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«Terror – Ihr Urteil» «Terror – Ihr Urteil» Montag, 17. Oktober 2016 ab 20.00 Uhr, SRF zwei

«Terror – Ihr Urteil» - srf.ch · Am 26. Mai um 20:53 Uhr geht im nationalen Lagezentrum für Sicherheit im Luftraum die Meldung der Entführung eines Passagierflugzeugs auf dem

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«Terror – Ihr Urteil»

«Terror – Ihr Urteil» Montag, 17. Oktober 2016

ab 20.00 Uhr, SRF zwei

«Terror – Ihr Urteil»

«Terror – Ihr Urteil» Nach dem erfolgreichen Theaterstück von Bestsellerautor Ferdinand von Schirach

Montag, 17. Oktober 2016, SRF zwei

20.00 Uhr «Arena Spezial»: Der Auftakt

20.15 Uhr «Terror» – Die Verhandlung

21.40 Uhr «Arena Spezial»: Entscheiden Sie!

ca. 21.45 Uhr «Terror» – Ihr Urteil

ca. 21.50 Uhr «Arena Spezial»: Die Debatte

«Terror – Ihr Urteil»

Inhalt

«Terror – Ihr Urteil» ........................................................................................................ 4

Das Fernsehpublikum entscheidet. .................................................................................... 4

Die Verhandlung ................................................................................................................ 4

Ihre Abstimmung ................................................................................................................ 4

Ihr Urteil ............................................................................................................................. 4

Die Debatte ........................................................................................................................ 4 Kurzinhalt ....................................................................................................................... 5

Synopsis ......................................................................................................................... 5

Besetzung ....................................................................................................................... 6

Stab ................................................................................................................................. 6

Fragen an Ferdinand von Schirach (Autor des Theaterstücks) ................................. 7

«Demokratie braucht Diskussion» ................................................................................... 7

Fragen an Oliver Berben (Produzent), Lars Kraume (Regie) und Sascha Schwingel (Redaktionsleiter) ................................................................... 9

«Die Zuschauer zu Schöffen machen» ............................................................................ 9

Florian David Fitz ..............................................................................................................12

Lars Eidinger.....................................................................................................................12

Burghart Klaußner ............................................................................................................12

Martina Gedeck ................................................................................................................12

«Terror – Ihr Urteil»

«Terror – Ihr Urteil» Das Fernsehpublikum entscheidet.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer werden zu Laienrichtern und bestimmen an diesem Abend über Freispruch oder Verurteilung, über das Schicksal eines Menschen. Ist Lars Koch schuldig oder nicht schuldig?

Die Entscheidung bestimmt den Ausgang des Films.

Jonas Projer diskutiert in seiner anschliessenden Sendung «Arena Spezial» mit Gästen und Experten die Entscheidung der Zuschauerinnen und Zuschauer und setzt das Urteil in Bezug zur Wirklichkeit. Er fragt kritisch nach, ob und wie Politik, Militär und Justiz auf ein vergleichbares Szenario vorbereitet sind.

Die Verhandlung

Ihre Abstimmung Per Telefon: 0848 84 65 01 (schuldig) * 0848 84 65 02 (nicht schuldig)

Online unter: www.srf.ch/terror

Ihr Urteil

Die Debatte

*Dieser Anruf kostet Sie 8 Rappen aus dem Schweizer Fest- oder Mobilfunknetz.

«Terror – Ihr Urteil»

Kurzinhalt Darf man 164 Menschen töten, um 70‘000 zu retten? Durfte der Kampfpilot Lars Koch ein Passagierflugzeug abschiessen, um zu verhindern, dass ein Terrorist dieses auf ein vollbesetztes Fussballstadion stürzen lässt? Ist Lars Koch ein Held oder ein Mörder? Darüber verhandelt die grosse Strafkammer des Schwurgerichts Berlin. Die Zuschauerinnen und Zuschauer werden zu Laienrichtern. Sie fällen das Urteil über Lars Koch: Ist er schuldig oder nicht schuldig?

