Tennis-27

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  • W. TIMOTHY GALLWEYTennis Das Innere Spiel

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  • BuchJedes Spiel besteht aus zwei Teilen: einem ueren und einem inneren. Beim ueren Spiel geht es um technische Vervollkommnung, bei Slice, Topspin, Aufschlag und dem Stellungsspiel. Beim Inneren Spiel setzen wir uns auseinander mit Konzentrationsschwche, Nervositt, Selbstzweifeln und Selbstkritik. Die Siege im Inneren Spiel bereichern vielleicht nicht unmittelbar die Trophensammlung, aber sie bringen wertvollen Gewinn in puncto Spielfreude, der wesentlich zu spteren Erfolgen beitrgt auf dem Tennisplatz wie im Leben. Timothy Gall-wey zeigt, wie wir das Innere Spiel meistern und dadurch unsere Res-

    sourcen optimal nutzen knnen.

    AutorW. Timothy Gallwey wurde 1938 in San Francisco geboren. Mehrere Jah-re war er Kapitn der Tennismannschaft der Harvard Universitt. Er hat einige Bestseller zum Inneren Spiel verfasst, in denen er eine neue Me-thodologie fr die Entwicklung herausragender persnlicher und beruf-licher Leistungen auf verschiedenen Gebieten beschreibt. In den letzten zwanzig Jahren hat Gallwey den Ansatz des Inneren Spiels Unternehmen vorgestellt, die nach besseren Methoden fr den Umgang mit Vernde-

    rungsprozessen suchten. Er lebt in Agoura Hills, Kalifornien.

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  • W. TIMOTHY GALLWEY

    Tennis Das Innere SpielDurch entspannte Konzentration zur Bestleistung

    Aus dem amerikanischen Englisch bersetzt von Werner Roller

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  • Die Originalausgabe erschien 1974 unter dem Titel Th e Inner Game of Tennis bei Random House Inc., New York.Die deutsche Erstausgabe erschien 1977 bei Wila Verlag Wilhelm

    Lampl KG, Mnchen.

    Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das fr dieses Buch verwendete FSC-zertifi zierte Papier

    Mnchen Super liefert Arctic Paper Mochenwangen GmbH.

    1. Aufl ageberarbeitete Neuausgabe Mrz 2012

    Wilhelm Goldmann Verlag, Mnchenin der Verlagsgruppe Random House GmbH

    1974 by W. Timothy GallweyUmschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, Mnchen

    Umschlagmotiv: FinePic, MnchenRedaktion: Ralf LaySB Herstellung: cb

    Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, GermeringDruck: GGP Media GmbH, Pneck

    Printed in GermanyISBN: 978-3-442-21977-3

    www.goldmann-verlag.de

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  • Fr meine Eltern, die mich zum Spiel brachten,und fr Maharaji, der mir zeigte,

    was Gewinnen bedeutet.

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  • Was ist das wirkliche Spiel?Es ist das Spiel, in dem das Herz angesprochen wird,

    das Spiel, in dem du angesprochen wirst.Es ist das Spiel, das du gewinnen wirst.

    Maharaji

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  • Inhalt

    Vorwort von Zach Kleinman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

    1. berlegungen zur Psychologie des Tennisspiels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2. Die Entdeckung von Selbst 1 und Selbst 2 . . . 25 3. Selbst 1 beruhigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4. Selbst 2 vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 5. Technik entdecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 6. Gewohnheiten ndern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 7. Konzentration lernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 8. Rollenspiele auf dem Platz . . . . . . . . . . . . . . . . 195 9. Die Bedeutung des Wettkampfs . . . . . . . . . . . . 21810. Das Innere Spiel jenseits des Tennisplatzes . . 234

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  • 21977-Gallwey.indd 821977-Gallwey.indd 8 13.12.11 15:4013.12.11 15:40

  • Vorwort

    Ich habe Tim Gallwey und den Lehren des Inneren Spiels im Tennis bereits vertraut, bevor wir uns begegnet sind. Dieses Vertrauen entstand im Jahr 1974, als ich das Buch las, das Sie jetzt in Hnden halten. Tim besttigt, dass der Weg, auf dem ich mich befi nde, der richtige ist und dass ich noch tiefer einsteigen knnte. Und das tue ich. Es geht nicht um Tennis, erinnert er mich. Es geht nicht um Sieg oder Niederlage; wenn wir hier sind, um Erfahrungen zu machen, sind wir frei. Siege sind mir allerdings nach wie vor lieber als Niederlagen. Nach dreiig Jahren zeigt er mir immer noch, wie man Ver-trauen hat, und er hat mich zum Lehrer des Inneren Spiels geadelt. Tim lebt sein Werk, und als mein Mentor und Rollenmodell hat er mich damit betraut, Einsicht in sein fortdauerndes Lernen zu nehmen und dabei mitzu-wirken. Ich schtze ihn vor allem dafr: Er ist eine Quel-le bedingungslosen Interesses.

