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taxlex 2010 211 FINANZ- STRAFRECHT Achatz völlig überzeugen. Unsere Antworten auf diese Frage sind daher ident. Die hL und auch ich stellen zwar darüber hinaus zusätzlich noch die Frage, ob bei einer fehlenden Kenntnis über die Unvertretbar- keit der subjektive Tatbestand der §§ 33 und 34 FinStrG erfüllt ist, und verneinen dies bei fehlendem Vorsatz oder Fahrlässigkeit. 16 ) Auch diesem Ergebnis stehen aber die Überlegungen von Markus Achatz nicht entgegen. Er behandelt diesen Fall nämlich gar nicht: Sein Ergebnis lautet, dass der Stpfl die Of- fenlegungspflicht nach § 119 BAO verletzt, wenn er an der Richtigkeit (nicht an der Vertretbarkeit!) seiner unvertretbaren Rechtsansicht zweifelt. SCHLUSSSTRICH Die Ausführungen haben gezeigt, dass die von Mar- kus Achatz mit überzeugenden Argumenten vertre- tene Ansicht, die Offenlegungspflicht nach § 119 BAO an einem subjektiven Maßstab zu messen, nur scheinbar auf der Linie des VwGH zur Offen- legung vertretbarer, aber von der Meinung der Fi- nanzverwaltung abweichender Ansichten des Stpfl liegt. Zudem unterscheidet sich die Ansicht von Markus Achatz auch nicht von der hL zum FinStrG, die für die Frage der Vertretbarkeit einer Rechtsansicht auf einen objektiven Maßstab abstellt. Dies gilt zumindest dann, wenn man eine von der hM oder der Rsp abweichende Ansicht nicht mehr als vertretbar ansieht. Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 (IRÄG 2010): Allgemeines und Arbeitsrecht Durch das IRÄG 2010 wird anstelle der bisherigen Konkurs- und Ausgleichsverfahren ein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Neuerungen im Überblick dargestellt sowie die Änderungen zur Lösung von Arbeitsver- hältnissen im Insolvenzfall näher beleuchtet. CAROLINE GRAF-SCHIMEK A. Die wichtigsten Änderungen im Überblick 1. Zeitplan Im März 2010 wurde die Regierungsvorlage 1 ) zum IRÄG 2010 eingebracht. Der Gesetzesentwurf wurde im Justizausschuss 2 ) am 13. 4. 2010 angenommen und am 21. 4. 2010 einstimmig vom Nationalrat be- schlossen. Die Änderungen werden wie geplant mit 1. 7. 2010 in Kraft treten. 2. Ziele Hauptzweck des IRÄG 2010 ist die Erleichterung von Sanierungen. Zukünftig ist nach der Insolvenz- ordnung (IO) zwischen einem Konkursverfahren und bei rechtzeitiger Vorlage eines Sanierungsplans einem Sanierungsverfahren zu unterscheiden. Das Ausgleichsverfahren wird abgeschafft. Wesentliche Ziele der Neuordnung des Insolvenz- rechts sind weiters die Zurückdrängung von Kon- kursabweisungen mangels Masse sowie die Ver- hinderung der Konkursverschleppung durch den Schuldner. 3. Sanierung(sverfahren) Da bisher nur ein sehr geringer Teil der Verfahren (ca 1,3% im Jahr 2008) 3 ) als Ausgleichsverfahren durch- geführt wurde, wird dieses als solches abgeschafft und die Ausgleichsordnung aufgehoben. Die Möglichkeit der Sanierung im Konkursverfahren wird jedoch aus- gebaut und ein einheitliches Insolvenzverfahren ge- schaffen. Schon mit dem Insolvenzantrag kann ein Sanierungsplan (entspricht dem Zwangsausgleich mit Verbesserungen) vorgelegt werden (Sanierungs- verfahren, §§ 140 ff IO). Den Insolvenzgläubigern muss in diesem Fall eine Quote von mindestens 20% der Forderungen innerhalb von längstens zwei Jahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplans angeboten werden. Um die Eigenverwaltung durch den Schuldner aus dem Ausgleichsverfahren zu erhalten, wird die Ei- genverwaltung unter der Aufsicht eines Sanierungs- verwalters in das neue Sanierungsverfahren übernom- men (§ 169 ff IO). Damit sollen zeitgerechte Kon- kursanträge gefördert werden. Der Schuldner hat im Antrag ua nachzuweisen, wie die Mittel zur Erfüllung des Sanierungsplans aufgebracht werden können LEGISLATIVE WKO 16) Leitner/Toifl/Brandl, Finanzstrafrecht 3 Rz 172 ff. Dr. Caroline Graf-Schimek, LL. M., Wirtschaftskammer Wien, zuvor Assis- tentin am Institut für Zivilverfahrensrecht der Universität Wien. 1) 612 BlgNR 24. GP; vgl www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/I/ I_00612/pmh.shtml. Der Ministerialentwurf zum IRÄG 2009 (83/ ME 24. GP) ist unter www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/ME/ ME_00083/pmh.shtml abzurufen (22. 4. 2010). 2) 651 BlgNR 24. GP. 3) 612 BlgNR 24. GP 2. §§ 25, 1 ff IO; § 25 KO IRÄG 2010; Lösung von Arbeits- verhältnissen in der Insolvenz

