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Als ich vor mehr als fünf Jahren beschloss, mich mit den genetischen Zusammenhängen weißschildiger Tauben zu befassen, ahnte ich noch nicht, auf welch kompliziertes und schwierig zu bearbeitendes Gebiet ich mich be- geben würde. Im Rahmen meiner Untersuchun- gen stieß ich auf sehr erstaunliche und teilwei- se unerwartete Ergebnisse. Es zeigte sich, dass zu einem besseren Verständnis der Materie auch andere, den Weißschildern ähnliche oder genetisch verwandte Farbschläge in die Unter- suchungen miteinbezogen werden mussten. Die für diesen Bericht herangezogenen Da- ten wurden aus vielen unterschiedlichen Test- paarungen gewonnen, bei denen mehr als 470 Tauben nachgezogen wurden. Die Interpre- tation der Ergebnisse war zunächst mit einigen Schwierigkeiten verbunden, da in einigen Fällen Abweichungen von den üblichen Erbgesetzen auftraten. Doch schließlich war es mir durch lJ. !t. ""'iT" . ~ 111 tiJ In im'U (ir- ~ ~"':' ~ statistische Auswertungen und weitere Test- paarungen möglich, die genetischen Zusam- menhänge zufriedenstellend zu erklären. Alle den Mendelschen Regeln scheinbar widerspre- chenden Fälle, mit denen ich bei meinen Unter- suchungen konfrontiert wurde, sind aus der AII- gemeingenetik durchaus bekannt. Es zeigte sich bei diesem Projekt wieder einmal, dass nicht alle genetischen Merkmale allein mit den Mendelschen Regeln erklärt werden können. Wer sich eingehender mit der Taubengenetik beschäftigt, kommt nicht umhin, diese Sonder- fälle der Genetik zu studieren, um die Entste- hung so mancher Taubenfärbung richtig verste- hen zu können. Der Artikel ist in zwei Hauptteile gegliedert. Da die Weißschildigkeit bei roten und schwar- zen Tauben von völlig unterschiedlichen Erbfak- toren erzeugt wird, werden beide Varianten ge- trennt behandelt. Bei den roten Weißschildern werden neben den verwandten Zeichnungsva- rianten wie Rosetten- und Schildtiger auch die ihnen genetisch nahestehenden Rothälse bear- beitet. Bei den schwarzen WeißschHdern und ihren Varietäten wird gleichzeitig ein tieferer Ein- blick in die Gruppe der Schimmelvarianten durchgeführt, da diese, im Gegensatz zu den roten Weißschildern, eng mit den schwarzen Weißschildern in Zusammenhang stehen. 12 Geflügel-Börse 4/2006 Teil I: Rote und gelbe Weißschilder Wenn in weiterer Folge von roten Weißschil- dern die Rede ist, so gelten alle angeführten ge- netischen Merkmale ebenso für die Gelben, die genetisch verdünnte Rote sind. Wenn eine Tau- be den Weißschildfaktor besitzt, bedeutet das nicht unbedingt, dass es sich um ein klassi- sches Weißschild handelt. Sie kann auch das Zeichnungsmuster eines Rosettentigers oder Schildtigers aufweisen, oder aber einen der vie- len in der Zucht anfallenden Zwischentypen dar- stellen, welche nicht ausgestellt werden. Der Weißschildfaktor hat ein weitaus größeres Varia- tionsspektrum, als wir es bei unseren Rassetau- ben kennen. Für die Untersuchungen über die Wirkung und Vererbung des Weißschildfaktors wurden Zwischentypen ebenso herangezogen wie die klassischen selektierten Farbschläge. Rote Weißschilder sind bei mehreren Rassen vorhanden. Neben Tümmlern, wie z. B. den Wiener, Budapester, Niederländischen, Althol- ländischen, Dänischen und einigen russischen Tümmlern, finden wir sie auch bei mehreren Trommeltaubenrassen und Spaniertauben. Der Weißschildfaktor ist außerdem bei fast allen Rassen vorhanden, bei welchen Almond vor- kommt. Er ist für die weißen Federn der Agates verantwortlich. Bei einigen Rassen, wie den Thüringer Goldkäfertauben, ist er verdeckt vor- handen. Außerdem ist er bei einigen Brieftau- benstämmen, vor allem den Meulemans, relativ häufig zu finden. Und schließlich seien noch die Wiener Stadttauben erwähnt, in deren Genpool ebenfalls der Weißschildfaktor vorhanden ist. Die