    Eines Tages hatte er sogar noch mehr recht als sonst. Es war der letzte Tag des ersten Inner-Game-Work-shops fr Tennislehrer. Einige Monate zuvor hatte ich ihm zwar bei einem Intensivkurs fr das Innere Spiel as-

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  • 10 Vorwort

    sistiert, aber erst bei dieser Workshop-Woche hatte ich meine erste Privatstunde bei Tim (dreiig Leute sahen zu). Er schlug Eigenverantwortung vor. Bring Eigenver-antwortung zum Ausdruck. Werde zum Urheber deines eigenen Schlags, lautete sein freundlicher Vorschlag. Ich fand in mir selbst eine Prsenz, die eine neue und zugngliche Vorstellung in die Schlge einfl ieen lie. Mein Unterricht und mein Spiel gewannen sofort eine neue Dimension hinzu, und das nicht nur aus der Eigen-verantwortung heraus. Es konnte alles Mgliche sein, was ich mir vorstellte. Ich wurde der Urheber, der Schp-fer des nchsten Punkts: meines Lebens.

    Am Freitag, dem 10. Dezember 1976, um etwa 14.30 Uhr nachmittags, vernderte Tim Gallwey mein Leben, als er intuitiv vorschlug: Zach, geh nach Hause. Geh, unterrichte und komm dann zum nchsten Work-shop wieder.

    Kommt nicht infrage, erwiderte ich mit neu ent-deckter Strke und Sicherheit. Und dann sagte ein str-kerer Instinkt in mir: Ich bin hier. Ich werde helfen, as-sistieren und lernen.

    Tim lchelte.Ich blieb. Aber was lie mich tatschlich dableiben?

    Es ist ein Zauber, den ich empfi nde, wenn ich zum Un-terrichten und Lernen mit Tim auf dem Platz stehe. Sein gedankenreicher, einfacher, provokativer Ansatz wirkt

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  • 11Vorwort

    als bestmgliche Anregung auf mich als Lehrer, Spieler und Mensch.

    Seit jenem lebensverndernden Augenblick, in dem ich einer neu entdeckten Eigenverantwortung Ausdruck verlieh, vertraute ich Tims Instinkten, und ich tue das weiterhin. Ich bin immer noch in Los Angeles, arbeite mit dem Prozess des Inneren Spiels und erweitere ihn in Intensivkursen Gruppen- und Einzelunterricht auf Tennis- und Golfpltzen, in Konzertslen und Billard-hallen. Und fast tglich lerne, entwickle und be ich mich weiterhin gemeinsam mit Tim auf dem Platz und darber hinaus im Ausdruck unserer inneren und u-eren Spiele.

    Zach KleinmanCoach, Sports and Life

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  • Einleitung

    Jedes Spiel besteht aus zwei Teilen, einem ueren und einem inneren. Das uere Spiel wird gegen einen ue-ren Gegner ausgetragen, um uere Hindernisse zu berwinden und ein ueres Ziel zu erreichen. Das gute Beherrschen dieses Spiels ist das Th ema vieler Bcher, die Anweisungen geben, wie man einen Tennis-, Golf- oder Baseballschlger fhren und welche Arm-, Bein- oder Krperhaltung man dabei einnehmen sollte, um Spitzenergebnisse zu erzielen. Fr die meisten ist es aber aus irgendeinem Grund leichter, diese Anweisungen im Gedchtnis zu behalten, als sie in die Praxis umzusetzen.

    In diesem Buch wird die Th ese vertreten, dass kein Spiel meisterhaft oder auch nur befriedigend betrieben werden kann, wenn man den relativ vernachlssigten Fertigkeiten des Inneren Spiels nicht eine gewisse Auf-merksamkeit widmet. Dieses Spiel fi ndet im Kopf des Spielers statt und wird gegen Hindernisse wie Konzen-trationsschwche, Nervositt, Selbstzweifel und Selbst-kritik ausgetragen. Es wird, um es ganz kurz zu sagen, gegen alle Denkgewohnheiten gespielt, die herausragen-den Leistungen im Weg stehen.