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FINANZ-STRAFRECHT

Achatz völlig überzeugen. Unsere Antworten auf dieseFrage sind daher ident. Die hL und auch ich stellenzwar darüber hinaus zusätzlich noch die Frage, obbei einer fehlenden Kenntnis über die Unvertretbar-keit der subjektive Tatbestand der §§ 33 und 34FinStrG erfüllt ist, und verneinen dies bei fehlendemVorsatz oder Fahrlässigkeit.16) Auch diesem Ergebnisstehen aber die Überlegungen von Markus Achatznicht entgegen. Er behandelt diesen Fall nämlichgar nicht: Sein Ergebnis lautet, dass der Stpfl die Of-fenlegungspflicht nach § 119 BAO verletzt, wenn eran der Richtigkeit (nicht an der Vertretbarkeit!) seinerunvertretbaren Rechtsansicht zweifelt.

SCHLUSSSTRICH

Die Ausführungen haben gezeigt, dass die von Mar-kus Achatz mit überzeugenden Argumenten vertre-tene Ansicht, die Offenlegungspflicht nach § 119BAO an einem subjektiven Maßstab zu messen,nur scheinbar auf der Linie des VwGH zur Offen-legung vertretbarer, aber von der Meinung der Fi-nanzverwaltung abweichender Ansichten des Stpflliegt. Zudem unterscheidet sich die Ansicht vonMarkus Achatz auch nicht von der hL zumFinStrG, die für die Frage der Vertretbarkeit einerRechtsansicht auf einen objektiven Maßstab abstellt.Dies gilt zumindest dann, wenn man eine von derhM oder der Rsp abweichende Ansicht nicht mehrals vertretbar ansieht.

Insolvenzrechtsänderungsgesetz2010 (IRÄG 2010): Allgemeinesund Arbeitsrecht Durch das IRÄG 2010 wird anstelle der

bisherigen Konkurs- und Ausgleichsverfahrenein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen. In diesem Beitrag werden die wichtigstenNeuerungen im Überblick dargestellt sowie die Änderungen zur Lösung von Arbeitsver-hältnissen im Insolvenzfall näher beleuchtet.

CAROLINE GRAF-SCHIMEK

A. Die wichtigsten Änderungenim Überblick

1. Zeitplan

Im März 2010 wurde die Regierungsvorlage1) zumIRÄG 2010 eingebracht. Der Gesetzesentwurf wurdeim Justizausschuss2) am 13. 4. 2010 angenommenund am 21. 4. 2010 einstimmig vom Nationalrat be-schlossen. Die Änderungen werden wie geplant mit1. 7. 2010 in Kraft treten.

2. Ziele

Hauptzweck des IRÄG 2010 ist die Erleichterungvon Sanierungen. Zukünftig ist nach der Insolvenz-ordnung (IO) zwischen einem Konkursverfahrenund – bei rechtzeitiger Vorlage eines Sanierungsplans– einem Sanierungsverfahren zu unterscheiden. DasAusgleichsverfahren wird abgeschafft.

Wesentliche Ziele der Neuordnung des Insolvenz-rechts sind weiters die Zurückdrängung von Kon-kursabweisungen mangels Masse sowie die Ver-hinderung der Konkursverschleppung durch denSchuldner.

3. Sanierung(sverfahren)

Da bisher nur ein sehr geringer Teil der Verfahren (ca1,3% im Jahr 2008)3) als Ausgleichsverfahren durch-

geführt wurde, wird dieses als solches abgeschafft unddie Ausgleichsordnung aufgehoben. Die Möglichkeitder Sanierung im Konkursverfahren wird jedoch aus-gebaut und ein einheitliches Insolvenzverfahren ge-schaffen. Schon mit dem Insolvenzantrag kann einSanierungsplan (entspricht dem Zwangsausgleichmit Verbesserungen) vorgelegt werden (Sanierungs-verfahren, §§ 140 ff IO). Den Insolvenzgläubigernmuss in diesem Fall eine Quote von mindestens20% der Forderungen innerhalb von längstens zweiJahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplansangeboten werden.

Um die Eigenverwaltung durch den Schuldneraus dem Ausgleichsverfahren zu erhalten, wird die Ei-genverwaltung unter der Aufsicht eines Sanierungs-verwalters in das neue Sanierungsverfahren übernom-men (§ 169 ff IO). Damit sollen zeitgerechte Kon-kursanträge gefördert werden. Der Schuldner hat imAntrag ua nachzuweisen, wie die Mittel zur Erfüllungdes Sanierungsplans aufgebracht werden können

LEGISLATIVE WKO

16) Leitner/Toifl/Brandl, Finanzstrafrecht3 Rz 172 ff.

Dr. Caroline Graf-Schimek, LL.M., Wirtschaftskammer Wien, zuvor Assis-tentin am Institut für Zivilverfahrensrecht der Universität Wien.1) 612 BlgNR 24. GP; vgl www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/I/

I_00612/pmh.shtml. Der Ministerialentwurf zum IRÄG 2009 (83/ME 24. GP) ist unter www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/ME/ME_00083/pmh.shtml abzurufen (22. 4. 2010).

2) 651 BlgNR 24. GP.3) 612 BlgNR 24. GP 2.

§§ 25, 1 ff IO;§ 25 KO

IRÄG 2010;Lösung von Arbeits-verhältnissen in derInsolvenz