Synopsis Berlin, Schwurgericht. Zur Verhandlung steht der Abschuss eines Passagierflugzeugs durch den Luftwaffenmajor Lars Koch. Am 26. Mai um 20:53 Uhr geht im nationalen Lagezentrum für Sicherheit im Luftraum die Meldung der Entführung eines Passagierflugzeugs auf dem Weg von Berlin nach München ein. Der Entführer droht, die Maschine auf ein vollbesetztes Fussballstadion stürzen zu lassen. Sofort steigt eine Alarmrotte mit zwei Kampfjets auf. Zunächst versuchen sie, das Flugzeug abzudrängen, geben dann einen Warnschuss ab. Auf beide Manöver reagiert die Maschine nicht. Minutenlang fliegen die beiden Kampfjets neben dem Airbus her. Der Befehl zum Abschuss wird auch auf Nachfrage des Piloten Lars Koch (Florian David Fitz) nicht erteilt. Schliesslich entscheidet er eigenmächtig, die Maschine abzuschiessen. Alle Passagiere sterben, darunter auch Kinder. Im Prozess geht es um die Frage: Darf man 164 unschuldige Menschen töten, um 70‘000 zu retten? Die Anklage der Staatsanwältin (Martina Gedeck) lautet: Mord an 164 Menschen. Lars Koch habe sich zum Herrn über Leben und Tod gemacht. Ein Leben kann niemals gegen ein anderes aufgewogen werden. Dagegen plädiert der Verteidiger (Lars Eidinger) auf Freispruch. Er sieht in seinem Mandanten keinen Mörder, sondern einen Helden, der 70‘000 Menschen vor einem Terroranschlag gerettet und in einer ausweglosen Situation die Verantwortung übernommen hat. Bevor der Richter (Burghart Klaußner) ein Urteil sprechen kann, befragt er das Fernsehpublikum. Je nachdem, wie das Publikum urteilt, findet der Film ein anderes Ende. SRF nimmt die Eurovisions-Ausstrahlung des Fernsehfilms «Terror – Ihr Urteil» zum Anlass für einen Themenabend auf SRF zwei. Durch das Programm führt Moderator Jonas Projer im Rahmen einer Ausgabe von «Arena Spezial».

«Terror – Ihr Urteil»

Besetzung Vorsitzender Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Burghardt Klaußner

Staatsanwältin Frau Nelson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Martina Gedeck

Angeklagter Lars Koch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian David Fitz

Verteidiger Herr Biegler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Lars Eidinger

Nebenklägerin Frau Meiser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Jördis Triebel

Lauterbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Bock

Stab Regie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . Lars Kraume

Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Berben, Ferdinand von Schirach, Lars Kraume

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nach dem gleichnamigen Theaterstück von Ferdinand von Schirach

Kamera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . Jens Harant Ton. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .Stefan Soltau

Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph M. Kaiser, Julian Maas

Kostümbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Esther Walz

Szenenbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Schiefner

Maske. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katharina Erfmann, Monia Münnich, Anja Daum

Schnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Barbara Gies

Herstellungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Salzmann, Kirsten Frehse (ARD Degeto)

Producerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Vossler (MOOVIE GmbH)

Produzent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Berben (MOOVIE GmbH)

Koproduzentin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Christine Strobl (ARD Degeto)

Redaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . Sascha Schwingel (ARD Degeto) und Cooky Ziesche (rbb)

Die Dreharbeiten fanden vom 1. bis 26. April 2016 in Berlin statt.

«Terror – Ihr Urteil» ist eine Oliver Berben Produktion der MOOVIE in Koproduktion mit der ARD Degeto und dem rbb für Das Erste in Zusammenarbeit mit dem SRF, ORF – Beta – gefördert von dem Medienboard Berlin Brandenburg und FilmFernsehFonds Bayern.

«Terror – Ihr Urteil»

Fragen an Ferdinand von Schirach (Autor des Theaterstücks)