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  • 13Einleitung

    Wir fragen uns oft , warum wir an einem Tag so gut spielen und am darauff olgenden so schlecht, warum wir whrend eines Wettkampfs verkrampfen oder leichte Blle verschlagen. Und warum es so lange dauert, eine schlechte Gewohnheit abzulegen und eine neue zu entwickeln. Siege im Inneren Spiel bringen vielleicht keinen Zugewinn fr den Trophenschrank, aber sie sind mit wertvollen Beloh-nungen verbunden, die dauerhaft er sind und erheblich zum persnlichen Erfolg beitragen knnen, im Leben all-gemein wie auch speziell auf dem Tennisplatz.

    Der Akteur des Inneren Spiels schtzt die Kunst der entspannten Konzentration mehr als alle anderen Fer-tigkeiten. Er entwickelt eine solide Basis fr das eigene Selbstvertrauen und lernt, dass das Geheimnis fr den Spielerfolg darin liegt, diesen nicht durch bermige Anstrengung zu suchen. Sein Ziel ist eine Art des spon-tanen Spiels, die nur dann gelingt, wenn das Denken ru-hig ist und im Einklang mit dem Krper zu sein scheint, der auf berraschenden Wegen die eigenen Grenzen im-mer wieder berwindet. Der Spieler des Inneren Spiels entwickelt auerdem whrend er die blichen Blocka-den im Wettkampf berwindet einen Siegeswillen, der all seine Energie freisetzt und auch durch einen Spielver-lust niemals gebrochen wird.

    Es gibt einen sehr viel natrlicheren Lernprozess, der sich auch auf fast alle anderen praktischen Ttigkeiten

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  • 14 Einleitung

    anwenden lsst, als den meisten Menschen bewusst ist. Er gleicht dem Prozess, den wir alle durchlaufen, aber schon bald wieder vergessen haben, als wir das Gehen und Sprechen lernten. Er bedient sich der intuitiven F-higkeiten des Verstandes sowie der rechten und linken Hirnhlft e. Dieser Prozess muss nicht erlernt werden; wir kennen ihn bereits. Wir mssen nur jene Gewohn-heiten verlernen, die ihn stren, und dann den Dingen ihren Lauf lassen.

    Das Innere Spiel ist bestrebt, das im menschlichen Krper angelegte Potenzial aufzuspren und zu erkun-den. In diesem Buch geschieht das mit dem Medium Tennis.

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  • 1. berlegungen zur Psychologie des Tennisspiels

    Die Probleme, die Tennisspieler am meisten verwirren, haben nichts damit zu tun, wie man den Schlger richtig schwingt. Bcher und Berufsspieler liefern genug Infor-mationen dieser Art. Die meisten Spieler beklagen sich auch nicht allzu oft ber krperliche Grenzen. Die hu-fi gste Klage, die Sportler und Sportlerinnen schon seit Generationen vorbringen, lautet: Das Problem ist weni-ger, dass ich nicht wei, was zu tun ist, sondern dass ich nicht umsetze, was ich wei! Andere hufi ge Sorgen, die Tennistrainer immer wieder zu hren bekommen, klingen etwa so:

    Im Training spiele ich besser als im Match. Ich wei genau, was ich mit der Vorhand falsch mache,

    ich kann wohl nur die Gewohnheit nicht ablegen. Wenn ich mir die grte Mhe gebe, den Schlag so zu

    spielen, wie es im Lehrbuch steht, verschlag ich den Ball jedes Mal.

    Wenn ich mich ganz auf eine Sache konzentriere, die ich tun soll, vergesse ich etwas anderes.

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  • 16 1. berlegungen zur Psychologie des Tennisspiels

    Jedes Mal, wenn ich gegen einen guten Spieler in die Nhe des Matchballs komme, werde ich so nervs, dass ich die Konzentration verliere.

    Ich bin mir selbst der grte Feind. Meistens besiege ich mich selbst.

    Die meisten Spieler, die eine Sportart ausben, haben hufi g solche oder hnliche Schwierigkeiten, aber zu praktischen Erkenntnissen, wie man damit umgehen kann, kommt man nicht so leicht. Der Spieler wird oft mit abgedroschenen Phrasen eingedeckt, zum Beispiel: Tennis ist ein sehr psychologisches Spiel, und man muss die richtige innere Einstellung entwickeln. Oder: Man muss zuversichtlich sein und einen Siegeswillen besitzen, sonst wird man immer ein Verlierer bleiben. Aber wie kann man zuversichtlich sein oder die rich-tige innere Einstellung entwickeln? Diese Fragen blei-ben meistens unbeantwortet.