Weißschildzeichnung bei roten Tauben hat schon öfter genetisch interessierte Züchter vor mehrere Fragen gestellt. Es sind auch eini- ge Berichte über Testpaarungen bekannt. So hat bereits Anfang der 1980er Jahre der ameri- kanische Taubengenetiker Tim Kvidera Kreu- zungen von rot-weißschildigen Englischen Long Faced-Tümmlern mit blau bindigen Brief- tauben durchgeführt. Er war einer der Ersten, der die bis dahin gängige Meinung, rote Weiß- schilder wären Schimmel, in Frage gestellt hat. Seine Kreuzungen zeigten deutlich, dass es sich bei diesen Tauben keinesfalls um Schim- mel handelt. Kvidera zog in der F1 ausschließ- lich blau-dunkelgehämmerte Nachzucht. Nun stellte er fünf F1-Paare zusammen und zog 160 ~ 1iEI~ ~I~ IA.!..L.~ ~ -&Gi F2-Tiere in folgender Aufspaltung: 120 Blaue (bindig und gehämmert) und 40 rezessiv Rote. Von den Roten waren 21 Tiere zum Zeitpunkt seiner Niederschrift im Altgefieder und konnten klassifiziert werden. Es waren zwei einfarbig Rote, sechs Weißschilder und 13 Rote mit un- terschiedlichem Weißanteil (Rosetten- und Schildtiger). Keines der blaugrundigen Tiere hatte weiße Abzeichen. Die von Tim Kvidera erhobenen Daten zeig- ten zum einen, dass der Schimmelfaktor nicht für die Weißschildzeichnung verantwortlich ist und zum anderen, dass sich diese nur dann im Erscheinungsbild zeigen kann, wenn die betref- fende Taube außerdem reinerbig für Rezessiv Rot ist. Er führte die provisorische Bezeichnung Ws (Whiteside) für den Weißschildfaktor ein. Kvidera hatte mit seinen Kreuzungen bereits sehr wichtige und aufschlussreiche Ergebnisse erzielt. Dennoch waren noch mehrere Fragen unbeantwortet geblieben, und dies war schließ- lich für mich der Anlass, selbst einige Testpaa- rungen durchzuführen. Unterstützung fand ich durch einige genetisch interessierte Züchter, die ebenfalls diverse Probepaarungen durch- führten. So konnte eine umfangreiche und re- präsentative Gruppe an Jungtauben herange- zogen werden. Für die ersten Kreuzungen wurden verschie- dene Weißschildvarianten bei Niederländischen Hochfliegern, Kölner Tümmlern, Brief- und Stadttauben verwendet. In der ersten Versuchs- reihe wollte ich austesten, ob es einen Einfluss auf die Weißschildzeichnung hat, welche Zeich- nungsanlage, Grundfarbe und Zusatzfaktoren (vor allem den Farbausbreitungsfaktor Spread) die jeweilige Taube unter dem rezessiven Rot trägt. Zu diesem Zweck wurden die unter- schiedlichen Weißschildvarianten (typische Weißschilder, helle und dunkle Schildtiger, Ro- settentiger sowie ..fehlgezeichnete" Varianten) jeweils mit blaubindigen Tauben verpaart. Die Ergebnisse zeigten, dass es für die Zeichnungs- art und den Weißanteil unerheblich ist, welche Zeichnungsanlage oder Grundfarbe die Taube hat. Ebenso ist es belanglos, ob sie den Spread- Faktor trägt oder nicht. Die getesteten Stadttau- ben waren unter dem rezessiven Rot teils blau- bindig, teils blau-gehämmert und blau-dunkel- gehämmert. Bei den Brieftauben fand ich Blau- und Rotfahl-Gehämmerte. Die Niederländi- schen Hochflieger einer Unie waren unter dem rezessiven Rot alle rotfahl-dunkelgehämmert mit einem Bronzefaktor und Dirty-Faktor, einige trugen außerdem den Spread-Faktor. Niederlän- dische Hochflieger einer anderen Linie waren blau-dunkelgehämmert mit Bronzefaktor und Dirty. Die getesteten Kölner Tümmler (Rosetten- tiger) waren ebenfalls blau-dunkelgehämmert mit Bronze, wobei ein Teil der Tiere den Spread- Faktor trug. Der die rote Färbung intensivieren- de Bronzefaktor und auch Dirty sind für die sat- te rote Färbung der genannten Rassen von Be- deutung, jedoch ist ihr Vorhandensein oder Feh- len für die Weißzeichnung ohne Belang. Im nächsten Versuch wollte ich mehr über die Vererbung der Variationen der Weißschildzeich- nung herausfinden. Es wurden die oben er- wähnten Rassen mit ihren unterschiedlichen 127. Jahrgang'