«Demokratie braucht Diskussion» Ihr Theaterstück «Terror» greift eine alte philosophische Frage auf und stellt sie neu anhand eines erschreckend aktuellen Falls: Darf man das Leben von wenigen Menschen opfern, um damit dasjenige von vielen zu retten? Was hat Sie dazu bewogen, für diese eher theoretische Problematik die Form eines Theaterstücks zu wählen? Ursprünglich wollte ich für den «Spiegel» einen Essay über Terrorismus schreiben. Aber es wurde zu komplex. Es funktionierte einfach besser, wenn ich mit jemanden darüber sprach. Sehen Sie, ein Problem des Journalismus ist, dass Texte kaum je zu einem Gespräch führen. Es wird zwar in den Zeitungen immer von Debatten gesprochen, aber tatsächlich sind es nur drei, vier Journalisten, die etwas über ein Thema schreiben. Vor einigen Jahren schrieb ich zu dem Fall des Kindermörders Gäfgen im «Spiegel», dass ich glaube, es sei immer falsch, Folter anzudrohen. Einen Tag später bekam ich weit über 1000 Mails, in denen mir selbst Folter angedroht wurde. Das ist kein Gespräch. Es verändert nichts. Demokratie aber braucht die Diskussion, es ist ihr Wesen. Ich wollte, dass wir darüber reden, wie wir leben wollen. Der Terrorismus ist die grösste Herausforderung unserer Zeit, er verändert unser Leben, unsere Gesellschaft, unser Denken. Es ist eben gerade keine juristische Frage, wie wir damit umgehen. Es ist unsere ethisch-moralische Entscheidung. Ein Gerichtsverfahren eignet sich für die Bühne, weil im Grunde jedes Strafverfahren einem Bühnenstück ähnlich ist. Es folgt einer Dramaturgie, Theater und Gericht haben nicht zufällig die gleichen Ursprünge. Auch heute «spielen» die Beteiligten in einem Gericht die Tat nach – natürlich nicht durch Handlungen, aber durch Sprache. Das Theater war von Anfang an ein Spiegel der Gesellschaft – wie die Gerichte ja auch. In der attischen, also der absoluten Demokratie ähnelten sich Gericht und Theater mehr als heute. Beide hatten nur die eine Aufgabe: Sie sollten der Selbstversicherung der Menschen dienen und den gefährdeten Staat stärken. Erst viel später, erst in Rom wurde das Recht wissenschaftlich. Das hatte natürlich Vorteile, die Gerichte wurden berechenbarer, sie verloren ihre Willkür. Aber die Griechen wollten etwas ganz anderes. Vermutlich war es das einzige Volk, das seine Gerichtsverfahren liebte. Es ging ihnen ausschliesslich um die Kraft des Arguments. Die Bürger standen sich direkt gegenüber, es gab keine Anwälte und Staatsanwälte, dafür aber 6000 Richter bei nur 30‘000 Einwohnern. In einer kleinen Gesellschaft ist das möglich, heute wäre es undenkbar – und sehr gefährlich. Und das Theater der Griechen behandelte die gleichen Fragen wie die Gerichte. Nun kommt das Theaterstück auf den Bildschirm. Sie waren an der Verwandlung in ein Drehbuch massgeblich beteiligt. Wie lässt sich die Unmittelbarkeit und Betroffenheit, die sich aus der direkten, leibhaftigen Konfrontation des Publikums mit dem Bühnengeschehen im dunklen Theaterraum zwangsläufig ergibt, auf das Medium Fernsehen übertragen? Ich glaube, es kann im Fernsehen funktionieren. Ich habe es im Theater immer wieder erlebt. Die Menschen unterhalten sich bei diesem Stück nicht darüber, wer an dem Abend besonders gut gespielt hat, sondern darüber, was zum Beispiel der Verteidiger gesagt hat und ob das richtig sein kann. Bei der Premiere in Düsseldorf stellte die Staatsanwältin eine Frage, und sofort rief ein Zuschauer aus dem Publikum: «Die Frage ist unzulässig.» Natürlich wissen die Zuschauer, dass es nur ein Stück und nicht die Wirklichkeit ist. Aber uns allen ist durch die Anschläge in New York, Madrid, Paris und Brüssel klar geworden, dass wir uns diese Fragen stellen müssen. Wir suchen nach einer Lösung aus dem Dilemma. Ich glaube, es spielt deshalb gar keine Rolle, ob es Theaterbesucher oder Fernsehzuschauer sind. Natürlich ist es ein mutiges Experiment, aber es ist richtig und notwendig. Und wir sollten nicht immer, wie Politiker das so oft tun, die Menschen unterschätzen.

