrome atrioventrikuläre Reentry-

Tachykardie)▬ Schwere Hyperkaliämie (weitere Hinweise: überhöhte T-Wellen,

evtl. fehlende P-Wellen trotz Sinusrhythmus, Anamnese!), Anti-

arrhythmika (Klasse Ia)▬ Artefakte (z. B. schnelle, rhythmische Muskelbewegungen, lockere Elekt-

roden)

Schrittmachertachykardien, Breitkomplextachykardien bei WPW-Syndrom und schwere Hyperkaliämien sind selten und lassen sich meist anhand der Anamnese abgrenzen. Hauptproblem ist die Unterscheidung ventrikulärer

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4.3 · Notfall-EKG-Interpretation 479

Tachykardien (VT) von supraventrikulären Tachykardien mit Aberration (Schenkelblock): ⊡ Abb. 4.3.

Für eine VT sprechen ferner:▬ Bekannte KHK/organische Herzerkrankung, älterer Patient,

HF >140/min.▬ QRS-Komplexe >0,16 s (bei RSB-ähnlichem Bild >0,14 s).

⊡ Abb. 4.3. Diagnosealgorithmus für eine Breitkomplextachykardie (nach Brugada-Kriterien)

Diagnosealgorithmus für eine Breitkomplextachykardie

VT

R-zu-S-Intervall >0,1 s in einer Brustwandableitung?

AV-Dissoziation* oder Fusionsschläge/Capture Beats**?

Typische VT-Morphologie in V1 und V6?

Supraventrikuläre Tachykardie mit aberranter Leitung

* AV-Dissoziation: langsamer P-Wellen-Grundrhythmus unabhängig vonden schnellen QRS-Komplexen; praktisch beweisend, bei ca. 50% der VTvorhanden (bei ca. 40% der VT permanente 1:1-retrograde Vorhoferregung),Erkennen erfordert jedoch Übung.** Fusionsschläge/»capture beats« (nahezu beweisend, aber selten): Währendeiner VT können ordnungsgemäße supraventrikuläre Erregungenausnahmsweise zu einer regulären Überleitung und Erregung der Kammernführen, wenn der AV-Knoten zu diesem Zeitpunkt nicht refraktär ist (»capturebeat«, Dressler-Schlag). Bei simultaner Aktivierung der Kammern durchsupraventrikulären und ventrikulären Impuls kommt es zum sog.Fusionsschlag. Die resultierenden QRS-Komplexe sind in beiden Fällen im Kontrast zu den übrigen QRS-Komplexen typisch schmal, was den ventrikulärenUrsprung der übrigen QRS-Komplexe zeigt.

VT

VT

VT

Ja

Nein

Nein

Nein

RS-Komplex in mind. einer Brustwandableitung? Nein

Ja

Ja

Ja

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80 Kapitel 4 · EKG-Diagnostik im Notfall

▬ In allen Brustwandableitungen (V1–V6):– nur negative QRS-Komplexe (QRS-Konkordanz) – nie bei supraven-

trikulärer Tachykardie.– nur positive QRS-Komplexe (QRS-Konkordanz) – DD: antidrome

WPW-Tachykardie (selten).▬ Anderes Schenkelblockbild als das vorbestehende Schenkelblockbild in

einem Vor-EKG.▬ Bei linksschenkelblockartigem QRS-Komplex:

– Lagetyp zwischen –90° und –180° (»Nord-West-Typ«).– Q-Zacke in V6 – DD: supraventrikuläre Tachykardie bei ausgedehn-

tem lateralem Herzinfarkt.– R in V1/V2 ≥0,04 s – DD: antidrome WPW-Tachykardie (selten).– In V1/V2: Dauer von Beginn QRS bis Fußpunkt der (gekerbten)

S-Zacke ≥0,07 s (Nadir-Zeichen).▬ Bei rechtsschenkelblockartigem QRS-Komplex: QS-Muster in V6,

Verhältnis R/S <1 in V6; Kaninchenohrzeichen (Rr‘) oder qR in V1.

4.3.5 Vorhofaktivität: P-Wellen?

1. Regelmäßige P-Wellen erkennbar?2. P-Welle vor jedem QRS-Komplex?3. QRS-Komplex nach jeder P-Welle?4. PQ-Zeit konstant normal (<0,2 s)?5. P-Welle in aVR negativ (oder in den Einthoven-Ableitungen positiv)?