Teil I: Rote und gelbe Weißschilder - Danziger Hochflieger · 2017-07-31 · Als ich vor mehr als fünf Jahren beschloss, mich mit den genetischen Zusammenhängen weißschildiger

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Page 1: Teil I: Rote und gelbe Weißschilder - Danziger Hochflieger · 2017-07-31 · Als ich vor mehr als fünf Jahren beschloss, mich mit den genetischen Zusammenhängen weißschildiger

Als ich vor mehr als fünf Jahren beschloss,

mich mit den genetischen Zusammenhängenweißschildiger Tauben zu befassen, ahnte ichnoch nicht, auf welch kompliziertes undschwierig zu bearbeitendes Gebiet ich mich be-geben würde. Im Rahmen meiner Untersuchun-gen stieß ich auf sehr erstaunliche und teilwei-se unerwartete Ergebnisse. Es zeigte sich, dasszu einem besseren Verständnis der Materieauch andere, den Weißschildern ähnliche oder

genetisch verwandte Farbschläge in die Unter-suchungen miteinbezogen werden mussten.

Die für diesen Bericht herangezogenen Da-ten wurden aus vielen unterschiedlichen Test-

paarungen gewonnen, bei denen mehr als470 Tauben nachgezogen wurden. Die Interpre-tation der Ergebnisse war zunächst mit einigenSchwierigkeiten verbunden, da in einigen FällenAbweichungen von den üblichen Erbgesetzenauftraten. Doch schließlich war es mir durch

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statistische Auswertungen und weitere Test-paarungen möglich, die genetischen Zusam-menhänge zufriedenstellend zu erklären. Alleden Mendelschen Regelnscheinbar widerspre-chenden Fälle,mit denen ich bei meinen Unter-suchungen konfrontiert wurde, sind aus der AII-gemeingenetik durchaus bekannt. Es zeigtesich bei diesem Projekt wieder einmal, dassnicht alle genetischen Merkmale allein mit denMendelschen Regeln erklärt werden können.Wer sich eingehender mit der Taubengenetikbeschäftigt, kommt nicht umhin, diese Sonder-fälle der Genetik zu studieren, um die Entste-hung so mancher Taubenfärbung richtig verste-hen zu können.

Der Artikel ist in zwei Hauptteile gegliedert.Da die Weißschildigkeit bei roten und schwar-zenTaubenvon völlig unterschiedlichen Erbfak-toren erzeugt wird, werden beide Varianten ge-trennt behandelt. Bei den roten Weißschildernwerden neben den verwandten Zeichnungsva-rianten wie Rosetten- und Schildtiger auch dieihnen genetisch nahestehenden Rothälse bear-beitet. Bei den schwarzen WeißschHdernundihrenVarietätenwird gleichzeitig eintieferer Ein-blick in die Gruppe der Schimmelvariantendurchgeführt, da diese, im Gegensatz zu denroten Weißschildern, eng mit den schwarzenWeißschildern in Zusammenhang stehen.

12 Geflügel-Börse 4/2006

Teil I: Rote und gelbe WeißschilderWenn in weiterer Folge von roten Weißschil-

dern die Rede ist, so gelten alle angeführten ge-netischen Merkmale ebenso für die Gelben, die

genetisch verdünnte Rote sind. Wenn eine Tau-be den Weißschildfaktor besitzt, bedeutet das

nicht unbedingt, dass es sich um ein klassi-sches Weißschild handelt. Sie kann auch das

Zeichnungsmuster eines Rosettentigers oderSchildtigers aufweisen, oder aber einen der vie-len in der Zucht anfallenden Zwischentypen dar-stellen, welche nicht ausgestellt werden. DerWeißschildfaktor hat ein weitaus größeres Varia-tionsspektrum, als wir es bei unseren Rassetau-ben kennen. Für die Untersuchungen über dieWirkung und Vererbung des Weißschildfaktorswurden Zwischentypen ebenso herangezogenwie die klassischen selektierten Farbschläge.

Rote Weißschilder sind bei mehreren Rassenvorhanden. Neben Tümmlern, wie z. B. den

Wiener, Budapester, Niederländischen, Althol-ländischen, Dänischen und einigen russischenTümmlern, finden wir sie auch bei mehrerenTrommeltaubenrassen und Spaniertauben. DerWeißschildfaktor ist außerdem bei fast allen

Rassen vorhanden, bei welchen Almond vor-kommt. Er ist für die weißen Federn der Agatesverantwortlich. Bei einigen Rassen, wie denThüringer Goldkäfertauben, ist er verdeckt vor-handen. Außerdem ist er bei einigen Brieftau-benstämmen, vor allem den Meulemans, relativhäufig zu finden. Und schließlich seien noch dieWiener Stadttauben erwähnt, in deren Genpoolebenfalls der Weißschildfaktor vorhanden ist.

Die Weißschildzeichnung bei roten Taubenhat schon öfter genetisch interessierte Züchtervor mehrere Fragen gestellt. Es sind auch eini-ge Berichte über Testpaarungen bekannt. Sohat bereits Anfang der 1980er Jahre der ameri-kanische Taubengenetiker Tim Kvidera Kreu-zungen von rot-weißschildigen EnglischenLong Faced-Tümmlern mit blau bindigen Brief-tauben durchgeführt. Er war einer der Ersten,der die bis dahin gängige Meinung, rote Weiß-schilder wären Schimmel, in Frage gestellt hat.Seine Kreuzungen zeigten deutlich, dass essich bei diesen Tauben keinesfalls um Schim-

mel handelt. Kvidera zog in der F1 ausschließ-lich blau-dunkelgehämmerte Nachzucht. Nunstellte er fünf F1-Paare zusammen und zog 160

~ 1iEI~

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IA.!..L.~ ~ -&Gi

F2-Tiere in folgender Aufspaltung: 120 Blaue(bindig und gehämmert) und 40 rezessiv Rote.