«Terror – Ihr Urteil»

Sehen Sie Vorbilder für Ihren Gerichtsfilm «Terror», wenn man an Filme wie «Die 12 Geschworenen» oder «Zeugin der Anklage» denkt? Ich kenne natürlich diese wunderbaren Filme. «Terror» ähnelt ein wenig den «12 Geschworenen». Auch dort gibt es nur einen Raum, in dem der ganze Film spielt, und auch dort hängt alles vom Argument ab. Die Verfilmung von «Terror» ist für mich ein Glücksfall, alles passt zusammen. Oliver Berben und Lars Kraume konnten die besten Schauspieler gewinnen und haben einen Film gemacht, der – in meinen Augen – die Qualität der grossen amerikanischen Gerichtsfilme erreicht. Lars Kraume verzichtet auf jedes Klischee, jede Schreierei, jede Überzeichnung, er vertraut den Schauspielern und dem Text und dadurch gewinnt der Film eine unfassbare Intensität. Die Helden des Stückes sind nicht der Angeklagte, der Verteidiger, die Staatsanwältin oder der Richter. Im Gegenteil. Je besser die Schauspieler sind, umso mehr treten sie hinter ihre Rolle zurück. Als «Helden» bleiben dann, wenn man so will, nur das Recht und die Moral übrig. So beginnt die Diskussion, die Grundlage unserer Demokratie.

«Terror – Ihr Urteil»

Fragen an Oliver Berben (Produzent), Lars Kraume (Regie) und Sascha Schwingel (Redaktionsleiter)

«Die Zuschauer zu Schöffen machen» Ferdinand von Schirach hat mit «Terror» sein erstes Theaterstück geschrieben, Sie machen daraus einen Film. War der Weg vom Stück zum Drehbuch ein weiter? Lars Kraume: Eigentlich nicht. Der Drehbuchtext ist etwas gekürzt, weil wir im Fernsehen etwas schneller auf den Punkt kommen müssen als im Theater – schliesslich muss ein Film den Zuschauer so stark fesseln, dass er nicht umschalten will. Allerdings schafft das auch das Stück von Ferdinand von Schirach schon von ganz alleine, einfach weil es sehr spannend ist und den Zuschauer von Anfang an einbindet. Oliver Berben: Wir wollen aus dem Stück nicht nur einen Film machen, sondern ein mediales Ereignis. Und schon deshalb mussten wir die Theaterfassung abändern. Die grosse Qualität des Textes liegt aber in der Sprache von Ferdinand von Schirach. Auf der einen Seite erklärt er sachliche Dinge und Fakten, gleichzeitig bindet er aber seine Leser und Zuschauer auch emotional. Das allein macht das Theaterstück schon besonders. Der Film und das Drehbuch perfektionieren das noch, wir führen die Emotionalität noch weiter. Terrorismus ist eines der brisantesten Themen unserer Zeit und als solches sehr angstbehaftet. Hatten Sie anfangs Bedenken, das Thema könnte zu heikel sein? Und was hat Sie letztendlich überzeugt, «Terror» umzusetzen? Sascha Schwingel: Die Art und Weise, wie Ferdinand von Schirach mit diesem Thema umgeht, hat uns sehr schnell und trotz aller Bedenken überzeugt. Es ist neben einem klugen und spannenden Text vor allem der Geniestreich, die Zuschauer zu Schöffen zu machen und durch sie das Urteil fällen zu lassen. Wenn man diese Verantwortung annimmt, beschäftigt man sich differenzierter mit dem Thema und mit vielen verschiedenen Aspekten. Man gelangt zu einer substanzielleren Haltung. Das ist ein spannender Prozess, den wir mit diesem Projekt anstossen wollen. Berben: Sich mit dem Thema Terror filmisch auseinanderzusetzen, ist komplex. Mir ist bewusst, dass das kein Thema ist, mit dem sich automatisch alle Türen öffnen. In unserem Film geht es aber nicht allein um den Umgang mit Terrorismus und darum, was der Terrorismus in seinen schrecklichen und brutalen Ausmassen anrichtet, sondern masseblich darum, wie sich unsere Gesellschaft dadurch verändert. Also, wie möchten wir in Deutschland oder Europa heute leben? Wie viel Kontrolle über unser Leben sind wir bereit abzugeben? Wenn Sie heute also beispielsweise in einer langen Schlange vor einem Kino stehen, fühlen Sie sich anders als noch vor zehn Jahren. Ich bin sowohl in Deutschland als auch in Israel gross geworden, dort lebt man mit dieser Unsicherheit schon immer: vor jedem Club, vor dem Sie stehen, oder in jedem Bus, in den Sie steigen. Diese Angst oder dieses Gefühl ist jetzt überall in Europa und in der Welt angekommen. Damit spielt dieses Werk. Es geht um die Gefahr der Zerstörung unserer Gesellschaft an sich. Kraume: Meiner Meinung nach ist es unsere Pflicht, diese Themen im Drama zu behandeln, weil man damit eine breite Öffentlichkeit auffordert, sich mit komplizierten Fragen zu beschäftigen: Wie wollen wir diesen Rechtsstaat gegen Angriffe verteidigen? Was bedeutet uns unsere Verfassung? Ich halte es für sinnvoll, diese Fragen im abstrakten Raum einer Fiktion zu stellen, denn wenn es konkret wird und ein Angriff stattfindet, sind alle Menschen wesentlich emotionaler als in so einer «Versuchsanordnung».