    Es scheint also Spielraum fr Anmerkungen zu den psychischen Prozessen zu geben, mit denen technische Informationen zum richtigen Treff en des Balls in effi zi-entes Handeln umgesetzt werden. Das Th ema des Inne-ren Tennisspiels ist, wie man die inneren Fertigkeiten entwickelt, ohne die Spitzenleistungen unmglich sind.

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  • 17Die typische Tennisstunde

    Die typische Tennisstunde

    Stellen Sie sich vor, was im Kopf eines eifrigen Tennis-schlers vorgeht, der bei einem genauso eifrigen neuen Tennislehrer eine Unterrichtsstunde nimmt. Nehmen wir einmal an, dass der Schler ein Geschft smann im mittleren Alter ist, der sich vorgenommen hat, seine Po-sition in der Klubrangliste zu verbessern. Der Trainer steht mit einem groen Ballkorb am Netz, und weil er sich nicht ganz sicher ist, ob sein Schtzling den Stun-densatz fr gerechtfertigt hlt, kommentiert er sorgfltig jeden einzelnen Schlag. Das war gut, aber Sie kippen die Schlagfl che beim Ausschwingen etwas, Herr Weil. Verlagern Sie jetzt Ihr Gewicht auf den vorderen Fu, wenn Sie in den Ball hineingehen Jetzt holen Sie zu spt aus Ihre Ausholbewegung sollte etwas niedriger sein als beim letzten Schlag Genau so, viel besser. Binnen kurzem ist Herr Weil beraus beschft igt mit sechs Gedanken zu dem, was er tun, und sechzehn Ge-danken zu dem, was er lassen sollte. Eine Verbesserung seines Spiels scheint zweifelhaft und sehr komplex, aber der Schler wie auch der Trainer sind von der sorgflti-gen Analyse jedes Schlags beeindruckt, das Entgelt wird mit Freuden bezahlt und der Zahlungsvorgang durch den Rat ergnzt, all dies zu ben, und schlielich wer-den Sie eine enorme Verbesserung feststellen.

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  • 18 1. berlegungen zur Psychologie des Tennisspiels

    Auch ich gebe zu, dass ich als Trainerneuling zu viel belehrt habe, aber eines Tages, als ich in gelassener Stim-mung war, ging ich dazu ber, weniger zu sagen und mehr zu beobachten. Zu meiner berraschung korri-gierten sich Fehler, die ich zwar gesehen, aber nicht an-gesprochen hatte, von allein, ohne dass der Schler je bemerkte, dass er sie einst begangen hatte. Wie kam es zu diesen Vernderungen? Ich fand die Erkenntnis interessant, aber fr mein Ego war das ein bisschen schwierig, weil nicht ganz klar war, wie es die der er-zielten Verbesserung entsprechende Anerkennung be-kommen wrde. Ein noch hrterer Schlag war die Er-kenntnis, dass meine verbalen Anweisungen die Wahr-scheinlichkeit zu verringern schienen, die erwnschte Korrektur zu erreichen.

    Alle Tennislehrer wissen, wovon ich hier rede. Sie alle haben Schtzlinge wie meine Schlerin Dorothy. Ich gab ihr regelmig eine sanft e, mit wenig Druck vorgebrach-te Anweisung wie zum Beispiel: Warum versuchen Sie nicht, den Schlger beim Ausschwingen von Hft - auf Schulterhhe anzuheben? Der Topspin wird den Ball im Feld halten. Dorothy gab sich ganz gewiss alle Mhe, meine Anweisungen zu befolgen. Die Muskeln um ihren Mund waren angespannt, die Augenbrauen verrieten Entschlossenheit. Die Unterarmmuskeln waren so ver-spannt, dass eine fl ieende Bewegung unmglich wurde,

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  • 19Die typische Tennisstunde

    und der Schlger wurde letztlich nur wenige Zentimeter hher durchgezogen. Die Standardreaktion des geduldi-gen Trainers lautet an diesem Punkt: So ist es besser, Dorothy, aber bleiben Sie locker, strengen Sie sich nicht so an! Der Ratschlag ist zwar gut gemeint, aber Dorothy schafft es nicht, locker zu bleiben, whrend sie sich zu-gleich die grte Mhe gibt, den Ball korrekt zu treff en.