Von den Roten waren 21 Tiere zum Zeitpunkt

seiner Niederschrift im Altgefieder und konntenklassifiziert werden. Es waren zwei einfarbigRote, sechs Weißschilder und 13 Rote mit un-terschiedlichem Weißanteil (Rosetten- undSchildtiger). Keines der blaugrundigen Tierehatte weiße Abzeichen.

Die von Tim Kvidera erhobenen Daten zeig-ten zum einen, dass der Schimmelfaktor nichtfür die Weißschildzeichnung verantwortlich istund zum anderen, dass sich diese nur dann im

Erscheinungsbild zeigen kann, wenn die betref-fende Taube außerdem reinerbig für RezessivRot ist. Er führte die provisorische BezeichnungWs (Whiteside) für den Weißschildfaktor ein.Kvidera hatte mit seinen Kreuzungen bereitssehr wichtige und aufschlussreiche Ergebnisseerzielt. Dennoch waren noch mehrere Fragenunbeantwortet geblieben, und dies war schließ-lich für mich der Anlass, selbst einige Testpaa-

rungen durchzuführen. Unterstützung fand ichdurch einige genetisch interessierte Züchter,die ebenfalls diverse Probepaarungen durch-führten. So konnte eine umfangreiche und re-präsentative Gruppe an Jungtauben herange-zogen werden.

Für die ersten Kreuzungen wurden verschie-dene Weißschildvarianten bei Niederländischen

Hochfliegern, Kölner Tümmlern, Brief- undStadttauben verwendet. In der ersten Versuchs-

reihe wollte ich austesten, ob es einen Einfluss

auf die Weißschildzeichnung hat, welche Zeich-nungsanlage, Grundfarbe und Zusatzfaktoren(vor allem den Farbausbreitungsfaktor Spread)die jeweilige Taube unter dem rezessiven Rotträgt. Zu diesem Zweck wurden die unter-schiedlichen Weißschildvarianten (typischeWeißschilder, helle und dunkle Schildtiger, Ro-settentiger sowie ..fehlgezeichnete" Varianten)jeweils mit blaubindigen Tauben verpaart. DieErgebnisse zeigten, dass es für die Zeichnungs-art und den Weißanteil unerheblich ist, welche

Zeichnungsanlage oder Grundfarbe die Taubehat. Ebenso ist es belanglos, ob sie den Spread-Faktor trägt oder nicht. Die getesteten Stadttau-ben waren unter dem rezessiven Rot teils blau-

bindig, teils blau-gehämmert und blau-dunkel-gehämmert. Bei den Brieftauben fand ich Blau-und Rotfahl-Gehämmerte. Die Niederländi-

schen Hochflieger einer Unie waren unter demrezessiven Rot alle rotfahl-dunkelgehämmertmit einem Bronzefaktor und Dirty-Faktor, einigetrugen außerdem den Spread-Faktor. Niederlän-dische Hochflieger einer anderen Linie warenblau-dunkelgehämmert mit Bronzefaktor undDirty. Die getesteten Kölner Tümmler (Rosetten-tiger) waren ebenfalls blau-dunkelgehämmertmit Bronze, wobei ein Teil der Tiere den Spread-Faktor trug. Der die rote Färbung intensivieren-de Bronzefaktor und auch Dirty sind für die sat-te rote Färbung der genannten Rassen von Be-deutung, jedoch ist ihr Vorhandensein oder Feh-len für die Weißzeichnung ohne Belang.

Im nächsten Versuch wollte ich mehr über die

Vererbung der Variationen der Weißschildzeich-nung herausfinden. Es wurden die oben er-wähnten Rassen mit ihren unterschiedlichen

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Weißzeichnungsmustern an einfarbig rezessivrote Tauben gepaart. Die Ergebnisse dieserPaarungen waren ziemlich uneinheitlich. Bei ei-nigen Paarungen aus typischem WeiBschild xRot fielen nur Weißschilder in verschiedenen

Varianten (vor allem Schildtiger), aus anderenPaaren fielen neben Weißschildern auch einfar-

big Rote, und wieder andere Paare brachtenausschließlich einfarbig rote Nachzucht, wobeieinige dieser Roten einzelne weiße Federn imKopfbereich aufwiesen. Selbstverständlich be-hielt ich sämtliche Jungtauben bis nach der ab-geschlossenen ersten Mauser, da ja alle rotenJungtiere im Nestgefieder einfarbig rot warenund eine Klassifizierung noch nicht möglichwar. Bei vielen Tieren, die über einen längerenZeitraum für weitere Zuchtversuche behalten

wurden, konnte festgestellt werden, dass eineAusbreitung des Weißanteils mit jeder Mauserzunahm, eine Erscheinung, die Züchtern rot-weißschildiger Tauben gut bekannt ist.