«Terror – Ihr Urteil»

Im klassischen Gerichtsdrama ist meist recht eindeutig, wer «gut» und wer «böse» ist. In «Terror» lässt sich diese Frage nicht so leicht beantworten. Das Medium Film verfügt aber über viele subtile Mittel, um die Zuschauerinnen und Zuschauer zu beeinflussen. Auf der anderen Seite durfte eine Beeinflussung aber gerade nicht geschehen, um dem Publikum am Ende eine möglichst vorurteilsfreie eigene Meinungsbildung zu ermöglichen. Hat das eine besondere Herausforderung dargestellt? Kraume: Nun, wir haben uns tatsächlich um grosse Neutralität bemüht. Wir haben darauf geachtet, keine Perspektive einzunehmen. Die Kamera behandelt alle Figuren gleich, beobachtet sie nur in ihren Haltungen, ohne sie zu bewerten. Und es gibt zum Beispiel auch keine Musik, die den Zuschauer unterbewusst manipuliert. Berben: In unserem Gerichtsverfahren geht es darum, ob die Entscheidung, die Major Koch fällt, die Maschine abzuschiessen, ihn im rechtlichen Sinne schuldig macht oder nicht. Und diese Frage ist nicht eine Frage von Gut oder Böse. Die Beeinflussung des Zuschauers werden Sie nie gänzlich ausschliessen können, aber das können Sie im wahren Leben auch nicht. Mit Ferdinand von Schirach habe ich darüber gesprochen, dass je nachdem, wie sympathisch oder unsympathisch ich den Piloten besetze, das Urteil demensprechend anders ausfallen kann. Seine Antwort: «Das ist vor jedem Gericht und bei jedem Verfahren auch so. Die Äusserlichkeiten oder die Gegebenheiten beeinflussen die Menschen. Wichtig ist es, sich trotz dieser Beeinflussung auf die Fakten zu konzentrieren und danach sein Urteil zu fällen.» Sie haben für den Film «Terror» eine erstklassige Darstellerriege versammeln können. Verraten Sie uns: Wie war der Findungsprozess? Welche besonderen Anforderungen stellt «Terror» an den Cast? Berben: Der Findungsprozess war sehr leicht: Alle Schauspieler, die wir uns gewünscht haben, haben zugesagt. Ausser dass es ein besonderer Cast sein sollte, ging es natürlich darum, bei so einem konzentrierten Stück auch Schauspieler zu besetzen, die in der Lage sind, lange Texte wie zum Beispiel Plädoyers eindrucksvoll hinüberzubringen. Wir wollten «Theatertiere» haben, die keine Angst vor den Texten und den Figuren haben. Ein Film ist in seiner Herstellung natürlich ganz anders als ein Theaterstück, man hat die Möglichkeit, zu schneiden oder neu anzusetzen. Aber die Herausforderungen waren dennoch ähnlich. Kraume: Wir waren uns schnell einig, dass wir vor allem Bühnenschauspieler brauchen. Ausserdem mussten wir natürlich auch hier darauf achten, dass wir ein Gleichgewicht herstellen, was die Sympathie zu den Figuren betrifft. Und dann ist es auch so, dass ich gerne mit Schauspielern arbeite, die ich bereits kenne: Burghart Klaussner, Lars Eidinger, Jördis Triebel und Rainer Bock haben bereits zuvor mit mir gearbeitet, Florian David Fitz und Martina Gedeck kannte ich nur aus anderen Filmen. Wir haben uns aber vorher getroffen und miteinander über das Stück geredet, bevor wir uns zu einer Zusammenarbeit entschlossen haben. Das Stück «Terror» entwickelt auf der Bühne einen grossen Spannungsbogen. Wie baut man in einem filmischen Kammerspiel dieselbe Spannung auf? Mit welchen Mitteln arbeiten Sie? Kraume: Im Grunde ist es zunächst derselbe Weg: Dadurch, dass der Zuschauer von Anfang an aufgefordert und angesprochen wird, am Ende selber abzustimmen, ist seine Aufmerksamkeit gefragt. Der Grund, warum Gerichtsverfahren im Film so spannend sind, liegt ja darin, dass der Zuschauer immer in die Rolle der Jury kommt. Er wägt zwischen den Parteien und ihren Argumenten ab. In Schirachs Drama ist dieser Gedanke durch die direkte Ansprache verstärkt. Und der grosse Vorteil, den der Film dem Theater gegenüber hat, ist die Nahaufnahme. Wir können den Leuten eben dazu noch in die Augen schauen. Das hilft, wenn man die Wahrheit herausfinden will. Berben: Beim Film hat man andere technische Möglichkeiten als beim Theater. Das Theater hat immer etwas Bühnenhaftes, Zur-Schau-Stellendes. Der Film kann mit subtileren, ruhigeren, auch kleineren Mitteln arbeiten und dadurch eben viel emotionaler werden. Das war genau die Idee. All diese Dinge, die dazu führen, dass wir in eine Geschichte eintauchen, dass wir emotional bei den Charakteren sind, sind Erzeugnisse von Kamera und Schnitt. Wir haben mit vielen Kameras – teilweise drei parallel – gedreht. Wir haben einen aufwendigen Studiobau gehabt, der uns auch ermöglicht hat, aus unterschiedlichsten Perspektiven zu drehen, so dass man eine visuelle Attraktivität