    Warum sollte Dorothy oder Sie oder ich eine un-angenehme Verspannung erleben, wenn sie eine be-stimmte Bewegung ausfhrt, die vom Ablauf her nicht schwierig ist? Was spielt sich vom Zeitpunkt der Anwei-sung bis zum Abschluss der Schlagbewegung im Kopf ab? Den ersten Schimmer einer Antwort auf diese Schlsselfrage hatte ich in einem seltenen Augenblick der Einsicht nach einer Unterrichtsstunde mit Dorothy: Was immer in ihrem Kopf vorgeht, es ist viel zu viel! Sie ist derart fi xiert darauf, den Schlger so zu fhren, wie ich es ihr gesagt habe, dass sie sich nicht mehr auf den Ball konzentrieren kann. In diesem Augenblick nahm ich mir fest vor, weniger verbale Anweisungen zu geben.

    Die nchste Unterrichtsstunde hatte ich an jenem Tag mit einem Anfnger namens Paul, der noch nie einen Schlger in der Hand gehalten hatte. Ich war entschlos-sen, ihn mit so wenigen Anweisungen wie mglich ins Spiel einzufhren, wollte versuchen, seinen Kopf freizu-halten, und dabei beobachten, ob es so besser ging. Also

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  • 20 1. berlegungen zur Psychologie des Tennisspiels

    erff nete ich die Stunde, indem ich Paul mitteilte, ich wolle etwas Neues versuchen: Ich wrde die blichen Er-klrungen fr einen Anfnger komplett weglassen, die sich auf den Vorhand-Grundschlag und den richtigen Griff , die Schlagtechnik und Beinarbeit bezogen. Statt-dessen wollte ich selbst zehn Vorhandblle spielen, und er sollte mir dabei genau zusehen und nicht berlegen, was ich da tat, sondern nur versuchen, eine bildliche Vor-stellung des Vorhandschlags zu entwickeln. Er sollte sich das Bild mehrmals innerlich vor Augen fhren und es dann in der Bewegung einfach nachvollziehen. Nach-dem ich zehn Vorhandblle gespielt hatte, stellte sich Paul vor, wie er dasselbe tat. Dann gab ich ihm den Schlger in die Hand, zeigte ihm den korrekten Griff , und er sagte mir: Mir fi el auf, dass Sie zuerst die Beine bewegt haben. Ich reagierte mit einem unverbindlichen Brummen und bat ihn, die Vorhand so gut nachzuah-men, wie es ihm mglich war. Er tippte den Ball auf, zeigte eine perfekte Ausholbewegung, zog den senkrecht gestellten Schlger durch, und der Schlag endete mit ei-ner natrlichen, fl ieenden Bewegung in Schulterhhe, perfekt fr einen ersten Versuch! Aber Augenblick mal, seine Beinarbeit Seine Beine hatten sich keinen Zen-timeter bewegt, seit er die perfekte Ausgangsstellung eingenommen hatte, die der Ausholbewegung voran-ging. Sie waren wie mit dem Platz verwachsen. Ich zeigte

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  • 21Spielen wie im Rausch

    auf die Beine, und Paul sagte: Ach ja, die habe ich ganz vergessen! Das eine Element der Schlagbewegung, an das Paul sich zu erinnern versucht hatte, war genau das-jenige gewesen, das er nicht ausfhrte! Alles andere hat-te er aufgenommen und nachgeahmt, ohne dass ein Wort dazu gefallen oder eine Anweisung erteilt worden wre!

    Ich begann zu begreifen, was alle guten Tennislehrer und -schler lernen mssen: Bilder sind besser als Wor-te, Zeigen ist besser als Erklren, zu viele Anweisungen sind schlechter als gar keine, und angestrengtes Bem-hen zeitigt oft negative Ergebnisse. Eine Frage gab mir Rtsel auf: Was ist falsch daran, wenn man sich an-strengt? Was sind die Merkmale zu groer Anstrengung?

    Spielen wie im Rausch

    Stellen Sie sich die geistige Verfassung eines Spielers vor, von dem man sagt, er sei hei oder gehe ganz im Spiel auf. Denkt er bei jedem Schlag darber nach, wie er ihn spielen sollte? Denkt er berhaupt nach? Hier sind einige Redewendungen, die man hufi g im Zusammen-hang mit einem Spieler in Bestform hrt: Er spielt wie im Rausch, Er wchst ber sich hinaus, Er spielt wie in Trance, Er wei nicht, was er tut Das verbin-

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  • 22 1. berlegungen zur Psychologie des Tennisspiels

    dende Element bei all diesen Zustandsbeschreibungen liegt darin, dass ein Teil des bewussten Denkens nicht sehr aktiv ist. Athletinnen und Athleten in allen Sportar-ten bedienen sich hnlicher Redensarten; und die Besten unter ihnen wissen, dass sie ihre optimale Leistung nie-mals dann zeigen, wenn sie ganz bewusst daran denken.