Wenn alle 5 Fragen mit Ja beantwortet werden → Sinusrhythmus .DD, wenn Sinusrhythmuskriterien nicht erfüllt werden:▬ Unregelmäßige, aber gleichförmige P-Wellen → Sinusarrhythmie (z. B.

respiratorisch durch Reflexmechanismen bedingt), sinuatrialer Block.▬ Fehlende P-Wellen, absolute Arrhythmie der meist schmalen QRS-

Komplexe, evtl. feines Flimmern der Grundlinie → Vorhofflimmern.▬ Sägezahnartige Grundlinie → Vorhofflattern.▬ P-Welle in I negativ/in aVR positiv → Verpolung (rot–gelb ver-

tauscht), ektoper Vorhofrhythmus (Erregungsbildung im Vorhof au-ßerhalb des Sinusknotens).

▬ P-Welle in I negativ/in aVR positiv oder fehlend → AV-Knotenrhyth-mus.

▬ PQ-Zeit verkürzt → Präexzitationssyndrom, bei negativer P-Welle in I, II, III unterer Vorhofrhythmus (oft normal bei Kindern und Jugendli-chen).

▬ Spitze P-Wellen/kombinierte P-T-Wellen → Vorhoftachykardie.

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4.4 · Störungen der EKG-Diagnostik 481

▬ P-Wellen-Form wechselnd → wandernder Vorhofschrittmacher, SVES.▬ 2 unabhängige P-Wellen, Sternotomienarbe → herztransplantierter

Patient mit belassenem Sinusknoten des alten Herzens.▬ Auch an Herzschrittmacher denken (ggf. sehr kleine Spikes bei bipola-

rer Stimulation).

4.4 Störungen der EKG-Diagnostik

Das EKG bietet eine Reihe von Fehlerquellen , die – nicht als solche erkannt – evtl. zu falscher Diagnose und gefährlicher Therapie führen können:

4.4.1 Muskelzittern (⊡ Abb. 4.4)

Unregelmäßiges, feines bis grobes Flimmern der EKG-Kurve bei musku-lärer Anspannung des Patienten (Unruhe, Kälte), sodass die Vorhofak-tivität in Form der P-Wellen oft nicht zu beurteilen ist (DD Vorhofflim-mern, Vorhofflattern – absolut regelmäßige QRS-Komplexe schließen ein Vorhofflimmern mit großer Sicherheit aus). Bei starkem Muskelzittern und/oder kleiner R-Amplitude sind evtl. auch die R-Zacken schwer er-kennbar (DD Kammerflimmern). Beseitigung: Patienten beruhigen und zur Entspannung auffordern, Kälteschutz, ggf. Analgesie.

4.4.2 Wechselstrom (⊡ Abb. 4.5)

Sog. »Brummen« (feines, regelmäßiges Flimmern) der EKG-Linie, das dem normalen Verlauf der EKG-Linie folgt. Je nach Frequenz, Schreibgeschwin-digkeit und Schreiber können die sehr schnellen Auf-und-ab-Bewegungen

⊡ Abb. 4.4. Muskelzittern

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82 Kapitel 4 · EKG-Diagnostik im Notfall

der Grundlinie einzeln erkennbar sein. Häufig erkennt man wie in ⊡ Abb. 4.5 nur ein schwarzes Band. DD: Vorhofflimmern, bei niedriger R-Zacke auch Kammerflimmern. Ursachen: Nicht abgeschirmte Kabel, Leuchtstoffröhren, leistungsstarke Stromverbraucher in der Nähe. Besei-tigung: Standortwechsel, Abschalten entsprechender Geräte, Überprüfen von Kabeln und Kontakten, Überprüfung des EKG-Gerätes durch Fach-personal.

4.4.3 Lockere Elektroden, Wackelkontakt (⊡ Abb. 4.6)

»Wandernde«, »springende«, manchmal abbrechende EKG-Kurve; keine regelmäßige Wiedergabe der QRS-Komplexe. Bei modernen Geräten wird der Fehler z. T. automatisch erkannt und eine unterbro-chene oder punktierte Nulllinie dargestellt. DD: Extrasystolen, Kam-merflimmern und weitere EKG-Bilder (z. B. ventrikuläre Tachykardie). Ursachen: Mangelhafter Kontakt zwischen EKG-Elektrode und Haut oder Wackelkontakt am EKG-Kabelstecker. Beseitigung: Festkleben der EKG-Elektroden, neue Elektroden verwenden, Überprüfen des EKG-Steckers.

4.4.4 Niedervoltage (⊡ Abb. 4.7)

Nur sehr kleine EKG-Ausschläge sichtbar. Periphere Niedervoltage: QRS-Amplitude in allen Extremitätenableitungen ≤0,5 mV. Zent-rale Niedervoltage: QRS-Amplitude in allen Brustwandableitungen ≤0,7 mV.