In der nächsten Zuchtsaison tauschte ich ei-

nige Partner aus, es wurden wieder typischeWeißschilder mit einfarbig Roten verpaart, aberin einer anderen Zusammenstellung. Hier zeig-te sich, dass die einfarbig Roten durchaus einenEinfluss darauf haben, ob sich die Weißschild-zeichnung in der F1 zeigen kann oder nicht. Eswurden außerdem mehrere F1-Paarungendurchgeführt. Aus Platzgründen kann ich hiernicht auf jede einzelne Paarung eingehen,möchte aber einige interessante Fälle erwäh-nen. So brachte z. B. ein Weißschild-Paar ne-

ben Weißschildern auch einige einfarbig Rote.Ich verpaarte solch ein rotes Geschwisterpaarund erhielt neben Einfarbigen auch einige Weiß-schilder. Im ersten Moment scheint dieser Fallnicht mit den Mendelschen Gesetzen in Ein-

klang zu stehen. Denn wie kann ein dominanterFaktor aus zwei Tieren fallen, die ihn offensicht-lich nicht tragen? Ein ähnlicher Fall wurde voneinem anderen Züchter berichtet. Bei der Zu-

sammenführung zweier getrennter Linien rezes-siv roter Tauben, bei denen in der Vergangen-heit keine weißschildigen Tiere auftraten, fielenplötzlich WeiBschilder. Es handelte sich um dieVerpaarung einer roten Deutschen Schautaubemit einem roten Dänischen Tümmler. Diese Fäl-

le zeigen sehr deutlich, dass sich die WeiB-schildzeichnung nicht auf einen einzelnen Erb-faktor zurückführen lässt. Die im ersten Mo-

ment verwirrenden Ergebnisse lassen sich ge-

1127. Jahrgang

netisch durchaus erklären. Die Entstehung derWeiBschildigkeit bei roten Tauben ist folgende:

Zuerst muss das betreffende Tier reinerbig re-zessiv rot sein, um überhaupt die Möglichkeit zuschaffen, dass sich der WeiBschildfaktor zeigenkann. Die für die teilweise Depigmentierung ver-antwortlichen Stoffwechselvorgänge werdenerst mit der Bildung des Adultgefieders in Ganggesetzt. Deshalb sind junge rote WeiBschilderzunächst noch durchgehend pigmentiert. Nunkann aber der Weißschildfaktor alleine auch beieiner rezessiv roten Taube noch immer nicht sei-

ne Wirkung zeigen. Erst wenn ein weiterer Fak-tor vorhanden ist, den ich als "Ermöglichungs-faktor" (englisch: Enabler) bezeichnen möchte,kommt es zu der Weißzeichnung. Sowohl derWeißschildfaktor, als auch der Ermöglichungs-faktor werden dominant und getrennt voneinan-der vererbt. Wenn wir nun ein rezessiv rotes Tier

vor uns haben, kann es rein- oder spalterbig fürden WeiBschildfaktor sein. Trägt es die Ermögli-chung nicht im Erbgut, wird es trotzdem einfar-big sein. Umgekehrt verhält es sich genauso. Ei-ne Taube mit diesem Faktor, aber ohne WeiB-

schildfaktor ist einfarbig rot. Verpaart man nunzwei einfarbig rote Tiere, von denen das eineden Weißschildfaktor, aber keinen "Ermögli-cher" trägt, mit einer Taube, die den "Ermögli-cher" , aber nicht den WeiBschildfaktor im Erbguthat, dann fallen daraus weißschildige Tauben.Ob aus dieser Paarung ausschließlich WeiB-schilder fallen oder diese nur zu einem Teil auf-

treten, hängt davon ab, ob die Ausgangstiereden Ermöglichungsfaktor und den Weißschild-faktor rein- oder mischerbig trugen.

Es gibt Federfluren, die besonders für eineDepigmentierung prädestiniert sind. Dies ist inerster Linie das Flügelschild, vor allem der vor-dere Bereich und der Rücken, aber auch das

Bauch- und Schenkelgefieder und kleine Arealeim Kopfbereich, vor allem oberhalb der Schna-belwarzen und am Kinn. Ohne Selektion zeigenTauben mit Weißschildfaktor sehr häufig weißeFedern in diesen Regionen. Es ist kein Zufall,dass die am stärksten pigmentierte Variante, derRosettentiger oder Röserlscheck, wie er beimWiener Tümmler genannt wird, das weiße Rü-ckenherz und die Flügelrosen aufweisen. Diessind jene Regionen, die zuerst zur Depigmentie-rung tendieren. Charakteristisch für den Weiß-schildfaktor ist die Instabilität der Ausprägung.Konstant vererbende Zeichnungsmuster, wiebei vielen Scheckfaktoren, sind hier nicht gege-ben. Auch wenn, wie eben erwähnt, bestimmteFederfluren für die Ausweißung prädestiniertsind, so ist dennoch ein relativ großer Variations-spielraum vorhanden. Durch Selektion lassensich einzelne Zeichnungsmuster erzielen, dochist der Anfall an fehlgezeichneten