«Terror – Ihr Urteil»

schaffen kann. Schwingel: Sich knapp 90 Minuten in einem Raum zu bewegen, ist eine grosse Herausforderung. Regie, Kamera und Schnitt ist es gelungen, ihr Handwerk so präzise, klug und förmlich unscheinbar einzusetzen, dass der Spannungsbogen verdichtet wird. Alle Gewerke stehen, fein austariert, im Dienst des Textes. Das macht den Film aus meiner Sicht emotional so stark und dramaturgisch dicht. Über das Urteil – und somit den Ausgang des Films – entscheidet in einer Abstimmung das Publikum. Wird das Fernsehen der Zukunft immer interaktiver? Und wenn ja, welche Vorteile bringt das mit sich? Berben: Das kann ich mir nicht vorstellen. Der Wunsch des Konsumierens von Inhalten liegt ja nicht darin zu sagen: Ich will mitbestimmen! Im Gegenteil: Im Grunde liegt der Wunsch beim Konsumieren von Filmen darin, eine Geschichte erzählt zu bekommen und sich darin fallen zu lassen. Was wir hier machen, ist eine Ausnahme: Wir finden eine sehr spezielle und eigene mediale Form, lineares Fernsehen neu zu etablieren, neu aufzusetzen. In Zeiten, in denen wir uns viel mit SVoD und PayTV-Anbietern beschäftigen, ist unsere Art von Programm eben nur in dieser Form möglich. Das heisst, alle Menschen müssen zum gleichen Zeitpunkt das Programm sehen, um dann gemeinsam eine Entscheidung zu treffen. Wir sind sozusagen dabei, das Lagerfeuerprogramm von morgen zu entwickeln. Das wird aber nicht das normale Geschichtenerzählen ersetzen, sondern bereichert es hoffentlich einfach um eine weitere Farbe. Kraume: Ich weiss nichts über die Zukunft des Fernsehens, leider. Aber das Interaktive an diesem Stück ist aufregend und unterhaltsam. Im Theater diskutieren wildfremde Leute in der Pause plötzlich über Sinn und Unsinn unserer Verfassung. Wann tun sie das sonst? Und wenn so etwas in den Familien auch einmal geschieht, kann das ja nicht schaden. Schwingel: Das Fernsehen wird dann interaktiver, wenn die Inhalte diese Interaktivität ermöglichen beziehungsweise entsprechende Anreize bieten. Im fiktionalen Bereich ist das sicher begrenzt, aber «Terror» zeigt, was möglich ist. Technische Innovationen werden in Zukunft neue Möglichkeiten schaffen, und ich freue mich darauf, gemeinsam mit der Redaktion Inhalte für das Fernsehen der Zukunft zu entwickeln und Grenzen auszuloten. Der Vorsitzende Richter wendet sich gleich zu Anfang an die Zuschauerinnen und Zuschauer und durchbricht damit die sogenannte vierte Wand. Im Theater seit Längerem üblich, hat dieser Schritt im Film noch immer eine grosse Wucht; es ist schwer, sich der direkten Ansprache zu entziehen. Wird das Publikum so mehr in die Verantwortung genommen? Was ist das Ziel? Schwingel: Wir nehmen die Zuschauer in die Pflicht. Die grosse Besonderheit von «Terror» ist, dass der Film kein Selbstzweck ist, sondern der wesentliche Teil eines europäischen Fernsehereignisses, bei dem die Zuschauer die Hauptrolle spielen. Das Urteil der Fernsehnation und die anschliessende Diskussion sind das, was uns interessiert, und deshalb spricht der Richter das zu Beginn an. Berben: Man versucht dem Zuschauer relativ früh zu vermitteln, dass er sich nicht nur zurücklehnen kann, sondern Teil des Ganzen ist. Und um das zu erreichen, muss man ihm klar machen, dass seine Mitarbeit nicht nur gewünscht, sondern unerlässlich ist, dass er mit seiner Entscheidung etwas Wichtiges bewegen kann. Das geht so weit, dass wir uns nicht nur in Deutschland dieser Abstimmung stellen, sondern auch in Österreich und in der Schweiz.