    Unbewusstes Spielen bedeutet natrlich nicht, ohne Bewusstsein zu spielen. Das wre wohl ziemlich schwie-rig! Jemand, der wie im Rausch spielt, achtet vielmehr genauer auf den Ball, den Platz und, sofern das ntig ist, auf den Gegner. Aber er gibt sich nicht selbst ein Konvo-lut von Anweisungen, denkt nicht darber nach, wie er den Ball treff en will, wie er frhere Fehler korrigieren oder das, was er gerade eben getan hat, wiederholen kann. Er handelt bewusst, berlegt aber nicht dabei und strengt sich nicht bermig an. Ein Spieler in diesem Zustand wei, wo er den Ball hinspielen will, muss sich aber nicht allzu sehr anstrengen, wenn er ihn dorthin platzieren will. Es scheint einfach so zu geschehen und oft mit grerer Genauigkeit, als er htte erhoff en kn-nen. Der Spieler scheint in einen Handlungsablauf ein-gebettet, der ihm Energie abverlangt, aber zu grerer Kraft und Genauigkeit fhrt. Die gute Phase dauert meistens so lange, bis er darber nachzudenken beginnt und sie beibehalten will. Sobald er (bewusst) versucht, die Kontrolle ber das Spiel auszuben, verliert er sie.

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  • 23Spielen wie im Rausch

    Diese Th eorie lsst sich leicht berprfen, falls Sie mir eine kleine Hinterhltigkeit gestatten. Wenn Ihr Gegner das nchste Mal einen guten Tag hat, fragen Sie ihn doch beim Seitenwechsel einfach: Sag mal, was machst du denn heute anders, damit deine Vorhand so stark ist? Wenn er anbeit und 95 Prozent der Spieler tun das , er also anfngt, ber seine Ausholbewegung nachzuden-ken, und Ihnen sagt, wie er den Ball vor dem Krper trifft , dabei das Handgelenk fi xiert und den Schlger besser durchzieht, wird sein Lauf unweigerlich zu Ende gehen. Wenn er versucht, das, was ihm nach seinem ei-genen Bericht so gut gelungen ist, bewusst zu wiederho-len, wird er sein Timing und seinen Bewegungsfl uss ver-lieren.

    Aber kann man denn lernen, ganz bewusst wie im Rausch zu spielen? Wie geht es, bewusst ohne bewuss-tes Nachdenken zu agieren? Es klingt wie ein Wider-spruch in sich selbst. Dennoch kann dieser Zustand er-reicht werden. Vielleicht wird man einen Spieler, der unbewusst agiert, treff ender beschreiben, wenn man sagt, sein Verstand sei so konzentriert, so in die Sache vertieft , dass er ruhig ist. Er wird eins mit dem, was der Krper tut, und die unbewussten oder automatischen Funktionen arbeiten, ohne dass ihnen Gedanken in die Quere kommen. Der konzentrierte Verstand hat keinen Platz fr das Nachdenken darber, wie gut der Krper

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  • UNVERKUFLICHE LESEPROBE

    W. Timothy GallweyTennis - Das innere SpielDurch entspannte Konzentration zur Bestleistung

    Taschenbuch, Broschur, 256 Seiten, 12,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-442-21977-3

    Goldmann

    Erscheinungstermin: Februar 2012

    Jedes Spiel besteht aus zwei Teilen: einem ueren und einem inneren. Beim ueren Spielgeht es um technische Vervollkommnung, bei Slice, Topspin, Aufschlag und dem Stellungsspiel.Beim inneren Spiel setzen wir uns auseinander mit Konzentrationsschwche, Nervositt,Selbstzweifeln und Selbstkritik. Die Siege im inneren Spiel bringen wertvollen Gewinn in punctoSpielfreude, der wesentlich zu spteren Erfolgen beitrgt auf dem Tennisplatz wie im Leben.Timothy Gallwey zeigt, wie wir das innere Spiel meistern und dadurch unsere Ressourcenoptimal nutzen knnen.