Tieren relativ groß. Neben den erWähnten selek-tierten Varianten unserer Rassetauben, bei de-nen sich die AusweiBung auf das Flügelschildbeschränkt, finden wir noch eine andere Linie

bei Brieftauben. Diese zeigen eine starke Ten-denz zur Depigmentierung am Scheitel und Hin-terhals und oft auch im Schwanz. Die Ähnlich-

keit dieser Tiere untereinander in Bezug auf dieZeichnung ist ein Zeichen ihrer gemeinsamenAbstammung, es handelt sich um einen eigenenSelektionstyp des Weißschildfaktors, auchwenn von den Züchtern nicht direkt auf die Fär-

bung selektiert wurde. Hier tat die Inzucht neben

den erwünschten und geförderten Leistungs-merkmaien sozusagen als Nebeneffekt ihre Wir-

kung in Bezug auf die Zeichnung. Gänzlich un-selektierte Weißschilder finden wir bei Stadttau-ben. Hier treten alle nur erdenklichen Zwischen-

typen auf, aber immer wieder tauchen auch re-lativ gut gezeichnete WeiBschilder oder Roset-tentiger auf. An diesen Tauben sieht man sehrschön, wie es ursprünglich zur Entstehung dereinzelnen Weißschild-Farbenschläge kam. Diepraktische Erfahrung zeigte den Züchtern, dassbestimmte Zeichnungstypen wiederholt in dervorerst unselektierten Zucht auftraten, diesewurden dann durch Selektion und züchterischeArbeit verfeinert.

Erwähnen möchte ich noch, dass es mir beimeinen Untersuchungen nicht möglich war, ge-netische Unterschiede zwischen den verschie-

denen Weißschildzeichnungsmustern zu fin-den. Zwar neigen für den Weißschildfaktor rein-erbige Tiere tendenziell zu einem größerenWeißanteil als spalterbige, aber es ist nicht all-gemeingültig, dass klassische Weißschilderreinerbig und Rosettentiger spalterbig für den

Weißschildfaktor sind. Ich zognachweislich für den WeiB-

Volierengruppe Dresdener Trommeltauben in Rot. Foto: de Koster

Geflügel-Börse 4/2006 13

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schildfaktor spalterbige Tauben,die typisch ge-zeichnete Weißschilder waren, zum Teil sogarmit viel Weißanteil im Rumpfgefieder. Umge-kehrt zog ich reinerbige Weißschildfaktorige,welche Rosettentiger und dunkle Schildtigerwaren. Die Unterschiede in der Weißzeichnungsind auf zusätzliche Modifikatorgene zurückzu-führen. Insgesamt zeigt die gesamte Thematik,dass wir es hier mit einem sehr komplexen Ge-biet zu tun haben, wo viele Gene an einem be-stimmten Erscheinungsbild beteiligt sind undbereits geringe Unterschiede in der geneti-schen Zusammensetzung eine große phänoty-pische Wirkung haben können.

Nachdem die genetischen Zusammenhängeder Weißschildzeichnung bei roten Taubenweitgehend erklärt werden konnten, schloss ichin die Untersuchung noch eine andere interes-sante Färbung mit ein. Es handelte sich dabeium die sogenannten Rothälse, die bei Usbeki-schen Tümmlern unter der Bezeichnung"tschinny" bekannt sind. Bei Wiener Stadttau-ben treten ident gefärbte Tauben ebenfalls auf,sind aber wesentlich seltener als Weißschilder.Rothälse haben einige Merkmale, die sich mitdenen der Weißschilder decken. Beide sind imJugendgefieder einfarbig rot, wenngleich diejungen Rothälse meist blasser als junge Weiß-schilder gefärbt sind und starken Schilf inSchwingen und Schwanz aufweisen. Ebensowie bei den meisten Weißschildern, nimmt derWeißanteil bei Rothälsen von Mauser zu Mau-ser zu. Eine besondere Eigentümlichkeit derRothälse ist das Auftreten einzelner schwarzer,seltener auch blauer Federn im Schild- undHalsbereich, gelegentlich auch an anderen Re-gionen. So zog ich einige Tiere, welche einzel-ne schwarze oder blaue Schwung- oderSchwanzfedern aufwiesen. Typisch gefärbteRothälse sind weiß mit farbiger Brust und Hals.Manche Tiere haben im ersten Jahr einen farbi-gen Kopf und farbige oder schilfige Schwingen.Es gibt aber auch Rothälse, die immer einenFarbkopf oder farbige Schwingen undSchwanzfedern behalten.

In der ersten Untersuchung wurden Rothälsemit blaubindigen Taubenverpaart. Ich erhieltausdiesen Kreuzungen blaubindige und blau-ge-hämmerte Nachzucht ohne Weißanteile. Nunwurden F,-Paarezusammengestellt,welche ne-ben blaubindiger,blau-gehämmerter und einfar-big roter Nachzucht auch Rothälse und interes-santer Weise auch Schild- und Rosettentigerbrachten. Wie schon zuvor beim Weißschildfak-tor festgestellt wurde, zeigte sich auch bei derRothalszeichnung,dass dieseausschließlichbeirezessivroten Taubenin Erscheinungtritt.