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Florian David Fitz als Angeklagter, Major Lars Koch Die besondere Herausforderung an der Rolle Lars Koch war… «… eher eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie der Abschuss in Wirklichkeit abgelaufen sein kann und was das mit jemanden macht. Lars Koch hat die Menschen gesehen, die durch die Löcher in der Flugzeughaut gesogen wurden. Er weiss, dass das kein Computerspiel war. Und er hatte danach sehr viel Zeit alleine, mit diesen Bildern im Kopf und seiner Verantwortung. Alles andere, die Klarheit im Kopf, die Haltung, das Engagement kommt tatsächlich mit den Texten. Man beginnt die Haltung zu verteidigen, sobald man sich in die Schuhe der Rolle begibt. Es ist natürlich nicht sonderlich angenehm, in diesen Schuhen zu stecken, aber dazu ist dieser Beruf ja da. Ich kann die Schuhe abends ablegen.» Lars Eidinger als Verteidiger Biegler Besonders interessiert an der Rolle des Verteidigers Biegler hat mich,... «… die beiden Plädoyers zu halten, die einen für Fernsehverhältnisse ungewöhnlich grossen Umfang haben. Den rhetorischen Bogen des Verteidigers zu schlagen und damit nicht nur die anwesenden Geschworenen, sondern vor allem die Fernsehzuschauer gedanklich mitzunehmen. Darüber hinaus freue ich mich, an einem Projekt beteiligt zu sein, das den Mut hat, sich über gängige Sehgewohnheiten hinwegzusetzen, schon allein dadurch, dass es kammerspielartig nur an einem Ort spielt. In der Vorbereitung auf meine Rolle habe ich viel Zeit als Zuschauer im Berliner Landgericht verbracht, um mir ein Bild vor Ort zu machen und in der Darstellung nicht auf die erstbesten Klischees hereinzufallen. Das war wahnsinnig spannend und lehrreich. Ich kann das nur jedem empfehlen.» Burghart Klaußner als Vorsitzender Richter An der Rolle des Richters hat mich besonders fasziniert,... «… dass bei einem so hochbrisanten und vom Autor so kunstvoll auf die Spitze getriebenen Fall an der Rolle eines Gerichts weniger die Anklage als vielmehr die Aufklärung Aufgabe ist. So auch für den Richter. Hierin liegt der Reiz.» Martina Gedeck als Staatsanwältin Nelson Staatsanwältin Nelson ist eine Frau, die... «… darum kämpft, dass die Grundrechte der Bundesrepublik Deutschland gewahrt werden. Mit dem Abschuss der Passagiermaschine wird gegen einen elementaren Verfassungsgrundsatz verstossen: Der Staat darf keine unschuldigen Menschen töten, Menschenleben sind nicht zu verrechnen. Auch in Zeiten der Bedrohung ist es nicht statthaft, das Grundgesetz zu relativieren.»