⊡ Abb. 4.5. Wechselstrom

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4.4 · Störungen der EKG-Diagnostik 483

Ursachen einer Niedervoltage▬ Myokardial: verminderte elektrische Aktivität bei schwerer Herz-

erkrankung oder elektrischer Hauptvektor senkrecht zu den Extremitäte-

nableitungen bei Sagittaltyp▬ Perikardial: Perikarderguss, Tamponade▬ Extrakardial: Abschirmung/Widerstandserhöhung durch thorakale Pro-

zesse, (Myx-) Ödeme oder Hauterkrankungen▬ Technisch bedingt: Ausgetrocknete Elektroden, fehlendes Leit medium

bei Saugelektroden, Verkleinerung der EKG-Amplitude durch falsche

Geräteeinstellung

⊡ Abb. 4.6. Lockere Elektroden, Wackelkontakt

⊡ Abb. 4.7. Niedervoltage

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84 Kapitel 4 · EKG-Diagnostik im Notfall

DD: Im schlimmsten Fall sind die in ⊡ Abb. 4.7 dargestellten EKG-Signale keine kleinen QRS-Komplexe bei Niedervoltage, sondern P-Wellen bei Kammerasystolie! → Puls/Patienten prüfen, Eichzacke setzen bzw. Amplitudeneinstellung kontrollieren, ggf. Haut-Elektroden-Kontakt verbessern.

4.4.5 Falsche Ableitungswahl (⊡ Abb. 4.8)

Wenn versucht wird, über die Defi-Paddles abzuleiten, während aber für die Monitordarstellung z. B. eine Extremitätenableitung angewählt ist, kann die Paddle-Ableitung nicht dargestellt werden. Wenn das Ab-leitungskabel nicht am Patienten angeschlossen oder nicht am Gerät eingesteckt ist, zeigt sich je nach Gerät und externen Störimpulsen eine exakt gerade (!) Nulllinie (⊡ Abb. 4.8), eine gepunktete oder gestrichelte Nulllinie oder ein Störungsbild wie in ⊡ Abb. 4.6. Auch wenn versucht wird, über die Kabel abzuleiten, während die Ableitungswahl noch auf »Defi-Paddles« steht, treten diese Störbilder auf. DD: Asystolie (meist nicht exakt gerade Nulllinie! Pulskontrolle!), Kammerflimmern.

4.5 EKG beim pulslosen Patienten

Ursachen, Pathophysiologie und Vorgehen bei Herz-Kreislauf-Stillstand werden ausführlich in � Kap. 5 dargestellt. Der fehlenden Auswurfleis-tung des Herzens bei Herz-Kreislauf-Stillstand können elektrokardiogra-phisch 4 EKG-Rhythmusbilder zugeordnet werden, deren frühestmögli-che und regelmäßig gemäß ALS-Algorithmus wiederholte Identifikation entscheidend für die erweiterte Notfalltherapie ist (⊡ Tab. 4.5).

⊡ Abb. 4.8. Falsche Ableitungswahl

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4.5 · EKG beim pulslosen Patienten 485

4.5.1 Asystolie (⊡ Abb. 4.9)

Nulllinie bei fehlender elektrischer Aktivität des Herzens, jedoch i. d. R. nicht völlig gerade (Schwankungen durch Umgebungsein-flüsse). Insbesondere bei völlig gerader Nulllinie oder vorhandenen Lebenszeichen muss als Ursache eine falsche Ableitungswahl aus-geschlossen werden. Mögliche Ursachen: z. B. Hypoxie, Hyper- und Hypokaliämie, Intoxikation, vorbestehende Azidose, Herzinfarkt, vorausgegangene Herzrhythmusstörungen, Vagusreizung, Karotis-sinussyndrom, Stoffwechselstörungen, Hypothermie, terminales Herzversagen. Wenn noch P-Wellen nachweisbar sind (Kammer-asystolie), ist der sofortige Versuch einer externen Schrittmacher-therapie indiziert.

⊡ Tab. 4.5. EKG-Rhythmen bei Herz-Kreislauf-Stillstand

Gruppe EKG-Rhythmus Konsequenzen für Therapie (CPR)

VF/VT Kammerflimmern (⊡ Abb. 4.10) Defibrillationsversuch (Elektroschock) indiziert, Adrenalingabe erst nach 2 er-folglosen Defibrillationsversuchen, ggf. antiarrhythmische Therapie

Pulslose Kammertachykardie (⊡ Abb. 4.11)

Non-VF/VT Asystolie (⊡ Abb. 4.9) Kein Defibrillationsversuch, frühe Adre-nalingabe, hohe Priorität für die Identi-fikation potenziell reversibler Ursachen, sonst schlechtere Prognose als VF/VT

Pulslose elektrische Aktivität (⊡ Abb. 4.12)

⊡ Abb. 4.9. Asystolie

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