In weiterer Folge wurden Rothälse mit einfar-big Roten verpaart. Aus solchen Paarenzog ichneben einfarbig Roten auch einige Weißschil-der, Schildtiger und Rosettentiger, aber keineRothälse. Die Paarung einfarbig Rot (gezogenaus Rothals x Rot) x Rothals ergab einfarbigRote, Weißschilder in verschiedenen Variantenund Rothälse. Interessanterweise traten bei ei-nigen der aus diesen Paarungen gezogeneneinfarbig Roten und Weißschildern einigeschwarze oder blaue Federn auf, wie es sonstnur von den Rothälsen bekannt ist. Unter derroten Nachzucht befanden sich einige Tiere, dieich als dunkle Rothälse bezeichnete. Sie blie-ben auch nach der dritten Mauser noch we-sentlich dunkler als typische Rothälse. DieZeichnung dieser Tiere entsprach ziemlich ge-nau jener der rotbunten Danziger Hochflieger.

Dies veranlasste mich, nähere Informationenüber diesen Farbschlag einzuholen. Ein lang-

14 Geflügel-Börse 4/2006

Russische Flugtümmler rothalsig (tschinny), links die jüngere rotköpfige Taube.Foto: de Koster

jähriger Züchter dieser Rotbunten gab mir dannbereitwillig sehr interessante Hinweise. Jungerotbunte Danziger Hochflieger sind zunächsteinfarbig rot und werden mit jeder Mauser hei-ler. Im Extremfall können einige besonders hei-le Tiere nach einigen Jahren wie typische Rot-hälse gezeichnet sein. Und wie die typischenRothälse treten auch bei den rotbunten Danzi-

gern immer wieder einzelne schwarze Federnauf, welche früher sogar als Farbschlagsmerk-mal anerkannt und als "Stammfedern" bezeich-

net wurden. Ich konnte in weiterer Folge einerotbunte Danziger- Täubin erwerben und in mei-ne Testpaarungen miteinbeziehen. Danach be-stand kein Zweifel mehr, dass es sich bei denDanziger Rotbunten um eine dunkle Varianteder Rothälse handelt. Im Idealfall gleicht dieZeichnung der Rotbunten einer Mönchszeich-nung, die bei anderen Rassen durch Scheck-faktoren erzeugt wird und genetisch nichts mitden Rotbunten zu tun hat.

Um noch mehr Aufschluss über die Ver-wandtschaft von Weißschildern und Rothälsenzu bekommen, wurde ein Rothals mit einem rot-

weißschildigen Niederländischen Hochfliegerverpaart. Aus dieser Paarung wurden aus-schließlich Rothälse gezogen! Die Ergebnissewaren zunächst sehr überraschend und schwer

zu interpretieren. Nachdem die praktischeZuchtarbeit abgeschlossen war, begann dieAuswertung. Es wurden statistische Berech-nungen durchgeführt und aufgestellte Theorienmit den Zuchtergebnissen verglichen. Schließ-lich konnte eine Erklärung gefunden werden,die mit allen erzielten Ergebnissen im Einklangsteht. In der folgenden genauen Beschreibungder verschiedenen Geno- und Phänotypen ver-wende ich verschiedene Gensymbole, die ichnun kurz erklären möchte.

Tim Kvidera vergab bereits in seinem obenerwähnten Artikel die zunächst noch provisori-sche Bezeichnung Ws (Whiteside) für denWeißschildfaktor. Diese soll nun offiziell für denWeißschildfaktor verwendet werden. Der Rot-

halsfaktor ist ein Allel des Weißschildfaktors, eshandelt sich also um zwei unterschiedliche Mu-

tationen am selben Genort. Ich schlage dieGenbezeichnung WSRh für den Rothalsfaktorvor. Man kann nicht sagen, dass einer der Fak-toren über den anderen dominant sei, wie sich

aus der folgenden Beschreibung ersehen lässt.Die Bezeichnung En für den Enabler (Ermögli-chungsfaktor) ist nur zum besseren Verständnisvon mir in diesem Artikel verwendet worden

und besitzt keine Gültigkeit.Nun zu den genetischen Kombinationen (Ge-

notypen) und deren Erscheinungsbildern (Phä-notypen):

Ws//Ws; Enl/En = reinerbig Weißschildfak-tor, reinerbig Enabler,Phänotyp = Weißschild

Wsl/+j En//En = spalterbig Weißschildfak-tor, reinerbig Enabler,Phänotyp = Weißschild

WS//WSj En//+ = reinerbig Weißschildfak-tor, spalterbig Enabler,Phänotyp = Weißschild

Wsl/+; En//+ = spalterbig Weißschildfaktor,spalterbig Enabler,Phänotyp = Weißschild

WS//WSj +//+ = reinerbig Weißschildfaktor,kein Enabler, Phänotyp = einfarbig Rot(manchmal mit wenigen weißen Federnam Kopf)

Ws//+; +//+ = spalterbig Weißschildfaktor,kein Enabler, Phänotyp = einfarbig Rot(manchmal mit wenigen weißenFedern am Kopf)

+//+; Enl/En = kein Weißschildfaktor,reinerbig Enabler,Phänotyp = einfarbig Rot

+I/+j En//+ = kein Weißschildfaktor,spalterbig Enabler,Phänotyp = einfarbig Rot

WSRh//WSRh; Enl/En = reinerbig RothaIs-faktor, reinerbig Enabler,Phänotyp = RoUlals

WsRhl/+; En//En = spalterbig Rothalsfaktor,reinerbig Enabler, Phänotyp = Rotbunt

WSRh//WSRhj En//+ = reinerbig Rotbals-faktor, spalterbig Enabler,Phänotyp = Rotbunt

WSRh//+j Enl/+ = spalterbig Rothalsfaktor,spalterbig Enabler, Phänotyp = einfarbigRot (manchmal mit wenigen weißenund/oder schwarzen Federn)

WSRh//WSRhj +//+ = reinerbig Rothalsfaktor,kein Enabler, Phänotyp = einfarbig Rot(manchmal mit wenigen weißen und/oderschwarzen Federn)

WSRh//+; +//+ = spalterbig Rothalsfaktor,kein Enabler, Phänotyp = einfarbig Rot(manchmal mit wenigen weißen und/oderschwarzen Federn)

WS//WSRhj En//En = spalterbig Weiß-schild/Rothals, reinerbig Enabler,Phänotyp = Rothals

WS//WSRhj En//+ = spalterbig Weiß-schild/Rothals, spalterbig Enabler,Phänotyp = Weißschild (manchmalmit einigen schwarzen Federn)

WS//WSRh; +//+ = spalterbig Weiß-schild/Rothals, kein Enabler, Phänotyp =einfarbig Rot (manchmal mit wenigenweißen und/oder schwarzen Federn)

127.Jahrgang'

Page 4: Teil I: Rote und gelbe Weißschilder - Danziger Hochflieger · 2017-07-31 · Als ich vor mehr als fünf Jahren beschloss, mich mit den genetischen Zusammenhängen weißschildiger

Die Details zeigen, dass es von großer Be-deutung ist, ob der Enabler vorhanden ist odernicht. Ein Tier, das spalterbig für den Weiß-schild- und den Rothalsfaktor ist ~S//WSRh)sieht entweder wie ein Rothals (wenn der Ena-bier reinerbig vorliegt), oder wie ein Weißschildaus (wenn der Enabler spalterbig vorhandenist), oder es ist einfarbig rot (wenn es keinenEnabler besitzt). Sowohl bei den Weißschildern,als auch bei den Rothälsen konnte eine großeVariationsbreite festgestellt werden. Wenn inder obigen Liste vom Phänotyp Weißschild ge-sprochen wird, sind damit auch die VariantenSchild- und Rosettentiger gemeint.

Sowohl Weißschilder als auch Rothälse nei-gen zu einer verstärkten Ausbreitung des Weiß-anteiles. Paart man immer wieder die hellstenTiere miteinander, so nimmt der Weißanteil im-

mer mehr zu. Bei Rothälsen kann dies zu fastganz weißen Tauben mit wenigen roten Federnim Brustbereich führen. Bei Weißschildern ent-stehen Tiere, die farbschwänzigen Rothälsensehr ähnlich sehen, genetisch aber von diesenverschieden sind.

Zum Abschluss möchte ich noch auf dieschwarzen oder blauen Federn der Rothälseeingehen. Wie der Liste zu entnehmen ist, zei-gen dieses Merkmal manchmal auch einfarbigRote und Weißschilder, die spalterbig denRothalsfaktor tragen. Offenbar setzt der Rot-halsfaktor Stoffwechselvorgänge in Kraft, diemanche Federn nicht völlig depigmentieren,sondern nur die Phäomelanine (roten Farb-stoffe) reduzieren. Es ist so, als würde bei die-sen Federn die rezessiv rote Farbe wegge-wischt werden, wodurch die darunter liegen-

de Färbung zum Vorschein kommt. Das ist beigenetisch blaubindigen Tieren an den blauenFedern zu erkennen. Doch nicht immer sindRothälse mit schwarzen Federn genetischauch wirklich Schwarze. Durch die Testpaa-rungen konnte festgestellt werden, dass ge-netisch blau-gehämmerte Tiere richtigschwarze Federn aufweisen können. Ich h.ielteinen Stamm Rothälse auf rotfahl-dunkelge-hämmerter Basis, und diese Tiere wiesen nieschwarze Federn auf. Wahrscheinlich hattensie zwischen den weißen und rezessiv rotenFedern einige rotfahl-dunkelgehämmerte, dieaber nicht von den rezessiv roten Federn zuunterscheiden waren.

Imzweiten Teil meiner Arbeit möchte ich aufdie genetische Grundlage der schwarzen Weiß-schilder eingehen. Andreas LeiB